Chalmers, Thomas - Das Wesen des Reiches Gottes.
Predigt über I. Corinth. 4,20.
Von Dr. Thomas Chalmers.
Professor der Theologie zu Edinburgh.
Text: 1. Cor. 4, 20.
„Denn das Reich Gottes steht nicht in Worten, sondern in Kraft.“
Es liegt für uns eine höchst wichtige Belehrung in dem offenbar verschiedenen Sinne, in welchem das Neue Testament die Ausdrücke „Reich Gottes“ -und „Himmelreich“1) gebraucht. Wenn dies Wort zu einer Zeit unsre Gedanken zu der Stätte erhebt, wo Gott in sichtbarer Majestät thront, wo er, umgeben von der Gemeinde der Seligen unter ihnen waltet in vollkommner und geistiger Herrschaft, so lenkt es zu einer andern Zeit unser Nachdenken einwärts auf uns selbst, und statt uns anzuleiten zu dem Ausspruch: Siehe hie oder da! als wäre es irgendwo in der Ferne räumlich vorhanden, hören wir vielmehr das Zeugnis: das Reich Gottes ist inwendig in uns! und werden angewiesen, es in unserm eigenen Herzen zu suchen und zu forschen, ob dort schon ein himmlischer Sinn an die Stelle des irdischen Trachtens getreten sei. Unsere Vorstellungen von diesem Gegenstande sind so beschaffen, daß vom Himmelreiche nicht die Rede sein kann, ohne daß unser Gemüth dadurch eine Richtung nach Oben bekommt, und sich hinaufschwingt in die unendlichen Räumen zu dem Orte der Herrlichkeit und der Psalmenklänge, wo die Engel wohnen, und wo die Lobgesänge der erlöseten Geschöpfe und derer, die nie gefallen sind, in ewigen Wechselchören den Vater preisen, der an ihnen allen sein Wohlgefallen hat. Leicht mag es da geschehen, daß das Gemüth, indem es sich mit dieser Freudenstätte beschäftigt, sie mit tausend herrlichen Zuthaten sich ausmalt, die ganz absehend von allem, was sittlich und geistlich ist, nur dazu geeignet sind, den thierischen, sinnlichen, unwiedergebornen Menschen zu ergötzen. Es mag dort schöne, glänzende Aussichten zur Weide für das Auge geben, das Ohr mag sich laben an den süßesten Klängen sanfter Melodieen. Es mag unzählige Wonnegefühle dort geben, die aus der Übereinstimmung hervorgehen, in der dort die himmlischen Dinge, die uns umgeben, mit dem verwandelten und verklärten Leibe stehen, den wir tragen werden! Ja, es mag eine höhere und edlere Art von Freuden dort in reichster Fülle über uns ausgegossen sein! - das alles können wir uns immer noch vorstellen außer dem Besitze der Heiligkeit, ohne jene eigenthümliche Beschaffenheit, durch deren Erlangung der Sünder in einen Heiligen umgewandelt ward. Und da steht dann der Mensch, dessen ganzes Herz doch zuvor nur dem Vergänglichen und Irdischen zugewandt war, mit einem Male da, als sei er plötzlich in eine neue Form umgegossen, und tritt hervor mit einer Seele, die von göttlicher Begierde erfüllt ist und mit einem Herzen, das in neugeschaffenem Eifer seine Freude in Gott sucht. Eben so kann man auch, ohne alle andere Bekehrung, als eine solche, sich den Himmel vorstellen, als ob er außerdem noch eine Reihe der ausgesuchtesten geistigen Gnadenerweisungen in sich schließe und gewähre. Man kann ihn sich so denken, als ob er sich selbst den Sinnen des Menschen anbequeme, obgleich dieser nicht eine einzige Tugend des Tempelsund des Heiligthums an sich trägt, und eben so kann man sich auch einbilden, er werde sich fügen nach dem ebenso von aller Tugend entblößten Geiste eines Menschen und sich richten nach seinen stolzen Grundsätzen und nach dem, wofür seine Natur empfänglich ist. Dort-meint man- werde das Gefühl immer neue Befriedigung finden in dem wunderbaren Anschauen seiner sinnlichen Pracht, dort werde die Einbildungskraft unermüdet schwelgen unter dem, was von erschaffener Herrlichkeit dort wirklich oder möglich sein wird, dort werde der Verstand bis zum Entzücken sich ergehen in der endlosen Mannigfaltigkeit der Wahrheit, die in reichen Fluthen immer neuer Entdeckungen dem Gemüthe zuströme; und eben so müsse das Herz von einer Gluth der wärmsten und anhänglichsten Liebe durchdrungen werden, da es von Herzlichkeit und Wohlwollen rings umgeben ist. Es ist denkbar, Geliebte, daß der Himmel dies alles in sich schließe, und nehmen wir noch dazu die sichere und ewige Bewahrung vor den Qualen der Hölle, so darf es uns nicht wundern, daß solch ein Himmel mit heißem Verlangen von denen begehrt wird, die nicht die unterste Stufe geistlicher Zubereitung zum wirklichen Himmel des neuen Testaments durchgangen haben, - die das nicht von ferne erkannt haben, was ihre wahre und eigentliche Glückseligkeit ausmacht, - die schon hier auf Erden nicht für die kürzeste Zeit der Abgeschiedenheit die Arbeit und Mühe der Gemeinschaft mit Gott ertragen können, - die obwohl sie sich bis zum Übermaße weiden an den sinnlichen und geistigen Freuden des Himmels, doch seinen Hallelujahs, seinen Lobgesängen, seiner entzückten Anbetung durchaus keinen Geschmack abgewinnen können; - die wenn sie jetzt oder nach ihrem Tode mit der Stimmung und Gesinnung ihrer Seele, die sie in diesem Augenblicke hegen, ins neue Jerusalem und in die Stadt des lebendigen Gottes versetzt würden, sich zuverlässig in der Fremde fühlen würden, und dem ihnen verwandten und erfreulichen Elemente entrissen, sich nur desto schmerzlicher sehnen möchten nach einem Paradiese sinnlicher Lust oder menschlicher Dichtung!
Es mag dazu beitragen, solche gefühlige Einbildungen zu zerstören, wenn wir wohl erwägen, in welchem Sinne die Schrift von dem Königreiche des Himmels redet, wenn wir bedenken, daß sie dasselbe eben so oft mit dem Menschen auf Erden in persönliche Verbindung bringt, als sie es auf der andern Seite uns ansehen lehrt, als räumlich an einem fernen geheimnisvollen Orte außer uns vorhanden; - so daß, um Unterthanen dieses Reichs zu sein, es nicht unerläßlich nöthig ist, innerhalb der Grenzen des bezeichneten Gebietes zu wohnen, ebenso wenig wieder aufhört ein Unterthan seines irdischen Königs zu sein, der eine Zeitlang außerhalb der Grenzen der Herrschaft seines Herrn reiset. Ein solcher kann, obschon persönlich fern von seinem Vaterlande, doch in seinem Herzen das volle Bewußtsein seiner Verbindung mit seinem Landesherrn in sich tragen, er kann sowohl hinsichtlich seiner Verpflichtungen gegen seinen König als auch durch die willigste und innigste Zustimmung seines Herzens zu denselben mit ihm verbunden bleiben durch innere und äußere Bande. Er ist immer noch ein Glied jenes Reiches, in dessen Gebiet er geboren ward. So kann auch jemand sein Lebenlang als ein Pilger wallen in dieser Welt, und dennoch doch während der ganzen Zeit seiner Pilgerschaft ein Bürger des Himmelreichs sein. Der Herr, der dort oben in höchster Machtvollkommenheit regiert, kann auch in diesem Lande der Fremde und der Verweisung ein Wesen haben, das ihm ganz geweihet ist, das ihm als seinem rechten Herrn durch Übergabe seines Herzens huldigt, das sich ihm in seinem ganzen Leben unterwirft. Der Wille Gottes kann solch eine geistige Herrschaft über den Willen eines solchen Menschen haben, daß wenn jener gebietet, dieser schnell und mit Freuden gehorcht. Das Wesen Gottes kann mit allem Reize der Vollkommenheit und der Schönheit dem Auge seines Gemüths so klar vorschweben, daß der Mensch, indem er unverwandt auf ihn blickt, zugleich ihn liebt und ihm gleich wird. Ein Gefühl von Gott kann jede seiner Stunden, jede seiner Beschäftigungen so durchdringen, wie die Hand Gottes ihn unaufhörlich hält, und wie die Allmacht Gottes es ist, in der er lebt und webt, und durch die er sein Dasein hat. Gibt es irgendwo in dieser Welt einen solchen Menschen, so trägt er das Reich Gottes in seinem Herzen. Er ist schon gezählt zu den Kindern des Reichs. Dem Leibe nach ist er noch nicht im Himmel, aber sein Himmel hat bereits begonnen. In seinen Augen spiegelt sich schon die Herrlichkeit des Himmels, obgleich er sie noch erblickt durch einen Spiegel in einem dunkeln Worte. Himmlisches Wesen regt sich schon in seiner Brust und muß er gleich noch ringen mit den Neigungen seiner Natur, so können sie ihn doch nicht mehr beherrschen mit der Freiheit einer unbestrittenen Gewalt. Er trägt in seinem Herzen den Frieden, die Freude, die Liebe, den Adel des Himmels, ob auch, weil er im sterblichen Leibe wallet, der Einfluß und die Beschränkung desselben die Seelenruhe vielfach stört, die ihm beigelegt ist. Mit einem Worte, das Wesentliche der himmlischen Belohnung und der himmlischen Glückseligkeit, ist schon in seinem Besitz. Er genießt dies Heil des Himmels der Art und Beschaffenheit nach, nur jetzt noch nicht in seiner ganzen Fülle und Vollendung. Wenn er einst wirklich den Himmel ererben wird, so wird er dort nicht eine Seligkeit erlangen, die wesentlich verschieden von der ist, die er hier empfand, nur eine höhere, dem Grade nach. Dort mögen ihm Kronen strahlen in wahrhaftigem Glanze, Bäume prangen in unverwelklicher Lieblichkeit. Dort mögen smaragdne Mauergründe sein, Gewölbe vom strahlendsten Wiederschein, - Lustgärten voll tiefer, stiller Sicherheit, Paläste in stolzem, köstlichem Schmucke, eine Stadt mit hohen Zinnen, durch welche unversiegbar der kristallhelle Strom fließt, und wo die ewigen Jubellieder tönen in seliger Harmonie mit den Stimmen der Seraphim, - aber das alles ist nur die Zugabe im Himmel, das macht das Wesen seiner wahren Seligkeit nicht aus. Von ihr trägt der Mensch, der noch unter den Mühseligkeiten des armen Lebens ringt, dem die fühlbare Ergötzungen und die erschienene Herrlichkeit noch fremde und unzugänglich sind, schon einen Vorschmack in seinem Herzen. Und der besteht nicht in der Freude über ein geschaffenes Gut, nicht im Schauen geschaffener Herrlichkeit. Er fließt durch den Kanal der Liebe und der Beschauung in geradem Strome aus der Fülle des Schöpfers. Er geht aus von dem Angesichte Gottes, der die geistige Herrlichkeit seines heiligen und vollkommnen Wesens allen denen kund thut, die ihm gleich gesinnt werden. Wenn auf Erden keine Richtung zu solch einer Gesinnung gefunden wird, - kein Fortschreiten zur Erneuerung nach dem verlornen Bilde Gottes, keine Freude am Gebet, - kein Gefühl für die Seligkeiten des Umgangs mit dem Vater, den wir jetzt nicht sehen, der aber einst den Blicken derer, die vor seinem Throne anbeten, von Angesicht zu Angesicht sich offenbaren wird, - dann mögen unsre Vorstellungen sich immer entflammen an den Schönheiten unsers eingebildeten Himmels, den wahren Himmel, den die Schrift uns verkündet, werden wir nie erreichen, denn es ist ein Himmel, für dessen Freudengenuß wir nicht geeignet sind.
Doch solch ein Blick in diese Sache scheint nicht allein geeignet, die Einbildungen des Gefühls zu zerstreuen, die in dieser Hinsicht obwalten, er kann auch dazu dienen, einem Irrthum in der Lehre zu begegnen. Ehe wir in den Himmel eingehen können, muß uns ein Recht eingeräumt sein, dort zugelassen zu werden. Dies Recht hat Christus durch seinen versöhnenden Tod und durch seine vollkommene Gerechtigkeit allen erworben, die an ihn glauben, und diesen wird durch den Glauben selbst der Besitz des Himmels eben so zugesprochen, wie ein Mann, der seine Hand ausstreckt, einen Kontrakt oder Paß anzunehmen, eben damit alle die Vorrechte empfängt, die in demselben dem Inhaber beigelegt werden. Doch im Eifer der dafür Streitenden (und es ist wahrlich ein Punkt, worin sie nicht zu eifrig sein können,) in ihrem Eifer, zu erklären und zu erweisen, auf welchem Grunde der rechtliche Anspruch eines Sünders ruhen müsse, ist von Manchen auf eine bedauernswerthe Weise das übersehen worden, was nicht weniger unerläßlich ist, nämlich die persönliche Empfänglichkeit. Selbst bei der niedrigsten und gemeinsten Auffassung dessen, was die Seligkeit des Himmels ausmacht, kann man sich unmöglich einen Himmel und einen Freudenort denken, ohne eine persönliche Übereinstimmung dessen, der selig werden soll, mit der Art der Seligkeit, die er dort antrifft. Wenn diese Seligkeit nur im Anschauen der Herrlichkeit bestände, was könnte es den, der blind ist, helfen, wenn ihm ein Einlaßschein dahin gegeben würde? Um diesen Himmel ihm aufzuschließen, müßten ihm erst seine Augen geöffnet werden. Oder bestände diese Seligkeit zu den Klängen himmlischer Melodien, was hülfe dem ein Paß dahin, der taub ist? Damit es ihm ein Himmel werde, muß nicht weniger mit seiner Persönlichkeit eine Veränderung vor sich gehen, als mit dem Orte, den er einnimmt, - sein Ohr muß ihm aufgethan werden. Oder wenn die Seligkeit des Himmels in freiem und ununterbrochenem Zuflusse neuer und erfreulicher Wahrheit für den Verstand bestände, was könnte dem ein rechtskräftiges Privilegium darauf nützen, der in hülfloser Unwissenheit versunken ist? Um ihm einen Himmel zu verschaffen, ists nicht hinlänglich, daß er an die Stätte versetzt werde, wo die Himmlischen wohnen, er muß mit neuer Geisteskraft ausgerüstet werden, und so wie in dem vorigen Fall eine Veränderung mit den Sinneswerkzeugen vor sich gehen mußte, so muß hier eine Änderung in der Seele vorgehen, ehe der Himmel ihm, dem Eingehenden, wirklich ein Himmel sein kann. Und gleicher Weise, meine Brüder, wenn diese Seligkeit bestehen soll in der Liebe zu Gott als dem einig Guten, und in der Liebe zu Gott als dem Heiligen und Vollkommnen; -in dem wohlgefälligen Hegen von Empfindungen für solche Gegenstände, die allein ihrer erhabensten Regungen würdig sind, in den Bewegungen eines Herzens, das sich schon jetzt in Ehrfurcht und Bewunderung zu allem Edeln, Gerechten und Heiligen hingezogen fühlt; - dann kann das noch keinen Himmel für den Sünder gründen, daß Gott dort in sichtbarer Glorie wohnt, oder daß ihm der Himmel' entgegenstrahlt in einem Lichtstrome geistiger Herrlichkeit. Sein Herz muß für die Eindrücke dieser Herrlichkeit empfänglich gemacht werden. Wie könnte er des Himmels als seines ihm erworbenen Erbtheils froh werden, wenn dieser Himmel nicht zugleich seine ihm über alles theure, vielgeliebte Heimath ist! Um einem Menschen Freude zu schaffen, muß eine Übereinstimmung statt finden zwischen dem Sinn, der in ihm ist, und zwischen den Dingen um ihn her. Wollte man einen natürlichen Menschen auf Erden glücklich machen, so könnte man ihm seinen Sinn lassen, und ihn nur umgeben mit günstigen Umständen, mit lachendem Überflusse, mit angenehmer Gesellschaft, mit herrlichen Aussichten auf Glück und Ruhm, mit den Ehrenbezeugungen öffentlicher Achtung, mit den Genüssen und Belustigungen vornehmer Leute, und mit den andern zahllosen Vergnügungen einer Welt, die ihren schnell vorübergehenden Geschlechtern so vieles zur Freude und Abwechselung für ihre kurze Lebenszeit darbietet. Und um denselben Menschen im Himmel glücklich zu machen, brauchte man ihn nur mit demselben Sinn und umringt von denselben Umgebungen dorthin zu versetzen. Aber so hat Gott den Himmel nicht eingerichtet. Er will nicht den himmlischen Zustand dem Sinne des Menschen anbequemen, so bleibt denn, damit Jemand dort selig sein könne, nichts anders übrig, als daß die Beschaffenheit des Menschen sich nach dem Wesen des Himmels richte. Um einem Sünder den Himmel entgegen zu bringen, ists also nicht genug, daß ihm dort eine Stätte bereitet werde, er muß auch bereitet werden für die Stätte; es ist nicht genug, daß er dem Rechte nach dorthin gehört, er muß auch seiner Person nach dorthin passen; es ist nicht genug, daß eine Veränderung geschieht in seinem gerichtlichen Verhältnisse zu Gott, es muß auch eine Veränderung in der wirklichen Stellung seines Herzens zu ihm Statt finden. Ohne daß er befreit ist von seinen aus dieser Welt stammenden Neigungen, ohne daß ein neues Herz und ein neuer, gewisser Geist in ihm geschaffen ist, ohne daß er zu einer heiligen, gottähnlichen Gesinnung erneuert wird, ist es völlig vergebens, ihm einen Einlaßbrief in seine Hand zu legen, - der Himmel hat keinen Reiz für ihn, sein Ohr empfängt all seine entzückenden Klänge mit gefühlloser Gleichgültigkeit, - und die Rechtfertigung selbst wird aufhören, ein Vorrecht zu sein.
Wir dürfen uns also nicht weiter wundern über die häufige Anwendung dieses Schriftausdrucks auf eine Gesinnungs- und Handlungsweise hier auf Erden, laßt uns lieber die wichtigen Lehren unsrer Seele einprägen, die aus solch einer Anwendung abzuleiten sind. In jenem Ausspruche, wo es heißt: „das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem heiligen Geiste, kann kein Zweifel sein, daß er sich allein auf Personen bezieht; denn der Apostel hält diejenigen gegen einander, die darin Christo dienen, und die dem Herrn essen oder ihm nicht essen. Und in der Schriftstelle, die vor uns liegt, kann es eben so wenig zweifelhaft sein, daß sie sich auf das Reich Gottes bezieht, in so fern es in der Gesinnung einer menschlichen Seele gegründet ist und sich dort erweist. Der Apostel hatte eben vorher solche im Auge gehabt, die von christlichen Dingen reden konnten, während es noch zweifelhaft blieb, ob sich irgend eine Veränderung oder Wirkung an ihnen fand, die die Kraft des Evangeliums an ihrer Person und ihrer Gesinnung erwies. Diese Sache verspricht er bei seinem nächsten Besuche bei ihnen zu entscheiden. „Ich will, spricht er, kürzlich zu Euch kommen, so der Herr will, und erlernen, nicht die Worte der Aufgeblasenen, sondern die Kraft. Denn das Reich Gottes steht nicht in Worten, sondern in Kraft.“ Um Euch als Kinder des Reichs zu bezeichnen, oder als solche, über deren Herzen das Reich Gottes aufgerichtet ist, oder als solche, in denen hier auf Erden eine Zubereitung Statt findet für eine zukünftige Stätte der Herrlichkeit und Seligkeit, ist es nicht genug, daß ihr die Ausdrücke der Lehrrichtigkeit kennt, und ihre Sprache reden könnt. Könnte selbst ein wirklicher Glaube an diese Lehren in Eurem Herzen wohnen ohne Furcht und ohne Kraft, auch das würde ohne Nutzen für Euch sein. Doch das wissen wir sowohl aus Erfahrung als durch die Unterweisung dessen, der da weiß, was im Menschen ist, daß der wahre Glaube an das Evangelium allzeit auch ein thätiger Glaube ist; daß sobald ein solcher Glaube Eingang bei uns findet, das Reich Gottes zu uns kommt mit Kraft, als etwas, das Frucht schafft, nämlich als ein Glaube, der durch die Liebe thätig ist, der das Herz reinigt und die Welt überwindet!
Eins von den gewöhnlichsten Beispielen, wo das Reich Gottes in Worten besteht und nicht in Kraft, ist das eines Kindes, das sein Gedächtnis anfüllt mit Sprüchen der Schrift, und mit den Antworten auf alle Fragen eines gehaltvollen und wohlgeordneten Katechismus. Die Zunge kann alsdann den ganzen Reichthum evangelischer Wahrheit aussprechen, während der Sinn der Wahrheit weder vom Verstande gefaßt ist, noch folglich die sittliche Kraft der Wahrheit im Herzen gefühlt werden kann. Der Schüler hat Worte erlangt, aber nichts mehr; dies ist der ganze Ertrag, den er errungen hat. Wollte man nur auf die Wirkung sehen, die sich davon in diesem Augenblicke zeigt, so würde es keinen Unterschied machen, ob er statt der Worte, die die christliche Lehre aussprechen, die Worte eines Gesangs, einer Fabel, oder irgend einer weltlichen Erzählung oder Dichtung gelernt hätte. Das alles ist unwidersprechlich wahr! Könnten wir nur manchen Mann und manche Frau bewegen, die Anwendung davon auf sich nicht abzulehnen; könnten wir nur unsre erwachsene Jugend von der völligen Sinnlosigkeit so mancher ihrer Andachtsübungen Überzeugen; könnten wir nur unsre unaufmerksamen Bibelleser aus ihrer Trägheit erwecken, jene Menschen, die ein bloßes Handwerk aus ihrem Christenthum machen, die, wenn sie die Schrift durchgehen, dies nach der Seitenzahl berechnen und wenn sie zu ihrem Urheber beten, nur auswendig gelernte Redensarten hersagen, deren Gebrauch des heil. Buchs in der That wenig besser, als bloßes Lippenwerk ist, oder eine Übung fürs Auge, und deren Anhangen an der rechten Lehre wenig mehr bedeuten will, als eine Vorliebe für gewohnte und wohlbekannte Töne; deren Denkungsweise fast nie mit der den Wahrheiten der Gotteslehre in Berührung kommt, wie vertraut auch Mund und Gedächtnis mit ihr sein mögen, - so daß in der That die heilsame Lehre, durch deren Erkenntnis und Kraft wir selig werden, ihrem Herzen solch ein verborgenes Geheimnis ist, als wäre sie in dunkler Hieroglyphenschrift geschrieben, oder als wäre ihr Denkvermögen von aller Verbindung mit irgend etwas außer ihnen abgeschnitten. Daher kommt es denn, daß das, was nicht mit dem Auge des Geistes erfaßt ist, auch keinerlei Einfluß haben kann auf die Gesinnungen und Entschließungen des Herzens, und daß also das Reich Gottes zu ihnen nur in Worten kommt, weil nicht in Kraft.
Aber der Ausdruck, der in unserm Texte durch „Wort“ übersetzt ist, könnte auch durch „Erkenntnis“ übersetzt werden. Er bezeichnet nämlich nicht allein das äußere Mittel, durch welches die Gedanken, die in der Seele eines Menschen entstanden sind, in die Seele eines andern übertragen werden, es kann auch den Gedanken selbst bezeichnen, und in dieser Bedeutung weist es uns auf einen sehr anziehenden Fall hin, für den es nicht an Beispielen fehlt. In dem vorhin angeführten Falle ist nur das Wort im Munde vorhanden ohne irgend einen demselben entsprechenden Gedanken in der Seele, aber in dem jetzt vor uns liegenden sind eben sowohl Gedanken als Worte da, jede Geisteskraft ist in ihrer Weise mit ihnen beschäftigt. Die Aufmerksamkeit ist völlig erwacht, der Forschungstrieb in höchster Spannung, die Urteilskraft aufs Eifrigste bemüht, eine Lehre und eine Erklärung mit der andern zu vergleichen, der Verstand vollbringt sein langes oder schwieriges Geschäft, - mit einem Worte, die ganze Seelenkraft ist durch eine theologische Untersuchung eben so angeregt, als es nur bei einer Forschung in der Natur oder Wissenschaft der Fall sein kann. Und doch, was sollen wir von diesem scheinbaren Fortschritte von christlichen Worten zum Wesen christlicher Lehre denken, wenn sich dabei nirgend ein Fortschritt zu der Kraft des Evangeliums ergibt, keine Annäherung der Seele an die drei großen Elemente, die zusammengenommen, nach des Apostels Ausspruch, das Reich Gottes ausmachen, kein Wachsthum, weder in seiner Gerechtigkeit, noch in seinem Frieden, noch in seiner Freude am heiligen Geist? - Der Mann ist ohne Zweifel in der christlichen Glaubenslehre sehr geübt und bewandert, aber so wenig mit ihrem Geiste und mit der Kraft vertraut, die durch sie auf feinen Geist und seine Gesinnung übertragen werden sollte, als ob er eben so geübt und bewandert wäre in einer mathematischen Lehre. Und kurz, - er bleibt, bei allem Wachsthum an Einsicht in die Wahrheit, dem sittlichen Einflusse der Wahrheit völlig entfremdet; er ist in seinem Thun und Sinn noch völlig derselbe, wie vorhin, und ein lebendiger Beweis, daß wenn das Reich Gottes nicht in Worten steht, es eben so wenig in Erkenntnis bestehe, sondern in Kraft!
Ist es nun wichtig zu wissen, daß ein Mensch durch sein Gedächtnis die ganze Sprache des Christenthums inne haben kann, ohne noch ein Christ zu sein, so ist es eben so wichtig zu wissen, daß Jemand durch seinen Verstand sich die ganze christliche Lehre zu eigen machen kann, ohne noch ein Christ zu sein. Wir sind überzeugt, daß der Mensch in solchem Falle nur einen Scheinglauben hat, und keinen wahren Glauben, daß er die ganze Lehre nur angenommen hat, ohne sich an sie hingegeben zu haben, daß sie nur der Gegenstand seiner Vorstellung ist und nicht der Gegenstand seines Glaubens, und daß, so wie auf der einen Seite, wenn die Überzeugung eine wahre ist, auch die Erneuerung des Herzens und Sinnes nothwendig folgt, so auf der andern Seite nach dem Ausspruche des Herrn: Au ihren Früchten sollt ihr sie erkennen! da, wo die Früchte fehlen, auch die Wurzel fehlt, und da, wo nichts hervorgebracht wird, es eben darum so ist, weil keine Grundlage vorhanden ist; und daß, wer hier keine Erlösung von Sünde erfahren hat, dort keine Errettung aus der Wohnung der Sünder erfahren wird. Wenn Glaube in einem solchen Menschen wäre, so würde er durch die Macht desselben zur Seligkeit bewahrt werden; aber so wie er sich jetzt erweist, als von dem Glauben entblößt, der da heiligt, so wird er einst erfunden werden, daß er ohngeachtet alles Scheins und aller Einbildung auch ohne den Glauben ist, der gerecht macht!
Doch es ist vielleicht nicht so schwer, in der Seele eines gelehrten Gegners oder eines wohlunterrichteten Mannes den Verdacht aufzuregen, daß er, bei allen seinen Einsichten in die Wahrheit der Gotteslehre, doch was ihren Einfluß auf sein Herz betrifft, sich noch immer in einem Zustande sittlicher und geistiger Ungesundheit befinde. Es ist nicht so schwer, dies Gefühl der Selbstverdammung in seiner Seele zu erregen, als es in der Seele eines solchen hervorzubringen, der sich irgend eine eigene Lieblingslehre erwählt, und in derselben mit dem Entschlusse, komm ich um, so komm ich um, seine hartnäckige und unbewegliche Stellung genommen hat, der, indem er in die Verschanzung von einigen wenigen Bibelsprüchen sich zurückziehet, aller Wahrheit und aller Donnerkraft ihrer übrigen Aussprüche Trotz bietet, und mit einer Lehrrichtigkeit, die nur ihr Spiel in seinem Kopfe treibt, ohne irgend einen bewegenden oder besänftigenden Einfluß auf sein Herz, vor den Augen der Welt dastehen will, beides nach seinen erklärten Grundsätzen und nach seinem Leben, als ein sicherer, dreister, frecher, unbeugsamer Antinomist. Er denkt, er habe den Himmel, weil er Glauben habe. Aber wenn sein Glaube nicht die Tugenden des Himmels in sein Herz bringt, so wird er ihn auch weder mit der Herrlichkeit noch mit der Ruhe des Himmels umgeben. Die Stätte, zu der er in eitler Hoffnung aufblickt, ist eine geistige Stätte, und er selbst muß vom Geiste durchdrungen werden, ehe sie ihm zu einem Freudenorte werden kann. Rechnet er auf ein andres Paradies, als auf ein solches, so ist er eben so sehr im Irrthum verstrickt, als die, die von der Wollust träumen, die sie in Mahomeds Paradiese erwarte. Er mißdeutet das ganze Wort Jesu Christi. Er würdigt die Erlösung, die Er vollbracht hat, herab zu einer Befreiung von sinnlichem Schmerz. Er wandelt den Himmel, den Er uns aufgethan hat, um in einen Himmel sinnlicher Lust, er vergißt, daß es bei der großen Botschaft von der Wiederherstellung des Menschen nicht allein darauf ankommt, unser gefallenes Geschlecht wieder zurückzurufen zu dem Himmel, aus dem es sich verirrt hat, sondern daß auch in seiner Seele seine verlorne Würde und seine verlorne Herrlichkeit wieder hervorgerufen werden muß. Das eine wird der Glaube in jener Welt vollbringen, aber eben so gewiß muß der Glaube das Andere wirken in dieser Welt. Hier auf Erden beginnt der Himmel, hier schon ist man ins ewige Leben eingegangen. Hier schon athmet der Mensch zuerst die Luft der Unsterblichkeit ein, hier schon legt er den Grund zu einem himmlischen Sinne, hier schon schmeckt er die himmlischen Freuden. Und schon hier ist der Strom des lebendigen Wassers in das Herz des Wiedergebornen ausgegossen, schon hier wächst Frucht zur Heiligkeit und das Ende ist, das ewige Leben. Der Mensch, dessen dürre Rechtgläubigkeit in magern, unfruchtbaren Lehrsätzen besteht, mag denken, er wandle in Klarheit, während er doch nur wandelt in dem kalten Lichte der Spekulation. Er wandelt im schwachen Schimmer eines Lichts, das er sich selbst angezündet hat. Wäre es Feuer vom Heiligthum, es würde seine unwiedergeborne Seele taufen mit Feuer und Geist und Liebe vom Heiligthum. Das ist der gewisse Erfolg des ungefärbten Glaubens, und alles, was der unechte Glaube hervorbringen kann, ist nur ein betrügliches Scheinrecht, das nicht im Lichte des großen Tages vor dem jüngsten Gerichte besteht. Und so wird es sich, fürchte ich, selbst in manchen Fällen eines hervortretenden und prangenden Bekenntnisses ergeben, wie leicht man den Schein des Reiches Gottes haben kann in Worten, in Wissen, im Streiten, während man es nicht hat in Kraft.
Doch aber noch mehr, es kann sein, daß Jemand, statt eine falsche Sicherheit in einer einzelnen Lehre zu gründen, sich mit dem ganzen Umfang der Lehre befreundet hat, die Nothwendigkeit der Heiligung zugesteht, und den Weg wohl auszulegen weiß, durch welchen sie von Himmel herab in dem Herzen der Gläubigen gewirkt wird; - möglich, daß er mit einsichtsvollem Auge die innere Übereinstimmung und den Zusammenhang der christlichen Lehre ermißt; - möglich, daß er die unzertrennliche Verbindung erweisen kann, in welcher ein wahrer Glaube in der Seele allzeit einen neuen Geist und neuen Lebenswandel mit sich bringt; - möglich, daß er den ganzen Hergang der Wiedergeburt eines Menschen im Lichte der Schrift und der Erfahrung veranschaulichen kann; - es ist möglich, daß Jemand dies alles vermag, und dennoch selbst nicht Theil an dieser Wiedergeburt hat; daß er mit Leichtigkeit und Erfolg das Evangelium andern anpreist, und doch selbst ein Verworfener ist, - daß er den ganzen Weg, durch welchen ein Sünder ein Heiliger wird, entwickelt, ohne selbst ein Exempel dieser göttlichen Wirksamkeit zu sein, - daß er alles auslegt, was man zu thun und zu leiden hat, um ein Kind des Reiches Gottes zu werden, während er selbst ein Kind dieser Welt bleibt. Zu ihm ist das Reich Gottes gekommen in Worten, es ist zu ihm gekommen in Wissen, es ist zu ihm gekommen in natürlichem Verständnis, aber es ist nicht zu ihm gekommen in Kraft. Er mag die ganze Lehre vom Reiche Gottes gründlich erforscht, die verschiedenen Grundgedanken, aus denen es besteht, wohl gefaßt, sie in Worte verkörpert, sie in beredtem Vortrage ausgeströmt haben, und dennoch durch diese mannichfachen Beschäftigungen eben so wenig vom Geiste durchdrungen worden sein, als die Luft, indem sie den Ton seiner Stimme zu den Ohren seiner lauschenden Zuhörer hinübertrug. Der lebende Mensch kann, mit aller Kraft seiner Geistesthätigkeit, dennoch ein bloßes Übertragungs-Mittel sein. Der Heilige Geist kann die Botschaft ihren eigenen Weg durch seine Seele nehmen lassen, er kann den Zugang zu seinem Einflusse zurückhalten, bis sie von den Lippen des Predigers sich loswindet, er kann ihre Weiterbeförderung den Wellen der Luft anvertrauen, durch welche die Rede zu der versammelten Menge gelangt, er kann allein, nachdem durch das Zuhören die Worte der Botschaft kund geworden sind, nachdem die sich selbst überlassenen Kräfte der moralischen und physischen Natur die Sache so weit gebracht haben, - dann - und nicht eher - seinen besondern Segen zu den Wahrheiten der Botschaft geben, und sie nach seinem Wohlgefallen vom Ohr an das Gewissen bringen. Und so kann aus der Arbeit eines menschlichen Auslegers von kaltem leerem Herzen eine Stimme hervorgehen, die auf ihrem Wege für einige, die um ihn versammelt sind, eine Stimme voll Kraft und Nachdruck wird. Er kann ein Werkzeug werden, andern die Segnungen zu bringen, die mit ihrem mildem und kräftigen Einflusse nie in sein eigenes Herz gekommen sind. Er kann eine Kraft mittheilen, die er selbst nicht fühlt, kann in ein verwundetes Herz den Trost ausgießen, dessen Genuß und Seligkeit seiner eignen Seele nicht gewährt ist! Diese tatsächliche Erfahrung ist, wie nichts anderes, dazu geeignet, ihn zu demüthigen, und ihm zu beweisen, daß es eine Kraft gibt, die durch alle Anstrengungen der Natur nicht erreicht werden kann, eine Kraft, die oft der Beredtsamkeit versagt ist, oft versagt der Macht und Herrlichkeit menschlicher Weisheit, oft versagt den höchsten Bestrebungen menschlicher Macht und menschlichen Talents, und gemeiniglich da in reichstem Überfluss angetroffen wird, wo Menschen in Einfalt und Gebet das Amt verwalten.
Einige von Euch haben von jenem Manne gehört, der von der schwersten Melancholie gedrückt, Rath und Linderung bei seinem Arzte suchte. Der unglückliche Patient wurde angewiesen, die Vorstellungen eines Schauspielers zu besuchen, der alle Welt in die höchste Begeisterung versetzte. Aber es ergab sich, daß der Kranke der Schauspieler selbst war, und daß, während sein Lächeln das Zeichen zur Fröhlichkeit für alle war, sein Herz mitten unter den Glückwünschungen eines Beifall spendenden Theaters gedrückt und ungerührt blieb. Abend für Abend bereitet er ein Entzücken um sich her, an dem er nicht Theil nehmen konnte, - ein armer, hülfloser, niedergeschlagener Trauernder, unter dem Getümmel laut schallender Fröhlichkeit, die er selbst hervorgerufen hatte.
Möge das Alles unsere Seele mit der Überzeugung füllen, wie gar nichts doch alle Menschen sind; möge es uns anleiten, unser Vertrauen von den bloßen Werkzeugen abzuziehen und es aufwärts zu richten auf den, der da wirket Alles in Allem. Möge uns das mit den Anordnungen seiner Vorsehung aussöhnen, und unsre Herzen versichern, daß er auf dem einen Wege zu Stande bringt, was wir thöricht von einem andern erwarteten. Laßt uns nicht mehr so heftig bewegt werden durch den Wechsel einer wogenden veränderlichen Welt, laßt uns keinem Dinge die Macht zugestehen, auch nur für einen Augenblick die Verbindung des Vertrauens zu lösen, die immer zwischen unsern Seelen und dem Willen des allwirkenden Gottes bestehen sollte. Vor allem laßt uns sorgfältig unterscheiden zwischen unserm Wohlgefallen an gewissen das Wort begleitenden Äußerlichkeiten und zwischen unserm Wohlgefallen an dem Worte selbst. Laßt uns wachsam sein über die menschlichen Vorzüge, die einen menschlichen und fremdartigen Einfluß auf unser Herz ausüben könnten, der doch ganz verschieden ist von dem Einflusse christlicher Wahrheit auf christliche und geheiligte Neigungen. Laßt uns nur festbleiben in dem Einen, daß wir uns nicht an einzelne Diener hangen, nicht sagen, ich bin Paulisch, ich bin Kephisch, ich bin Apollisch, daß wir nicht Knechte vergöttern, während wir den Herrn vergessen, lasset uns halten an dem Haupte, welches ist Christus! Er ist die Quelle aller geistlichen Gaben, und während die Werkzeuge, die er gebraucht, nicht mehr thun können, als euch das Reich Gottes in Worten nahe bringen, steht es bei ihm, die eine Mitwirkung zu erhöhen, oder die andere zu erniedrigen und zu verwerfen, und mit oder ohne eine solche Mitwirkung durch die Überzeugung des Geistes, der dem Glauben beigelegt wird, das Reich Gottes zu Euren Herzen kommen zu lassen in Kraft. Amen. Quelle: Fliedner, Theodor - Ein Herr, ein Glaube