Beste, Wilhelm - Wegweiser zum inneren Frieden - 40. Erstes oder letztes Viertel?

Beste, Wilhelm - Wegweiser zum inneren Frieden - 40. Erstes oder letztes Viertel?

Man soll die Menschen nicht beurteilen nach dem Maß ihrer gegenwärtigen Größe, sondern nach den fördernden und verzehrenden Kräften, von denen sie regiert werden. Siehe den Mond, der vor Kurzem voll war und jetzt abzunehmen beginnt. Er ist noch sehr groß. Wie klein ist dagegen die erste Sichel des wiedererscheinenden Mondes! Und dennoch ist mir letztere lieber und zukunftsvoller, als jener. Jener wird allmählig zum letzten Viertel, diese zum ersten Viertel. Noch sind sich Beide, nach äußerem Maß gemessen, mindestens gleich. Aber wie verschieden erscheinen sie Dem, der nicht nach äußerem Umfang, sondern nach den wirkenden Kräften misst. Das letzte Viertel ist im Abnehmen, das erste im Zunehmen. Jenes wird allmählig zu Nichts, dieses zur Fülle. Wohlan denn, so will ich die Menschen nicht ferner beurteilen nach ihrem dermaligen Sein, sondern nach den Kräften ihres Werdens. Von einem Menschen mit geringer Kraft, die im Zunehmen ist, will ich mir Mehr versprechen, als von einem Menschen mit großer Kraft, die im Abnehmen ist. Wie viel mehr Ursache habe ich, zwei gleichglänzende Persönlichkeiten verschieden zu beurteilen, wenn die eine früher mehr geglänzt hat, als die andere. Die eine ist der abnehmende, die andere der zunehmende Mond. Heute sind sie noch gleich, morgen schon ungleich und zuletzt werden sie wie Licht und Finsternis einander entgegengesetzt sein.

Was in der Natur die Sonne dem Monde ist, das ist im geistlichen Leben Christus der Seele. Fängt Christus, die Sonne der Gerechtigkeit, erst an, die Seele anzuscheinen, so ist damit schon prophetisch die Hoffnung ihrer völligen Durchleuchtung gegeben.

„Der in euch angefangen das gute Werk, der wird es auch vollführen.1)“ Wehe aber der früher hellen Seele, in der das Licht Christi zu erlöschen beginnt! Sie ist in Gefahr, ganz dunkel zu werden.

O Gott! wie steht's um meine Seele? Sie ist zum Teil durch Dein Gnadenlicht erleuchtet, zum Teil noch im Dunkel. Wird das Licht siegen oder die Finsternis? Habe Dank, ich darf glauben an den Sieg des Lichtes. Denn Du hast mir Sehnsucht nach dem Licht gegeben; Sehnsucht aber ist Hinwendung und Hinwendung die Bedingung der Anstrahlung. Aber der Abwendung folgt auf dem Fuße die Verdunklung.

1)
Phil. 1, 6.
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autoren/b/beste/beste-wegweiser/beste-wegweiser-40.txt · Zuletzt geändert: von aj
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