Calvin, Jean - An Farel und Christophe Fabri in Neuchatel (463).

Nr. 463 (C. R. – 2308)

Calvin, Jean - An Farel und Christophe Fabri in Neuchatel (463).

Der Name des Überbringers ist unbekannt; zu dem Verbot des Abendmahlsgenusses in Genf vgl. 439. Morelet de Museau (vgl. 68, 69), der französische Diplomat, war mit Calvin befreundet.

Teilnahme am Abendmahl in Genf für Berner verboten.

Wie schlimm man mit diesem unserm Freund, [der Euch diesen Brief bringt], umgegangen ist, kann er Euch selbst besser erzählen. Als ob er ein schlimmes Verbrechen begangen hätte, als er mit uns das Abendmahl feierte, rief ihn der Landvogt von Thonon vor sich und fuhr ihn an, er habe das Edikt des Berner Rats verachtet. Obwohl er sich mit bescheidener, gründlicher Entschuldigung rechtfertigte, wurde ihm doch die Strafe der Ausweisung auferlegt. Ich nehme an, dies Vorgehen werde Euch unglaublich scheinen; aber ich versichere Euch, es ist tatsächlich begangen. Nun reist er deswegen nach Bern; weil er aber dort unbekannt und unerfahren ist, wünscht er sehr, ein Mann, der in solchen Dingen Erfahrung hat und in Bern etwas gilt, möge ihm in seiner ganz guten und heiligen Sache beistehen. Einige Leute meinten, unser lieber Bruder Christophe werde dazu am besten passen. Mir war es nicht eingefallen, aber als er mir erzählte, andere hätten ihm das geraten, billigte ich es durchaus. Deshalb möchte ich dich, lieber Christophe, ersuchen und bitten, falls dich nicht irgendetwas Wichtigeres und Notwendigeres zu Hause festhält, übernimm diese Mühe, nicht bloß weil ich dich darum bitte, sondern um der Sache selbst willen, die mit der Ehre Gottes und dem Heil aller Frommen unzertrennlich verknüpft ist. Ich weiß zwar, dass ich in Bern so bitter gehasst werde, dass man alles eher verteidigen darf als unsere Genfer Kirche, aber ich weiß auch, dass du zu mutig bist, als dass du dich von diesem Qualm der Feindschaft abschrecken lässest. Tatsächlich ist der Sachbestand ja auch günstig, nämlich, dass es nichts Widersinnigeres und Ungeheuerlicheres geben kann, als dass ein Mann von altem, gutem Adel, der stets in allen Ehren gelebt hat, ausgewiesen wird wegen einer frommen Handlung. Ich möchte, Ihr sähet wirklich nur auf diese Tatsache, die Euch hoffentlich selbst einen guten Rat für das gibt, was Ihr für der Mühe wert haltet zu tun.

Lebt wohl, beste, trefflichste Brüder; der Herr sei stets mit Euch, er behüte Euch und lenke Euch mit seinem Geiste. An Mathurin und die andern Freunde viele Grüße. Morelet aß gestern hier zu Mittag. Wir sprachen nur kurz miteinander, weil ehrenhalber der Landvogt von Gex in der Nähe saß und ich Morelet durchaus nicht bewegen konnte, länger zu bleiben. Er ist voll der wunderbarsten Gerüchte hierher gekommen; wenn ich sie ihm nur recht ausgeputzt habe! Wegen unserer gefangenen Brüder [in Chambery] schweben wir noch zwischen Furcht und Hoffnung. Nochmals lebt wohl.

Genf, 29. September 1555.



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