Binde, Fritz - Hoch die Freiheit! Aber Was ist wahre Freiheit?

Binde, Fritz - Hoch die Freiheit! Aber Was ist wahre Freiheit?

Zur Beantwortung dieser Frage lese ich aus dem Evangelium Johannes den 34. und 36. Vers des achten Kapitels:

Jesus antwortete ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Jeder, der die Sünde tut, ist der Sünde Knecht. .. Wenn nun der Sohn euch freimachen wird so werdet ihr wirklich frei sein.

Daß die Menschen nach Freiheit schreien, beweist, daß sie geknechtet sind. Daß sie so vergeblich nach wahrer Freiheit ringen, beweist, wie wenig sie die wahre Knechtschaft kennen. Wahre Freiheit kann nur einen Zustand bezeichnen, der dem Zweck unseres Daseins entspricht, wo jeder Mensch ungehindert Macht hat, das zu sein, wozu er geschaffen ist. Wahre Freiheit muß deshalb wahres Leben und deshalb auch wahre Glückseligkeit sein.

Was die Menschen gewöhnlich Freiheit nennen, bleibt weit hinter dieser Deutung des Begriffes zurück. Laßt uns einmal zusehen, was nicht wahre Freiheit ist.

Politische Freiheit ist nicht wahre Freiheit, denn bisher gibt es noch keine Regierungsform, die dem Menschen die völlig ungehinderte Erfüllung seines Lebenszweckes und damit wahres Leben und wahre Glückseligkeit offenbart, gebracht und gesichert hätte. Jede politische Freiheit bleibt unzulänglich.

Auch wirtschaftliche Freiheit ist nicht wahre Freiheit. Gebt dem Menschen den möglichst vollkommenen Anteil an den irdischen Lebensgütern und fragt ihn, ob mit solchem Besitz und Gebrauch des irdischen Gutes der Zweck und Sinn seines Lebens erklärt und erfüllt und er nun wirklich frei und glücklich sei. Wenn er ehrlich ist, wird er es verneinen müssen. Es reicht nicht aus. Der Mensch ist zu Höherem als zur Erzeugung und zum Besitze vergänglichen Gutes geschaffen. So bleibt auch jede wirtschaftliche Freiheit unzulänglich.

Aber auch Wissen und Bildung – die sogenannte intellektuelle Freiheit – macht nicht wahrhaft frei. Man müßte sonst allenthalben auf lauter wahrhaft glückliche Leute stoßen, denn in Wissen und Bildung haben wir es ja gar herrlich weit gebracht. Aber alles menschliche Wissen führt schließlich nur zur Verzweiflung am Wissen, denn es läßt uns unwissend über das Woher?– Wohin? – Wozu? unseres Lebens und kann uns deshalb niemals die Erfüllung unseres Lebenszweckes und damit auch nicht wahre Freiheit und Glückseligkeit bringen.

Doch auch die sogenannte religiöse Freiheit bringt nicht wahre Freiheit. Denn was versteht man unter religiöser Freiheit? Antwort: daß der Mensch über Gott, Gottes Wort, Jesus, Ewigkeit und Gericht denken und schwatzen könne, was ihm beliebt. Als ob sich die ewige Wahrheit nach dem Gerede der Menschen richten müsse! Gewiß, wo Gottes Geist wirkt, gibt es immer weniger äußeren Zwang, aber dafür herrscht da immer mehr Gott und nicht menschliche Willkür. Niemand kann deshalb nach seiner eigenen Fasson selig, das heißt frei werden, sondern nur nach Gottes Fasson.

Ebensowenig, als nun politische, wirtschaftliche, intellektuelle Freiheit oder die sogenannte religiöse Freiheit die wahre Freiheit ist, ebensowenig ist politische, wirtschaftliche, intellektuelle oder religiöse Unfreiheit die wahre Knechtschaft. Es ist vielmehr gerade das Wesen der wahren Freiheit, daß sie weder durch politischen noch wirtschaftlichen Druck beengt und geschmälert werden kann. Ja, sie wächst sogar unter solchem Druck zur vollsten Entfaltung ihrer Größe und Herrlichkeit empor. – Ich trat einst in eine elende Bretterhütte voll Niedrigkeit und Armut. An den rohen Holzwänden war keinerlei Schmuck zu sehen außer einem kleinen schwarzen Pappschild, darauf in Silberdruck zu lesen war: „Dennoch“. Da wohnte die wahre Freiheit, denn in diesem einfachen Raume lebten glückselige Menschen, die den Zweck ihres Lebens gefunden. So gibt es auch ungezählte Tausende, die niemals auf den Höhen modernster Bildung wandelten und dennoch die wahre Freiheit besitzen, denn sie wissen und erfüllen den Zweck ihres Lebens und tragen in Glückseligkeit einen Geist des Wissens in sich, der höher steht als der Geist aller sogenannten Geisteshelden dieser Erde!

Was ist das Geheimnis solcher wahren Freiheit? Nun, es enthüllt sich uns, wenn wir das Geheimnis der wahren Knechtschaft erkennen lernen.

Jesus, der Mund der ewigen Wahrheit, sagt uns, was wahre, wirkliche Knechtschaft ist, nämlich: Jeder, der die Sünde tut, ist der Sünde Knecht.

I.

Der Sünde Knecht sein, ist wahre Knechtschaft und die Ursache jeder weiteren Form von Knechtschaft. Die Sünde ist der dunkle Quell jeder Unfreiheit und Lebensbeschränkung. Sie ist die Zerstörerin jeder Glückseligkeit; sie ist mit einem Wort der Leute Verderben. Ihr entstammt sowohl die politische als auch die wirtschaftliche und intellektuelle Unfreiheit. Jeder Riß zwischen Mensch und Mensch, Volk und Volk, jedes Übel, das unser Dasein beschränkt und erschwert, hat seine tiefste Wurzel in der Sünde.

Aber nun sehe ich dich bereits die Achsel zucken und zweifelnd fragen: Was ist Sünde?

Es gibt keine wichtigere Frage als diese. Darum höre! Auf Grund des ewigen Gotteswortes sage ich dir folgendes: Sünde sind nicht zunächst deine einzelnen, dir mehr oder weniger bewußten Sünden, sondern Sünde ist ein Naturzustand des Menschen, in den der Mensch nicht erst durch seine einzelnen Sünden hineinfällt, sondern in den er hineingeboren wird, und von dem die einzelnen Sünden nur die naturgemäße Frucht sind. Es ist dies eine Wahrheit von entscheidender Bedeutung für dich, wenn du die wahre Freiheit erlangen willst. Solange du nämlich unter Sünde nur deine dir bewußten Sünden verstehst, kannst du meinen, die Sünde gehe dich wenig an, du seiest kein so großer Sünder oder überhaupt kein Sünder, weil du dich nicht vieler und grober Verbrechen entsinnen kannst. Wenn aber Sünde ein angeborener Naturzustand des Menschen ist, so betrifft die Sünde auch dich, und du mußt ihr ins Angesicht schauen lernen. Darum handelt es sich jetzt.

Woher stammt nun der angeborene sündige Naturzustand des Menschen? Er stammt aus dem in Gottes Wort (1. Mose 3) berichteten Sündenfall unserer Ureltern. Seit jenem Fall ist die Sünde erbmäßig zu alle Menschen hindurchgedrungen (Röm. 5,12), denn jeder Mensch ist seitdem gezeugt von einem gefallenen Zeuger, der seinen sündigen Naturzustand auf seinen Nachkommen übertragen hat. Jesus drückt diese Tatsache mit den Worten aus: Was aus dem Fleische geboren ist, ist Fleisch (Joh. 3,6).

Nun ist dem Menschen nichts widerlicher als die Anerkennung dieses geschehenen Falles. Er will lieber ein veredelter Affe sein, als ein heruntergekommener Adam. Als veredelter Affe bleibt ihm nämlich der Ruhm der Höherentwicklung aus menschlichen Kräften und die Möglichkeit einer sich noch stetig steigernden Entwicklung durch in uns wohnende, uns eigene Kräfte, deren Gebrauch uns höheres Leben, Freiheit und Glück verheißt. Aber als heruntergekommener Adam ist der Mensch ein hilfsbedürftiger Bankrotteur, unfähig, sein Defizit zu decken, unfähig, sich selbst und seine Lage wesentlich zu ändern und ganz angewiesen auf eine übermenschliche Hilfe von „oben her“. Nichts ist dem gefallenen Menschen verhaßter als diese Einsicht in diesen seinen Bankrott.

Und doch ist gerade dieser Widerwille und Haß und diese Leugnung des Falles der beste Beweis für die Tatsache des Falles. Nichts beweist das Vorhandensein des gefallenen, sündigen Zustandes mehr als die allgemeine Unempfindlichkeit des Menschen diesem Zustande gegenüber. Der Mensch ist, wie Gottes Wort sagt, eben tot in Vergehungen und Sünden (Eph. 2,1), das heißt er hat bis zum höchsten Grade jede Empfindungsfähigkeit der Heiligkeit Gottes einerseits und andererseits der Abscheulichkeit und Größe der Sünde gegenüber verloren und hält so seinen Zustand sogar für höchst hoffnungsvoll und normal. Diese Verblendung gehört mit zum Fluche des geschehenen Falles und kennzeichnet das gottentfremdete Geschlecht, das, sich selbst nicht kennend, in Finsternis und Todesschatten wohnt und dabei ruhmselig von sich redet. Darum mußte auch die sogenannte „Erbsünde“ den Menschen von seiten Gottes offenbart werden, denn von selbst wäre der Mensch nie auf diese ihm verhaßte Tatsache gekommen.

Ist man jedoch ehrlich genug, der Offenbarung Gottes zu glauben und den Sündenfall anzuerkennen, so empfängt man auch den richtigen Blick für das Wesen der Sünde. Die Sünde erscheint dann als das, was sie ist, nämlich Übertretung der in Gottes Wort offenbarten Gebote Gottes, Auflehnung gegen Gott, Aufrichtung des menschlichen Eigenwillens gegenüber dem Willen Gottes. Was aber die Sünde in ihrer ganzen Wirklichkeit ist, das weiß Gott allein. – Indes wird uns das Wesen der Sünde verdeutlicht durch die Folgen der Sünde. Nämlich Gott ist die ewige Lebensquelle, die einzige Lebensmöglichkeit für den Menschen. Sein Wille ist das Gesetz des Lebens. Denn in ihm leben, weben und sind wir. Übertretung seines Willens muß deshalb Lebensbeschränkung zur Folge haben. Abfall von der Lebensquelle bringt Verfall der Lebenskräfte und schließlich Zerfall des Lebens – Tod. So ist die allseitige Lebensbeschränkung, unter der die Menschheit, ja die ganze Schöpfung beengt und beschwert dahinseufzt, nichts als das Kennzeichen ihres Abfalls von Gott und das Merkmal ihres geschehenen und fortschreitenden Verfalles, ja teilweisen Zerfalles. Das ist das „Gesetz der Sünde und des Todes“, wie es die Bibel nennt (Röm. 8,2). Und es gilt sowohl unserem ganzen Geschlecht als dir, dem einzelnen. Denn der Sündenfall ist gerade dein Fall.

Ein Anhänger der Lehre von der „natürlichen“ Höherentwicklung des Menschen aus tierischen Anfängen heraus – welcher Lehre auch ich einst huldigte – pries kürzlich vor mir die Herrlichkeit der zukünftigen veredelten Menschheit. „Welche Anzeichen dieser herrlichen Veredlung besitzen Sie bereits?“ fragte ich ihn. Spaßig genug: Er nannte die drahtlose Telegraphie und die Luftschiffahrt, dazu die sozialistischen Bestrebungen und die Friedenskongresse. Natürlich mußte ich ihm sagen, daß die Auswirkung der dem Menschen nach dem Fall gelassenen Kräfte zur Untertänigmachung der Erde doch nicht eine Höherentwicklung seiner Natur bedeutet, und daß die sozialistischen und Friedensbestrebungen nur beweisen, wie trostlos es trotz alles technischen Fortschrittes in der Menschheit aussieht, und wie in Wahrheit es so gar kein Anzeichen für das Zustandekommen einer höheren Menschenart gibt. Im Gegenteil trägt gerade die Kulturmenschheit alle Anzeichen des leiblichen Verfalles an sich, womit ja trotz alles äußeren Fortschrittes der moralische, geistige Verfall Hand in Hand geht. So ist unsere Kultur eine Kultur der Angst und Unsicherheit. Bei allem Gerede von sich steigernder Wohlfahrt fühlt sich keiner recht wohl, und bei aller Bemühung, sich die Existenz zu sichern, fühlt sich keiner recht sicher. Auch ich war früher in der Lebensversicherung, Feuerversicherung, Unfallversicherung, hatte auch meine Kinder in einer Versicherung und fühlte mich doch nie wirklich sicher. – Irgendwelche Angst ist aber die Ursache oder Begleiterscheinung aller Nervenleiden, dieser Gottesgeißel der modernen Menschenherrlichkeit, mit der die liebreiche Hand des Allmächtigen das eitle Menschlein heute so oft zum Bankrott zwingt. Man hat gesagt, das Christentum habe keine Zukunft mehr. So können nur die Toren sprechen. Im Gegenteil, das Christentum, das heißt Christus ist die einzige Zukunftsmöglichkeit der Menschheit. Der Lebenskampf unter dem Druck des fortschreitenden Verfalles des Menschengeschlechtes fordert die letzten Kräfte des Menschen heraus und zwingt immer mehr Menschenseelen zur Verzweiflung an sich selbst. Die Verzweifelten werden sich dann nach einer Kraft umsehen müssen, die sie rettet und hält. Diese Kraft ist allein Christus. Menschenweisheit und Menschenkräfte vermögen hier nichts mehr.

Denn die Sünde als Ursache jedes Verderbens und Verfalles ist eine übermenschliche Macht. Hinter ihr steht Satan, den Jesus den Fürsten der Finsternis nennt. Er ist der Urheber der Sünde und Verführer des Menschengeschlechts. Zwar scheint es dem modernen Menschen überaus lächerlich, von einem Satan zu reden. Doch hat schon Goethe sagen müssen:

„Den Teufel spürt das Völkchen nie
Und wenn er sie beim Kragen hätte. “

Und er hat’s beim Kragen. Darum ist es die raffinierteste Lüge des „Vaters der Lüge“, wie wiederum Jesus den Satan nennt (Joh. 8,44), seinen Opfern weiszumachen, es gäbe keinen Satan. Denn würden sie seine Existenz und menschenmörderische Macht gewahr, so würden sie ihm mit Grauen entlaufen. Denn er ist auch der Herr der Sünde.

Wie könnte sonst die Sünde Knechtschaft sein? Wo Knechtschaft ist, da ist ein Herr. Und es ist das unselige Wesen der Knechtschaft, daß man diesem Herrn dienen muß wider Willen. Die zwingende Macht der Sünde, die dich knechtet, ist die Macht Satans. Zwar zeigt sich diese knechtende Macht Satans in der Sünde nicht sofort. Vielmehr sieht die Sünde im Anfang äußerst lieblich aus. Sie sieht aus wie blühende Freiheit und einzig wirkliches Leben. Aber jede Sünde hat ihre Entwicklungsgeschichte. Kein Ehebruch begann mit der eigentlichen Tat des Ehebruchs. Erst war es ein Blick, ein Gedanke, ein Bild, ein Wort; so reifte die Tat. Jahrzehnte können zu ihrer Reife notwendig gewesen sein. Erst spieltest du mit der Sünde und liebtest sie noch schamhaft, dann gewöhntest du dich an sie und wurdest in ihr dreist, und dann offenbarte sie ihren dämonisch-satanischen Charakter als menschenmörderische Knechtschaft und spielte mit dir.

Nun besteht jede Knechtschaft darin, daß man gezwungenermaßen eine Arbeit leisten muß. Welche Arbeit muß denn der Sündenknecht leisten? Nun, er muß eben sündigen! Das ist sein Zwang, seine Sklavenarbeit. Ob in Gedanken, Worten oder Werken – ganz gleich: er muß, muß, muß sündigen. So offenbart es sich, daß dein Sündenzustand ein angeborner ist. Du bist ein geborener Sündenknecht. Nichts bestreitet der sich so gerne edel dünkende Mensch mehr als diese unbestreitbare Tatsache. Je mehr er sie aber bestreitet und seine Blöße zu decken sucht, desto augenscheinlicher tritt sie zutage.

Dazu kommt, daß auch jeder Mensch infolge besonderer Veranlagung oder Vererbung oder erworbener Neigung seine besondere Sünde hat. Das ist seine Lieblingssünde und zugleich seine ausgesprochenste Fluchsünde. Sie wird seine herrschende Sünde. Sie gewinnt eine ganz besondere Gestalt in ihm. Sie drückt ihm ihr Bild auf. Sie gibt dem speziellen Sündenknecht seine spezielle Knechtsgestalt. Seht den Trinker an! Seht den Unzüchtigen an! Seht den Geizigen an! Seht den Ehrgeizigen an! Seht den eitlen Weisen an! Seht die Putzsüchtigen an! Seht den Jähzornigen an! Da ist die Sündengeschichte zum Sündengesicht geworden. Der Sklave trägt das Gepräge seiner besonderen Sklavenarbeit in jedem Zug und jeder Gebärde. Wem der Blick geöffnet ist für diese Sklavenart des Menschen, o, wie anders lernt er den eitlen, selbstgefälligen, selbstgerechten, armen, verblendeten Menschen ansehen! Wie trauert er über das elende Komödienspiel, wo jeder in der Rolle des Herrn auftritt, und der Knecht schaut ihm doch aus jedem Knopfloch heraus!

Noch mehr! Das Wesen der Sündenknechtschaft ist auch Verführung. „Verführte und werden verführt“ (2. Tim. 3,13), so lautet das Urteil des Wortes Gottes über die Menschen. Und zwar verführt jeder mit der Sünde, die gerade seine Sünde ist. Hochmut war die Sünde Satans, und zum Hochmut verführte er die Menschen. So verführt der Habsüchtige zur Habsucht, der Unzüchtige zur Unzucht, der Trunksüchtige zur Trunksucht usw. Müßte nicht der Trinker zum jungen Manne sagen: „Junger Mann, sehen Sie mich an! Ich bin ein lebendiges Warnzeichen vor der Sünde der Trunksucht! Fliehen Sie diese menschenmörderische Sünde!“ Statt dessen sagt er zum jungen Manne: „Brüderchen, komm, laß uns trinken! Wer niemals einen Rausch gehabt, der ist kein braver Mann! Trink! Trink!“

Die Knechtschaft der Sünde wirkt aber auch Betrug. Worin besteht der Betrug? Nun, Satan zahlt dir nicht aus, was er dir versprach. Er versprach dir mit dem Genuß der Augenlust, Fleischeslust und Hoffart Erfüllung deines Lebenszweckes, Lebensfreude, Lebensbefriedigung, wahre Lebensfreiheit. Statt dessen schlug er dich mit der Sünde in Knechtschaft, brachte dich in schmähliche Abhängigkeit von vergänglichen Dingen, die doch nur vergängliches, betrügerisches Glück bringen können, hetzte dich von Begierde zu Genuß und von Genuß zu Begierde und betrog dich mit jeder Begierde und betrog dich mit jedem Genuß! Sag’, hat dir die Sünde je gehalten, was sie dir versprach? Nein, niemals! Sie ließ dich ungesättigt, unbefriedigt, leer und arm. Und diese Leere trieb dich zu neuer Begierde und zu neuem Genuß; und so folgte Betrug auf Betrug, und dein Leben wurde ein einziges Defizit, eine gähnende Leere, eine Mühsal, eine Last, ein Ekel und eine stete geheime Verzweiflung. O, brächte die Sünde Glück, so müßten sich die Menschen längst wälzen im Glück, denn sie wälzen sich in der Sünde! Sieh, darum bedurftest du so vieler Zerstreuungen, so vieler An- und Aufregungen durch Menschen, die dir doch im Grunde nichts geben konnten. Saßest als ein armer blinder Bettler am Wege deines Lebens und flehtest die Menschen an: Bitte, ein wenig Liebe, bitte, ein wenig Freundschaft, ein wenig Anerkennung, ein wenig Wissen, ein wenig mehr Freiheit, ein wenig Geld, oder nein, bitte, viel Geld und viel Gunst! Und was man dir zuwarf, war Betrug. Was können solche, die selbst betrogen sind, auch anderes geben als Betrug?

Siehe, du bist für Jesus geschaffen, und darum ist alles andere, worin du deinen Lebenszweck und deine Lebensfreude suchst, Verfehlung deines Lebenszweckes, und darum Betrug.

Und weil Betrug auch Qual.

Frage dich, ob dir die Ausübung der Sünde wirklich noch Freude macht. Bist du leidlich aufrichtig, so mußt du dir gestehen: Die Ausübung der Sünde schafft mir längst keine Freude mehr, sie schafft mir Qual. Jede nur gedachte oder ausgeübte Sünde brennt mir ein neues Brand- und Schandmal ins Gewissen, verursacht mir Beschämung und Unruhe und offenbart mir meine schmachvolle Knechtschaft. Jede geschehene Sünde erinnert mich auch an die vorher geschehene und weist mit schauerlicher Unerbittlichkeit hin auf die folgende. O, diese schreiende Qual! Dieses fluchvolle Sündigenmüssen! Du faßtest gute Vorsätze. Du begannst einen ehrlichen Kampf gegen deine Schmach. Du klirrtest mit deinen Ketten. Erneute und noch heftigere, noch qualvollere Niederlagen waren die Folge. Du hast die Kette nicht gesprengt. Der dich mit der Sünde knechtet, ist stärker als du. Elendes Leben! Zuletzt gibst du den Kampf auf. Widerstandslos, stumpf und dumpf, willenlos dienst du der Sünde, die dir immer unverkennbarer ihr Sklavensiegel aufdrückt. Nun naht sich dir Satan, der Menschenmörder, und flüstert dir ins Ohr: „Nur der Tod hilft dir! Mach’ deinem verfehlten, elenden Dasein ein Ende, und du hast Ruhe. Stirb, stirb!“ Tausende beenden so die zeitliche Qual der Sünde durch Selbstmord und wissen nicht, daß sie damit nur einer ewigen Qual der Sünde entgegengehen.

Denn die Sündenknechtschaft wirkt auch Schuld. Und zwar Schuld dir selbst, den Menschen und Gott gegenüber. Dieses dreifache Schuldbewußtsein wird niemand ganz los. Ob man sich als modern aufgeklärter Mensch seine Sünden selbst vergeben will und den Gewissensbiß für unanständig hält, oder ob man die Schuld auf Verhältnisse, auf andere Menschen, ja sogar auf Gott abzuwälzen sucht, in allen Fällen rechnet man mit Schuld. Sonderbar! Viel hat der Mensch gelernt, nur eins nicht, nämlich seine Sünden zu vergessen. Niemand hört jetzt diese Worte, der nicht durch sie an irgendwelche Sünde erinnert würde. Du weißt von Dingen in deinem Leben, von denen du wünschest, sie wären niemals geschehen. Siehe, da ist Schuldbewußtsein, wie du dich auch entschuldigen möchtest. Denn eben da, wo die Gedanken sich untereinander verklagen und entschuldigen (Röm. 2,15), da ist Gewissensarbeit. Man kann seinem Gewissen einen „Klaps“ geben, es auf den Mund schlagen, man kann es irreleiten und sogar gegen Gott und sein Wort erziehen, und dennoch, sobald es Gottes Wort lauter und kraftvoll hört, wird das Gewissen gesund und überführt dich als der treueste Bundesgenosse des Wortes Gottes von Sünde und Schuld. Dann treibt es deine Sünden empor wie der Wasserstrom die Leichen Ertrunkener. Schuldig! Schuldig auch gegen andere. Plötzlich steht ein Gesicht vor dir. Du kennst es nur allzu gut. Weißt du es noch? Damals! Du weißt es. Es klagt dich an. Niederträchtig hast du an diesem Menschen gehandelt. Deine Sünde lebt fort im Gedächtnis jenes Menschen, lebt auf mit dem inneren oder äußeren Schauen jenes Angesichts. Hinweg! Du willst das Bild nicht mehr sehen. Du siehst dir eine Zigarre an, greifst zur Zeitung, stürzest dich in die Arbeit oder in den zerstreuenden Genuß. Da steht ein Ort vor deiner Seele. Du siehst alles wieder wie damals. Die Ecke, die Möbel, das Zimmer, der Baum: alles hat es gesehen, alles klagt dich an. Hinweg! Aber du hörst auch Worte, ganze Sätze. Es sind deine eigenen, bösen, verführenden oder rohen Worte, mit denen du anderen wehe tatest. Oder mahnende, klagende Worte der anderen. Siehe, wie genau kennst du noch die Stimme! Hinweg! Du willst nichts mehr hören. Und doch in der Arbeit, in der Ruhe, im Genuß, in der Nacht und am Tage: Schuld um Schuld redet zu deiner Seele. Schuld auch vor Gott. Die bequemste Art, deine Schuld vor Gott zu leugnen, ist, Gott selber zu leugnen. Aber ich fand noch nie einen Gottesleugner, der seiner Sache ganz sicher gewesen wäre. Da ich selbst über zehn Jahre Gottesleugner zu sein glaubte, so rede ich aus Erfahrung. Ob es einen Gott gibt oder nicht, darüber hast ja – Gott sei Dank – nicht du das letzte Wort, sondern Gott selbst; er wird dir beweisen, daß er ist, und daß du vor ihm schuldig bist.

Denn auf Schuld folgt Gericht, göttliches Gericht, dem du nicht entfliehen kannst. Das ist das verhängnisvollste der Sündenknechtschaft. Und zwar handelt es sich um das biblisch offenbarte Endgericht. Unsinn, sagst du, das ist nur eine Schauergeschichte für kleine Kinder, alte Weiber und dumme Bauern, aber nicht für denkende Leute des 20. Jahrhunderts! Aber der Unglaube ist immer nur flach und gedankenlos. Du hast vielleicht gehört von jenem naturwissenschaftlich entdeckten Gesetz der Erhaltung der Kraft, wonach kein Kraft- oder Stoffteilchen je im All verloren gehen kann. Nun gut, ebensowenig gehen deine Taten, Worte und Gedanken verloren. Sie wirken weiter und nicht nur zeitlich, diesseitig, sondern besonders ewiglich, jenseitig. Und du wirst ernten, was du gesät hast. Zwar erntest du schon täglich als der erste die Aussaat deines täglichen Lebens und wirst am Ende deines Erdendaseins die zweite große Gerichts- und Erntestunde erleben; aber das volle Gericht wartet deiner vor dem Throne Christi. Von diesem letzten Gericht ist alles Gericht innerhalb deiner Lebensgeschichte und aller Weltgeschichte nur ein warnendes Signal. Weißt du, was dann Hölle sein wird? Nichts anderes als ewiges Getrenntsein von Gott, als völlig ausgereifte Frucht deines von Gott getrennt gebliebenen irdischen Lebens. Höllenqual wird dann sein die zu späte und darum schauerlich vergebliche und doch endlos währende Einsicht deiner Seele in die gänzliche Wertlosigkeit all deiner irdischen Taten, Worte und Gedanken vor dem heiligen und gerechten Gott; eine entsetzliche Übersicht über alles endgültig Verfehlte; ein furchtbares stetes Alleinsein mit jedem Werk, Wort und Gedanken deines einstigen, im angeborenen Sündenzustand hingebrachten Lebens. Das wird der Zustand sein, wo, wie Jesus sagt, der Wurm nicht stirbt und die Flamme nicht verlischt. Das ist die ewige Ernte deiner in ihrem vollen Ertrage aufgehäuften, ausgereiften Sündenknechtschaft, nämlich gemäß unserer Betrachtung – ewiger Betrug, ewige Qual, ewige Schuld, ewiges Gericht, ewige Knechtschaft. Nicht Gott, du selbst hast dir dies geschaffen.

Denn es gab auch für dich eine Befreiung von der Sündenknechtschaft, eine wahre, wirkliche Freiheit, denn das andere Wort Jesu lautet: „Wenn nun der Sohn euch frei machen wird, so werdet ihr wirklich frei sein. “

II.

Was dem moralischen „Du sollst“ des Sittengesetzes nicht möglich war, und was auch das „Fleisch“, die menschliche Natur, nicht vermochte, nämlich das Gesetz der Sünde zu durchbrechen, das tat Gott, indem er seinen eigenen Sohn in Gleichheit des Fleisches der Sünde und für die Sünde sendend, die Sünde im Fleische verurteilte. Gott warf unser aller Sünde auf Jesus, das Lamm Gottes, indem er den, der Sünde nicht kannte, für uns zur Sünde machte, auf daß wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm. (2. Kor. 5,21)

Das scheint dir unfaßbar, und das Wort Gottes selber sagt, daß dir diese Befreiungstat Gottes im stellvertretenden Opfer Jesu Christi am Kreuz eine Torheit und ein Ärgernis scheint (1. Kor. 1,18). Dennoch beruht auf dem Gesetz des stellvertretenden Opfers die Daseinsmöglichkeit der Welt und alles Lebens. Du findest es vernünftig, daß ein Vater als stellvertretendes Familienoberhaupt sich für seine Familie haftbar macht und sich täglich für sie opfert. Würden die Väter dieses Opfer fliehen, so gäbe es bald keine Familie mehr. Ebenso findest du es vernünftig, daß die Mutter in steter Hingabe ihr Leben opfert für das Leben ihrer Kinder. Würden die Mütter dieses stellvertretende Opfer verweigern, bald würden keine Kinder mehr aufgezogen, ja kaum noch geboren werden, wie es ja schon teilweise der Fall ist. Auch findest du es – wie nun einmal die Dinge liegen – für unerläßlich, daß im Notfalle die Söhne eines Volkes als stellvertretende Opfer ihr Blut auf dem Schlachtfelde fließen lassen für den Bestand ihres Volkes. Würden die Söhne eines Volkes dieses Opfer ablehnen, ihre Nation würde in Schande und Knechtschaft untergehen.

So und in noch viel unergründlicherer Weise hängt auch der Bestand der Menschheit ab vom stellvertretenden Opfer des Menschensohnes Jesus Christus.

Der Sündenfall war geschehen. Was sollte nun aus dem Sünder und der Sünde werden? Als der heilige und gerechte Gott hätte Gott die Sünde am Sünder richten und den Sünder vernichten müssen. Denn die Heiligkeit Gottes schließt jede Gemeinschaft mit der Sünde aus. Was hat das Licht gemein mit der Finsternis? Aber als der Alliebende erbarmte er sich über die verführten, gefallenen Stammeltern der Menschheit. Zwar müssen sie bis zu einem gewissen Grade die Folgen des Falles um ihrer Erziehung willen als schmerzliche Lebensbeschränkung tragen und auf ihre Nachkommen vererben, aber gleichzeitig empfangen sie den Hinweis auf den, der der Schlange, nämlich Satan, dem Herrn der Sünde, den Kopf zertreten wird, Jesus Christus, den Befreier des gefallenen Menschengeschlechtes. Er steht vor Grundlegung der Welt da als das zuvor ersehene Schlachtschaf (1. Petr. 1,20), als der ewige Leibesbürge, der die Gewähr leistete für die Erschaffung der Menschheit, ja der ganzen Welt. Denn nimmermehr wurde Gott überrascht durch den Fall der Menschen. Darum ist alles nur im Hinblick auf Jesus geschaffen. Ja, durch ihn, das ewige Wort, und für ihn ist alles geschaffen, was da geschaffen ist, und alle Dinge bestehen zusammen in ihm (Joh. 8,58; Joh. 1,3; Röm. 11,36; Kol. 1,16; Hebr. 1,2. 4). – Und er hält Wort. Als die Zeit erfüllt ist, nimmt er Knechts- und Menschengestalt an, erscheint als der von oben her Gekommene in der Gleichheit des Fleisches der Sünde, überwindet die Sünde im Fleische, indem er trotz des Fleisches sündlos blieb, um sich dann als den, der Sünde nicht kannte, für uns zur Sünde machen zu lassen. Und so trug er unsere Sünde an seinem Leibe hinauf an das Holz, die Sünde an seinem Fleische verurteilen lassend und hinwegtragend.

Denn die Sünde mußte gerichtet werden. Sie ist eine schauerliche Wirklichkeit, die zwischen Gott und den Menschen steht. Gott konnte sie ebensowenig durch die Finger blasen, als du es kannst. Ein Gott, der die Sünde nicht als Sünde richtete, wäre kein heiliger und gerechter Gott mehr, und damit überhaupt kein Gott mehr. Was würde man sagen, wenn morgen in Deutschland alle Staatsanwälte und Richter es mit den Gesetzesparagraphen nicht mehr genau nehmen wollten! Es gäbe dann von morgen ab keine Gerechtigkeit in Deutschland mehr. Und doch spricht man törichterweise vom sogenannten „lieben Gott“, dessen Geschäft es ja sei, zu verzeihen! Welche Gedankenlosigkeit! Denn es gäbe dann keine Gerechtigkeit in der ganzen Welt mehr. – Nun wohl, Gottes Erbarmen mit den gefallenen Menschen richtete die Sünde nicht an uns, sondern am geliebten Sohne. Nicht aus Rachsucht – denn es heißt nicht: „Also hat Gott die Welt gehaßt, daß er seinen Sohn gab“, sondern: „Also hat Gott die Welt geliebt“. Um seiner Gerechtigkeit willen mußte er die Sünde richten, und um seiner Liebe willen richtete er sie am Sohne seiner Liebe und nicht an uns. Wunderbare göttliche Harmonie!

Und er, Jesus Christus, der Einzige, der je im Fleische, und doch ohne Sünde, gewandelt, er konnte ein vollgültiges Opfer für uns sein. Wir alle waren abgewichen und überschuldet und also unfähig, weder für uns noch für andere zu bezahlen, untauglich zum Opfer ewiglich. Er aber, der Schuldlose, konnte für uns bezahlen. Er war nie hineingezogen worden in den Bannkreis der menschlichen Verschuldung vor Gott. Er kam von oben, von außen her (Joh. 8,23).

Er konnte Bürge und Mittler sein. Er machte sich haftbar für die, die durch ihn und für ihn geschaffen sind. Er hielt Wort. Jetzt trat er für sie ein. Jetzt empfing er die Strafe an ihrer Statt, damit sie Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt!

Siehe, das ist deine Freiheit!

Hast du schon gehört von Arnold von Winkelried, dem schweizerischen Helden und Sieger in der Schlacht von Sempach (1386)? Wie siegte er denn? Nun, man erzählt, als der Feind wie eine geschlossene Mauer siegesgewiß gegenüberstand, habe Arnold von Winkelried eine Anzahl feindlicher Speere erfaßt und sie sich mit dem Rufe: Der Freiheit eine Gasse! in die Brust gestoßen. Durch seinen Fall bildete sich eine Lücke in der mauergleichen Reihe der Feinde, durch welche die Schweizer dann ein- und durchbrechen und so die Schlacht zu ihren Gunsten entscheiden konnten. – Du verstehst jetzt, was ich sagen will. Du kennst die schreckliche Mauer der Sünde. Keiner hat sie je überstiegen, keiner hat je Bresche in sie gebrochen. Unzählbar ist die Zahl der satanischen Waffen und Geschosse, die auf die von der Sünde eingeschlossene Menschheit gerichtet sind. Nichts als Knechtschaft in Aussicht und Tod, denn Satan scheint völlig Sieger. Und dazu noch Gottes Gericht über jede unserer Niederlagen. Da erscheint der eine, der Sieger von Golgatha. Jeden Stachel der Sünde erfaßt seine Hand und lenkt ihn gegen das eigene Herz: „Der Freiheit eine Gasse!“ „Wen der Sohn frei macht, der ist recht frei!“ Sein Tod zerbricht das eiserne Gesetz der Sünde. Die Heilige Schrift nennt ihn den „Durchbrecher“ (Micha 2,13). Jawohl, er durchbrach jede Schranke, die Satans Herrschaft zwischen Gott gestellt und uns. Er bahnte uns den Weg zu Gott zurück. Er selbst ist der Weg. Hinter ihm her, durch ihn haben wir nun Zugang zu Gott als unserem Vater, denn wir haben im Sohne die Vergebung unserer Sünden, die Erlösung durch sein Blut, und niemand kommt zum Vater, außer durch ihn (Joh. 14,6).

Ahnst du jetzt, was dieser Sieg für dich bedeutet?

Er bedeutet für dich Errettung aus der Gewalt Satans und der Obrigkeit der Finsternis, Befreiung aus der Gefangenschaft und Knechtschaft der Sünde und ihrem Betrug, Befreiung von dem Fluch des Gesetzes und der Qual des bösen Gewissens, das heißt Befreiung von jeder Schuld und dem Endgericht; denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst. – Und das bedeutet Wiederannahme bei Gott, Zufluß der göttlichen Gnade als Wiedererlangung der göttlichen Lebenskraft, gleichbedeutend mit Wiedergeburt des Menschen aus dem Geiste Gottes, infolgedessen Erkenntnis Gottes, Gemeinschaft mit Gott in Christus, Friede und Freude im Heiligen Geiste, Empfang eines ganz neuen Lebens, nämlich des Geistes und Lebens Christi selber.

So wie du durch die Geburt im Fleische in den Zustand der Sündenknechtschaft hineingeboren wurdest, so kommst du durch die Wiedergeburt im Geiste aus der Knechtschaft heraus und wirst hineingeboren in den Zustand der Freiheit der Kinder Gottes. Das meint Jesus, wenn er sagt: Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen. Denn was aus dem Fleische geboren ist, ist Fleisch; was aber aus dem Geiste geboren ist, ist Geist (Joh. 3,3 und 6).

Was hast du nun zu tun, um diese herrliche wirkliche Freiheit für dich persönlich zu ergreifen?

Nur eins! Nämlich zu glauben an die Tat Gottes in Christus Jesus auf Golgatha.

Nichts mehr?

Nein. Aber das ist auch völlig genug. Denn das Kreuz Christi ist das gründlichste Gericht über deinen angeborenen Sündenzustand und die tiefste Verurteilung all deines eigenen Ringens, dich aus diesem Zustande herauszuarbeiten. Sagst du also im Glauben „Ja und Amen“ zu diesem richtenden Werke des Kreuzes, so unterschreibst du damit den endgültigen Bankrott deines Eigenlebens, nämlich den Untergang all deiner eigenen Kraft und Herrlichkeit. Du bist dann in dir selbst nichts mehr als ein verurteilter Verbrecher, ein Verlorener! Gleichzeitig erschaust du aber im Glauben das rettende Werk des Kreuzes, nämlich die Tat Gottes in Christus, wo das vollbracht wurde, was du niemals hättest vollbringen können, nämlich deine Befreiung aus der knechtenden Schuld und Macht der Sünde, die Erlösung von dir selbst, deine Zurückbringung zu Gott durch Jesus, deinen Erretter und Herrn. Was du dann fortan lebst, lebst du durch und für ihn, den Herrn deines neuen Lebens. Das heißt als ein Gerechter seines Glaubens leben.

Denn dem Menschen ist nur eine Freiheit gegeben, und das ist die, sich seinen Herrn selbst zu wählen. Satan brauchst du nicht erst zu wählen, er ist dein schauerlicher Herr vom Sündenfall her; also kann deine einzig mögliche und wirkliche Freiheit nur darin bestehen, Jesus als deinen Erbarmer, Befreier und Herrn zu erwählen. Eine andere Freiheit gibt es nicht. Von der Sklaverei der Sünde unter der Herrschaft Satans freigemacht und Gottes Sklave geworden in Christus Jesus, das ist der Sinn deiner Befreiung (Röm. 6,22).

Wirst du diese Freiheit im Glauben ergreifen?

Es gibt, seitdem die Tat Gottes auf Golgatha in Christus vollbracht wurde, eigentlich nur noch eine Sünde, und das ist die Sünde, nicht an diese Tat Gottes zu glauben: der Unglaube! Ungläubig sein heißt Gott in seinem Urteil über uns nicht recht geben wollen, sondern vor ihm bleiben wollen, wie man ist. Das ist die Sünde aller Sünden. Darum heißt Gott glauben Gott gehorsam werden. Siehe, Gott will mit dir nicht mehr rechten deiner durch Vererbung und Verführung geschehenen Sünden wegen, denn Er ist versöhnt durch Christi Blut. Aber die bewußte Ablehnung dieser Versöhnung, die bewußte Verwerfung deines Befreiers wird die Sünde sein, die dich dennoch ins Gericht bringen und dann alle anderen Sünden nach sich ziehen wird. Denn hinter dieser Ablehnung und Verwerfung steht der trotzige, pharisäische Hochmut des Menschen, der da spricht: Ich will nicht, daß dieser über mich herrsche! Ich will kein Bankrotteur, kein Verlorener, kein Entthronter, kein Gerichteter sein! Ich will keine Erlösung durch die Torheit und das Ärgernis des Kreuzes! Ich bin kein Sündenknecht, ich bin nie jemandes Knecht gewesen! Ich kann mich selbst erlösen, wenn ich Erlösung nötig habe! Hinweg mit diesem, kreuziget ihn! – Und in der Tat, jeder, der so spricht, kreuzigt Jesus in dieser Gesinnung noch einmal. Ihnen gilt das traurige und furchtbare Wort Jesu: „Ihr habt nicht gewollt“. Sie bleiben in ihrer Knechtschaft.

Deren Seelen aber mühselig und beladen sind vom elenden Betrug und von jeder Qual und Schuld im schmählichen Knechtsdienst der Sünde, die enteilen jetzt der Herrschaft Satans und fassen in einfältigem Glauben mit zerschlagenem Herzen und geängstigtem Geiste die Hand Jesu, ihres Befreiers. Ihnen wird es gelingen. Als die Aufrichtigen sind sie aus der Wahrheit und hören die Stimme des Königs der Wahrheit. Und die Wahrheit – Jesus selbst – wird sie frei machen, hat sie frei gemacht, so daß sie ihre Freiheit – ihn selbst – jetzt nur zu ergreifen und zu genießen brauchen.

Mit geöffneten Augen und mit dankbar anbetendem Herzen werden sie dann staunen über die Freiheit, für die Christus sie freigemacht hat. Denn sie besitzen nun die wahre Freiheit, weil sie Macht haben, das zu sein, wozu sie geschaffen sind. Sie erfüllen den Zweck ihres Lebens, denn sie haben Jesus, den Urheber, Erretter und Endzweck ihres Lebens gefunden. Ihre Seele ist aus jeder Angst herausgenommen. Menschenfurcht, Lebensfurcht, Todesfurcht ist von ihnen abgefallen. Ihr Geist ist befreit von jedem knechtischen Joch. Das Blut ihres Herrn hat sie zu Königen und Priestern gemacht, und sie herrschen durch den Glauben auf Erden. Gott ist mit ihnen, wer will wider sie sein? Sie sind Unüberwindliche geworden. Ihr Leben ist untergegangen in Christus, nicht mehr sie leben, sondern Christus, der Herr aller Herren, lebt in ihnen. So sind sie nicht zu töten. Ihre Schätze, ihre Ehre, ihr Bürgertum ist in den Himmeln. So sind sie nicht zu verjagen noch zu berauben. Und doch sind sie treueste Knechte ihres Herrn in jeder Arbeit auf Erden. Ja, sie sind das Salz der Erde und das Licht der Welt. Denn sie sind der Abglanz der Herrlichkeit ihres Meisters und der Abdruck seines Wesens. In Demut und Niedrigkeit gehen sie einher und in vieler Schmach, denn sie müssen gehasst werden um seines Namens willen von allen Menschen. Aber in alledem überwinden sie weit in dem, der sie geliebt hat. Denn sie wissen, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewalten, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf sie zu scheiden vermag von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, ihrem Herrn (Röm. 8,38 und 39).

Sag’, Menschenkind, möchtest du diese Freiheit!

Sie ist für dich da, für dich!

Ergreife sie im Glauben als dein Teil – und sei frei!

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