Calvin, Jean - Über die Kunst
Ich bin jedoch nicht so kleinlich zu urteilen, daß man überhaupt kein Bild dulden oder ertragen dürfte: aber, je mehr die Kunst des Malens und der Bildhauerei Gottes Gaben sind, um so mehr verlange ich, daß deren Anwendung rein und begründbar gewährleistet ist, damit das, was Gott den Menschen für seinen Ruhm und ihr Wohl gegeben hat, nicht verdreht und durch ungeregelten Mißbrauch beschmutzt wird, und nicht nur das: auch noch in unseren Verfall umschlagen wird […].
Wenn man folgern wollte, daß es keinesfalls zulässig ist, irgendeine Malerei auszuführen, so hieße dies, das Zeugnis Moses schlecht zu vernehmen. Manche sind zu einfältig und sagen: „Es ist überhaupt nicht zulässig, ein Bild anzufertigen.“ Das heißt, kein Bild und keinerlei Portrait zu machen; nun zielt die Heilige Schrift aber nicht darauf ab, wenn gesagt wird, daß es nicht zulässig ist, Gott darzustellen, weil er keinen Körper hat; bei den Menschen hingegen ist das eine andere Sache, denn das, was wir sehen, wird in der Malerei sich abbilden können […].
Es bleibt, daß man nur Sachen malt oder in Stein haut, die man mit dem Auge sieht. So soll die Herrlichkeit Gottes, die zu hoch ist für menschliches Sehen, keinesfalls durch Geister verschlechtert werden, die ihr nicht angemessen sind. Was das angeht, daß man gravieren oder malen darf, so gibt es Geschichten, deren Erinnerung man bewahrt, oder eine Abbildung oder Rundrelief von Tier, Stadt oder Land. Die Geschichten können durch irgendeinen Hinweis oder Erinnerungen vorteilhafter werden, die man ihnen entnimmt, die einen übrigens bewegen; ich weiß nicht, wozu es nützt, zumindest jedoch zum Vergnügen