Johannes Brenz - Dritter Epiphanias-Sonntag.

Johannes Brenz - Dritter Epiphanias-Sonntag.

1542.

Matth. 8, 1-13.
Da er aber vom Berge herab ging, folgte ihm viel Volks nach. Und siehe, ein Aussätziger kam und betete ihn an, und sprach: Herr, so du willst, kannst du mich wohl reinigen. Und Jesus streckte seine Hand aus, rührte ihn an, und sprach: Ich will es tun; sei gereinigt! Und alsobald ward er von seinem Aussatz rein. Und Jesus sprach zu ihm: Siehe zu, sage es Niemand; sondern gehe hin, und zeige dich dem Priester, und opfere die Gabe, die Moses befohlen hat, zu einem Zeugnis über sie. Da aber Jesus einging zu Kapernaum, trat ein Hauptmann zu ihm, der bat ihn, und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause, und ist gichtbrüchig, und hat große Qual. Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen. Der Hauptmann antwortete, und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst; sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. Denn ich bin ein Mensch, dazu der Obrigkeit untertan, und habe unter mir Kriegsknechte; noch, wenn ich sage zu einem: Gehe hin! so geht er; und zum andern: Komm her! so kommt er; und zu meinem Knechte: Tue das! so tut er's. Da das Jesus hörte, verwunderte er sich, und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch, solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden. Aber ich sage euch: Viele werden kommen vom Morgen und vom Abend, und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich sitzen. Aber die Kinder des Reichs werden ausgestoßen in die äußerste Finsternis hinaus, da wird sein Heulen und Zähnklappen. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Gehe hin, dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht ward gesund zu derselbigen Stunde.

Es ist nützlich, dieses Evangelium häufig und jährlich in der Kirche vorzutragen; denn es lehrt uns, dem gnädigen Willen Gottes gegen uns recht vertrauen und uns von ihm das Beste versprechen, was bei Weitem

der allerbeste und vorzüglichste Gottesdienst

ist. Und gleichwohl scheint solcher Dienst gar leicht ins Werk zu sehen, da es auch unter den größten Verbrechern Keinen gibt, der nicht versichere, er vertraue dem Willen Gottes gegen sich aufs Beste. Was, sagen sie, meinst du, ich sei ein Türke oder Jude oder Ketzer, dass ich nicht recht auf Gott vertraue? Gehst du jedoch der Sache auf den Grund, so wirst du finden, dass Solches zwar mit Worten ausgesprochen, nicht aber durch Taten bewiesen wird. Der Mensch ist ja so ganz und gar durch die Erbsünde verdorben, dass er sich von Natur nichts Gutes von Gott verspricht. Geben wir auch zu, Gott könne uns retten, so zweifeln wir doch stets an seinem Willen und stellen uns Gott wie einen irdischen Kaiser vor, der zwar Viele in dieser Welt glücklich machen kann, aber nicht will. Wir sind eben von Natur Sünder und Hasser Gottes. Meinest du vielleicht, wer den Sohn Jemandes getötet hat, könne sich von dessen Vater etwas Gutes versprechen? Glaubst du etwa, ein Dieb könne recht vertrauen auf den Richter, der ihn öffentlich des Hängens wert erklärt? Wir aber haben gegen Gott mehr gesündigt, als wenn wir den Sohn eines Menschen getötet hätten, und wenn wir die zehn Gebote hören, so vernehmen wir das offenbare Verdammungsurteil wider uns. Deshalb fliehen wir Gott unserer Natur nach und können uns nichts Gutes von ihm versprechen. Dazu kommt, dass auch unsere Werke kund tun, dass wir nicht recht auf Gott vertrauen; denn im Unglücke rufen wir Gott selten an, sondern stoßen vielmehr Flüche und schreckliche Verwünschungen aus, ein Jeglicher wider seinen Nächsten. Bisweilen nehmen wir sogar zu Gottlosigkeiten und Verbrechen unsere Zuflucht und verhoffen uns dadurch zu retten. Das sind offenkundige Beweise, dass wir von Natur über den Willen Gottes gegen uns Arges denken. Allein das ist die schwerste Sünde, denn es streitet schnurstracks wider das erste und vornehmste Gebot: „Du sollst lieben Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen.“ Außerdem ist's die Wurzel aller ärgsten Verbrechen und folgt danach die Übertretung aller anderen Vorschriften Gottes. Denn wer an dem gütigen Willen Gottes zweifelt, der ruft ihn nicht an, und das ist wider das zweite Gebot. Er kümmert sich nicht um Gottes Wort, und das ist wider das dritte Gebot. Er liebt nicht seinen Nächsten, den er sieht, mit lauterem Herzen, und dadurch werden alle anderen Gebote Gottes verletzt. So frommt es denn, dass wir uns mit dem heutigen Evangelium vertraut machen und daraus von Christo lernen, den Willen Gottes gegen uns recht zu erkennen und fest auf ihn zu trauen, d. i. den höchsten Gottesdienst zu üben.

Im heutigen Evangelium geschieht zweier Männer Erwähnung, einmal eines Aussätzigen und sodann eines Hauptmanns, welche beide zwar den größten Glauben an Christi Macht haben, an seinem Willen aber doch noch etwas zu zweifeln scheinen. Der Aussätzige sagt: „So du willst, kannst du mich wohl reinigen.“ An deiner Macht zweifle ich nicht; möge nur dein Wille dazu kommen, so werde ich gesund sein. Der Hauptmann spricht: „Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.“ D. h.: mir ist durch den Glauben deine Macht gar wohl bekannt und nicht nötig, dass du mit mir gehst. Wenn du nur willst, dass mein Knecht genese, und deinen Willen mit einem bloßen Wörtlein anzeigst, dann wird mein Knecht seine Gesundheit erlangen. Wie aber sie ob ihres großen Glaubens gegen Christum sich zeigen, so pflegen wir uns gegen den Herrn unseren Gott fast aus Unglauben zu zeigen. Werden wir nämlich ermahnt, von Gott im Unglück das Beste zu hoffen, dann sagen wir gewöhnlich: Ich weiß wohl, dass Gott Macht genug hat, um uns zu helfen, aber an seinem Willen zweifle ich. Ihm fehlt nicht die Kraft, ich fürchte nur, dass der Wille ihm fehle. Auf dass wir nun recht von Gott denken lernen, müssen wir uns lehren lassen: erstlich, dass Gott nicht nur retten kann, sondern auch will; sodann, wen er retten will, und endlich, wie er retten will.

Dass Gott retten will, bezeugen vor Allem seine gewöhnlichen Beinamen; er heißt nämlich gut und mild; er heißt ein Helfer und Schirmer in allen Nöten. Diese Namen sind Gott nicht durch menschliche Erdichtungen, sondern vom Heiligen Geiste beigelegt und zeigen deutlich, dass Gott retten will. Denn wie könnte er wahrhaft gut genannt werden, hätte er nicht den guten Willen, zu retten? Dazu offenbaren die Verheißungen den guten Willen Gottes. Und um nicht viele Worte zu machen: Lasst uns Jesum Christum ergreifen, in welchem alle Verheißungen Gottes Ja und Amen sind (2. Kor. 1,20). Denn obwohl Gott seinem Wesen nach in einem unzugänglichen Lichte wohnt und Niemand jemals ihn gesehen hat, so hat es uns doch sein Sohn Jesus Christus verkündigt. Auch kann Niemand Gott und seinen Willen erkennen, ohne durch Christum und in Christo. In diesem aber ist uns offenbar kund getan, dass Gott retten will. Denn Paulus spricht (Röm. 5, 8) also: „Gott preiset seine Liebe gegen uns, dass Christus für uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren.“ Und (1. Joh. 4,10): „Darin steht die Liebe: nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden.“

Und nicht darin allein hat sich Gottes Liebe durch Christum offenbart, sondern auch durch die heutigen Wunder, überhaupt durch alle Wunder, die Er auf Erden getan hat. Gott ist nämlich so gegen die Menschen, wie Christus, Gottes Sohn, sich gezeigt hat, weil der Vater alles Gericht dem Sohne übergeben hat. Als Christus aber noch hienieden wandelte, hat er niemals einem Kranken, der Ihn bat, Seine Hilfe versagt. Beispiele dafür sind die zwei heutigen Wunder. Und ob Er schon bisweilen verzieht und sich verstellt, wie du an dem Kananäischen Weibe siehst, so hat doch Sein Verzug endlich zu desto größerer Herrlichkeit und Gnade gedient. So ist denn nichts gewisser, als dass Gott retten will, und, wie an Seiner Macht und Kraft, so ist auch an Seinem guten Willen nicht zu zweifeln.

Allein wen, sagst du, will Er retten? Wir müssen also über dasjenige, was wir als Zweites aufgestellt haben, reden, denn auch dieses Bedenken wendet Viele ab vom Streben nach wahrer Frömmigkeit. Bekennen die Leute nämlich auch ihre Meinung, dass Gott retten wolle, so wird doch ihr Gewissen von anderen Versuchungen beunruhigt. Der Eine denkt, Gott wolle retten, aber nur die Großen und Mächtigen dieser Welt. Ein Anderer denkt, Gott wolle retten, aber nur die von Ewigkeit dazu Vorausbestimmten; er jedoch wisse nicht, ob er vorausbestimmt sei, und deshalb könne er sich nichts Gewisses in Betreff des Willens Gottes versprechen. Dabei ist zuvörderst zu merken, dass Gott die Gottlosen und Ungläubigen nicht retten will. Er tut ihnen zwar wohl und hat Nachsicht mit der Gottlosigkeit, um sie zur Buße einzuladen; verharren sie jedoch in der Gottlosigkeit, dann müssen sie einst notwendig des Todes sterben. Allein Gott rettet die, welche an Christum glauben und durch Christum Seinen Namen anrufen, und zwar ohne Unterschied. „Also hat Gott die Welt geliebt, dass Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass Alle (Alle, sag' ich), die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben (Joh. 3,16).“ Und an einem anderen Orte (Joel 2,32): „Wer des Herrn Namen anrufen wird, der soll errettet werden.“ Wer also von Gott sich retten zu lassen begehrt, der muss vor Allem an Christum glauben und durch Christum den Namen des Herrn anrufen. Wie er dann sonst auch immerhin sein mag, so ist er Einer von denen, welche Gott retten will, und es bedarf keines ängstlichen Forschens nach der verborgenen Gnadenwahl Gottes. Wer wahrhaftig an Christum glaubt, der ist auch vorauserwählt. So müssen wir uns denn bemühen, aus dem Evangelio Christum zu lernen und Ihn durch den Glauben anzunehmen. Dann will Gott die nicht retten, welche in Sünden und Verbrechen wandeln, sondern die, welche der Berufung Gottes folgen. 3. B.: ein Dieb bricht des Nachts in das Haus seines Nachbarn ein, um zu stehlen. Er darf beim Diebstahl nicht auf den guten Willen Gottes rechnen, weil Gott den Diebstahl hasst. Nun ist es zwar möglich, dass ihn Gott vor Ergreifung beim Diebstahl bewahrt; weil indessen ein Dieb nicht in Gottes Berufung wandelt, kann er sich Gottes Heil durch den Glauben nicht versprechen, so er nicht Buße tut. Gott will eben diejenigen retten, die in Seiner Berufung wandeln. Zu Jeremias spricht er (Jer. 1,7.8): „Du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen, was ich dich heiße. Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir, spricht der Herr.“ D. h.: Gott will die retten, die in Seiner Berufung wandeln. Sobald wir also an Christum glauben, müssen wir uns eines Wandels in Gottes Berufung befleißigen, auf dass auch das Werk, das wir treiben, gerecht, gut und Gott wohlgefällig sei, damit wir in Ihm Gott anrufen können. So nämlich können wir dessen gewiss sein, dass wir zur Zahl derer gehören, die Gott retten will.

Endlich müssen wir auf die Art achten, wie Gott retten will. Wie aber Christus zu den Aposteln (A. G. 1,7) sagt: „Es gebührt euch nicht, zu wissen Zeit oder Stunde, welche der Vater Seiner Macht vorbehalten hat,“ so müssen auch wir sprechen: Es gebührt uns nicht, die Art, den Weg, die Weise und die Zeit der Errettung zu wissen. Solches hat Gott nämlich in Seine Gewalt gestellt und allein Seiner Kenntnis und Erwählung vorbehalten. Denn wie Gott verschiedene Geschöpfe gebildet hat, so hat Er auch verschiedene Arten der Rettung, daraus Er wählt, welche Er will, und welche Ihm als die für uns geeignetsten erscheinen. Das lasst uns an Beispielen sehen. Abel, Jakob und Joseph sind drei, die von ihren Brüdern sind gehasst worden, und haben von ihnen den Tod erwartet. Unzweifelhaft aber sind sie fromm gewesen, haben Gott um Hilfe angerufen und in Gottes Berufung ihren Wandel geführt; deshalb hat Gott sie errettet. Wie aber? Fürwahr auf verschiedene Weise. Den Abel hat Er durch seinen Bruder töten lassen und ihn im Tode gerettet. Dem Jakob hat Er die Flucht vor seinem Bruder gestattet und ihn in der Verbannung gerettet. Den Joseph hat Er durch seine Brüder verkaufen lassen und ihn in der Knechtschaft und Gefangenschaft gerettet. Da siehst du bei Dreien die gleiche Not und Hilfe, nur verschiedene Weisen, zu helfen. Ein anderes Beispiel. Jakob, Hiob und Lazarus sind mit Armut heimgesucht. Jakob geht in die Fremde und hat nur einen Stab. Hiob ist all' seiner Güter beraubt. Lazarus ist so arm, dass er nicht einmal ein Brot hat, um sich zu nähren. Und diese Drei haben in der Not ihrer Armut den Namen des Herrn angerufen und Heil von Gott erlangt, doch auf mannichfaltige Weise. Jakob muss zwanzig Jahre dienen und kehrt danach mit großen Reichtümern in die Heimat zurück. Hiob, in Armut gestürzt, wird auch durch seine Geschwüre Allen zum Abscheu, und erhält endlich doppelt so viel, als er zuvor gehabt hat. Lazarus stirbt in seiner Armut und empfängt ewige Schätze in Abrahams Schoß. Da hast du bei Dreien die gleiche Not, hast auch Gottes Hilfe, die nur auf unterschiedliche Art zu Teil wird. So wollen wir denn in der Anrufung der göttlichen Hilfe die Weise und die Zeit der Rettung dem Herrn anheim stellen, damit Er uns auf die Art rette, die, wie Er weiß, die nützlichste für uns ist.

Es sind nun zwar im heutigen Evangelio noch viele andere beachtenswerte Dinge enthalten, die Zeit jedoch erlaubt nicht, sie auszulegen. Was wir aber vom Willen Gottes gegen uns geredet haben, ist deshalb mit Fleiß zu beachten, dass wir daraus den höchsten Gottesdienst lernen, d. h.: Gott recht zu vertrauen. Denn dienen wir Gott also, dann werden wir nicht nur durch Kraft des Heiligen Geistes in Gerechtigkeit hienieden wandeln, sondern auch geraden Weges zum Himmelreich eingehen durch Jesum Christum unseren Herrn, der da Gott ist, hoch zu loben in Ewigkeit. Amen.

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