Chalmers, Thomas - Von der Liebe zum Geld.
Hiob 31, 24-28.
Das Bemerkenswerte an diesen Worten ist, dass ein gewisser Hang, der sonst nur im Heidentum vorkommt, den gleichen Charakter haben und der gleichen Strafe verfallen soll, wie ein Hang, der in der ganzen Christenheit nicht nur bekannt, sondern erlaubt ist, ja dem man sogar ohne Bedenken Herrschaftsrechte eingeräumt hat. Wie allgemein ist es bei denen, die nach Reichtum jagen, das Gold zu ihrer Zuversicht und bei denen, die Reichtum besitzen, den Goldklumpen zu ihrem Troste zu machen! Und doch wird uns hier gesagt, dass diese Verleugnung Gottes ganz ebenso vollständig ist, wie wenn wir uns den schlimmsten Zaubereien des Götzendienstes hingeben würden. Es möchte vielleicht dazu dienen, den Irrtum derer zu zerstören, welche, die Krankheit ihres Herzens nicht ahnend, ganz dieser Welt dienen und unbekümmert um ihre Aussichten auf eine andere Welt sind, könnten wir sie überzeugen, dass das gebieterische und unwiderstehliche Verlangen, von dem sie beseelt sind, ihnen in den Augen Gottes denselben Stempel der Verkehrtheit aufdrückt, den er an jenen wahrnimmt, welche die Sonne am Firmament anbeten oder dem Monde als der Königin des Himmels Weihrauch streuen.
Wir erschrecken vor einem Götzendiener wie vor einem, der an großer Geisteszerrüttung leidet, weil er seine Verehrung, statt dem wahren Gott, einem Götzen darbringt. Aber ist es nicht die gleiche Zerrüttung, wenn der Mensch irgend ein geschaffenes Gut liebt und über dem Genuss desselben den Schöpfer aus den Augen verliert; wenn er sich erfreut am Nutzen und am Besitze irgend einer Gabe und den Umstand unbeachtet lässt, dass sie ihm von einem Geber in die Hand gelegt worden ist; wenn er ganz versunken in die gegenwärtige Befriedigung seiner Sinne keinen Raum mehr hat für die Regungen der Pflicht oder der Dankbarkeit gegen das Wesen, das ihn mit dem Stoff und den Werkzeugen zur Befriedigung derselben versah; wenn er alle seine Wünsche auf die ihn umgebende Stoffwelt richtet und alle seine Freude aus ihr schöpft, während der Gedanke an ihn, der sie schuf, seinem Herzen gewöhnlich ferne liegt; wenn in der Zuneigung, die zwischen ihm und den verschiedenen Gegenständen seiner nächsten Umgebung besteht, der gleiche Mangel einer Beziehung zu Gott sich zeigt, wie bei der Anziehung, die ein Stück bewusstlosen Stoffes auf die es umgebende Körperwelt ausübt; wenn alle Einflüsse, die den menschlichen Willen bestimmen, von so vielen verschiedenen Punkten im Organismus des Geschaffenen ausgehen sollten, während kein wirksamer oder überwiegender Einfluss von dem Alles leitenden und erhaltenden Gotte herrühren sollte? Ja, wenn der Mensch so ist, könnte er denn anders sein, wenn es keinen Gott gäbe? Sein Verhalten in der Welt ist ganz dasselbe, wie wenn die Welt aus sich selbst entstanden wäre oder ihr Dasein von Ewigkeit her ohne einen schöpferisch waltenden Geist gefristet hätte. Er entfaltet einfach die Eigenschaften seiner Natur als Bruchstück eines unermesslichen, doch unabhängigen Natursystems, das aus vielen Teilen und vielen einzelnen Wesen besteht. In seinem Verlangen nach dem, was den Sinnen angenehm ist und in seinem Abscheu gegen das, was denselben bitter schmeckt und nicht zusagt, ist kein Gedanke an Gott, noch lässt er den eigenen Willen durch irgendetwas beeinflussen, wovon er weiß oder glaubt, dass es Gottes Wille sei. Die Religion hat mit seinem Tun und Lassen, das freiwilliger Art ist, ebenso wenig zu tun, als mit dem Wachstum seines Körpers, das unfreiwilliger Art ist; oder um es noch anders auszudrücken, als mit dem Fortschritt und der Entwicklung der Pflanzenwelt. Mit einer Seele, welche Gott kennen und einem Gewissen, das in Ihm den höchsten Richter sehen sollte, lebt er in Wirklichkeit ohne Ihn, als ob er keine Seele und kein Gewissen hätte; und abgesehen von einigen Spuren flüchtigen Nachdenkens und einer gewissen Regelmäßigkeit in bloß äußeren mechanischen Verrichtungen, sehen wir den Menschen laufen, wünschen, schaffen, genießen, gerade als ob uns kein anderes Teil verliehen wäre als das kreatürliche Leben, und als ob die Welt und ihre sichtbaren Elemente das einzige wären, womit er es zu tun hat.
Ich möchte euch besonders auf den Unterschied aufmerksam machen, der zwischen der Liebe zum Geld und der Liebe zu dem, was man um Geld haben kann, besteht. Jede dieser Neigungen kann Gott aus dem Herzen verdrängen. Aber es ist der ersteren eine Bosheit und verstockte Gottlosigkeit eigen, die sich bei der letzteren nicht findet, und daraus sehen wir, dass die Liebe zum Geld in der Tat die Wurzel alles Bösen ist.
Wenn wir uns der Liebe zu dem, was uns das Geld verschafft, hingeben, so ist uns zugleich mit dem Stoff auch das Werkzeug gegeben, womit wir unserem Verlangen ein Genüge tun können; wie wir dies bei den Genüssen der niedrigeren Geschöpfe und ebenso bei den einfachen natürlichen Genüssen des Menschen, wie dem Kosten der Nahrung, dem Riechen an einer Blume, beobachten können. Es ist eine Anwendung der Sinne für gewisse äußere Dinge und aus dieser Anwendung geht ein Genuss hervor und es ist ein Genuss, den ein Mensch empfinden kann, auch wenn er ein gottseliges Leben führt. Die ersten Christen zum Beispiel nahmen die Speise und lobten Gott mit Freude und einfältigem Herzen. Aber bei einem unbekehrten Menschen finden wir diese Verbindung durchaus nicht. Er hat in seinem Herzen keine Dankbarkeit für jene Hand, die sich auftut, um ihm Stoff und Mittel zum Genuss darzureichen. Er ist nur mit dem Gegenstand des Genusses vertraut. Der Geber des Genusses wird außer Acht gelassen. Die Gier, mit der er nach der unmittelbaren Befriedigung seiner natürlichen Bedürfnisse hascht, gleicht derjenigen, mit der die niederen Geschöpfe sich auf Nahrung oder Getränk oder ins offene Feld stürzen, wo sie die volle Lust der Freiheit genießen und eine unbändige Freude in der Kraft und Schnelligkeit ihrer eigenen Bewegungen finden. Und die Gottlosigkeit des Menschen, der darauf angelegt ist seinen Schöpfer zu fühlen und zu erkennen, ist oft so groß als die Gottlosigkeit des Tieres, das diese Anlagen nicht hat. Der Mensch, dessen Antlitz auf die Quelle all seiner Güter gerichtet sein sollte, weil er ja fähig ist, so weit zu sehen, ist oft so blind gegen Gott inmitten des Genusses, wie das Tier, das unfähig ist ihn zu sehen. Er kann den Strom bis zu seinem Ursprung verfolgen und doch trinkt er daraus mit ebenso viel sinnlicher Gier und ist ebenso wenig eingedenk des Quelles, wie das Tier das unter ihm steht. Mit anderen Worten: seine Gottlosigkeit im Genuss der Gaben göttlicher Fürsorge ist ganz ebenso groß wie die der niederen Geschöpfe. Aber bei ihnen rührt sie her von der Unfähigkeit, Gott zu erkennen. Bei ihm stammt sie aus seiner Abneigung, Gottes zu gedenken. Er könnte die Kraft der Gottseligkeit spüren, wenn er wollte. Aber er zieht es vor, sich von der Macht der Sinnlichkeit beherrschen zu lassen und sein ganzer Mensch ist voll sinnlicher Bestrebungen.
Aber der Mensch unterscheidet sich vom Tier dadurch, dass er eben mehr als nur ein sinnliches Wesen ist. Er ist auch ein denkendes Wesen. Ihm ist die Kraft des Denkens, des Folgerns, der klugen Berechnung verliehen, um ihn über die Tiere des Feldes und des Waldes zu erheben und doch zeigt es sich beim natürlichen Menschen immer, dass der Gebrauch dieser Kräfte, statt ihn Gott näher zu bringen, ihn nur umso weiter von ihm abgelenkt und seinem Unglauben einen entschlosseneren und hartnäckigeren Charakter verliehen hat, als wenn er derselben gänzlich entbehrte.
Kraft dieser ihm eigenen Geistesfähigkeiten kann er seine Gedanken über die gegenwärtigen Wünsche und deren Befriedigung erheben. Er kann auf die nicht ausbleibenden Bedürfnisse der Zukunft und auf die Mittel zu deren Erfüllung Bedacht nehmen. Er kann nicht nur der Empfindung des Hungers, den er jetzt fühlt, Genüge leisten, er kann auch die darauf folgenden und immer wiederkehrenden Empfindungen des Hungers, die zu erwarten. sind, voraussehen und Mittel und Wege finden, ihn zu stillen. Aus der großen Fülle des Reichtums, der zur Erhaltung des ganzen menschlichen Geschlechtes sich unmittelbar vom Himmel zur Erde ergießt, kann er für sich ein Bächlein ablenken und es in ein Reservoir für den eigenen Gebrauch leiten. Er kann den Umfang dieses Reservoirs erweitern oder seine Umfassungsmauern verstärken. Tut er das erstere, so vermehrt er seinen Anteil an der gemeinsamen Flut des Reichtums, welche durch die Welt strömt; tut er das letztere, so erhöht er die Dauer und Sicherheit seines Besitzes. Das Tier, das aus dem Strom trinkt, denkt nicht, woher das Wasser kommt. Aber der Mensch denkt an das große Reservoir, woraus ihm sein Teil zufließt. Aber weiter sieht er nicht. Er bedenkt nicht, dass, um dasselbe zu füllen, ursprünglich eine reichsprudelnde Quelle vorhanden sein muss, die eine mächtige Flut von Segnungen entsendet, um über alle Völker und Nationen der Erde ausgegossen zu werden. Er bleibt bei dem abgeleiteten künstlichen Kanal, den er selbst gemacht hat und der seinerseits wieder den Quell seiner besonderen Genüsse bildet, stehen, und nie kommt ihm der Gedanke, dass die Schwankungen seines Besitzes mit den Veränderungen im Urquell in Verbindung stehen, oder dass zwischen ihnen und dem großen unsichtbaren Lenker aller Dinge ein Zusammenhang bestehe.
Zwar wenn dieser allgemeine Born je seine Wasser weniger reichlich ausströmen lässt, so kann er seinen Vorratsbrunnen umso weniger füllen und sein Anteil an den Gaben göttlicher Fürsorge ist um das geringer. Aber doch verlässt er sich auf den Brunnen oder Behälter, den er selbst angelegt hat, als böte er ihm die größte Sicherheit, seine Bedürfnisse und die große Zahl seiner natürlichen Genüsse zu befriedigen. Er stützt sich hierin auf sein eigenes Werk und nicht auf das Werk und den Willen dessen, welcher der Schöpfer der Natur ist, der vom Himmel herab Regen sendet und fruchtbare Zeiten und mit Speise und Freude die Herzen erfüllt. Und so geschieht es, dass die Vernunft des Menschen und seine Kraft der Reflexion, nicht im Stande sind, ihn in allmähligem Aufsteigen zur ersten Ursache zurückzuführen. Er verweilt bei der mittelbaren Ursache zweiter Ordnung, die er durch seine eigene Weisheit und Kraft in Wirksamkeit gesetzt hat. Mit einem Wort, des Menschen Verstand sowohl wie seine Begierden sind von Gottlosigkeit durchtränkt. Der denkende sowohl als der empfindende Teil seines Wesens scheinen davon angesteckt zu sein. Wenn er, wie das vom Naturtrieb geleitete, gedankenlose Tier sich einem einfachen Genuss hingibt, gleicht er auch demselben in seiner Gottlosigkeit. Wenn er sich über das Tier erhebt und durch die Anwendung seiner höheren und ausgedehnteren Fähigkeiten für zukünftigen Genuss sorgt, begleitet ihn doch diese Gottlosigkeit.
Eine Summe Geldes ist ganz wie ein solches Reservoir. Fassen wir Jahr um Jahr ins Auge; der jährliche Verbrauch in der Welt kann den jährlichen Ertrag nicht übersteigen, welcher aus dem Vorratshaus dessen strömt, der der große und gütige Versorger aller ihrer Familien ist. Das Geld im Besitze eines Einzelnen stellt den Anteil dar, den er sich aus diesem Ertrag aneignen kann. Ist es eine bedeutende Summe, so gleicht sie einem großen Reservoir am Ufer des Stromes der Fülle. Wenn sie sicher und fest angelegt ist, gleicht sie dem von starken Mauern umgebenen Reservoir. Der Mensch, der bemüht ist, sein Geld zu vermehren, gleicht dem, der sein Reservoir vergrößern will. Der Mensch, der in seinen Geldanlagen einen schwachen Punkt vermutet oder der durch das Gerücht von Geschäftsschwankungen und Bankerotten in Angst ist, dass er all sein Geld verlieren könnte, ist wie derjenige, der in den Mauern seines Reservoirs einen Riss entdeckt. Indessen, bei all der Sorgfalt, welche so, sei es auf das Geld oder den Vorratsbehälter, verwendet wird, denkt man gar nicht an die Urquelle, die dem einen seinen wahren Wert, dem andern den rechten Gehalt gibt. Sollte Gott die Erde in eine öde Wüste verwandeln, so könnte das Geld nicht mehr zum Mittel gemacht werden, sich Genüsse zu verschaffen; oder sollte er seine große Vorratskammer für Alle, aus welcher er reiche Fülle über die menschlichen Wohnungen ausstreut, verschließen, so würden alle kleineren, daraus gespeisten Vorratsbehälter, die am Strom der gewohnten Freigebigkeit errichtet wurden, leer bleiben. Aber alles das wird von der großen Mehrheit unseres leichtsinnigen, gedankenlosen Geschlechtes vergessen. Gottes Langmut ist noch nicht erschöpft und die Jahreszeiten folgen sich in geordnetem Lauf ohne Rücksicht auf die Undankbarkeit der Menschen; und die Zeit, wann das Triebwerk unseres gegenwärtigen Systems abgestellt und in Stücke wird zerbrochen werden, ist noch nicht gekommen und der Geist, der nicht immer hadern will mit den Menschenkindern, macht immer noch Versuche, die widerspenstigen Kräfte unserer sittlichen Natürlichkeit zu überwinden, und hält immer noch zurück mit dem Gebot, wodurch dieser Himmel und diese Erde endlich dem Untergange geweiht werden. So scheint die Sonne noch über uns, die Wolken spenden uns noch ihren Regen und die Erde entfaltet noch die reiche Pracht und Schönheit ihrer Blüte, und alle Spender himmlischer Güte wandeln noch ihren jährlichen Lauf und streuen Fülle und Segen aus über eine entfremdete Welt; und die ganze Natur lächelt uns noch zu in so freudiger Verheißung und so sicherer Erfüllung derselben wie in den Tagen unserer Vorväter, und aus ihrer großen allgemeinen Vorratskammer strömt, so oft die Jahre wiederkehren, ein so reicher Segen an Nahrungsmitteln der zahlreichen Familie zu, um deren willen sie geöffnet wurde, als je zuvor. Viele auf Erden geben sich aber damit ab, ihre eigenen Vorratskammern zu errichten und sie aus der gemeinsamen Quelle zu füllen, um sich und die Seinigen damit zu ernähren. Und wer das tut, ist in seinem vollen Rechte. Aber er hat nicht Recht, wenn er seinen besonderen Schatz als die erste und ursprüngliche Quelle aller seiner Genüsse betrachtet. Er hat nicht recht, wenn er sein eigenes Werk so vergöttert und dabei Ihm, in dessen Händen der Schlüssel der großen Schatzkammer ist, aus der alle menschlichen Behälter ihre Fülle schöpfen, die Ehre versagt und kein Vertrauen schenkt. Er hat nicht recht, wenn er nach dem Gelde jagend, das Alles erkaufen kann, keine Ehrfurcht vor dem befundet, der Alles gibt. Er hat nicht recht, wenn er sein Vertrauen auf das setzt, was doch selber abhängig ist, ohne dankbar dessen zu gedenken, der über Allem ist. Es ist nicht recht, dass Silber und Gold, wenn gleich nicht zu Bildnissen geformt, in diesem aufgeklärten Lande noch bewirken sollten, was einst die Götzen des Heidentums. Es ist nicht recht, dass sie die Verehrung, welche Gott dem Herrn und Gebieter aller Dinge gebührt, für sich in Anspruch nehmen sollten, oder dass Jeder unter uns durch die geheime Huldigung des Vertrauens und der Befriedigung, welche er seinen Wechseln, Unterpfändern und Gülten entgegenbringt, diesen Gegenständen die gleiche geistige Herrschaft über sein Herz einräumen sollte, welche die Hausgötter der Alten über die Götzendiener der Zeit ausübten, indem er dieselben tatsächlich die Stelle Gottes einnehmen lässt und den Einen Herrscher Himmels und der Erde von dem Throne des Vertrauens und der Liebe, der ihm allein gebührt, herunterstürzt.
Wer aus der Lust einen Gott macht, bringt diesem Götzen die Huldigung seiner Sinne dar. Wer aus dem Reichtum einen Gott macht, bringt diesem Götzen die Huldigung seines Geistes dar und ist daher von diesen beiden der hoffnungslosere und bedenklichere Götzendiener. Der erstere wird von der Macht seiner Gier zum Götzendienst verleitet. Der letztere pflegt ihn geradezu mit eigenwilliger und vorbedachter Beharrlichkeit, stellt seine besten Kräfte in seinen Dienst, gibt sich ihm, nicht mit der Hitze der Leidenschaft, sondern mit der Kaltblütigkeit des ruhigen, berechnenden Vorsatzes hin; opfert dem großen Zweck, ein Vermögen in dieser Welt zu besitzen, seinen Verstand, seine Zeit, alle Gaben seines Geistes, alle Wünsche seines Herzens; macht den Gewinn zum bestimmten Ziel und die Verfolgung dieses Zieles zur bestimmten Gewohnheit seines Lebens; sitzt den ganzen Tag bei dem Gegenstand seiner inbrünstigen unermüdlichen Anbetung, und indem er so an seinem Geschäftspult dieser Arbeit lebt, hat sich seine Seele so tatsächlich von dem lebendigen Gotte abgewandt und dafür einen Gegenstand erkoren, der mit ihm nichts zu tun hat und zu ihm in einem ebenso großen Gegensatze steht, als ob das Hauptbuch, über das er sich beugt, ein mit geheimnisvollen Schriftzügen beschriebenes und irgend einem goldenen Götzen in der Absicht gewidmet wäre, ihn zu seinen und der Seinigen Gunsten gnädig zu stimmen. Baal und Moloch waren nicht so sehr die herrschenden Götzen des aufrührerischen Israel, wie Mammon der Gott seiner Verehrung ist. Dem Vermögen, das er für sich und seine Nachkommen errungen oder erringt, legt er die ganze Macht und Unabhängigkeit einer Gottheit bei. Mit dem Reichtum, den er mit eigener Hände Arbeit geschaffen, fühlt er sich so unabhängig von Gott wie der Heide, welcher, glücklich unter dem eingebildeten Schutz eines von seiner eigenen Hand gemachten Bildes, sich in seiner Ruhe durch keinen Gedanken an die wahre, aber ihm unbekannte Gottheit stören lässt. Seine Zuversicht ruht auf seinen Schätzen, nicht auf Gott. Bei diesen findet er volle Sicherheit, volle Befriedigung. Er fühlt sich nicht abhängig vom Allerhöchsten, betrachtet im Licht eines tätigen, persönlichen Vermittlers. Dem toten materiellen Gebilde seiner eigenen Schöpfung fühlt er sich verpflichtet. Der Reichtum nimmt bei ihm die Stelle Gottes ein; im Reichtum erblickt er seinen Freudenspender, den Reichtum betrachtet er als den Urquell zur Befriedigung aller vorhandenen Bedürfnisse; auf Reichtum gründen sich seine schönsten Erwartungen einer glänzenden, Glück verheißenden Zukunft; im Reichtum sieht er das dauerhafteste und sicherste Fundament alles dessen, was das Herz wünschen oder das Auge begehren kann, sowohl für sich als für seine Kinder. Er bekümmert sich nicht darum, dass alle seine Freuden aus einer ersten Quelle stammen und dass sein Reichtum nur ein kleines Reservoir derselben ist. Er bekümmert sich nicht darum, dass, wenn Gott an die himmlischen Vorratshäuser ein Siegel legen würde oder die Fruchtbarkeit der Erde in Feuer und Flamme aufgehen ließe, all das darin vorhandene Silber und Gold zur Wertlosigkeit von bloßen Schlacken herabsinken würde. Gold und Silber bleiben doch seine Götter. Sein eigener Born tritt zwischen ihn und den Quell der Güte. Sein Reichtum steht zwischen ihm und Gott. Und wo dieser ist, sei es auf der Bank oder auf der Registratur oder auf der Gerichtskanzlei, da ist das Heiligtum seiner geheimen Anbetung, da sind die Altäre, auf denen er opfert; und nie schaute der andächtige Israelite mit inbrünstigerer Sehnsucht nach dem Berg Zion und mit seinem Antlitz nach Jerusalem, als er nach seinem Reichtum, wie wenn dieser der Berg und die Veste seiner größten Sicherheit wäre. Unmöglich könnte das höchste Wesen noch mehr seiner Ehrfurcht und dankbares Vertrauen heischenden Stellung enthoben werden, als es tatsächlich geschieht, auch wenn das viele Geld aus den verschiedenen Anlagen zurückgezogen, zu einer einzigen Masse Gold umgewandelt, in ein gegossenes Bild geformt und an geweihtem Orte aufgestellt würde, damit die ganze Familie sich darum versammele, es zum Gegenstand der häuslichen Anbetung mache und sich täglich und stündlich den Torheiten eines sinnlosen und erniedrigenden Heidentums hingebe. Darum hält Gott die Anklage des Götzendienstes noch gegen uns aufrecht, selbst nachdem alle Bilder desselben gestürzt sind. Daher finden wir noch im Neuen Testament Warnungen vor dem Götzendienst an die Jünger eines neuen und bessern Bundes gerichtet. Johannes sagt: Ihr Kindlein, hütet euch vor den Götzen; und wir Alle werden gewarnt zu fliehen vor der Habsucht, welche Abgötterei ist.
Nur sein Vermögen als dem Spender aller um Geld zu habender Freuden zu betrachten, heißt das Vermögen an die Stelle Gottes setzen. Es heißt den Glauben durch Sinnlichkeit vertreiben und den ewigen, unsichtbaren König seiner Herrschaft berauben, auf die doch alle Segnungen im Menschenleben und alle Verschiedenheiten unserer Stellung in jedem einzelnen Fall und bis ins Kleinste hinein zurückgeführt werden sollten. Aber, wie schon bemerkt, es ist ein Unterschied zwischen der Liebe zum Geld und der Liebe zu dem, was man durchs Geld erlangt. Zuerst natürlich wurde es geliebt, um der guten Dinge willen, die sich sein Besitzer verschaffen konnte. Aber ob als Resultat eines Ideenganges, der so schnell ist, dass wir seiner kaum bewusst werden, oder als die Frucht einer Ansteckung, welche sich durch Sympathie unter allen Menschen verbreitet, die nach Reichtum als dem höchsten Gute ihres Daseins jagen, es ist gewiss, dass das, ursprünglich um anderer Dinge willen gesuchte Geld zuletzt um seiner selbst willen hochgeschätzt wird. Und vielleicht gibt es nichts, woraus die Ähnlichkeit zwischen der Geldliebe und dem Götzendienst deutlicher hervorgehen würde, wie den Umstand, dass die Geldliebe eben zuletzt in die Liebe zum Gelde selbst übergeht, und eine dauernde Macht über das Menschenherz erlangt, ganz abgesehen von seiner Eigenschaft als Mittel des Ankaufs und seiner gebietenden Stellung, die es ursprünglich den besonderen Gegenständen menschlichen Wünschens gegenüber einnimmt. Der erste Antrieb zur Erlangung des Reichtums war, sich dadurch andere Genüsse zu verschaffen, und der Mensch beweist hierin, wie schon erwähnt, eine höhere Fähigkeit der Voraussicht als die Tiere des Feldes und die Vögel des Himmels sie haben, zeigt er doch auf diese Weise, dass er überlegen, berechnen und einen Vorrat für die Bedürfnisse der fernen Zukunft sich anlegen kann. Aber seht ihr nicht, wie bald diese gerühmte Überlegenheit seiner Fähigkeiten verschwindet, und wie die Erhebung und die Erniedrigung des Menschenverstandes so nahe bei einander liegen? Wenn die Erfindung des Geldes und die Anwendung desselben für sich und die Nachkommen Reichtum und Überfluss zu erwerben von einer höheren Vernunft im Menschen gegenüber den niederern Kreaturen zeugt, was können wir vorbringen, um diese geistige Überlegenheit zu rechtfertigen, wenn wir erfahren, wie bald dies Jagen nach Reichtum aufhört, vernünftig zu sein? Wie, wenn es, anstatt als ein Mittel erstrebt zu werden, um sich Wohlsein oder Vergnügen zu erwerben, sowohl das Wohlsein als das Vergnügen eines ganzen Lebens sich auf seinem Altar zum Opfer bringen lässt? Wie, wenn es, anstatt den Wünschen unserer Natur untertänig zu sein, zuletzt die Natur meistert, sie der einfachsten Freuden beraubt und Bitterkeit all ihren Regungen und Gefühlen beimischt; indem es den Menschen, der fröhlich sein sollte, traurig macht, und denjenigen, der sich des gegenwärtigen Wohlstandes freuen sollte, mit Sorgen und Wünschen erfüllt, die nie befriedigt werden, oder mit Befürchtungen wegen zukünftiger Not, welche in ihrer eingebildeten und übertriebenen Schrecklichkeit nie verwirklicht werden? Und es ist wunderbar, ja, mehr als wunderbar, dass der Reichtum, dessen wahrer und echter Wert ja nur in seiner Dienlichkeit für andere Vorzüge besteht, ganz abgesehen von diesen zum Gegenstand solch eifriger, mühsamer Anbetung gemacht werden sollte? So sehr, dass der eifrigste, indische Götzenanbeter sich niemals am Altar seiner Heidengötter mehr gemartert hat, als jene Anbeter des Reichtums es tun, wenn sie in der Verfolgung dieses ihres Endzweckes sich seine Verwendung, durch die er ja allein Wert hat, versagen, wenn sie alles, was die Freuden des Lebens Reines und Besänftigendes an sich haben, aufgeben, und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohren, ja auch die heftigsten geistigen Qualen durchzumachen bereit sind; und anstatt, dass sie, was sie besitzen, dazu anwenden, ihren Weg durchs Leben zu verschönern und zu glätten, ihre ganze Lebensweise auf der stürmischen See der Abenteuer in einen Sturm verwandeln, indem sie auf diese Weise den Reichtum aus einem Knecht zum Herrn erheben, der aber, zur Vergeltung für diese ihm dargebrachte Huldigung seiner Anbeter wie Rehabeam vor Altem seine Untertanen nicht nur mit Geißeln, sondern mit Skorpionen züchtigt, mit nagender Angst, mit unersättlicher Begier, mit trüben Ahnungen und ihren stets beweglichen und immer wiederkehrenden Gespenstern, mit der fortwährenden Eifersucht der Konkurrenz gegen die, welche ebenso eifrig und gierig sind wie sie, eine ebenso hohe Stelle in dem Tempel ihres gemeinsamen Götzendienstes einzunehmen wie sie selbst. Und ohne die extremen Fälle dieser Neigung, in all ihrer Wut und Unruhe zu verfolgen, brauchen wir bloß auf ihre Wirkungen im Wandel einfacher, verständiger Bürger zu achten; und da seht, wie auch im Herzen seiner gewöhnlichsten Diener der Reichtum um seiner selbst willen gesucht wird, wie das Geld, ohne Zusammenhang mit allem dem, weshalb unsere Vernunft es als schätzenswert anerkennt, sondern wegen eines geheimnisvollen und unerklärlichen Zaubers, der sich aus unserer Urteilskraft nicht herleiten lässt, sondern mit ihr im Widerspruch steht, einen höheren Wert erlangt hat als das, was sich durch Geld erkaufen lässt, und eine Stufe erreicht, die derjenigen gleichkommt, welche unser Erlöser dem Leib und dem Leben des Menschen zuweist, indem er erklärte, dieses sei mehr als die Nahrung und mehr als die Kleidung. So wird das, was Nebensache ist, zur Hauptsache gemacht, und was Hauptsache ist, zur Nebensache, indem durch eine Art Zauberei die Liebe sich vom Gebrauch des Reichtums ab- und dem Reichtum als trägem, nutzlosem Besitze zuwendet, und dies in einem Grade, dass die willkommenste Nachricht, welche man dem Eigner mancher hübschen Geldanlage, die irgendwo sicher geborgen ist, um Zins und Zinseszinsen zu tragen, überbringen könnte, die wäre, dass er nie einen Teil, sei es vom Kapital, sei es von der Vermehrung desselben zurückziehen müsse, um es wieder auszugeben, und dass bis zum Ende seines Lebens jedes neue Jahr einen neuen, geminderten Zuwachs zur Vergrößerung seines Götzen schauen werde. Und es würde seine Freude noch erhöhen, wenn man ihm mit prophetischer Gewissheit sagen könnte, dass diese Vermehrung ununterbrochen bei Kind und Kindeskindern bis ans Ende der Welt fortschreiten werde; dass die Sparsamkeit jeder nachkommenden Generation das Kapital und die Zinsen unberührt und das Heiligtum desselben unentweiht lasse; und dass durch eine Reihe zahlloser Geschlechter der Hausgott, den er als Gegenstand sinnloser Anbetung seinen Nachkommen vermacht hatte, an Größe immer wachsen und an Glanz immer zunehmen werde.
Wir haben die Autorität des Wortes, das als ein Prüfstein der Gedanken und Anschläge des Herzens erklärt worden ist, dafür anzuführen, dass dieses nicht zwei Herren haben kann; es hat nicht Plag für zwei große Neigungen, welche die Herrschaft begehren. Von der einen derselben wird uns ausdrücklich versichert, dass sie eine solche herrschende Stellung beanspruche, nämlich von der Liebe zum Mammon, die mit diesem Namen als eine götzendienerische gekennzeichnet wird. Oder mit andern Worten: wenn die Liebe zum Geld im Herzen ist, so ist die Liebe Gottes nicht da. Wenn ein Mensch dem ungewissen Reichtum vertraut, so traut er nicht dem lebendigen Gott, der uns alle Dinge reichlich zu genießen gibt. Wenn sich das Herz der Habsucht hingibt,
so wird es zum Götzendiener. Der wahre Gott wird von seiner Stelle vertrieben und während der Atheismus sich begnügt hätte, die Stelle leer zu lassen, hat die Liebe zum Reichtum einen anderen Gott auf den Thron erhoben. So kommt es, dass die Geldgier einen trotzigen und entschiedeneren Angriff auf die Rechte und das Gebiet Gottes unternimmt, als sogar der Unglaube. Der letztere würde das Heiligtum Gottes nur verwaist lassen; die erstere würde das, was vor Gott ein Gräuel ist, darin aufstellen. Sie entzieht unserem Gott nicht nur seine Vorrechte: die Liebe und das Vertrauen, sondern wendet sie einem anderen zu. Wie wenig bedenkt der Mensch, der stolz ist in Bezug auf Rechtschaffenheit, aber zugleich stolz und rücksichtslos in seinem Ehrgeiz, dass es, obschon er in den Augen seiner Mitmenschen gerecht erfunden wurde, noch eine schwärzere Sünde gibt, als Unglauben, und dass er dieser schuldig ist. Er prüfe nur seinen Geist mitten. unter den Mühen seiner Handelsgeschäfte, und er wird finden, dass der lebendige Gott hier nicht Herr ist, sondern dass der Reichtum, gerade wie ein persönliches Wesen von Fleisch und Blut, dem Wille und Macht verliehen sind, die Herrschaft eines Gottes über ihn ausübt. Wo sein Schatz ist, da ist auch sein Herz; und indem seine größte Hoffnung der Vermehrung dieses Schatzes, und seine größte Sorge der möglichen Verminderung desselben gilt, hat er so tatsächlich den Höchsten von dem Throne seines Herzens gestoßen und einen unrechtmäßigen Herrscher an seine Stelle gesetzt, wie wenn das Vermögen in eine Göttin verwandelt wäre und er die Gewohnheit hätte, sich mit einer Menge anderer Anbeter in ihren Tempel zu begeben. Denn sie ist die Spenderin dessen, was ihm im Leben als Höchstes gilt. Ein Lächeln von ihr wiegt alle Verheißungen des Ewigen auf, und ihr drohendes Stirnrunzeln ist schrecklicher in seiner Einbildung als alle Drohungen des Höchsten.
Und diese Krankheit ist fast so allgemein, als sie ansteckend ist. Der Reichtum ist die Göttin, welche fast die ganze Welt anbetet. Es gibt manche Stadt in unserem Reich, der das Auge apostolischer Unterscheidungsgabe es ansieht, dass sie ganz diesem Götzendienst ergeben ist. Wenn der Mensch seine Freuden nur dem Gelde zuschreibt, dann ist das Geld sein Gott. Es ist der Gott, auf den er sich verlässt und auf den sein Herz sich stützt. Oder wenn es sich, abgesehen von anderen Genüssen, durch einen gewissen, ihm eigenen Zauber die Herrschaft angeeignet hat, so wird es doch wieder als das höchste Gut verfolgt, und es kommt zu einem tatsächlichen Verdrängen des lebendigen Gottes. Die Dankbarkeit, die wir ihm für unseren täglichen Unterhalt schuldig sind, wird ihm versagt; denn, anstatt diesen zu empfangen, als komme er direkt aus seiner Hand, nehmen wir ihn an, als ob er aus der Hand eines Zweiten käme, dem wir all die Unabhängigkeit und Beständigkeit Gottes zuschreiben. Dieser Reichtum verdunkelt uns in Wahrheit den Charakter Gottes als des wirklichen, wenn auch unsichtbaren Gebers der mannigfachen Güter und wie hinter einer Wand verbirgt er vor unsern Augen die Hand, welche ernährt und kleidet und uns am Leben erhält, indem sie uns mit den Bedürfnissen und den Bequemlichkeiten des Lebens versorgt. Er verdichtet den undurchdringlichen Schleier zwischen Gott und dem Auge unserer Sinne immer mehr. Wir verlieren alle Erkenntnis Gottes als des Spenders unserer Freuden und da sie uns von dem Reichtum zu kommen scheinen, den unsere Einbildungskraft zu einem lebenden Wesen erhoben, steht dieser Götze vor uns, nicht als ein Abgesandter, sondern als Stellvertreter dessen, mit dem allein wir es eigentlich zu tun haben. All das vergrößert und befestigt den Zwiespalt, der sich zwischen Gott und der Welt aufgetan hat. Es kommt die Macht eines großen, herrschenden Abgottes zu den verführerischen Einflüssen aller geringeren Abgöttereien hinzu. Wenn Neigung und Vertrauen des Menschen sich dem Gelde zuwenden, so hat weder die eine noch die andere dieser Herzensneigungen noch etwas unmittelbar mit Gott gemein und in demselben Maße, mit dem er nach dem Gelde strebt und seine Sicherheit darauf gründet, entsagt er Gott als seiner Hoffnung und als seinem lebendigen Horte.
Verweilen wir noch einen Augenblick bei dem Elend dieser Neigung, sowohl als bei ihrer Sündhaftigkeit. Derjenige, der von ihr beherrscht wird, fühlt die Wertlosigkeit seines gegenwärtigen Reichtums, nachdem er ihn errungen; und wenn wir noch hinzufügen, die Unruhe der noch unbefriedigten Gier, die über seine besseren Überzeugungen den Sieg davonträgt und die nach mehr dürstet; wenn wir zu dem Mangel wirklicher Freude an den Reichtümern, die er schon hat, noch den ungelöschten und in Wirklichkeit unlöschbaren Durst nach Reichtümern, die er noch nicht hat, hinzufügen; wenn wir bedenken, wie in seiner Jagd nach Reichtum das Feld seiner Wirksamkeit sich zwar erweiterte, aber damit auch die Linie, wo er sich offenen Gefahren aussetzt, sich verlängert und ihrer ganzen Ausdehnung entlang die Zahl der wunden Stellen, durch die immer neue Stiche der Angst in sein Herz eindringen, sich vermehrt; wenn ihm zu Mute ist als schwimme er auf einem Ozean des Zufalls, auf dem er sich vielleicht nur durch die Luftblase eines eingebildeten Kredits oben erhält, die ihn aber, da sie jeden Augenblick platzen kann, unter der Last allzu gewagter Spekulationen versinken lässt; wenn er vom zweifelhaften Erfolg seines kühnen und unsicheren Wagnisses ganz in Anspruch genommen, einen Unglücksboten in jedem Ankömmling sieht und in beständiger Angst und Spannung lebt, die durch die Menge und das Gewirr der verschiedenartigsten Gemütsbewegungen noch vermehrt wird und so sehr seine ganze Gedankenwelt umspannt, dass nicht der kleinste Raum für Gedanken an die Ewigkeit übrig bleibt - wer kann den geistigen Zustand dieses unglücklichen Mannes mit ansehen, wie er umhergetrieben und verwirrt und einer fortwährenden Raserei, der Folge von vielen Befürchtungen und Aufregungen, verfallen ist, und muss dann nicht sagen, dass der Vogel auf dem Zweig, der sein Lied in die Lüfte schmettert und von den zufälligen Gaben göttlicher Vorsehung lebt, höheren Lebensgenuss hat als er? Und wie viel mehr dann der einfache Christ neben ihm, welcher außer der Nahrung und Kleidung jene Gottseligkeit mit Genügsamkeit besitzt, die ein großer Gewinn ist, welcher mit dem Frieden Gottes in seinem Herzen und der Seligkeit des Himmels vor Augen die wahre Lebensweisheit entdeckt hat; welcher sein Teil da gesucht hat, wo es allein zu finden ist, und indem er in seinem Herzen die Liebe zum Geld verabscheut, damit auch die daraus entstehenden Sorgen und Plagen verbannt hat.
Der Tod zerstört ja doch alle stolzen Unternehmungen des Ehrgeizes und treibt damit den grausamsten und entwürdigendsten Spott. Und es ist wahrlich ein trauriger Anblick, die Wirkungen der Verblendung dieser Welt an so vielen unserer Mitmenschen. wahrzunehmen, welche, der Ewigkeit täglich näher rückend, dennoch, statt zu achten auf das was vor ihnen liegt, ihren zeitlichen Aufenthalt für ihre bleibende Heimat ansehen und all ihre Zeit und all ihr Denken darauf verwenden, sich in ihr so bequem als möglich einzurichten. Es ist nur das Werk unseres Erzfeindes, den Kleinlichkeiten des Tages den Charakter der Wichtigkeit und Beständigkeit aufzudrücken und es ist in der Tat eine seiner gefährlichsten Tücken. Und was auch das Mittel sein mag, den Menschen von dieser Verirrung zurückzubringen, es ist ganz gewiss nicht der Hinweis auf die Kürze des Lebens oder die Gewissheit und Schrecklichkeit des kommenden Endes. In diesem Punkt ist der Mensch des hartnäckigsten Widerstandes sogar gegen den augenfälligen Beweis fähig; auch kennen wir kein sprechenderes Zeugnis von der Verwirrung, an der die menschlichen Fähigkeiten leiden, als wenn wir sehen, wie trotz der Zahlen, trotz vielfacher Erfahrung, trotz der sich mehrenden Furchen und der zunehmenden Schwäche des Alters, trotz der immer geringer werdenden Entfernung vom Grabe und all der Zeichen, die das Erscheinen des letzten Boten ankündigen und uns in der Gestalt von Schwachheit und Atemlosigkeit und Schwinden des Augenlichtes heimsuchen, der schwache und engbrüstige Mann doch mit all der Freude und dem Entzücken, dessen er noch fähig ist, seine Silberlocken schüttelt, wenn er von seinen gewinnreichen Wagnissen und seinen neuen Geldanhäufungen hört. Und ebenso wenig können wir sagen, wie nahe er dem Grabe kommen oder wie weit sein Absterben vorgeschritten sein muss, bis der Gewinn aufhört, ihn zu erfreuen und der Götze des Reichtums ihm nicht mehr das Liebste ist. Aber wenn wir sehen, dass das Gespräch über Handel und Gewinn dasjenige ist, welches über sein trübes Auge das Aufleuchten des höchsten Entzückens bringt, so sind wir so sehr davon überzeugt, dass er aus dieser Welt scheidet, um alle seine Schätze und alle Wünsche seines Herzens in ihr zurückzulassen, wie wenn er nach dem Vorbild jenes Geizhalses seine Wechsel und Gültbriefe noch auf dem Sterbebette neben sich haben wollte, und seine letzten Lebensregungen ein schrecklich hartnäckiges und krampfhaftes Ergreifen dessen wären, was allein seinem Leben einen Wert verlieh.