Beste, Wilhelm - Wegweiser zum inneren Frieden - 8. Kain.

Beste, Wilhelm - Wegweiser zum inneren Frieden - 8. Kain.

Das Bild der Reue ohne Glauben ist nicht vorzugsweise Judas. Wenige gehen hin, wie er, und erhängen sich in der Verzweiflung. Das am meisten wiederkehrende Bild der Reue ohne Glauben ist vielmehr Kain. Verirrt und verwirrt, unstet und flüchtig auf Erden sind alle Sünder, denen mit dem Gefühl der Schuld das Gefühl der Gnade nicht aufgegangen ist. Vom Geschlechte Kains oder doch mit ihm verwandt sind leider Mehre, als man meint. „Wer seinen Bruder hasst, der ist ein Totschläger.“1) Der Hass im Herzen macht verirrt und verwirrt, unstet und flüchtig auf Erden. Wer nicht liebt, hat keine Ruhe. Der Grimm verzehrt seine Seele und das Unglück nagt an seinem Herzen. Heißt es doch vom Kain schon vor dem äußeren Totschlag, dass er ergrimmte und seine Gebärden sich verstellten im Neide, im Hasse, also im inneren Totschlage. Kain war unglücklich, weil er ohne Liebe war. Aber wie er damals sein Unglück nicht als verschuldetes fühlte, so wimmern Viele immerdar mit ihren lieblosen Herzen umher und fühlen statt ihrer Schuld nur ein dunkles, dumpfes, rätselhaftes Unglück. O Herr löse ihnen das Rätsel und offenbare ihnen, dass ihnen weh ist, weil sie nicht lieben! Aber mit dem Licht über ihre Schuld lass ihnen zugleich aufgehen das Licht Deiner Gnade! - Ach Kain, als das Bewusstsein deiner Schuld in deiner Seele brannte; warum musstest du da den verzweifelnden Gedanken fassen: „Meine Sünde ist größer, denn dass sie mir vergeben werden könnte!“ Erst diese Überzeugung entschied die Ewigkeit deiner Unruhe. Dein Unglaube trieb dich hinweg von dem Angesichte deines Gottes und dadurch ins Elend. Hättest du noch an die Gnade geglaubt, du hättest sie gefunden; und mit dem Bewusstsein der Gnade hättest du wieder lieben können, und so wäre dir das Leben wiedergekehrt durch den Glauben in deiner Liebe. Wohl bitten wir, dreieiniger Gott, erwecke in allen Sündern die Reue; aber eben so sehnlich flehen wir: Erwecke in allen Reuigen den Glauben! Denn die Reue ohne den Glauben führt zur Verzweiflung.

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1. Joh. 3,15
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