Nr. 253 (C. R. – 1123)
Calvin, Jean - An die Pfarrer von Montbeliard.
Toussaint und seine Kollegen hatten gemeldet, dass sie des Interims wegen ihr Amt niederlegen müssten, da sie dem Herzog Christoph nicht durch Widerstand Schwierigkeiten machen wollten.
Von der Vertreibung der Pfarrer zu Montbeliard.
Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesu Christo. Liebste und von Herzen verehrte Brüder, so ist nun geschehen, was wir schon lange gefürchtet haben, dass auch bei Euch der Satan die von Gott eingerichtete Ordnung der Kirche durch seine Diener umstürzt. Doch hat uns Euer Brief, so weit dies bei einer so traurigen Sache möglich ist, getröstet, weil wir daraus ersahen, dass Ihr alle bis zuletzt Eurer Pflicht treu bliebt. Denn dass Ihr ernstlich bezeugt habt, Ihr missbilligt diese verderblichen Dinge, die zur Besudelung der reinen Lehre eingeführt wurden, das war Standhaftigkeit, würdig der Diener Christi; dass Ihr auch jetzt die Verbannung treuloser Heuchelei vorzieht, damit gebt Ihr ein leuchtendes Beispiel echten, wahren Glaubens. Denn da Euch der absetzt von Eurem Lehramt, der bisher die Kirche Christi in seinem Gebiet Gastfreundschaft geboten und Euch die freie Predigt von Christo gestattet hatte, so wäre es unseres Erachtens nicht gut, weiter zu gehen, zumal doch keine Aussicht auf Erfolg vorhanden zu sein scheint, um die Schafe, zu deren Hirten Euch Christus gemacht hatte, selbst Euer Wirken nicht weiter begehren. Denn wenn auch der ein Verräter ist, der willig weicht und von sich aus seinen Posten verlässt, so ist es andrerseits doch nicht unsere Pflicht, Widerstand zu leisten, wo man uns zwingt, wenn uns nicht etwa die Gemeinde besonders aufforderte, es zu wagen. Dann freilich wäre es hundertmal besser zu sterben, als die Erwartung derer zu täuschen, die bereit waren, Christo nachzufolgen. Eure Lage ist nun aber ganz anders: Solange Ihr Hirten waret, fehlte Eurer Herde Eure tätige Fürsorge nie. Jetzt, da es keinen Nutzen hätte, länger auszuharren, und Eure Schafe selbst, denen Ihr verpflichtet waret, es nicht einmal für nützlich halten, dass Ihr weiterhin widersteht, seid Ihr Eurer Pflicht entbunden. So bleibt Euch nichts übrig, als das Steuerruder, das Euch anvertraut war, Christo zu überlassen, dass er allein mit seinem Geist die Leitung übernehme, solange Eurem Wirken keine Statt gegeben wird. Übrigens bedenken wir wohl, welcher Kummer Euch drücken muss, da Ihr nichts vor Euch seht als Verbannung und Armut; aber der Hauptkummer liegt doch in der Niederlage der Kirche; dass Ihr die höher achtet als Euch selbst, habt Ihr bewiesen. Auch uns tut Euer Unglück leid, das allgemeine wie Euer persönliches Unglück, wie es nicht anders möglich ist. Könnten wir Euch doch hilfreiche Hand bieten! Nun bleibt uns nur übrig, Euch zu ermahnen, dass Ihr in der Bezeugung Eurer christlichen Wahrhaftigkeit fortfahrt bis ans Ende. Seliger ist Eure Lage, - so elend sie auch sein mag, - als wenn Ihr Posten und Titel behieltet, wo Gottes Sohn auswandern musste. Freilich werden wir es bald spüren, dass, der im Himmel regiert, auch auf Erden seine Macht zeigen will. Wir müssen unterdessen zum Kriegsdienst bereit sein, da die Zeit zum Triumphieren noch nicht gekommen ist. Lebt wohl, beste trefflichste Brüder. Der Herr Jesus sei mit Euch, er tröste Euch und mache Euch stark zum heiligen Ausharren.
Genf, 16. Januar 1549.
Eure mit Euch im Herrn verbundenen Brüder
Die Diener der Kirche zu Genf
In aller Namen: J. Calvin.