Bunyan, John - Pilgerreise - Zweites Kapitel.
- Pilgers Irrfahrt. Reue und Umkehr.
Als Christ nun für sich allein weiter ging, bemerkte er in der Ferne Jemanden, der mitten über das Feld auf ihn zukam. Sie trafen aber gerade zusammen, als Jeder von Beiden den Weg des Andern überschreiten wollte. Der Name des Herrn, welcher ihm begegnete, war Herr Weltklug; er wohnte in der Stadt Fleischesklugheit; dies ist eine sehr große, volkreiche Stadt, ganz nahe bei dem Orte, wo Christ herkam. Dieser Mann, mit dem Christ zusammentraf, hatte einige Kunde von ihm erhalten. Christ's Auswanderung aus der Stadt Verderben hatte nämlich viel Gerede verursacht und war nicht nur an seinem frühern Wohnorte zum Stadtgespräch geworden, sondern fing an, es auch ringsumher in andern Orten zu werden. Deßwegen errieth Herr Weltklug schon aus dem schwermüthigen Gange, dem Seufzen und Stöhnen, wen er vor sich habe, und so ließ er sich denn ohne Weiteres mit Christ in ein Gespräch ein.
Weltklug. Wie, wohin so schwer beladen, guter Freund?
Christ. Ja wohl schwer beladen, ich glaube so schwer wie jemals ein armes Geschöpf beladen gewesen ist. Und weil ihr mich fragt wohin? so will ich euch sagend Herr, daß ich auf das enge Pförtlein dort zugehe, das vor mir liegt, denn dort soll mir, wie ich unterrichtet worden bin, ein Weg gezeigt werden, daß ich meiner schweren Bürde ledig werde.
Weltkl. Hast du Frau und Kinder?
Chr. Ja, aber ich bin so beladen mit dieser Bürde, daß ich keine Freude an ihnen wie früher haben kann. Ich habe wohl Frau und Kinder, doch es ist mir als hätte ich keine.1) —
Weltkl. Willst du mich anhören, wenn ich dir einen guten Rath gebe?
Chr. Gerne, wenn er gut ist, denn guter Rath ist's gerade, was ich nöthig habe.
Weltkl. So will ich dir denn rathen, daß du dich selbst von deiner Bürde in aller Eile losmachst, denn sonst wirst du niemals zur Ruhe deines Herzens kommen, auch dich eher nicht der Güter erfreuen, mit welchen Gott dich gesegnet hat.
Chr. Das ist es eben, was ich suche, dieser schweren Bürde los zu werden, aber durch mich selbst vermag ich das nicht. Auch ist kein Mensch in unserm ganzen Lande, der sie mir von meinen Schultern nehmen kann, darum habe ich diesen Weg eingeschlagen, wie ich euch sagte, damit ich meiner Bürde entledigt werden möge.
Weltkl. Wer hieß dich diesen Weg gehen, um ihrer los zu werden?
Chr. Ein Mann, den ich für groß und ehrwürdig hielt; sein Name ist, wie ich mich erinnere, Evangelist.
Weltkl. Aber sein Rath war schlecht!2) Es gibt in der ganzen Welt keinen gefährlichern und mühsamern Weg als diesen; das wirst du finden, wenn du seinem Rathe weiter folgst. Du hast, wie ich merke, schon Etwas davon erfahren, denn ich sehe noch den Schmutz von dem Pfuhle der Verzagtheit an dir. Dieser Pfuhl ist aber nur der Anfang von, den Trübsalen, welche derer warten, die diesen Weg gehen. Höre mir, ich bin älter, als du: auf dem Wege, welchen du eingeschlagen hast, treffen dich Mühseligkeit, Schmerz, Hunger, Gefahr, Blöße, Schwert, Löwen, Drachen, Finsterniß, mit einem Worte, der Tod selbst und was es noch Alles mehr geben mag. Dies ist gewißlich wahr, und durch viele Zeugnisse bestätigt. Warum sollte nun ein Mensch, nur um einem Fremden Gehör zu schenken, sich selbst so sorglos Preis geben?
Chr. Aber diese Bürde, mein Herr, die ich auf dem Rücken habe, ist schrecklicher für mich, als alle die Dinge, welche Sie mir eben genannt haben. Wahrlich, es dünkt mich, daß ich Nichts darnach frage, was mir auf meinem Wege immerhin begegnen möge, wenn ich nur von meiner Last befreit werde.
Weltkl. Wie bist du zuerst an diese Last gekommen?
Chr. Dadurch, daß ich das Buch las, welches ich hier in der Hand habe.
Weltkl. Das dachte ich wohl; da ist es dir gegangen, wie so manchen andern schwachen Leuten, die sich mit Dingen abgeben, welche ihnen zu hoch sind und dann auf einmal verwirrt werden. Durch solche Verwirrung verliert man aber nicht bloß alles Vertrauen zu sich selbst (was, wie ich sehe, auch bei dir der Fall ist), sondern man greift auch zu verzweifelten Wagstücken, um, man weiß selber nicht was, zu erlangen.
Chr. So sieht's aber bei mir nicht aus, ich weiß recht gut, was ich zu erlangen wünsche: Erleichterung von meiner schweren Last.
Weltkl. Aber warum willst du Erleichterung auf diesem Wege suchen, auf dem, wie du siehst, doch so viele Gefahren sind? zumal da ich, dir, (wenn du nur Geduld hättest mich anzuhören) zeigen kennte, wie du das, wonach du verlangst, bekommen kannst ohne die Gefahren, worin du dich auf diesem Wege muthwillig stürzest. Ja wirklich, das Mittel ist bei der Hand. Überdem will ich dir noch sagen, daß wenn du es gebrauchst, du statt all jener Gefahren große Sicherheit, Freundschaft und Zufriedenheit finden wirst.
Chr. Ach, lieber Herr, ich bitte, machet mich doch mit diesem Geheimniß bekannt.
Weltkl. Nun ja: dort liegt ein Flecken, der heißt Gesetzlichkeit, darin wohnt ein Mann, Namens Gesetzlich, ein Mann von Einsicht und von sehr gutem Ruf, der besitzt die Kunst, den Menschen solche Bürden, wie du eine trägst, von den Schultern zu nehmen.
Es ist mir wirklich, bekannt, daß er auf diese Weise viel Gutes ausgerichtet hat. Ja, überdem versteht er's auch Leute zu heilen, die durch ihre Last etwas schwach im Kopfe geworden sind. Gehe nur, wie gesagt, zu ihm hin, dann wird dir sogleich geholfen werden. Sein Haus ist noch nicht ganz eine halbe Stunde von hier. Solltest du ihn selbst aber nicht zu Hause treffen, so findest du doch seinen Sohn da, der ist ein artiger junger Mann und heißt Weltfein, er versteht, wie ich sagen darf, die Sache eben so gut wie der alte Herr selbst. Dort kannst du, sag' ich dir, Erleichterung deiner Last finden. Und, wenn du nicht vorhast, zu deinem frühern Wohnorte zurückzukehren (was ich für dich selbst nicht wünschen möchte), so kannst du ja Frau und Kinder in diesen Flecken nachkommen lassen. Es stehen gerade jetzt mehrere Häuser dort leer, von denen du ohne Zweifel eines für ein Billiges bekommen kannst; auch sind die Lebensmittel dort wohlfeil und gut, und, was dir das Leben noch angenehmer machen wird, ist, daß du bei ehrbaren Nachbarn sicher in Vertrauen und Ansehen stehen wirst.
Christ hatte den Lockungen willig zugehört und hatte sie durch das Ohr in sein Herz hineingelassen: drum stand er nachdenklich da. Aber nicht lange währte es, da sprach er in sich: wenn es wahr ist, was dieser Herr da gesagt hat, so kann ich nichts Besseres thun, als seinen Rath befolgen, und so ließ er sich denn weiter mit ihm ein.
Chr. Herr, welches ist dann der Weg zu dem Hause dieses vortrefflichen Mannes?
Weltkl. Siehst du den hohen Berg3) dort?
Chr. Ja wohl, ganz gut.
Weltkl. Auf diesen Berg mußt du zugehen, und das erste Haus, woran du kommst, ist das Haus des Mannes.
So wandte sich Christ nun von seinem Wege ab, um im Hause des Herrn Gesetzlichkeit Hülfe zu suchen. Aber siehe, als er ganz nahe an den Berg gekommen war, kam ihm derselbe so hoch vor und bemerkte er auch, daß die Seite, welche dem Wege zunächst lag, so hinüber hing, daß er sich gar nicht weiter wagte, indem er fürchtete, der Berg möchte ihm auf den Kopf fallen. Deßwegen stand Christ still und wußte nicht, was er thun sollte. Auch meinte er, seine Bürde sei schwerer als vorhin, da er noch auf seinem Wege war. Dazu kamen flammende Blitze aus dem Berge heraus,4) daß Christ bange war, er möchte davon verzehrt werden. Er schwitzte und zitterte vor Angst, 5) aber fing nun auch an es zu bereuen, daß er Herrn Weltklugs Rathe gefolgt war. Zugleich sah er Evangelist auf ihn zukommen und wurde roth vor Scham bei seinem Anblick. Evangelist aber kam näher und näher, und da er bei ihm war, heftete er einen strengen und furchtbaren Blick auf ihn. Dann stellte er folgende Verantwortung mit ihm an:
Ev. Was machst du hier, Christ? Christ wußte nicht, was er darauf antworten sollte, darum stand er im ersten Augenblicke sprachlos vor ihm da. Evangelist ließ es aber nicht dabei, sondern fragte weiter: Bist du nicht der Mann, den ich vor der Stadt Verderben so jammernd stehen fand?
Chr. Ja, lieber Herr, ich bin es.
Ev. Habe ich dir nicht den Weg zu der engen Pforte gewiesen?
Chr. Ja wohl, lieber Herr.
Ev. Wie kommt es denn, daß du dich so schnell davon abgewandt? denn jetzt bist du auf einem ganz andern Wege.
Chr. So bald ich über den Pfuhl der Verzagtheit gekommen war, begegnete mir ein Herr, der überredete mich, ich möchte in den Flecken gehen, der dort vor mir liegt, da würde ich einen Mann finden, der mir meine Last abnehmen könnte.
Ev. Was war es für ein Mann?
Chr. Er hatte ein vornehmes Aussehen, redete mir Viel, zu und brachte es am Ende so weit, daß ich seinen Aufforderungen folgte; so kam ich denn hierher. Als ich aber diesen Berg sah und wie er über den Weg hinüberhängt, da blieb ich plötzlich stehen, damit er mir nicht auf den Kopf fallen möchte.
Ev. Was sagte der Herr zu dir?
Chr. Er fragte mich, ob ich Frau und Kinder hätte, und ich sagte: ja; aber ich fügte hinzu, daß ich so beladen wäre mit der Bürde, die ich auf dem Rücken habe, daß ich keine Freude mehr wie früher an ihnen haben könnte.
Ev. Und was sagte er darauf?
Chr. Er hieß mich in aller Eile meine Bürde ablegen; und ich sagte ihm, das wäre es gerade was ich suchte: eben darum wäre ich auch auf dem Wege nach jener Pforte, um dort weiter unterwiesen zu werden, wie ich zu dem Orte meiner Erlösung kommen könnte. Da sagte er, er wolle mir einen bessern Weg zeigen, der kurz und nicht so beschwerlich wäre, als der, auf den ihr, Herr, mich gebracht hattet. Der Weg, den ich dir anweise, sprach der Mann, wird dich zum Hause eines Herrn bringen, welcher die Kunst versteht, solche Lasten abzunehmen. Ich glaubte ihm nun und wandte mich nun von jenem Wege ab auf diesen, ob ich vielleicht von meiner Last bald befreit werden möchte. Als ich aber hierher kam und die Dinge sah, wie sie wirklich sind, da stand ich still aus Furcht vor der Gefahr. Nun aber weiß ich nicht, was ich thun soll.
Ev. Bleib einen Augenblick stehen, damit ich dir Gottes Wort vorhalte. Da stand Christ mit Zittern und Evangelist sprach: „Sehet zu, daß ihr euch deß nicht weigert, der da redet. Denn so jene nicht entflohen sind, die sich weigerten, da er auf Erden redete, viel weniger wir, so wir uns deß weigern, der vom Himmel redet.„6)
Ferner sagte er: „Der Gerechte wird des Glaubens leben. Wer aber weichen wird, an dem wird meine Seele keinen Gefallen haben.“ 7) Von diesen Worten machte er nun sogleich eine Anwendung, indem er sich an Christ wandte und sprach: Siehe, du bist der Mann, welcher in's Elend hineinrennt, du hast angefangen den Rath des Allerhöchsten zu verwerfen und deinen Fuß abzuwenden vom Pfade des Friedens und dies zwar auf Gefahr, ewig zu verderben.
Da fiel Christ wie todt zu seinen Füßen nieder, indem er ausrief: Wehe mir, ich vergehe!8) Als aber Evangelist dies sah, ergriff er ihn bei seiner rechten Hand und sprach: „Alle Sünde und Lästerung9) wird den Menschen vergeben. Sei nicht ungläubig, sondern gläubig.„ Dadurch wurde Christ wieder ein wenig beruhigt; zitternd richtete er sich auf und stand vor Evangelist wie vorhin.
Hierauf fuhr Evangelist weiter fort: Gib nun besser Acht auf das, was ich dir sagen will. Ich will dir nun zeigen, wer der war, der dich verführte und auch wer der war, zu dem er dich sandte. Der Mann, welcher dir begegnete, heißt Weltklug, und so heißt er mit Recht, theils weil er nur an der Lehre dieser Welt10) Geschmack findet, weßhalb er auch immer in dem Orte Gesetzlichkeit zur Kirche geht; und theils, weil er jene Lehre jeder andern vorzieht, da sie ihm nicht das Kreuz auflegt; 11) weil er aber so fleischlich gesinnet ist, sucht er meine Wege, obgleich sie recht sind, zu verkehren. Ich will dich nun auf drei Stücke in dem Rathe dieses Mannes aufmerksam machen, welche du ganz und gar verabscheuen mußt:
Das erste ist, daß er dich vom Wege, den ich dir angewiesen, abwendig machte; das andere, daß er dir das Kreuz verhaßt zu machen suchte, und das dritte, daß er deine Füße auf den Weg leitete, welcher zu dem Amte führt, das den Tod predigt.12)
Erstlich mußt du es verabscheuen, daß er dich von dem Wege abbrachte, auf den ich dich geführt hatte; aber auch daß du selber willig dazu warst, denn so Etwas heißt nichts anders, als den Nach Gottes verwerfen, um dem Rathe eines Weltklugen zu folgen. Der Herr spricht: „Ringet darnach, daß ihr durch die enge Pforte eingehet“,13) und das ist die Pforte, zu der ich dich gewiesen — „denn die Pforte ist eng, die zum Leben führet, und ihrer sind Wenige, die sie finden.„ 14) Von diesem engen Pförtchen und von dem Wege, der dahin führt, hat dieser gottlose Mann dich abgeleitet und dich beinahe in's Verderben gebracht. Verabscheue daher, daß er dich vom Wege abgeleitet und habe einen Ekel an dir selbst, daß du ihm Gehör geschenkt hast.
Zweitens mußt du es verabscheuen, daß er sich bemüht hat, dir das Kreuz verhaßt zu machen; denn dir gebührt's, dasselbe den Schätzen Egyptens vorzuziehen.15) Zudem hat der König der Herrlichkeit dir gesagt: „Wer sein Leben will erhalten, der wird es verlieren“, und: „So Jemand zu mir kommt und hasset nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigenes Leben, der kann nicht mein Jünger sein, und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt, der ist meiner nicht werth.„16) Darum sage ich dir, so Jemand dich zu bereden sucht, es gereiche dir solches zum Tode — da du doch, wie der Mund der Wahrheit spricht, ohne dasselbe das ewige Leben nicht haben kannst — so mußt du eine solche Lehre verabscheuen.
Drittens mußt du es hassen, daß er deine Füße auf den Weg leitete, welcher dich in die Knechtschaft des Todes bringt. Und hierbei mußt du bedenken, zu wem er dich sandte, und wie unfähig derselbe ist, dich von deiner Last zu befreien.
Der, zu dem er dich sandte, damit du Erleichterung finden möchtest, und der da Gesetzlich heißt, ist der Sohn der Magd, die nun dienstbar ist mit ihren Kindern17) und ist in geheimnißvoller Weise der Berg Sinai, von dem du befürchtetest, daß er dir auf den Kopf fallen werde. Ist dieselbe aber mit ihren Kindern dienstbar, wie kannst du dann erwarten, daß sie dich frei machen werde? Dieser Gesetzlich ist daher nicht im Stande, dich von deiner Last zu erlösen. Es ist noch nie Einer von seiner Last durch ihn befreit worden und es wird auch nimmer geschehen. Du kannst nicht durch des Gesetzes Werke gerecht,18) folglich auch nicht durch sie frei werden von deiner Last, und folglich ist Herr Weltklug ein Fremdling in der Wahrheit und Herr Gesetzlich ein Betrüger; sein Sohn Weltfein ist aber, trotz seines freundlichen Wesens ein Heuchler, der dir nicht helfen kann. Glaube mir, all dem Geschwätz, was jene thörichten Leute gemacht haben, liegt nichts anders zum Grunde, als die Absicht, dich von dem Wege, auf den ich dich geleitet, abzubringen und dich dadurch um deine Seligkeit zu betrügen.
Hiernach rief Evangelist den Himmel laut zum Zeugen und zur Bekräftigung dessen an, was er gesagt hatte; da kam alsbald eine Stimme und Feuer aus dem Berge heraus, woran der arme Christ stand, daß sich ihm die Haare auf dem Haupte in die Höhe richteten. Die Stimme aber redete also: „Die mit des Gesetzes Werken umgehen, die sind unter dem Fluch. Denn es stehet geschrieben: Verflucht sei Jedermann, der nicht bleibet in allem dem, das geschrieben steht im Buche des Gesetzes, daß er's thue.“19)
Nun erwartete Christ nichts anders als den Tod und fing an jämmerlich zu schreien, dabei verfluchte er die Zeit, in welcher er sich mit Herrn Weltklug eingelassen und schalt sich wohl tausendmal einen Narren, daß er auf den Rath desselben geachtet hätte. Auch fühlte er sich tief beschämt, wenn er bedachte, daß alle Gründe, die Herr Weltklug ihm vorgehalten, doch einzig und allein vom Fleische hergenommen seien und daß diese einen so großen Einfluß auf ihn ausgeübt hätten, daß er vom rechten Wege abgewichen wäre. Nachdem dies vorhergegangen, wandte er sich wieder an Evangelist und richtete folgende bewegte Worte an ihn:
Chr. Herr, was meint ihr, ist noch Hoffnung da für mich? Darf ich wohl wieder umkehren und auf die enge Pforte zugehen? Werde ich wohl um meines Fehltritts willen nun aufgegeben und dort mit Schanden zurückgewiesen werden? Es ist mir leid, daß ich auf den Rath jenes Mannes gehört habe; aber kann mir meine Sünde auch vergeben werden?
Evangel. Da sagte Evangelist, deine Missethat ist groß, denn du hast zwiefältig gesündigt: du hast den guten Weg verlassen und den verbotenen betreten; aber dennoch, wird der Mann an der engen Pforte dich aufnehmen, denn er ist den Pilgern sehr zugethan. Hüte dich aber, daß du abermals zur Seite abweichest, damit du nicht „umkommest auf dem Wege, denn sein Zorn wird bald anbrennen.„20)
Darauf schickte Christ sich an wieder umzukehren. Nachdem Evangelist ihn aber geküßt und mit einem freundlichen Blick angelächelt hatte, wünschte er ihm gute Reise. Und so pilgerte Christ eilends voran, sprach unterwegs mit Niemandem und gab dem, der ihn fragte, auch keine Antwort. Er ging gerade wie Einer, der sich auf verbotenem Grund und Boden befindet und konnte sich nirgend sicher achten, bis er wieder auf dem Wege anlangte, den er auf Herrn Weltklugs Rath verlassen hatte.