Brenz, Johannes - Am Tag der Himmelfahrt Christi über Epheser 4,8-16

Brenz, Johannes - Am Tag der Himmelfahrt Christi über Epheser 4,8-16

Es ist sehr viel und hoch daran gelegen, dass der Glaubensartikel von der Himmelfahrt unsers Herrn Jesu Christi uns wohl eingeprägt und fleißig erklärt werde. Denn man findet unverständige Leute, die da meinen: weil Christus gen Himmel gefahren, so sei er nicht mehr bei uns, wisse auch nicht um unser Tun und Lassen. Es geht ihnen wie denjenigen Kindern, welche meinen: wenn sie ihr Angesicht verdecken, dass sie niemanden sehen, so sehe sie auch niemand. So meinen auch diese: weil sie Christum nicht sehen, so sehe er sie auch nicht. Daraus folgt denn, dass sie tun, wie die ungetreuen Knechte und Mägde, die, wenn sie den Herrn nicht daheim wissen, alle Zuchtlosigkeit üben. Also auch diese: weil sie meinen, Christus sei nicht mehr vorhanden, fangen sie an, Unrecht zu tun. Aber es hat die Sache eine ganz andre Meinung. Denn dass Christus ist gen Himmel gefahren, hat er nicht getan, weil er fortan nicht mehr bei uns sein will, sondern er will uns nur desto näher sein. Solches lehrt St. Paulus in den verlesenen Worten: „Er ist aufgefahren über alle Himmel, auf dass er alles erfüllte.“ Weil er ist gen Himmel gefahren, will Paulus sagen, sieht er nun alles, das im Himmel und auf Erden ist. Wie denn auch David im 113. Psalm sagt: „Wer ist, wie der Herr, unser Gott, der sich so hoch gesetzt hat, und auf das Niedrige sieht im Himmel und auf Erden?“ Und der Evangelist Markus sagt: „Der Herr ward aufgehoben gen Himmel und sitzt zur rechten Hand Gottes.“ Die rechte Hand Gottes aber ist Gottes Herrlichkeit, damit er alle Orte und Erden erfüllt. Hieraus folgt, dass auch Christus allenthalben gegenwärtig sei. Ist er aber gegenwärtig, so sieht er all unser Tun und Lassen, hört alle unsre Rede und merkt alle unsre Gedanken. Daran sollen wir nicht zweifeln. Aber wie kommt es denn, dass er so viel gräuliche Sünde duldet? Warum fährt er nicht mit seiner richtenden und rächenden Hand darein. Antwort: Er ist nicht gen Himmel gefahren, dass er diese Welt richte, sondern er will sein Gericht verziehen bis auf den jüngsten Tag. Er schickt wohl zuzeiten einem Gottlosen Strafe und Plage zu, aber die allgemeine Strafe spart er bis auf den jüngsten Tag und trägt inzwischen Geduld. Wir lesen in der Apostelgeschichte, dass Ananias und sein Weib Sapphira, als sie dem Heiligen Geist gelogen hatten, von Stund an mit einem jähen Tod bestraft wurden. Hier hat Christus einmal die Gewalt und Herrlichkeit seines Reiches gezeigt. Daneben sind aber noch unzählige Lügner gewesen, die nicht gleichermaßen heimgesucht worden. Sie werden aber am jüngsten Tage gestraft werden. Gleicherweise wurde Herodes, da er sich göttliche Würde anmaßte, vom Engel des Herrn geschlagen (Apostelgesch. 12, 23): zur Anzeige, wie der Herr mit solchen Leuten am jüngsten Tage umgehen wolle. Wenn er jetzt gar viele schont, so will er ihnen Zeit und Raum schenken, dass sie Buße tun und sich bessern können. Keiner soll klagen können: hätten wir nur Zeit gehabt, wir würden uns wohl gebessert haben. Die Frommen aber lässt der Herr hier in dieser Welt in allerlei Not seufzen, nicht, weil er sie verlassen oder ihrer vergessen hat, sondern weil er ihnen drüben desto größere Herrlichkeit geben will. Denn also sagt Paulus und nimmt die Worte aus Psalm 68: „Er ist aufgefahren in die Höhe und hat das Gefängnis gefangen geführt.“ Unser Gefängnis ist aber allerlei Trübsal, die Sünde, der Tod und die ewige Verdammnis. Solchem hat er seine Gewalt gar genommen, dass es hinfort keinem, der an Christum glaubt, schädlich sein kann. Wenn wir also in Trübsal und Widerwärtigkeit sind, oder daliegen und sterben sollen, müssen wir der Himmelfahrt unsers Herrn Jesu Christi gedenken, unsern Glauben daran stärken und uns daraus trösten, auf dass wir in unserm Herrn Jesu Christo erhalten und durch ihn zur ewigen Herrlichkeit erhoben werden. Ihm sei Lob, Preis und Ehre mit Gott dem Vater und heiligen Geist in Ewigkeit! Amen.

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autoren/b/brenz/brenz_himmelfahrt.txt · Zuletzt geändert: von aj
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