Calvin, Jean - An Martin Butzer in Straßburg. (15)

Nr. 15 (C. R. – 87)

Calvin, Jean - An Martin Butzer in Straßburg. (15)

Der Straßburger Theologe Butzer suchte die schweizerischen Kirchen mit den Lutheranern zu vereinigen. Infolge dieser Bestrebungen wurde in Bern der zwinglisch denkende Pfarrer Megander, ein Zürcher, abgesetzt, und es blieben nur die beiden lutheranisierenden Sebastian Meyer und Peter Kuntz im Amt. Weggelassen sind einige einleitende Sätze.

Über Meganders Entlassung in Bern, den Abendmahlsstreit, Luthers Trotz und Butzers Behutsamkeit.

- - - Kurz darauf erfuhren wir, Megander sei als Verbannter [von Bern] weggezogen. Diese Botschaft erschreckte uns, wie wenn wir gehört hätten, die Berner Kirche sei zum größern Teil zusammengebrochen. Ich fange an zu fürchten, lieber Butzer, wir erstreben eine Einigung, die zur Bestätigung das blutige Opfer vieler frommer Männer braucht. Das will nicht sagen, dass ich mich unwillig zurückziehe, sondern nur, dass ich wünsche, die Einigung möchte so sein, dass sich alle Guten uns anschließen können. Wenn wir das im Sinn haben, müssen einmal alle die Hüllen, die Ängstliche zu hindern scheinen, weggehoben werden. Dem nämlich glauben wir entgegentreten zu müssen, dass es scheint, Luther träume von einer Umwandlung, sei es unseres Fleisches in das Christi oder umgekehrt, oder er erdichte die Unbegrenztheit des Leibes Christi, oder er fordere die örtliche Gegenwart dieses Leibes im Abendmahl. Denn alle, die bisher gegen die Einigung redeten, fürchten solche Dinge. Wenn Luther uns mit unserm Bekenntnis annehmen will, so ist mir nichts lieber; aber allein beachtenswert in der Kirche Gottes ist er doch auch nicht. Wir müssten ja dreifach grausame Dummköpfe sein, wenn wir nicht die vielen Tausende in Betracht zögen, die bei einer solchen Einigung hässlich beschimpft würden. Was ich von Luther halten soll, weiß ich nicht, obwohl ich von seiner wahren Frömmigkeit fest überzeugt bin. Wenn es nur falsch wäre, was selbst die meisten von denen, die sonst kein Unrecht auf ihn kommen lassen, behaupten, dass seiner Glaubensfestigkeit auch ein gut Teil Trotz beigemischt sei. Zu diesem Verdacht gibt er selbst nicht am wenigsten Anlass. Ist es wahr, was ich neulich gehört habe, es schwirre durch alle Gemeinden der Wittenberger das Gerücht, sie hätten nun fast alle Kirchen zur Erkenntnis ihres Irrtums gebracht; welche Eitelkeit wäre das! Wäre nicht dieser krankhafte Ehrgeiz unter uns, genügte es dann nicht, dass Christus für wahr gilt und dass seine Wahrheit aufleuchte in den Menschenherzen. Wahrlich, ich sehe, wie es kommen wird. Es kann nichts Gesundes geben, so lange uns die Wut solchen Ehrgeizes treibt. Also muss auf beiden Seiten die Erinnerung an das Vergangene begraben werden, wenn wir einen dauernden Frieden wollen. Der Kampf war zu scharf und zu bitter, als dass man ihn erinnern dürfte, ohne wenigstens einige Funken wieder aufzustören, und wenn Luther so sehr nach Siegesruhm verlangt, so kann nie eine aufrichtige Einigung zur reinen Wahrheit Gottes gedeihen. Denn sein Fehler ist nicht etwa nur sein hochmütiges Schmähen, sondern auch Unwissenheit und größte Selbsttäuschung. Wie töricht ging er anfangs ins Zeug, als er sagte: das Brot sei der Leib Christi selbst! Wenn er auch jetzt sagt: der Leib sei im Brot enthalten, so muss ich doch jenen ersten Ausdruck einen hässlichen Irrtum nennen. Und was sagten die andern Anhänger derselben Sache? Haben sie nicht ärger als [der Ketzer] Marcion vom Leib Christi geredet? Wenn sich´s nun die Schweizer in den Kopf setzen, auf solche Fehler Jagd zu machen, wäre damit der Weg zur Einigung bereitet? Deshalb, wenn du bei Luther durch Gunst oder Ansehen etwas vermagst, so sorge, dass er seine bisherigen Gegner in dem unseligen Kampfe lieber Christo als seiner Person unterwirft, und dass er selbst der Wahrheit die Hand reicht, wo er im Widerspruch mit ihr steht. Hier handelte es sich darum, dass jeder für sich seinen Irrtum ehrlich anerkannte, und ich konnte nicht umhin, dir, wie du dich erinnern wirst, zu bezeugen, dass die einschmeichelnde Art, wie du dich und Zwingli zu entschuldigen suchtest, mir nicht gefiel. Andererseits ziemt es sich aber auch nicht, dass Einer den Andern schmäht. Wenn doch auf mein Haupt alle die Schmähworte fallen könnten! – Obwohl ich mir wohl bewusst bin, dass mich Gott, seit ich sein Wort zu kosten bekam, nie so verlassen hat, dass ich nicht über den Gebrauch der Sakramente und das Teilhaben am Leibe Christi rechtgläubig gedacht hätte – so sollte dann doch gewiss die Einigung durch nichts verzögert werden. Aber nehmen wir an, es sei bei unsrer Partei eine verkehrte Scheu, ihre Fehler einzugestehen, wer müsste sie nicht entschuldigen gegenüber dem unmäßigen Trotz Luthers, von dem man spricht. Deshalb, lieber Butzer, musst du dich anstrengen, dass alles auf beiden Seiten gut vonstatten geht. Eine schwierige Aufgabe, meinst du. Gewiss, aber da du sie auf dich genommen, musst du auch ernstlich daran arbeiten, und ich sage ja nicht, du müssest Erfolg haben, sondern nur, du müssest es versuchen. Scheint es dir nicht unerträglich, dass so viele Kirchen, die doch auch ganz Sachsen gegenüber nicht zu verachten sind, so lange in der Schwebe gehalten werden, da sie sich doch zu einer billigen Einigung antrugen? Wenn du also von den Schweizern verlangst, dass sie rasch ihre Hartnäckigkeit ablegen, so wirke doch auch bei Luther dahin, dass er einmal aufhört, sich so herrisch zu benehmen. Ich komme auf Megander zurück. Er musste in die Verbannung gehen, weil ers nicht über sich brachte, deine Zurechtweisungen [zu seinem Katechismus] zu unterschreiben. Du sagst, das sei Grund genug, dass er der Wahrheit ohne Grund widerstrebe? Was nun, wenn er seinerseits bereit war, Zeugnis abzulegen für die Wahrheit? Wenn das also der Grund war, dass er auch das von einem Andern richtig Gesagte nicht annehmen konnte? Nehmen wir an, es sei ihm dabei etwas Menschliches widerfahren, war es nicht besser, trotzdem einen solchen Mann zurückzuhalten und ihm eine solche kleine Schwäche dreinzugeben, als ihn unter schwerer Beleidigung seines Amtes zu entkleiden, in großer Verachtung des Wortes Gottes, zum großen Verlust der Kirche, zu noch größerer Gefahr für die Zukunft. Wie schadenfroh triumphieren nun ringsum die Feinde des Evangeliums, dass man anfängt, die Pfarrer in die Verbannung zu treiben. Wie frech spotten sie über das Evangelium Gottes! Welchen Spaß haben sie nun an uns, die, rings umgeben von mächtigen, wohl gerüsteten Gegnern, uns gegenseitig verwunden und vernichten. Was sollen fernerhin die Einfältigen tun, wenn sie sehen, dass die Pfarrer, an deren Mund sie gehangen haben, mit Verbannung gestraft werden? Schließlich, du weißt gar nicht, welches Hirten durch diesen Verlust die Berner Kirche beraubt ist. Zuversichtlich sage ich, du weiß es nicht, weil wir ganz sicher wissen, dass du in dieser Beziehung blind bist oder träumst. Freilich, Sebastian und Kuntz bleiben. Aber was kann der Erste anderes, als mit seinen Tollheiten das reine Evangelium verdrehen. Neulich habe ich erfahren, welchen Samen des Aberglaubens er in sich trägt, als er kaum zugeben wollte, dass das Dogma von den sieben Sakramenten eitel Torheit der Scholastiker sei, und heftig zürnte, dass wir die Ehe und die Beichte nicht für Sakramente hielten. Aber lassen wir ihm das auch nach, so sehen doch alle, dass er der Aufgabe der Kirchenleitung, zumal in so schwieriger Zeit, keineswegs gewachsen ist; denn er ist selbst auf der Kanzel so vergesslich, dass er beim dritten Wort den Faden verliert. Wird er gereizt, so wird er von der Leidenschaft so weit gerissen, dass er seiner selbst nicht mehr mächtig scheint. Redet ihm einer nach dem Maul, so kann er ihn wie einen Buben bringen, wozu er will. Du wirst sagen, es sei meine Art, in meinen Briefen Blitze zu schleudern, bei persönlichem Zusammentreffen mild zu sein. Gewiss, es ist nicht meine Art, mich mit den Leuten herumzuzanken. Aber meine Gesinnung in geraden Worten, sei es in Gegenwart der Leute oder in Briefen, zu äußern, darin kann ich mich nicht zurückhalten. Du kannst ja dann urteilen, wie du willst; ich glaube in der Erwägung, wie viel mehr Wert die Offenheit hat als die Schlauheit, meiner Art keinen Zwang antun zu dürfen, sondern dir frei heraussagen zu müssen, was mir wahr scheint. Ich weiß ja, wem ich es anvertraue. Welch ein Mensch nun Kuntz ist, das allerdings wage ich kaum zu sagen. Durch euer mildes und bescheidenes Wesen schien er mir ein wenig gezähmt, und er hat ja neulich in unsrer Sache, eine seltsame Emsigkeit zur Schau getragen. Einen Augenblick darauf wurde er schlimmer, als er je gewesen. Farel erzählt, eine wütendere Bestie habe er nie gesehen, als sich ihm Kuntz ganz neuestens gezeigt habe. Seine Mienen, Gebärden, seine Rede und die Gesichtsfarbe sogar atmete Wut, wie er erzählte. Also, so sehr man mir ihn nachher entschuldigen mag, bis ich ihn als andern Menschen kennen gelernt habe, glaube ich, er sei voll Giftes. Warum, bitte, hasst er uns denn so gründlich, dass er stets das Äußerste versucht? Wenn du dich nicht überzeugen lässt, so siehts doch der Herr, der zu seiner Zeit sich als Richter zeigen wird. Wir verlassen uns auf sein Urteil, deshalb schauen wir nicht gar so ängstlich auf die Menschen. Dennoch suchen wir uns so aufzuführen, dass uns keiner mir Recht verurteilen kann. Wir verhalten uns so gegen ihn, dass er merkt, wir seien nicht seine Feinde, so sehr er selbst unser Gegner ist. Durch solche Mäßigung suchen wir ihn zu gewinnen, so dass er nicht anders als in offenkundiger Tollheit weiter gegen uns wüten kann. Freilich das muss ich sagen, in unserer Beurteilung der Menschen weichen wir stark von ihm ab: denn die Leute, die er zum Dienst am Worte einsetzt, halten wir für würdig, an den Galgen gehängt zu werden. Damit du weißt, wie verkehrt es geht: Gute Männer, die von uns bewährt erfunden sind, wagt er nicht anzunehmen, wenn sie nicht von der ganzen Pfarrklasse der Gegend, für die sie bestimmt sind, erprobt sind; andere aber, die von der ganzen Klasse als unwürdig erklärt sind, nicht nur des kirchlichen Amts, sondern auch der Abendmahlsgemeinschaft, die liegen ihm am Herzen. Notorische Wiedertäufer, ertappte Diebe drängt er den Kollegen wider ihren Willen auf. Währenddessen wird einer der allerfrömmsten, gelehrtesten und vorsichtigsten Pfarrer unserer Nachbarschaft von zwei Vögten auf den Tod angeklagt, mehr als unmenschlich geärgert, gewalttätig behandelt, da diese Sendlinge Kuntzens mit allem Eifer auf seinen Untergang hinarbeiten. Was sollen wir voraussehen nach diesen Anfängen? Ich glaube, wenn er meint, uns dadurch wie mit Geißeln zu hetzen, so arbeitet er an seinem eigenen Untergang. Und sicher, wenn es so Gottes Wille ist, so wird er in dem Netz gefangen, das er uns gestellt, und stürzt kopfüber in die Grube, die er uns gegraben, eher als dass er länger der Kirche Christi mit solcher Mühsal zu schaffen macht. Das hat in Bern eure Sache bei vielen mutigen Männern so verhasst gemacht, dass sie haben sehen müssen, wie ein Hirt abgesetzt und ein wildes Tier ihrer Herde gelassen worden ist. Du wirst sagen, welchen Zweck haben diese Klagen? Den, dass du, wenn möglich, auf irgendein Heilmittel sinnst. Und wenn du keines hast, so bitte mit uns den Herrn, dass er uns durch solche Versuchung nicht vom rechten Weg abweichen lässt, und seine Herde aus dem Rachen der Raubtiere rette.

Aber auch du selbst scheinst uns (ich rede in meinem eignen und meiner Kollegen Namen) einer Ermahnung zu bedürfen, und wir wagen sie im Vertrauen auf deine große Selbstbeherrschung. In deiner Behandlung des Gotteswortes, vor allem bei den heute strittigen Stoffen, suchst du deine Sprache so zu stimmen, dass du Niemandem Anstoß gebest. Wir sind überzeugt, dass du es in der besten Absicht tust. Und doch müssen wir das Bestreben durchaus missbilligen. Wir müssen, trotzdem du das von uns schon mehrfach früher gehört hast, dasselbe Lied von Neuem beginnen, da wir sehen, wie diese abschwächende Behutsamkeit von Tag zu Tag gefährlicher wird. Ich weiß wohl, du pflegst dich zu entschuldigen, man dürfe nicht durch streitsüchtigen Disput die Herzen der einfachen Leute dem Glauben entfremden, sondern solle sie auf jede Weise anziehen; es würden ja nur solche Dinge nachgelassen, die man, ohne unfromm zu sein, dran geben könne. Ich aber antworte drauf nach meiner Art: Wenn du einen Christus willst, der Allen gefällt, so darfst du deshalb doch kein neues Evangelium fabrizieren, und es ist klar zu sehen, wohin das führte. Hast du gesagt, die Anrufung der Heiligen sei mehr vom Aberglauben der Menschen erdacht als in Gottes Wort begründet, so fügst du gleich bei, das müsse man dem Urteil der Kirchenväter überlassen und solche Anrufung, die in ihren Schriften empfohlen, dürfe nicht ganz verurteilt werden. So führst du beständig die Autorität wieder ein, durch die jeder beliebige Irrtum als Wahrheit dargestellt wird. Aber heißt das, Gott wahrhaftig heilig halten, wenn man so viel dem Menschen überlässt, dass seine Wahrheit nicht mehr allein über uns herrscht? Ehrt man die Kirchenväter nicht genug, wenn man sie nicht verwerflich und nicht verächtlich nennt, trotz der Fehler, die man bei vielen von ihnen findet? Wenn der menschliche Mutwille, wo man ihm einmal die Zügel freigegeben hat, nicht gehindert werden kann, immer weiter zu schweifen, welches Maß sollen wir dann einhalten, wenn einmal zugegeben wird, wir dürften ungestraft über die Grenzen des Gottesworts hinausgehen? Das tust du aber nicht nur in einer Sache, vielmehr überall scheinst du die Herrschaft zwischen Christo und dem Papst teilen zu wollen. Wir sagen nicht, es sei so, aber wir sollten es nicht einmal fürchten müssen. Aber die ganz Schlauen durchschauen deine Absicht doch; die Einfältigen werden, da sie es als Rückzug erklären, ganz verwirrt. Begonnen hast du damit im Kommentar zu den Psalmen, einem sonst vortrefflichen Werk, wie es kein anderes gibt, aber diese fälschlich fromm genannte Schlauheit wurde dir immerhin noch nachgesehen. Ich freilich, um es dir ehrlich zu sagen, fand es stets unerträglich, dass du die Rechtfertigung aus dem Glauben gründlich zerstörtest. Aber man hielt es immerhin für gut, dass ein so köstlicher Schatz durch die Welt komme, gleichgültig welcher Wind ihn trage. Als man dann aber begann, dein Büchlein gegen Cenalis zu lesen, da war kein frommer Mann, der nicht laut gerufen hätte, es sei unwürdig, dass von einem solchen Herold des Evangeliums wie du das Evangelium nun mit soviel Hüllen verdunkelt werde. Das Buch ist, das wird niemand leugnen, voll tiefer Gelehrsamkeit und mit außerordentlicher Kunst und nicht geringem Fleiß geschrieben, aber mit soviel dunkeln Flecken bespritzt, dass die Meisten als Korrektur einen Strich durchs Ganze wünschen. Und ich zweifle nicht daran, dass das auch deine Meinung wäre, wüsstest du, welche Früchte die Schrift in Frankreich und England trägt. Allem, was du seither herausgegeben, ist etwas von dieser hässlichen Hefe beigemischt. Glaube ja nicht, dass ich aus Widerspruchsgeist so feindselig und böse über deine Schriften denke. Der Herr ist mein Zeuge, dass es mich jedes Mal nicht nur etwa oberflächlich, sondern im innersten Herzen beunruhigt, wenn ich sehe, dass ich mit einem frommen Mann nicht übereinstimme, besonders mit dir, dessen ausgezeichnete Begabung neben aller Frömmigkeit ich nicht anders als hochschätzen, ja bewundern kann. Aber wenn ich auch in mildester Liebe mich zusammennehme, in Einigem kann ich dir doch nicht beipflichten, ohne dem Zeugnis meines Gewissens zuwiderzuhandeln. Gewiss, ich habe immer die Absicht deiner Vermittlungsaufgabe bewundert. Denn wenn du mahnst, Einigung mit Luther zu suchen, schätzest du selbst das so hoch, dass du versicherst, nichts dürfe uns wertvoller sein, als mit vereinten Herzen und Waffen gegen Satans Lügen zu streiten. In dieser Mäßigung bist du selbst Luther so unähnlich, dass ich glaube, deine Handlungsweise wird ihn noch mehr erzürnen, als früher die Ansichten Zwinglis und Oekolampads. Denn nie hat er die Sakramentierer mit größerem Hass bekämpft, als wenn er ihnen vorwarf, die Gerechtigkeit aus dem Glauben werde von ihnen zerstört, oder doch herabgesetzt und verwirrt.

Über diese Dinge, liebster und von uns hoch verehrter Bruder, wollten wir mit schwerem Herzen bei dir Klage führen, weil wir überall den Anfang eines Endes mit Schrecken vor uns sehen, wenn du fortfährst, wie du begonnen hast. Du weißt, wie viel auf beiden Seiten die Leute wert sind, die Gott mit Gelehrigkeit, Geist und Klugheit geschmückt und gerüstet hat. Du bist zu solcher Höhe gestiegen, hast in der Kirche Christi eine solche Stellung, dass die Meisten auf dich schauen. So wirst du dich nicht wundern, dass wir in dir eine gewisse besondere Vollkommenheit eigensinniger verlangen als von andern, weil wir wissen, dass du Unzähligen vorangehen und voranleuchten solltest. Je geringer der Verlust, den uns der Abfall unbedeutender Menschen macht, umso freier sind wir von ihnen. Euch aber, deren schlimmes Beispiel viel gefährlicher wäre, muss die Kirche mit festem Band an sich gefesselt halten. Der Herr bewahre dich und mehre seine Gaben in dir, trefflichster, liebster Bruder. Capito grüße in meinem Namen herzlich. Farel und meine beiden anderen Kollegen grüßen Euch Beide.

Genf, 12. Januar 1538.

Dein Calvin.

Ich vergaß, was ich nicht zuletzt hätte schreiben sollen. Allen Pfarrern unserer Nachbargemeinden ist verboten worden, mit uns im Verkehr oder irgendeiner Gemeinschaft zu stehen. Schau, wohin die Anfänge solchen Zwiespalts anders hinzielen, als auf den völligen Untergang der Kirche. Das berichten wir, als etwas, was Kuntz billigt.

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