Nr. 592 (C. R. – 3012)
Calvin, Jean - An Augustin Legrand in Frankfurt.
Augustin Legrand, Glied der französischen Gemeinde in Frankfurt, war schon der Hauptgegner Valerand Poulains gewesen (vgl. 501,511) und machte nun auch dem neuen Pfarrer Houbraque Opposition.
Ernste Mahnung, den Frieden der Gemeinde nicht zu stören.
Herr Augustin, es tut mir um der Liebe willen, die ich zu Ihnen hege, sehr leid, dass ich so ärgerliche Neuigkeiten von Ihnen hören muss und genötigt bin, Ihnen schärfer zu schreiben, als ich möchte. Obwohl ich an Ihnen bereits einen allzu heftigen Geist kennen gelernt habe und Aufwallungen, von denen ich gewünscht hätte, sie möchten sich gemäßigt und gelegt haben, so hätte ich von Ihnen doch nie den Leichtsinn erwartet, den Sie nun darin gezeigt haben, dass Sie teuflische Phantastereien aus dieser verfluchten Schule beziehen, die alle Religion vernichtet, indem sie indirekt die Menschen dazu verführt, sich eine Freiheit zu gestatten, die Gottes und aller Religion spottet. Die Erfahrung zeigt, dass Sie da nichts gelernt haben, als Geschwätze zu verbreiten voll tödlichen Giftes, was schon zu viel des Übels ist und Ihnen zum Anlass wurde, die arme Frankfurter Gemeinde von neuem zu beunruhigen, die nach ihren früheren schlimmen Spaltungen es so nötig hätte, sich allmählich zu erholen. Sie waren schon gemahnt, und umso leichtfertiger war es von Ihnen, gerade wie bei Saul, als er zur Hexe seine Zuflucht nahm [1. Sam. 28]. Denken Sie an den Spruch: Wehe dem Menschen, durch welchen Ärgernis kommt! [Matth. 18, 7]. Ich schone Sie nicht, damit Gott Ihrer schonen kann. Ich möchte Sie wirklich Ihr Übel spüren lassen, damit Sie geneigter werden, die Arznei willig zu nehmen. Nämlich dass Sie die Leichtfertigkeit, der Sie zu sehr die Zügel schießen ließen, aufgeben, friedlich zur Herde zurückkehren und zeigen, dass es nicht an Ihnen liegt, wenn keine Eintracht herrscht. Tun Sie so, so dürfen Sie glauben, dass alle, die Sie früher gern gehabt haben, mit Freuden Sie fortan lieber haben werden als je. Auch ich persönlich, wenn ich diese gute Nachricht empfange, will nicht mehr an das denken, was unser Vater im Himmel begraben hat, und will Sie lieber haben als je, und mein Gram wird weg sein. Deshalb bitte ich den lieben Gott, er wolle Sie leiten durch seinen heiligen Geist und Sie segnen samt Ihrer Familie.
Genf, 23. Februar 1559.