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Calvin, Jean - Psalm 41.

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Calvin, Jean - Psalm 41.

Inhaltsangabe:David war durch Gottes Hand sehr geschlagen. Dabei wurde er durch die unbilligen Urteile vieler Menschen bitter gekränkt, die ihn so betrachten, als sei er dem ewigen Verderben geweiht und verfallen. Gegen diese Versuchung schützt er sich, indem er sich mit der Hoffnung tröstet. Zugleich klagt er teils über die Grausamkeit, teils über die Treulosigkeit seiner Feinde. Wenn er auch anerkennt, dass er eine gerechte Strafe für seine Sünden empfängt, so klagt er sie doch der Bosheit an, dass sie einen Menschen, der sich so verdient gemacht hat, unglaublich quälen. Zuletzt schließt er mit einer Danksagung, weil er durch Gottes Gnade errettet worden ist.

V. 1 u. 2. Der über den Elenden klüglich urteilt. Gewöhnlich übersetzt man1): „der sich des Dürftigen annimmt.“ Doch glaube ich nicht, dass hier die Wohltätigkeit gelobt werden soll. Der Ausdruck „klüglich handeln“ oder „weise urteilen“ deutet vielmehr darauf, dass David ein gerechtes, besonnenes und maßvolles Urteil über Leute empfehlen will, die in Unglück geraten sind. Aber was führt ihn darauf, diejenigen glücklich zu preisen, die sich in betreff der Strafen, mit denen Gott seine Knechte züchtigt, eines weisen und gesunden Urteils befleißigen? Wir sagten, dass David wider eine verkehrte Beurteilung seiner Person zu kämpfen hatte: als schwere Heimsuchungen auf ihm lasteten, erklärte man ihn einfach für verloren und seine Lage für verzweifelt. Ohne Zweifel erging es ihm ebenso wie dem heiligen Hiob, den die Feinde, als sie sahen, dass er von Gott so hart behandelt wurde, für den größten Verbrecher hielten. Und fürwahr! Dieser Fehler ist sehr gewöhnlich; denn die meisten Menschen verurteilen die Elenden zum Untergange, der große Haufe klatscht den Reichen und anderen, denen das Glück hold lächelt, Beifall, da sie Gottes Gunst nach dem hinfälligen Glück schätzen, und ebenso kränken sie die Elenden, weil sie sich voreilig einbilden, dass sie dem Herrn verhasst sein müssten, da er nicht so sanft mit ihnen umgeht wie mit den Verworfenen. Das Übel dieses boshaften und verkehrten Richtens hat zu allen Zeiten geherrscht. Gott aber erklärt an mehreren Stellen deutlich genug, dass er um verschiedener Ursachen willen die Gläubigen durch Unglück prüfe, bald um sie zur Geduld zu erziehen, bald um verkehrte Neigungen ihres Fleisches zu unterdrücken oder die überflüssigen Begierden des Fleisches auszubrennen und auszuläutern, bald um sie zu demütigen, bald um sie andern zum Vorbilde hinzustellen, bald um sie zur Betrachtung des himmlischen Lebens anzutreiben. Aber wir lassen uns fast immer durch Vorurteile bestimmen und stoßen Leute, die unter dem Kreuze seufzen, in die unterste Hölle, wie man zu sagen pflegt. Um diesem voreiligen Urteilen entgegen zu treten, sagt David, dass diejenigen glücklich seien, die nicht so grausam mit verkehrten Urteilen wüten, sondern klug zwischen Plage und Plage unterscheiden und die boshafte Härte, die dem Fleische angeboren ist, durch die Klugheit des Geistes mäßigen. Wir erinnerten soeben schon an das Beispiel Hiobs, den seine Freunde, weil sie ihn im tiefsten Unglück sahen, unbedenklich für verworfen und endgültig für verstoßen erklärten. Wenn aber einem billigen und barmherzigen Beurteiler derartiges entgegentritt, so wird er die Weisheit gebrauchen, die David hier lobt. Auch wir wollen uns durch dieses Zeugnis des heiligen Geistes warnen lassen und ein gar zu vorschnelles Urteil mäßigen lernen. Über unglückliche Brüder sollen wir mit kluger Besonnenheit urteilen und bezüglich ihres Heils das Beste hoffen. Denn wir sie unbarmherzig vor der Zeit verdammen, so kann diese ungerechte Härte leicht auf unser Haupt zurückfallen. Vor allem wollen wir aber auf das achten, was ich zuvor schon sagte: wider die böswilligen und grausamen Urteile, die ihn erdrücken wollten, wappnete sich David mit dieser Tröstung und hielt sich dadurch in der Versuchung aufrecht. So wollen auch wir lernen, wenn Satan einmal durch das stolze Richten der Menschen unseren Glauben zu erschüttern sucht, an diese Klugheit zu denken, damit wir nicht in Verzweiflung geraten. Dann machen wir den rechten Gebrauch von dieser Lehre.

Am Tage des Unglücks wird ihn der Herr erretten.Viele Ausleger beziehen dies auf den Mann, der um seines gerechten Urteils willen glücklich gepriesen wird: er solle, wenn ihn einmal Unglück treffe, den entsprechenden Lohn für seinen barmherzigen Sinn empfangen.2) Ich glaube aber, dass nur der Grund angegeben wird, weshalb man über einen Unglücklichen milde urteilen und seinen Spruch nicht einfach auf den gegenwärtigen Anschein gründen soll: mag Gott sich im Augenblick feindlich gegen ihn zeigen, so kann endlich doch ein fröhlicher Ausgang kommen, der zum Beweis seiner Gnade dienen muss. Wir sehen jetzt, weil ein reicher Trost in diesen Worten liegt, wenn wir sie so fassen, dass auch in bösen Tagen Heil von Gott zu erhoffen ist. Wenn das nicht wäre, so könnte keiner sich aus seinem Schmerze aufrichten. Der heilige Geist ermahnt die Gläubigen nicht nur zur Milde, wenn sie ihre Brüder leiden sehen, sondern er zeigt uns auch das Heilmittel, durch das wir unseren Schmerz lindern können, so oft unser Glaube durch Unglück erschüttert wird.

V. 3 u. 4. Der Herr wird ihn bewahren.David verfolgt noch denselben Gedanken, nämlich dass Gott den Elenden bewahrt, während grausame und billige Beurteiler prahlend verkünden, dass er verloren sei. Welch ein Gegensatz zwischen dem Tag des Unglücks und der Bewahrung durch Gottes Gnadentat! Trotz allem wird Gott den Elenden am Leben erhalten,buchstäblich: „er wird ihn lebendig machen“, also gleichsam aus dem Tode zu neuem Leben erwecken. Die Hoffnung darauf darf bei den Frommen niemals erlöschen. Dass David ein Wohlergehen auf Erden erhofft, könnte uns Wunder nehmen: denn wenn wir keine bessere Hoffnung hätten, wäre es übel um uns bestellt. Aber im Gegensatz dazu, dass so viele an ihm verzweifeln, will David ausdrücklich sagen, dass er am Leben bleiben und noch ganz besondere Gnadenzeichen seines Gottes erfahren werde. Eine Hoffnung auf das ewige Leben ist dadurch sicherlich nicht ausgeschlossen.

Wenn David sodann (V. 4) von seinem Schmerzenslager spricht, so wird doch nicht nötig sein, bei seinen Anfechtungen an eine Krankheit zu denken. Denn auch ein in tiefster Seele betrübter Mensch wirft sich auf sein Lager, wie denn Traurigkeit uns oft mehr von Kräften bringt als Krankheit. Und David hatte damals sicherlich einen schweren Schlag empfangen, der ihm ein Zeichen schweren göttlichen Zorns war. Darauf deutet auch der nächste Satz: wenn er jetzt unter der Zucht des Kreuzes traurig darniederliegt, wird ihn doch Gottes Hand wieder aufrichten und ihm seine Kraft wiederschenken.

V. 5. Ich sprach usw. Dieser Vers zeigt, dass David sich in seinem Leben keine falschen Hoffnungen machte, mit denen sonst die meisten sich täuschen, indem sie ihre Schmerzen durch eitle Tröstungen mildern wollen. Und fürwahr, wer sich durch den Geist Gottes regieren lässt, wird durch seine Strafen sich mahnen lassen, ehrlich seine Sünden eingestehen und gutwillig die Zurechtweisungen der rüder aufnehmen, ja er wird ihnen durch ein freiwilliges Bekenntnis zuvorkommen. Hierdurch unterscheidet sich David auch von den Verworfenen und Verlorenen, dass er seine Schuld demütig abbittet und sich zu Gottes Barmherzigkeit flüchtet. Allerdings bittet er, dass die Strafe ihm erlassen werde. Aber er bleibt dabei nicht stehen, sondern geht weiter, indem er auch um Verzeihung und um Versöhnung mit Gott bittet. Denn es hieße, wie wir schon früher sagten, die rechte Ordnung auf den Kopf stellen, wollte man nur für das äußere Übel Heilung suchen, sich aber um die Ursache nicht kümmern. Das wäre ebenso verkehrt, als wenn jemand das Fieber dadurch zu heilen suchte, dass er den Durst unterdrückt. Aber noch bevor David nach Heilung seiner Seele ausschaut, bittet er: Herr, sei mir gnädig, womit dann das Geständnis innerlich zusammengehört: denn ich habe an dir gesündigt. Wenn er Gott beleidigt hat, so gesteht er mit Recht, dass nur die Vergebung der Sünden ihn wieder zu Gnaden bringen kann. Daraus erwächst dann die Frucht, dass die Seele wieder heil wird. So hegt David das Vertrauen, dass Gottes Erbarmen ihm erstlich die Sünden vergeben und darnach sein Elend erleichtern werde.

V. 6. Meine Feinde reden Arges wider mich. Mit diesem Hinweis auf seine unwürdige Lage will David den Herrn zum Mitleid bewegen. Denn Gott ist umso gütiger und umso geneigter, den Elenden zu helfen, je unbarmherziger er sie behandelt sieht. So ermuntert uns David durch sein Beispiel zur Zuversicht, da die Wut unserer Feinde, je unbilliger sie ist, uns umso mehr Gunst bei Gott erwirbt. Die grausame Verwünschung, welche David aus dem Munde seiner Feinde berichten kann, zeigt, dass ihr Hass sich nur mit seinem Tode und noch dazu mit einem schmachvollen Untergang zufrieden geben würde: sie wünschen ihn selbst samt dem Gedächtnis seines Namens ausgetilgt zu sehen.

V. 7. Sie kommen, dass sie schauen usw. Das bezieht sich nicht mehr auf die ausgesprochenen Feinde, welche David öffentlich verfolgten, sondern auf treulose Freunde. Über sie muss er klagen, dass sie unter dem Deckmantel der Freundschaft heuchlerisch zu ihm kamen und dann später ihr Gift ausspien. Diese Art von Feinden, die ihre Bosheit im Verborgenen hegen, und die sich einschmeicheln, um zu schaden, ist vor allem zu fürchten. Zuerst beklagt sich David also über die offenbaren Feinde, dann kommt er auf die Scheinfreunde, von denen er sagt, dass sie nur zu dem Zweck kommen, um etwas zu suchen, worüber sie lästern können. Sie haben Betrug in ihrem Herzen, und kaum sind sie draußen, so zeigen sie ihre Treulosigkeit.

V. 8. Alle, die mich hassen, raunen wieder mich.Damit scheinen nun beide Gruppen zusammengefasst zu werden, sowohl die öffentlichen Feinde als die falschen und hinterhältigen Freunde. Alle zusammen führen Reden darüber, wie David zu Grunde gerichtet werden solle, - wie denn solche gottlosen Leute ihre verräterischen Pläne hin und her erwägen. Dass sie aber Böses von David denken,will besagen, dass sie sich deshalb zu seiner Vernichtung zusammentaten, weil sie ihn für einen verworfenen Menschen hielten, der tausendmal zu sterben verdiente. Ihr freches Höhnen ist aber die Frucht ihres boshaften Richtens, von welchem im Anfang des Psalms die Rede war. Sie sagen:

V. 9. Ein Belialswerk klebt ihm an.In Ps. 18, 5 erklärten wir, dass „Belial“ die vollendete Nichtsnutzigkeit bedeutet. Die Gegner Davids meinen also, dass ihm irgendein abscheuliches Werk, ein unsühnbares Verbrechen anhafte. Gott, der ihn so grausam strafe, müsse sein unversöhnlicher Feind sein. So schneiden sie ihm jede Hoffnung auf bessere Zeiten ab: wer einmal liegt, wird nicht mehr aufstehen. Es war für David keine leichte Versuchung, dass er, obgleich er ein gutes Gewissen hatte, so durch die Verurteilung der Menschen in die tiefste Hölle gestürzt wurde. Aber es gefiel Gott, seinen Diener zu prüfen: er sollte lernen, sich mit seinem guten Gewissen zu begnügen und sich durch keine menschlichen Vorwürfe überwältigen zu lassen. Und sein Beispiel soll auch uns lehren, den Lohn der Gerechtigkeit anderswo als auf Erden zu suchen: sehen wir doch, auf welch ungerechter Wage die Welt oft die Tugenden und Laster wiegt.

V. 10. Auch mein Freund usw. Die Aufzählung seiner Leiden beschließt David nun mit der Klage darüber, dass er sogar von einem seiner besten Freunde Treulosigkeit erfahren musste. Vielleicht ist aber trotz der Einzahl an mehrere treulose Freunde zu denken, wie denn eine derartige Ausdrucksweise im Hebräischen nicht ungewöhnlich ist. Also nicht bloß die große Masse der Fernstehenden, sondern einer seiner Vertrautesten oder seine nächsten Haus- und Tischgenossen überschütten ihn mit Schmähungen. Denn dass jemand einen anderen mit Füßen tritt (buchstäblich: dass er die Ferse gegen ihn erhebt), ist eine bildliche Bezeichnung dafür, dass er ihn, wenn das Unglück ihn gleichsam zu Boden geworfen hat, mit seinen Schmähungen angriff. Andere Ausleger denken freilich an tückische Nachstellungen; aber unsere Deutung passt besser: als die Bösen David wanken, ja bereits darniederliegen sahen, benutzten sie diese Gelegenheit, um ihn heimlich, aber doch zugleich frech zu kränken, wie dies schlechten und knechtischen Naturen eigen ist. Christus führt (Joh. 13, 18) diese Stelle an und bezieht sie auf Judas. Sicherlich ist nicht zu leugnen, dass wenn David auch in diesem Psalm von sich handelt, er doch nicht von sich als einem Privatmann redet, sondern als einem Vorbilde Christi. An ihm kommt zur Darstellung, was die ganze Gemeinde erlebt. Das wollen wir uns auch darum einprägen, damit ein jeder von uns sich innerlich rüste, ein gleiches Los zu tragen. Denn wie das, was bei David nur anfangsweise vorhanden war, in Christo vollkommen erfüllt werden musste, so muss es auch täglich bei seinen einzelnen Gliedern in Erscheinung treten. Christi Gemeinde hat ihre Feinde draußen und drinnen.

V. 11. Du aber, Herr, sei mir gnädig.Aufs Neue gewinnt David aus der ungerechten Grausamkeit seiner Feinde Freudigkeit zum Beten. Das „Du aber“ stellt Gott den Herrn wider die Menschen, etwa in dem Sinne: Da es ja in der Welt keine Unterstützung und Hilfe für mich gibt, und da fast überall wilde Grausamkeit oder heimliche Bosheit herrschen, so richte du mich, Herr, doch auf durch dein Erbarmen! Nach dieser Regel müssen alle Frommen sich richten. Wenn die Welt sie ungerecht verfolgt, so müssen sie sich nicht damit begnügen, diese Ungerechtigkeiten zu beklagen, sondern sie müssen ihre Sache Gott empfehlen. Und je mehr Satan ihre Herzen zu erschüttern sucht, indem er sie bald hierhin, bald dorthin zerrt, umso sorgfältiger müssen sie ihre Herzen auf Gott richten. Wiederum bezeichnet David also Gottes Erbarmen als Grund seiner Wiederherstellung. Anstößig scheint aber, was er darauf über seine beabsichtigte Rache sagt. Weshalb, wenn er vorher aufrichtig bekannt hat, dass er mit Recht gezüchtigt werde, verzeiht er nicht anderen, wie er selbst Gott um Verzeihung bittet? Es hieße doch gewiss, die Gnade Gottes, die uns soeben geholfen hat, missbrauchen, wollten wir nun nicht gleichfalls barmherzig sein. Hierzu kommt, dass es kein Zeichen von Demut und Bescheidenheit ist, mitten im Tode nach Rache zu schnauben. Aber hierbei ist zweierlei zu bedenken. Einmal ist David kein gewöhnlicher Mensch, sondern er ist ein König, der seine Macht von Gott erhalten hat. Sodann treibt ihn nicht fleischlicher Eifer, sondern die Pflicht seines Amtes, wenn er den Feinden die verdiente Strafe ankündigt. Wollte also unterschiedslos ein jeder, der an seinen Feinden sich rächen möchte, sich auf Davids Beispiel berufen, so wäre vor allem auf den Unterschied der persönlichen Stellung aufmerksam zu machen. Weiter wäre zu fragen, ob man sich von demselben reinen und wahrhaft geistlichen Eifer leiten lassen will, wie David. Er in seiner Stellung als König hatte ein Recht, Gottes Rache zu vollziehen: uns sind die Hände gebunden. Da er ferner in seiner Person Christum darstellte, wappnete er sich mit rechtem und reinem Sinn, ließ nicht dem Jähzorn die Zügel schießen, sondern stellte treulich sein Wirken dem Herrn zur Verfügung. Endlich: zur Ausführung dieses gerechten Gerichtes Gottes war er ebenso berechtigt wie wir zu der Bitte, dass Gott selbst die Gottlosen bestrafen möge. Denn da uns das Schwert nicht übergeben ist, so ist es unsere Pflicht, zu dem himmlischen Richter zu flüchten. Aber wir müssen ihn mit ruhigem Herzen bitten, dass er als unser Rächer erscheine, auch müssen wir uns hüten, dass wir uns der Leitung des heiligen Geistes nicht entziehen und in unseren Wünschen zügellos werden. Was David betrifft, so brachte sein Beruf es mit sich, dass er die Aufrührer zum Gehorsam zwang. Bei der Bestrafung aller Übeltäter handelte er eben als der rechtmäßige Diener Gottes.

V. 12. Dabei merke ich usw. Jetzt wendet er sich zur Danksagung. Nachdem er seine Bitte dem Herrn vorgetragen hat, schreibt er ihm zugleich die Erlösung zu und preist dieselbe als eine berühmte und herrliche Wohltat Gottes. Man kann jedoch fragen, ob es wirklich ein genügend sicheres Zeichen der Liebe Gottes gegen uns ist, wenn er den Feinden nicht gestattet, über uns zu triumphieren; denn es kommt ja oft vor, dass jemand aus einer Gefahr errettet wird, ohne dass Gott ihm deswegen gewogen ist. Zudem wird Gottes Wohlgefallen nicht bloß aus der Erfahrung, sondern vor allem aus seinem Worte erkannt. Hierauf ist leicht zu antworten: David war nicht ohne Glauben, aber zur Stärkung desselben ergriff er die Hilfsmittel, die Gott seinem Worte hinzufügte. Überdies scheint er hierbei nicht nur an eine gewöhnliche Gunst Gottes, die allen Gläubigen widerfährt, sondern an die besondere Gnade zu denken, durch die er zum Könige erwählt war. Er will etwa sagen: Herr, jetzt werde ich mehr und mehr im Glauben an meine hohe Bestimmung, deren du mich gewürdigt hast, gestärkt, dass ich der erste sein soll unter den Königen auf Erden. So wird ihm die erfahrene Durchhilfe zum Unterpfand dafür, dass Gottes Hilfe sein ganzes Königtum deckt.

V. 13 u. 14. Ich aber, in meiner Unversehrtheit wirst du mich erhalten. Vielfach übersetzt man: „Mich aber erhältst du um meiner Unversehrtheit (d. h. Frömmigkeit) willen.“ Das würde aber nicht recht zum Vorhergehenden passen, wo David erklärte, dass er mit Recht geschlagen werde. Wir müssen also eine andere Erklärung suchen. Die „Unversehrtheit“ kann sich nun ebenso gut auf den Leib wie auf die Seele beziehen. Versuchen wir die erstere Möglichkeit, so ergibt sich der Sinn: Ich werde unversehrt bleiben, weil du mich erhalten und wiederherstellen wirst. Doch scheint David der Gnade Gottes sogar noch eine weitere Ausdehnung zu geben: er erwartet nicht bloß einmalige Rettung, sondern ein glückliches Leben, in welchem er Gottes Kraft immer zur Stütze haben wird; und nicht eher wird Gott seiner Gnade ein Ziel setzen, als bis er seine Knechte zum seligen Ende geführt hat. Wollte man aber ja an die Unversehrtheit der Seele denken und David sich auf seine Frömmigkeit berufen lassen, so würde er sich doch nicht mit einem tugendhaften Leben brüsten. Er würde nur sagen, dass er trotz aller Erschütterungen seines Glaubens, mit denen der Satan ihn quälte, doch die Furcht Gottes nicht habe fahren lassen. Und immer wäre es Gott, welcher seinen Knecht wider die Versuchung wappnete und ihn unbesiegt daraus hervorgehen ließ.

Und stellst mich vor dein Angesicht ewiglich d. h. du beschützt mich so, dass deine väterliche Liebe gegen mich klar und offenbar wird. Ebenso wird ja auch von Gott gesagt, dass er sein Angesicht verberge, wenn er die Seinen zu vergessen scheint.

Im letzten Verse wiederholt und bekräftigt David die Danksagung, die schon in seinen letzten Worten leise anklang.3) Wenn er dabei den Herrn ausdrücklich den Gott Israels nennt, so bezeugt er dadurch, dass der mit den Vätern geschlossene Bund fest in seinem Herzen haftet, und dass seine Erlösung aus dieser Quelle stammt. Das doppelte Amen dient zur Bekräftigung, damit alle Frommen sich umso stärker getrieben fühlen, Gott zu loben.

1)
Und mit Recht! Wörtlich: „der sanft mit dem Elenden handelt.“
2)
Diese Beziehung ist auch unvermeidlich, wenn man übersetzt: „Wohl dem, der sich des Dürftigen annimmt.“
3)
Tatsächlich gehört dieser Vers nicht zum 41. Psalm, sondern bezeichnet den Schluss des ersten Buchs der Sammlung.
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