Beste, Wilhelm - Wegweiser zum inneren Frieden - 49. Die Anziehungskraft und die Schwungkraft.
Ich bewundere Deine Weisheit, mein Gott, wenn ich auf das Widerspiel der beiden Kräfte merke, welche die Erde erhalten in ihrer Sonnenbahn. Würde die Erde nicht hingezogen zur Sonne durch die Kraft der Schwere, so müsste sie fallen in den unendlichen Raum; würde sie nicht ewig weggezogen von der Sonne durch die Schwungkraft, so müsste sie auf die Sonne stürzen, in beiden Fällen aber würde sie zerschellt. So müssen jene beiden Kräfte in ewiger Disharmonie mit einander kämpfen, die ewige Harmonie des Weltalls zu begründen. Wenn aber die Sonne die Erde anzieht, wer zieht jene an? Man spricht von einer Zentralsonne, um die sich alle Welten wälzen. Aber wer hält der Sonnen Sonne? Es heißt von der ewigen Weisheit:
„Sie hing in lichten Fernen
Hoch über uns hinauf.
Die Sonne mit den Sternen
Uns zu erleuchten auf.
Da hänget sie an Nichts;
Von Dir nur unterstützet,
Wärmt, leuchtet und erhitzet
Sie, Schimmer Deines Lichts.“
Da hängt sie an Nichts? Ja, an nichts Anderem, als an Gott Selbst. Indem aber der Sonnen Sonne an Gott hängt und alle Sonnen an ihr, hängt an Gott das ganze Reich der Natur. Diese aber bildet ab das Reich der Geister. Meine Seele sehnt sich nach Dir, mein Gott, Du meine Sonne. In deiner Nähe muss ich sein, und Du ziehst mich selbst zu Dir durch Deinen heiligen Geist. Zögest Du mich nicht an Dich, ich stürzte hinunter in die unendliche Leere und Öde und ginge zu Grunde, gleich wie die Erde, wenn sie nicht mehr gezogen würde zur Sonne. Wie aber jene von dieser in gemessener Entfernung gehalten wird durch die Schwungkraft, so hast auch Du, ewige Sonne, Dich in ein Licht gehüllt, dazu Niemand kommen kann, 1) und Du, der ewig Nahe, bist zugleich der ewig Ferne, und ich kann nicht wohnen in Deinem wesentlichen Feuer, ohne zu sterben. Ach, wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue ?2)