Bengel, Johann Albrecht - Ein Feuer auf Erden
Unser Heiland sagt: Ich bin gekommen, dass ich ein Feuer anzünde auf Erden. was wollte ich lieber, denn es brennete schon! Solches Feuer ist eine heilige, von dem Heiligen Geist selbst angezündete Flamme des Herzens. Wenn ein Christ die fröhliche Lehre von Christus wahrhaftig erkennt, wird er aus Trieb und Kraft dieser Erkenntnis in der Liebe zu Gott und zu Christus entzündet. Von Natur sind wir alle tot, unwissend, blind, träg, erstorben, kalt und unfruchtbar. Es ist kein guter Funke in unseren Herzen. Wo man aber mit dem Wort Gottes recht umgeht, muss ein seliges Brennen im Herzen entstehen. Dieses Feuer macht das Herz ganz lustig und freudig. Das ist keine selbstgemachte Freude, keine leere Einbildung, kein Irrlicht. Es verzehrt die noch übrige Trägheit und Härtigkeit des Herzens. War das Herz zuvor wie ein Stein, so ist's nun wie zerschmolzenes Wachs. Diese Flamme brennt zwar nicht immer im gleichen Grad. Doch muss ihre Glut immer im Herzen erhalten werden. Öfters entzieht Christus seine Gegenwart, aber sein Andenken muss immer bleiben.
Mein Christ, hast du etwas davon erfahren? Untersuche dein Herz! Brennt dieses etwa von Unreinigkeit? Oder ist deine Zunge ein Feuer, aus der Hölle entzündet? Ober brennt in deinem Herzen eine sündliche Anhänglichkeit an die Kreaturen? Das ist fremdes Feuer in der Wohnung Gottes. Am Feuer und Holz, am Wort Gottes und Predigen fehlt's nicht. Wo ist aber das Opferlamm? Wer will sein Herz dazu hergeben? Lasst uns doch die Gabe Gottes erwecken, die wir bisher unter der Asche haben liegen lassen! Lasst uns den Funken benützen, der auch jetzt in unser Herz fällt.
Siehe zu, o Mensch, dass es dir ein rechter Ernst sei. Gibt dir dein Herz dies Zeugnis und du findest doch dies Feuer nicht, so sei dennoch getrost! Christus wandelt dennoch mit dir, wiewohl deine Augen gehalten werden. Bleibe getreu an ihm; betrachte das Wort, und lass dich gerne strafen. Die Augen werden dir geöffnet, und das Döchtlein wird nicht ausgelöscht, sondern angezündet werden.