Beste, Wilhelm - Wegweiser zum inneren Frieden - 43. Wesen und Wirken.

Beste, Wilhelm - Wegweiser zum inneren Frieden - 43. Wesen und Wirken.

Es ist wahr: Aus dem Wesen erwächst das Wirken. Erst muss ich Etwas sein, ehe ich Etwas wirken will. Das Wesen predigt. Sollen doch Die, welche nicht glauben an das Wort, durch der Weiber Wandel ohne Wort gewonnen werden1). Wahrlich, Alle, die mit dem göttlichen Geiste erfüllt sind, halten eine göttliche Predigt an die Menschheit durch ihr Sein. Sie sind ein Brief Gottes an die Menschen voll himmlischer Enthüllungen. Darum sagt Paulus zu den Gläubigen in Korinth: „Ihr seid unser Brief, der erkannt und gelesen wird von allen Menschen, die ihr offenbar worden seid, dass ihr ein Brief Christi seid, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes2).“ Ich will daher mit Furcht und Zittern schaffen und in Glauben beten, dass mein Wesen sich bessere. Dann wird sich auch meine Wirksamkeit an den Seelen bessern. Aus dem Wesen erwächst das Wirken. Aber eben so wahr ist auch: Durch das Wirken wächst das Wesen. „Indem man schmiedet wird man Schmied.“ Die andauernde und wiederholte Tat wirkt zurück auf das Wesen. Aus dem Adel der Gesinnung stammt edle Tat; aber aus edlen Taten wird auch edles Wesen. Nur Erzogene können erziehen; aber Erzieher werden dennoch immerfort mit erzogen. Selbst im Talmud finde ich in Bezug hierauf das wahre Wort: „Ich habe Vieles von meinen Lehrern, mehr von meinen Mitschülern, das Meiste von meinen Schülern gelernt.“ Unser Wesen ist ein Magnet, der ja immer stärker wird, je mehr er tut. Wohl könnte er nicht an sich ziehen, wenn er die Anziehungskraft nicht in seinem Wesen hätte vor dem Ziehen; aber seine Anziehungskraft würde nicht zunehmen, sondern abnehmen, wenn er nicht zöge. So können auch wir nicht wirken ohne die wesentliche Kraft; aber die Kraft wird uns verstärkt durch die Wirkung.

Herr Jesus Christus, gib uns von Deinem Wesen, dann werden wir wirken, und wenn wir wirken, wird Dein Wesen in uns wachsen. O fange nur erst an, uns zu begaben mit Dir selbst, dann können wir Dich nicht mehr entbehren. Je reicher wir werden an Deinem Geist, desto mehr verlangt uns nach Dir! Je mehr die Menschen vom Golde erlangen, desto goldgieriger werden sie; je mehr sie Gott erlangen, desto gottbegieriger werden sie! Aber welch ein Unterschied! Wer goldbegierig ist, behält das Gold für sich; wer gottbegierig ist, teilt vom göttlichen Wesen mit. Der Besitz des Goldes würde durch Mitteilung verkleinert werden; der Besitz Gottes wird durch Mitteilung vergrößert.

1)
1 Petri 3, 1.
2)
2 Kor. 3, 2. 3.
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