Nr. 729 (C. R. – 3947)
Calvin, Jean - An Antoine de Crussol in Languedoc.
De Crussol (vgl. 700, 716), seit 1561 Führer der Protestanten in der Languedoc behielt diese Stellung auch nach dem Frieden von Amboise und wirkte für die Beruhigung des Landes; er hatte wohl Calvin aufgefordert, an de Conde und Coligny über den Frieden freundlich zu schreiben.
Ermunterung in der bösen politischen Lage.
Monseigneur, hätte ich öfters Gelegenheit, Ihnen zu schreiben, so sollte es nicht an mir liegen, wenn ich es nicht täte. Selbst als die Wege noch gesperrt waren, habe ich es ja nicht zu tun unterlassen, wenn es mir notwendig schien. Aber ohne Not wollte ich keinen Brief dem Zufall anvertrauen. Die Lage Frankreichs scheint mir in jeder Hinsicht so verworren, dass ich fürchte, wir müssen mehr als je wieder von vorn anfangen. Nicht dass nicht leicht und rasch zu helfen wäre, wenn man hören wollte; aber Sie sehen, wie es damit steht. So bleibt uns nichts übrig, als uns in Geduld zu demütigen und zu warten, wie es Gott versehen wird, wovon wir gewiss, - daran zweifle ich nicht, - bald einige gute Zeichen sehen werden. Indessen müssen wir uns tapferer halten als je, denn Gott will die Seinen prüfen mit diesem Schlag, indem er ihnen einerseits große Schwierigkeiten in den Weg legt und ihnen damit andrerseits Gelegenheit gibt, recht mit vollem Bewusstsein sich in seinen Dienst zu stellen. Deshalb bitte ich Sie, Monsieur, fassen Sie Mut! Und da Sie sehen, dass Gott Sie der Ehre gewürdigt hat, andern als Beispiel und Vorbild dienen zu sollen, so versäumen Sie darin nichts, worauf ich mich übrigens verlasse, ohne Sie länger dazu ermahnen zu wollen. Ja, da ich sehe, wie Sie dafür sorgen, dass andere an ihre Pflicht gemahnt werden, so habe ich an den gnädigen Herrn Prinzen geschrieben; er hat nämlich auch selbst mir dazu durch einen Brief, den Herr Beza brachte, Erlaubnis gegeben. Doch müssen Sie mir verzeihen, wenn ich dabei eine andere Schreibart brauchte, als Sie vielleicht gewollt hätten. Denn ihn glauben machen, weiß sei schwarz, das wäre mir zu sehr wider die Natur gegangen, und das könnte ich nicht. Indessen habe ich mich so gemäßigt, dass Sie, glaube ich, auch zufrieden gewesen wären, wenn Sie es gelesen hätten. Ebenso habe ich dem Herrn Admiral geantwortet und ihn mehr persönlich gebeten, bei allerlei Dingen Hand anzulegen, nicht weil er es nötig hätte, angetrieben zu werden, sondern nur, weil er mich aufgefordert hatte. Findet er es gut, meinen Brief zu zeigen, so ist kein scharfes Wort darin, das Anstoß geben könnte, und doch enthält das Schreiben einige Winke zur Ermunterung eines jeden, der es liest.
Indem ich mich Ihrer Gewogenheit, Monsieur, untertänig empfehle, bitte ich den Vater im Himmel, er wolle Sie behüten, Sie in allem, was Sie unternehmen, leiten mit seinem Geist, Sie stärken in rechter Festigkeit und Sie zunehmen lassen in allem Glück.
Genf, den 7. Mai 1563.