Chalmers, Thomas - Der Umfang der göttlichen Herablassung.
Text: Psalm 103,5.6.
In unserer letzten Rede haben wir versucht, den gänzlichen Mangel an Beweisen für die Behauptung der ungläubigen Astronomen darzutun. Es bleibt uns also für den ganzen noch unerledigten Teil der Streitfrage nur noch die Aufgabe, gegen eine bloße Möglichkeit ankämpfen zu müssen. Aber die Antwort ist doch nicht so vollständig, wie sie sein könnte, bis sowohl das Argument auf seine Stichhaltigkeit geprüft, als auch die Glaubwürdigkeit der Behauptung untersucht ist oder mit anderen Worten, lasst uns die Behauptung zugeben, und die Theorie, die darauf basiert worden ist, ins Auge fassen.
Wir haben bereits versucht, euch die wunderbare Ausdehnung jenes Raumes vor Augen zu führen, der mit ungezählten Welten, welche die moderne Wissenschaft in den Rahmen ihrer Entdeckungen gebracht hat, übersäet ist. Wir haben es sogar gewagt, über jene Spuren der Unendlichkeit uns zu verbreiten, welche jenseits alles dessen liegen, womit das Auge oder das Fernrohr uns bekannt gemacht hat, um weit in jene fernen Regionen zu schießen, welche außerhalb der Grenzen unserer Astronomie liegen, und euch davon zu überzeugen, wie unüberlegt der Gedanke sei, dass die schöpferische Kraft Gottes, müde von der Größe ihrer Anstrengungen, eben bei der Grenzlinie erlahmt sei, über welche hinaus die Kunst der Menschen, trotzdem sie auf die Arbeit der Vervollkommnung der Sehinstrumente alle ihre Kraft verwendet, noch nicht hat vordringen können; und auf all dies wagten wir die Behauptung zu stützen, dass, wenn auch alle diese sichtbaren Himmel plötzlich der Vernichtung preisgegeben würden und der Zorn des Allmächtigen ohne Erbarmen jene Millionen und aber Millionen Sonnen und Systeme, die für unsere tatsächliche Beobachtung erreichbar sind, hinwegzufegen im Begriffe stünde - dass dies Ereignis, welches eine so weite und traurige Einöde zurücklassen würde, in den Augen dessen, der Alles zu überschauen im Stande ist, doch nichts mehr sein würde, als das Verschwinden eines kleinen Flecks von jenem Schauplatz der erschaffenen Dinge, welche die Hand seiner Allmacht darum her ausgebreitet hat.
Aber um die Meinung des Textes verständlich zu machen, ist es nicht notwendig, die Einbildung bis jenseits der Grenze unserer tatsächlichen Entdeckungen auszudehnen. Es ist genug, wenn unser Geist darauf aufmerksam gemacht wird, wie unbedeutend diese Welt und Alle, die darauf wohnen, sind, um an sie den vergleichenden Maßstab mit jenem mächtigen Haufen von Welten zu legen, der für das Auge des Menschen, nachdem er es mit seinen genialen Erfindungen bewaffnet, offen daliegt. Wenn wir euch sagten von den achtzig Millionen Sonnen, von denen jede ihr eigenes unabhängiges Territorium im Raum einnimmt und ihren Einfluss über eine ganze Anzahl abhängiger Welten geltend macht; da war es nicht anders möglich, als dass diese Welt vor dem Auge dessen, der alle die Größe und Mannigfaltigkeit rings um sie her anschaute, in verschwindender Kleinheit erscheinen musste. Wir gaben euch nur ein schwaches Bild unserer verhältnismäßigen Bedeutungslosigkeit, wenn wir euch sagten, dass die Herrlichkeit eines ausgedehnten Waldes nicht mehr leiden würde von dem Fallen eines einzigen Blattes, als die Herrlichkeit dieses ausgedehnten Universums leiden würde, falls die Erdkugel, auf der wir wandeln, und Alles, das darauf wohnt, ins Nichts versinken würde. Und wenn wir uns mit unserm Begreifen erheben zu Ihm, der die Unendlichkeit mit all diesen Wundern bevölkert hat, der über der Pracht seiner Werke thront und durch einen erhabenen Gedanken die ganze Ausdehnung jener grenzenlosen Weite umfassen kann, welche er mit dem Siegeszeichen seiner Gottheit erfüllt hat; dann können wir nicht umhin, von ganzem Herzen in den Ausruf des Psalmisten einzustimmen: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkest? und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?“
Jetzt lasst uns darauf achten, welchen Gebrauch der Geist des Unglaubens von dem Allem gemacht hat. Ein so geringer Teil des Universums, wie der unsrige ist, hätte niemals der Gegenstand von so hoher und auszeichnender Aufmerksamkeit sein können, wie das Christentum ihm zugeschrieben hat. Gott würde sich nicht zur Erlösung einer so erbärmlichen Welt im Fleisch geoffenbart haben. Der Herrscher eines ganzen Erdteils würde sich nicht von seiner Hauptstadt wegbegeben und den Glanz der königlichen Würde bei Seite legen, und sich selbst für Monate oder Jahre den Gefahren, der Entbehrung und der Verfolgung aussehen und seinen Wohnsitz in irgend einem kleinen Eiland seiner Herrschaft aufschlagen, welches, falls es von einem Erdbeben verschlungen sein sollte, auch unter den Schätzen eines so weiten Reiches doch nicht gemisst werden könnte; und das Alles, um die verlorne Liebe einiger weniger Familien, die darauf wohnen, wieder zu gewinnen. Und ebensowenig würde der ewige Sohn Gottes, er, der uns geoffenbart ist als der Schöpfer aller Welten und Inhaber eines Reiches, unter dessen Glanz die Erdkugel, die wir bewohnen, im Schatten der Bedeutungslosigkeit verschwindet; ebensowenig würde er sich der Herrlichkeit, die er beim Vater hatte, ehe die Welt war, entäußern und auf diesem geringeren Schauplatz zu dem Zweck, den das neue Testament ihm zuschreibt, erscheinen. Unmöglich kann die Rücksicht auf diese winzige Kugel, die ihre kleine Bahn unter einer Unendlichkeit größerer Welten durcheilt, von solchem Gewicht im Plane des Ewigen sein, oder im Himmel den Anstoß zu einer so wunderbaren Bewegung gegeben haben, dass der Sohn Gottes die Gestalt unseres entarteten Geschlechtes angenommen und unter uns geweilt und an all unserer Schwachheit Teil genommen und das ganze Schauspiel der Erniedrigung mit den entehrenden Qualen eines grausamen Märtyrertums gekrönt haben sollte.
Dies hat man für eine Schwierigkeit ausgegeben, die der christlichen Offenbarung im Weg stehe; und es ist der Ruhm vieler unter unsern gelehrten Ungläubigen, dass durch das Licht der neueren Entdeckungen das Licht des neuen Testamentes verdunkelt und zunichte gemacht sei; und der Schade ist nicht innerhalb der Gelehrtenzunft geblieben, denn das Argument ist in andere Hände geraten, und die volkstümlichen Erläuterungen, die man jetzt von den erhabensten Wahrheiten der Wissenschaft gegeben, haben den Samen von all dem Deismus, der darauf gepfropft worden ist, weithin ausgestreut; und der hohe Ton einer entschiedenen Verachtung gegen das Evangelium hat sich nun verbunden mit der Geschwätzigkeit von oberflächlichen Kenntnissen; und während der verehrungswürdige Newton, dessen Genius jene mächtigen Gefilde der Betrachtung erschloss, in der Erklärung der Bibel ein geeignetes Übungsfeld für seine Geisteskräfte fand, gibt es Tausende und Zehntausende, welche, obschon wandelnd in dem Licht, das er ihnen angezündet hat, verführt sind durch eine Selbstgefälligkeit, die er niemals fühlte, und von einem Stolz aufgeblasen, dem er als echter Gelehrter in seinem frommen Herzen niemals Raum gab, und welche nur in der Weise von der Bibel Notiz nehmen, dass sie dieselbe herabsehen und belächeln und verleugnen.
Bevor wir auf das eintreten, was wir für die rechte Antwort auf diesen Einwand halten, lasst uns von vornherein bemerken, dass er darauf ausgeht, die Gottheit eines Attributes zu entkleiden, das einen wunderbaren Zuwachs der Herrlichkeit seines unbegreiflichen Wesens bildet. Es ist in der Tat ein mächtiges Zeugnis von der Stärke seines Armes, dass so viele Millionen von Welten daran hängen; aber es würde gewiss die erhabene Eigenschaft seiner Macht noch deutlicher machen, wenn sie, indem sie sich unter den Sonnen und Systemen der Astronomie verbreitete, zu gleicher Zeit eine Bewegung und Leitung allen den kleineren Rädern jener Maschine mitteilen könnte, die unablässig um uns her in Tätigkeit ist. Es bildet einen erhabenen Beweis seiner Weisheit, dass er jene Gesetze, welche den Bestand dieses großen Universums aufrecht erhalten, ohne Aufhören wirken lässt; aber es würde dazu dienen, jene Weisheit noch unendlich zu erhöhen, wenn sie zugleich, indem sie die großartige Aufgabe der Aufrechterhaltung der Ordnung und Harmonie der Sphären erfüllte, ihre unerschöpflichen Hilfsquellen auf die Schönheit und Mannigfaltigkeit und Gliederung eines jeden einzelnen Schauplatzes, wenn auch noch so niedrig, jedes einzelnen Gebietes, wenn auch noch so eng begrenzt, in der von ihr stammenden Schöpfung verschwenderisch ausgießen würde. Es ist ein erhebendes Zeugnis von der Freude, die er daran hat, Glück zu verbreiten, dass das unermessliche Ganze so mit den Wohnstätten des Lebens und der Intelligenz übersät sein sollte; aber das Zeugnis würde gewiss noch deutlicher reden und auf jedes Gemüt einen tieferen und lebhafteren Eindruck machen, wüssten wir, dass zu gleicher Zeit, wo sein wohlwollender Blick auf dem mächtigen Umkreis der erschaffenen Dinge ruht, es nicht eine einzige Familie gäbe, die von ihm übersehen würde, und dass jeder Einzelne an jedem Ort seiner Herrschaft so deutlich in Obacht genommen würde, als wäre er der Gegenstand ausschließlicher und ungeteilter Sorgfalt. Es ist unsere Unvollkommenheit, dass wir unsere Aufmerksamkeit in einem und demselben Augenblick nicht mehr als einem Gegenstande zuwenden können; aber gewiss würde es unsere Begriffe von den Vollkommenheiten Gottes ganz wesentlich erhöhen, wüssten wir, dass, während sein umfassender Geist die ganze Fülle der Natur bis zu ihren äußersten Grenzen ergreifen könnte, er zugleich ein aufmerksames Auge auf die allerniedrigsten ihrer Gegenstände gerichtet hätte, und jeden Gedanken meines Herzens erwöge und jeden Schritt bei meinem Gehen wahrnähme und in seinem Gedächtnis jede Wendung und jede Bewegung meines Lebenslaufes festhielte.
Und endlich um diesen Ideengang auf den uns vorliegenden Gegenstand anzuwenden, lasst uns annehmen, dass eine von den zahllosen Myriaden von Welten von einer sittlichen Pestilenz heimgesucht würde, die sich allen ihren Bewohnern mitteilte und sie unter den Zwang eines Gesetzes brächte, dessen Bestimmungen kein Nachlassen und keine Veränderung gestatteten, so wäre es für Gott keine Herabwürdigung, würde er durch eine Handlung gerechten Unwillens dieses Ärgernis von dem dadurch entstellten Universum hinwegfegen, noch würden wir uns wundern, wenn er unter der Menge anderer Welten, von denen das Ohr des Allmächtigen mit Lobgesängen erfreut wurde und der Weihrauch einer reinen Anbetung vor seinen Thron stieg, die verirrte und einsame Welt sich selbst überließe, damit sie in der Schuld ihrer Empörung untergehe. Aber sagt mir, o sagt mir, würde es nicht um das Wesen Gottes den mildernden Glanz einer außerordentlichen Liebesfürsorge verbreiten, sollten wir ihn jedes ihm mögliche Mittel anwenden sehen, um jene Kinder, die von ihm abgefallen waren, wieder zu sich zurückzurufen - und so wenige es auch wären, verglichen mit dem Heer seiner gehorsamen Anbeter, würde es nicht zu seiner Eigenschaft des Mitleidens gerade noch die Unendlichkeit des göttlichen Wesens hinzufügen, dass er lieber, als die einzige Welt verlieren, die auf eigenen Wegen irre gegangen war, Boten des Friedens senden sollte, damit sie um sie werben und sie wieder willkommen heißen; und, wenn die Gerechtigkeit ein so großes Opfer erheischte und dem Gesetz diese Verherrlichung und Ehrenstellung zukäme, sagt mir, ob es nicht um die Güte Gottes den Glanz sittlicher Erhabenheit verbreiten würde, wenn er auf seinen eigenen Sohn die Last der Versöhnung legte, damit er der Welt wieder freundlich sein und den Stab des Willkommens allen ihren Familien entgegenstrecken könnte?
Wir erklären deshalb, dass dies ungläubige Argument darauf abzielt, eine Vollkommenheit vom Wesen Gottes zu tilgen. Sollten wir nicht, je mehr wir von der Ausdehnung der Natur wissen, einen um so höheren Begriff von Ihm haben, der in erhabener Autorität thront über einem so weiten Universum und Allem was dazu gehört? Aber ist es nicht ein Zuwachs zu der strahlenden Reihe seiner übrigen Eigenschaften, zu sagen, dass, während die Größe ihn nicht überwältigt, die Kleinheit ihm nicht entgehen und die Mannigfaltigkeit ihn nicht verwirren kann; und dass eben, während der Geist Gottes über die ganze Weite der Schöpfung sich verbreitet, es nicht das kleinste Teilchen von Stoff, nicht ein einziges Sonderwesen vernünftigen oder tierischen Lebens, nicht eine einzige Welt in jener damit erfüllten Ausdehnung gibt, die sein Auge nicht so beständig erkennt und seine Hand nicht so unentwegt führt und sein Geist nicht so aufmerksam bewacht und in Obacht nimmt, als ob sie den einzigen und ausschließlichen Gegenstand seiner Fürsorge bildete?
Die Sache ist unbegreiflich für uns, deren Geist durch eine Anzahl von Gegenständen sich so leicht zerstreuen lässt; und das ist der verborgene Grund in all dem Unglauben, von dem ich jetzt spreche. Um Gott auf die Höhe unseres eigenen Begreifens zu bringen, möchten wir ihn in die Ohnmacht eines Menschen kleiden. Wir möchten auf seinen wunderbaren Geist alle Unvollkommenheit unserer eigenen Fähigkeiten übertragen. Wenn wir von der Astronomie gelehrt werden, dass er für Millionen Welten zu sorgen hat und so nach einer Richtung hin die Herrlichkeiten seines Wesens vermehren, so vermindern wir dieselbe in einer andern, indem wir sagen, dass für jede dieser Welten unvollkommen gesorgt wird. Aus einer Entdeckung, die jedem unserer Begriffe von Gott einen höheren Inhalt geben und uns demütigen sollte in dem Gefühl, dass ein Wesen von so geheimnisvoller Erhabenheit für uns unergründlich ist, nehmen wir das Recht, über ihm zu Gericht zu sitzen, ja über ihn ein derartiges Urteil zu fällen, dass er dadurch erniedrigt und auf die Stufe unserer eigenen armseligen Einbildungskraft herabgedrückt wird. Wir werden durch die neuere Wissenschaft mit einer Menge anderer Sonnen und anderer Systeme bekannt gemacht; und die verkehrte Erklärung, die wir der Tatsache geben, dass Gott die Wohltaten seiner Macht und seiner Güte über eine solche Mannigfaltigkeit von Welten ausschütten kann, ist diese, dass er so viel Güte, wie eine unerkannte Offenbarung vom Himmel her uns verkündigt hat, einer einzigen von diesen Welten nicht gewähren kann oder nicht gewähren will. Während wir die Provinzen seines Reiches vergrößern, schmälern wir den Ruhm dieser Vergrößerung, indem wir sagen, er hat für so Vieles zu sorgen, dass die Sorgfalt für jede einzelne Provinz weniger vollständig und weniger aufmerksam und weniger wirksam sein muss, als es sonst würde der Fall gewesen sein. Durch die Entdeckungen der neueren Wissenschaft vermehren wir den Bereich der Schöpfung; aber zugleich damit schicken wir uns an, die Vorzüge seines Auges, das an jedem Ort das Böse und das Gute sieht, zu beeinträchtigen; und, während wir so eine seiner Vollkommenheiten rühmen, tun wir dies auf Kosten einer anderen; und um ihn in die Gewalt unserer schwachen Fähigkeiten zu bringen, gehen wir hin, um einen Teil von der Herrlichkeit jenes Wesens zu entstellen, dem wir Anbetung schuldig sind und das so viel höher ist als all unser Denken und so viel größer als all unser Begreifen.
Den Einwurf, von dem hier die Rede ist, will ich in einem einzigen Satz wiederholen. Da die Astronomie eine solche Fülle von Welten uns enthüllt hat, so ist es nicht wahrscheinlich, dass Gott dieser einen Welt so viel Aufmerksamkeit schenken und zu ihrem Besten so wunderbare Vorkehrungen treffen würde, wie sie in der christlichen Offenbarung uns angekündigt werden. Dieser Einwurf wird seine Widerlegung empfangen haben, wenn wir ihm mit dem folgenden Satz begegnen können: Es besitzt Gott, außer der bloßen Fähigkeit, einer Mannigfaltigkeit von Gegenständen zu einer und derselben Zeit sich hinzugeben, diese Fähigkeit in so wunderbarer Vollkommenheit, dass er jedem dieser Gegenstände so ganz sich widmen und ihn so reich bedenken und alle seine Eigenschaften an ihm so herrlich offenbaren kann, als ob die übrigen Gegenstände gar nicht existierten und bei seiner Regierung der Welt gar nicht berücksichtigt würden.
Um diesen Satz zu beweisen, appellieren wir zu allererst an die persönliche Lebenserfahrung eines Jeden unter euch. Gebt uns nur das zu, dass Gott niemals ein Ding, das er erschaffen hat, aus dem Auge verliert, und dass kein erschaffenes Wesen unabhängig von ihm weiter bestehen oder wirksam sein kann; und dann, sogar auf der Oberfläche dieser Erde, so gering diese ist, gemessen an dem großen Maßstab der Astronomie, wie weit verschieden und wie mannigfaltig bis zu vielen tausend besonderen Entfaltungen ist die Fürsorge Gottes! Sein Auge weilt zu jeder Stunde über meinem Dasein. Sein Geist hat die allernächste Berührung mit jedem Gedanken meines Herzens. Seine Inspiration erzeugt jedes Vorhaben in mir. Seine Hand gibt jedem Schritt auf meinen Gängen die Richtung. Jeden Atemzug tue ich vermöge einer Kraft, die Gott mir verleiht. Dieser Leib, der auf die leichteste Störung hin` die Beute des Todes oder schmerzlicher Leiden würde, erfreut sich jetzt des Wohlseins, weil er in diesem Augenblicke tausend Gefahren von mir abhält und die tausend Bewegungen seines feinen und komplizierten Mechanismus im Gang erhält. Sein herrschender Einfluss bleibt bei mir durch den ganzen Verlauf meines ruhelosen und stets sich verändernden Lebens. Wenn ich einsam wandere, ist er neben mir. Wenn ich mich in Gesellschaft mische, so vergisst er, trotzdem ich seiner gar nicht gedenke, meiner nicht. In den stillen Stunden der Nacht, wenn meine Augenlider geschlossen sind und mein Geist in Bewusstlosigkeit ruht, ist das wachsame Auge dessen, der nicht schläft noch schlummert, über mir. Seiner Gegenwart kann ich nicht entrinnen. Ich mag hingehen, wo ich will, so hält er mich und wacht über mir und sorgt für mich; und dasselbe Wesen, das jetzt in den entferntesten Gebieten der Natur und der Vorsehung tätig ist, ist auch zu meiner rechten Hand, um jeden Augenblick meines Daseins zu verlängern und mich in dem Gebrauch aller meiner Sinne und aller meiner Fähigkeiten zu erhalten.
Und nun tut Gott das, was er mit mir tut, mit jedem einzelnen Individuum, das diese Welt bewohnt. Die Nähe seiner Gegenwart und Aufmerksamkeit und Fürsorge erreicht einen Jeden unter ihnen Allen. Mit einem Geist, dem die umfassende Weite aller seiner übrigen Beziehungen keine Last ist, kann er ohne Ablenkung sich der Leitung und Bewachung jedes Sohnes und jeder Tochter des menschlichen Geschlechtes hingeben. Und ist es unsere Sache, angesichts aller dieser Erfahrung undankbar eine Grenze um die Vollkommenheiten Gottes zu ziehen - zu behaupten, dass die Menge der übrigen Welten einen Teil seines Wohlwollens von derjenigen, die wir innehaben, zurückbehalten habe, oder dass er, dessen Auge über jeder besonderen Familie der Erde ruht, nicht allen Reichtum seiner unergründlichen Vorzüge auf irgend einen erhabenen Ratschluss des Erbarmens und der Unsterblichkeit um ihrer zahllosen Geschlechter willen verschwenderisch ausgießen würde?
Aber, zweitens, wäre der Geist Gottes so ermüdet und so beschäftigt mit der Sorge für andere Welten, wie der Einwurf es voraussetzt, würden wir nicht gewisse Spuren der Vernachlässigung oder der Unachtsamkeit in seiner Behandlung der unsrigen wahrnehmen? Würden wir nicht auf mehr als einem Gebiete der Beobachtung den Beweis davon erkennen, dass sein Meister mit der Menge seiner übrigen Verpflichtungen überhäuft ist? Ein Mann, der von der Menge seiner Geschäfte gedrückt ist, würde, wenn irgend eine neue Arbeit von Belang ihm übertragen würde, dieselbe vereinfachen und verringern. Wohlan, weise auch nur eine einzige Spur davon nach, dass Gott in einer ähnlichen Verlegenheit sich befände! Die Astronomie hat so manche Reich der Schöpfung uns erschlossen, von denen man vorher nichts hörte, dass die Welt, die wir bewohnen, in eine einzige entlegene und einsame Provinz dieser weiten Monarchie zusammenschrumpft. Sagt mir also, ob ihr auf irgend einem Gebiet dieser Provinz, das dem Menschen zugänglich ist, ein einziges Anzeichen dafür habt, dass Gott sich selbst schone, dass Gott durch das Gewicht seiner übrigen Beschäftigungen an Mattigkeit leide, dass Gott unter der Last jener umfassenden Oberaufsicht, die ihm obliege, zusammensinke, dass Gott, wie einer von uns, durch irgend eine Zahl von Verpflichtungen, so groß, so verschieden oder so mannigfaltig sie auch seien, erschöpft werden könnte; und erkennt ihr nicht in der mächtigen Fülle von Weisheit und Güte, die überall um uns her sich verbreitet, dass die Gedanken dieses unerforschlichen Wesens nicht sind wie unsere Gedanken und seine Wege nicht wie unsere Wege?
Meine Zeit gestattet nicht, bei diesem Gegenstand lange zu verweilen, denn ehe ich schließe, muss ich eilen, die Sache von einer anderen Seite zu beleuchten. Aber, wenn ich umherschaue auf das wunderbare Schauspiel, das unmittelbar vor mir ist, und sehe, dass es in jeder Hinsicht ein Schauspiel der verschiedenartigsten und unablässigsten Tätigkeit ist, und bei all den Schönheiten jenes Schmuckes verweile, womit es geziert ist, und bei all den Spuren von Absicht und Wohlwollen, die darin reichlich vorhanden sind, und denke, dass derselbe Gott, der das Universum mit allen seinen Systemen in seiner hohlen Hand hält, jeder Blume ihre Zeichnung und jedem Grashalm Nahrung gibt und die Bewegungen jedes lebendigen Wesens in Gang seht und durch das Gewicht seiner übrigen Sorgen nicht verhindert ist, den kleinen Bereich der Natur, den ich einnehme, mit Reizen und Bequemlichkeiten der unbegrenztesten Mannigfaltigkeit zu bereichern - dann ist es sicherlich, falls eine Botschaft mit jedem Kennzeichen der Echtheit erklären sollte, von Gott zu mir zu kommen, und mich zu benachrichtigen von seinen mächtigen Taten für das Glück unseres Geschlechtes, meine Sache nicht, angesichts aller dieser Beweise sie zu verwerfen, als wäre es eine trügerische Kunde, weil die Astronomen mir gesagt haben, dass er so viele andere Welten und andere Gattungen von Wesen hat, für die er sorgen muss; und wenn ich bedenke, dass es eine Erniedrigung seiner selbst von seiner Hoheit über die Geschöpfe seiner Hand wäre, sollte ein einziger Sperling auf die Erde fallen ohne seinen Willen, dann lasst Wissenschaft und Sophisterei es versuchen, mich um meinen Trost zu bringen, so viel sie mögen ich werde von dem Anker meines Vertrauens auf Gott nicht laffen; ich werde mich nicht fürchten, denn ich bin besser als viele Sperlinge.
Aber drittens, es war das Teleskop, das die Dunkelheit, die zwischen uns und fernen Welten liegt, durchdringend dem Unglauben das Argument lieh, das wir jetzt zu widerlegen suchen. Allein um die Zeit seiner Erfindung wurde ein anderes Instrument geschaffen, das einen nicht weniger wunderbaren Anblick uns erschloss und den Forschergeist des Menschen mit einer Entdeckung belohnte, welche die ganze Kraft dieses Argumentes zu neutralisieren geeignet ist. Das war das Mikroskop. Das eine leitete mich an, ein System in jeglichem Stern zu sehen, das andere leitet mich an, eine Welt in jedem Atom zu finden. Das eine lehrte mich, dass diese gewaltige Kugel mit der ganzen Last ihrer Bewohner und ihrer Länder nur ein Sandkorn auf den Gefilden der Unendlichkeit ist. Das andere lehrte mich, dass jedes Sandkorn in seinem Innern die Gattungen und Familien einer geschäftigen Bevölkerung zu beherbergen vermag. Das eine redete zu mir von der Bedeutungslosigkeit der Welt, auf der ich gehe. Das andere spricht sie von aller ihrer Bedeutungslosigkeit frei; denn es sagt mir, dass in den Blättern jedes Waldes und in den Blumen jedes Gartens und in den Wassern jedes Bächleins es Welten gibt, die voll des Lebens sind und so zahllos wie die Herrlichkeiten des Firmaments. Das eine zeigt mir, dass jenseits und über dem, was den Menschen sichtbar ist, Gefilde der Schöpfung liegen mögen, die mit unmessbarer Schnelligkeit dahinfahren und die Spuren von des Allmächtigen Hand zum entferntesten Schauplatz des Universums hintragen. Das andere zeigt mir, dass innerhalb und unter der kleinsten Größe, die das bewaffnete Auge des Menschen erforschen kann, eine Region von unsichtbaren Wesen liegen mag; und dass wir, vermöchten wir nur den geheimnisvollen Vorhang, der sie unseren Sinnen unzugänglich macht, hinwegzuziehen, einen Schauplatz mit so vielen Wundern, als die Astronomie uns aufgedeckt hat, dort sehen könnten, ein Universum innerhalb der Grenzen eines Punktes, der so klein ist, dass die Kräfte des Mikroskops hier wirkungslos sind, wo aber der Wunder wirkende Gott Raum für die Auswirkung aller seiner Kräfte findet, wo er einen andern Mechanismus von Welten ins Dasein rufen und sie alle erfüllen und beleben kann mit den Beweisen seiner Herrlichkeit.
Bedenkt nun, wie dies Alles geeignet ist, das Argument unserer ungläubigen Astronomen zu widerlegen. Mittelst des Teleskops haben sie entdeckt, dass keine Größe, so umfassend sie auch sei, jenseits dessen liege, was von der Gottheit gehalten wird. Aber mittelst des Mikroskops haben wir entdeckt, dass keine Kleinheit, so sehr sie auch der Aufmerksamkeit des menschlichen Auges entgehen mag, vor seiner herablassenden Güte unbeachtet bleibe. Jeder Zuwachs zu den Kräften des einen Instruments erweitert die Grenzen seiner sichtbaren Herrschaft. Aber durch jeden Zuwachs zu den Kräften des anderen Instruments sehen wir die einzelnen Teile mehr als vorher mit den Wundern seiner nimmer ruhenden Hand bevölkert. Der eine erweitert beständig den Umkreis seines Gebietes, der andere füllt beständig die einzelnen Teile desselben aus mit dem, was reich und mannigfaltig und vorzüglich ist. Kurz gesagt, durch das eine erfahre ich, dass der Allmächtige jetzt in Regionen tätig ist, die weiter entfernt sind, als die Geometrie je ausgemessen hat und unter Welten, die zahlreicher sind, als je gezählt worden sind. Aber durch das andere erfahre ich auch, dass er mit dem Vermögen, das Ganze in der unermesslichen Weite seiner Gesamtheit zu umspannen, auch das Vermögen verbindet, jeder Einzelheit in derselben besondere und ungeteilte Aufmerksamkeit zuzuwenden; und dass der gleiche Gott, der seine erhaltende Kraft in den Bahnen und Bewegungen der Astronomie betätigt, die Verborgenheit jedes einzelnen Atoms mit seiner unmittelbaren Gegenwart erfüllen und in all der Größe seiner ungeschwächten Attribute an jedem Ort und jedem Ende des Universums, das er gebildet hat, wirken kann.
Diejenigen also, die da meinen, dass Gott eine solche Macht und eine solche Güte und eine solche Herablassung nicht zum Besten dieser Welt entfalten werde, wie das neue Testament von ihm aussagt, weil er noch so vielen anderen Welten seine Aufmerksamkeit widmen müsse, denken sich ihn als einen Menschen. Sie beschränken sich mit ihrer Ansicht auf die Belehrungen des Teleskops und vergessen ganz die Belehrungen des anderen Instruments. Sie finden in ihrem Geist bloß Raum für eine umfassende und allgemeine Aufsicht und vergessen ganz die nicht minder eindrücklichen Beweise für seine andere Eigenschaft, einer ins Kleine gehenden und vielfältigen Sorge für jene Verschiedenheit von Funktionen, wo er es ist, der Alles in Allem wirkt. Und wenn ich bedenke, dass, während das eine der wissenschaftlichen Instrumente jeden Eindruck an der ersten dieser Eigenschaft erhöhte, das andere unseren Eindruck von der zweiten nicht minder erhöht hat, dann kann ich der Schlussfolgerung nicht länger widerstehen, dass es eine gesunde Beweisführung überschreiten hieße und ebenso eine gottlose Vermessenheit wäre, wenn ich dem Tun dieses unerforschlichen Gottes eine Grenze sehen würde; und sollte eine unzweifelhafte Offenbarung vom Himmel her mir von einer Tat der Herablassung zu Gunsten irgend einer besonderen Welt erzählen, einer Tat so wunderbar, dass Engel gelüstete, sie zu schauen, und der ewige Sohn vom Thron seiner Herrlichkeit herabsteigen musste, um sie auszuführen, so ist Alles, was ich begehre, der Beweis, dass es eine solche Offenbarung gebe; denn wenn ihr auch dem, dass Gott zum Wohl einer einzigen Provinz seines Reiches sich selbst erniedrigt habe, eine noch so große Bedeutung gebt, so kann das nicht mehr heißen, als was ich in zahllosen Beispielen vor mir zerstreut liegen sehe und was sich durch die ganze Reihe meiner Erinnerung hindurchzieht und was mir bei jedem Gang der Beobachtung, zu dem ich mich anschicke, entgegentritt; und jetzt, da das Mikroskop die Wunder einer andern Welt entschleiert hat, sehe ich in einer Fülle, die jeden Versuch dies zu begreifen zu Schanden macht, rings um mich her ausgebreitet den Beweis, dass für Gott kein Teil des Universums zu klein ist, um ihn zu beachten, oder zu unbedeutend, um ihm die Wohltaten seiner Fürsorge zuzuwenden.
Am Ende aller dieser Erläuterungen lasst mich einen Teil meiner Rede dem widmen, was ich für den wirklichen Wert dieses Argumentes halte.
Es ist wunderbar, dass Gott durch die Sorge für ein ganzes Universum sich so wenig belästigt fühlen sollte, dass er jeden Augenblick jedem Individuum in der Bevölkerung dieser Welt eine sich gleich bleibende Aufmerksamkeit schenken kann. Aber so wunderbar sie ist, so werdet ihr nicht zögern, sie auf das Zeugnis eurer eigenen Erinnerungen hin als richtig zuzugeben. Es ist wunderbar, dass er, dessen Auge jeden Moment auf so vielen Welten ruht, die Welt, die wir bewohnen, mit all den Spuren mannigfaltiger Absichten voll Güte in reicher Fülle sollte bevölkert haben. Aber so groß auch das Wunder ist, so werdet ihr nicht einmal einen Schatten von Unwahrscheinlichkeit, der es verdunkeln könnte, darauf wollen fallen lassen, denn seine Wirklichkeit ist es, wovon ihr tatsächlich Zeuge seid, und es kommt euch nie in den Sinn, den Beweis der Beobachtung in Frage zu stellen. Es ist wunderbar, es ist mehr als wunderbar, dass derselbe Gott, dessen Gegenwart durch die Unendlichkeit ausgegossen ist, und der das weite Schirmdach seines Schutzes über alle ihre Wohnstätten ausbreitet, mit einer Energie so frisch und ungeschwächt, als ob er das Werk der Schöpfung erst begonnen hätte, sich dem zuwenden sollte, was rings in unserer nächsten Nähe liegt, indem er schon im engsten Raum einer Hand voll alle Fülle seiner Güte verschwendet und ihn mit den vielen tausend Arten bewusster Existenz bevölkert. Aber so unbegreiflich das Wunder auch sein mag, ihr duldet nicht, dass euer Geist auch nur den leisesten Zweifel daran hege, weil ihr den Befund des Mikroskops nicht in Frage stellt. Ihr weist seine Belehrung nicht zurück, und wendet euch nicht davon ab, als ob es ein unsicheres Mittel der Beweisführung wäre. Aber um die Sache der Entscheidung noch näher zu bringen: es gibt Viele, die niemals durch ein Mikroskop gesehen haben und die doch für alle seine Offenbarungen einen blinden Glauben haben; und welchen Beweis haben sie dafür, möchte ich fragen: Den Beweis des mündlichen Zeugnisses, das Vertrauen, das sie in die Verfasser der Bücher, welche sie gelesen haben, setzen, und den Glauben, den sie dem Bericht über ihre Beobachtungen schenken. Wohlan, das ist der Punkt, an dem ich einsetze. Es ist wunderbar, dass Gott sich für die Erlösung einer einzigen Welt in einer Weise interessiert haben sollte, die ihn bewog, seinen lieben Sohn zu diesem Zwecke auszusenden, und dass dieser, mit Erlösungskräften begabt, den Auftrag zu erfüllen alle seine Stärke anwenden und in der Größe desselben sich aufreiben sollte. Aber solche Wunder wie diese sind euch bereits in großer Zahl vorgekommen; und wenn der Beweis für ihre Wahrheit geleistet ist, so habt ihr auf ein Urteil über Gottes unerforschliches Wesen gänzlich verzichtet und Ruhe im Glauben an sie gefunden. Ich fordere im Namen einer gesunden und wohlbegründeten Philosophie, dass ihr dasselbe hinsichtlich des vor uns liegenden Gegenstandes tut, und ihn aufnehmt als eine Frage, die sich beweisen lässt, und jenes Medium des Zeugnisses prüft, durch welches die Wunder und Erklärungen des Evangeliums euch kund getan worden sind, und nicht zugebet, dass das als Argument hier gelte, was in irgend einer der Analogien der Natur und der Beobachtung nicht als solches gelten würde, und auf dieses Gebiet der Forschung eine Lehre mit euch nehmt, die ihr auf anderen Gebieten gelernt haben solltet, nämlich die Tiefe des Reichtums beider, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes, dass seine Gerichte unergründlich und seine Wege unerforschlich sind.
Auf den positiven Beweis für die Wahrheit der christlichen Offenbarung lasse ich mich ganz und gar nicht ein; mein einziger Zweck gegenwärtig ist, einen der Einwände zu widerlegen, der ihr im Weg zu stehen scheint. Lasst mich nun annehmen, dass dies zur Befriedigung eines philosophischen Forschers geschehen und der Beweis gelungen sei; und dass derselbe Christ, der mit der Erhabenheit der Naturwissenschaft vollkommen vertraut ist und sich gewöhnt, Gott in Verbindung mit der ihn umgebenden Herrlichkeit zu betrachten, dahin gebracht werden soll, seine Ges danken unter die Lehre Christi gefangen zu geben. O mit welcher Verehrung und Dankbarkeit und Verwunderung sollte er auf die Herablassung in diese niedrigere Welt von Seiten dessen blicken, der alle diese Dinge geschaffen hat und ohne den nichts geworden ist, das geworden ist. Was für eine Bedeutung erhält da jeder Schritt in der Erlösung einer gefallenen Welt, wenn man bedenkt, dass er getan wurde von dem, der sich selbst der Schätze eines so weiten Reiches entäußerte und zu dieser geringsten seiner Provinzen in der Verkleidung eines Knechtes kam und die Gestalt unseres entarteten Geschlechtes an sich nahm und sich selbst für uns in Schmerzen und Leiden und Tod hingab. In dieser opferwilligen Liebe unseres Heilandes zu denen, für welche er sterbend seine Seele aushauchte, ist eine Höhe und Tiefe und Länge und Breite, die mein Begreifen weit übersteigt; und lasst mich von diesem Augenblick an nie, nie eine so große Erlösung gering schätzen oder mein Vertrauen auf eine Versöhnung verlieren, die uns durch ihn versiegelt wurde, der da rief: „Es ist vollbracht“, und der uns zu einer ewigen Gerechtigkeit verholfen hat. Es war nicht der Besuch einer inhaltlosen Schaustellung, den er uns gemacht hat. Es geschah zur Erfüllung einer hochwichtigen Aufgabe; und wenn uns gesagt und versichert wird, dass diese Aufgabe in seinem Sterben bestehe, des Gerechten für die Ungerechten, damit er uns zu Gott bringen möchte, so lasst uns niemals daran zweifeln, dass wir auf dem Weg in die Gemeinschaft mit unserem himmlischen Vater aufgenommen sind, den er uns eröffnet und bekannt gemacht hat. Indem wir diesen Weg einschlagen, lasst uns jeder seiner Anweisungen mit der Bescheidenheit folgen, welche ein Gefühl all dieser wunderbaren Herablassung natürlicher Weise einflößt. Lasst uns Alles aufgeben, was er uns aufgeben heißt. Lasst uns Alles tun, was er uns tun heißt. Lasst uns seiner Führung mit der Gelehrigkeit von Kindern uns hingeben, überwältigt von einer Güte, die wir nie verdienten, und einer Liebe, die von all der Verkehrtheit und Undankbarkeit unserer halsstarrigen Natur sich nicht besiegen ließ - denn was sollen wir ihm für seine geheimnisvollen Wohltaten geben, Ihm, der so unser gedacht, Ihm, der solchermaßen uns seines Besuches gewürdigt hat?
Aber dieses Argument ist noch nicht völlig erschöpft. Wir haben uns kaum auf die Verteidigung eingelassen, womit man sich gewöhnlich gegen die Einrede wehrt, welche der Unglaube erhebt, indem er ausgeht von der wunderbaren Ausdehnung von Gottes Universum und von der Bedeutungslosigkeit des uns darin zukommenden Anteils. Wir haben diesen Einwand dadurch zu entkräften versucht, dass wir den rings uns umgebenden Beweis zur Geltung brachten: Gott verbindet mit der Größe einer weiten und mächtigen Übersicht, welche bis an die Grenzen der Schöpfung reicht und sich über alle ihre Sphären ausdehnt, die Fähigkeit, jedem seiner kleinsten Gebiete so viel Aufmerksamkeit zu schenken und eine so vollständige und mannigfaltige Weisheit zuzuwenden und eine so reiche und unerschöpfliche Güte daran zu verschwenden, als ob es die ganze Ausdehnung seines Reiches umfasste.
Bei dieser ganzen Beweisführung haben wir die Erde als ganz getrennt vom übrigen Universum angesehen. Aber sehen wir auf die Art, in der der astronomische Einwurf gewöhnlich widerlegt wird, so wird die Erde nicht betrachtet, als befinde sie sich in einem Zustand der Ablösung von den übrigen Welten und den übrigen Klassen von Wesen, die Gott ins Dasein gerufen hat. Sie wird als das Glied eines ausgedehnteren Systems angesehen. Sie wird in Verbindung gebracht mit der Herrlichkeit eines sittlichen Reiches, das so weit ist, wie das Reich der Natur. Es ist keine bloße Behauptung, was in unserer letzteren Rede bereits behandelt wurde, dass nach Allem, was wir auf vernünftige Weise erkennen können, der Erlösungsratschluss und sein Einfluss sich vielleicht auch auf diejenigen Geschöpfe Gottes erstrecke, die andere Regionen bevölkern und andere Gefilde in der Unermesslichkeit seiner Herrschaft innehaben; dass also die Voraussetzung, es sei dieser Ratschluss bloß zum Besten der Welt, in der wir leben, und des Geschlechtes, zu dem wir gehören, eine bloße Behauptung des Ungläubigen selbst ist; und dass der Einwand, den er darauf baut, als nichtig dahinfällt, wenn die Unrichtigkeit der Behauptung. erwiesen ist. Der christliche Apologet glaubt noch darüber hinausgehen zu dürfen, dass er nämlich nicht nur die völlige Grundlosigkeit der ungläubigen Behauptung erweisen kann, sondern dass er positiv Grund hat, eine entsprechende gegenteilige Behauptung an ihre Stelle zu sehen und dass er, nachdem er ihr den Boden unter den Füßen entzogen hat, indem er die völlige Abwesenheit aller für sie sprechenden Beobachtung aufzeigte, zu dem deutlichen und bejahenden Zeugnis der Bibel übergehen kann.
Wir glauben, dass dies zwar nicht einer wilden und ungeordneten, wohl aber einer rechtmäßigen und nüchternen Spekulation die Bahn weist. Und so begierig wir sind, jeden Gegenstand, der auf die christliche Wahrheit Bezug hat, von allen Seiten zu beleuchten; und so wenig wir hinsichtlich dessen, was sich aus der genauesten Sichtung ergibt, Furcht hegen; und indem wir es in der Tat für die nichtswürdigste Anmaßung halten, dass irgend ein Zwergphilosoph des Tages seinen zweifelhaften Skeptizismus einer Anzahl aufgeblasener und unwissender Bewunderer auftischen, oder dass ein halbgebildetes und oberflächliches Publikum mit dem christlichen Priesterstand die Idee der Blindheit und des Aberglaubens einer verlorenen Sache verbinden sollte - mit diesen Gefühlen sind wir nicht geneigt, eine einzige Frage, die in Betreff der christlichen Apologetik aufgeworfen werden kann, auszuschließen. Kein einziger ihrer Teile oder Beziehungen hat es nötig, dass man einen verhüllenden Schleier darüber werfe. Lasst die Priester eines andern Glaubens ihre klüglich ersonnenen Mittel entfalten und in der Anwendung derselben weise und schlaue Mienen annehmen. Aber das Christentum steht auf höherer und sicherer Warte. Die Verteidigungsrüstung einer furchtsamen und zaghaften Politik steht ihm nicht an. Ihm kommt die Majestät der nackten Wahrheit zu; und mit all der Größe des Alters, aber ohne dessen Schwächen ist es auf uns gekommen und hat in den Schlachten, die es in den zahlreichen Kämpfen vieler Generationen gewonnen, neue Kräfte gesammelt. Eine Religion wie diese ist, hat nichts zu verbergen. Alles sollte aufgedeckt sein. Und das volle Tageslicht sollte ungehemmt durch alle Geheimnisse strömen. Aber sie hat keine Geheimnisse. Ihr gehört die Offenheit und Einfachheit bewusster Größe; und ob sie mit dem Stolz der Weltweisheit zu kämpfen hat oder in scharfen Gegensatz zu den Vorurteilen der Menge treten muss, so tut sie es kraft ihrer eigenen Stärke und wirft alle Stützen und alle Hilfsmittel des Aberglaubens weit von sich weg.