Martin Bucer - Predigt gehalten auf dem Religionsgespräch zu Bern.
Buzer, oder gewöhnlich Bucer Martin, war im Jahre 1491 zu Straßburg geboren. In Schlettstadt trat er im 15. Jahre seines Alters in den Dominikanerorden; im Jahre 1516 begab er sich mit Genehmigung seines Priors nach Heidelberg, um hier noch weiter zu studieren. Durch Erasmus und Luthers Schriften wurde er für das Evangelium gewonnen. Von seinen Ordensbrüdern verfolgt, fand er Schutz bei Friedrich von der Pfalz und auf der Ebernburg bei Franz von Sickingen. Im Jahre 1522 begab er sich nach Straßburg, wirkte hier für die Reformation und verheiratete sich im Jahre 1523 mit einer Nonne, diese gebar ihm dreizehn Kinder. Er hat sich sehr bemüht, die Zwistigkeiten zwischen Luther und Zwingli und ihren Anhängern in Betreff der Lehre vom heiligen Abendmahle auszugleichen. Im Jahre 1545 ward er nach England als Professor an die Universität Cambridge berufen. Hier starb er 1551; wahrscheinlich vergiftet durch die katholische Partei.
Von der Nachfolge Christi.
Geliebte in dem Herrn! Ich soll Euch ermahnen, fortzufahren im christlichen Leben. Als Anleitung dazu habe ich die lieblichen und trostvollen Worte unseres Herrn gewählt, welche wir Matth. XI. aufgezeichnet finden, da Christus also spricht: „Kommt her zu mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig: so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“ In diesen Worten lasst uns wohl bedenken: Wer der sei, der uns zu sich beruft; wie man zu ihm komme; welche er zu sich berufe und wozu er sie berufe.
Wenn wir nun zuerst sehen wollen, wer der sei, der uns zu sich beruft, so sagt er es selbst unmittelbar vor unsern Textesworten: Alle Dinge sind mir übergeben von meinem Vater. Und Niemand kennt den Sohn, denn nur der Vater; und Niemand kennt den Vater, denn nur der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren. Nun seht Ihr, liebe Freunde, wer der ist, der uns zu sich beruft: der Vater hat ihm alle Dinge übergeben. Ihr wisst, dass die Kinder dieser Welt gerne dem dienen, von dem sie am meisten zu hoffen haben. Bieten zwei Herren Sold an, so zieht man dem am liebsten zu, der den größeren Sold gibt. Wenn aber selbst die Gewalt über die ganze weite Welt in eines Menschen Hand gegeben wäre, wozu könnte er uns wohl verhelfen oder was könnte er uns verleihen, das nicht in einem Augenblicke verschwinden könnte? Wie mögen wir noch so töricht sein, dass wir uns an irgendjemandes Andern Verheißungen kehren, als an diejenigen unseres allmächtigen Herrn und Heilandes? Nun sagt er: mir hat der Vater alle Dinge übergeben. Willst du Reichtum? Er gibt es dir, dass du ewig nichts, was wahrhaft gut ist, mangelst. Willst du Ehre? Er bringt dich vor seinem Vater und vor allen Engeln zu solcher Ehre, die ewig währet, und die allein wahrhafte Ehre ist. Willst du Freude und Wonne? Er verleiht sie dir vollkommen und ewig. Willst du Leben? Er verleiht dir das selige, das kein Ende nimmt. Warum? Der Vater hat ihm alle Dinge übergeben und ihm dazu verliehen, dass er Allen, die ihm der Vater zuführe, das ewige Leben gebe. Joh. VI. und X. Warum das Alles? Es hat dem Vater also wohlgefallen, durch ihn Alles, was im Himmel und auf Erden ist, also zu ordnen und zu Ende zu bringen. Darum ist er auch zum Herrn über alle irdischen und himmlischen Kreaturen erhoben. Seht nun, welcher Herr das ist, der uns zu sich ruft! Wer sollte nicht gerne alle Welt, ja selbst sein Leben lassen, um diesem Herrn zuzulaufen? Wir aber sollen hier vorzüglich auf die Worte achten, die er sagt: „Niemand kennt den Vater, als nur der Sohn, und wem es der Sohn will offenbaren.“ Denn woher kommt es, dass wir, nachdem wir so gnädig berufen worden, nicht in aller Eile und mit allem Ernste laufen, als weil wir ihn nicht kennen, und weil wir so seine Berufung nicht mit wahrem Glauben annehmen können. Ein Jeder handelt nach seinen Erkenntnissen. Der Kaufmann, der vernommen und weiß, dass er am Safran gewinne, hingegen am Ingwer verliere, gibt sicher sein Geld an Safran. Wer glaubt, dass er eher reich werde, wenn er dem Franzosen diene, als dem Kaiser, wird beim Franzosen Dienste nehmen. So würde es sich auch ohne Zweifel verhalten mit dem, der zu erkennen vermöchte, welcher Herr Christus ist, und was er den Seinen verleihe; wahrlich die ganze Welt würde ihm weniger als ein Strohhalm gelten, gegen diesen Herrn! Wer will es aber zur rechten Erkenntnis bringen? Blut und Fleisch? Der natürliche Mensch weiß nichts von Gott, obgleich sich Gott in seinen Werken auch den Gottlosen offenbaret, aber nicht so, dass sie ihn zu ehren und zu lieben vermöchten, sondern allein so, dass sie sich zuletzt selbst verdammen müssen, weil sie den wahren Gott, wie sie Ihn erkannt, nicht verehrt haben. Davon schreibt Paulus an die Römer im I. Kap.: Soll man aber Gott recht erkennen, dass man Ihn liebe und sich Ihm allein ergebe, so kann solches nur durch den Geist Gottes geschehen, der die göttlichen Dinge erforschet, 1. Kor. II. Wer will uns aber den verleihen? Christus ist es, der ihn uns vom Vater sendet, auf dass wir durch ihn erleuchtet, den Vater erkennen: der Vater sendet ihn uns durch den Sohn, durch den er (wie vorher gesagt) Alles wieder aufrichten will; wie er auch im Anfange durch ihn Alles erschaffen hat. Also zieht er uns zum Sohne, so redet er mit uns, dass wir's lernen und begreifen. Darin aber besteht das ewige Leben, dass wir wahrhaft erkennen den Vater und unsern Heiland Jesum Christum, den er gesandt hat, Joh. XVII. Was ist Leben, Liebe, Freude? Dass ein Mensch alles Guten versichert sei, mutig, freudig und tüchtig alles Gute zu vollbringen? Das irdische Leben ist aber dessen nur ein Schatten. Wenn uns aber Gott seinen Geist verliehen hat und wir Ihn dadurch recht erkennen, so lieben wir ihn auch, sind sicher und gewiss, dass er uns endlich zur wahren Frömmigkeit und Seligkeit leite, sind freudig und mutig zu leiden und zu tun, was Recht ist, doch der Eine immer mehr als der Andere. Wie auch Einer dieses Leben, das allein ein wahres und ewiges ist, kräftiger und vollkommener besitzt als der Andere. Ein kleines Kind lebt ein menschliches Leben, kann aber deswegen noch nicht laufen, reden und handeln, wie ein erwachsener Mensch; demnach wäre der unsinnig, der darum behaupten wollte, es wäre ein Geist und nicht zugäbe, dass es ein menschliches Leben führe. Viel unsinniger handeln noch einige Wiedertäufer, welche gleich solche von der Kindschaft Gottes ausschließen, als die kein göttliches Leben haben, weil sie noch nicht alle Werke eines göttlichen Lebens aufweisen können. Wo wahrer Glaube an Christum, wo rechte Erkenntnis Gottes, da ist das ewige selige Leben. Dieses ist aber nicht gleich im Anfange vollkommen, wenn es aber nur so viel ist, dass der Geist Gottes deinem Geiste Zeugnis gibt, dass du ein Kind Gottes bist und dich bewegt, dass du herzlich verlangest, deinem Gott zu gefallen. Alsdann hast du gewiss das ewige Leben, denn du erkennst Gott und zwar so, dass sich dein Herz nimmermehr von Ihm wegwenden mag. Wenn du gleich noch durch das Gesetz in deinen Gliedern und durch die angeborene böse Neigung zum Argen, zu mancher Sünde verleitet wirst und ob du gleich deinen Heiland wie Petrus verleugnetest, so wird doch dein Herz wiederum fröhlich: es ist gewonnen, es hat ein Leben, das ewig ist. Solches erfahren wir auch gegenwärtig; es gibt Manchen, der nicht das vollkommenste Leben führt; tritt aber der Fall ein, dass er sterben oder den Herrn verleugnen soll, da lässt er sich eher brennen oder alle Marter antun, als dass er vom Herrn lassen könnte. Woher kommt das? Er hat Ihn erkannt, er weiß, dass Er Gott, das ist, alles Gut ist; wo soll er sich nun hinwenden? In Ihm findet er Alles, außer Ihm Nichts. Solches ist nun Alles Wirkung des Heiligen Geistes, und erzeigt sich klar und merklich, wo sie nur statt hat. Es hören Zwei einen und denselben Prediger, ein und dasselbe Evangelium, der Eine geht hin und spuckt darob, verlästert und verfolgt es, der Andere seufzt von Herzen, danket dem Herren für seine reiche Gnade, bittet um Stärke, nach dem gehörten Worte zu leben; und wenn schon sein Leben noch etwa Schwachheiten zeigt, so ist doch sein Herz zu Gott gefangen, den er erkennt. Er seufzet auch, und es missfallen ihm seine Gebrechen und er begehrt und hofft, im Herrn stark zu werden. Das vermag der Sohn Gottes, das ist das ewige Leben, daher und sonst nirgends anders kommt wahre Geduld, Gelassenheit, Liebe, Freundlichkeit, und was sonst Gutes ist. Dieses sollen wir vor Allem, was man nur erdenken kann, begehren. Das ist das Wasser nach dem es uns, je mehr wir davon trinken, desto mehr dürstet, das ist hinwieder der Brunnen des lebendigen Wassers, der immer springt und fließt mit allem Troste und aller Stärke zum Guten, das ist zum ewigen Leben. Woher haben wir nun dieses, woher wird es uns geschenkt? Allein Christus ist's, der uns dem Vater zu erkennen gibt, der uns dieses neue geistliche, heilige, himmlische, göttliche, ewige, selige Leben verleiht, es stärkt und zur Vollendung bringt. Warum wollen wir uns denn zu Jemand Anderem wenden? Es gibt Leute, die noch nie erfahren haben, was die Erkenntnis Gottes und das ewige Leben sei; und diese wollen uns an Papst, Konzilien und andere Menschen weisen, damit die uns sagen, was wahr, gerecht, heilig und selig sei. Nun sieht man aber diesen Allen an, dass sie, leider, Gott nicht kennen, sie würden sich sonst nicht so viel des Teufels annehmen. Ihr vernehmet hier, dass dieses ewiges Leben ist, Gott zu erkennen, und diesen kann und vermag Niemand als Christus uns zu offenbaren, er allein kann uns den Geist Gottes verleihen, ohne den uns alle göttlichen Dinge eine Torheit sind, 1. Kor. 2. Man versammle alle Päpste, Konzilien, Hochschulen und alle gelehrten und frommen Männer, die auf Erden leben, ja man steige selbst gen Himmel hinauf und hole alle Engel und Heiligen, und lasse sie unter Wunderzeichen dem Geizigen, der den Geist Gottes nicht hat, verkündigen: das zeitliche Gut sei schädlich, Gott allein sei das wahre Gut, daher solle er seinen unbilligen Gewinn fahren lassen; sie werden so viel ausrichten, als wenn ich den Säulen predigte. Ebenso wenig vermöchten sie bei irgend andern Lasterhaften, die ohne den Geist Gottes sind, Etwas auszurichten. Was würde es wohl Euch von Bern helfen, wenn Ihr auf die Beschlüsse von Konzilien oder Gelehrten warten wolltet? Könnten sie Euch wohl den Geist Gottes verleihen? Nein! Was wollen sie denn Euch geben? Wollen sie Euch etwa die Heilige Schrift verkündigen? Sie sind zwar dessen nicht gewohnt; doch angenommen, sie würden es tun, hast du nicht auch hier die Schrift? Es stünde wohl übel, wenn der gütige Gott uns nicht verleihen würde, die Schrift zu verstehen, nachdem er uns verliehen, an Ihn zu glauben, wie er dieses Ihm sei Lob dafür! - Vielen unter Euch verliehen hat. Siehe, so habt Ihr nun schon das ewige Leben, und Er hat Euch verheißen, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind, da wolle Er mitten unter ihnen sein. Was will er wohl unter uns tun? Ohne Zweifel uns alles Gute lehren und uns alles Gute verleihen; Er ist's, liebe Freunde, der den Geist Gottes verheißen hat, der Alles lehrt, der Alles wieder ins Gedächtnis ruft und zum Verständnis bringt, was Christus gelehrt hat. Des Geistes hat man bisher gar wenig gespürt, selbst bei den sogenannten Geistlichen; die Früchte beweisen es. Darum verschließet Augen und Ohren vor ihnen und laufet dem zu, der da spricht: kommt her zu mir Alle, der allein den Vater zu erkennen gibt, der den Geist verleiht, welcher in alle Wahrheit leitet, der gerecht lebt in seinem eigenen Glauben. Sollst du dich nun auf Gott verlassen, musst du auch wissen, was du von Ihm halten sollst, darum mag auch die Welt glauben, was sie will, du musst immer selbst wissen, was du zu glauben hast. Dieses wird dir aus der Schrift klar, das rechte Verständnis verleiht dir aber Christus. So viel hierüber, auf dass wir bedenken, wer der sei, der uns so gütig zu sich einladet: es ist Derjenige, dem der Vater Alles übergeben, der uns den heiligen Geist verleiht, welcher uns leitet und führet zum ewigen Leben und dasselbe uns schenket, bei dem wir allein die rechte Auskunft erhalten über jegliche Wahrheit in der Lehre, die uns zur Seligkeit fördert.
Nun wollen wir sehen, wer die sind, die er mit Namen ruft, indem er spricht: „Kommt her zu mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid.“ Alle hören zwar das Evangelium, aber nur die Armen im Geiste, die ihre Sünde erkennen, nehmen es mit Freuden an und bringen auch Frucht. Seht, denjenigen, die Gott erwählt hat, verleiht er auch seinen Geist, dass sie Ihn fürchten, und wenn sie schon noch ohne besondere Erkenntnis Gottes sind, und in allen Lüsten dieser Welt leben, so treibt sie doch die Furcht Gottes, dass es ihnen immer Angst ist vor dem Gerichte Gottes. So fangen denn einige an, sich selbst helfen zu wollen, daher konnte Mancher im Papsttum nicht genug beichten und fasten, ohne deswegen besser geworden zu sein, noch Ruhe erlangt zu haben; (denn die Verworfenen verhärten sich entweder ganz, oder sie legen diesen ihren Werken einen solchen Wert bei, dass sie sicher und furchtlos werden; oder aber sie bleiben in der Furcht, aber es ist dieses nicht die wahre Gottesfurcht, sondern nur die Furcht vor der Strafe Gottes, der sie gern entgehen möchten, ohne jedoch ihr Herz Gott weihen zu wollen, sondern Ihm wollen sie allein einige falsche und heuchlerische Rosenkränzlein, Messen, Götzenbilder und dergleichen geben, das heißt, sie wollten Gott die Spreu geben und für sich den Kern behalten). Mit den Erwählten steht es aber nicht so, sondern sie mögen ausgelassen oder in menschlicher Weise fromm leben, so hat ihr Herz weder Ruhe noch Rast, und zwar allein darum, weil sie einsehen, sie gefallen Gott noch nicht, und dass sie noch nicht dasjenige haben, was sie haben sollten, sie finden sich noch ohne festen Glauben, ohne tätige Liebe. Seht, das sind diejenigen, die der Herr zu sich einladet. Diese kommen auch, sobald in ihnen der Kummer über die Sünde erwacht und sie ihre Last zu fühlen anfangen und in sich schlagen und nach der wahren Frömmigkeit forschen. Wenn diesen das Evangelium gepredigt wird, dass Christus Jesus allein für uns dem Vater genug getan und uns einen guten Geist erworben habe, durch den wir wiedergeboren und Ihm, unserm Heilande, gleich gemacht werden - ja wenn sie solches vernehmen, so wird ihr Herz alsogleich erquickt, ähnlich, wie wenn einer ob seiner Schuld verzagen wollte, und Jemand zu ihm käme und sagte: sei getrost, es ist ein Herr da, der Alles für dich zahlen will, oder wie wenn einer vom Henker und Strick losgekauft würde. Diese gewinnen nun den Herrn lieb, und ergeben sich ihm ganz und gar, und alsbald fühlen sie auch den Beistand des Geistes Gottes, durch den sie gelassener, freundlicher und zu allem Guten geneigter werden, mehr als dieses sonst in ihrem ganzen bisherigen Leben der Fall gewesen. Nicht dass auf Einmal Alles überwunden sei, denn das Fleisch hanget noch an und zieht rückwärts, so stark als es kann, aber der Geist ist stärker und dringet vorwärts. Seht, das sind die Leute, die der Herr mit Namen rufet, und die in Wahrheit zu Ihm kommen: wer nur sonst sich des Evangeliums annimmt, und nicht aber diesen Kummer über die Last der Sünde und der bösen Begierden empfunden, der weiß noch nicht, wie köstlich das Evangelium ist. Nun liebe Freunde (ich rede zu denen, die Gottes sind, die Andern haben nicht Ohren, dieses zu hören), gehet in Euch und betrachtet Eure Bestimmung, Gott müssen wir lieben von ganzem Herzen, und unsern Nächsten wie uns selbst, dahin müssen wir, ja Himmel und Erde müssen eher vergehen, als dass nur ein Titelchen von diesem Gesetze für die Kinder Gottes erlassen würde. Wie weit haben wir nun Alle bis dahin? Was ist vollkommene Seligkeit anders als vollkommene Frömmigkeit, und die wird gewiss auch da sein, wo wir das Evangelium recht auffassen, das ist, Gott recht kennen zu lernen. Das Gute lieben wir Alle, wüssten wir nun, dass Gott die Brunnquelle alles Guten ist, so würden wir Ihn auch ausschließlich und von ganzem Herzen lieben.
Wer nun ernstlich darüber nachdenken wollte, der wird den Kummer und die Last der Sünde empfinden; dem wird dann das Evangelium herzlich wohl schmecken, und er wird sich aufmachen und zu Christo laufen, und wenn ihn auch die ganze Welt zurückhalten wollte; der wird auch inne werden, welchen Trost und welche Erquickung Christus den Seinen verleiht. So wisst Ihr nun, wer die sind, denen der Herr ruft, und die auch zu ihm kommen. Es sind dieses nicht die verruchten Kinder dieser Welt, die Heuchler, weder jene sicheren selbstgerechten, noch die verzweifelnden, sondern es sind diejenigen, welche ihre Sünden so erkennen, dass sie darob sich bekümmert und beschwert fühlen, und zwar allein aus dem Grunde, weil sie gerne Gott wohlgefallen möchten, es aber ihnen nirgends gelingt, so dass sie in Furcht und Sorgen stehen.
Nun lasst uns sehen, wozu er uns beruft und was wir tun sollen? „Ich (spricht er) will Euch Ruhe schaffen: Nehmt auf Euch mein Joch und lernt von mir.“ Das will er von uns, dass wir von ihm lernen, dass wir seine Jünger werden, das ist, dass wir sein Joch auf uns nehmen; denn unter Joch versteht die Heilige Schrift oft die Herrschaft oder Obrigkeit. Darum will der Herr mit diesen Worten nichts Anderes sagen, als, kommt her zu mir und nehmt mich zu Eurem Herrn, zu Eurem Meister und zu Eurem Lehrer an: wollt meine Untertanen und Jünger sein. Was gebietet er uns nun? Was lehrt er? Wozu will er über uns herrschen? Allein um uns selig zu machen; nichts Anderes gebietet er uns, nichts Anderes will er von uns, als allein nur, dass wir ihn als unseren alleinigen Heiland erkennen, und uns untereinander lieben. Das ist sein neues und alleiniges Gebot, seine Lehre, sein Joch. So lange Ihr auf Menschen gehorcht, hat man Euch hierhin und dorthin gewiesen, da habt Ihr müssen Götzenbilder verfertigen und sie zieren lassen; dort Messeleser bezahlen und Messgewänder kaufen, was noch verderblicher war, als die Götzenbilder; da habt Ihr müssen den gestorbenen Heiligen Weihgeschenke verehren und für andere Toten opfern, was doch Alles Lebendige in aller Üppigkeit verzehrt haben. Und wer ist durch dieses Alles erquickt und getröstet worden? Niemand, als nichtsnutzige müßige Leute. Nicht also Christus, welcher will, dass wir einander lieben, wie er uns geliebt hat, und bereit seien, für einander Leib, Ehre und Gut einzusetzen. Wo die Liebe ist, da ist alle Sanftmut, da ist alle Mildtätigkeit, da ist Friede, Freude, mit Einem Worte, da ist wahrhaftig das Himmelreich. Siehe, dieses Joch will er uns auflegen, wodurch wir alles Gute von Ihm empfangen, und es aufs getreulichste miteinander teilen, sintemal da weder Mann noch Weib ist, weder Knecht noch Herr, sondern alle Eins sind im Herrn; Ein Gott, Ein Heiland, Eine Taufe, Eine Gemeinde, Ein Glaube, Eine Hoffnung und Ein Geist.
So müssen wir uns selbst gänzlich absterben und uns Ihm vertrauensvoll und unbedingt hingeben, dem Nächsten in treuer Liebe ergeben sein und in aller Langmut auf die vollkommene Erlösung warten. Das ist unseres Herrn Lehre, Gebot und Joch, das er uns auflegen will, und an dem er uns leiten will, damit wir wahrhaftig fromm und selig werden. Und damit wir freudig und willig seien, zu Ihm zu kommen, und solches Joch auf uns zu nehmen, sagt er: „Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig,“ gleichsam als wollte er sagen: ob ich schon Herr bin aller Dinge, obschon der Vater mir Alles übergeben hat, so habe ich mich doch um Euretwillen gedemütigt und habe gelitten und bin versucht worden, dass ich wohl mit Euch Mitleiden empfinden kann; denn diese Bedeutung hat das Wort sanftmütig. Wer selbst leidet und selbst das Kreuz trägt, schlägt in sich und ist demütig, fährt nicht gleich auf, kann mit Andern Mitleiden haben und gegen sie Sanftmut zeigen, wenn man ihm schon Alles zu Leide tut. So will nun der Herr sagen: „Ich bin um Euertwillen versucht worden, und habe um Euertwillen gelitten: ich habe mich ganz herabgelassen, bin ganz demütig, bin Euch gleich, ja der verachtetste unter allen Menschen geworden, und bin gehorsam gewesen bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze, und das Alles um Eueres Heils willen, darum so habt keine Furcht vor mir. Seid ihr arm, bekümmert und mühselig, so kommt, denn dieser nehme ich mich gern an. Betrachtet mein ganzes Leben, ob ich mich nicht aufs demütigste betragen habe, ob ich mich nicht stets zu den Armen und Verlassenen gesellt. Seht meine Jünger an, welch' eine arme, geringgeachtete und ungelehrte Schaar, wie roh, unverständig, wie kleingläubig und unvollkommen sie gewesen. Seht die Zöllner und Sünder, die alle sich zu mir gesellt, mit denen ich gegessen und getrunken und mich gefreut habe, so dass die stolzen Pharisäer mir vorwarfen, ich sei ein Fresser und ein Weinsäufer, der Zöllner und Sünder Geselle.“ Darum kommt nur ohne Scheu Ihr alle, die Ihr mühselig und beladen seid, kommt nur fröhlich und getrost zu mir. In solcher Gesellschaft ist mir wohl; denn die Gesunden bedürfen des Arztes nicht; die Schafe, die schon in der Hürde sind, braucht man nicht zu suchen. Kommt, Ihr seid es, an denen ich mein Amt verwalten und meine Ehre beweisen will. Lernet von mir, ich bin gar ein sanftmütiger Schulmeister, ich kann die ungelehrigsten langsamsten Schüler wohl ertragen; das seht Ihr an meinen zwölf Jüngern, die doch die besten waren.
Andere verstehen diese Worte des Herrn so, dass er damit gemeint habe, man solle von ihm lernen, auch sanftmütig und demütig sein, wie er es gewesen ist. Dieses ist aber hinreichend in dem Wörtlein begriffen „lernt“ und „Joch“. Wie ich es gedeutet habe, liegt in den Worten dieses Einladende, dass er sich um unsertwillen so vielen Leiden ausgesetzt und sich gedemütigt hat, auf dass wir gerne zu ihm kommen und von ihm lernen.
Was will er uns aber tun, so wir zu ihm kommen, und seine Jünger werden, das ist, sein Joch auf uns nehmen? Ich (spricht der Herr) will euch Ruhe schaffen, ihr werdet für eure Seelen Ruhe finden. Liebe Freunde, Ihr wisst und erfahrt es täglich, dass Alles, was auf Erden und im Himmel ist, unserer Seele nicht Ruhe gewähren kann, sondern, dass sie dieselbe nur findet, wenn sie sich Christo ergibt. Es ist nicht nötig, dass wir von Reichtum, Ehre, Lust und dergleichen reden, denn Jedermann sieht und erfährt, dass je mehr man des hat, je unruhiger man wird. Was haben wir aber bisher mit unsern Beichten, mit dem Ablasse, mit Messen, Heiligen und allem dem, was man uns vorgelegt hat, errungen? Hast du gebeichtet, so hast du es doch nie und nimmer genugsam tun können, und ob du es schon nie am Beichten hast fehlen lassen, so hat es dir doch immer an Ruhe gefehlt, ohne welche die Beichte nichts gilt. Hast du dir der Heiligen und der Pfaffen Verdienste samt dem Ablasse angeeignet und Alles getan, was man von dir gefordert hat, so fiel es dir ein, ja es steht geschrieben, dass nur die Sündenerlass haben, welche die Sünde wahrhaft bereut und sie bekannt haben, und so bist du im alten Leiden gewesen. Siehe, so ist nirgends weder Ruhe noch Rast gewesen: darum, herzgeliebte Christen, lasst doch fahren was im Himmel und auf Erden ist, und kommt zu unserm Herrn Jesu Christo: nehmt auf Such sein Joch, ergebet Euch seinem Evangelio, aber tut solches von ganzem Herzen, so werdet Ihr Ruhe finden. Es gibt solche, die dieses hören und finden, dass sie nirgends Ruhe finden, als bei Christo, und doch wollen sie nach Jahr und Tag noch immer Etwas darneben haben; das zeigt denn an, dass sie Christo noch nicht gerne vertrauen, darum kommen sie auch nicht wahrhaft zur Ruhe. Wenn jetzt ein Bettler da säße, und ich zu ihm spräche: Mache dich auf zu meinem Herrn Schultheißen, er will dich reich und glücklich machen, aber mache dich gleich auf, lass all' deinen Plunder liegen und fallen und komm gleich zum Schultheißen. Der aber sagte: Ei warte, lass mich mein Säcklein Brots und meinen geflickten Mantel mit mir nehmen. Was? glaubte dieser auch meinen Worten? Ich aber spreche zu ihm: du Narr, lass dein schimmeliges Brot und deinen lausigen Mantel liegen, was soll dir dieses? Glaubst du mir nicht? Hörst du nicht, der Schultheiß will dich reich und glücklich machen, wirf deinen Bettelsack und deinen zerrissenen Mantel weg, er wird dir weit Besseres geben. - Siehe, was tun Etliche Anders, als dieser Bettler: das Evangelium heißt nur zu Christo kommen, er werde Alles geben, und dennoch möchten sie noch gerne daneben haben der lieben Heiligen Fürbitte, dieses und jenes Werk, da und dort einen Abbruch. Ach in dem, was wahrhaft gut ist, was brüderliche Liebe erfordert, was allein vor Gott gute Werke sind, darin muss man sich ohn' Unterlass üben, und was zu einem züchtigen, ehrbaren Wandel dienet, soll man auch nicht unterlassen. Ernstlich soll man auch beten, und zwar so ernstlich, dass man dabei allen weltlichen Dingen und Gewohnheiten, ja selbst der Notdurft des Leibes sich eine Zeit lang enthält, so lange man im Geiste betet, und das ist allein das rechte Fasten. Aber des Alles soll sich das Herz nicht eines Haares breit getrösten, sondern alles Vertrauen soll zu und auf Christo stehen. Jetzt wollen aber auch Etliche ihren Trost beim Sündenerlass (Absolution) des christlichen Bruders und bei den Sakramenten suchen. Ach Gott! Christus sagt: Wer zu mir, zu mir, zu mir kommt, den wird nicht hungern, wer an mich glaubt, den wird nicht dürsten. Ja, sagen sie, man kommt auch zu Ihm, so man sein Wort vom Priester hört, und seine Sakramente empfängt. Nein, lieber Freund, der da pflanzet und begießet, ist nichts, spricht Paulus; nun pflanzt und begießt man mit dem Worte Gottes, mit dem Evangelio Christi; aber das Gedeihen, das Wachsen ist allein Gottes. Christus muss sein Wort ins Herz reden, dann klingt es, so dass man es fassen kann. Wenn ich so hingehe, und höre vom Priester, ich solle von Sünden los sein, ich höre, der Herr habe mir seinen Leib in den Tod zu meiner Erlösung gegeben, und dergleichen, und ich will mich dessen trösten, weil ich solches vom Priester vernommen so tröste ich mich nur menschlicher Werke, denn was ich höre und empfange, kommt von einem Menschen. Man hört zwar das Evangelium und Worte der Ermahnung und des Trostes gerne, aber nicht daraus, dass man solches leiblich hört, kommt der rechte Trost, Christus selber muss uns speisen und tränken; denn wenn du schon dem Teufel trotzen wolltest und sagen, ich habe das Sakrament, das Siegel der göttlichen Gnade empfangen, du hast nichts an mir, wie bald möchte er darauf sagen: viele Judas empfangen es auch. Wenn aber dich Christus selber tröstet, so kannst du sagen mit Paulo, weder Engel noch Mensch, weder Tod noch Leben wird mich von der Liebe Gottes, die Er mir durch Christum bewiesen und ewig zugesagt hat, zu scheiden vermögen. Also, liebe Freunde, muss man sich ganz Christo ergeben und auf Ihn sich verlassen, und Alles, was im Himmel und auf Erden ist, in Wort und Werk hintansetzen, und dabei doch das Wort Gottes gerne hören, die heilige Gemeinschaft im Herrn desto besser zu erhalten, die Sakramente mit aller Ehrerbietung und Andacht genießen, den Leib in Zucht halten, viel beten und fasten, das ist, oft ernstlich und andächtig mit Gott reden, solches wird uns, so lange es währet, von allen leiblichen Geschäften fern halten, das ist dann recht und wohl gefastet. Suche in allen Dingen brüderliche Liebe ohn' Unterlass zu üben! In dem Allen sollen wir gerne unserm Gott und Vater zu gefallen suchen, seine Ehre preisen und den Nächsten bessern wollen; dabei aber soll all unser Trost, all unsere Zuversicht, alles Vertrauen, fromm und selig zu werden, allein auf und in Christo stehen, so werden wir für unsere Seelen wahre Ruhe finden, da wird das Herz sicher und fröhlich im Herrn und Ihm allerwegen danken. Wahr ist es, wenn wir uns selbst ansehen, aus denen noch so viel Sauerteig des alten Adams auszufegen ist, kann und soll keine Ruhe da sein, sondern nur Seufzen und Klagen, Streit, Kampf und Mühe, damit wir die bösen Begierden durch die Kraft des Geistes Christi töten, aber sobald wir nur die Augen des Herzens auf Christum richten, sogleich er scheint da alle Erquickung, Trost, Ruhe und Sicherheit, denn er hat den Fürsten dieser Welt überwunden, und kraft dessen will er uns von allen Sünden erlösen und befreien, und uns mit aller Gerechtigkeit erfüllen. Darum ist er für uns gestorben und wieder auferstanden, und hat das Reich des Geistes aufgerichtet, lebt, wirkt und handelt in den Seinen, bis er sie dem Vater dargestellt haben wird, ganz rein und vollkommen, ohne Makel noch Runzeln. O des reichen Trostes und der gewissen Seligkeit! Wer heute keine Ruhe findet für seine Seele, der wird sie nimmermehr finden. Nun wisst Ihr, liebe Freunde, was uns der Herr tun und geben will, so wir zu Ihm kommen, von Ihm lernen, und sein Joch auf uns nehmen, -
Ruhe will er uns geben, und zwar solche, die alle Kreatur weder zu geben noch zu nehmen vermag, Ruhe, die ewig und vollkommen ist, Ruhe, die allein rechten Frieden und rechte Freude bringt im heiligen Geiste. Zuletzt spricht er, um uns noch mehr zu reizen zu Ihm zu kommen, solchen Trost und solche Ruhe von Ihm zu empfangen: „Denn mein Joch ist sanft und meine Last leicht.“ Wenn ich mich selbst verleugnen soll, Alles, was ich auf Erden lieb habe, samt meinem eigenen Leben hassen, mein Kreuz täglich auf mich nehmen, und in den Tod gehen, welcher Herr hat je Härteres geboten? Wie könnte eine schwerere Lehre erdacht werden? Ja, dem Fleische ist dieses Joch nicht sanft, und diese Last nicht leicht; es muss darunter gebrochen werden und zu Grunde gehen. Aber das Fleisch kommt auch nicht zu dem Herrn, er hat mit dem innern Menschen hier zu tun, diesem ruft er. Und wenn derselbe vom Vater recht gehört und gelernt hat, und durch den heiligen Geist die Stimme Christi recht vernommen, weiß er wohl, dass es kein sanfteres Joch, keine leichtere Last geben kann. Denn was könnte Besseres und Anmutigeres erdacht werden, als diese Lehre zu vernehmen, und unter dem Herrn und Meister zu sein, von dem das Herz ewige Ruhe, Leben und Seligkeit empfängt und besitzt. Seht den lieben Vincenz an, dessen Gedächtnis Ihr heute feiert, wie leicht ihm diese Last, wie gut und sanft dieses Joch gewesen. Denn eben solches zu gedenken, haben die Alten angefangen, solcher ausgezeichneten Glaubenszeugen, in welchen der Geist zu einem anschaulichen Vorbilde sich offenbart, Gedächtnistage zu feiern, damit die schwachen Christen sehen, wie sanft doch des Herrn Joch wäre, und wie selig seine Last, wenn es auch Vielen das Leben kosten sollte. Jetzt aber, als ob es schon genug wäre und es uns auch helfen würde, dass H. Vincenz und Andere heilig gewesen und dem Herrn gefolgt, sein Joch auf sich genommen hätten; wir mögen auch sein, wie wir es wollten, hat man an die Nachfolge wenig gedacht, ja sie als unmöglich dargestellt, und demnach Abgötterei mit den lieben Heiligen getrieben, ihre Gebeine in silberne Gefäße gefasst, sie zu Götzen aufgerichtet, und diesen gehörlosen Götzen Liedleins gesungen, ihnen die Orgel gespielt und geläutet, ihnen, die doch nicht sehen, Lichter angezündet, und da sie nicht riechen, ihnen Rauchwerk verbrannt, Kleider angehängt, da es sie doch nicht friert, Geld und Nahrungsmittel ihnen gespendet, da sie doch nicht essen, köstliche Häuser gebaut, da sie doch weder Sonne noch Ungewitter empfinden. Hinweg daher mit der Abgötterei, denn damit schmäht man die lieben Heiligen und ehret sie nicht; das lasst uns aber an ihnen sehen und erlernen, dieweil wir es bei uns selbst so schwer finden, dass das Joch Christi sanft und seine Last leicht sei. Der heilige Vincenz und seines Gleichen hätten lieber tausend und tausendfachen Tod erlitten, bevor sie sich hätten das Joch und die Last Christi entreißen lassen. So werden auch gewiss alle denken, die einmal solches Joch und solche Last recht auf sich nehmen. Und ich hege keinen Zweifel, dass Mancher unter Euch da ist, dem es im Ringen nach dem göttlichen und seligen Leben zuweilen auch übel gegangen; bevor er aber dem Herrn den Dienst aufkündigen wollte, und sein Joch und seine Lehre von sich werfen, würde er lieber, wenn es möglich wäre, tausend und tausend Mal sterben. Darum, liebe, fromme Christen, wenn sich schon das Fleisch sträuben und sagen will: dieses Joch ist hart, es drückt mich, diese Last ist schwer, sie tut mir weh, so sprecht: Fleisch du lügst, Christus sagt die Wahrheit, er spricht, sein Joch sei sanft und gut, seine Last leicht und wohl erträglich, und wie sollte es anders nur sein können? Sterben und die Welt verlassen müssen wir ohne das; wo das aber ohne Christum geschieht, folgt der ewige Tod; wo es aber mit Christo geschieht, ewige Ruhe, Leben und Seligkeit. Ist es nicht zum Erbarmen, dass wir so schwer begreifen, was göttlich ist. An welch' schwerem Joche ziehen nicht die Krieger, wie leicht und lustig ist ihnen aber solches, und zwar um nichts. Nun aber, da wir des ewigen Lebens sicher und gewiss sind, ja dasselbe schon empfinden, sollte dieses nicht billig alles Leiden und alles Kreuz, so am Joche und an der Lehre Christi hängt, leicht und angenehm machen? Muss man doch ohne das (wie gesagt) leiden und sterben! Welches Joch tragen jetzt die Italiener, und wer ist es, der darum ihren Seelen ewige Ruhe verspräche? Nun darum glaubt Christo, er kann nicht fehlen, er sagts, also muss es auch sein, sein Joch ist sanft und seine Last ist leicht. Darum horchet nicht auf diejenigen, die da sagen, wir wagen zu viel, wir werden vieler Leute und mächtiger Herren Ungunst auf uns laden, die Sache wird uns schwer zu stehen kommen. Nein, liebe Freunde, Christus sagt selbst, sein Joch sei sanft und seine Last leicht. Jene wissen nicht, was sie sagen. Ist Christus der Heiland, verleiht er das ewige Leben, wen solltet Ihr denn mehr achten als Ihn? Frisch daran, nehmt sein Joch auf Euch, lernt nun von Ihm; des Papstes Joch habt Ihr nur zu lange getragen, seiner Lehre zu viel gefolgt. Christus ist Papst, Kaiser und Alles; Ihm und sonst Niemandem hat der Vater alle Gewalt im Himmel und auf Erden verliehen. Folget Ihr Ihm, so ist alles gut, was Ihr tut und es wird auch allen Frommen gefallen, und der Anderen hat man nicht zu achten, sie sind Gottes Feinde, und sonst leere Wasserblasen, die nichts vermögen. Wenn Einer dem Könige von Frankreich eine Stadt wider seine Feinde zu verteidigen hätte, und er sorgte, dass alles Volk dem König recht ergeben sei, und nach dessen Geboten sich halte, wäre auf der Hut gegen den Feind, und es käme Einer zu diesem Hauptmanne und spräche: Lieber, du tust an der Sache zu viel, du unterließest wohl lieber Etwas, denn so machst du dir des Königs Feinde abgeneigt, und wirst noch von ihnen zu leiden haben: was sollte nun wohl der getreue Hauptmann des Königs dazu sagen? Er spräche vielleicht: Hebe dich weg, du Bösewicht, soll ich um der Feinde willen nicht meines Herrn Sache getreulich verteidigen? Habe ich meinem Herrn oder seinen Feinden Treue geschworen? Ich will meinen Leib bei meinem Herrn lassen, und den Feinden tun, was ihnen leid ist. Seht, das antwortet ein treuer Menschenknecht, den sein Herr weder fromm noch selig machen kann, ja den derselbe nicht einmal reich macht. Wie sollt Ihr nun nach Gebühr solchen gottlosen, falschen Ratgebern antworten, die Euch im Befolgen des Befehles Christi versäumen wollen, mit Vorgabe, ihr werdet der Menschen Ungunst auf euch laden? Was sind doch alle Menschen, sind sie nicht des Herrn Geschöpfe, die Er in einem Augenblicke zu Nichten machen kann, wie er sie aus Nichts geschaffen hat? Darum Aug und Ohr verschlossen vor solchen Ratschlägen, ist der Herr für uns, wer will uns schaden? Ist er wider uns, wer will uns helfen? Darum frisch und tapfer dran, Alles, was Ärgernis gibt und der Ehre Christi Abbruch, tut hinweg! Mit ganzem Herzen tretet zum Herrn!
Habt Ihr um der leiblichen Freiheit willen vormals viel gelitten, warum wollt Ihr euch nicht vielmehr um der geistlichen und ewigen Freiheit willen in Gefahr begeben? Wiewohl keine Gefahr da sein kann, weil Christus Ruhe und ewiges Leben verheißt. Es sollen auch die wohlmeinenden Priester und Ordensleute nicht kleinmütig werden, oder besorgen, dieses Joch Christi werde ihnen zu hart werden, sie werden von ihrer Nahrung kommen und dergleichen. Nein, liebe Herren, so man christlich handelt, findet Ihr Ruhe an Leib und Seele, selbst bei der Unruhe und Anfechtung des Fleisches, denn was Not tut, muss denen zufallen, die nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit trachten Die Obrigkeit wird, wie sie schuldig ist, Jedes väterlich bedenken. Darum Allzumal zu Christo, wes Standes und Wesens Ihr sein mögt, nehmt auf Euch sein Joch, so werdet Ihr Ruhe finden für Eure Seelen; es kann nicht anders sein, er kann nicht irren. Mein Joch, spricht er, ist sanft, meine Last ist leicht. Das glaubt, und lasst alle Welt singen und sagen, was sie will. Es sind wenige erwählt, viele aber berufen, spricht der Herr. Den schmalen Weg betretet, gehet ein durch die enge Pforte, so kommt Ihr zum Leben, wird es schon Kreuz geben: wollt nicht besser sein als Euer Herr und Meister. Tut Euch mit ganzem Herzen zu Ihm, setzt all Euer Vertrauen auf Ihn, er wird Euch Ruhe und ewiges Leben schaffen.
Das verleihe Er uns alle Zeit zu glauben, so haben wir es. Amen.