Brenz, Johannes - Katechismus oder Kinderpredigten - Die dritte Predigt.

Brenz, Johannes - Katechismus oder Kinderpredigten - Die dritte Predigt.

Von der Heiligung.

Nun habt ihr im zunächst Vorhergehenden gehört das andere Hauptstück des Glaubens von der Erlösung, darin wir Gott den Sohn, Jesum Christum, unsern Herrn, und alle seine Wohlthaten erlernt haben, nämlich daß er um unsertwillen Mensch geworden ist, und unsere Sünde, Lob und Hölle auf sich genommen hat in seinem Leiden und Sterben als ein wahrer Mensch, und sie auch überwunden und abgetilgt hat in seiner Auferstehung als ein wahrer Gott: darum sitzt er zu der Rechten Gottes, und ist unser Herr, und wir sind sein eigen.

Nun folgt darauf das dritte Hauptstück von der Heiligung, darin wir Gott den heiligen Geist, und seine Wohlthaten erkennen lernen, das also lautet:

Ich glaube an den heiligen Geist, eine heilige, christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches, und ein ewiges Leben, Amen.

In diesem dritten Hauptstücke nun, meine lieben Kinder, lernen wir die dritte Person in der Gottheit, das ist, den heiligen Geist, und alle seine Güter und Wohlthaten erkennen, auf daß wir wissen, was wir nach der Erlösung von Gott empfangen, dadurch wir zum ewigen Leben, das Christus erworben hat, tauglich werden.

Denn wiewohl uns Christus, unser lieber Herr, von der Sünde, Tod und Hölle erlöset und mit Gott wieder versöhnt hat, so wüßten wir doch nichts darum, hätten auch keinen Trost, noch Frieden in unserem Gewissen davon, wenn man uns nichts davon predigte, sondern blieben also für und für mit bösem Gewissen in der Furcht des Todes und allerlei bösen Begierden, wie sie uns angeboren sind: darum wären wir auch nicht tauglich zum Reich Gottes und zum ewigen Leben, wenn wir also blieben, wie wir geboren sind. Denn, sollen wir Gottes Reich, das uns Christus erworben hat, ererben und einnehmen, so müssen wir neu geboren und heilig werden, wie Gottes Kindern zugehört; dasselbige aber muß der heilige Geist in und wirken und vollbringen.

Denn darum wird er der heilige Geist genannt, daß er Alles heilig macht, was nur immer heilig ist, oder heilig wird. Wenn aber der Heilige Geist nicht in einem Menschen ist, so kann und mag er nicht heilig seyn, thue gleich, was er wolle. Darum nennt ihn auch der heilige Paulus Röm. 1,4.: einen Geist, der da heiligt, oder heilig macht.

So merkt nun mit allem Fleiß, meine lieben Kinder, daß wir alle durch den heiligen Geist geheiligt werden müssen, und keine Heiligkeit durch unsere eignen Kräfte und Werke erlangen können, sondern wir müssen Gott dem heiligen Geist darum glauben und trauen, daß er uns heilig machen werde, wann und wie er wolle, allein daß wir ihm gehorsam und folgsam seyen, und ihm nicht widerstreben: darum sprechen wir: Ich glaube an den heiligen Geist.

Es ist aber Noth, meine lieben Kinder, daß wir auch ein wenig davon wissen, wie es zugehe, wann uns der Heilige Geist heilig machen will, auf daß wir uns desto besser dazu schicken und ihm Statt geben, daß er sein Werk in uns ausrichten könne: darum vernehmt es mit Fleiß, und merkts eben; denn es geht also zu.

Als unser lieber Herr Jesus Christus durch sein Leiden, Sterben und Auferstehung uns erlöset, und bei Gott erworben hat, daß er uns unsere Sünden vergeben, und uns wieder für seine lieben Kinder annehmen will, da hat er bald hernach am heiligen Pfingsttag den heiligen Geist vom Himmel herabgeschickt auf alle seine Apostel in der Gestalt feuriger Zungen, der ihnen Verstand und Weisheit gegeben hat, dazu auch Kraft und Macht, daß sie das heilige Evangelium, das ist, eben den Glauben, davon wir jetzt reden, rechtschaffen und unerschrocken predigten; und wo sie nicht hinkommen, oder in die Länge nicht bleiben konnten, da haben sie andere fromme verständige Leute zu predigen verordnet, und ihnen den heiligen Geist durch Auflegung der Hände mitgetheilt, welcher Gebrauch und Ordnung in der Christenheit geblieben ist bis auf diesen Tag, und auch forthin bleiben muß bis an das Ende der Welt. Es wird also das heilige Evangelium oder der christliche Glaube in der ganzen Christenheit gepredigt, nicht aus menschlichem Vorwitz, sondern aus göttlichem Befehl und aus Anregung und Mitwirkung des Heiligen Geistes; denn die Prediger könnten ohne Mitwirkung des heiligen Geistes nichts ausrichten; so könnten die Zuhörer der Predigt auch nicht vertrauen, wenn sie nicht ihren Ursprung und Anfang von Gott aus dem Himmel hätte. Darum spricht Paulus Röm. 10,15.: Wie können sie glauben ohne einen Prediger? Wie können sie aber predigen, wenn sie nicht gesandt werden?

Wer nun die Predigt oder die Lehre vom Glauben an Christum annimmt, der kann Gottes Kind werden, wie Johannes der Evangelist bezeugt, und spricht Joh. 1,12.: Wie viele ihn aber aufgenommen haben, denen hat er Macht gegeben, Gottes Kinder zu werden, die an seinen Namen glauben. Wenn wir aber glauben und getauft werden, so sind wir neugeboren und Gottes Kinder; denn die Taufe ist ein Bad der Wiedergeburt, wie ihr hernach klarer hören werdet.

Sobald wir aber Gottes Kinder geworden sind, gibt uns Gott den heiligen Geist in unsere Herzen, wie Paulus bezeugt und spricht Gal. 4,6.: Darum, daß ihr Gottes Kinder seyd, sendet Gott seinen Geist in euere Herzen, der da schreiet Vater, Vater. Wenn wir aber den heiligen Geist haben, so gibt er uns eine rechte göttliche Liebe in unsere Herzen, wie Paulus Röm. 5,5. sagt: Die Liebe Gottes ist in unsere Herzen ausgegossen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist; wo aber göttliche Liebe ist, da hält und erfüllt man Gottes Gebote; Ferner streitet der Heilige Geist wider das Fleisch und seine bösen Begierden, und hilft uns dieselben überwinden, daß wir ihnen nicht folgen, sondern fromm und heilig leben.

Also richtet der heilige Geist zum Ersten die Predigt an, darnach durch die Predigt den Glauben und die Taufe, und durch den Glauben und die Taufe die neue Geburt. Wenn wir dann neugeboren und Gottes Kinder sind, so wohnt der Heilige Geist selbst in uns, und heiligt uns, daß wir Gottes Tempel seyen, mehrt und stärkt uns den Glauben, daß wir Gott für einen rechten Vater halten, versichert das Herz, daß und die Sünde durch Christum vergeben sey, gibt uns göttliche Liebe, damit wir alle Gebote Gottes erfüllen, und hilft uns die Sünde und bösen Begierden überwinden, ja er tödtet sie auch durch das Kreuz und Leiden; und das alles treibt er für und für, bis der Glaube und die Liebe vollkommen werden, und die Sünde und bösen Begierden mit dem Fleisch gar absterben: alsdann sind wir recht rein und heilig, ledig von aller Sünde und Bosheit, und können das Reich Gottes erben als die rechten und lieben Kinder Gottes.

Wie ihr nun vorhin gehört habt, meine lieben Kinder, daß wir glauben und trauen sollen in Gott den Vater, der uns erschaffen hat, und in Gott den Sohn, der uns erlöset hat: also sollt ihr hier auch glauben und trauen lernen in den Heiligen Geist, der uns alle geheiliget hat, und weiter heilig machen wird alle die, so dem Evangelium glauben. Denn wer an Jesum Christum glaubt, daß er der Herr sey, dem wird der heilige Geist gegeben, daß er ihn heilig mache, wie Paulus bezeugt und spricht: Niemand kann Jesum einen Herrn heissen, ohne durch den heiligen Geist.

Also habt ihr meine lieben Kinder, ein kurzes Anzeigen, wie wir durch den heiligen Geist geheiliget werden; das sollt ihr nicht allein fleißig merken, sondern auch Gott, den Herrn, ernstlich darum bitten, daß er euch also heilig machen wolle, und sollt euch selbst auch mit Ernst dazu schicken; denn wer Gottes Wort fleißig hört, lernt und fest glaubt, der erlangt solche Heiligkeit, wie ihr gehört habt.

Was weiter hernach folgt in dem Glauben, das ist eine kurze Erklärung dessen, das ihr jetzt gehört habt, und bedarf nicht viel Auslegung; denn es ist gut zu verstehen, wenn man weiß, wie es mit der Heilung zugeht. Denn dieweil wir gelernt haben, daß wir an Gott glauben und ihm vertrauen sollen, so folgen nun auch die vornehmsten Hauptstücke, darum wir ihm vertrauen, und keineswegs daran zweifeln sollen.

Zum Ersten sollen wir glauben und vertrauen, daß das heilige Evangelium oder der Glaube nicht vergeblich gepredigt werden, sondern es finden sich allewege etliche Leute dazu, die es glauben und dadurch selig werden, wie der Herr durch den Propheten Esaias spricht Esa. 55,11.: Mein Wort soll nicht leer wieder zu mir kommen, sondern es soll ausrichten alles das, dazu ich es ausschicke. Dieselben Leute nun, die dem Evangelium glauben, heissen eine christliche Kirche, das ist, ein christliches Volk oder Sammlung, oder Gemeine; denn das Wörtlein „Kirche“ heißt nicht ein steinernes Haus oder ein Tempel, sondern es heißt die Versammlung der Leute, die zusammenkommen Predigens und Betens wegen: das sollt ihr Kinder fleißig merken.

Diese christliche Kirche oder Gemeine ist eine Gemeinschaft der Heiligen, das ist, sie sind alle heilig, oder eine heilige Gemeine; alle geistlichen Güter aber, die zur Heiligung gehören, hat die christliche Kirche von ihrem Herrn Jesu Christo und sind gemeinsame Güter; denn ein jeder Christ hat Theil daran, Einer sowohl und so viel, als der Andere.

Das sind aber die Güter, die die Christen mit einander gemein haben. Zum Ersten, daß Gott der Vater, unser Aller gnädiger Vater ist, Gott der Sohn, unser Aller Erlöser, Herr und Bruder, Gott der heilige Geist, unser Aller Heiligmacher; ferner das Evangelium, und alle christliche Lehre; weiter die Taufe, und der Leib und das Blut Christi, durch welche wir aller Güter Christi theilhaftig werden, und zuletzt das Gebet und das Heilige Kreuz; das heilige Kreuz aber heißt ein Leiden, daß nützlich und gut ist, und fördert uns zum ewigen Leben. Solches Leiden findet man allein bei den Christen; der Ungläubigen Leiden aber ist ein schädliches Kreuz; denn es fördert sie nur zu der ewigen Verdammniß.

Das soll man nun darum wissen, daß man erkenne, das außerhalb der Heiligen christlichen Kirche dieser Güter keines ist, und daß man fest glaube, daß diese Güter alle in der heiligen christlichen Kirche gefunden werden; und wenn sie aber uns diese Güter zusagt, so sollen wir nicht zweifeln, daß wir sie schon empfangen haben; und wenn sie uns ein Amt darüber befiehlt, sollen wir auch nicht zweifeln, daß Gott dasselbe bestätigt, und der heilige Geist uns darin beisteht, und uns hilft, daß wir es nützlich ausrichten.

Zum Andern. Wir sollen glauben Vergebung der Sünden; denn wo eine christliche Gemeine ist, die hat Vergebung der Sünde, und außerhalb der christlichen Gemeine wird Niemanden Sünde vergeben: darum sollen wir Vergebung der Sünden bei der christlichen Gemeine durch die Entbindung suchen, und fest glauben, daß der, dem die christliche Gemeine Vergebung der Sünden durch ihre Diener zusagen läßt, sie gewiß hat, wie ihr hernach von den Schlüsseln weiter hören werdet.

Zum Dritten. Wir sollen auch glauben die Auferstehung des Fleische oder des Leibes; denn wir sehen, daß wir alle dahin sterben, und Niemand dem Tod gebieten kann. Das geschieht aber darum, auf daß die Sünde, die noch in unserm Fleische steckt, durch den Tod ein Ende nehme, wie Paulus Röm. 6. sagt: Denn, wenn wir im Glauben sterben, so vergeht uns Zorn, Neid, Haß, Unkeuschheit, Geiz, Hoffart und alle böse Begierde. Darnach wird uns Gott am jüngsten Tage alle also wieder lebendig machen, daß solche Sünden und Gebrechen nicht mehr an uns seyn werden, sondern wir werden rein, geistlich und unsterblich, ja allerdings Christo selbst gleich werden. Auf daß wir's aber desto gewisser glauben, so ist Christus selbst auch vom Tode wieder auferstanden, dazu nicht er allein, sondern viele heilige Leute mit ihm, wie das Evangelium des Matthäus 27. und der Prophet Daniel 12. anzeigen.

Zum Vierten, sollen wir auch glauben ein ewiges Leben, denn, wenn wir vom Tode auferstehen, so werden wir ewig mit Christo leben in Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit. In diesem Allen nun sollen wir sagen: Amen, das ist so viel gesagt, als ja, es ist gewiß und wahrlich also.

Darum sollt ihr nun von Herzen glauben und trauen in den heiligen Geist, der uns Vergebung der Sünden durch seine ordentlichen Prediger verkündigt, und unsere Herzen dieselbe zu glauben bewegt, darnach uns weiter durch den Glauben in der heiligen christlichen Kirche heiligt, die Sünde in uns überwindet und austilgt, und vom Tode wieder auferwecken wird zum ewigen Leben, und sollt nicht zweifeln, er wird es alles thun und ausrichten, wie er's angefangen hat, wenn wir nur gehorsam sind, und im Glauben verharren bis ans Ende; denn, wer verharret bis ans Ende, der wird selig.

Das ist nun die Meinung und der rechte einfältige Verstand dieses dritten Hauptstücke von der Heiligung, daß ich glaube, daß ich nicht aus eigner Vernunft noch Kraft an Jesum Christum, meinen Herrn, glauben, oder zu ihm kommen kann, sondern der heilige Geist hat mich durchs Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten, gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt, und bei Christo erhält im rechten einigen Glauben, in welcher Christenheit er mir und allen Gläubigen täglich alle Sünden reichlich vergibt, und am jüngsten Tage mich und alle Todten auferwecken wird, und mir samt allen Gläubigen in Christo ein ewiges Leben geben wird; das ist gewißlich wahr.

Darum, meine lieben Kinder, merkt es mit Fleiß, und, wenn man euch fragt: Wie verstehst du das dritte Hauptstück des Glaubens? so sollt ihr also antworten:
Ich glaube, daß ich nicht aus eigner Vernunft noch Kraft an Jesum Christum, meinen Herrn, glauben, oder zu ihm kommen kann, sondern der heilige Geist hat mich durchs Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten, gleich wie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt, und bei Christo erhält im rechten einigen Glauben, in welcher Christenheit er mir und allen Gläubigen täglich alle Sünden reichlich vergibt, und am jüngsten Tage mich und alle Todten auferwecken wird, und mir samt allen Gläubigen in Christo ein ewiges Leben geben wird; das ist gewißlich wahr.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/b/brenz/brenz_kuk_auslegung_apostolikum_predigt_3.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain