Brenz, Johannes - Am heiligen Pfingsttag über Römer 8, 12-17.

Brenz, Johannes - Am heiligen Pfingsttag über Römer 8, 12-17.

Wir haben heute, Geliebte in Christo, von dem herrlichen Wunderwerk vernommen, welches unser Herr Jesus gewirkt hat, da er seinen Aposteln den heiligen Geist sandte und sie mit selbigem also begabte, dass sie von Stund an mit allerlei Sprachen die großen Taten Gottes verkündigten. Wir wollen nun mit Gottes Hilfe hören, was der Heilige Geist, welcher auch uns durch die Predigt des heiligen Evangelii gegeben wird, vornehmlich in uns wirke. Wir dürfen nämlich nicht mehr auf solche Gaben warten, wie sie der Herr den Aposteln gegeben hat. Denn jenes Wunderwerk ist nicht in der Meinung geschehen, dass es gleicherweise auch in jedem Christen geschehen müsse, sondern darum, dass es ein Zeichen und Zeugnis sein solle, dass durch die Predigt des heiligen Evangeliums den Christen der Heilige Geist mitgeteilt werde, der hernach andre Werke, so zu unserm Heil nötig sind, in uns wirken wolle. Es ist kein Artikel des Glaubens, dass wir Wunderzeichen, wie die Apostel, tun müssen. Das aber ist vonnöten, dass wir die Gaben haben, die zu unserm Heil notwendig sind. Und diese Gaben will uns der Heilige Geist nicht allein mitteilen, sondern will auch durch dieselben seine Wirkung in uns haben. -

Sein erstes Werk in uns ist, dass er unser Fleisch tötet und einen rechten Gehorsam zu guten Werken in uns anrichtet. Daran ist viel gelegen. Denn also sagt Paulus V. 13. Wir wollen hieran ein Exempel nehmen. Das Fleisch glaubt nicht, dass Gott uns ernähren werde; darum greift es zu seinen Werken mit Lügen, Betrug, Wucher und Diebstahl. Wer dem folgt, muss ewiglich verderben. Wir aber sollen durch den Geist das Fleisch töten. Wie? Du musst das Evangelium von Christo hören und daraus lernen, wie Gott der Herr durch Christum mit dir versöhnt sei und dir dein täglich Brot verheißen habe. Wenn du solches Wort im Glauben annimmst, alsdann wirst du mit dem heiligen Geist begabt, durch welchen du die Anmutung zu Lug und Trug dämpfen und bei dir selbst sprechen magst: Warum wolltest du andre Leute um deiner Nahrung willen betrügen? Weißt du nicht, dass Gott dir verheißen, dich zu ernähren, dass er dagegen die Güter, so man mit Betrug gewinnt, verflucht? Siehe, solche Gedanken erweckt der Heilige Geist in unsern Herzen, damit er dem Fleisch und seinem bösen Willen Widerstand tue. -

Das andre Werk des Heiligen Geistes ist ebenso notwendig. Er lehrt uns nämlich: Abba, lieber Vater! schreien, das ist, Gott den Herrn als unsern Vater anrufen. Wahrlich, es wäre gut, wenn alle wüssten, wie heilsam und notwendig uns diese Gabe des Heiligen Geistes wäre. Wie mögen wir sie erlangen? Wohlan, wir müssen vor allem das Evangelium hören und lernen, dass der Sohn Gottes, unser Herr Jesus Christus, für unsre Sünden gelitten und genug getan und den Vater im Himmel dermaßen uns versöhnt habe, dass dieser uns hinfort um seines Sohnes willen in das Erbteil des ewigen Lebens einsetzen und mit Christo zu Erben des Himmels machen will. Haben wir nun solche Predigt im Glauben angenommen, alsdann kommt der Heilige Geist und erweckt in unsern Herzen solche wahrhaftige Gedanken, dass wir sprechen: Wohlan, ist Gott der Herr durch seinen Sohn Christum dir gnädig worden und will dir mit demselben das himmlische Erbe schenken, so wird er freilich ein väterlich Herz zu dir tragen und dich um Christi willen an Kindesstatt angenommen haben. Ist dem also, warum solltest du denn Gott nicht als deinen Vater anrufen? Alsdann fangen wir an zu beten: Vater unser, der du bist im Himmel! Solche Gedanken und solches Gebet ist also eine Gabe des Heiligen Geistes. Ist es aber mit uns dahin gekommen, dass wir Gott als unsern Vater anrufen, dann steht es wohl mit uns, dann wird uns nichts mehr mangeln. Denn ist Gott unser Vater, so wird er sich nicht vor uns verbergen (Matth. 7, 9). Die Liebe unsers Vaters im Himmel ist noch weit größer, denn der irdischen Väter gegen ihre Kinder.7 Darum sollen wir nicht zweifeln, er wird uns gewiss nicht verlassen. Und ob wir auch zuzeiten von ihm etwas begehren und nicht erlangen, so dürfen wir darum nicht verzagen. Es geht ja mit den leiblichen Vätern auch also zu, dass sie ihren Kindern nicht allewege geben, was sie wünschen. Sollte denn Gott nicht auch also gesinnt sein, dass er das, was er uns ausschlug, uns vorenthalten und nicht geben wollte? Wenn wir also von Gott dem Vater Brot begehren, aber entweder gar nichts oder, nach unserm Bedünken, einen Stein von ihm erhalten, sollen wir diesen vermeintlichen Stein nicht für einen Stein, das heißt nicht für Schaden, sondern für Brot, das heißt für unsern großen Nutzen, achten und die Zuversicht zu Gott tragen, dass er, als unser Vater, alle Sachen mit uns aufs Treulichste meine. Es sind wohl noch mehr Werke und Gaben des Heiligen Geistes, die er durch die Predigt des Evangeliums in uns wirkt; wir wollen uns aber jetzt an diesen beiden genügen lassen und Gott, den Allmächtigen, anrufen, dass er durch seinen heiligen Geist einen rechten Gehorsam zu guten Werken in uns erwecken und ein wahres, kindliches Vertrauen in unsern Herzen schaffen wolle, auf dass wir ihn in allen Nöten anrufen und endlich durch seinen eingebornen Sohn Jesum Christum in das verheißene himmlische Erbteil mögen eingesetzt werden. Amen.

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autoren/b/brenz/brenz_pfingsten.txt · Zuletzt geändert: von aj
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