Baxter, Richard - Zuruf an Unbekehrte.
Ezechiel 33,11
So sprich zu ihnen: So wahr, als Ich lebe, spricht der Herr Herr, Ich habe keinen Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern daß der Gottlose sich bekehre von seinem Wesen und Leben. So bekehret Euch doch nun von Eurem bösen Wesen. Warum wollt Ihr sterben, Ihr vom hause Israel?
Mir, wie vielen andern Menschen, ist es stets ein erstaunliches Wunder gewesen, in der heiligen Schrift zu lesen, wie wenige selig werden, und daß die Mehrzahl auch der Berufenen von dem Himmelreiche ewig ausgeschlossen seien, und mit den Teufeln in ewigem Feuer gequält werden. Die Ungläubigen wollen es nicht glauben, wenn sie’s lesen, darum müssen sie’s erfahren; die Gläubigen aber müssen mit Paulus ausrufen: (Röm. 11,33.) „O welch eine Tiefe des Reichthums, beides der Weisheit und der Erkenntniß Gottes, wie gar unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege!“ Aber die Natur selbst lehrt uns, den Tadel böser Thaten auf den Thäter zu legen; und wenn wir daher irgend ein Verbrechen bemerken, treibt uns ein Grundsatz der Gerechtigkeit an, nach dem Thäter zu forschen, damit das Ueble der That auf ihren Urheber das Ueble der Schande bringe. Wenn wir einen Menschen an der Straße ermordet fänden, wenn wir eine Stadt muthwillig angezündet sähen, würden wir sogleich fragen: Welcher grausame Bösewicht hat das gethan? Und so müssen wir denn auch, wenn wir lesen, daß die Meisten ewig in der Hölle brennen werden, nothwendig denken: Woher kommt das? Wer ist Schuld daran? Wer ist so grausam, so etwas zu bewirken? Und wir treffen wenige, die die Schuld eingestehn wollen. Zwar geben Alle zu: daß der Satan die Schuld trägt; aber damit ist der Zweifel nicht gelöst, weil er ja nicht die Haupt-Ursache ist. Er zwingt die Menschen nicht zu Sünde, sondern versucht sie nur, und überläßt es dann ihnen, einzuwilligen, oder die Versuchung abzuweisen. Er treibt die Menschen nicht in’s Wirthaus, öffnet ihnen nicht mit Gewalt den Mund, gießt ihnen das Getränkt nicht hinein; er hält sie nicht, so daß sie nicht zum Gottesdienst gehn könnten; er reißt nicht die heiligen Gedanken aus ihrem herzen. Daher schwankt die Frage nur zwischen Gott und dem Sünder. Einer von beiden muß die Grund-Ursache von all diesem Elend sein; denn ein Anderer ist ja nicht vorhanden, von dem noch die Rede sein könnte. Gott nur weist die Schuld von sich; er will sie nicht auf sich nehmen, die Sünder aber wollen sie gewöhnlich auch nicht tragen, und das ist eben der Streit, von dem in meinem Texte die Rede ist.
Der Herr beklagt sich über die Menschen, und die Menschen denken, Gott sei Schuld an dem Uebel. So sagen sie geradezu: (18,25) der Herr handelt nicht Recht! und in unserm Abschnitte (v. 10.): Unsere Sünden und Missethaten liegen auf uns, daß wir darunter vergehn, wie sollen wir denn leben? Gleich als sprächen sie: Wenn wir sterben und elend sein müssen, wie können wir uns helfen? Als läge die Schuld nicht an ihnen, sondern an Gott. Gott aber reinigt sich in meinem Texte davon, und sagt ihnen, wie sie sich helfen können, wenn sie nur wollen, und redet ihnen zu, die Mittel zu gebrauchen, und wenn sie sich nicht überreden lassen wollen, so belehrt er sie, daß es ihre eigene Schuld ist, und wenn ihnen das nicht genügt, so wird er nicht zaudern, sie zu bestrafen. Er wird der Richter sein, und er wird sie richten nach ihren Wegen; sie werden weder ihn, noch sich selbst richten, denn es fehlt ihnen Macht und Weisheit und Unpartheilichkeit; ihr Hadern aber mit Gott wird ihnen nichts helfen, und die Vollstreckung des gerechten Urtheils, über das sie murren, nicht verzögern.
Die Worte unsres Verses enthalten 1) Gottes Reinigung von dem Vorwurfe, an ihrem Verderben Schuld zu sein. Er reinigt sich aber nicht dadurch, daß er sein Gesetz zurücknähme, daß der Gottlose sterben soll; oder daß er die durch dieß Gesetz begründeten Gerichte und Strafen zurücknähme, oder daß ihnen irgend eine Hoffnung gäbe, daß das Gesetz nicht vollzogen werden soll; sondern durch die Erklärung, daß er nicht an ihrem Tode, sondern an ihrer Bekehrung zum Leben Gefallen findet, und das bekräftigt er ihnen durch einen Eid. 2) eine ausdrückliche Ermahnung an die Sünder, sich zu bekehren, in welcher Gott nicht nur gebietet, sondern auch überredet, und sich sogar herabläßt, die Sache vernünftig mit ihnen zu überlegen. Warum wollen sie sterben? Der Hauptzweck dieser Ermahnung ist, daß sie sich bekehren und leben mögen! Die untergeordneten Zwecke, für den Fall, daß jener nicht erreicht wird, sind diese beiden: Erstens sie durch die Mittel, die er gebraucht, zu überführen, daß Gott an ihrem elende nicht Schuld ist. Zweitens, ihnen durch ihre offenbare, muthwillige Verwerfung seiner Gebote und Ermahnungen zu beweisen, daß sie selbst Schuld sind, und daß sie sterben, weil sie sterben wollen.
Diesen Inhalt unseres Textes sprechen folgende Sätze aus:
- Es ist Gottes unwandelbares Gesetz, daß die Gottlosen sich bekehren oder sterben müssen.
- Es ist Gottes Verheißung, daß die Gottlosen leben sollen, wenn sie sich bekehren.
- Gott hat Gefallen an der Bekehrung und Errettung der Menschen, aber nicht an ihrem Tode und ihrer Verdammniß. Er will lieber, daß sie sich bekehren und leben, als daß sie dahin gehen und sterben.
- Es ist dieß eine gewisse Wahrheit, die Gott, um sie den Menschen ganz unzweifelhaft zu machen, feierlich mit einem Eide bekräftiget hat.
- Der Herr verdoppelt seine Befehle und sein Zureden an die Sünder, sich zu bekehren.
- Der Herr läßt sich herab, die Sache vernünftig mit ihnen zu besprechen, und fragt die Sünder: warum sie sterben wollen?
- Wenn nach alle dem die Sünder sich nicht bekehren, so ist es nicht Gottes, sondern ihre eigene Schuld, daß sie untergehn; ihr eigner Wille ist die Ursache ihrer Verdammniß; sie sterben, weil sie sterben wollen.
Nachdem ich euch den Text nun in diesen einfachen Sätzen offen vor Augen gelegt, will ich der Reihe nach über jeden derselben einiges sagen.
Erster Satz: Es ist Gottes unwandelbares Gesetz, daß die Gottlosen sich bekehren oder sterben müssen.
Wenn ihr Gott glauben wollt, so glaubt: Für jeden Sünder giebt es nur zwei Wege, Bekehrung oder Verdammniß. Ich weiß wohl, daß sich die Gottlosen schwer von der Wahrheit oder Gerechtigkeit dieses Satzes überzeugen werden; was Wunder, daß die Verbrecher mit dem Gesetze hadern? Wenig Menschen sind geneigt, etwas zu glauben, wovon sie wünschen, daß es nicht wahr sei; noch wenigere wollen, daß das wahr sei, wovon sie fürchten, daß es ihnen entgegen sei. Aber Hader mit dem Gesetze oder mit dem Richter wird den Missethäter nicht retten; Beachtung des Gesetzes hätte vielleicht seinem Tode vorgebeugt, Verwerfung und Schmähung desselben kann ihn nur beschleunigen. Wäre es nicht so, Hunderte möchten wohl ihre Gründe gegen das Gesetz vorbringen, ehe einmal Einer Gründe dafür brächte, und die Menschen würden viel lieber ihre Gründe anführen, warum sie nicht zu bestrafen seien, als die Befehle und Gründe der Obrigkeit hören, welche Gehorsam verlangt. Das Gesetz ist euch nicht gegeben, daß ihr es beurtheilen sollt, sondern daß es euch beherrsche und richte.
Für den Fall jedoch, daß wirklich Einer so verblendet wäre, Zweifel an der Wahrheit oder Gerechtigkeit jenes göttlichen Gesetzes zu wagen, will ich beide kurz so nachweisen, daß es, meiner Ansicht nach, einem vernünftigen Manne genügen kann.
Zuerst also, wenn ihr zweifelt, ob dieß wirklich Gottes Wort ist, so mögen euch, abgesehen von hundert andern Stellen, folgende wenige genügen: „Matth. 18,3.) „Wahrlich, ich sage euch: es sei denn, daß ihr euch umkehrt, und werdet wie die Kinder, so könnt ihr nicht in das Reich Gottes kommen.“ – (Joh. 3,3.) „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, es sei denn, daß Jemand von Neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ – (2 Cor. 5,17.). „Darum ist Jemand in Christo, so ist er eine neue Creatur, das Alte ist vergangen, siehe, es ist Alles neu geworden.“ – (Col. 3,9.10.) „Ziehet den alten Menschen aus mit seinen Werken, und ziehet den neuen an, der da verneuert wird zu der Erkenntniß, nach dem Ebenbilde deß, der ihn geschaffen hat.“ – (Hebr. 12,14.) „Ohne Heiligung wird Niemand den Herrn sehen.“ – (Röm. 8,8.9.) „Die aber fleischlich sind, mögen Gott nicht gefallen. Wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein.“ – (Gal. 6,15.) „Denn in Christo Jesu gilt weder Beschneidung etwas, noch Vorhaut etwas, sondern eine neue Creatur.“ – (1 Petr. 1,3.) „Nach seiner großen Barmherzigkeit hat er uns wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung.“ – (V. 23.) Alle, die da wiedergeboren sind, nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Saamen, nämlich aus dem lebendigen Worte Gottes, das da ewiglich bleibet.“ – (1 Petr. 2,2.) „Seid begierig nach der vernünftigen lautern Milch, als die jetzt gebornen Kindlein, auf daß ihr durch dieselbige zunehmet.“ – (Ps. 11,4.) „Der Herr prüfet den Gerechten; aber seine Seele hasset den Gottlosen, und die gern freveln.“
So wie ich diese so einfachen Worte nicht erst zu erklären brauche, so scheint es mir auch nicht nöthig, noch mehrere von der Menge gleichlautender beizufügen. Glaubst du dem Worte Gottes, so wird das hinreichen, dich zu überzeugen, daß der Gottlose sich bekehren muß, oder verdammt wird. So weit seid ihr gebracht, daß ihr dieß entweder als wahr anerkennen, oder geradezu sagen müßt, daß ihr dem Worte Gottes nicht glauben wollt. Seid ihr aber einmal dahin gekommen, dann ist wenig Hoffnung mehr für euch; dann sorgt für euch, so gut ihr könnt; denn dann ist zu erwarten, daß ihr nicht lange mehr der Hölle entgehen werdet. Ihr fahrt gleich auf, wenn man euch einer Lüge zeihen wollte; und ihr wagt es, Gott Lügen zu strafen? Wenn ihr aber Gott unumwunden sagt, daß ihr ihm nicht glauben wollt, dann tadelt ihn nicht, wenn er euch nicht mehr warnt, wenn er euch verläßt, und als hoffnungslos aufgiebt; wozu sollte er euch warnen, wenn ihr ihm nicht glauben wollt? Wenn er euch auch einen Engel vom Himmel sendete, ihr würdet ihm doch nicht glauben, denn ein Engel kann ja auch nur das Wort Gottes reden, und wenn er euch ein anderes Evangelium predigte, müßtet ihr ihn für verflucht halten. (Gal. 1,8.) Und gewiß, kein Engel verdient mehr Glauben, als der Sohn Gottes, der vom Vater kam, um uns diese Lehre zu bringen. Glaubt man ihm nicht, so wird man auch allen Engeln des Himmels nicht glauben. Und wenn ihr so mit Gott steht, dann muß ich euch verlassen, bis er auf eine überzeugendere Weise mit euch spricht. Gott hat eine Stimme, die sich schon hörbar machen wird! Wohl bittet er euch, auf die Stimme des Evangeliums zu hören; aber die Stimme seines Verdammungs-Urtheils wird er euch, ohne zu bitten, vernehmlich machen. Zum Glauben können wir euch nicht zwingen; aber zum Fühlen wird euch Gott schon zwingen!
Aber laßt doch hören: Warum glaubt ihr denn nicht an das Gotteswort, daß sich die Gottlosen bekehren müssen, oder verdammt werden? Ich kenne eure Gründe wohl: ihr findet es unwahrscheinlich, daß Gott so ungnädig sein soll; es scheint euch grausam, für eine solche Kleinigkeit, als ein sündiges Leben, einen Menschen ewig zu verdammen. Und dieß leitet uns zu dem zweiten Punkte hinüber, zu der Rechtfertigung der Gesetze und Gerichte Gottes.
- werdet ihr denn doch wohl nicht läugnen, daß es einer unsterblichen Seele höchst angemessen ist, durch Gesetze regiert zu werden, welche unsterbliche Belohnung versprechen, oder endlose Strafe drohen. Sonst paßte ja das Gesetz nicht für die menschliche Natur, welche mit geringeren Mitteln, als durch Hoffnung oder Furcht ewiger Dinge gewiß nicht zu beherrschen ist. Ist es doch eben so mit zeitlichen Strafen; würde jetzt auf ein besonders schweres Verbrechen hundertjährige Gefängnißstrafe gesetzt, so könnte das wohl etwas wirken, da es unserer Lebensdauer gleichkommt. Hätte es aber vor der Sündfluth, wo die Menschen acht bis neun hundert Jahre lebten, keine andern Strafen gegeben, so hätte das nicht ausgereicht, weil die Menschen gewußt hätten, daß ihnen doch noch Jahrhunderte, nach überstandener Strafzeit, übrig blieben.
- werdet ihr, denk ich, zugeben, daß die Verheißung ewiger und unbegreiflicher Herrlichkeit der Weisheit Gottes, wie der menschlichen Natur wohl entspricht; warum wollt ihr nicht dasselbe von der Androhung endlosen, unaussprechlichen Elends glauben?
- Wenn ihr im Worte Gottes findet, daß es „so ist“ und „so sein wird,“ haltet ihr euch dafür stark genug, diesem Worte zu widersprechen? Wollt ihr euren Schöpfer vor Gericht fordern, und sein Wort der Falschheit anklagen? Wollt ihr euch hinsetzen, und ihn nach dem Gesetze eurer Lüste richten? Seid ihr weiser, besser, gerechter, als er? Muß der Herr des Himmels bei eurer Weisheit in die Schule gehen? Soll die unendliche Weisheit von der Thorheit lernen, oder die unendliche Güte von einem unfläthigen Sünder, der sich nicht eine Stunde rein halten kann, zu Rechte gewiesen werden? Soll der Allmächtige vor des Wurmes Richterstuhl stehen? Furchtbare Anmaßung des unsinnigen Staubes! Der Maulwurf, der Erdenkloß, ja der Misthaufen beschuldigt die Sonne der Finsterniß, und will selber der Welt leuchten! Wo war’t ihr, als der Allmächtige Gesetze machte, daß er euch nicht zu Rathe zog? Gewiß machte er sie vor eurer Geburt, ohne euren Rath zu verlangen, und ihr kamt zu spät in die Welt, um sie abzuändern. Wenn ihr so Großes hättet thun können, hättet ihr aus eurem Nichts auftauchen, ihr hättet Christo widersprechen sollen, da er auf Erden war, und Mosi schon früher; ihr hättet Adam und sein sündiges Geschlecht von dem gedrohten Tode erretten sollen, so daß man Christi nicht bedurft hätte! Wenn nun aber Gott seine Geduld und Langmuth euch entzieht, und euch zur Hölle stößt, während ihr noch mit seinem Worte hadert, werdet ihr dann glauben, daß es eine Hölle giebt?
- Ist die Sünde ein so großes Uebel, daß Christi Tod nöthig war, sie zu sühnen, was Wunder, daß sie uns ewiges Elend schafft?
- Wenn die Sünde der Teufel endlose Qualen verdiente, warum nicht auch die der Menschen?
- Ihr solltet, glaube ich, erkennen, daß nicht einmal der beste Mensch, geschweige denn der Gottlose, fähig ist, über das, was der Sünde gebührt, richtig zu urtheilen. Wir sind eben so blind, als partheiisch. Was der Sünde gebührt, kannst du dann erst vollkommen erkennen, wenn du das Uebel der Sünde vollkommen erkannt hast; und das Uebel wieder kannst du nicht vollkommen erkennen, ehe du nicht vollständig erkennst: 1) die Vortrefflichkeit der Seele, welche sie entstellt; 2) die Vortrefflichkeit der Heiligkeit, welche sie befleckt; 3) die Vernünftigkeit und Vortrefflichkeit des Gesetzes, das sie verletzt; 4) die Vortrefflichkeit der Herrlichkeit, die sie verachtet; 5) die Vortrefflichkeit und das Amt der Vernunft, die sie mit Füßen tritt; 6) endlich die unendliche Vortrefflichkeit, Allmacht und Heiligkeit Gottes, gegen den sie begangen wird. Erst, wenn ihr Alles da vollkommen kennt, werdet ihr die ganze Verschuldung der Sünde erkennen. Ihr wißt, daß der Uebelthäter viel zu partheiisch ist, um das Gesetz oder das Verfahren des Richters zu beurtheilen. Wir urtheilen nach dem Gefühl, welches unsre Vernunft gefangen nimmt. Schon in gewöhnlichen, weltlichen Dingen sehen wir, daß die meisten Menschen ihre Sache auch für die gerechte, und Alles, was gegen sie geschieht, für Unrecht halten; vergebens suchen die weisesten, unpartheiischsten Freunde sie vom Gegentheile zu überzeugen. Fast jedes Kind hält den Vater für unbarmherzig und hart, der ihm die Ruthe giebt. Auch der gemeinste, unfläthigste Bösewicht glaubt, daß die Kirche ihm Unrecht thut, wenn sie ihn ausschließt; selten wird ein Dieb und Mörder gehenkt, der nicht Gesetz und Richter der Grausamkeit beschuldigte, wenn ihm das nur helfen wollte!
- Könnt ihr glauben, daß eine unheilige Seele für den Himmel paßt? Ach, sie können Gott hier nicht lieben, noch ihm irgend einen wohlgefälligen Dienst erweisen. Sie sind Gott entgegen; was er am meisten liebt, das verschmähen, was er verabscheut, das lieben sie; schon der unvollkommenen Gemeinschaft mit ihm, die seine Heiligen hier genießen, sind sie unfähig. Wie sollen sie da in der vollkommenen Liebe zu ihm und Freude an ihm, und Gemeinschaft mit ihm leben, die die Seligkeit des Himmels ausmachen? Haltet ihr euch etwa für unfreundlich, wenn ihr Euren Feind nicht zu eurem vertrautesten Rathgeber macht? Oder für unbarmherzig, weil ihr euer Schwein nicht mit in’s Bette oder an den Tisch nehmt? ja es sogar schlachtet, obgleich es durchaus nichts Unrechtes gethan hat? Und doch wollt ihr den unumschränkten Gebieter, den weisesten, gnädigsten Beherrscher der Welt, tadeln, daß er die Unbekehrten zu ewigem Elend verdammt!
Anwendung.
Alle, die ihre Seele lieb haben, bitte ich nun: Statt ferner mit Gott und mit seinem Worte zu rechten, eilt nun zu ihm, und gebraucht es zu eurem Besten. Ihr Alle, die ihr in einer Gemeinde noch unbekehrt seid, nehmt es als eine unzweifelhafte göttliche Wahrheit an: binnen kurzem müßt ihr euch entweder bekehren oder sterben; ein Drittes giebt es nicht. Wenn Gott, der Wahrhaftige, euch das sagt, wenn ihr’s von dem Schöpfer und Richter der Welt hört, dann ist gewiß Zeit, daß wer Ohren hat, höre; seht bei Zeiten, worauf ihr euch verlassen mögt! ihr seid todt und verdammt, wenn ihr euch nicht bekehren wollt! Ich würde lügen, wenn ich anders spräche. Wenn ich es euch verhehlte, wäre ich schuldig an eurem Blute. „Wenn Ich zu dem Gottlosen sage: Du Gottloser mußt des Todes sterben, und Du sagst ihm solches nicht, daß sich der Gottlose warnen lasse vor seinem Wesen, so wird wohl der Gottlose sterben ums eines gottlosen Wesens willen; aber sein Blut will ich von Deiner Hand fordern!“ (Ez. 33,8.) Ihr seht, obgleich die Lehre hart und unwillkommen ist, müssen wir sie doch predigen, und ihr müßt sie hören. Immer ist’s ja doch noch leichter, von der Hölle zu hören, als sie zu fühlen. Wenn es euch nicht so durchaus nothwendig wäre, wollten wir gerne eure zarten Ohren nicht durch Wahrheiten ärgern, die so hart und schmerzlich scheinen. Die Hölle wäre nicht so angefüllt, wenn die Meisten nur den Willen hätten, ihren Zustand zu erkennen, davon zu hören, daran zu denken. Die Ursache, weshalb so Wenige ihr entgehen, ist, weil sie nicht kämpfen, einzugehen durch die enge Thür der Bekehrung und zu wandeln den schmalen Pfad der Heiligung, so lange es noch Zeit ist, und sie kämpfen nicht, weil sie nicht erwacht sind zu dem lebendigen Gefühl der Gefahr, in welcher sie sich befinden; und sind nicht wach dafür, weil sie höchst ungern davon hören oder daran denken; und das kommt zum Theil aus thörichter Verzärtelung und fleischlicher Selbstliebe, zum Theil aber daher, daß sie nicht recht glauben an das Wort, welches diese Gefahr androht. Wenn ihr an diese Wahrheit nicht gründlich glaubt, so müßte, sollt’ ich denken, ihre Wichtigkeit euch zwingen, daran zu denken, und euch verfolgen, und euch keine Ruhe lassen, bis daß ihr bekehrt seid. Wenn ihr dieses Wort nur ein einziges Mal durch die Stimme eines Engels vernommen hättet: „Du mußt dich bekehren, oder sonst verdammt werden; kehr’ um oder stirb,“ würde es da nicht haften in euren Gemüthern, und wie ein Gespenst euch Tag und Nacht verfolgen? so daß während ihr sündiget, ihr daran dächtet, als klänge die Stimme noch in eurem Ohr: „kehr um oder stirb?“ O glücklich wären eure Seelen, wenn es so in euch wirkte, und nie vergessen würde, wenn es euch nicht zufrieden ließe, bis es eure Herzen heimgetrieben hätte zu Gott. – Wenn ihr es ausstoßet durch Vergeßlichkeit und Unglauben; wie kann es da wirken zu eurer Bekehrung und zu eurem Heil? Dies aber nehmet hin mit euch zu eurem Schmerz; obgleich ihr es aus euren Gemüthern verbannen möget, so könnt ihr es doch nicht aus der Bibel hinausbannen, sondern dort wird es stehen als eine besiegelte Wahrheit, die ihr in Ewigkeit an euch selbst erfahren werdet, daß es keinen andern Ausweg giebt, als : „kehr’ um oder stirb.“
Aber wie kommt es denn, daß die Herzen der Sünder von einer so gewichtigen Wahrheit nicht durchdrungen werden? Man sollte glauben, daß jede unbekehrte Seele, welche diese Worte hört, sich bis in’s Herz getroffen fühlen, und bei sich denken sollte: „Das ist mein eigner Zustand,“ und nicht mehr sollte ruhig sein können, bis sie bekehrt wäre. Glaubt mir’s, Freunde, diese schläfrige, sorglose Stimmung wird nicht lange anhalten. Bekehrung und Verdammung sind Beides aufrüttelnde Dinge, und eine oder die andere wird euch das bald fühlen machen. Ich kann es voraussagen, so gewißlich als sähe ich’s mit den Augen, daß entweder die Gnade, oder die Hölle diese Dinge bald euer Innerstes werde durchdringen lassen, so daß ihr sagen werdet: „Was habe ich gethan, welchen thörichten, gottlosen Lauf habe ich genommen?“ Der verschmähende und stumpfsinnige Zustand von Sündern dauert nur eine kleine Zeit, sobald sie entweder umkehren oder sterben, ist der freventliche Traum zu Ende, und kommt ihr Verstand und ihr Gefühl zurück.
Doch ich sehe vorher, daß es zwei Dinge giebt, welche geeignet sind, die Unbekehrten verstockt zu machen, so daß alle meine Mühe verloren ist, wenn sie nicht beseitigt werden können, und diese bestehen in dem falschen Begriff, den man sich von jenen zwei Worten macht: gottlos und umkehren.
Einige werden bei sich denken, es ist wahr, die Gottlosen müssen umkehren oder sterben, aber was geht das mich an, ich bin nicht gottlos, wenn ich auch ein Sünder bin, das sind ja alle Menschen. Andere werden meinen, ja allerdings müssen wir von unsern bösen Wegen umkehren; aber ich bin schon lange umgekehrt, ich hoffe, daß ich dies nicht erst jetzt zu thun brauche. So lange nun gottlose Menschen wähnen, sie seien nicht gottlos, sondern seien schon bekehrt, ist es alles eitle Arbeit, wenn wir sie bewegen wollen, umzukehren. Ehe ich daher weiter gehe, will ich euch hier sagen, wer unter den Gottlosen gemeint ist, und wer die sind, die da umkehren müssen oder sterben; und auch was unter Umkehren zu verstehen, und wer diejenigen sind, welche wahrhaft bekehrt sind. Dies habe ich mit Fleiß bis hierher verspart, weil es so meinem Zwecke besser entspricht.
Es liegt, wie ihr bemerken möget, im Sinne des Textes, daß ein Gottloser und ein Bekehrter Gegensätze sind. Niemand ist gottlos, der bekehrt ist, niemand bekehrt, der gottlos ist, so daß ein Gottloser und ein Unbekehrter ein und dasselbe ist; wenn wir daher den Zustand des Einen aufdecken, haben wir damit den Zustand Beider aufgedeckt.
Bevor ich euch erklären kann, was Gottlosigkeit und was Bekehrung sei, muß ich der Sache auf den Grund gehen und weiter zurück anfangen. Es hat dem großen Schöpfer der Welt gefallen, drei Arten von lebendigen Geschöpfen zu schaffen: die Engel machte er zu reinen Geistern ohne Fleisch, darum bestimmte er sie nur für den Himmel, und nicht auf der Erde zu wohnen. Die vernunftlosen Wesen sind gemacht aus Fleisch ohne unsterbliche Seelen, und deshalb wurden sie nur für die Erde bestimmt, und nicht für den Himmel. Des Menschen Natur hält die Mitte zwischen beiden, indem sie Theil nimmt an dem Fleisch und an dem Geist; er ist daher bestimmt, sowohl für den Himmel, als für die Erde. Wie aber sein Fleisch nur da ist, um ein Diener des Geistes zu sein, so ist seine Bestimmung für die Erde nur ein Durchgang zum Himmel, nicht aber, daß sie seine Heimath oder sein Glück ausmachen soll. Der selige Zustand, für welchen der Mensch geschaffen ist, besteht darin, die glorreiche Herrlichkeit des Herrn zu schauen, und ihn zu preisen unter seinen heiligen Engeln, und ihn zu lieben, und von seiner Liebe erfüllt zu sein ewiglich. Und so wie dies der Zweck war, wozu der Mensch geschaffen worden, so hat Gott ihm auch die Mittel gegeben, welche zur Erreichung desselben angemessen sind. Diese Mittel bestehen vornämlich in zwei: in der richtigen Neigung und Stimmung des menschlichen Gemüthes, und zweitens in der richtigen Anordnung seines Lebens und Handelns. Was das Erste anbelangt, so hat Gott die Stimmung des Menschen seinem Ziele angepaßt, indem er ihm eine Kenntniß von Gott gab, welche seinem gegenwärtigen Zustande entsprach, und ein Herz, das zu heiliger Liebe für Gott gestimmt war, und zu ihm hinneigte. Aber er hat ihn nicht in dieser Lage befestigt, sondern, da er ihn zu einem freien Wesen gemacht hatte, so ließ er ihn in der Hand seines eignen freien Willens. Was das Zweite betrifft, so hat Gott das Seinige dabei gethan; er hat ihm nämlich ein vollkommenes Gesetz gegeben, ihm vorgeschrieben, in der Liebe Gottes zu beharren und ihm vollkommen zu gehorchen. Durch die eigenwillige Verletzung dieses Gesetzes ist der Mensch nicht bloß seiner Hoffnung auf ewiges Leben verlustig gegangen, sondern hat auch sein Herz von Gott abgewendet, und es auf diese niedrigen fleischlichen Dinge gesetzt, und dadurch das geistliche Bild Gottes aus seiner Seele getilgt; so kam der Mensch um die Herrlichkeit Gottes, für welche er bestimmt war, und brachte sich selbst von dem Wege ab, auf welchem er dieselbe erlangt haben würde, sowohl in seinem Herzen, als in seinem Leben. Die heilige Zuneigung und Liebe seiner Seele zu Gott verlor er, und statt dieser faßte er eine Hinneigung und Liebe zu den Ergötzungen seines Leibes, oder seines fleischlichen Selbst, durch irdische Dinge. So ward sein Herz Gott entfremdet und der Welt zugethan. Der Stimmung und Hinneigung seines Herzens folgte sein Leben; seinem fleischlichen Selbst lebte er und nicht Gott, suchte der Welt und seinem Fleische zu gefallen, statt dem Herzen. Mit diesem Grundübel einer verderbten Hinneigung werden wir jetzt alle geboren in dieser Welt! „denn wer will einen Reinen finden bei denen, da Keiner ist?“ (Hiob 14,4.). Wie der Löwe ein wildes und grausames Wesen hat, noch bevor er einen verschlingt, wie die Natter ein giftiges Wesen hat, bevor sie sticht, so haben wir in erster Jugend dieses sündige Wesen schon, bevor wir sprechen oder denken, oder etwas Unrechtes begehen. Und hieraus nun entspringt all die Sünde unseres Lebens; ja nicht allein dies, sondern da Gott nach seiner Barmherzigkeit ein Heilmittel uns ersehen hat, eben den Herrn Jesum Christum, daß er ein Heiland unserer Seelen sei, uns zu Gott zurückbringe und uns wieder beselige, so lieben wir, der Natur nach, unsern gegenwärtigen Zustand und sind verdrossen, aus demselben herausgebracht zu werden. Dieserhalb setzen wir uns gegen die Mittel unserer Wiederherstellung, und obschon die Gewohnheit uns Christo für sein Wohlwollen danken gelehrt hat, so überredet uns doch das fleischliche Selbst, seine Heilmittel abzuweisen, und Ausflüchte zu suchen, wenn an uns der Ruf ergeht, die Arzneien zu nehmen, welche er darbietet, und wenn wir aufgefordert werden, Alles zu verlassen, und ihm zu folgen, zu Gott und zu seiner Herrlichkeit.
Ich bitte euch, dieses Blatt noch einmal zu überlesen, und darauf zu merken, denn in diesen wenigen Worten habt ihr eine treue Beschreibung unseres natürlichen Zustandes, und also das Bild eines Gottlosen; denn ein Jeglicher, welcher im Zustande der verderbten Natur sich befindet, ist ein Gottloser und im Stande des Todes.
Durch dieses nun seid ihr zugleich vorbereitet, zu verstehen, was das heißt, bekehrt zu werden, zu welchem Ende ihr ferner wissen müßt, daß die Barmherzigkeit Gottes, die nicht will, daß der Mensch in seiner Sünde verloren gehe, ein Herstellungsmittel ausersah, indem er seinen Sohn veranlaßte, unsere Natur anzunehmen, und in Einer Person Gott und Mensch zugleich, ein Mittler zwischen Gott und dem Menschen zu werden, für unsere Sünden am Kreuze zu sterben, und uns so von dem Fluche Gottes und der Gewalt des Teufels freizukaufen. Darum nun, da er so uns erlöst hat, hat der Vater uns in seine Hände gegeben als sein Eigenthum. Hierauf machten Vater und Sohn ein neues Gesetz und Stiftung für den Menschen, nicht gleich dem ersten, welches das Leben keinem gab, als nur dem vollkommen gehorsamen, sondern Christus hat ein Gesetz der Gnade, ein Versprechen der Vergebung und unvergänglichen Lebens allen gestiftet, die durch treue Buße und durch Glauben an ihn zu Gott zurückgekehrt sind, vergleichbar einer Vergessenheits-Begnadigung, die von einem Fürsten einer Schaar Empörer dargeboten wird, unter der Bedingung, daß sie die Waffenniederlegen, zum Gesetz zurückkehren, und künftig treue Unterthanen sein wollen.
Doch, da der Herr wußte, daß das Herz des Menschen so gottlos geworden ist, daß, bei alle dem die Menschen, wenn sie sich selbst überlassen bleiben, das Heilmittel nicht annehmen wollen, so hat dieserhalb der heilige Geist es als seine Verpflichtung übernommen, die Apostel zu erfüllen, die heiligen Schriften mit Wunderthaten zu versiegeln, und die Kinder der Auserwählten zu erleuchten und zu bekehren.
Daraus denn sehet ihr, daß wie in der Dreieinigkeit drei Personen sind, der Vater, der Sohn und der heilige Geist, so jede von diesen Personen ihr verschiedenes Werk hat, das vorzugsweise ihm zugeschrieben ward.
Des Vaters Werke waren, uns zu schaffen, uns als seine vernünftigen Geschöpfe durch das Gesetz der Natur zu leiten, über uns darnach zu richten, und, als wir verloren waren, uns einen Wiederhersteller auszuersehen, seinen Sohn zu senden, und sein Lösegeld anzunehmen.
Die Werke des Sohnes für uns waren diese: uns loszukaufen und freizumachen durch seine Genugthuung und Gerechtigkeit, uns die Verheißung der Gnade zu geben, die Welt zu leiten und zu richten als ihr Erlöser nach den Bestimmungen der Gnade, und für uns Verwendung zu übernehmen, daß die Wohlthaten seines Todes uns zu Theil werden möchten, endlich den heiligen Geist zu senden, welches demnach der Vater thut durch den Sohn.
Die Werke des heiligen Geistes zu unserm Besten sind diese: die heiligen Schriften einzugeben, indem er die Apostel erfüllte und leitete, und noch jetzt das Wort durch seine wundervollen Gaben und Werke besiegelt, die ordentlichen Diener des Evangeliums erleuchtet und antreibt, hierdurch sie befähigt, und ihnen hilft, das Wort zu verkündigen, und eben durch dieses Wort die Seelen der Menschen erleuchtet und bekehrt. Demnach wie ihr schon vernünftige Geschöpfe nicht sein könnet, wenn euch der Vater nicht geschaffen hätte, und wie ihr nicht irgend einen Zutritt zu Gott hättet, wenn euch der Sohn nicht erlöst hätte, so könnt ihr keinen Theil an Christo haben, oder selig werden, außer wenn der heilige Geist Euch heiliget.
So könnt ihr nun hierin die verschiedenen Einwirkungen bei diesem Werke der Bekehrung sehen. Der Vater sendet den Sohn, der Sohn erlöset uns und giebt uns die Verheißung der Gnade; der heilige Geist giebt uns dies Evangelium ein und versiegelt es; die Apostel sind Diener des Geistes, um es niederzuschreiben, die Prediger des Evangeliums verkündigen dasselbe, und der heilige Geist macht ihre Predigt wirksam, indem er die Herzen der Menschen öffnet, sie aufzunehmen. Und das alles, um das Ebenbild Gottes der Seele wieder zu gewinnen, das Herz von der Welt und dem fleischlichen Selbst, welchem es zugekehrt war, wieder ab- und Gott zuzuwenden und so den Strom des Lebens in einen himmlischen Lauf zu lenken; alles dieses aber eben durch die gläubige Aufnahme Christi, der der Arzt der Seelen ist.
Aus dem, was ich gesagt, mögt ihr sehen, was es heißt, gottlos zu sein und was, bekehrt zu werden. Noch deutlicher, glaube ich, wird dies auch werden, wenn ich jedes nach seinen einzelnen Theilen beschreibe. Zuerst also wird ein Gottloser an diesen drei Dingen erkannt:
1) Er ist ein solcher, welcher seine höchste Zufriedenheit auf das Irdische stellt, und die Welt mehr liebt als Gott, und sein fleischliches Wohlergehn über die himmlische Glückseligkeit setzt. Er schmeckt die Dinge des Fleisches; doch nimmer erkennt oder schmeckt er die Dinge des Geistes, und obwohl er sagen mag, daß der Himmel besser sei, als die Erde, so schätzt er dies doch nicht so in der That bei sich selbst. Wenn er der Erde sicher wäre, würde er den Himmel aufgeben, und lieber hier bleiben, als dorthin entrückt werden. Ein Leben vollkommener Heiligkeit vor dem Angesichte Gottes und in seiner Liebe und in Gebeten ewiglich im Himmel findet nicht ein solches Gefallen in seinem Herzen, als ein Leben voll Lust und Ehre hier auf Erden. Und obschon er fälschlich bekennt, Gott über alles zu lieben, so hat er doch die Gewalt göttlicher Liebe nie in sich verspürt, sondern sein Sinn ist mehr auf die Welt oder Ergötzungen des Fleisches gerichtet, als auf Gott. Mit einem Worte, wer die Erde vor dem Himmel liebt, und fleischliches Wohlsein mehr als Gott, ist ein gottloser, unbekehrter Mensch.
Auf der andern Seite ist ein bekehrter Mensch erleuchtet, die Lieblichkeit Gottes zu erkennen, und glaubt so sehr an die Herrlichkeit, die mit Gott zu gewinnen ist, daß sein Herz ganz davon ergriffen ist, und mehr hierauf giebt, als auf irgend etwas in dieser Welt. Er würde lieber das Angesicht Gottes schauen und in seiner unvergänglichen Liebe leben, als alle Lust und alle Ergötzlichkeit der Welt haben. Er sieht, daß alles sonst nur Eitelkeit ist, und Gott allein die Seele ausfüllen kann, und dieserhalb läßt er die Welt ziehen, welchen Weg sie will, und legt seine Schätze und Hoffnungen auf den Himmel an, uns ist dann entschlossen, Verzicht zu thun auf Alles. Wie das Feuer aufwärts steigt, und die Nadel, welche mit dem Magnet bestrichen ist, immer nach Norden sich richtet, so ist die bekehrte Seele gewendet zu Gott. Nichts sonst kann ihr genügen, und nirgends kann sie eine Befriedigung und Ruhe finden, als in seiner Liebe. Mit einem Worte, alle, die bekehrt sind, achten und lieben Gott mehr als die Welt, und die himmlische Glückseligkeit ist ihnen theurer, als ihr fleischliches Wohlergehn. Den Beweis für das, was ich gesagt, könnt Ihr finden in diesen Stellen der Schrift: Philipp. III, 18,21., Matth. VI, 19,20,21., Col. III, 1-4., Röm. VIII, 5-9, 18, 23. Psalm. LXXIII, 25,26.
2) Ein gottloser Mensch ist ein solcher, der zu dem Hauptbedürfniß seines Lebens macht, glücklich zu sein in der Welt und seine fleischlichen Zwecke zu verfolgen. Und obschon er vieles liest und hört und thut in den äußeren Obliegenheiten der Gottseligkeit und schimpfliche Sünden meidet, so ist dies alles doch nur Nebenwerk, und nimmer macht er zu seinem ersten Geschäfte und der Hauptaufgabe seines Lebens, Gott zu gefallen, und die unvergängliche Herrlichkeit zu gewinnen, sondern findet Gott ab mit dem, was die Welt ihm übrig läßt, und weiht ihm nicht mehr Dienste, als das Fleisch erübrigen kann; denn nicht alles will er einsetzen für den Himmel.
Im Gegentheil ist der bekehrte Mensch ein solcher, der es zu seiner ersten Sorge und dem Hauptgeschäfte seines Lebens macht, Gott zu gefallen und selig zu werden; er sieht alle Segnungen dieses Lebens nur als einen Zehrpfennig auf seiner Reise zu einem andern Leben an, und gebraucht die Welt in Unterwürfigkeit gegen Gott; er liebt ein heiliges Leben, und verlangt sehnlichst noch immer mehr Heiligkeit; er hat keine Sünde an sich, die er nicht haßte, und schmachtete und betete und ränge, davon frei zu werden. Das ganze Treiben und alle Richtung seines Lebens geht auf Gott, und wenn er sündigt, ist dies der Gegensatz zu der wahren Richtung seines Herzens und Lebens, und darum steht er wieder auf, und bejammert es, und wagt nicht mit Willen in irgend einer erkannten Sünde zu leben. Da giebt es nichts so Werthes in dieser Welt für ihn, das er nicht aufgeben könnte für Gott und sich dessen entschlagen für ihn und die Hoffnungen der Herrlichkeit. All dies könnt ihr finden: Col. III, 1,2,3,4,5. Matth. VI, 20,33. Luc. XVIII, 22,23,29. und XIV, 18,24,26,27. Röm. VIII, 13. Gal. V, 24. Luc. XII, 21.
3) Die Seele eines Unbekehrten hat weder je das Geheimniß der Erlösung erkannt und gekostet, noch einen angebotenen Heiland dankbar angenommen, noch ist sie beseelt von der Liebe zum Erlöser, noch gewilligt, von ihm als dem Arzte ihrer Seele geleitet zu werden, damit er von der Schuld und der Macht seiner Sünden gerettet und Gott wieder gewonnen würde, sondern sein Herz ist unempfindlich gegen diese unaussprechbare Wohlthat und durchaus entgegen den Heilungsmitteln, durch welche er hergestellt werden könnte. Obschon er geneigt ist, dem Fleische nach religiös zu sein, so ist dennoch seine Seele nimmer Christo hingegeben und den Anregungen und der Leitung seines Wortes und Geistes.
Die bekehrte Seele im Gegentheil, indem sie sich durch die Sünde gerettet fühlt und anerkennt, daß sie den Frieden mit Gott, und die Hoffnungen auf den Himmel verloren hat und in Gefahr eines ewigen Elendes ist, nimmt dankbar die Botschaft der Erlösung an, glaubt an den Herrn Jesum als ihren einigen Retter, und giebt sich dem ganz hin, der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung. Ein Bekehrter nimmt Christum als das Leben seiner Seele an, und lebt durch ihn und braucht ihn als eine Salbe für jegliche Wunde, indem er die Weisheit und Liebe Gottes in diesem wundervollen Werke von der Menschen Erlösung anerkannt. Mit einem Worte, Christus wohnt in seinem Herzen durch den Glauben, und das Leben, das er jetzt lebt, besteht durch den Glauben an den Sohn Gottes, der ihn geliebt und sich selbst für ihn dahingegeben hat; ja, nicht sowohl er lebt, als vielmehr Christus in ihm. Hierfür sehet nach Hiob 1, 11,12. und 3, 19,20. Röm. VIII, 9. Philipp. III, 7,8,9,10. Gal. II, 20. Hiob XV. 2,3.4. 1. Cor. 1,20. u. 11,2.
Ihr seht nun in schlichten Zügen aus Gottes Wort, welches die Gottlosen sind, und welches die Bekehrten. Der unwissende Haufe denkt, wenn ein Mensch nicht schwört und flucht, kein Lästerer, kein Trunkenbold, kein Hurer, kein Erpresser ist, noch irgend wem im Handel und Wandel ein Unrecht thut, und dann etwa bisweilen zur Kirche kömmt, und seine Gebete hersagt, ein solcher könne kein gottloser Mensch sein. Oder wenn ein Mensch, der sich der Trunkenheit, des Schwörens, der Spielsucht oder ähnlicher Laster schuldig gemacht hat, diese nur für die Zukunft vermeidet, so denken sie, daß dieser ein Bekehrter sei. Andere denken, wenn Jemand, der ein Feind und Verächter der Gottseligkeit gewesen ist, sich nun zu dieser wieder bekennt und um deswillen von den Gottlosen gehaßt wird, wie es die Gottseligen sind, dieser müssen nothwendig ein Bekehrter sein. Einige sind so thöricht zu denken, daß sie bekehrt sind, wenn sie irgend eine neue und falsche Meinung aufgreifen, und sich irgend einer gesonderten Partei, als der Wiedertäufer, Quäker, Papisten und andern dieser Art hingeben. Andere wähnen, wenn sie nur das Feuer der Hölle sich haben in Schrecken setzen lassen, Vorwürfe, und Foltern des Gewissens empfunden, dieserhalb Vorsätze gefaßt und Besserung versprochen, und ein Leben von bürgerlichem Wohlverhalten und äußerlicher Religion angenommen haben, daß dies nothwendig eine wahrhafte Bekehrung sein müsse. Dies sind die armen, betrogenen Seelen, die wahrscheinlich um die Wohlthat all unserer Ueberredungen kommen, und wenn sie hören, daß der Gottlose entweder umkehren muß, oder sterben, denken, daß dies nicht zu ihnen gesagt sei; denn sie seien nicht gottlos, sondern bereits bekehrt. Dies eben ist es, weshalb Christus zu einigen von den Großen unter den Juden, welche angesehener und gebildeter, als der gemeine Haufe waren, sagte: „daß Zöllner und Huren wohl eher in’s Himmelreich kommen möchten, denn sie.“ (Matth. 21,31.) Nicht daß eine Hure oder ein grober Sünder selig werden könne ohne Bekehrung, sondern weil einer von jenen groben Sündern leichter zur Einsicht ihrer Sünde, ihres Elends und der Nothwendigkeit einer Umwandelung zu bringen ist, als die gebildetere Classe, die sich selbst betrügt, indem sie denkt, bekehrt zu sein, während sie es doch nicht ist.
O meine Freunde! Bekehrung ist eine ganz andere Art von That, als die meisten darin gewahren. Es ist so ein Geringes nicht, einen irdischen Sinn zum Himmel zuleiten, und einem Menschen die liebliche Allherrlichkeit Gottes zu zeigen, bis er in solcher Liebe zu ihm ergriffen wird, die nimmer kann erschüttert werden; das sündige Herz zu brechen; zu machen, daß der Mensch seine Zuflucht zu Christo nimmt, und ihn dankbar umfaßt als das Leben seiner Seele; den wahrhaften Trieb und Drang des Herzens und Lebens nach Umwandlung zu haben, so daß der Mensch verzichtet auf das, was er für seine Glückseligkeit nahm, und diese fortan in das setzt, worin er sie nimmer vordem suchte. Er lebt nicht mehr demselben Zwecke, und wandelt nicht mehr nach demselben Plane in der Welt, als er vormals that; mit einem Worte, wer in Christo ist, ist „eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, Alles ist neu worden.“ (2. Cor. 5,17.) Er hat ein neues Verständniß, einen neuen Willen, neue Entschlüsse, neue Sorgen und Wünsche und Liebe und Freuden, neue Gedanken, neue Reden, neue Gesellschaft (wo möglich) und eine neue Unterhaltungsweise. Die Sünde, die vordem sie Vergnügen war, ist ihm jetzt so verhaßt und schrecklich, daß er vor ihr wie vor dem Tode flieht. Die Welt, welche so lieblich vor seinen Augen war, erscheint ihm jetzt nur als Eitelkeit und Versuchung; Gott, der vormals von ihm vernachlässigt wurde, ist jetzt das einzige Glück seiner Seele, vordem war er vergessen und jede Lust ihm vorgezogen, aber jetzt ist er zunächst dem Herzen gestellt und alle Dinge müssen ihm Platz machen; das Herz ist aufgegangen in Aufmerksamkeit und Ehrerbietung gegen ihn, ist voll Schmerz, wenn er sein Angesicht verbirgt, und fühlt sich nimmer wohl ohne ihn. Christus selbst, von dem er gewohnt war, nur mit Geringachtung zu denken, ist jetzt seine einzige Hoffnung und Zuflucht, und er lebt von ihm, wie von dem täglichen Brode; er kann nicht beten ohne ihn, ohne ihn sich nicht erfreuen, nicht denken, nicht sprechen, nicht leben ohne ihn. Der Himmel, welcher vordem nur als ein erträglicher Aufenthalt angesehen ward, von dem er hoffte, daß er etwas besser als die Hölle ihm zusagen würde, wenn er nicht länger in der Welt bleiben könnte, ist nun seine Heimath geworden, der Ort seiner einzigen Hoffnung und Ruhe, wo er sehen und lieben und preisen soll den Gott, der bereits sein Herz hat. Die Hölle, welche vormals ihm nur als ein Popanz erschien, die Menschen von der Sünde abzuschrecken, stellt sich ihm nun als ein wirkliches Elend dar, auf das nichts zu wagen, mit der nicht zu scherzen sei. Die Werke der Heiligung, deren er vormals satt war, und in denen er manche Plage als Nothwendigkeit sah, sind ihm jetzt Beides, eine Erholung und ein Beruf und das Gewerbe, für das er lebt. Die Bibel, welche vorher ihm fast nur ein gemeines buch war, ist ihm jetzt ein Gesetz Gottes, ein Brief, geschrieben an ihn, und unterschrieben mit dem Namen der ewigen Majestät; sie ist die Richtschnur aller seiner Gedanken, Worte und Thaten; ihre Befehle sind für ihn bindend, ihre Drohungen schreckvoll, ihre Verheißungen gießen Leben in seine Seele. Die Gottseligen, die ihm bisher nur wie alle andern Menschen vorkamen, sind jetzt die hervorragendsten und glücklichsten auf dem Erdkreis; die Gottlosen, die seine Spielgesellen waren, sind jetzt sein Schmerz und er, der über ihre Sünde lachen konnte, ist jetzt eher bereit, über ihr Sündenelend zu weinen. Psalm XVI, 3. u. XV, 4. Philipp. III, 18. Kurz er hat ein neues Ziel bei seinem Denken, einen neuen Weg bei seinen Bestrebungen und darum ist sein Herz und sein Leben neu. Vormals war sein fleischliches Selbst sein Ziel; seine Vergnügungen aber und weltliche Vortheile und Geltung unter den Menschen waren sein Weg; jetzt ist Gott und seine unvergängliche Herrlichkeit, Christus, das Wort, und das göttliche Gesetz sein Ziel. Heiligkeit aber vor Gott, Rechtschaffenheit und Güte gegen die Menschen, diese sind sein Weg. Vormals war sein Ich sein Hauptregent, vor welchem, was von Gott und Gewissen kam, sich beugen und Platz machen mußte; nun ist Gott in Christo durch den heiligen Geist, das Wort und das Amt der Kirche sein Hauptregent, welchem beides, sein Selbst und was irgend von seinem Selbst ausgeht, Platz machen muß; so daß dies keine Umwandlung in einem oder zwei oder zwanzig Punkten ist, sondern in der ganzen Seele, und so das wahre Ziel und die einige Richtung des Lebenswandels. Ein Mensch kann aus einem Wege in einen andern treten, und doch hat sein Gesicht dieselbe Richtung, und geht immer nach derselben Gegend; aber das ist ein anderes Ding, wenn einer ganz rückwärts umkehrt und seine Reise auf dem ganz entgegengesetzten Wege nach einem entgegengesetzten Orte einschlägt. So ist es auch hierin. Ein Mensch kann von der Trunkenheit sich zur Nüchternheit wenden, und seine gute Cameradschaft verlassen, auch andere grobe schimpfliche Sünden aufgeben, und es mit einigen Verpflichtungen der Religion versuchen; aber dennoch geht er immer nach demselben Ziele als vormals, indem er sein fleischliches Selbst obenan stellt über Alles, und diesem immer die Herrschaft über seine Seele überträgt. Allein, wenn einer bekehrt ist, so ist sein Selbst verleugnet und herabgesetzt, dagegen Gott ist erhöht, und eines solchen Angesicht ist nach dem entgegengesetzten Wege gerichtet. Er, der zuvor nur sich hingegeben war, und sich selbst lebte, ist jetzt durch die Heiligung Gott geweiht und lebt in Gott. Vormals fragte er sich selbst, was er mit seiner Zeit, seinen Talenten, seinem Vermögen machen solle, und wendete dieselben für sich an, jetzt aber fragt er Gott, was er mit ihnen beginnen soll, und wendet sie für Gott an. Vormals wollte er Gott in so weit gefallen, als sich dies mit den Ergötzungen seines Fleisches und irdischen Selbst vertrug; aber jetzt will er Gott gefallen, mag auch das Fleisch und sein Ich noch so unwillig darüber sein. Das ist die große Umwandlung, welche Gott in allen hervorbringen will, die selig werden sollen.
Ihr könnt sagen, daß der heilige Geist unser Heiligmacher ist, aber wißt ihr auch, was Heiligung ist? Nun denn! das eben ist sie, was ich euch jetzt eröffnet habe, und jeder Mann und jedes Weib in der Welt muß dessen theilhaft oder zu immerwährender Pein verdammt sein. Sie müssen umkehren oder sterben.
Glaubt ihr dies alles, meine Freunde, oder nicht? Wahrlich, ihr dürft nicht sagen, daß ihr es nicht glaubt; denn hier hört aller Zweifel, alle Weigerung auf. Dies sind nicht Streitfragen, in denen ein gelehrter Frommer dieser Meinung ist, ein anderer einer andern; wo die eine Partei dieses sagt, die andere jenes. Papisten und Anabaptisten und jegliche Sekte unter uns, welche Ansprüche darauf macht, Christen genannt zu werden, alle sind sie übereinstimmend in dem, was ich gesagt, und wenn ihr dem Gott der Wahrheit nicht glauben wollt, und zwar in einem Falle, wo jede Sekte und Partei ihm Glauben schenkt, so seid ihr durchaus nicht zu entschuldigen.
Doch wenn ihr dies glaubt, wie kommt es, daß ihr so ruhig in einem unbekehrten Zustande lebt? Wißt ihr etwa, daß ihr bekehrt seid? und könnt ihr diese wundervolle Umwandlung in eurer Seele finden? Seid ihr wiedergeboren und neu geworden? Sind dies nicht ganz neue Dinge für viele unter euch und solche, die ihr nie an euch selbst wahrgenommen habt? Könnt ihr auch nicht den Tag oder die Woche eurer Umwandlung, oder genau die Predigt, die euch bekehrte, angeben, so findet ihr doch, daß das Werk an euch vollbracht ist, daß solch eine Umwandlung in der That vorgegangen ist, und daß ihr solche Herzen habt, als vorher beschrieben worden sind. Ach! die meisten folgen ihrem weltlichen Geschäfte, und beunruhigen ihre Seelen wenig mit solchen Gedanken. Und wenn sie nur anstößiger Sünden sich enthalten haben und sagen können: „Ich bin kein Hurenjäger, kein Dieb, kein Flucher, kein Schwörer, kein Trunkenbold oder Wucherer; ich gehe zur Kirche, und sage meine Gebete her“ – , so denken sie, daß dies eine Bekehrung sei, und daß sie so gut selig werden können, als irgend einer! Ach“ das ist ein thörichter Betrug eurer selbst! Das ist eine zu arge Verachtung einer endlosen Herrlichkeit und eine zu grobe Versäumniß eurer unsterblichen Seelen. Könnt ihr so leicht über Himmel und Hölle denken? Eure Leiber werden über kurz im Staube liegen, und Engel oder Teufel werden augenblicklich eurer Seelen sich bemächtigen, so daß jeder Mann und jedes Weib von euch allen in kurzer Frist in ganz anderer Gesellschaft und in einer anderen Verfassung sich befinden wird, als worin ihr jetzt seid. Ihr werdet in diesen euren Häusern nur noch um weniges länger wohnen, werdet in euren Werkstätten und auf euren Feldern nur noch um weniges länger arbeiten, werdet nur um weniges länger noch auf diesen Stühlen sitzen und auf dieser Erde wohnen; ihr werdet um ein weniges länger noch mit diesen Augen sehen, mit diesen Ohren hören, mit diesen Zungen sprechen bis zu Auferstehungstage, und könnt ihr euch überwinden, dies zu vergessen? O an welchem Orte werdet ihr bald sein der Freude oder der Pein? O welch einen Anblick werdet ihr in kurzem sehen im Himmel oder in der Hölle? O was für Gedanken werden in kurzem eure Herzen füllen mit unaussprechlicher Wonne oder Entsetzen? welches Geschäft wird bald das eure sein, den Herrn zu preisen mit den Heiligen und Engeln oder mit den Teufeln im Feuer, das nie verlöscht, zu wehklagen? – und dies alles sollte euch gleichgültig lassen? Dies alles aber wird noch dazu endlos sein, besiegelt durch einen unabänderlichen Rathschluß. Ewigkeit, Ewigkeit wird das Maaß eurer Freuden oder Sorgen sein, und dies sollte euch gleichgültig lassen? Und alles dies ist wahr, Freunde, die allergewisseste Wahrheit. Wenn ihr noch werdet ein wenig länger auf- und abgegangen sein, und noch einigemale eingeschlafen sein und aufgewacht, so werdet ihr todt sein und hingegangen, und werdet das alles wahr finden, was ich euch jetzt sage, und dennoch könnet ihr jetzt so ganz gleichgültig bleiben! Dann werdet ihr daran denken, daß ihr diese Predigt hörtet und an diesem Tage, an diesem Orte an jene Dinge erinnert wurdet; ja ihr werdet all dieses tausendmal größer finden, als ihr oder ich es hier vorstellen konnte, und dennoch sollte dies euch gleichgültig lassen! –
Geliebte Freunde, wenn der Herr mich nicht erweckt hätte, diese Dinge zu glauben, und sie mir selbst an’s Herz gelegt, so würde ich in Finsterniß und in dem selbstischen Zustande geblieben sein, und wäre für immer verloren gegangen; aber da er mich treulich dafür empfänglich gemacht hat, so dringt es mich, euch zu bemitleiden, wie mich selbst. Wenn eure Augen so weit geöffnet wären, um die Hölle zu sehen, und ihr gewahrtet eure Nachbarn, die unbekehrt bleiben, obwohl sie, wie ihr, auf Erden für ehrbare Leute galten, und dergleichen etwas für sich selbst im mindesten nicht fürchteten, dennoch dorthin fortgeschleppt werden, so würde solch ein Gesicht machen, daß ihr nach Hause ginget, und dessen abermals und abermals gedächtet, und alle um euch her warntet, wie der verdammte Weltling beim Lucas XVI, 28. seinen Bruder wollte gewarnt haben, damit sie nicht an den Ort der Quaal kämen. Wohlauf denn! der Glaube ist eine Art von Gesicht, er ist das Auge der Seele, die Gewißheit dessen, was wir nicht gesehen; wenn ich Gott glaube, so kommt dies dem Sehen sehr nahe, und daher bitte ich euch, entschuldigt mich, wenn ich halb im Ernst über diese Gegenstände vor euch so spreche, als ob ich sie schon gesehen hätte. Wenn ich morgen stürbe, und es in meiner Macht stünde, von der andern Wellt zurückzukommen, und euch zu sagen, was ich gesehen hätte, würdet ihr nicht willig sein, mich zu hören? würdet ihr nicht glauben, und beachten, was ich euch sagte? Wenn ich eine Predigt euch hielte, nachdem ich todt wäre, und gesehen hätte, was in der künftigen Welt vorgeht, würdet ihr nicht wünschen, daß ich schlichthin die Wahrheit sagte, würdet ihr nicht euch hereindrängen, mich zu hören, und euch dieses zu Herzen nehmen? Aber dies soll nicht sein. Gott hat seinen einmal festbestimmten Weg, euch zu belehren, nämlich die Schrift und seine Diener, und will den Ungläubigen nicht so willfahren, daß er Jemanden von den Todten zu ihnen sendete, und die von ihm geordnete Weise änderte; wenn irgend einer mit der Sonne haderte, so würde Gott ihm nicht so weit willfahren, daß er ein klareres Licht aufstellte. Freunde, ich bitte euch, achtet jetzt auf mich, wie ihr thun würdet, wenn ich von den Todten zu euch käme. Denn ich kann euch solch eine volle Zusicherung der Wahrheit dessen, was ich sage, geben, als wenn ich dort gewesen wäre, und mit meinen Augen gesehen hätte; denn es ist möglich, daß einer von den Todten mich betröge, aber Christus kann euch nimmer betrügen; Gottes Wort, in der Schrift überliefert, und durch Wunder und heilige Werke des Geistes besiegelt, kann nimmer euch täuschen. Glaubt dies oder glaubt nichts. Glaubt dies und folgt dem, oder ihr seid verloren. Jetzt, jetzt, wenn ihr je dem Worte Gottes glaubtet, wenn ihr je für eurer Seelen Seligkeit Sorge truget, laßt mich diese dringende Bitte an euch thun, und schlaget sie mir nicht ab, daß ihr ohne einigen Verzug, nachdem ihr von hier weggegangen sein werdet, dessen, was ihr hier hörtet, gedenken, auf eine ernste Erforschung eures Herzens eingehen und zu euch selbst sprechen wollet: „Ist es so in der That? muß ich umkehren oder sterben? muß ich bekehrt oder verdammt werden? Es ist Zeit, mich darnach umzusehn, ehe es zu spät ist. O warum sah ich bis jetzt nicht hierauf? warum schob ich es so vermessen auf, und setzte ein so wesentliches Geschäft hinaus? War ich wach und bei meinen Sinnen? O heiliger Gott, was ist es doch für ein Erbarmen, daß du in dieser ganzen Zeit meinen Lebensfaden nicht abschnittest, bevor ich eine gewisse Hoffnung des ewigen Lebens hatte! Nun, wohlan denn! – Gott selbst ja verbietet mir, dies Werk länger zu versäumen – in welchem Zustande befindet sich meine Seele? Bin ich bekehrt oder nicht? ist jemals eine solche Umwandlung in meiner Seele vorgegangen? Bin ich durch das Wort und den Geist des Herrn erleuchtet, die Hassenswürdigkeit der Sünde einzusehen, die Nothwendigkeit eines Heilandes, die Liebe Christi und die Erhabenheit Gottes und der ewigen Herrlichkeit? Ist das Herz mir gebrochen und gedemüthigt in mir um meines frühern Lebens willen? Hab ich dankbar meinen Heiland und Herrn aufgenommen, der sich selbst mir darbot mit Begnadigung und Leben für meine Seele? Hasse ich denn wirklich mein früheres, sündenvolles Leben, und das Verbleiben irgend einer Sünde in mir? fliehe ich vor ihnen als meinen Todfeinden? gebe ich mich selbst auf um ein Leben in Heiligkeit und Gehorsam gegen Gott? Liebe ich solches und ist’s meine wahre Freude? Kann ich treulich sagen, daß ich der Welt und dem fleischlichen Selbst abstarb, daß ich für Gott und die Herrlichkeit lebe, welche er verheißen hat? Hat der Himmel mehr mein Herz und mein Begehren, als die Erde? und ist Gott das Theuerste und Höchste meiner Seele? Einst, ich überzeuge mich wohl, lebte ich hauptsächlich der Welt und dem Fleische, und Gott hatte nichts von mir, als herzlose Dienste, die die Welt entübrigen konnte, und die der Abgang der Fleischeslust waren. Hat mein Herz nun einen andern Weg eingeschlagen? Habe ich einen neuen Vorsatz, ein neues Ziel, einen neuen Zug heiliger Stimmungen? Habe ich mein Herz und meine Hoffnungen auf den Himmel gestellt? ist es das Ziel und Augenmerk und Streben meines Herzens, glücklich zum Himmelreich zu gelangen, Gottes glorreiches Antlitz zu schauen und in seiner Liebe und seinem Preise zu leben? Wenn ich sündige, ist dies gegen das in mir fortdauernde Trachten und Streben meines Herzens? Besiege ich alle Sünden, und bin ich willig und bereit von meinen Schwachheiten aufzustehen? Das ist die Verfassung eines bekehrten Herzens und diese muß die meinige sein, oder ich muß verloren gehen. Steht es so in Wahrheit um mich, oder nicht? Es ist Zeit, über diesen Zweifel in’s Klare zu kommen, bevor das furchtbare Gericht ihn löset. Ich bin solch ein Fremdling meinem eigenen herzen und Leben nicht, daß ich nicht einigermaßen merken sollte, ob ich also bekehret bin oder nicht; bin ich es nicht, so will ich meiner Seele nicht mit falschen Einbildungen und Hoffnungen schmeicheln und gefällig sein. Ich bin entschlossen, mich nicht mehr selbst zu täuschen, sondern will streben, wahrhaft und gründlich zu erkennen, ob ich bekehrt bin, oder nicht, auf daß, wenn ich es bin, ich mich darüber freue, und meinen gnadenvollen Herrn verherrliche und getrost fortschreite, bis ich die Krone erlange; wenn ich es aber nicht bin, daß ich mich selbst antreibe, flehe und suche nach der Gnade, welche mich bekehre und unverzüglich umwende; denn finde ich auch für jetzt, daß ich außer dem Wege bin, so kann ich durch die Hülfe Christi umkehren und zurückgeführt werden. Doch wenn ich warte, bis entweder mein Herz in Blindheit und Härtigkeit von Gott verlassen ist, oder ich durch den Tod hinweggerafft bin, so ist es zu spät. Dann ist kein Raum mehr für Buße und Bekehrung; ich erkenne, jetzt muß es sein oder niemals.“ –
Freunde, das ist meine Bitte an euch, daß ihr so eure Herzen untersuchen und so abfragen wollet, bis ihr, wo möglich, sehet, ob ihr bekehret seid, oder nicht? Und könnt ihr dies durch eure eigenen Bemühungen nicht finden, so geht zu euren Predigern, wenn es gläubige und erfahrungsreiche Männer sind, und fordert ihren Beistand. Der Gegenstand ist wichtig, laßt nicht Blödigkeit oder Sorglosigkeit euch hindern. Sie sind euch vorgesetzt, über das Heil eurer Seele, euch zu unterweisen, wie Aerzte euch über die Abwartung eurer Leiber unterweisen. Es opfern sich viele Tausende hin, indem sie denken, sie seien auf dem Wege des Heiles, da sie es nicht sind, und seien bekehrt, da es sich doch anders verhält. Und dann, wenn wir sie täglich aufrufen, umzukehren, gehen sie weg, wie sie kamen, und meinen, dies gehe sie nicht an; denn sie seien schon umgekehrt und hoffen, sie werden auf dem Wege, auf welchem sie sind, sich ganz leidlich befinden, besonders wenn sie den hübschesten Pfad sich auslesen und einige der schmutzigsten Stellen vermeiden, da sie doch, auf die ganze Zeit hindurch, der Welt und dem Fleische leben, Gott aber und dem ewigen Leben entfremdet und weit ab von dem Wege zum Himmel sind. Dies alles darum, weil wir sie nicht zu einem etwas ernsten Nachdenken über ihre Lage und dahin bereden können, daß sie einige wenige Stunden an die Erforschung ihres Zustandes wenden. Ist nicht hier so mancher sich selbst betrügende Sünder, der mich heute hört und niemals in seinem ganzen Leben eine Stunde oder eine Viertelstunde daran setzte, seine Seele zu erforschen und dahinter zu kommen, ob er wahrhaft bekehrt sei oder nicht? O gnadenreicher Gott, der für solche Elende Sorge trägt, die für sich selbst nicht sorgen, und der so erbarmungsreich sie von der Hölle erretten, und ihnen zum Himmel verhelfen will, die so wenig für sich selbst thun! Wenn alle die, welche auf dem Wege zur Hölle und in dem Stande der Verdammniß sind, dies nur wüßten, sie würden sich nicht darnach sehen, darin zu verharren. Die größeste Hoffnung, welche der Teufel hat, euch rettungslos in die Verdammniß zu bringen, ist diese, weil er euch blind und eures Zustandes unkundig erhält, und macht, daß ihr glaubt, es stehe um euch gut genug auf dem Wege, auf welchem ihr euch befindet. Wenn ihr wüßtet, daß ihr weit ab von dem Wege zum Himmel seid, und verloren wäret, wenn ihr so sterben solltet, wie ihr jetzt seid, könntet ihr noch eine Nacht in dem Zustande schlafen, in welchem ihr euch jetzt befindet? noch einen andern Tag in demselben verleben? könntet ihr von Herzen lachen, oder vergnügt sein in solch einer Verfassung – wie? und ihr wißt nicht, daß ihr in einer Stunde könne zur Hölle hinabgerafft werden? Sicherlich würde euch dieses treiben, eure frühere Genossenschaft und euren Wandel zu verlassen, und euch auf den Wegen der Heiligung und der Gemeinschaft der Heiligen zu begeben. Sicherlich würde dies euch antreiben zu Gott um ein neues Herz zu rufen, und von denen Hülfe zu suchen, die im Stande sind, euch zu berathen. Da ist keiner unter euch, dem es nicht Sorge machte, verdammt zu werden. Gut denn, ich bitte euch, stellt augenblicklich eine Untersuchung eurer Herzen an, und lasset darin nicht nach, bis ihr eure Verfassung erkennt, daß, wenn sie gut ist, ihr euch dessen freuen und fortfahren möget, wenn böse, ihr augenblicklich nach eurer Wiederherstellung, euch umsehet, als solche, die da glauben, daß sie umkehren müssen oder sterben. Was sagt ihr, Freunde, wollt ihr euch entschließen und versprechen, so viel als möglich für eure Seelen Sorge zu tragen? Wollt ihr an diese Selbsterforschung gehen, sobald ihr nach Hause kommet? Ist meine Bitte unverständig? Nein! euer Gewissen weiß, daß sie es nicht ist. Entschließet euch denn, bevor ihr euch von hier rühret, einzusehen, wie sehr dies eure Seelen angeht. Ich bitte euch um des Gottes willen, der über euch gebietet, vor dessen Richterstuhle ihr über kurz alle erscheinet, daß ihr mir diese inständige Bitte nicht abschlaget. Um der Seelen willen, die umkehren müssen oder sterben, bitte ich euch, schlaget mir dies nicht ab, es sogleich euer Geschäft sein zu lassen, euren Zustand zu untersuchen und auf den Grund und zu einer klaren Einsicht bekommen, ob ihr bekehrt seid oder nicht. O setzet eure Seelen nicht in lässiger Sicherheit auf’s Spiel?
Doch vielleicht möchtet ihr sagen: Wie? wenn wir nun finden, daß wir noch unbekehrt sind, was sollen wir dann thun? Diese Frage führt mich zu meinem zweiten Satze, dessen Entwickelung viel zur Beantwortung dieser Frage thun wird, und zu dem ich nun übergehe.
Zweiter Satz: Es ist die Verheißung Gottes, daß die Gottlosen leben sollen, wenn sie sich nur bekehren.
Der Herr bekennt hier, daß er daran Wohlgefallen habe, daß der Gottlose sich bekehre und lebe. Der Himmel ist eben so gewiß dem Bekehrten, als die Hölle dem Unbekehrten. Sich bekehren und leben, ist eine eben so zuverlässige Wahrheit, als umkehren oder sterben. Gott war nicht gehalten, uns einen Heiland auszuersehen, noch uns ein Thor der Hoffnung aufzuthun, oder uns zur Buße und Bekehrung zu rufen, nachdem wir uns einmal der Sünde dahingegeben hatten, sondern ganz freiwillig hat er dies gethan, um seine Barmherzigkeit an uns zu verherrlichen. Keiner ist unter euch, der Ursache hätte, wenn er nach Hause kämmt, zu sagen, ich predigte euch Verzweiflung. Verschließen wir euch die Thür der Gnaden? O daß ihr sie euch nur nicht selbst verschließet! Sagen wir euch, daß Gott sich euer nicht erbarmen will, wenn ihr euch bekehret? Wann habt ihr je einen Prediger dergleichen reden hören? Ihr, die ihr die Prediger des Evangeliums dafür, daß sie euch vor der Hölle zu bewahren wünschen, anbellt und sagt, daß sie Verzweiflung predigen, sagt mir, wenn ihr könnt, wann habt ihr je einen nüchternen Mann sagen hören, daß keine Hoffnung für euch sei, wenn ihr auch Buße gethan und euch bekehrt hättet? Nein, es ist gerade das Gegentheil, was wir täglich vom Herrn euch verkündigen; wer irgend nur wiedergeboren ist und durch Glauben und Buße eine neue Creatur wird, soll ganz gewiß selig werden. Ja, so fern sind wir davon, euch die Verzweiflung zu predigen, daß wir vielmehr euch überreden, keinen Zweifel in diese Wahrheit zu setzen. Leben ist es und nicht Tod, was den Haupttheil unserer Botschaft an euch ausmacht; unser Auftrag ist, Seligkeit, gewisse Seligkeit, baldige, himmlische, unvergängliche Seligkeit einem jeden von euch anzubieten. Dem ärmsten Bettler, wie dem ersten Staatsmanne, dem Verworfensten unter euch, selbst Trunkenbolden, Schwörern, Weltkindern, Dieben, ja Verächtern und Schmähern des heiligen Weges zur Seligkeit. Wir sind durch unsern Herrn und Meister angewiesen, für alles Vergangene Begnadigung euch anzubieten, wenn ihr nur noch zuletzt umkehren und leben wollt; wir sind angewiesen, euch zu bitten und in euch zu dringen, daß ihr das Angebotene annehmet und euch zu sagen, welch’ eine Vorbereitung dazu durch Christum getroffen ist, welche Gnade eurer wartet, welche Langmuth eurer harret, wie freundliche Gedanken Gott für euch hegt, und wie glücklich, wie sicher und unnennbar glücklich ihrs ein könnt, wenn ihr wollt. Freilich haben wir auch eine Gesandtschaft des Zornes und des Todes, ja eines doppelten Zornes und Todes; aber keines von beiden ist unsre Hauptbotschaft. Wir müssen auch wegen der Uebertretung des Gesetzes von einem Zone reden, der schon über euch ist, und von einem Tode, unter dem ihr geboren seid; aber dies nur, um euch die Nothwendigkeit des ewigen Erbarmens zu zeigen und euch zur rechten Werthschätzung der Gnade des Erlösers aufzufordern. Nichts aber sagen wir euch, als die Wahrheit, die euch zu erkennen Noth thut; denn wer wird einen Arzt suchen, der nicht erkennt, daß er krankt ist? Unsere Darstellung eures Elendes macht euch nicht elend, sondern treibt euch, Erbarmen zu suchen. Ihr selbst habt diesen Tod über euch gebracht. Wir reden euch auch von einem andern, gleich unausweichbarem Tode und von einer größern Pein, welche die treffen wird, die nicht bekehrt sind. Doch so wahr dies ist und so nothwendig euch vorzuhalten, so ist es doch nur der letzte und traurigste Theil unserer Gesandtschaft. Unser erstes ist, euch Erbarmung anzubieten, wenn ihr umkehren wollet, und nur die, welche nicht umkehren, noch den Ruf der Gnade hören wollen, sind es, denen wir die Verdammniß vorhalten müssen. Wollet ihr nun eure Uebertretungen aufgeben, darin nicht länger verharren, zurückkommen auf den Ruf Christi, bekehret und neue Creaturen werden, so haben wir auch nicht ein Wort von verdammendem Zorne oder Tod zu euch zu reden. So verkündige ich hier in dem Namen des allmächtigen Gottes, des Herrn über Leben und Tod, allen, die mich heute hören, dem schlechtesten, dem größesten, dem ältesten Sünder Gnade und Seligkeit, wenn ihr umkehren wollt. Es ist Gnade bei Gott, es ist eine hinlängliche Genugthuung Christi, die Verheißung ist frei, unbeschränkt und allgemein, ihr könnt leben, wenn ihr nur umkehren wollt. Darum denn, so wahr ihr eure Seelen liebet, bedenket, was es für ein Umkehren ist, von welchem die Schrift spricht. Es heißt nicht, das alte Haus ausbessern, sondern es ganz einreißen und ein neues erbauen auf Christo, dem Felsen und sichern Grundsteine? Es heißt nicht, dies und das in dem irdischen Laufe des Lebens ausbessern, sondern das Fleisch ertödten und im Geiste leben. Es heißt nicht, dem Fleische und der Welt in einer verfeinerten Weise, ohne eben ärgerliche, schimpfliche Sünden zu begehen, und mit einem gewissen Anstriche der Religiösität leben, sondern es heißt, euren Herrn und Führer, eure Werke und euer Ziel ganz verändern; euer Gesicht auf den andern Weg richten, alles für das Leben, das ihr noch nicht sahet, thun, und euch selbst mit allem, was euer ist, an Gott ergeben. Dies ist die Umwandlung, welche vorgehen muß, wenn ihr leben wollt.
Ihr selbst seid jetzt Zeugen, daß nicht Verdammniß, sondern Heil die große Verheißung ist, welche ich euch predige und der vornehmste Theil meiner Botschaft an euch. Nehmet dies an, und wir werden nicht weiter drohen; denn es liegt uns nicht daran, euch mit dem Worte der Verdammniß zu schrecken oder zu beunruhigen.
Doch wenn ihr nicht selig werden wollt, so giebt es keine Rettung, sondern Verdammniß muß eintreten; denn es giebt keinen Mittelweg zwischen den beiden; ihr müßt entweder leben oder sterben.
Und es liegt uns nicht nur ob, euch das Leben anzubieten, sondern auch die Gründe zu zeigen, nach welchen wir dies thun und euch aufzufordern, zu glauben, Gott meine es so, wie er spricht, seine Verheißung sei wahrhaftig, erstrecke sich bedingterweise auf euch so gut, als auf andere, und der Himmel sei keine Einbildung, sondern eine wahrhafte Glückseligkeit.
Fragt ihr, wo mein Auftrag ist, dies anzubieten? Aus hundert Schriftstellen will ich es euch nur an diesen wenigen nachweisen.
Zuerst sehet ihr es hier in meinem Texte und den folgenden Versen und in dem 18. Cap. Ezech. so klar, als es immer ausgesprochen werden kann, und in Cor. 2,5,17-21. habt ihr den wahren Inhalt unseres Auftrages. „Darum, ist Jemand in Christo, so ist er eine neue Creatur; das alte ist vergangen, es ist alles neu worden. Aber das alles von Gott, der uns mit ihm selber versöhnet hat durch Jesum Christum, und das Amt gegeben, das die Versöhnung predigt. Denn Gott war in Christo, und versöhnete die Welt mit ihm selber, und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu, und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott vermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt, lasset euch versöhnen mit Gott. Denn er hat den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht, auf daß wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt.“ So Marc. XVI, 15,16. „Gehet hin in alle Welt, und prediget das Evangelium aller Creatur. Wer da glaubet und getaufet wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubet, der wird verdammt werden.“ Und Lukas XXIV, 46,47. „Also mußte Christus leiden und auferstehen von den Todten am dritten Tage, und predigen lassen in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden unter allen Völkern,“ und Apostelgesch. V, 30,31. „Der Gott unsrer Väter hat Christum auferweckt, welchen ihr erwürget habet und an das Holz gehangen. Den hat Gott durch seine rechte Hand erhöhet zu einem Fürsten und Heiland, zu geben Israel Buße und Vergebung der Sünden.“ Apostelgesch. 13.38,39. „So sei es nun euch kund, lieben Brüder, daß euch verkündigt wird Vergebung der Sünden durch diesen, und von dem allen, durch welches ihr nicht konntet im Gesetz Mosis gerecht werden. Wer aber an diesen glaubet, der ist gerecht.“ Und damit ihr nicht denket, daß dies auf die Juden beschränkt ist, sehet Galat. 6,15. „denn in Christo Jesu gilt weder Beschneidung, noch Vorhaut etwas, sondern eine neue Creatur.“ Luk. 14,17. „Kommt, denn es ist alles bereit.“ und 22,24.
Ihr sehet hieraus, daß wir beauftragt sind, euch allen Leben anzubieten, und euch von Gott zu sagen, daß, wenn ihr umkehren wollet, ihr leben möget.
Hiermit könnt ihr eure Seelen sicherlich trösten; denn die Liebe Gottes ist die Quelle dieses Anerbietens, (Joh. 3,16.) und das Blut des Sohnes Gottes hat es erkauft; die Glaubwürdigkeit und Wahrheit Gottes sind darauf verpfändet, daß das Versprechen erfüllet werde: Wunder haben oft die Wahrheit desselben versiegelt, Prediger werden durch die ganze Welt hin gesendet, es zu verkündigen; die Sakramente sind eingesetzt und werden gebraucht zur feierlichen Mittheilung der Gnade, die denen dargeboten wird, die sie annehmen wollen; und der heilige Geist öffnet die Herzen, sie aufzunehmen, und ist selbst das Unterpfand ihres völligen Besitzes. So daß die Wahrheit hiervon über allen Widerspruch erhoben ist, daß der Schlechteste von euch allen, und ein jeglicher von euch, wenn er sich nur bekehren will, selig werden kann.
Fürwahr, wenn ihr glaubt, notwendig ohne Bekehrung selig zu werden, so glaubt ihr etwas Falsches; und wollte ich euch dieses predigen, so würde ich euch eine Lüge predigen; dies hieße nicht Gott glauben, sondern dem Teufel und dem eigenen trugvollen Herzen. Gott hat seine Verheißung des Lebens und der Teufel hat seine Verheißung des Lobes. Gottes Verheißung lautet: „Kehret um und lebet;“ des Teufels Verheißung lautet: „ihr sollt leben, ob ihr umkehret, oder nicht.“ Die Worte Gottes sind, wie ich euch gezeigt habe: „Es sei denn, daß ihr umkehret und werdet wie die Kinder, so könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ Matth. 18,3. „Es sei denn, daß Jemand von Neuem geboren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ Joh. 3,3,5. „Ohne Heiligung wird Niemand den Herrn sehen.“ Hebr. 12,1,14. – Des Teufels Worte sind: „Ihr könnt selig werden, ohne neu geboren und bekehrt zu sein; ihr könnt euch ganz wohl befinden, ohne heilig zu sein; Gott schreckt euch nur, er ist erbarmungsreicher, als daß er thun sollte, wie er sagt, er wird besser gegen euch sein, als sein Wort.“ Ach, und die größte Zahl in dieser Welt glaubt diesem Worte des Teufels mehr, als dem Worte Gottes! gerade so wie unsere Sünde und unser Elend in die Welt kam. Gott sprach zu unsern ersten Eltern: „wenn ihr davon esset, werdet ihr sterben.“ Der Teufel widersprach ihm und sagte: „Ihr werdet nicht sterben,“ und das Weib glaubte dem Teufel mehr als Gott. So sagt der Herr jetzt: „kehre um oder stirb; und der Teufel sagt: „du wirst nicht sterben, wenn du nur zu guter Letzt Gottes Barmherzigkeit anrufst und die Sündenwerke aufgiebst, wenn du sie nicht länger üben kannst. Und dies nun ist das Wort, welches die Welt glaubt. O der entsetzlichen Gottlosigkeit, dem Teufel mehr als Gott zu glauben!
Doch dies ist noch nicht das Aergste, sondern gotteslästerlich nennen sie dies Vertrauen und Glauben zu Gott haben und sich seiner getrösten; wenn sie ihn aber in die Gestalt des Teufels umwandeln, der ein Lügner war von Anbeginn, und wenn sie glauben, daß Gottes Wort eine Lüge ist, so nennen sie dies Gottvertrauen, und sagen, sie glauben an ihn und getrösten sich seiner für ihre Seligkeit. Wo hat Gott je gesagt, daß der Nichtwiedergeborene, Unbekehrte, Ungeheiligte soll selig werden? Zeigt mir solch eine Stelle in der Schrift. Ich fordere euch dazu auf, wenn ihr könnt. Nein, dies ist des Teufels Wort, und es glauben, heißt dem Teufel glauben. Nennt ihr das nun Glauben und Vertrauen zu Gott? Es giebt dessen genug in Gottes Wort, was das Herz des Geheiligten zu trösten und befestigen vermag, aber auch nicht ein Wort, um die Hände der Gottlosigkeit zu stärken, oder die mindeste Hoffnung dem Menschen zu geben, daß er selig werden könne, ohne geheiligt zu sein.
Doch wollt ihr umkehren und den Weg der Gnade einschlagen, so ist die Barmherzigkeit Gottes bereit, euch aufzunehmen. Darum tröstet euch Gottes für eure Seligkeit fest und zuversichtlich, denn durch sein Wort ist er verpflichtet, euch selig zu machen. Er will keinem ein Vater sein, als seinen Kindern, und keinen selig machen, als nur die, die die Welt, den Teufel, das Fleisch verlassen und seiner Familie sich anschließen, Glieder des Sohnes sein, und Gemeinschaft mit den Heiligen haben wollen. Doch wollt ihr nicht zu ihm hineinkommen, so ist es eure eigene Schuld. Seine Thüren stehen offen, er weist keinen zurück; er hat euch nie etwa eine Botschaft dieser Art zugesendet. „Es ist jetzt zu spät, ich will dich nicht aufnehmen, wiewohl du bekehret bist.“ Er hätte so thun können, und hätte nicht Unrecht gethan; aber er hat es nicht gethan und thut es nicht bis auf den heutigen Tag. Er ist immer bereit, euch aufzunehmen, wenn ihr nur ohne Heuchelei und mit ganzem Herzen bereit seid, umzukehren. Die Fülle dieser Wahrheit wird euch noch mehr aufgehn in den zwei folgenden Lehrstücken, zu denen ich zunächst übergehen will, bevor ich eine weitere Anwendung davon mache.
Dritter Satz: Gott findet Gefallen an der Menschen Bekehrung und Seligkeit, aber nicht an ihrem Tode und ihrer Verdammung. Er hat es lieber, daß die Welt umkehret und lebt, als daß sie dahingeht und stirbt.
ich will zuerst euch lehren, wie dies zu verstehen sei, und dann euch die Wahrheit davon klar machen. – Für’s erste müßt ihr Folgendes merken:
- Eine einfache Willigkeit oder Geneigtheit ist die erste Handlung des Willens, und folgt der einfachen Auffassung des Verstandes, bevor er dazu schreitet, Dinge unter einander zu vergleichen; aber die Handlung des Auswählens ist dann die folgende auf Seiten des Willens, und setzt eine Vergleichung auf Seiten des Verstandes voraus. Diese beiden Handlungen können oftmals auf entgegengesetzte Gegenstände gerichtet sein, ohne irgend einer Schuld in der handelnden Person.
- Eine ungeheuchelte Willigkeit kann verschiedene Stufen haben. Für einige Dinge bin ich willig, alles was in meiner Kraft steht, zu thun, um sie zu Stande zu bringe, bei andern ist es mein ernster Wille, daß sie ein andrer thun möge, während ich doch nicht willens bin, alles zu thun, dessen ich fähig bin, um sie zu Stande zu bringen, oder mich durch mancherlei Gründe abhalten lasse, wenn ich auch entschlossen bin, alles zu thun, was mir zukömmt.
- Der Wille eines Regenten, als eines solchen, thut sich in Entwerfung und Ausführung von Gesetzen kund; der Wille eines Menschen in seinem einfachen natürlichen Stande dagegen, oder als unabhängigen Herrn seiner selbst, giebt sich kund in seinen Wünschen und Beschlüssen.
- Der Wille eines Regenten, als Gesetzgebers, ist zuerst und vornehmlich, daß seinen Gesetzen Gehorsam geleistet werde, nicht aber, daß Strafe über irgend Jemand verhängt werde, sondern dies nur dann, wenn man seinen Dienern nicht gehorcht; allein der Wille eines Regenten, als Richters, setzt schon die Befolgung oder Uebertretung voraus, und beschließt demgemäß unsere Belohnung oder Bestrafung.
Nachdem ich euch diese nothwendige Begriffe klar gemacht habe, werde ich sie zunächst auf den vorliegenden Fall in folgenden Sätzen anwenden:
- Die Betrachtung der Schrift und der Welt bringt es mit sich, daß wir Gott in diesem Leben erkennen sollen; und so legen wir ihm ganz nach dem Maßstabe unserer menschlichen Natur, Verstand und Willen bei, indem wir davon alle Unvollkommenheiten bestmöglichst ausschließen, weil wir höherer und vollkommenerer Begriffe von ihm nicht fähig sind.
- Aus demselben Grunde unterscheiden wir mit der Schrift, die Aeußerungen des göttlichen Willens, als verschieden von den Beweggründen und Absichten desselben, obgleich sie in Gottes Wesen alle Eins sind.
- Dies thun wir um so dreister, als wir, wenn wir von Christo sprechen, von Seiten seiner menschlichen Natur noch mehr Grund dazu haben.
- Und so sagen wir denn, daß die einfache Zuneigung, der gute Wille oder die Liebe Gottes Allem zugekehrt ist, was natürlich oder sittlich gut ist, und zwar nach der Natur und der Stufe der Vollkommenheit desselben; er findet sonach Gefallen an der Umkehrung und Seligkeit Aller, die jedoch niemals eintreten wird.
- Gott nun, als Regent und Lenker der Welt, hat in sofern einen sich bethätigenden Willen für die Seligkeit aller, als er ihnen ein freiwilliges Vermächtniß von dem Geschenk Christi und dem Leben und der Vergebung aller ihrer Sünden, so fern sie nicht undankbar dies zurückweisen wollen, gemacht, und seinen Gesandten befohlen hat, diese Gnade der ganzen Welt anzubieten, und dieselbe zur Annahme derselben zu überreden. –
- Als Gesetzgeber indessen beschließt er, daß die, welche nicht umkehren wollen, sterben müssen; und als Richter will er, wenn der Tag der Gnade für sie vorüber ist, diesen Beschluß ausführen.
- So will er also die ungeheuchelte Bekehrung derer, die sich nie bekehren werden; aber nicht als Despot nach ganz willkürlicher Bestimmung, oder als etwas, das unter allen Umständen geschehen soll, oder an dessen Ausführung er alle seine Macht setzen will. Es steht in der Macht eines Fürsten, einen Aufseher bei einem Mörder zu stellen, um zu wachen, daß er nicht morde und dann dafür gehängt werde; aber wenn er, aus gutem Grunde dieses unterließe, und zu seinen Unterthanen einen Booten sendete, um sie warnen und auffordern zu lassen, nicht zu morden, so glaube ich, darf er sehr wohl sagen, er wolle nicht, daß sie morden und dafür gehängt werden möchten; er fände keinen Gefallen daran, sondern sehe es lieber, daß sie dies unterlassen und leben; und wenn er dabei für einige aus irgend einem besondern Grunde mehr thut, so ist er nicht gebunden, dies an allen zu thun. Der König darf zu allen Mördern und Verbrechern in seinem Lande sagen: „Ich habe keinen Gefallen an eurem Tode, sondern will, daß ihr meinen Gesetzen gehorchen und leben möget; doch wenn ihr dies nicht wollt, so bin ich entschlossen, daß ihr sterben sollt. Der Richter darf ganz richtig zu einem Diebe oder Mörder sagen: „Ach, lieber Mann, ich habe keine Freude an deinem Tode, und würde es lieber sehen, du hättest das Gesetz befolgt und dein Leben gerettet; doch, da ich sehe, daß du es nicht gethan hast, so muß ich dich verurtheilen, oder ich würde ungerecht sein.“ Eben so, obgleich Gott kein Vergnügen an eurer Verdammniß findet, und deshalb euch ruft, umzukehren und zu leben, so hat er dennoch Gefallen an der Ausübung seiner Gerechtigkeit und der Vollstreckung seiner Gesetze; und deshalb ist er bei aller Liebe zu euch, doch fest entschlossen, euch zu verdammen, wenn ihr nicht umkehren wollt. Wenn Gott so in dem Grade gegen den Tod des Gottlosen wäre, daß er sich entschlossen hätte, alles Mögliche zu thun, um ihn zu hindern, so würde Niemand verdammt werden; während Christus uns doch sagt, daß nur wenige werden selig werden. Aber Gott ist vielmehr nur in sofern gegen eure Verdammung, als er euch lehren und warnen will, Leben und Tod vor euch aufstellt, euch die Wahl zwischen beiden gestattet, und seinen Dienern aufträgt, euch dafür zu gewinnen, daß ihr euch nicht selbst verdammt; aber wenn dies nichts vermag und ihr immer unbekehret bleibet, so erklärt er euch, daß er zu eurer Verdammung entschlossen ist, und hat uns befohlen, dies euch in seinem Namen zuzurufen: „O du Gottloser, du wirst wahrhaftig sterben!“ (v. 8.) Eben so hat uns Christus einmal über das andere mit einem: „Wahrlich, wahrlich, beschworen, daß, außer wer sich bekehrt und wiedergeboren ist, nicht in den Himmel eingehen kann.“ Matth. 8,3. Joh. 3,3. Beachtet wohl, daß er sagt: ihr könnet nicht. Es ist umsonst darauf zu hoffen, umsonst, zu träumen, daß Gott dazu geneigt sei; es ist etwas, das gar nicht sein kann.
Mit einem Worte, ihr sehet die Mahnung des Textes, daß Gott, der große Gesetzgeber der Welt, kein Wohlgefallen hat an dem Tode der Gottlosen, sondern daß sie umkehren und leben; obwohl er dennoch beschlossen hat, daß keiner leben soll, als die, welche sich bekehren, und wie ein Richter Freude hat an der Gerechtigkeit, und seinen Haß gegen die Sünde an den Tag legt, wenn er sich auch keineswegs über das Elend freuen kann, welches die Sünder übe sich selbst gebracht haben.
Zweitens. In den Beweisen dieses Punktes kann ich sehr kurz sein, da ich voraussetze, daß ihr ihn schon glaubt.
- Das gnadenreiche Wesen Gottes hat dies Exod. 24,6,26,6. und oftmals anderwärts verkündigt, daß er keinen Gefallen an eurem Tode habe.
- Wenn Gott mehr Freude an deinem Tode, als an deiner Bekehrung und deinem Leben hätte, so würde er nicht so oft in seinem Worte dir geboten haben, umzukehren; er würde dir nicht eine solche Verheißung des Lebens gemacht haben, wenn du nur umkehren willst; er würde dich nicht durch so viele Gründe überredet haben, es damit zu versuchen. Der Inhalt des Evangeliums beweist den Satz.
- Der Auftrag, den er den Dienern des Evangeliums gegeben hat, setzt dies völlig außer Zweifel. Wenn Gott mehr Freude an deiner Verdammniß, als an deiner Bekehrung und Seligkeit hätte, so hätte er nimmermehr uns angewiesen, euch sein Erbarmen anzubieten und euch öffentlich und daheim den Weg des Lebens zu lehren, in euch zu dringen und euch zu bitten, daß ihr umkehren und leben möchtet, euch mit euren Sünden bekannt zu machen, auf eure Gefahr euch hinzuweisen, alles, was wir irgend nur können, für eure Bekehrung zu thun, und hierin geduldig fortzufahren, obschon ihr uns hassen und für unsere Bemühungen kränken solltet. Würde wohl Gott dies gethan, und zu eurem Besten seine Anordnungen aufgestellt haben, wenn er an eurem Tode Gefallen gefunden hätte?
- Dies ist auch durch den Gang seiner Vorsehung dargethan. Sähe es Gott lieber, daß ihr verdammt würdet, als bekehret und selig, so würde er sein Wort nicht mit seinen Werken bekräftigen, nicht durch seine tägliche Güte euch an sich locken, und euch alle Gnadengaben dieses Lebens verleihen, welche seine Mittel sind, „euch zur Buße zu leiten“ Röm. 11,4.; er würde nicht so oft euch seine Zuchtruthe fühlen lassen, um euch zu Verstand zu bringen, nicht so viele Warnungsbeispiele euch vor Augen stellen, noch so geduldig, wie er es thut, eurer warten von Tag zu Tage, von Jahr zu Jahr. Dieses alles fürwahr deutet nicht auf einen, der Gefallen an eurem Tode findet. Hätte er daran seine Freude, wie leicht hätte er dich lange schon in der Hölle haben können? Wie oft vor heute hätte er dich mitten in deinen Sünden, bei einem Fluche, bei einem Schwure, bei einer Lüge in deinem Munde, in deiner Unwissenheit, deinem Stolze, deiner Sinnlichkeit hinwegraffen können? Als du letzthin trunken warst, oder Gottes Wege verlachtest, wie leicht konnte er deinen Odem stocken und mit seinen Heimsuchungen dich bändigen und in einer andern Welt dich nüchtern werden lassen! Ach, welch ein kleines Ding ist es für den Allmächtigen, die Zunge auch des unheiligsten Lästerers zu zügeln, die Hände des boshaftesten Verfolgers zu binden, oder die Wuth der bittersten seiner Feinde zu zähmen, und sie erkennen zu lassen, daß sie nur Gewürm sind vor ihm? Wenn er seinen finstern Blick auf dich schöffe, würdest du in dein Grab sinken. Ließe er einen seiner Engel ausgehen, um zehntausend Sünder zu vernichten, wie gar bald würde das geschehen sein! Wie leicht kann er dich auf das Bett des Siechthums hinstrecken, und dich da liegen lassen unter Schmerzen und Stöhnen, daß die Schmähungen über dich kommen, die du gegen seine Diener, sein Wort, seine Kirche, seine heiligen Wege ausgestoßen hast, und daß du die Gebete anstimmst, welche du in deiner Vermessenheit verachtetest? Wie leicht kann er nun deinen Leib mit Aussatz bedecken, und ihn zur Schmach und ekelhafter machen, als den Koth der Erde? Diesen Leib, der jetzt alles haben muß, was er liebt, dem nichts mißfallen darf, so sehr es auch Gott mißfällt; dem in Speise, Trank und Kleidung gewillfahrt werden muß, was auch immer Gott dazu sagen mag; wie leicht kann der Zorn Gottes ihn vernichten! Als du so leidenschaftlich deine Sünde vertheidigtest, mit denen hadertest, die dich davon abziehen wollten, und den Werken der Finsterniß das Wort redetest, wie leicht hätte Gott da in einem Augenblicke dich hinwegnehmen und vor seine furchtbare Majestät stellen können, (wo du zehntausend Mal zehn tausend Engel an seinem Thron warten gesehn haben würdest,) – und dich dann auffordern, deine Sache jetzt zu führen, wenn er dich fragte: „Was hast du jetzt gegen deinen Schöpfer zu sagen, gegen seine Wahrheit, seine Diener, seine heiligen Wege? Jetzt führe deine Sache, und mache das Beste daraus, was du kannst. Was kannst du jetzt beibringen zur Entschuldigung deiner Sünden? Gieb Rechenschaft von deinem Thun und Leben, von deiner Zeit und all den Gnadengaben, die dir geworden sind?“ O wie würde dein verhärtetes Herz aufgelöst worden sein, deine stolzen Blicke zur Erde geschlagen, dein Gesicht erblaßt und deine trotzigen Reden in ein lautloses Schweigen oder ein furchtbares Schreien übergegangen sein, wenn Gott dich so vor seinen Richterstuhl gestellt und seine Sache mit dir durchfochten hätte, gegen die du hier so gottlos angekämpft hattest. Wie leicht kann er zu irgend einer Zeit zu deiner schuldvollen Seele sagen: „komm hinweg und lebe in diesem Fleische nicht weiter bis zur Auferstehung!“ und da gilt kein Widerstand. Ein Wort aus seinem Munde würde das Gleichgewicht deines gegenwärtigen Lebens aufheben, und alle deine Glieder und deine Kräfte würden stillstehen; wenn er zu dir spräche: „lebe nicht länger,“ oder „lebe in der Hölle,“ so gäbe es hierin keinen Ungehorsam für dich weiter. Aber Gott hat dennoch von diesem allen nichts gethan, sondern hat in Geduld dich getragen, und voll Erbarmen dich aufrecht erhalten, gab dir diesen Odem, mit dem du gegen ihn schnaubtest, gab dir so viele Gnadenerweise, welche du deinem Fleische opfertest und verlieh dir den Unterhalt, den du aufwandst, der Gier deines Schlundes genug zu thun; er gab dir jede Minute dieser Lebenszeit, die du in Eitelkeit, oder Trunkenheit, oder Weltlichkeit verschwendetest, und all diese Geduld und Gnade sollte dir nicht zeigen, daß er deine Verdammung nicht will? Kann die Lampe brennen ohne Oel? Können eure Häuser stehen ohne die Erde, die sie trägt? eben so könnt ihr nicht eine Stunde leben ohne die Unterstützung Gottes. Und was war’s, daß er so lange dein Leben fristete, als nur deshalb, um zu sehen, wann du die Thorheit deiner Wege bedenken, und umkehren würdest? Würde wohl vorsätzlich irgend Jemand den Händen seiner Feinde Waffen reichen, um ihm Widerstand zu leisten, oder die Lampe einem Mörder halten, der seine Kinder erschlagen will, oder einem müßigen Knecht, während er spielt oder schläft? Fürwahr, es geschieht, um zu sehen, ob du wohl endlich umkehren und leben willst, daß Gott so lange auf dich wartet.
- Es ist ferner durch die Leiden seines Sohnes bewiesen, daß Gott an dem Tode des Gottlosen keinen Gefallen hat. Würde er sie vom Tode durch so einen theuren Preis losgekauft haben? würde er Engel und Menschen über seine Herablassung in Staunen gesetzt haben? würde Gott im Fleische gewohnt haben, in Knechtsgestalt gekommen sein, und in einer Person die Niedrigkeit mit der Gottheit angenommen haben? würde Christus ein Leben des Leidens leben und den Tod des Fluches für die Sünder haben sterben wollen, wenn Gott lieber ihren Tod gewollt hätte? Stellt euch vor, ihr sähet ihn so geschäftig im Predigen und Heilen der Sünder, als ihr ihn Marc. 3,21. findet, oder in so langem Fasten, wie Matth. 4, oder wie Lucas 6,12. alle Nächte ein Gebet oder, wie Lucas 22,44., mit blutigem Schweiß auf der Stirn im Gebet vor Gott liegend, oder wie er am Kreuze den verfluchten Tod erduldet und seinen Geist als ein Opfer für unsre Sünden aufgiebt; würdet ihr dies wohl für Merkzeichen eines solchen halten, den der Tod der Gottlosen erfreuete? - Denkt ja nicht, dies verkleinern zu wollen, indem ihr sagt, daß dies allein nach seiner Erwählung geschah; denn es war deine Sünde und die Sünde der ganzen Welt, die auf dem Erlöser lag; sein Opfer, seine Genugthuung ist für alle ausreichend, und die Früchte davon sind dem einen dargeboten wie dem andern, aber es ist eben so gewiß, daß es niemals seine Absicht gewesen, die zu begnadigen und die zu erlösen, die nicht durch Glauben und Buße wollen bekehrt werden. Wenn ihr ihn gesehen und gehört hättet, wie er den Zustand des Ungehorsams bei einem unbußfertigen Volke beklagte, (Luc. 19,41,42.), oder ihre Herzenshärtigkeit beweinte, wie Matth. 23,37. „o Jerusalem, Jerusalem, wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt;“ oder wenn ihr ihn am Kreuze für seine Verfolger hättet beten hören: „Vater, vergieb ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun,“ würdet ihr da auch auf den Verdacht gekommen sein, daß er an dem Tode der Gottlosen, selbst derer, die durch muthwilligen Unglauben verloren gehen, Gefallen finde? Wenn Gott also geliebt hat, (nicht nur geliebt hat, sondern also geliebt), daß er seinen eingebornen Sohn dahingab, auf daß alle, die an ihn glauben (thätigen Glauben an ihn haben) nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben; so denke ich, hat er hierdurch gegen die Bosheit der Menschen und Teufel dargethan, daß er kein Gefallen hat an dem Tode der Gottlosen, sondern lieber will, daß sie umkehren und leben.
- Zuletzt, wenn euch dies Alles nicht genügen will, so nehmt sein eigenes Wort, das ja am besten seine Meinung ausdrückt, oder glaubt wenigstens seinem Schwure; doch dies führet mich auf den vierten Satz.
Vierter Satz: Der Herr hat durch seinen Schwur es uns bekräftigt, daß er keinen Gefallen an dem Tode des Gottlosen habe, sondern vielmehr, daß er sich bekehre und lebe, damit er den Menschen keinen Vorwand ließe, die Wahrheit davon zu bezweifeln.
Wenn ihr sein Wort zu bezweifeln wagt, so hoffe ich, wagt ihr nicht seinen Schwur zu bezweifeln. Wie Christus so feierlich betheuert hat, daß der Unwiedergeborne und Unbekehrte nicht in das Himmelreich eingehen könne; (Matth. 18,3; Joh. 3,3.) so hat Gott geschworen, da seine Freude nicht der Tod desselben, sondern seine Bekehrung und sein Leben sei. Und wie der Apostel sagt: Hebr. 6,13,16,17,18. „da er bei keinem Größern zu schwören hatte, schwur er bei sich selbst, und (er sagte: So wahr ich lebe u.s.w.“) Die Menschen schwören wohl bei einem Größern, denn sie sind, und der Schwur macht ein Ende alles Haders, dabei es feste bleibt unter ihnen. Aber Gott, da er wollte den Erben der Verheißung überschwenglich beweisen, daß sein Rath nicht wankte, hat er einen Eid dazu gethan: auf daß wir durch zwei Stücke, die nicht wanken (denn es ist unmöglich, daß Gott lüge) einen starken Trost haben, die wir Zuflucht haben und halten an der angebotenen Hoffnung, welche wir haben, als einem sichern und festen Anker unserer Seele.“
Wenn einige diese Wahrheit nicht mit der Lehre von der Vorherbestimmung oder der wirklichen Verdammung der Gottlosen vereinigen können, so ist dies die Schuld ihrer eigenen Unwissenheit: Gott hat uns keinen Vorwand, deshalb die Wahrheit des besprochenen Punktes zu bezweifeln, oder abzuleugnen, übrig gelassen. Denn durch den Schwur Gottes ist er bekräftigt und deshalb muß er nicht verdreht werden, um ihn auf andere Punkte zu beziehen, sondern zweifelhafte Punkte müssen vielmehr auf ihn zurückgeführt, und von ausgemachten Wahrheiten angenommen werden, daß sie mit ihm zusammenstimmen, obgleich unser schwacher Verstand die Uebereinstimmung schwer erkennt.
Anwendung
Wenn du, der du diese Worte hörst, ein unbekehrter Sünder bist, so bitte ich dich jetzt, über die vorgetragenen Lehrsätze ein wenig nachzusinnen und bei dir selbst einige Zeit zu erwägen, wer es ist, der Gefallen an deiner Sünde und Verdammniß findet? Wahrlich, das ist nicht Gott; er hat seinerseits geschworen, daß er keine Freude daran hat. Aber ich weiß, es ist nicht ihm zu gefallen, worauf ihr ausgeht. Ihr dürft nicht sagen, daß ihr trinkt, schwört, heilige Pflichten vernachlässigt, die Regungen des Geistes betäubt, um Gott zu gefallen. Das wäre eben so, als wenn ihr einem Regenten Vorwürfe machen, seine Gesetze brechen, seinen Tod suchen, und dabei sagen wolltet: ihr thätet dies alles, um ihm zu gefallen.
Wer aber ist es denn, der an euren Sünden und eurem Tode Gefallen hat? Keiner, der irgend das Ebenbild Gottes an sich trägt, denn der muß gleichgesinnt sein mit ihm. Gott weiß es, daß ihr euren gläubigen Lehrern wenig Freude damit schafft, wenn sie sehen müssen, wie ihr eurem Todfeinde dient, wahnsinnig eure ewige Seligkeit daran wagt, und recht mit Willen in die Flammen der Hölle rennet. Es ist eine schlechte Freude für sie, die durch die traurigen Erfolge an euren Seelen solch eine Blindheit und Härte, Sorglosigkeit und Vermessenheit zu gewahren; solch’ eine Halsstarrigkeit im Bösen, eine solche Ungelehrigkeit und Sprödigkeit gegen die Wege des Lebens und Friedens zu sehen. Sie erkennen, daß dies die Merkzeichen des Todes und des Zornes Gottes sind, und aus dem Worte Gottes wissen sie, welch ein Ende solches wahrscheinlich nimmt, und darum erfreuen sie sich daran nicht mehr, als ein gefühlvoller Arzt, wenn er die Pestbeulen an seinem Kranken ausbrechen sieht. Ach, daß wir eure ewigen Martern vorhersehen, und nicht wissen, wie wir ihnen vorbeugen sollen; sehen, wie nahe ihr der Hölle seid, und nicht bewirken können, daß ihr es glaubt und es erwägt; sehen, wie leicht, wie gewiß ihr dem entgehen möchtet, wenn wir nur irgend wüßten, euch den Willen dazu einzuflößen; wie geeignet ihr für die ewige Seligkeit wäret, wenn ihr nur umkehren und euer Bestes thun, und es zur Sorge und zum Berufe eures Lebens machen wolltet! – Aber ihr wollet nicht, und wenn unser Leben daran hinge, wir können euch dazu nicht überreden. Wir sinnen Tag und Nacht, euch etwas vorzutragen, das euch überführen und überreden möge, und dennoch bleibt dies unerreicht; wir legen euch das Wort Gottes vor, zeigen euch Vers und Capitel, wo es geschrieben steht, daß ihr nicht selig werden könnet, wenn ihr nicht bekehret seid, und dennoch verlassen wir die meisten von euch, wie wir sie finden; wir hoffen, ihr werdet Gottes Wort glauben, wenn ihr auch uns nicht glaubet, und darauf achten, wenn wir euch die klaren Aussprüche der Schrift darüber nachweisen, aber wir hoffen vergeblich und arbeiten vorgeblich an einer heilsamen Umgestaltung eurer Herzen. Glaubt ihr, daß dies etwas Ergötzliches für uns sei? Wie manchmal fühlen wir uns in stillem Gebete gezwungen, Gott mit traurigem Herzen zu klagen: „Ach Herr! wir haben dies in deinem Namen zu ihnen gesprochen, aber sie haben unser nicht geachtet; wir haben ihnen über die Gefahr eines unbekehrten Herzens gesagt, was du uns gebietest, aber sie glauben uns nicht; wir haben ihnen gesagt, daß du erklärt hast, kein Friede sei für einen Gottlosen, (Jesaia 48,22. und 57,21.) aber die schlechtesten selbst von ihnen wollen es kaum glauben, daß sie gottlos sind; wir haben ihnen dein Wort gezeigt, wo du gesagt hast, daß wenn sie nach dem Fleische leben, sie sterben sollen; (Röm. 8,13.) aber sie sagen, sie wollen an dich glauben, da sie dir doch nicht glauben wollen, und wollen dir vertrauen, da sie doch deinem Worte keinen Glauben schenken; und obwohl sie hoffen, daß die Drohungen deines Wortes irrig seien, so wollen sie dies dennoch ein Hoffen auf Gott nennen; ja wie wir ihnen immer auch vorhalten mögen, daß du gesagt hast, daß, wenn ein Gottloser stirbt, alle seine Hoffnungen verloren gehen, so können wir sie dennoch nicht von der Trüglichkeit ihrer Hoffnungen überzeugen. Sprüchwörter 11,7. Wir sagen ihnen, wie erniedrigend und unvorteilhaft für sie die Sünde sei, aber sie lieben sie, und deshalb wollen sie sie nicht lassen. Wir sagen ihnen, wie theuer sie diese Lust kaufen, und was sie dafür in ewiger Pein bezahlen müssen, und sie segnen sich und wollen es nicht glauben, sondern thun, wie die meisten thun; und weil Gott gnadenreich ist, so wollen sie ihm nicht glauben, sondern ihre Seelen daran wagen, komme auch, was da wolle. Wir sagen ihnen, wie geneigt der Herr ist, sie aufzunehmen, aber dies dient nur, daß sie ihre Buße aufschieben, und in ihren Sünden kecker werden. Einige von ihnen sagen, sie setzen sich vor, Buße zu thun, aber sie sind immer dieselben; andere sagen, sie thun schon Buße, während sie von ihren Sünden nicht bekehret sind. Wir ermahnen, dringen in sie, bieten ihnen unsere Hülfe an, aber wir vermögen nichts über sie, sondern die, welche Trunkenbolde sind, sind fortan Trunkenbolde; die wollüstige Scheusale der Fleischeslust waren, sind es fortan; die Weltkinder waren, bleiben Weltkinder; und die unwissend sind, hoffärtig und selbstgefällig waren, sind immer noch dieselben. Wenige unter ihnen wollen ihre Sünde sehen und eingestehen, und noch wenigere sie aufgeben, sondern sie trösten sich, daß alle Sünder sind, als ob kein Unterschied wäre zwischen einem bekehrten und einem unbekehrten Sünder. Einige von ihnen wollen uns gar nicht näher treten, wenn wir sie unterweisen wollen, sondern sie wissen schon genug und bedürfen unserer Belehrung nicht; einige wieder wollen uns Gehör geben, aber thun, was ihnen gelüstet; die meisten aber sind wie Todte, die gar nicht fühlen können; so daß, wenn wir ihnen von den Gegenständen, welche die Ewigkeit angehen, reden, wir kein Wort an ihre Herzen bringen können. Wenn wir ihnen nicht gehorchen, und nicht willfahren in der Taufe der Kinder der verstocktesten Gottlosen, in der Darreichung des Abendmahles des Herrn, an sie und in der Gewährung alles dessen, was sie von uns wollen, so sehr es auch gegen Gottes Wort wäre, so hassen sie uns und spotten unser; aber wenn wir ihnen anliegen, Buße zu thun, ihre Sünden aufzugeben, ihre Seelen zu retten, so wollen sie es nicht thun. Wir sagen ihnen, wenn sie sich nur bekehren, so werden wir ihnen keines der göttlichen Gnadenmittel vorenthalten, weder die Taufe ihren Kindern, noch die Verabreichung des Abendmahles an sie selbst, aber sie wollen uns nicht hören. Sie wollen, daß wir Gott ungehorsam sind, und, um ihnen zu gefallen, unsere eigenen Seelen in Verdammniß bringen; und dennoch wollen sie nicht umkehren und ihre eigenen Seelen erretten, um Gott zu gefallen. Sie sind in ihren Augen weiser, als alle ihre Lehrer; sie rasen und sind voll Zuversicht auf ihrem Wege, und so gerne wir es wollten; wir können sie nicht umwandeln. Herr, dies ist der Zustand unserer unglückseligen Mitmenschen, und wir können nicht helfen. Wir sehen sie reif, um in die Hölle zu versinken, und wir können nicht helfen. Wir wissen, daß wenn sie ungeheuchelt umkehren wollten, sie selig werden würden; aber wir können sie dazu nicht überreden; und wenn wir sie auf unsern Knieen, wenn wir mit Thränen sie darum bitten wollten, wir können sie dazu nicht überreden; und was sollen wir weiter thun?
Dies sind die geheimen Klagen und Wehlaute, die so mancher arme Prediger emporzuschicken gezwungen ist. glaubt ihr, daß ihm dies irgend Freude macht? Ist das ihm eine Lust, euch in euren Sünden dahingehen zu sehen, und euch nicht aufhalten zu können? zu sehen, wie elend ihr davon seid und auch nicht im geringsten zu vermögen, auch dies fühlbar zu machen? euch ganz lustig zu sehen, obwohl ihr auch nicht eine Stunde sicher vor der Hölle seid? zu bedenken, was ihr eine Ewigkeit hindurch leiden müßt, weil ihr nicht umkehren wollt? ja zu denken, was für ein Leben von unvergänglicher Herrlichkeit ihr so vorsätzlich verachtet und von euch stoßet? Was könnt ihr Traurigeres den Herzen eurer Prediger anthun, was auffinden, um sie mehr zu kränken?
Wer ist es denn, dem ihr durch eure Sünden und euren Tod gefallet? Gewiß keinem eurer verständigen, gottseligen Freunde. Ach, es ist der Kummer ihrer Seelen, euch so elend zu sehen, und sie klagen nun so manchmal, während ihr ihnen wenig Dank dafür wißt, und nicht einmal Gefühl genug habt, um über euch selbst zu klagen.
Wer ist es denn, dem eure Sünde Vergnügen macht? Kein Anderer, als jene drei größten Feinde Gottes, denen ihr in eurer Taufe entsagtet, und denen zu dienen, ihr jetzt wortbrüchig umgekehrt seid.
- Der Teufel fürwahr findet an eurer Sünde und an eurem Tode Vergnügen; denn das ist das wahre Ziel aller seiner Versuchungen, für welches er Nacht und Tag wachet; nichts könnt ihr finden, ihm besser zu gefallen, als wenn ihr in Sünde dahingehet. Wie froh ist er, wenn er dich in ein Schenkhaus oder zu einer andern Sünde gehen sieht, wenn er dich fluchen, schwören, lästern hört! wie froh, wenn er dich über den Prediger, der dich von deiner Sünde abziehen und dir zu deiner Seligkeit helfen wollte, schmähen hört! Das ist seine Lust!
- Die Gottlosen sind darüber erfreut; denn das ist ihrem Wesen gemäß.
- Doch ich weiß bei allem diesem, daß nicht die Freude des Teufels, selbst wenn ihr ihn erfreut, dasjenige ist, was ihr im Auge habt, sondern daß euer eigenes Fleisch der größte und gefährlichste Feind ist, den ihr zu erfreuen bezweckt. Das Fleisch ist es, welches gemästet werden, und mit Essen, Trinken und Kleidung erfreut seyn will; erfreut durch eure Gesellschaften, erfreut durch Beifall und Geltung in der Welt, erfreut durch Spiele, Lust und Müßiggang. Das ist der Schlund, der alles verschlingt, der wahre Gott, dem ihr dient, wie von solchen die Schrift sagt: „denen der Bauch ihr Gott ist.“ Phil. 3,19. Aber ich bitte euch, haltet ein wenig an, und betrachtet euer Treiben.
Erste Frage: Soll euer Fleisch mehr, als euer Schöpfer erfreuet werden? Wollt ihr dem Herrn, eurem Lehrer, und euren gottseligen Freunden mißfallen, alles nur um euren thierischen Lüsten und euren sinnlichen Begierden zu gefallen? Ist Gott nicht werth, der Herr eures Fleisches zu sein? Wenn er es nicht regieren soll, so will er es nicht beseligen; ihr könnet vernünftigerweise nicht erwarten, daß er dies thun soll.
Zweite Frage: Euer Fleisch erfreut sich an euren Sünden; aber auch euer Gewissen? Widerstrebt dieses nicht in euch, sagt es euch nicht je zu Zeiten, daß das alles nicht gutgethan ist, und daß euer Zustand nicht so sicher ist, als ihr vermeint; und sollten nicht eure Seelen und euer Gewissen eher erfreut und zufriedengestellt werden, als euer vergängliches Fleisch?
Dritte Frage: Bereitet sich euer Fleisch nicht sein eigenes Mißbehagen? Es liebt den Köder, aber liebt es auch den Haken? Es liebt starke Getränke und süße Bissen; es liebt seine Ruhe, Spiele und Vergnügungen; liebt reich zu sein, und von den Menschen mit Lob erwähnt zu werden und, etwas zu gelten in der Welt; aber liebt es auch den Fluch Gottes? Liebt es auch, zitternd vor dessen Richterstuhl zu stehen, und, zu dem ewigen Feuer verurtheilt, mit den Teufeln ewig gepeinigt zu werden? Nehmet alles zusammen, denn Sünde und Hölle lassen sich nicht von einander scheiden, als nur durch Glauben und wahre Bekehrung; wollt ihr das eine behaupten, müßt ihr auch das andere euch gefallen lassen. Wenn Tod und Hölle dir Freude machen, so ist es kein Wunder, daß du in Sünden dahingehst; aber wenn sie es nicht thun, (und ich bin gewiß, daß sie es nicht thun) wie mag dann die Sünde, wenn sie auch noch so erfreulich ist, den Verlust des ewigen Lebens aufwiegen? Ist ein wenig Trinken, Essen, Ruhen, ist die beifällige Rede der Sünder, sind die Reichthümer dieser Welt den Freuden des Himmels gleichzukommen im Stande, oder werth, darum dies ewige Feuer zu erdulden? Freunde, diese Frage müßt ihr erwägen, ehe ihr weiter gehet, jeder, der Verstand zu überlegen hat, und der da glaubt, daß er eine Seele zu retten oder zu verlieren hat, muß sie erwägen.
Wohlan, der Herr hat geschworen, daß er keinen Gefallen an eurem Tode hat, sondern vielmehr, daß ihr euch bekehret und lebet; wenn ihr dann aber doch dahingehen und lieber sterben, als umkehren wollt, so erinnert euch, daß ihr nicht Gott zu gefallen, sondern der Welt und euch selbst zu gefallen, dies thatet. Und wenn der Mensch sich selbst verdammen will, um sich selbst zu gefallen, aus Lust sich in endlose Qualen stürzt, und nicht die Einsicht, das Gemüth, die Dankbarkeit hat auf Gott oder Menschen zu hören, die ihn zurückrufen möchten, was bleibt da noch zu helfen? Er muß nehmen, was er so sich gewinnt, und in anderer Weise es bereuen, wenn es zu spät ist. Ehe ich in der Anwendung hiervon irgend weiter gehe, will ich mich zu dem nächsten Satze wenden, der mir ein weiteres Feld dazu darbietet.
Fünfter Satz: Solch ein Ernst ist es Gott mit der Bekehrung der Sünder, daß er seine Befehle und Ermahnungen nachdrücklich verdoppelt. Kehret um, kehret um, warum wollt ihr sterben?
Dieser Satz ist die Anwendung des vorhergehenden, als eine ermahnende Nutanwendung, und diesem gemäß werde ich ihn behandeln. Ist hier ein unbekehrter Sünder, der diese gewaltigen Worte Gottes hört? Ist hier irgend ein Mann oder ein Weib in dieser Versammlung, die noch Fremdlinge sind für die erneuernde heilige Kraft des heiligen Geistes (o eine glückliche Versammlung, wenn es so nicht um die meisten steht!) so höret auf die Stimme eures Schöpfers, und kehret ohne Aufschub zu ihm durch Jesum Christum um! Wollt ihr den Willen Gottes wissen? Nun, das ist sein Wille, daß ihr augenblicklich umkehret. Sollte der lebendige Gott solch eine ernste Botschaft seinen Geschöpfen senden, und sie ihm nicht folgen? Höret denn alle ihr, die ihr nach dem Fleische lebet! der Herr, der Odem und das Dasein dir gegeben, hat vom Himmel herab eine Botschaft an dich gesendet, und die Botschaft ist diese: „kehret um, kehret um, warum wollt ihr sterben?“ Wer Ohren hat zu hören, der höre! Soll der Ruf der ewigen Majestät unbeachtet bleiben? Wenn er nur furchtbar donnert, so seid ihr in Furcht. Ach! und dieser Ruf geht dich viel näher an. Wenn er nun spräche, du sollst morgen sterben, so würdest du nicht gering jauchzen. Ach! und dieses Wort gilt Leben für dich oder ewigen Tod. Es ist beides ein Befehl und eine Ermahnung, gleich als wenn er zu dir gesagt hätte: bei dem Gehorsam, welchen du mir, deinem Schöpfer und Erlöser, schuldig bist, befehle ich dir, deinem Fleische, der Welt und dem Teufel zu entsagen und zu mir umzukehren, auf daß du leben mögest. Ich lasse mich herab, dich zu bitten, so wahr du den, der dich gemacht hat, liebst oder fürchtest, so wahr du dein ewiges, dein unvergängliches Leben liebest, kehre um und lebe, so wahr du je dem ewigen Elende entfliehen möchtest; bekehre dich doch nun, denn warum willst du sterben? Schlägt wohl ein Herz in einem Menschen, in einem vernünftigen Geschöpfe, das solch eine Botschaft, solch einen Befehl, solch eine Ermahnung von sich weisen kann. O was wäre dann des Menschen Herz?
Höret denn alle, die ihr euch selbst lieb habt, alle, die ihr eure ewige Seligkeit beachtet, hier ist die freudenvollste Botschaft, die jemals zu Menschenohren hindurch gedrungen ist: kehret um, kehret um, warum wollt ihr sterben? Ihr seid noch nicht ausgeschlossen, daß ihr verzweifeln müßtet. Hier wird Gnade euch angeboten; kehret um, und ihr sollt sie genießen! O Freunde, mit welchem fröhlichen und mit freudeerfülltem Herzen sollten wir diese Kunde vernehmen? doch wie habt ihr sie beachtet, und wie beachtet ihr sie noch jetzt? Höret alle, ihr Herrn! höret alle, ihr Weltkinder, ihr sinnlichen Diener des Fleisches, ihr Schlemmer und Säufer, ihr Hurer und Schwörer, ihr Spötter und Verleumder, ihr Schänder und Lügner, kehret um, warum wollt ihr sterben?
Höret alle, ihr kalten und äußerlichen Bekenner des Wortes, alle, die ihr entfremdet seid von dem Leben Christi und nie die Kraft seines Kreuzes und seiner Auferstehung erkanntet, nie eure Herzen von seiner Liebe erwärmt fühltet und nicht von ihm lebet als dem Mark eurer Seelen; kehret um, kehret um, warum wollt ihr sterben?
Höret alle, die ihr leer seid von der Liebe Gottes, deren Herzen nicht auf ihn gerichtet, noch mit der Hoffnung der Herrlichkeit erfüllt sind, sondern mehr auf ihr irdisches Wohlsein und Vergnügen, als auf die Freuden des Himmels hingewandt. Alle, die ihr fromm seid, aber nur so nebenher, und Gott nicht mehr gebt, als euer Fleisch missen kann, die ihr nicht euer fleischliches Selbst verleugnet, und nicht alles, was ihr habet, um Christi willen verlassen habt, sondern, die ihr irgend etwas in der Welt so werth und theuer achtet, daß ihr es für Christum nicht aufopfern könntet, wenn er es forderte sondern lieber es auf sein Mißfallen ankommen lasset, als dieses zu verlassen; kehret um, kehret um, warum wollt ihr sterben?
Wenn ihr dies auch nimmer bisher hörtet, nimmer vorher darauf merktet, ruft es euch von jetzt in die Seele zurück, daß es euch heute aus dem Worte Gottes gesagt ist, daß, wenn ihr nur umkehren wollet, ihr leben könnt; und wenn ihr nicht umkehren wollet, ihr sicher sterben werdet.
Was wollt ihr nun thun, Freunde? Was ist euer Entschluß? Wollet ihr umkehren oder nicht? Hinkt nicht länger auf beiden Seiten! Ist der Herr euer Gott, so folget ihm; ist das Fleisch euer Gott, so dienet ihm fernerhin. Ist der Himmel besser als die Erde und fleischliches Vergnügen, so kommet und suchet das bessere Land, und sammelt euch Schätze, wo Rost und Motten sie nicht verzehren und die Diebe nicht um sie graben und stehlen. Ja trachtet endlich mit aller Kraft das Reich zu suchen, das nicht erschüttert werden kann. Hebr. 12,28. Wendet euer Leben zum Höhern hin, und kehrt den Strom eurer Sorgen und Mühen nach einer andern Seite hin, als ihr vordem gethan. Aber wenn die Erde besser ist als der Himmel, oder euch mehr nützen oder länger auch bleiben wird, so haltet fest an ihr, ziehet euer Bestes von ihr, und folgt ihr fernerhin. Freunde, seid ihr entschlossen, was ihr thun wollt? Wenn ihr es nicht seid, so will ich euch noch einige wenige Betrachtungen vorhalten, um zu sehen, ob vielleicht Vernunft euch zu einem Entschlusse bringen wird.
Betrachtet erstlich, was für Vorbereitungen die Gnade für eure Seligkeit getroffen hat, und wie es zu beklagen ist, daß bei allen dem auch nur irgend einer verdammt werden sollte. Es war eine Zeit, wo das flammende Schwert dir mitten im Wege stand, und Gottes Gesetz dich würde umgerissen haben, wenn du auch noch so geneigt gewesen, zu Gott zurückzukehren; es war eine Zeit, wo du selbst und alle die Freunde, welche du in der Welt hattest, dir nimmermehr Vergebung deiner begangenen Sünden ausgewirkt hätten, obgleich du noch so sehr sie beweint und verbessert hättest. Doch dies Hinderniß hat Christus nun auf den Grund seines Blutes hinweggenommen. Es war eine Zeit, da Gott ganz unversöhnet war, weil für die Uebertretung seines Gesetzes ihm kein Genüge geworden; doch jetzt ist es ihm so ganz geworden und er so ganz versöhnt, daß er einen freiwilligen Bund der Vergessenheit und ein freiwilliges Vermächtniß Christi und des Lebens dir eröffnet, dieses dir darbietet und dich einladet, es anzunehmen; auf daß es dein sei, wenn du nur willst. Denn „er war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selber und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.“ (2 Cor. 5.18, 19.) Sünder, es ist uns geboten, die Kunde davon euch allen als vom Herrn zu bringen: „Kommet, denn es ist alles bereit.“ Luc. 14,17. – Wie? alles ist bereit, ihr nur seid nicht bereit! Gott ist bereit, euch aufzunehmen, und alles, was ihr gegen ihn gethan habt, zu vergeben, wenn ihr nur kommen wollt. So lange, so muthwillig und so furchtbar ihr auch gesündigt habt, dennoch ist er bereit, das Alles zu vergessen, wenn ihr nur kommen wollt. Wenn ihr auch verlorne Söhne, Verschwender seiner Gaben, Abtrünnige von Gott gewesen, und so lange von ihm entfernt geblieben seid, gleichwohl ist er bereit, euch entgegenzukommen, euch in seine Arme zu schließen, sich eurer Bekehrung zu erfreuen, wenn ihr euch nur bekehren wollet. Selbst weltliche Günstlinge und viehische Säufer können Gott bereit finden, sie zu bewillkommnen, wenn sie sich nur bekehren wollen. Und dies wendet da Herz noch nicht in dir um? O Sünder, wenn du ein Herz von Fleisch und nicht von Stein hättest, es müßte dir zerschmelzen. Soll die furchtbare, unendliche Majestät des Himmels auf deine Bekehrung warten, und bereit sein, dich wieder aufzunehmen, der du sie gemißbraucht und so lange vergessen hast; soll sie über deine Bekehrung sich freuen, die zu jeder Zeit ihre Gerechtigkeit in deiner Verdammung verherrlichen konnte und dennoch erweicht dies das Herz nicht in dir, und bist immer noch nicht bereit, heimzukommen. Hast du nicht eben so viel Grund, bereit zu sein, zum Kommen, als Gott hat dich einzuladen und zu bewillkommnen?
Doch dies ist noch nicht alles; Christus hat das Seine gethan am Kreuze und einen solchen Zutritt dir zum Vater gebahnt, daß du um seinetwillen gut aufgenommen wirst, wenn du kommen willst. – Und dennoch bist du noch nicht bereit?
Begnadigung ist bereits ausdrücklich dir zugesichert und im Evangelio dir dargeboten - - und dennoch bist du nicht bereit?
Die Diener des Evangeliums sind bereit, dir beizustehen, dich zu unterweisen, Frieden deiner Seele zu wünschen; sie sind bereit, für dich zu beten und deine Begnadigung durch die Vollstreckung des heiligen Sakramentes zu besiegeln – und dennoch bist du nicht bereit?
Alle, die Gott fürchten rings um dich her, sind bereit, sich deiner Bekehrung zu erfreuen, dich in die Gemeinschaft der Heiligen aufzunehmen, und die rechte Hand des Bruderbundes dir zu reichen, obwohl du einer von denen bist, die aus ihrer Gemeinschaft ausgestoßen sind; sie dürfen auch nicht anders, als vergeben, wo Gott vergiebt, wenn ihnen dieses durch dein Bußbekenntniß und deine Besserung dargethan ist; sie dürfen dir deine früheren Sünden nicht unter die Augen halten, weil sie wissen, daß Gott sie dir nicht vorwerfen will. Ob du auch noch so viel Schmach auf dich geladen hättest, wenn du dich nur bekehren und heimkommen wolltest, sie würden dich nicht verschmähen; mag auch die Welt dagegen sagen, was sie will. Alle diese sind bereit, dich aufzunehmen, und – dennoch bist du nicht bereit zu kommen.
Ja der Himmel selbst ist bereit; der Herr will dich in die Herrlichkeit seiner Seligen aufnehmen; so ein versunkenes Geschöpf du auch gewesen sein magst, wenn du nur der Reinigung dich unterziehen willst, kannst du dennoch einen Platz vor seinem Throne finden; denn seine Engel sind bereit, deine Seele an den Ort der Freude zu geleiten, wenn du nur ungeheuchelt kommst. Und ist Gott bereit, das Opfer Christi bereit, die Verheißung und die Begnadigung bereit, sind die Diener des Worts, das Volk Gottes bereit, der Himmel selbst und die Engel bereit, wartet alles, alles nur auf deine Bekehrung und… dennoch bist du noch nicht bereit? Wie? bist du noch nicht zu leben bereit, da du so lange todt gewesen bist? nicht bereit zu dir selbst und deinem Verstande zu kommen, (wie Luc. 15,17. von dem Verschwender gesagt hat: da schlug er in sich), da du so lange außer dir gewesen bist, nicht bereit, selig zu werden, da du aber nahe daran bist, verdammt zu werden? nicht bereit, nach Christum deinen Anker auszuwerfen, der dich erretten will, da du eben daran bist, unterzugehen und in die Verdammniß hinabzusinken; nicht bereit, von der Hölle abgezogen zu werden, da du eben daran bist, rettungslos in sie geworfen zu werden? Wehe Mensch! weißt du, was du thust? Wenn du unbekehrt stirbst, so ist kein Zweifel über deine Verdammniß; und nicht eine Stunde bist du des Lebens gewiß; und dennoch willst du nicht bereit sein, umzukehren und heimzukommen? O du elender Verblendeter! Hast du dem Fleische und dem Teufel nicht lange genug gedient? und doch hast du noch nicht Sünde genug? Ist dir die Sünde so angenehm und vortheilhaft? Weißt du, was Sünde ist, daß du noch mehr von ihr begehrst? Hast du nicht so manchen Zuruf, so manche Gnade, so viele Schläge und so viele Beispiele gehabt? hast du nicht so manchen ins Grab legen gesehen? und dennoch bist du nicht bereit, die Sünden fahren zu lassen, und zu Christo zu kommen? Wie? nach so vielen Ueberführungen und Gewissensbissen, nach so vielen Vorsätzen und Versprechungen bist du noch nicht bereit, umzukehren und zu leben? O daß deine Augen, dein Herz geöffnet würden, zu erkennen, welch ein schönes Anerbieten dir jetzt gemacht ist, und mit welch einer freudenreichen Botschaft wir gesendet sind, dich einzuladen, daß du kommen mögest; denn es ist alles bereit.
2) Betrachte auch, welchen Aufruf du hast, zu kommen und zu leben; wie oft, wie laut, wie ernst, wie furchtbar und dabei wie aufmunternd, freudereich bist du berufen!
Denn der erste, der dich ladet, ist Gott selbst. Er, der über Himmel und Erde gebietet, gebietet dir umzukehren, und augenblicklich, ohne Verzug, dich zu bekehren. Er befiehlt der sonne ihren Lauf zu durchschneiden, und jeden Morgen über dir aufzugehen, und obwohl sie so ein prachtvolles Werk ist, und so viel Mal größer, als die ganze Erde; so gehorcht sie ihm, und verfehlt nicht eine Minute von der ihr festgesetzten Zeit. Er befiehlt allen Planeten und allen Kreisen des Himmels und sie gehorchen; er befiehlt der See Ebbe und Fluth, und der ganzen Schöpfung ihren Lauf zu halten, und alles gehorcht ihm. Die Engel des Himmels gehorchen ihm, wenn er sie sendet – solchen schwachen Würmern, wie wir auf Erden sind, zu dienen. (Hebr. 1,14.) Und dennoch wenn er nur einem Sünder umzukehren befiehlt, so will dieser ihm nicht gehorchen; er allein denkt sich weiser als Gott, verficht die Sache der Sünder, und will nicht gehorchen. Wenn der allmächtige Herr sein Wort spricht, gleich gehorchen ihm die Himmel, und was darin ist; aber wenn er nun einen Trunkenbold aus dem Schenkhause hervorruft, so will er nicht gehorchen; oder wenn er einen Sünder der weltlichen Fleischeslust ruft, sich zu verleugnen, sein Fleisch zu tödten, und sein Herz auf einen besseren Erbtheil zu richten, so will er nicht gehorchen.
Trügest du einige Liebe in dir, du würdest die Stimme erkennen, und sagen: „O das ist meines Vaters Ruf; wie konnte in meinem Herzen irgend Widerstand sich finden!“ Denn die Schaafe Christi kennen und hören seine Stimme, und folgen ihm; und er giebt ihnen ewiges Leben. Johan. 10,4. Wenn du irgend etwas vom geistigen Leben und Gefühl in dir hättest, so würdest du wenigstens sagen: „Dieser Ruf ist die furchtbare Stimme Gottes; und wer darf ihr ungehorsam seyn?“! Denn der Prophet sagt (Amos 3,9.): „Der Löwe brüllet; wer sollte sich nicht fürchten?“ Gott ist nicht ein Mensch, daß du mit ihm scherzen und spielen darfst. Bedenke nur, was er zu Paulus bei seiner Bekehrung sagte: „Es wird dir schwer werden, gegen den Stachel zu streiten.“ Willst du dennoch so dahingehen, und sein Wort verachten, seinem Geiste widerstreben, und dein Ohr seinem Rufe verstopfen? Wer wird das Aergste davon ziehn? Kennst du den nicht, dem du ungehorsam bist, und mit wem du streitest, und was du thust? Es wäre bei weitem klüger und leichter für dich, mit den Dornen zu streiten; mit deinen bloßen Füßen sie zu zerstampfen; und mit deinen bloßen Händen sie zu zerschlagen, oder deinen Kopf in brennend Feuer zu stecken. „Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten.“ Gal. 6,7. Wer auch immer sonst sich spotten ließe, Gott will es nicht. Ihr könntet eher mit Feuer auf dem Strohdache spielen, als mit dem Feuer seines verzehrenden Zornes. „Denn unser Gott ist ein verzehrend Feuer.“ Hebr. 12,29. Wie ungleich ist dein Kampf gegen Gott! „Schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen,“ Hebr. 10,31. und deshalb ist es schrecklich, mit ihm zu streiten, ihm zu widerstehen. Wenn ihr eure Seelen liebt, so seyd auf eurer Huth; was ihr thut. Was wollt ihr sagen, wenn er im Zorne mit euch zu rechten anfängt? Was wollt ihr machen, wenn er euch einmal in seine Hände faßt? wollt ihr auch dann streiten gegen seinen Urtheilsspruch; wie jetzt gegen seine Gnade? Der Herr spricht Jes. 27,3-6: „Muth ist nicht in mir,“ denn es erfreut mich nicht, euch zu zerstören; ich thue es nur gleichsam wider meinen Willen; aber dennoch. „Wer will die Hecken und Dornen in Kampf gegen mich stellen? ich würde durch sie hindurchgehn; ich würde sie mit einander verbrennen. Er wird mich erhalten bei meiner Stärke, und wird mir Frieden schaffen.“ Es ist ein ungleicher Kampf für Hecken und Stoppeln, mit dem Feuer Krieg zu führen.
So sehet, wer euch rufet, dies möge euch bewegen, seinen Ruf zu hören und umzukehren. Erwäget zugleich, durch welche Mittel, wie oft und wie ernstlich er euch ruft.
- Jedes Blatt des heiligen Buches Gottes hat gleichsam eine Stimme, und ruft dir zu: Kehre um und lebe; kehre um, oder du mußt sterben. Wie kannst du es aufschlagen, und nur ein Blatt lesen, oder einen Abschnitt hören, ohne zu erkennen, daß Gott dir gebietet, dich zu bekehren?
- Es ist dies die Stimme jeder Predigt, die du hörest; denn was ist das Ziel und der Endpunkt anders, als dich zu rufen und zu überreden, und in dich zu dringen, daß du umkehren mögest.
- Es ist dies die Stimme von so manchen Regungen des Geistes, der insgeheim diese Worte noch ein Mal wiederholt, und dich antreibt, umzukehren.
- Wahrscheinlich ist es bisweilen auch die Stimme deines eigenen Gewissens. Bist du nicht bisweilen überführt, daß es nicht gut mit dir steht? Sagt dein Gewissen dir nicht, daß du ein neuer Mensch werden, einen neuen Pfad einschlagen mußt, und ruft es dir nicht oft genug zu, umzukehren?
- Es ist die Stimme der Beispiele begnadigter Frommen. Wenn du sie ein himmlisches Leben führen, und vor der Sünde, welche deine Freude ist, fliehen siehst; wahrlich, so fordert dich dies auf, umzukehren.
- Es ist die Stimme aller Werke Gottes; denn dies sind auch Bücher Gottes, die dich diese Lehre lehren, indem dir seine Größe, Weisheit und Güte zeigen, und sie dich aufrufen, sie zu betrachten, und den Schöpfer zu bewundern. Psalm 14,1,2. „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Veste verkündet seiner Hände Werk. Ein Tag sagt’s dem andern, und eine Nacht thut’s kund der andern.“ Jedes Mal, daß die Sonne über dir aufgeht, ruft sie dir zu, umzukehren, als ob sie sprechen wollte: Wozu wandle ich, und umkreise die Welt, als um den Menschen die Herrlichkeit ihres Schöpfers zu verkündigen, und ihnen zu leuchten, seinen Willen zu thun? Doch immer finde ich, dich das Werk der Sünde verüben, und dein Leben in Trägheit verschlafen. „Wache auf, der du schläfst, stehe auf von den Todten, und Christus wird dich erleuchten.“ Eph. 5,14. „Die Nacht ist vergangen, der Tag aber herbeigekommen, so lasset uns ablegen die Werke der Finsterniß, und anlegen die Waffen des Lichtes. Lasset uns ehrbarlich wandeln, als am Tage; nicht in Fressen und Saufen, nicht in Kammern und Unzucht, nicht in Hader und Neid. Sondern ziehet an den Herrn Jesum Christum, und wartet des Leibes, doch also, daß er nicht geil werde.“ Röm. 13,12-14. Dieser Text wurde das Mittel zu Augustin’s Bekehrung.
- Es ist die Stimme jeder Gnadengabe, die du besitzest; wenn du sie nur hören und verstehen könntest, sie alle rufen dir zu: kehre um! Warum trägt dich die Erde, als daß du suchest und findest den Herrn? Wozu reicht sie dir ihre Früchte, als damit du ihm dienst? Warum gewährt die Luft dir Odem, als daß du ihm dienst? Wozu dienen alle Geschöpfe dir mit ihrer Arbeit und ihrem leben, als daß du ihrem und deinem Herrn dienest? Warum giebt Gott dir Zeit, Gesundheit und Stärke, als daß du ihm dienest? Wozu hast du Speise, Trank und Kleidung, als zu seinem Dienste? Hast du irgend etwas, daß du nicht empfangen hättest, und wenn du es empfangen hast, so ist es Vernunft, daß du bedenkest, von wem und wozu du es empfingest? Schriest du nie zu Gott in deiner Noth, und sahest du da nicht ein, daß es an dir liege, umzukehren, und ihm zu dienen, wenn er dich erretten soll? Er hat das Seine gethan, dich noch länger zu schonen, und ein Jahr um das andere es mit dir versucht, und dennoch kehrest du nicht um? Ihr kennet das Gleichniß von dem unfruchtbaren Feigenbaum Luc. 16,7,8,9. Als der Herr sagte: „hauet ihn ab; was hindert er das Land; ward er gebeten, es noch ein Jahr länger zu versuchen, und wenn er ihn dann ohne Früchte fände, ihn niederhauen zu lassen. Christus selbst macht zwei Mal die Anwendung davon V. 3,5.: „So ihr euch nicht bessert, sollet ihr alle auch also umkommen.“ Wie viele Jahre hat Gott bei dir nach den Früchten der Liebe und der Heiligung gesucht und keine gefunden; und dennoch hat er deiner geschont. Welch eine lange Zeit hast du durch muthwillige Unwissenheit und Sorglosigkeit die Gerechtigkeit Gottes zum Richterspruche aufgefordert: hauet ihn um; was hindert er da Land? Und dennoch hat die Gnade gesiegt, und die Geduld hat den Todesstreich der Verdammniß bis auf diesen Tag verzögert. Wenn Menschenverstand in dir wohnte, würdest du erkennen, daß alles dieses dich aufruft, umzukehren. Denkest du immer dem Urtheilsspruche Gottes zu entgehen, oder verachtest du den Reichthum seiner Güte, Geduld und Langmuth? Erkennest du nicht, daß dich Gottes Güte zur Buße leitet? Du aber nach deinem verstockten, unbußfertigen Herzen häufest dir selbst Zorn auf den Tag des Zornes und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes, wo er geben wird einem Jeglichen nach seinen Werken. Röm. 2,3-6.
- Ueberdies ist es die Stimme jedes Leidens, dir zuzurufen: Eile und bekehre dich! Krankheit und Schmerz rufen: Kehre um; Armuth, Verlust von Freuden und jedes Reis der Zuchtruthe ruft: kehre um; und dennoch willst du auf den Ruf nicht hören! Diese Erfahrungen sind dir so nahe getreten, und haben sich dir so fühlbar gemacht, daß sie dich sogar zum Seufzen gebracht, aber zum Umkehren können sie dich nicht bringen!
- Eben die Einrichtung deiner Natur und dein Wesen selbst räth dir, umzukehren. Wozu hast du Vernunft, als dein Fleisch zu beherrschen und deinem Herrn zu dienen? wozu eine verständige Seele, als seinen Willen kennen zu lernen und zu thun? wozu hast du ein Herz in dir, das lieben, fürchten und wünschen kann, als daß du ihn fürchten, ihn lieben, nach ihm verlangen sollst?
- Ja deine Versprechungen, durch welche du dich gegen deinen Herrn verpflichtet hast, rufen dir zu, umzukehren, und ihm zu dienen. Du hast dich ihm im Taufbunde verpflichtet, und der Welt, dem Fleisch und dem Teufel entsagt; dieses hast du dann durch dein Bekenntniß bei deiner Aufnahme in die Christengemeinde bestätigt, und beim Genuß des heiligen Abendmahles zur Zeit der Kümmernisse erneut; und willst du nun immer versprechen und geloben, und nimmer erfüllen, und dich Gott zukehren?
Nimm dies jetzt alles zusammen, und siehe, welch ein Schluß daraus folgen sollte. Die heilige Schrift ruft dir zu, umzukehren; Christi Diener fordern dich auf: kehre um; der Geist ruft: kehre um; dein Gewissen schreit: kehre um; die Gottseligen rufen durch Ueberredung und Beispiele: kehre um; die ganze Welt und alle Geschöpfe darin, die deiner Betrachtung sich darbieten, schreien: kehre um; die Geduld und Langmuth Gottes ruft: kehre um; alle die Gnadengaben, welche du erhalten hast, rufen: kehre um; die Ruthe der göttlichen Heiligkeit ruft: kehre um; deine Vernunft und die Einrichtung deiner Natur spricht von Bekehrung; endlich alle diene Gelübde vor Gott thun desgleichen, und dennoch bist du nicht entschlossen, umzukehren?
Armes, verhärtetes Sündenherz! hast du je erwogen, in welchem Verhältnisse du in dieser ganzen Zeit zu dem stehest, der dich umzukehren rufet. Du bist sein eigen, und schuldest ihm dich selbst und sammt Allem, was du hast, und er soll über das Seinige nicht befehlen? Du bist sein unbedingter Knecht, und wolltest einem andern Herrn dienen? Du bestehst durch seine Gnade, dein Leben ist in seiner Hand, und er ist entschlossen, unter keiner andern Bedingung dich selig zu machen; du hast viele boshafte, geistige Feinde, welche frohlocken würden, wenn Gott dich aufgeben, sich von dir abziehen und ihrem Willen dich preisgeben wollte; wie schnell würden sie auf eine ganz andere Weise mit dir verfahren. Dich losbinden von ihnen kannst du nicht, als nur durch Umkehr zu Gott. Du bist seinem Zorne anheimgefallen durch deine Sünde, und weißt nicht, wie lange er deiner noch schonen will. Vielleicht ist dies das letzte Jahr, vielleicht der letzte Tag; sein Schwert ist schon auf dein Herz gesetzt, während sein Wort zu deinen Ohren ertönt, wenn du nicht umkehrest, so bist du ein Kind des Todes und des Verderbens. Wären deine Augen nur offen, zu sehen, wo du stehst, gerade an dem Rande der Hölle, und zu sehen, wie viele Tausende, die nicht umkehren wollten, schon darin sind, du würdest einsehen, daß es Zeit ist, dein Heil zu besorgen.
Wohlan, Freunde, blicket jetzt nach innen, und sagt mir, wie eure Herzen bei diesem Anerbieten des Herrn gestimmt sind? Ihr hört, was seine Meinung ist; er erfreut sich nicht an eurem Tode; er ruft euch zu: kehre um, kehre um! Es ist ein schreckliches Zeichen, wenn euch dies alles doch nicht bewegt, oder nur halb bewegt; und mehr noch, wenn es dich in deinem Elende um so sorgloser macht, weil du von Gottes Erbarmungen hörst. O welch eine fröhliche Botschaft würde dies für jene, die jetzt in der Hölle sind, sein, wenn sie nur solch eine Botschaft von Gott empfingen; welch ein erfreuliches Wort, wenn sie hörten: kehre um und lebe. Ja, welch eine willkommenes Wort würde es dir selbst sein, wenn du auch nur eine Stunde den Zorn Gottes gefühlt hättest! oder wenn du auch nur nach tausend oder zehntausend Jahren solch ein Wort von Gott hören könntest. kehre um und lebe. Und dennoch willst du dies jetzt nicht achten, und uns mit unserm Auftrage unverrichteter Sache davon gehen lassen?
Sehet, Sünder, wir sind hier als die Gesandten Gottes, Leben und Tod vor eure Augen zu stellen; was meint ihr? was wollt ihr wählen? Christus steht, so zu sagen, bei dir, mit dem Himmel in der einen Hand, mit der Hölle in der andern, und überläßt dir die Wahl; was willst du wählen? „Die Stimme des Herrn erschüttert die Felsen.“ Psalm 26. Und ist es nichts, daß du ihn drohen hörst, wenn du nicht umkehren willst? Verstehst und fühlest du diese Stimme nicht: kehret um, kehret um; warum wollt ihr sterben? Wie, ist es nicht die Stimme der Liebe, der unendlichen Liebe, des besten, des gütigsten Freundes, wie du es leicht an seiner Innigkeit siehst; und dennoch kannst du sie überhören wollen? Es ist die Stimme der Theilnahme und des Mitleids. Der Herr sieht, wohin du gehst, besser, als du es siehst; und dies genügt ihn, dir zuzurufen: kehre um, kehre um; er sieht, was mit dir werden wird, wenn du nicht umkehren willst; er denkt bei sich selbst: - „ach dieser arme Sünder wird sich selbst in endlose Qualen stürzen, wenn er nicht umkehrt; ich muß gemäß meinem heiligen Gesetze mit ihm nach Gerechtigkeit verfahren,“ – und deshalb rufet er dir zu: kehre um, kehre um! O Sünder, wenn ihr nur um den tausendsten Theil erkennen möchtet die Gefahr, die euch nahe ist, und das Elend, in welches ihr euch stürzet, wir würden nicht mehr nöthig haben, heute euch zuzurufen, daß ihr umkehren sollet.
Ueberdies, diese Stimme, welche dir ruft, ist dieselbe, welche bereits Tausende überwunden und zum Himmel gerufen hat, die jetzt darin sind; und diese möchten jetzt nicht für tausend Welten wünschen, daß sie es damit leicht genommen hätten, und nicht zu Gott zurückgekehrt wären. Aber was besitzen denn die jetzt, welche auf Gottes Ruf umkehrten? Sie erkennen jetzt, daß es in der That die Stimme der Liebe war, welche ihnen keinen größern Herrn, als den ihrer Seligkeit zudachte; und wenn du demselben Rufe folgen willst, sollst auch du zu demselben Glück gelangen. Tausend Millionen sind, die für immer es beklagen müssen, nicht umgekehrt zu sein; aber nicht eine Seele ist im Himmel, die es betrüben möchte, daß sie umkehrte.
Wohlan, Freunde, seyd ihr jetzt entschlossen, oder seyd ihr’s nicht? Habe ich noch nöthig, euch zu wiederholen: was wollt ihr thun? wollt ihr umkehren, oder nicht? Rede, o Mensch, in deinem Herzen zu Gott, wenn du es auch gegen mich nicht aussprichst; sprich, damit er dein Schweigen nicht für Weigerung nehme; sprich eilig, damit er dir nicht immer das gleiche Anerbieten mache; sprich fest entschlossen und nicht wankelmüthig, denn er will nicht, daß die, die ihm folgen, gleichgültig sind. Sprich in deinem Herzen, ohne weitern Verzug, selbst ehe du von hinnen gehst: „Unter Gottes Gnadenbeistand bin ich entschlossen, augenblicklich umzukehren; und weil ich mein eigenes Unvermögen hierin anerkenne, nehme ich mir vor, Gott um seine Gnade anzuflehen, und in seinen Wegen ihm zu folgen, meiner früheren Laufbahn und meinen Genossen zu entsagen und mich selbst der Leitung des Herrn ganz hinzugeben.“
Freunde, ihr seyd nicht in die Finsterniß des Heidenthums, nicht in die Verzweiflung der Verdammten eingeschlossen; da Leben liegt vor euch, und ihr könnt es, wenn ihr wollt, unter billigen Bedingungen ja wenn ihr wollt, ganz umsonst erlangen. Der Weg Gottes liegt eben vor euch, die Kirche steht euch offen; ihr könnt, wenn ihr wollt, Christum, Vergebung, Heiligung erlangen. Was sagt ihr dazu? wollt ihr, oder wollt ihr nicht? Wenn ihr nein oder gar nichts sagt, und ferner immer so fortfahrt, so weiß es Gott, weiß es diese Versammlung, weiß es euer eigenes Gewissen; welch ein schönes Anerbieten euch am heutigen Tage gemacht ist. Gedenket daran, ihr konntet Christum haben und wolltet nicht; gedenket daran, wenn ihr ihn verloren habt, daß ihr das ewige Leben so gut als Andere haben konntet, und wolltet nicht; und das Alles darum, weil ihr nicht umkehren wolltet.
Doch laßt uns zum nächsten Satze kommen und eure Gründe hören.
Sechster Satz: Der Herr läßt sich herab, mit den unbekehrten Sündern zu überlegen, und sie zu fragen, warum sie sterben wollen.
Dies ist eine seltsame, wunderbare Zwiesprache, sowohl in Rücksicht der Streitfrage, als der Streitenden.
- Die Streitfrage, um die es sich handelt, ist: warum die Gottlosen sich selbst verdammen wollen; oder warum sie lieber sterben, als umkehren wollen? oder ob sie irgend einen ausreichenden Grund haben, so zu handeln.
- Die Streitenden sind Gott und der Mensch; der allerheiligste Gott und die gottlosen, unbekehrten Sünder.
Ist es nicht sonderbar, was Gott hier vorauszusetzen scheint, daß irgend einer Willens seyn sollte, zu sterben und verdammt zu seyn, ja daß dies der Fall mit den Gottlosen, d.h. mit dem größten Theile der Welt seyn solle? Doch ihr werdet sagen: „das kann nicht seyn; denn unser Wesen trachtet nach Erhaltung und dem Glück seiner selbst; die Gottlosen sind selbstsüchtiger als Andere; wie kann daher irgend einer verdammt seyn wollen?
Hierauf antworte ich: 1) Es ist eine ausgemachte Wahrheit, daß kein Mensch Böses wollen kann, deshalb, weil es böse ist, sondern nur in sofern es den Anschein des Guten hat; viel weniger kann einer ewig gepeinigt zu werden wünschen. Elend, als solches, wird von keinem begehrt. 2) Bei allem dem ist es noch wahrer, was Gott uns gelehrt hat; daß der Grund, warum die Gottlosen sterben und verdammt werden, dieser ist, weil sie sterben und verdammt werden wollen. Dieses nun ist in verschiedenen Rücksichten wahr.
1) Weil sie den Weg, der zu der Hölle führt, gehen wollen, obgleich ihnen von Gott und Menschen gesagt ist, wohin er führt und wo er endigt, und obgleich Gott ihnen so oft in seinem Worte erklärt hat, daß sie, wenn sie auf diesem Wege bleiben, gewiß verdammt werden; und daß sie, falls sie nicht umkehren, nicht selig werden sollen. Jesaias 58,22. und 47,21. „Die Gottlosen, spricht der Herr, haben keinen Frieden; sie kennen den Weg des Friedens nicht, und es ist kein Recht in ihren Gängen; sie sind verkehrt auf ihren Straßen; wer darauf, wie sie gehet, der hat immer keinen Frieden.“ Jes. 49,8. Sie haben das Wort und den Schwur des lebendigen Gottes hierüber; daß wenn sie nicht umkehren, sie nicht zu seiner Rufe kommen sollen. Und dennoch sind sie gottlos und wollen gottlos bleiben; mögen Gott und Menschen immerhin sagen, was sie wollen; fleischlich sind sie und fleischlich wollen sie bleiben; Weltkinder sind sie und Weltkinder wollen sie bleiben; obgleich ihnen Gott gesagt hat: „daß die Liebe zur Welt Feindschaft ist gegen Gott, und daß, wenn irgend Jemand die Welt (in diesem Maaße) liebt, die Liebe des Vaters nicht in ihm bleibet.“ (1 Joh. 1,14.) Hieraus folgt, daß diese Leute Willens sind, verdammt zu werden, obgleich nicht geradezu; sie wählen den Weg zur Hölle, und haben die ganz zuverlässige Ursache ihrer Pein lieb, obgleich sie die Hölle an und für sich selbst nicht wollen, und die Qual, die sie erdulden müssen, Noth gerne haben.
Ist dies nicht die Wahrheit von eurem Zustande, Freunde? Ihr wollt nicht in der Hölle brennen, aber ihr wollt das Feuer durch eure Sünden anfachen, und euch selbst hineinstürzen, ihr wollt nicht auf ewig mit den Teufeln gepeinigt werden, aber ihr wollt das thun, was ganz gewiß euch dahin bringen wird. Es ist gerade, als wenn ihr sagen wolltet: „Ich will dies Rattengift, oder ein anderes Gift nehmen, aber dennoch will ich nicht sterben; ich will köpflings mich von der Spitze eines Thurmes stürzen, aber selbst mich umbringen, will ich nicht; dies Messer will ich in mein Herz stoßen, aber das Leben will ich mir nicht nehmen; dies Feuer will ich auf mein Strohdach legen, aber verbrennen will ich es nicht.“ Gerade so ist es mit den Gottlosen, sie wollen gottlos seyn, wollen nach dem Fleisch und der Welt leben, und dennoch wollen sie nicht verdammet werden. Wißt ihr aber nicht, daß alle Straßen nach ihrem Ende führen, und daß Gott nach seinen gerechten Gesetzen bestimmt hat, daß ihr Buße thun müßt, oder verloren gehen! Der, welcher Gift nimmt, mag nur gerade heraussagen: „ich will mich nicht tödten,“ denn ein besseres Ende wird es doch nicht mit ihm nehmen, obgleich er es wegen der Süßigkeit des Zuckers, die damit verbunden war, liebte, und sich nicht überreden lassen wollte, daß es Gift sey, sondern im Gegentheile, daß wenn er es nehmen möchte, sich wohl dabei befinden würde, indessen seine Einbildungen und seine Zuversicht werden sein Leben nicht retten. Eben so, wenn ihr Säufer, Hurer, Weltlinge seyd, oder nach dem Fleische leben wollt, könnet ihr nur gerade heraussagen; „wir wollen verdammt werden,“ denn dahin wird es ohne eure Umkehr doch kommen. Würdet ihr nicht die Thorheit eines Diebes oder Mörders tadeln, der sagen wollte: „Ich will stehlen und tödten, aber dafür bestraft werden will ich nicht;“ da er doch weiß, daß wenn er das eine thut, der Richter im Gerichte schon dahin sehen wird, daß das andere geschehe! Wenn er sagen wollte: „ich will stehlen oder morden,“ so mag er nur geradezu sagen: „ich will gehängt werden,“ und wenn ihr im fleischlichen Leben dahingehen wollt, so mögt ihr nur gerade heraussagen: „wir wollen zur Hölle fahren.“
2) Zudem wollen die Gottlosen nicht die Mittel ergreifen, ohne welche es keine Hoffnung ihrer Seligkeit giebt. Der, welcher nicht essen will, mag nur gerade heraus sagen, er wolle nicht leben, wenn er nicht angeben kann, wie man ohne Speise bestehe; der welcher seinen Reisepfad nicht verfolgen will, mag nur geradezu sagen; er wolle nicht an das Ziel gelangen. Der, welcher in’s Wasser fällt, und nicht heraus will, noch zugeben, daß ein anderer ihm heraus helfe, mag nur geradezu sagen, er wolle ertrinken. So, wenn ihr fleischlich und ungöttlich seyd, nicht bekehrt werden, noch die Mittel, durch welche ihr bekehrt werden könntet, gebrauchen wollet; und dies für mehr Beschwerde als Nothwendigkeit ansehet, so mögt ihr nur gerade heraussagen, daß ihr verdammet werden wollt; denn wenn ihr einen Weg zur Seligkeit ohne Bekehrung aufgefunden hättet, so hättet ihr geleistet, was noch keiner vor euch.
3) Ja, dies ist noch nicht alles, sondern die Gottlosen sind eben ihrer eigenen Seligkeit abgeneigt. Obgleich sie so etwas begehren, das sie mit dem Namen Himmel belegen, so begehren sie doch den Himmel selbst in dem wahren Lichte der Glückseligkeit betrachtet nicht; ja ihre Herzen sind ihm ganz entgegen. Der Himmel ist ein Zustand vollkommener Heiligkeit, ungestörter Liebe und Anbetung Gottes; die Gottlosen aber haben dafür keinen Sinn. Schon für die unvollkommene Liebe, Anbetung und Heiligkeit, welche hier erlangt werden kann, sind sie nicht gestimmt viel weniger für die, welche so viel größer ist. Die Freuden des Himmels sind von einer so reinen und geistigen Natur, daß das Herz der Gottlosen nicht ernsthaft darnach verlangen kann. –
Hieraus könnt ihr abnehmen, aus welchem Grunde Gott voraussetzt, daß die Gottlosen ihr eigenes Verderben wollen. Sie wollen nicht umkehren, obgleich sie umkehren oder sterben müssen; sie wollen es lieber auf ihr gewisses Elend ankommen lassen, als bekehrt werden; und dann, um in ihren Sünden sich zu beruhigen, wollen sie sich glauben machen, daß sie nichts destoweniger entrinnen werden.
Wie aber dieser Streit ein Gegenstand des Erstaunens ist, daß die die Menschen so sich selbst feind seyn sollten, daß sie mit Wissen und Willen ihre Seelen verloren gäben, so sind es ebenfalls auch die Streitenden. Daß nämlich Gott sich so tief erniedrigen sollte, um mit dem Menschen diese Sache also abzumachen, und daß die Menschen so auffallend blind und widerspenstig seyn sollten, um dies alles in so einer klaren Sache nöthig zu haben, ja daß sie diesem allen widerstehen, da ihre eigene Seligkeit auf dem Spiele steht.
Kein Wunder, wenn sie uns, die wir Menschen sind, nicht hören wollen, da sie den Herrn selbst nicht hören; wie Gott spricht, da er seinen Propheten zu den Israeliten sandte (Ezech. 3,7.) das Haus Israel will dich nicht hören; denn sie wollen mich selbst nicht hören denn das ganze Haus Israel hat harte Stirnen und verstockte Herzen. Kein Wunder, wenn sie gegen einen Diener des Wortes oder gegen einen gottseligen Nachbar ankämpfen, da sie ja gegen den Herrn selbst und sogar gegen die klarsten Stellen seines Wortes ankämpfen und denken, das Recht sey auf ihrer Seite. Wie es beim Propheten Malachias (2,17. 8,6,7.) heißt: wenn sie durch ihre Reden den Herrn unwillig machen, sagen sie: womit machen wir ihn unwillig? wenn sie seinen Namen verachten wagen sie zu fragen: worin haben wir deinen Namen verachtet? wenn sie seinen Altar verunreinigen und den Tisch des Herrn entweihen wagen sie zu sagen: womit haben wir dich verunreiniget? Aber wehe dem (spricht der Herr) der mit seinem Schöpfer hadert, nämlich der Scherben mit dem Töpfer des Thons. Spricht auch der Thon zu seinem Töpfer: was machst du? (Jes. 45,9.)
Frage: Aber warum will denn Gott mit dem Menschen die Sache überlegen?
Antwort. 1) Weil der Mensch, als ein vernünftiges Geschöpf demgemäß behandelt und auf dem Wege der Vernunft überzeugt und überwunden werden muß. Gott hat ihn dazu mit Vernunft ausgerüstet, daß er sie zu seiner Ehre gebrauche. Man sollte denken, ein vernünftiges Wesen würde gegen die klarste, stärkste Vernunft in der Welt sich nicht stemmen, wenn sie sich vor ihm stellt.
2) Wenigstens sollen die Menschen sehen, daß Gott nichts von ihnen verlangt hat, was gegen die Vernunft wäre; sondern daß er in dem, was er ihnen gebietet und was er irgend verbietet, alle wahrhaft vernünftigen Gründe in der Welt auf seiner Seite habe, und daß die Vernunft für sie ist, ihm zu gehorchen, nicht aber ungehorsam zu seyn. So eben sollen die Gottlosen gezwungen seyn, Gott zu rechtfertigen, und zu bekennen, daß es ganz vernünftig gewesen wäre, zu ihm umzukehren. Gezwungen sollen sie werden, selbst einzugestehen, daß sie wenig Vernunft zeigten, da sie am Tage ihrer Heimsuchung durch Vernachlässigung seiner Gnade sich selbst verwarfen.
Anwendung
Sehet euch, Sünder, nach euren besten und stärksten Vernunftgründen um, wenn ihr euren Weg rechtfertigen wollt! Ihr sehet jetzt, mit wem ihr es zu thun habt. Was sagst du dazu unbekehrter, sinnlicher Mensch! Darfst du es auf einen Streit mit Gott ankommen lassen? Bist du im Stande, ihn zu widerlegen? bist du bereit, in die Schranken zu treten? Gott fragt dich „warum du sterben willst?“ bist du mit einer genügenden Antwort ausgerüstet? Willst du dich unterfangen, darzuthun, daß Gott im Irrthume sey, und du im Rechte? O was für ein ungeheures Unternehmen ist das? Entweder irret er oder ihr, da er für, ihr gegen eure Bekehrung seyd, er euch ruft umzukehren, und ihr nicht wollt; er euch bittet augenblicklich es zu thun heute noch, weil ihr heute gerufen seyd, ihr es aufschiebt und denkt, es sey späterhin noch Zeit genug. Er sagt, es muß eine gänzliche Umwandlung vorgehen, ihr müßt heilig und neue Creaturen, ganz neu geboren werden; ihr dagegen denkt, daß es genug sey, den alten Menschen auszuflicken, ein wenig aufzuputzen, ohne ein neuer zu werden. Wer hat nun Recht? Gott oder ihr? Gott ruft euch zu, umzukehren, und ein heiliges Leben zu führen, und ihr wollt nicht; auch eurem ungehorsamen Leben wird es deutlich, daß ihr nicht wollt. Wenn ihr wollet, warum thut ihr es nicht? warum habt ihr es schon lange nicht gethan? Und warum gehet ihr nicht noch jetzt daran? Euer Wille hat die Herrschaft über euer Leben. Wir schließen ganz richtig, daß ihr nicht umkehren wollt, wenn ihr es nicht thut. Und warum wollt ihr nicht? Könnt ihr irgend einen Grund anführen, der würdig ist, Grund genannt zu werden?
Ich, der ich nur ein Wurm, euer Mitgeschöpf, von schwachem Verstande bin, wage den Weisesten unter euch Allen auf einen Vernunftkampf herauszufordern, indem ich meines Schöpfers Sache verfechte, und ich brauche dabei nicht den Muth zu verlieren da ich weiß, daß ihr für Gottes Sache kämpfe, und für den streite, der zuletzt doch siegen wird. Hätte ich auch nur diese beiden Gründe, so bin ich sicher, daß die Vernunft mit ihren Gründen auf eurer Seite nicht viel bedeute.
Denn ich bin überzeugt, daß sie keinen guten Grund aufstellen kann, der gegen den Gott der Wahrheit und der Vernunft gerichtet ist. Das kann kein Licht seyn, das der Sonne entgegen gesetzt ist. Es giebt in keinem Wesen irgend eine Erkenntniß, die dasselbe nicht von Gott hätte, und deshalb kann Niemand weiser seyn als Gott. Es wäre eine verdammliche Vermessenheit für den höchsten der Engel, sich mit dem Schöpfer zu vergleichen; wie aber soll man es erst bei einem Erdenkloße nennen, bei einem unwissenden Thoren, der sich selbst und seine eigene Seele nicht kennt, der so wenig von den Dingen die er um sich sieht versteht, der unwissender als viele seiner Nebenmenschen ist; wenn er gegen die Weisheit des Herrn sich widersetzt? Es ist eine der vollständigsten Andeutungen, wodurch die schreckliche Gottlosigkeit der fleischlich Gesinnten und die gänzliche Sinnlosigkeit der Sünder sich blosgiebt, daß so ein einfältiger Maulwurf seinem Schöpfer zu widerreden, und das Wort Gottes zu bezweifeln wagt; ja daß in unserer Gemeinde Leute, die so gewaltig unwissend sind, daß sie nicht eine vernünftige Antwort in den allerersten Anfängen der Religion geben können, doch in ihrer eigenen Einbildung so weise sind, daß sie die klarsten Wahrheiten von Gott in Zweifel ziehn, ja ihnen widersprechen und dagegen streiten, während sie kaum verständig sprechen können, und glauben, mit ihrer albernen Weisheit nichts als Wahrheit zu fördern.
Und so wahr ich weiß, daß Gott nothwendig recht haben muß, so weiß ich auch, daß die Sache gegen welche er kämpft, so klar ist, daß Niemand einen Grund dafür vorbringen kann. Oder ist’s möglich, daß Jemand einen Grund dafür aufstellte, seines Schöpfers Gesetze zu brechen; einen Grund, den Herrn der Herrlichkeit zu verunehren; einen Grund, den Herrn der ihn erkauft hat zu verletzen? Ist es möglich, daß ein Mensch einen vernünftigen Grund hat, seine eigene Seele zu verdammen? Merket auf des Herrn Frage: kehret um, kehret um; warum wollt ihr sterben? Ist ewiger Tod etwas, wornach man begehren kann? Habt ihr die Hölle lieb? Was habt ihr denn für einen Grund euch selbst in’s Verderben zu stürzen? Wenn ihr denkt, ihr habt für die Sünde irgend einen Grund, solltet ihr nicht bedenken, „daß der Tod der Sünde Sold ist?“ Röm. 6,23. und erwägen ob ihr auch einen Grund habt, euch selbst, Leib und Seele für immer verloren zu geben? Ihr solltet nicht blos fragen ob ihr die Natter, sondern auch ob ihr deren Stachel liebt? Nein! es ist für den Menschen so etwas Unvernünftiges, seine ewige Glückseligkeit fortzuwerden und gegen Gott zu sündigen, daß gar kein Grund dafür angeführt werden kann. Aber je mehr einer dafür streitet, um so mehr zeigt er, wie unvernünftig er sey. Würde euch eine Herrschaft, oder ein Königreich für irgend eine Sünde angeboten, die ihr begeht, so wäre dies kein Grund dazu, sondern Unvernunft es anzunehmen. Könntet ihr durch irgend eine Sünde das Höchste auf der Erde erlangen, nach dem das Fleisch gelüstet, so wäre es doch gar nicht werth, euch vernünftiger Weise zu überreden sie zu begehen. Gälte es, eurem größten und theuersten Freunde zu gefallen, dem ersten Fürsten zu gehorchen, euer zeitliches Leben zu retten, dem größten irdischen Elende zu entgehn, Alles dieses könnte noch nicht hinreichen, um vernünftiger Weise einen Menschen zur Verübung einer einzigen Sünde anzulocken. Wäre es die rechte Hand oder das rechte Auge, das eurer Seligkeit hinderte, so ist es das Vorteilhafteste, diese abzuthun, besser als in die Hölle zu gehen um sie zu retten. Denn das heißt nicht, einen Theil erhalten, wenn man das Ganze verliert. So über alle Maaßen groß sind die Dinge der ewigen Welt, daß nichts in der Welt damit verglichen zu werden verdient; noch kann irgend etwas Irdisches, und wäre es das Leben, wären es Kronen und Königreiche, eine vernünftige Entschuldigung für die Vernachlässigung des Höchsten, das einen ewigen Werth hat, seyn. (Der Mensch kann keinen Grund haben, sein letztes Ende zu kreuzigen.). Der Himmel ist von der Art, daß wenn ihr ihn verliert, nichts seinen Mangel ersetzen, nichts seinen Verlust gut machen kann; die Hölle von der Art, daß wenn ihr sie erduldet, nichts euer Elend entfernen, oder Erleichterung und Trost schaffen kann, und deshalb kann nichts in gültige Betrachtung kommen, um euch über die Vernachlässigung eurer eigenen Seligkeit zu entschuldigen; denn unser Erlöser sagt: „was hälfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne, und nähme Schaden an seiner Seele?“ Marc. 8,26.
O daß ihr, meine Freunde, nur durch die Heiligen im Himmel erkennen könntet, was für große Gegenstände die sind, von welchen wir jetzt zu euch sprechen, ihr würdet eine ganz andere Art von Gedanken über diese Dinge annehmen. Wenn zu ihnen, die in dem Angesichte und in der Liebe Gottes leben, der Teufel kommen könnte und ihnen eine Flasche starken Getränks, eine feile Dirne, oder lustige Gesellschaft, und Kurzweile anbieten wollte, um sie von Gott und der Herrlichkeit abzulocken, sagt ich bitte euch, meint ihr daß sie solche Anlockung annehmen würden? Ja wenn er ihnen anbieten wollte, Könige der Erde zu seyn, meint ihr dies würde sie vom Himmel ablenken. Ach mit welchem Hasse, mit welch’ heiliger Entrüstung würden sie die Lockung zurückweisen! Und ihr – wie solltet ihr nicht eben so thun, für deren Glauben der Himmel geöffnet ist, wenn ihr nur Glauben hättet, um ihn zu sehen? Auch keine einzige Seele ist in der Hölle, die jetzt nicht erkennete, daß es ein thörichter Tausch war, den Himmel um irdisches Vergnügen aufzugeben, und daß weder ein wenig Lust und Sinnenergötzung, noch weltliche Reichthümer und Ehren, noch Menschengunst und Menschenwort das höllische Feuer dämpfen, oder ihnen eine befreiende Rettung für ihre Seelen schaffen mögen. O wenn ihr gehört hättet, was ich glaube und gesehen, was ich glaube und zwar unter Gewähr des göttlichen Wortes, ihr würdet mir eingestehen, daß kein Vernunftgrund einen Menschen bestimmen könne, seine Seele in die Verdammniß zu liefern, ihr würdet nicht eine Nacht ruhig schlafen können, bevor ihr euch entschlossen hättet, umzukehren und zu leben.
Wenn ihr einen Menschen seine Hand ins Feuer stecken sähet, bis sie verbrannt ist, ihr würdet euch wundern; und doch ist dies eine Sache, zu der ein Mensch seinen Grund haben kann, wie Bischof Cranmer hatte, da er seine Hand verbrannte, weil sie die Irrthümer des Pabstthums unterschrieben hatte. Wenn ihr einen Menschen sein Bein oder seinen Arm abschneiden sehet, so ist dies ein trauriger Anblick; aber es ist etwas, wozu Jemand einen ganz guten Grund haben kann, wie einige um ihr Leben zu retten. Wenn ihr einen Menschen seinen Leib hingeben seht, daß er zu Asche verbrannt oder mit allen Martern und Peinigungen gefoltert werde, so ist dies für Fleisch und Blut ein hartes Stück; aber solch einer kann gute Gründe dazu haben, wie ihr im Briefe an die Hebräer 11.33,34,35,36. sehet, und wie viele hundert Märtyrer gehabt haben. Aber daß ein Mensch den Herrn, der ihn gemacht hat, verläßt und in das höllische Feuer läuft, nachdem er davon unterrichtet und gebeten worden ist, umzukehren um selig zu werden, dafür giebt es in der ganzen Welt keinen Grund, der ausreichend dies zu rechtfertigen oder zu entschuldigen vermag. Denn der Himmel kann uns für Alles entschädigen, das wir, um seiner theilhaftig zu werden, verlieren; für jede Mühe, die wir für ihn bestehen, aber nichts kann uns für den Verlust des Himmels entschädigen.
Ich bitte euch, laßt dieses Wort näher zu eurem Herzen dringen. So ihr überführt seyd, daß ihr keinen Grund habt, euch selbst zu zerstören, so sagt mir, was ihr für einen Grund habt, daß ihr euch weigert umzukehren und Gott zu leben? Was für einen Grund hat das ausgemachte Weltkind oder der unwissende, sorglose Sünder unter euch allen, daß er nicht eben so heilig seyn will als er andere kennt, und nicht eben so sehr für seine Seele Sorge tragen wie andere? Wird die Hölle euch nicht eben so heiß seyn als andern? Sollten eure Seelen euch nicht eben so theuer seyn, als andern die ihrigen? Hat Gott nicht eben so viel Macht über euch? Warum wollt ihr denn nicht ein eben so heiliges Volk werden, als andere?
O meine Lieben, wenn Gott die Sachen auf die wahren Gründe der Natur zurückführt und euch darthut, daß ihr nicht mehr Grund habt, gottlos zu seyn, als eure eigenen Seelen zu verdammen, und ihr wollt dennoch dies nicht verstehen und umkehren, so scheint das ein verzweifelter Zustand zu seyn, in welchem ihr euch befindet.
Und nun habt ihr entweder Gründe für das, was ihr thut, oder ihr habt sie nicht. Habt ihr keine, wollt ihr denn noch so gegen alle Vernunft selbst anlaufen? wollt ihr das thun, wofür ihr keinen Grund habt? Aber wenn ihr denkt welche zu haben, so tragt sie doch vor und macht das Beste aus eurer Sache. Ueberlegt die Sache ein wenig mit mir, eurem Mitgeschöpfe, welches viel leichter ist, als die Sache mit Gott abzuthun. Sage mir doch, o Mensch, hier vor Gott, als wenn du diese Stunde sterben solltest; warum solltest du dich nicht entschließen, heute noch umzukehren, ehe du von der Stelle, auf der du stehst, dich wegbewegest? was für einen Grund hast du es abzulehnen oder aufzuschieben? Hast du irgend einen Grund, der deinem Gewissen genug thäte, oder welchen du wagen dürftest vor dem Richterstuhle Gottes vorzubringen? Hast du einen, so laß ihn doch hören, bringe ihn vor und vertheidige ihn. Aber ach was für armselige Dinge, was für Unsinn statt Gründe müssen wir täglich von den Gottlosen hören? Ich würde misch schämen sie herzunennen, wenn es nicht nöthig wäre.
Erster Einwurf. Einer sagt: wenn niemand selig werden sollte, als solche Bekehrte und Heilige, von denen ihr redet, so würde der Himmel ganz leer seyn. Da helfe Gott der großen Menge.
Antwort. Wie es scheint, so glaubt ihr, daß Gott dies nicht weiß, oder ihm sey sonst nicht zu glauben. Messet nicht Alles nach euch selbst. Gott hat tausende und Millionen von seinen Heiligen; aber doch ist dies nur wenig in Vergleich mit der Welt, wie Christus selbst gesagt hat. Matth. 7.13,14. Luc. 11.32. Es ist besser, daß ihr der Wahrheit euch bedienet, die Christus gelehret hat. „Gehet ein durch die enge Pforte; denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit der zur Verdammniß abführet, und ihrer sind viele die darauf wandeln. Und die Pforte ist enge und der Weg ist schmal, der zum Leben führet und wenig sind ihrer, die ihn finden. Luc. 13.22,23,24. Fürchte dich nicht du kleine Herde (sagt Christus zu seinen Heiligen; denn es ist eures Vaters guter Wille, euch das Königreich zu geben. Luc. 12,13.)
Zweiter Einwurf. Ich bin überzeugt, daß, wenn solche, wie ich bin zur Hölle gehen, so werden wir eine gar große Gesellschaft haben.
Antwort. Und dies soll eine Beruhigung oder ein Trost für euch seyn? Oder denkt ihr, daß ihr im Himmel nicht genug Gesellschaft haben werdet? Wollt ihr der Gesellschaft wegen zu Grunde gehen, oder wollt ihr glauben, daß Gott seine Drohungen nicht ausführen werde, weil es so viele Schuldige giebt? Das sind alles unverständige Einbildungen.
Dritter Einwurf. Alle Menschen, selbst der beste von allen, sind Sünder.
Antwort. Aber nicht alle sind unbekehrte Sünder. Die Frommen leben nicht in groben Sünden, und ihre Schwäche sind für sie ein Schmerz und eine Last, welche sie täglich loszuwerden sich sehnen, und darum beten und sich bestreben.
Vierter Einwurf. Ich sehe nicht, daß die Frommen besser sind, als andere Menschen; sie übervortheilen, bedrücken, und sind eben so habsüchtig als andere. –
Antwort. So viel Heuchler es auch geben mag, dennoch steht es nicht so mit denen, die geheiligt sind. Gott hat tausend und zehntausend, die ganz anders sind, obgleich die boshafte Welt sie in Dingen anklagt, die sie niemals beweisen kann, und die nie in ihre Herzen kommen. Gemeiniglich beschuldigen sie sie der Herzenssünden, die niemand als Gott sehen kann, weil sie ihnen keine solche Gottlosigkeit, als deren sie selbst schuldig sind, nachweisen können.
Fünfter Einwurf. Ich bin kein Hurer, kein Säufer, kein Bedrücker; wie könnt ihr mich deshalb auffordern, mich zu bekehren?
Antwort. Als wäret ihr nicht nach dem Fleische geboren, und hättet nicht nach dem Fleische gelebt so gut, als andere! Ist es nicht eine eben so große Sünde, als irgend eine von diesen, einen irdischen Sinn zu haben, die Welt mehr als Gott zu lieben, und ein ungläubiges, undemüthiges Herz zu haben? Ja, laßt mich auch sagen, daß viele von denen, welche entehrende Sünden vermeiden, in ihrem mehr bürgerlich gerechten Wandel eben so an der Welt kleben, eben so Sklaven ihres Fleisches, eben so Gott entfremdet und von dem Himmel abgekehrt sind, als andere in ihren schimpflicheren und bekannteren Sünden.
Sechster Einwurf. Aber ich thue niemanden ein Leid, thue keinem Unrecht; warum sollte mich denn Gott verdammen?
Antwort. Ist es nicht ein Unrecht, den Herrn, der dich gemacht hat, und das Werk, für welches du in die Welt gekommen bist, zu vernachlässigen und das Geschöpf dem Schöpfer vorzuziehen, und die Gnade nicht zu achten, die dir täglich angeboten wird? Das ist eben der Abgrund deiner Sündhaftigkeit, daß du kein Gefühl daran hast, die Todten fühlen’s nicht, daß sie todt sind. Wenn du nur einmal lebendig würdest, so würdest du mehr Uebel in dir selbst sehen und dich wundern, daß du es so leicht damit nahmst.
Siebenter Einwurf. Ich glaube, ihr wollt die Menschen unter dem Vorwande sie zu bekehren, wahnsinnig machen; es ist schon genug, Sündern den Kopf zu verdrehen, daß sie über Dinge denken, die ihnen zu hoch sind.
Antwort 1. Könnet ihr wahnsinniger werden, als ihr schon seyd, oder kann es einen gefährlicheren Wahnsinn geben als diesen, eure ewige Wohlfahrt zu vernachlässigen, und mit Willen euch selbst in’s Verderben zu stürzen?
Antwort 2. Der Mensch ist nie bei Verstande, bis er bekehrt ist; er kennt nicht Gott, kennt nicht die Sünde, noch Christum, noch die Welt, noch sich selbst, noch seinen Beruf auf der Erde, so daß er diesem zu genügen sich anschickt, bis er bekehrt ist. Die Schrift sagt, daß die Gottlosen unvernünftige Leute sind 2 Thessal. 3.2. und daß Weisheit Thorheit vor Gott ist. 1 Cor. 1,20. Luc. 15,17. Es wird von dem Verschwender gesagt, daß er, als er zu sich selbst kam, sich entschloß sich zu bekehren. Ist es wohl eine weise Welt, wenn der Mensch Gott ungehorsam seyn will und in die Hölle läuft, aus Furcht den Verstand zu verlieren?
Antwort 3. Was ist denn in dem Werke, zu welchem Christus euch aufruft, das einem Menschen um den Verstand bringe sollte? Ist es die Liebe Gottes, das Anrufen desselben, das heilsame Nachdenken über die künftige Herrlichkeit, das Verlassen unserer Sünden, die gegenseitige Liebe und die Freude am Dienste Gottes? Sind das Dinge, die den Menschen wahnsinnig zu machen vermögen?
Antwort 4. Und was da betrifft, daß ihr sagt, daß diese Gegenstände zu hoch für uns sind, so klaget ihr Gott selbst an, der dies zu unserm Geschäfte gemacht, uns sein Wort gegeben und empfohlen hat, darüber Tag und Nacht nachzudenken. Sind die Gegenstände, für welche wir gemacht sind, für welche wir leben, zu hoch für uns, um damit zu verkehren? Das heißt offenbar uns entmenschen, und uns zu Thieren herabzusetzen; als wenn wir diesen gleich wären, die mit keinen höhern Dingen, als mit Fleisch und Erde umgehen dürfen. Ist der Himmel zu hoch für euch, um daran zu denken und dafür Sorge zu tragen, so wird er auch zu hoch für euch seyn, um ihn zu besitzen.
Antwort 5. Wenn Gott bisweilen zulassen sollte, daß einige schwachköpfige Personen durch Gedanken an die ewigen Dinge verwirrt werden, so kommt dies, weil sie sie mißverstehen und ohne Führer gehen, und soll es eines von beiden seyn, so will ich lieber in der Lage eines solchen, als eines wahnsinnigen, unbekehrten Weltkindes seyn, da seinen Wahnsinn für Weisheit hält.
Achter Einwurf. Ich denke nicht, daß Gott sich so sehr um das, was die Menschen denken oder sprechen, bekümmere, daß man daraus eine so große Sache machen sollte.
Antwort. Es scheint, daß ihr das Wort Gottes für falsch achtet, und was wollt ihr dann glauben? Doch eure eigene Vernunft möge euch besser lehren, wenn ihr der Schrift nicht glaubet; denn ihr sehet, daß Gott es mit uns nicht so obenhin genommen, sondern sich herabgelassen hat, uns zu schaffen, und noch immer uns bewahrt, uns täglich erhält und behütet; und wird wohl ein weiser Mensch ein künstliches Werk für nichts machen? Würdet ihr eine Glocke oder eine Uhr machen, oder kaufen, und täglich darnach sehen, ohne Sorge zu tragen, ob sie richtig oder falsch gehet? Fürwahr, wenn ihr nicht ein besonderes Auge der Vorsehung glaubt, das auf euer Herz und Leben Acht hat, so könnt ihr auch keine besondere Vorsehung glauben und erwarten, die eure Mängel und Drangsale beachtet, oder sie erleichtert. Wenn Gott so wenig Sorge für euch trägt, als ihr euch einbildet, so würdet ihr nicht bis jetzt gelebt haben; hundert Krankheiten würden gestritten haben, welche von ihnen euch zuerst zerstören sollte; ja die Teufel würden euch überfallen, und euch lebendig mit sich fortgerissen haben, wie die großen Fische die kleineren verschlingen, und wie die Raubthiere und Raubvögel andere verzehren. Ihr könnt es gar nicht denken, daß Gott den Menschen ohne einen Zweck und ohne Bestimmung geschaffen; wenn er ihn aber zu irgend einem Zwecke schuf, so war dieser sicherlich er selbst; und kann man nun denken, daß er sich nicht darum bekümmert, ob dieser Zweck erreicht werde, und ob wir das Werk treiben, für welches wir gemacht sind.
Ja, mit diesem atheistischen Einwurfe sagt ihr, daß Gott die ganze Welt vergeblich geschaffen und erhalten habe. Wozu sind alle niedrigeren Geschöpfe, als für den Menschen? Was thut die Erde, als uns tragen und uns ernähren; was die Thiere, als mit ihren Arbeiten und ihrem Leben uns dienen? Sollte Gott eine so herrliche Wohnung gemacht und den Menschen hineingesetzt haben, um darin zu wohnen, und alles zu seinem Dienste gemacht haben; und nun sollte er gar nicht auf seine Hände sehen, noch sich darum bekümmern, wie er denkt oder lebt? Das widerstreitet aller Vernunft.
Neunter Einwurf. Es war eine bessere Welt, als die Menschen nicht so viel Lärmens von der Religion machten.
1. Antwort. Es ist immer Sitte gewesen, die vergangene Zeit zu preisen; die Welt, von der ihr redet, ist gewohnt zu sagen, daß die Welt besser in den Tagen ihrer Vorväter gewesen, und so machte man es eben zur Zeit der Vorväter. Es ist dies eine alte Sitte, weil wir die Uebel unserer eigenen Zeiten fühlen, aber nicht sehen was vor uns war.
2. Vielleicht sprecht ihr, wie ihr denkt. Denn die Weltkinder denken, die Welt ist am besten, wenn es ihren Sinnen angenehm ist, und wenn sie die meisten Freuden und weltliches Ergötzen haben; auch zweifle ich nicht, daß der Teufel, eben so gut wie ihr, sagen würde, daß die Welt damals besser war; denn er hatte damals mehr Anhang und weniger Beunruhigung. Aber die Welt ist am besten dann, wenn Gott am meisten geliebt, geehrt und ihm gehorcht wird; oder wie wollt ihr sonst wissen, ob die Welt gut oder böse ist, als eben hiernach?
Zehnter Einwurf. Es giebt so viele Wege und Religionen, daß wir nicht wissen, welcher wir uns anschließen sollen; und so wollen wir lieber bleiben, wo wir sind.
Antwort. Weil es der Weg e so viele giebt, wollt ihr lieber dem Wege folgen, von dem ihr versichert seyd, daß er schlecht ist? Keiner ist weiter vom Wege ab, als weltliche, fleischliche, unbekehrte Sünder; denn sie irren nicht nur, wie einige Sekten in dieser oder jener Meinung, sondern in dem Zwecke und Ziele ihres Lebens. Wenn ihr eine Reise machtet, an der euer Leben hinge, würdet ihr einhalten oder wieder umkehren, weil ihr auf ein Paar Kreuzwege stießet, oder weil ihr einige Reisende den Fahrweg, andere den Fußweg gehen, und vielleicht einige über die Hecken steigen, sogar einige den Weg verfehlen sähet? oder würdet ihr nicht vielmehr um so viel sorgsamer seyn den Weg zu erfragen? Wenn ihr einige Dienstleute hättet, die eure Sache nicht recht zu machen wüßten, und andere, die untreu wären, würdet ihr es von einem der Uebrigen gut aufnehmen, wenn sie deshalb träge seyn und ihren Dienst nicht thun wollten, weil sie sähen, daß die andern so schlecht wären?
Elfter Einwurf. Ich sehe nicht, daß es denen, die gottesfürchtig sind, besser geht, als andern Menschen. Sie sind eben so arm und in noch größeren Bedrängnissen, als andere.
Antwort. Und vielleicht in noch viel mehrern, wenn Gott sieht, daß es ihnen frommt. Sie sehen irdische Wohlfahrt nicht für ihren Lohn an; sie haben ihren Schatz und ihre Hoffnungen in einer andern Welt aufgestellt, oder sie sind nicht wahrhafte Christen. Je weniger sie haben, desto mehr steht ihnen noch bevor; und sie sind zufrieden, bis dahin zu warten.
Zwölfter Einwurf. Wenn ihr Alles gesagt habt, was ihr könnt, so bin ich entschlossen in guter Hoffnung zu bleiben, mich Gottes zu getrösten, und so gut, als ich kann, zu thun, ohne viel Lärmens davon zu machen.
1. Antwort. Heißt das thun, so gut als ihr könnt, wenn ihr nicht zu Gott umkehren wollt, sondern euer Herz sich seinem heiligen und fleißigen Dienste widersetzet? Es ist so gut, als ihr wollt; fürwahr, aber dies eben ist euer Elend.
2. Mein Wunsch ist, auf Gott hoffen und vertrauen; sagt aber, was ist es denn, das ihr hoffen wollet? Ist es selig und geheiligt zu werden? Dazu hat Gott euch sein Versprechen gegeben, und deshalb hoffet darauf und wanket nicht. Aber wenn ihr hofft ohne Bekehrung und heiligem Leben selig zu werden, so heißt dies nicht auf Gott, sondern auf den Satan oder euch selbst hoffen; denn Gott hat euch ein solches Versprechen nicht gegeben, sondern sagt euch ganz das Gegentheil. Der Satan vielmehr und Selbstliebe ist es, was euch solche Versprechungen macht, und euch zu solchen Hoffnungen aufregt.
Wenn denn dieses und ähnliches Alles ist, was ihr gegen die Bekehrung und ein heiliges Leben zu sagen habt, so ist dieses euer Alles nichts und noch schlimmer als nichts; und wenn diese und diesen ähnliche Gründe euch vermögen, Gott zu verlassen, euch selbst in die Hölle zu stürzen, so wolle euch der Herr von solchen Gründen, von solch einem blinden Verstande und von so gefühllosen, verhärteten Herzen befreien. Wollt ihr mit einem von diesen Gründen vor dem Richterstuhle Gottes bestehen? Denkt ihr, es wird dann eure Umkehr ersetzen, wenn ihr sagt: Herr, ich kehrte nicht um, weil ich so viel zu thun hatte in der Welt, oder weil ich das Leben einiger Frommen nicht billigte, oder weil ich Menschen sah von so verschiedenen Gesinnungen. O wie leicht wird da Licht jenes Tages solche Gründe, als diese sind, niederschlagen und beschämen! Haltet ihr noch an nach der Welt zu sehen? – Laßt denn die Welt, der ihr dientet, euch euren Lohn auszahlen und euch retten, wenn sie kann. Hattet ihr nicht eine bessere Welt, nach der ihr zuerst sehen mußtet, und war euch nicht empfohlen, zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit zu suchen, und euch versprochen, daß die anderen Dinge euch dann zufallen sollten? Matth. 6,33. War euch nicht gesagt, „daß die Gottseligkeit zu allen Dingen nütze ist, und die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens hat.“ 1 Tim. 4,8. Hinderten euch die Sünden der Frommen? Ihr hätte lieber desto mehr vorsichtig seyn und durch ihren Fall gelernt haben sollen, euch zu bewahren, desto sorgsamer und nicht desto sorgloser zu seyn. Hinderten euch die verschiedenen Meinungen der Welt? Ach die Schrift, die war eure Norm, und diese lehrt nur einen Weg, und das war der richtige Weg. Wenn ihr ihm gefolgt wäret, so eben und leicht er ist, so würdet ihr niemals gescheitert seyn. Werden Antworten dieser Art euch nicht über euch irre machen und beschämen? Werden sie es nicht, so hat Gott welche, die es werden. Wenn er jenen Mann frägt Matth. 22,12: „Freund, wie kommst du hierher, und hast kein hochzeitliches Kleid an?“ das heißt, was thust du in meiner Kirche unter erklärten Christen, ohne ein heiliges Herz und Leben? was für eine Antwort gab er? Der Text sagt: „er war verstummt,“ er hatte nichts zu sagen. Die Klarheit der Sache und die Majestät Gottes wird leicht den Mund der allerzuversichtlichsten unter euch stopfen, obgleich ihr durch nichts, was wir euch jetzt sagen können, euch wollt widerlegen lassen, und eure Sache gut machen wollt, so böse sie auch dasteht. Ich weiß, daß kein Grund, den ihr mir jetzt aufstellen könnt, euch zuletzt helfen wird, wenn euer Zustand vor dem Herrn und aller Welt offenbar werden muß.
Ja ich glaube kaum, daß euer eigenes Gewissen mit euren Gründen zufrieden gestellt wäre; denn wenn sie es wären, so scheint es, daß ihr nicht so sehr den Vorsatz miedet, Buße zu thun. Aber wenn ihr diesen Vorsatz habet, so scheint es, daß ihr nicht viel Vertrauen in eure Gründe, die ihr dagegen anführet, setzet.
Was sagt ihr nun, ihr unbekehrten Sünder? Habt ihr einige tüchtige Gründe anzuführen, warum ihr nicht umkehren, augenblicklich mit ganzem Herzen umkehren solltet? Oder wollt ihr in die Hölle gehen, selbst mit Verachtung der Vernunft? Bedenket, was ihr thun wollet bei Zeiten; denn in Kurzem wird es zu spät seyn, euch zu bedenken. Könnet ihr irgend etwas an Gott, seinen Werken, seinem Lohne tadeln? Ist er ein böser Herr? Ist der Teufel, dem ihr dienet ein besserer? oder ist das Fleisch besser? Ist an einem heiligen Leben irgend etwas Unrechtes? Ist ein Leben voll Weltlichkeit und Gottlosigkeit besser? Denket ihr in eurem Gewissen, daß es euch irgend einen Schaden thun würde, euch zu bekehren und ein heiliges Leben zu führen? Welchen Schaden kann es euch bringen? Ist es ein Uebel für euch, Christi Geist in euch zu haben und ein gereinigtes, geläutertes Herz? Wenn es etwas Böses ist heilig zu seyn, warum sagt denn Gott. „Ihr sollt heilig seyn, denn ich bin heilig.“ 1 Petr. 1,15,16. Levit. 20,7. Ist es ein Uebel, Gott gleich zu seyn? Heißt es denn nicht: „Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde? Wie, diese Heiligkeit ist sein Bild; diese hat Adam verloren und Christus hat durch sein Wort und seinen Geist euch wiederherstellen wollen, wie er bei allen thut, die er beseligen will. Warum seyd ihr getauft auf den heiligen Geist, und warum taufet ihr eure Kinder auf den heiligen Geist, als eurem Beseeliger, wenn ihr durch ihn nicht wollet geheiligt werden, sondern es für einen Nachtheil für euch ansehet, geheiligt zu werden? Sagt mir in Wahrheit, als vor dem Herrn, obgleich ihr einen Widerwillen dagegen empfindet, ein heiliges Leben zu führen; wolltet ihr nicht lieber in dem Zustande derer, die so thun, sterben, als in dem andern? Wenn ihr heute sterben solltet, würdet ihr nicht lieber in dem Zustande eines Bekehrten, als eines Unbekehrten sterben? nicht lieber in dem eines heiligen und himmlischen, als eines fleischlichen, irdischen Menschen sterben? Würdet ihr nicht sagen wie Bileam (Num. 3,10.): „Meine Seele müsse sterben des Todes der Gerechten, und mein Ende werde wie dieser Ende?“ Und warum wollt ihr nicht jetzt schon so gesinnt seyn, wie ihr alsdann wünschen werdet, gesinnt zu seyn? Früher oder später müßt ihr dazu kommen, entweder euch zu bekehren, oder zu wünschen, daß ihr es gethan hättet, wenn es zu spät ist.
Doch was ist es, das ihr zu verlieren fürchtet, wenn ihr umkehret? Etwa eure Freunde? Ihr werdet sie nur umtauschen; Gott wird euer Freund seyn, Christus und der heilige Geist, und ein jeder Christ wird euer Freund seyn. Einen Freund werdet ihr gewinnen, der euch mehr Dienste leisten wird, als alle Freunde in der Welt gekonnt hätten. Die Freunde, die ihr verliert, würden euch nur in die Hölle gelockt, aber nicht euch befreien gekonnt haben; dagegen der Freund, den ihr gewinnt, wird euch von der Hölle erretten, und euch zu seiner ewigen Ruhe bringen.
Sind es eure Vergnügungen, die ihr zu verlieren fürchtet? Ihr denkt, ihr werdet nie wieder einen vergnügten Tag haben, wenn ihr einmal bekehret seyd. Ach, daß ihr es für ein größeres Vergnügen achtet, in thörichten Spielen und Ergötzungen zu leben und euer Fleisch zu erfreuen, als in gläubigen Betrachtungen der himmlischen Herrlichkeit, in Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem heiligen Geiste zu leben, worin der Stand der Gnade besteht. Röm. 14,17. Wenn es ein größeres Vergnügen für euch ist, an eure Ländereien und euer Erbtheil (wenn ihr Herren des ganzen Landes wäret) zu denken, als es für ein Kind ist, um Stecknadeln zu spielen; wie sollte es euch dann nicht größere Freude machen an das Himmelreich als eurem Eigenthum zu denken, als an alle die Reichthümer und Vergnügungen der Welt? Wie es nur thörichte Kinderei ist, welche die Kinder so an Flittertand ergötzen läßt, daß sie ihn für alle Ländereien nicht aufgeben möchten; so ist es nur thörichte Weltlichkeit, Fleischlichkeit und Gottlosigkeit, welche euch so große Freude an euren Häusern und Ländereien, an Essen und Trinken, an Ruhm und Ehre finden lassen, daß ihr auf sie um die himmlische Freude selbst nicht verzichten möchtet. Aber was für Freuden wollt ihr genießen, wenn diese dahin sind? Denket ihr hieran gar nicht? Wenn eure Ergötzungen ein Ende mit Schrecken nehmen, und mit stinkendem Dampf ausgehen, so steht es um die Freuden der Heiligen am besten. Ich selbst habe nur einen kleinen Vorgeschmack der himmlischen Freuden in dem Gedanken an das Herannahen des seligen Tages, und in der vollkommenen Ueberzeugung von der Liebe Gottes in Christo; aber ich habe einen zu tüchtigen Schluck aus dem Becher der irdischen Freuden gethan, als daß ihr nicht sehen solltet, daß, wenn ich parteiisch bin, ich auf eurer Seite stehe; aber dennoch muß ich bekennen, daß hier keine Vergleichung statt findet. Es giebt in dem Zustande der Heiligung (wenn die Sonne des Lebens klar über uns scheint) mehr Freude an einem Tage, als in einem ganzen Leben sündlicher Ergötzungen. „Ich will lieber die Thür hüten in meines Gottes Hause, denn lange wohnen in der Gottlosen Hütten. Ein Tag in seinen Vorhöfen ist besser, denn sonst tausend.“ Psalm 84,10,11. Die Fröhlichkeit der Gottlosen ist gleich dem Lachen eines Wahnsinnigen, der sein eigenes Elend nicht kennt, und deshalb sagt Salomo zu solchem Lachen: du bist toll, und zur Freude, was machst du? Es ist besser in das Klaghaus gehen, denn in das Trinkhaus; in jenem ist das Ende aller Menschen, und der Lebendige nimmt es zu Herzen. Es ist Trauern besser denn Lachen, denn durch Trauern wird das Herz gebessert. Das Herz der Weisen ist im Klaghause, und das Herz der Narren im Hause der Freuden. Es ist besser hören das Schelten der Weisen, denn den Gesang der Narren. Denn das Lachen der Narren ist wie das Krachen der Dornen unter den Töpfen. Predig. Salom. 2,2. und 7,3-7. Alle Freude an fleischlichen Dingen ist gleich dem Kratzen eines Mannes, der die Krätze hat; es ist seine Krankheit, welche ihn dennoch begehren macht, und ein verständiger Mensch will lieber ohne sein Ergötzen, als mit seiner Krätze geplagt seyn. Euer lautestes Lachen ist doch nur dem eines Menschen gleich, der gekitzelt wird; er lacht, obgleich er keine Ursache der Freude hat. Und ist es weiser von einem Menschen, all sein Vermögen, ja sein Leben hinzugeben, um gekitzelt zu werden, damit er lache, als es für euch wäre, auf die Liebe Gottes, die Tröstungen der Heiligung und die Hoffnungen des Himmels zu verzichten, und euch selbst in die Verdammniß zu stürzen; nur, um euer Fleisch auf eine kurze Zeit mit den Freuden der Sünde zu kitzeln. Urtheilet, ihr Lieben, ob dies eine Weisen Sache ist. Nur eure fleischliche, ungeheiligte Natur läßt ein heiliges Leben euch kummervoll, einen sinnlichen Wandel ergötzlich erscheinen. Wolltet ihr nur umkehren, so würde der heilige Geist euch eine andere Natur, eine andere Neigung geben; dann würde es euch auch mehr Freude gewähren, eurer Sünden los zu werden, als jetzt sie zu unterhalten; dann würdet ihr sagen, daß ihr bis jetzt gar nicht wußtet, was ein erfreuliches Leben war, und daß es mit euch niemals gut stand, bis Gott und Heiligung eure Freude wurden.
Frage. Aber wie geht es zu, daß die Menschen in dem, was die Seligkeit angeht, so unvernünftig sind? Sie haben doch in andern Dingen Verstand genug, was macht sie zur Bekehrung so verdrossen, daß es in einer so klaren Sache so vieler Worte bedarf, und daß das alles nichts hilft, sondern die meisten unbekehret leben und sterben wollen?
Antwort. Um es mit wenigen Worten anzugeben, sind dieses die Gründe: -
- Den Menschen wohnet von Natur Liebe zur Erde und zum Fleisch ein; sie sind geborne Sünder und ihre Natur hat gegen Gott und das Gute eine Feindschaft, wie die Schlange gegen den Menschen hat; und da alles, was wir sagen können, gegen eine festeinwohnende Neigung ihrer Natur gerichtet ist, so ist es nicht zu verwundern, wenn wir wenig vermögen.
- Sie sind in Finsterniß, und verstehen selbst das nicht, was sie hören, gleich einem Blindgebornen, der eine große Anpreisung des Lichtes hört; - aber was will das Hören thun, wenn er es nicht sieht? – wissen nicht, was Gott, noch was die kraft des Kreuzes Christi, noch was der Geist der Heiligung, noch was ein Leben in Liebe durch den Glauben ist; sie kennen die Gewißheit, die Süßigkeit und die Herrlichkeit des himmlischen Erbtheils nicht; sie wissen nicht, was Bekehrung, was ein heiliger Sinn und eine heilige Unterhaltung ist, selbst wenn sie davon hören. Sie befinden sich in einem Nebel der Unwissenheit. Sie sind in Sünden verloren und verstrickt, gleich einem Manne, der in der Nacht sich selbst verloren hat, und nicht weiß, wo er ist, noch wie er sich zurecht finden soll, bis das Tageslicht ihn zurechtweist.
- Vorsätzlich vertrauen sie darauf, daß sie keine Bekehrung nöthig haben, sondern nur eine theilweise Ausbesserung; daß sie schon auf dem Wege zum Himmel und schon bekehret sind, obwohl sie es nicht sind. Wenn ihr darum einen Menschen treffet, der vom Wege abgekommen ist, so könnet ihr ihm lange zurufen, daß er wieder umkehren möge, wenn er euch nicht glauben will, daß er aus dem Wege ist.
- Sie sind Sclaven ihres Fleisches geworden, und in die Welt versunken, um ihm recht Vorschub zu schaffen. Ihre Lüste, Leidenschaften und Begierden haben sie ganz verwirrt, und so durchaus die Oberhand gewonnen, daß sie sich nicht Rath wissen, weder, wie sie dieselben verleugnen, noch wie sie sonst irgend etwas denken sollen. Der Säufer sagt: „Ich liebe einen guten Trunk, und kann mich dessen nicht enthalten.“ Der Fresser sagt: „ich liebe eine gute Schüssel, und kann mich dessen nicht enthalten.“ Und der Spieler liebt seine Partien, und kann sich nicht enthalten. So sind sie denn eben gefangene Sklaven ihres Fleisches; ihre Willenskraft ist Ohnmacht geworden, und was sie nicht thun wollen, davon sagen sie, daß sie es nicht können. Ja, das Weltkind ist so mit irdischen Dingen beschäftigt, daß es weder Herz, noch Verstand, noch Zeit für das Himmlische hat, sondern wie in Pharaos Traum 1 B. Mos. 41,4. die magern Kühe die fetten auffraßen, so verzehrt die magere und trockene Erde alle himmlischen Gedanken.
- Einige werden vom Strome böser Gesellschaft so fortgerissen, daß sie von schweren Gedanken über ein gottseliges Leben eingenommen sind, wenn sie dagegen reden hören, oder wenigstens sie meinen, sie dürfen es wagen, so zu leben, wie sie die meisten leben sehen, und so verbleiben sie auf ihren sündlichen Wegen. Wenn dann einer von ihnen niedergeschlagen und in die Hölle geworfen, und ein anderer mitten aus ihrem Kreise in dieselbe Verdammniß fortgeschleudert ist, so erschreckt sie dies gar nicht, weil sie nicht wissen, wohin diese gegangen sind. Die armen Verblendeten! sie bleiben diesem allen unerachtet, in ihrer Gottlosigkeit, denn sie wissen nicht, daß ihre Genossen jetzt in den ewigen Qualen jammern. Bei Luc. 16, würde der reiche Mann gerne einen gehabt haben, seine fünf Brüder zu warnen, daß sie nicht auch an den Ort der Qual kommen möchten. Wir dürfen annehmen, daß er ihre Gesinnungen und ihr Leben kannte, daß er es wußte, daß sie eben dorthin eilten, und sich nicht träumen ließen, daß er dort wäre; ja sie würden es nicht geglaubt haben, wenn einer es ihnen gesagt hätte. Ich erinnere mich, daß ein vornehmer Mann mir einen Vorfall erzählte, den er auf einer Brücke sah. Es trieb ein Mann eine Heerde fetter Lämmer; da stieß er auf etwas, das ihren Durchzug hinderte; eines von den Lämmern sprang auf die Mauer der Brücke, seine Beine glitten unter ihm aus, es fiel in den Strom. Als die übrigen dies sahen, liefen sie auch, eines nach dem andern, über die Brücke in den Strom, und ertranken alle, oder doch meist alle. Diejenigen nämlich, welche hinten waren, wußten nicht, was mit denen geschah, die vorne waren, sondern dachten, sie dürften ihren Genossen zu folgen wagen; aber sobald, als sie auf der Mauer waren, und plötzlich fielen, war die Sache ganz eine andere. Eben so ist es mit den unbekehrten fleischlichen Menschen. Einer von ihnen stirbt und läuft in die Hölle, und andere folgen auf demselben Wege; und wollen diesem nachgehen, weil sie nicht bedenken, wo er hingegangen ist. O daß der Tod einmal ihre Augen öffnen möchte, daß sie auch sähen, was auf der andern Seite der Mauer ist, in der andern Welt nämlich, was würden sie darum geben!
- Ueberdies haben sie einen listigen, boshaften Feind, der von ihnen nicht gesehen, sein Spiel in der Finsterniß treibt. Sein Hauptgeschäft ist, ihre Bekehrung zu hindern, und deshalb sie festzuhalten, wo sie sind, indem er sie überredet, der Schrift nicht zu glauben, und ihre Gemüther mit solchen Gegenständen nicht zu beunruhigen; oder sie überredet, schlecht von einem gottseligen Leben zu denken, und sich vorzustellen, daß davon mehr Lärmens gemacht werde, als nöthig sey, und daß sie ohne Bekehrung und ohne all diese Umwandlung selig werden können, und daß Gott viel zu gnadenvoll sey, als daß er einen, wie sie, verdammen werde; oder wenigstens, daß sie noch ein wenig länger verweilen, und ihr Vergnügen genießen können, der Welt noch einige Zeit folgen, dann sie fahren lassen und hiernach Buße thun möchten. Durch solche Gaukeleien hält der Teufel die meisten in seiner Gefangenschaft fest und führt sie in ihr Elend.
Diese, und diesen ähnliche Hindernisse, halten viele Tausende von der Bekehrung zurück. Obwohl Gott so viel gethan, Christus so viel gelitten, die Prediger des Wortes so viel für ihre Bekehrung geredet haben; obwohl ihre Gründe zum Schweigen gebracht, und sie dem Herrn, der hinter ihnen ruft: „bekehret euch, bekehret euch, warum wollt ihr sterben?“ nicht im Stande sind zu antworten; so kommt es doch bei dem größten Theile von ihnen zu nichts, und es bleibt uns nach diesem allen nichts übrig, als uns niederzusetzen, und ihr muthwilliges Elend zu beklagen.
Ich habe euch nun die Vernunftmäßigkeit der Befehle Gottes und die Unvernunft in dem Ungehorsam der Gottlosen dargethan. Wenn nichts helfen will, und die Menschen sich dennoch weigern, umzukehren, so ist das nächste, was wir betrachten müssen, wessen Schuld es ist, wenn sie verdammt werden. Dies führt mich auf den letzten Satz.
Siebenter Satz: Wenn nach allem diesem die Menschen nicht umkehren wollen, so ist es nicht Gottes Schuld, wenn sie verdammt werden, sondern ihre eigene; nämlich ihre Halsstarrigkeit. Sie sterben, weil sie wollen, das heißt; weil sie nicht umkehren wollen.
Wenn ihr zur Hölle gehen wollet, wer mag dem wehren! Gott selbst macht sich frei von eurem Blute; es soll an ihm nicht liegen, wenn ihr verloren gehet. Ein nachlässiger Prediger mag es auf sich nehmen, die, welche euch antreiben oder in euren Sünden euch nicht hindern, mögen es auf sich nehmen; aber seyd gewiß, an Gott liegt es nicht. Der Herr sprach, als er seinen unfruchtbaren Weinberg betrachtete: Jes. 5,3.4. „Nun richtet zwischen mir und meinem Weinberge. Was sollte man noch mehr thun an meinem Weinberge, das ich nicht gethan habe an ihm?“ da er ihn in einem fruchtbaren Erdreiche angelegt, ihn gehegt, die Steine ausgesammelt und mit den gewähltesten Weinen bepflanzt hatte. Was sollte Gott mehr thun? Er hat euch als Menschen geschaffen mit Vernunft ausgerüstet, mit allen äußerlichen Nothwendigkeiten versehen alle Geschöpfe zu eurem Dienste gestellt, er hat euch ein gerechtes vollkommenes Gesetz gegeben. Als ihr dies gebrochen und euch selbst ins Verderben gestürzt hattet, hatte er Erbarmen mit euch und sandte durch ein Wunder seiner sich herablassenden Gnade euch seinen Sohn für euch zu sterben und ein Opfer für eure Sünden zu werden, denn Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selber. (2 Cor. 5,19.)
Der Herr Jesus Christus hat sich selbst euch zum Eigenthum geschenkt und ewiges Leben mit ihm unter der Bedingung, daß ihr dies annehmen und umkehren sollet. Unter dieser billigen Bedingung hat er euch freie Vergebung aller eurer Sünden angeboten; hat es in seinem Worte niedergeschrieben, besiegelt mit seinem Geiste und durch seine Diener dasselbe euch zugesandt, diese haben den Antrag euch hundert und abermals hundert Mal gemacht, und euch ihn anzunehmen und zu Gott zurückzukehren aufgefordert. In seinem Namen haben sie euch gebeten, die Sache mit euch vernünftig überdacht und haben alle eure thörichten Einwendungen beantwortet. Er hat lange auf euch gewartet, sich in die euch gelegene Zeit geschickt und es ertragen, daß ihr ihm in’s Angesicht schluget. Erbarmungsvoll hat er euch mitten in euren Sünden erhalten; hat euch rings um mit Gnadenerweisungen aller Art umgeben, hat auch Trübsale untergemischt, um euch an eure Thorheit zu erinnern und euch zur Besinnung zu bringen; sein Geist hat oft mit eurem Herzen gerungen und ihm gesagt „Kehre um, Sünder, kehre um zu dem, der dich gerufen hat. Wohin willst du gehen? was willst du thun? Weisst du, was dies für ein Ende nehmen wird? Wie lang willst du deine Freunde hassen und deine Feinde lieben? Wann willst du alles fahren lassen, umkehren, dich deinem Gott ergeben und deinem Erlöser den Besitz deiner Seele zugestehen? Wann wird dies einmal geschehen? Solche Unterhandlungen hat er mit dir gepflogen; und da du es noch auf schobst, wardst du angetrieben zu eilen und Gott rief dir zu „heute wie gesagt ist, heute verstecket eure Herzen nicht.“ (Hebr. 4,7.) Warum wollt ihr nicht jetzt ohne irgend einen Verzug? Das Leben ist euch vor Augen gestellt, die Freuden des Himmels sind im Evangelium euch geöffnet; die Zuverlässigkeit derselben ist euch klar dargethan; die Gewißheit der ewigen Martern der Verdammten ist euch erklärt; außer daß ihr etwa Himmel und Hölle selbst sehen wolltet, was könnt ihr sonst mehr begehren? Christus ist so zu sagen euch gekreuzigt vor die Augen aufgestellt. (Gal. 3,1.) Es ist euch hundert Mal gesagt worden, daß ihr verlorne Menschen seyd, bis ihr zu ihm kommet, eben so oft ist euch das Uebel der Sünde, die Eitelkeit der Welt und aller der Vergnügungen und der Güter, welche sie darbieten kann, die Kürze und Ungewißheit eures Lebens und die endlose Dauer der Freuden oder Martern des künftigen Lebens vorgehalten worden. Alles dieses und mehr als dieses ist euch gesagt und wieder gesagt worden, bis ihr es zu hören müde waret und euch darüber leichter fortsetzen konntet, weil ihr es so oft gehört hattet, gleich wie der Hund des Schmieds Fertigkeit gewinnt unter dem Getöse der Hämmer zu schlafen, selbst wenn die Funken ihm um die Ohren sprühen, aber und obwohl dieß Alles euch nicht bekehrt hat seyd ihr dennoch am Leben und könntet heute noch Gnade erlangen, wenn ihr Herzen darnach hättet, sie aufzunehmen. Laßt demnach jetzt eure Vernunft selbst richten, ob es die Schuld Gottes oder die eurige ist, wenn ihr nach allem diesen doch unbekehrt bleiben wollt und verdammt werdet? Wenn ihr jetzt sterbet, so ist es weil ihr sterben wollet. Was sollte euch mehr noch gesagt werden oder welchen Weg soll man einschlagen, auf dem es wahrscheinlicher ist etwas auszurichten? Könnt ihr es sagen und darthun „wir würden gerne umgekehrt und neue Creaturen geworden seyn, aber wir konnten nicht, wir würden gerne unsere Sünden aufgegeben haben, aber wir konnten nicht; wir würden unsern Umgang, unsere Gedanken, unsere Unterhaltung geändert haben, aber wir konnten nicht.“ Wie, ihr konntet nicht, wenn ihr wolltet? Was hinderte euch als die Gottlosigkeit eurer Herzen? Wer zwang euch zu sündigen, oder wer hielt euch von eurer Pflicht zurück? Hattet ihr nicht dieselbe Unterweisung, Zeit und Freiheit gottselig zu seyn, als eure frommen Nachbarn? Warum solltet ihr denn nicht eben so gut wie diese haben gottselig seyn können? Waren die Kirchthüren für euch verschlossen, oder hieltet ihr euch nicht selbst entfernt, oder saßet und schliefet oder hörtet als wenn ihr nichts hörtet? Machte Gott in seinem Worte irgend eine Ausnahme in Betreff eurer, wenn er die Sünder auffordert umzukehren und Barmherzigkeit denen verspricht, welche umkehren? Hat er euch gesagt „ich will allen vergeben, die Buße thun, dich ausgenommen?“ Schloß er dich aus von der Freiheit seiner ganzen Kirche? Verbot er irgend vor andern dir zu ihm zu beten. Ihr wißt, daß er dies nicht thut. Gott trieb euch nicht von sich, sondern ihr verließet ihn und liefet selbst davon; und wenn er euch zu sich rief, so wolltet ihr nicht kommen. Hätte Gott euch von der allgemeinen Verheißung und Darbietung seiner Gnade ausgenommen oder hätte er gesagt: stehet ab ich will nichts mit solchen wie ihr seyd zu thun haben, betet nicht zu mir, denn ich will euch nicht hören, wenn ihr noch so viel Buße thut und noch so viel um Gnade schreiet ich will euch nicht beachten! wenn Gott euch keinen Trost sondern nur Verzweiflung gelassen hätte, so hättet ihr eine angemessene Entschuldigung gehabt. Ihr hättet sagen können zu welchem Ende thue ich Buße und kehre um, wenn ich doch nichts gut mache? Aber dieß ist nicht der Fall mit euch. Ihr konntet Christum zu eurem Herrn und Heiland, zu eurem Haupt und Meister so gut als andere haben, aber ihr wolltet nicht, weil ihr euch nicht krank genug fühltet, um zum Arzt eure Zuflucht zu nehmen und weil ihr eure Krankheit nicht entbehren konntet. In euren Herzen sprecht ihr wie jene Empörer: Luc. 19,14. „Wir wollen nicht, daß dieser über uns herrsche.“ Christus wollte euch unter die Flügel seines Heils versammeln, aber ihr wolltet nicht. Matth. 22,37. Welch ein Verlangen nach eurer Wohlfahrt hat der Herr in seinem heiligen Worte ausgedrückt! Mit welcher Theilnahme stand er bei euch und sagte: „O daß mein Volk auf mich hörte und in meinen Wegen wandelte!“ Psalm. 18,13. 76,13. „Ach daß sie ein solches Herz hätten mich zu fürchten und zu halten alle meine Gebote ihr Leben lang, auf daß es ihnen wohl ginge und ihren Kindern ewiglich.“ 5. Mos. 5,29. O daß sie weise wären und vernähmen solches, daß sie verständen, was ihnen hernach begegnen wird. Er würde euer Gott geworden seyn und Alles für euch gethan haben, was eure Seelen nur wünschen konnten, aber ihr liebtet die Welt und euer Fleisch mehr als ihn und deshalb wolltet ihr nicht auf ihn hören, obgleich ihr mit ihm schön thatet und ihm hohe Titel beilegtet, aber wenn es zur Schlacht kam, so wolltet ihr nichts mit ihm zu thun haben. Ps. 81,11,12. Kein Wunder daher, wenn er euch aufgab in eures Herzens Gelüsten und ihr nach euren eigenen Rathschlägen wandeltet. Er läßt sich herab aus Vernunftgründen euch zu überführen, sieht die Sache mit euch durch und fragt euch „was ist an mir oder an meinem Dienste, daß ihr so gegen mich seyd? Was habe ich dir Uebles gethan, Sünder? Habe ich dies unfreundliche Betragen an dir verdient? Viele Gnadenerweisungen habe ich dir erzeigt, für welche derselben verachtest du mich so? Bin ich es, oder ist es der Satan, der dein Feind ist? Bin ich es, oder ist es dein fleischliches Selbst, das dich so zu Grunde richtet? Ist es ein heiliges Leben oder ein Sündenleben das du zu fliehen Ursache hast? Wenn du verloren gehest, so ziehest du dir dies selbst zu, weil du mich verlässest den Herrn, der dich würde gerettet haben. „Es ist deine Bosheit Schuld, daß du so gestäupet und deines Ungehorsams, daß du so gestrafet wirst. Also mußt du inne werden und erfahren, was es für Jammer und Herzeleid bringet den Herrn deinen Gott verlassen und ihn nicht fürchten.“ Jerem. 2,19. „Was haben doch eure Väter Fehls in mir gehabt, daß sie von mir wichen und hingen an den unnützen Götzen da sie doch nichts erlangten?“ (Jerem. 2,5.) „Höret ihr Himmel, und Erde nimm zu Ohren, denn der Herr redet: Ich habe Kinder auferzogen und erhöhet, und sie sind von mir abgefallen. Ein Ochse kennet seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn, aber Israel kennet es nicht, und mein Volk vernimmt es nicht. O wehe des sündigen Volks, des Volkes von großer Missethat, des boshaften Saamens, der schändlichen Kinder, die den Herrn verlassen, den Heiligen in Israel lästern, weichen zurück.“ (Jes. 1,2,3,4.) Dankest du also dem Herrn deinem Gott du toll und thöricht Volk? Ist er nicht dein Vater und dein Herr? Ist es nicht er allein, der dich gemacht hat und bereitet hat? (5. Mos. 32,6.) Als er sah, daß ihr ihn verließet, eben um gar nichts und euch abwandtet von eurem Herrn und eurem Leben, um der Spreu und den bunten Federn dieser Welt nachzusetzen, da mahnte er euch wegen eurer Thorheit und forderte euch zu einem vortheilhafteren Berufe auf. Jesaias 55,1-3. Warum zählt ihr Geld dar, da kein Brod ist und eure Arbeit, da ihr nicht satt von werden könnet? Hört mir doch zu und esset das Gute, so wird eure Seele in Wollust fett werden. Neiget eure Ohren her, und kommt her zu mir, höret, so wird eure Seele leben; denn ich will mit euch einen ewigen Bund machen, nämlich die gewissen Gnaden Davids. Und (V. 6,7.) heißt es: Suchet den Herrn weil er zu finden ist; rufet ihn an weil er nahe ist. Der Gottlose lasse ab von seinem Wege und der Uebelthäter von seinen Gedanken und bekehre sich zum Herrn, so wird er sich seiner erbarmen; und zu unserm Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung. Und da ihr nicht hören wolltet, was für Klagen habt ihr ihm abgenöthigt, da er euch wegen eurer Halsstarrigkeit und Hartnäckigkeit zuschreien mußte? Staune o Himmel darüber und erschrick. „Denn mein Volk thut eine zwiefache Sünde, mich die lebendige Quelle verlassen sie und machen sich selbst ausgehauene Brunnen, die löchrigt sind und kein Wasser haben. (Jerem. 2,13.) Oftmals hat Christus an euch die Einladung ergehen lassen „wer dürstet, der komme und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst.“ (Offenb. Joh. 22,17.) Aber ihr nöthigt ihn nach allen diesen Anerbietungen über euch zu klagen; sie wollen nicht zu mir kommen, daß sie das Leben haben: (Johan. 5,40.) Er hat euch eingeladen zu seinem Gastmahle in dem Reiche der Gnade und ihr habt euch mit euren Aeckern, eurem Viehstande, euren weltlichen Geschäften entschuldigt und da ihr nicht kommen wolltet sagtet ihr, ihr könntet nicht und habt ihn zu dem Urtheil gezwungen, daß ihr niemals sein Mahl schmecken sollet. (Luc. 14,15-25.) Wer ist nun Schuld als ihr selbst? was könnt ihr anders als die Hauptursache eurer Verdammniß angeben, als euren eignen Willen? ihr wolltet verdammt werden. Die ganze Sache ist offen dargelegt in den Sprüchwörtern Salomonis Cap. 1. V. 20,. bis zu Ende. „Die Weisheit klaget draußen und läßt sich hören auf den Gassen. Sie rufet in der Thür am Thor vorne unter dem Volke; sie redet ihre Worte in der Stadt wie lange wollt ihr Albernen albern seyn? Und die Spötter Lust zur Spötterei haben? Und die Ruchlosen die Lehre hassen? Kehret euch zu meiner Strafe. Siehe ich will euch heraussagen meinen Geist und euch meine Worte kund thun. Weil ich denn rufe und ihr weigert euch ich recke meine Hand aus und niemand achtet darauf und lasset fahren allen meinen Rath und wollet meine Strafe nicht; so will ich auch lachen in eurem Unfall und eurer spotten, wenn da kommt, das ihr fürchtet; wenn über euch kommt wie ein Sturm, das ihr fürchtet und euer Unfall als ein Wetter; wenn über euch Angst und Noth kommt. Dann werden sie mir rufen, aber ich werde nicht antworten, sie werden mich frühe suchen und nicht finden. Darum, daß sie hasseten die Lehre und wollten des Herrn Furcht nicht haben; wollten meines Rathes nicht und lästerten alle meine Strafe. So sollen sie essen von den Früchten ihres Wesens und ihres Rathes satt werden. Das die Albernen gelüstet, tödtet sie, und der Ruchlosen Glück bringet sie um. Wer aber mir gehorchet wird sicher bleiben und genug haben, und kein Unglück fürchten.“ Ich hielt für das Beste den ganzen Text ausführlich euch anzuführen, weil er so vollständig den Grund der Zerstörung der Gottlosen zeigt. Dieser ist, nicht, daß Gott sie nicht lehren wollte, sondern daß sie nicht lernen wollen; nicht daß Gott sie nicht rufen wollte, sondern daß sie auf seinen Verweis nicht umkehren wollen. Ihre Halsstarrigkeit ist ihr Untergang.
Anwendung.
Aus dem, was gesagt worden, mögt ihr nun ferner Folgendes lernen.
1. Hieraus nämlich könnt ihr erkennen, nicht nur was es für eine Lästerung und Bosheit ist, die Schuld von dem Untergange eines Menschen Gott zuzuschreiben, sondern auch wie ungeschickt diese gottlosen Bösewichter sind eine solche Anklage gegen ihren Schöpfer aufzustellen. Sie schreien über Gott und sagen, daß er ihnen keine Gnade gebe, daß seine Drohungen zu ernst und zu strenge seyen; Gott wolle, daß aller verdammt werden sollen, die nicht bekehrt und geheiligt sind; es dünke ihnen eine harte Maaßregel, daß ein kurzes Sündigen ein endloses Leiden nach sich ziehen solle; und wenn sie verdammt werden sagen sie, sie könnten sich darin nicht helfen, während sie in derselben Zeit an ihrer eignen Zerstörung arbeiten, ja sogar ihrer eignen Seele die Kehle abschneiden und sich nicht wollen zureden lassen, ihre Hände still zu halten. Sie denken Gott wäre grausam, wenn er sie verdammen sollte; und doch sind sie gegen sich selbst so grausam, daß sie in das Feuer der Hölle laufen wollen, obgleich ihnen Gott gesagt hat, daß es dicht vor ihnen sey und weder Bitten noch Drohungen noch irgend etwas, das gesagt werden kann sie aufzuhalten vermag. Ich sehe sie beinahe schon verloren; ihr sorgloses, weltliches, fleischliches Leben sagt uns, daß sie in der Gewalt des Teufels sind; wir wissen, daß wenn sie sterben ehe sie sich bekehrt haben, die ganze Welt sie nicht erretten kann und da wir die Ungewißheit ihres Lebens kennen, so sind wir täglich in Furcht, daß sie in das Feuer versinken. Deshalb nun liegen wir ihnen an, sich ihrer eigenen Seelen zu erbarmen und nicht sich selbst zu Grunde zu richten, während noch Gnade für sie zu finden sey; aber sie wollen uns nicht hören. Wir bitten sie, ihre Sünde aufzugeben ohne Verzug zu Christo zu kommen und gegen sich selbst Barmherzigkeit zu haben; aber sie wollen dies nicht. Und doch denken sie, daß Gott grausam sey, wenn er sie verdamme. O ihr armen muthwilligen Sünder, nicht Gott ist grausam gegen euch; ihr selbst seyd grausam gegen euch. Euch ist auch gesagt worden, ihr müßt umkehren oder einst umkommen; und doch kehret ihr nicht um. Es ist euch gesagt, daß wenn ihr eure Sünden durchaus behalten wollet, ihr auch Gottes Fluch mit ihnen behalten müßt, und dennoch wollt ihr sie behalten. Es ist euch gesagt, daß es zur Glückseligkeit keinen Weg als durch Heiligkeit giebt, und doch wollt ihr nicht heilig werden. Was wollt ihr, daß Gott mehr zu euch sage, was, daß er mehr mit seiner Barmherzigkeit thue? Er bietet sie auch an und ihr wollt sie nicht haben. Ihr befindet euch im Pfuhl der Sünde und des Elendes und er wollte euch seine Hände reichen, euch herauszuhelfen und ihr weiset seine Hülfe zurück; er wollte euch reinigen von euren Sünden und ihr wollet sie lieber behalten; ihr liebt eure Lüste, liebt eure Schwelgereien, Spiele, Trunkenheiten und wollt sie nicht aufgeben. Wie, fordert ihr, daß er euch, ob ihr wollt oder nicht, in den Himmel bringen soll? oder daß er gar euch sammt euren Sünden in den Himmel aufnehmen soll? O das ist solch eine Unmöglichkeit, daß ihr eben so gut erwarten möget, er solle die Sonne in Finsterniß umwandeln. Wie, ein ungeheiligtes, fleischlich gesinntes Herz sollte im Himmel sein! Das kann nicht sein. „Da gehet nichts ein, das unrein ist.“ Offenb. Joh. 21,17. „Was hat die Gerechtigkeit für Gemeinschaft mit der Ungerechtigkeit, was das Licht mit der Finsterniß? wie stimme Christus mit Belial überein?“ 2. Cor. 14,15. „Den ganzen Tag habe ich meine Hände ausgestreckt zu dem Volke, das sich nichts sagen läßt und widerspricht.“ Röm. 10,21. Was wollt ihr jetzt thun? wollet ihr zu Gott um Barmherzigkeit rufen? Wie, Gott ruft euch zu, daß ihr Erbarmen mit euch selbst haben sollet und ihr wollt nicht. Wir Prediger sehen den Giftbecher in des Säufers Händen und sagen ihm es ist Gift darin und liegen ihm an, daß er Barmherzigkeit gegen seine Seele haben und es unterlassen soll, und er will uns nicht hören; trinken muß er und will er; er liebt dies einmal und wenn auch die Hölle unmittelbar vor ihm stünde, er sagt, er könne sich nicht helfen. Was soll man zu solchen Leuten als diese sind, sagen? Wir sagen dem gottlosen, unbesorgten Weltlinge: ein solches Leben kann dich nicht selig machen noch je in den Himmel bringen. Wenn ein Bär euch auf den Fersen wäre, ihr würdet die Schritte verdoppeln. Nun aber da der Zorn Gottes hinter euch ist und der Satan und die Hölle hinter euch sind, wollet ihr nicht aufwachen, sondern fraget: „was nützt all dieser Lärm?“ Hat denn eine unsterbliche Seele nicht mehr Werth? O habt doch Erbarmen mit euch selbst! Aber sie wollen kein Erbarmen mit sich haben, noch uns irgend beachten. Wir sagen ihnen das Ende wird bitter seyn, wer kann im ewigen Feuer wohnen? aber sie wollen kein Erbarmen mit sich selbst haben. Und dennoch sagen solche schamlose Sünder, daß Gott viel zu gnädig sey, um sie zu verdammen, da sie es doch selbst sind, welche ganz ohne Erbarmen gegen sich in ihre Verdammung laufen. Wollten wir höflich mit dem Hut in den Händen zu ihnen gehen und sie bitten, wir könnten sie nicht aufhalten; wollten wir vor ihnen auf die Kniee fallen, wir könnten sie nicht aufhalten, sondern zur Hölle wollen sie gehen und doch wollen sie nicht glauben, daß sie dahin gehen. Wenn nur sie um Gottes willen bitten, der sie geschaffen und erhalten hat, um Christi willen, der für sie gestorben ist, um ihrer eigenen armen Seele willen, sich ihrer selbst anzunehmen und nicht weiter den Weg zur Hölle zu gehen und zu Christus zu kommen, so lange dessen Arme ihnen noch offen sind; in den Stand des Lebens einzugehen, so lange die Thüre noch offen ist und jetzt Gnade anzunehmen, so lange noch Gnade zu erlangen ist; so wollen sie sich doch nicht überreden lassen. Wenn wir darum sterben sollten, wir könnten doch nicht mehr ausrichten und bewirken, daß sie darüber bei sich nachdächten und umkehrten. Gleichwohl sagen sie, ich hoffe Gott wird gnädig seyn. Bedenket ihr denn gar nicht, was er sagt: „(Jesaias 27,11.) „es ist ein unverständiges Volk, darum wird sich auch ihrer nicht erbarmen, der sie gemacht hat, und der sie geschaffen hat wird ihnen nicht gnädig seyn.“ wenn ein anderer euch nicht kleiden will, wenn ihr nackt seyd und euch nicht speisen will, wenn ihr hungrig seyd, so würdet ihr sagen, er sey unbarmherzig; wenn er euch in’s Gefängniß stecken, euch schlagen und foltern wollte, so würdet ihr sagen, er sey unbarmherzig, und doch wollet ihr tausend Mal mehr gegen euch selbst thun, bringet beides, Seele und Leib, auf ewig um und beklaget euch nicht über eure eigene Unbarmherzigkeit. Ja und Gott, der die ganze Zeit mit seiner Gnade auf euch gewartet hat, muß sich unbarmherzig schelten lassen, wenn er euch nach allem diesen strafen will. Wenn der heilige Gott im Himmel solche Bösewichter nicht seines Sohnes Blut mit Füßen treten und nicht mit den Juden so zu sagen ihm wieder in’s Angesicht speien; den Geist der Gnade nicht verachten, nicht einen Scherz aus der Sünde machen, ein Gespött mit der Heiligkeit treiben, die beseligende Gnade dem Unrathe ihrer fleischlichen Vergnügungen nachsetzen lassen will; wenn er sie nach allem diesen nicht durch seine Gnade, die sie zurückgestoßen und nichts davon haben wissen wollen, beseligen will, so muß er sich unbarmherzig von ihnen nennen lassen. Aber er wird gerechtfertigt werden, wenn er Gericht hält und wird vor dem Richterstuhle eines sündigen Wurmes nicht stehen oder fallen.
Ich weiß, es giebt so einige besondere Spitzfindigkeiten, die sie gegen den Herrn vorbringen, aber ich will mich hier nicht aufhalten darauf zu antworten, da ich dies schon in meiner Abhandlung über das Gericht gethan habe, worauf ich sie verweise. Wären die streitenden Parteien in der Welt eben so sorgsam gewesen, Sünde und Verderben zu vermeiden, als sie geschäftig gewesen sind nach der Ursache davon zu forschen und dieselben vorschnell, wenn auch nicht geradezu Gott zuzuschreiben, so würden sie ihren Verstand mehr zu ihrem Vortheil angewendet, weniger Gott gelästert und sich selbst besser berathen haben. Wenn ein so widerliches Unheil als die Sünde in uns, eine so traurige Bürde als die Strafe auf uns, ein so schrecklicher Zustand als die Hölle vor uns ist, so sollte man denken, daß es eine leichte Frage sey, wer die Schuld davon trage, ob Gott oder der Mensch, der Urheber oder der schuldige Theil sey? einige aber sind so eingenommene Richter über sich selbst, daß sie geneigter sind die unendliche Vollkommenheit und die Güte selbst, als ihr eigenes Herz anzuklagen, und ihren ersten Eltern es nachzuthun die da sagten: „die Schlange verführte mich; das Weib das du mir zugesellet, gab mir von dem Baume und ich aß,“ womit sie versteckterweise Gott die Schuld beilegen. So sagen sie: „die Vernunft, die du mir gabst, war unfähig zu unterscheiden; der Wille, den du mir gabst, war unfähig eine bessere Wahl zu treffen; die Gegenstände, welche du mir vorstelltest reizten mich an; die Versuchungen, welchen du verstattetest mich zu überfallen, hatten das Uebergewicht über mich.“ Einigen ist es so zuwider zu denken, daß Gott ein sich frei selbstbestimmendes Geschöpf hervorbringen könne, daß sie sich unterfangen, das, was sie ein mahl als sein besonderes Vorrecht ansehen ihm auch hierin nicht abzusprechen, nämlich, daß er es sey, der den Willen bei jeder Sünde bestimme als die erste unmittelbare, natürliche Ursache derselben und einige könnten sich dabei beruhigen, Gott von der Verursachung so vieler Uebel freizusprechen, wenn sie dies nur damit vereinigen könnten, daß er die erstes Ursache des Guten ist, als ob Wahrheiten nicht länger Wahrheiten bleiben, als wir sie in vollkommene Ordnung und in ihrem Zusammenhang einzusehen im Stande sind. Weil unser umdunkelter Verstand ihr Verhältniß zu einander nicht sehen, noch einer jeden Wahrheit ihren richtigen Platz anweisen kann, so nehmen wir uns heraus zu folgern, daß einige Wahrheiten an die Seite gestellt werden müßten. Das ist die Frucht von einem thörichten Eigendünkel, wenn die Menschen nicht wie ein Kind seine Lektion Gottes Wahrheiten annehmen in einer heiligen Unterwerfung unter die Allweisheit unsere Lehrers, sondern als mäkelnde Urtheilsprecher, die zu weise sind, um zu lernen.
Einwand. Aber wir können uns nicht bekehren, bis Gott uns bekehret; wir vermögen nicht das Geringste ohne seine Gnade zu thun. Nicht thut es bei dem Menschen das Wollen, nicht thut es sein Laufen, sondern Gott ist es, der Gnade erzeiget.
Antwort. Gott hat zwei Grade der Gnadenerweisung, zuerst die Gnade der Bekehrung und sodann die Gnade zur Seligkeit. Die letztere läßt er keinem als nur solchen widerfahren die wollen und laufen, und hat sie diesen allen versprochen. Die erstere besteht darin, daß er die Unwilligen willig macht und obgleich eure eigene Willigkeit und eure Bestrebungen seine Gnade nicht verdienen, so verdient doch eure vorsätzliche Zurückweisung derselben, daß sie euch verweigert werde. Eure Unfähigkeit zur Bekehrung ist eben eure Abgeneigtheit, welche eure Sünden nicht entschuldigt, sondern sie nur größer macht. Ihr könntet umkehren, wenn ihr nur redlich wolltet, wenn aber eure Seele selbst so verderbt ist, daß nur die wirksame Gnade ihn bewegen kann, so habt ihr um so mehr Ursache diese Gnade zu suchen, ihr nachzugehen und alles was ihr könnt, in dem Gebrauche der Mittel zu thun, aber nicht sie zu vernachlässigen oder gar euch ihr zu widersetzen. Thut nur erst, was ihr zu thun im Stande seyd und dann klagt über Gott, daß er euch seine Gnade versagt, wenn ihr dann noch Ursache dazu habt.
Einwand. Aber ihr scheint mir in diesem Allen immer anzudeuten, daß der Mensch freien Willen habe. –
Antwort. Die Untersuchung über den freien Willen geht über eure Fassungskraft; ich will euch daher hierüber nicht mit mehrerem beschweren als mit diesem. Euer Wille ist von Natur frei, das heißt, ihr habt eine Fähigkeit euch selbst zu bestimmen; aber er ist auf’s Böse gerichtet und verdrossen das Gute zu thun und daher sehen wir es leider in der Erfahrung, daß er keine tugendhafte, sittliche Freiheit hat, sondern daß die Bösartigkeit desselben Strafe verdient, und ich bitte euch lasset uns nicht Thorheit mit Meinungen treiben. Nehmet an, ihr wäret in folgendem Falle. Wenn ihr einen Feind hättet, der so boshaft wäre, daß er euch überfiele und stets schlüge und euren Kindern das Leben raubte, würdet ihr ihn damit entschuldigt halten, daß er sagte: ich habe keinen freien Willen, es ist so meine Natur; mir bleibt dabei keine Wahl, wenn nicht Gott mir Gnade giebt. Wenn ihr einen Dienstboten habet, der euch bestiehlt, werdet ihr eine solche Antwort von ihm annehmen? Könnte nicht jeder Dieb und Mörder, der gehängt wird eine solche Antwort vor Gericht geben: ich habe keinen freien Willen, ich kann mein Herz nicht ändern; was vermag ich ohne Gottes Gnade? Soll er deswegen freigesprochen werden? Wenn aber er nicht, warum glaubt denn ihr vor dem Herrn eures sündigen Lebens freigesprochen zu werden?
2. Deshalb merket diese drei Dinge mit einander:
- Was für ein Verführer der Satan ist;
- was für ein betrügerisches Ding die Sünde ist;
- was für ein thörichtes Geschöpf ein verderbter Mensch ist.
Ein feiner Verführer in Wahrheit ist es, der den größten Theil der Welt überreden kann in das ewige Feuer zu gehen, da sie doch so viele Warnungen und Abmahnungen haben, als sie wirklich haben. Ein betrügerisches Ding fürwahr ist die Sünde, da sie so vielen Tausenden es anthun kann, daß sie das ewige Leben um etwas so Geringes und Werthloses aufgeben. Ein thörichtes Geschöpf fürwahr ist ein Mann, der sich für und wieder nichts ja für ein anerkanntes Nichts betrügen lassen will und zwar durch einen Feind, ja einen anerkannten Feind. Ihr werdet es für unmöglich halten, daß irgend ein Mensch sich überreden lasse sich für eine Kleinigkeit selbst ins Feuer oder Wasser, oder in eine Kohlengrube zu werfen und so sein Leben zu zerstören; und doch läßt der Mensch sich anlocken sich selbst in die Hölle zu stürzen. Wenn euer leibliches Leben in eurer Hand stände, so daß ihr nicht sterben solltet, bis ihr euch selbst tödtet, wie lange würden die meisten von euch leben? Und gleichwohl, da euer ewiges Leben unter Gottes Vorstand in so fern in eurer Hand ist, daß ihr nicht zu Grunde gehen könnt, wenn ihr euch nicht selbst zu Grunde richtet; wie wenige von euch wollen ihrem eigenen Untergange ausweichen. Ach was für ein schwaches Wesen ist doch der Mensch! und was für ein bezauberndes und bethörendes Ding die Sünde.
3. Hieraus nun mögt ihr auch lernen, daß es kein Wunder ist, wenn gottlose Menschen andere auf dem Wege zum Himmel hindern, daß sie sich so viel Unbekehrte als möglich wünschen, daß sie andere in die Sünde hinabziehen und darin festhalten mögen. Oder solltet ihr erwarten, daß sie Mitleid mit andern haben sollten, da sie keines mit sich selbst haben? daß sie Bedenken tragen sollten andere zu zerstören, da sie nicht anstehen sich selbst zu zerstören? Sie handeln nicht ärger gegen andere als gegen sich selbst.
4) Zuletzt mögt ihr hieraus lernen, daß der Mensch sein eigner größter Feind ist und das Härteste, wozu er in diesem Leben verurtheilt werden kann dies ist, sich selbst überlassen zu bleiben; die größte Wohlthat, die die Gnade uns erweisen kann, diese ist, uns vor uns selbst zu bewahren, daß die größten Beschwerden und Anklagen der Menschen gegen sie selbst gerichtet seyn sollten, daß das Wichtigste, was wir zu thun haben dies ist, uns selbst zu widerstehen; der größte Feind, über den wir täglichen wachen, gegen den wir beten und anstreben sollten, unser eigenes irdisches Herz und unser Willen ist, daß endlich das Vornehmste, was ihr thun müßt, wenn ihr andern Gutes erweisen und ihnen zum Himmel helfen wollt darin besteht, sie vor sich selbst zu bewahren, das ist: vor ihrem blinden Verstande, ihrem verkehrten Willen, ihren verderbten Begierden, ihren gewaltigen Leidenschaften und unbändigen Lüsten. Der Kürze wegen nenne ich dies alles nur und überlasse es eurem weitern Nachdenken.
Nun Freunde, nachdem wir so den großen Seelenmörder gefunden haben, nämlich den Menschen selbst und seinen eignen Willen, was bleibt übrig, als daß ihr demgemäß über euch richtet, und vor dem Herrn dieses große Unrecht bekennt, euch deshalb demüthigt und ferner nicht also thut. Ueber diese drei Stücke will ich noch insbesondere einige Worte beifügen: 1) daß ihr euch überzeuget, 2) euch demüthiget, 3) euch bessert, wenn noch einige Hoffnung ist.
- Wir sind von dem außerordentlich gnadenvollen Wesen Gottes, der Gutes zu thun bereit ist, dem es freut Gnade zu erweisen, so weit unterrichtet, daß wir keinen Grund zu dem Verdachte haben, als ob er die Ursache unseres Todes sey, noch daß wir ihn grausam nennen sollten. Er hat alles Gute erschaffen, er ernährt und bewahrt Alles; aller Augen warten auf ihn und er giebt ihnen ihre Speise zu seiner Zeit; er thut seine Hand auf und sättiget alles, was lebet mit Wohlgefallen. Psalm 114,15,16. Er ist nicht nur gerecht in allen seinen Wegen (und daher wird er auch gerecht verfahren), und heilig in allem seinen Thun (und ist daher nicht der Urheber der Sünde), sondern er ist auch gut gegen alle und seine Barmherzigkeit gehet über alle seine Werke. Ps. 14,17,19. - Dagegen, was den Menschen betrifft, so wissen wir, daß sein Verstand umfinstert, sein Wille verderbt ist, daß seine Leidenschaften ihn so mit sich fortreißen, daß er vermöge seiner Thorheit und Verderbtheit selbst an seiner eigenen Zerstörung zu arbeiten fähig ist. Wenn ihr ein Lamm getödtet auf dem Wege liegen sähet, würdet ihr eher glauben, daß das Schaaf, oder der Hund, oder der Wolf der Thäter davon sey, wenn diese beiden dabei ständen? Wenn ihr ein Haus erbrochen und die Leute darin gemordet fändet, würdet ihr lieber auf den Fürsten oder den Richter, der weise und gerecht ist und es nicht nöthig hatte, als auf einen bekannten Dieb oder Mörder Verdacht werfen? Ich sage deshalb mit Jakob. 1,13,14,15. „Niemand sage, wenn er versuchet wird, daß er von Gott versucht werde; denn Gott ist nicht ein Versucher zum Bösen, er versucht Niemand, um ihn zur Sünde zu verleiten, sondern ein jeglicher wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust gereitzet und gelocket wird. Darnach wenn die Lust empfangen hat, gebieret sie die Sünde, die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebieret sie den Tod.“ Ihr sehet hier, daß die Sünde die Geburt eurer eigenen Begierlichkeit ist und nicht von Gott bewirkt und daß der Tod das Erzeugniß eurer eignen Sünde und die Frucht ist, welche sie euch, sobald sie reif ist, darbringen wird. Ihr habt einen Schatz von Bösem in euch, wie die Spinne Gift in sich trägt, wodurch ihr euch selbst Nachtheil schafft und ein Gewebe spinnt, das eure Seelen verstrickt. Eure Natur zeigt euch, daß ihr die Ursache seyd.
- Es ist klar, ihr seyd eure eigenen Zerstörer, deshalb, weil ihr jeder Versuchung, sobald sie euch antreibt nachzugeben, so willig seyd. Der Satan ist kaum mehr bereit euch zu etwas Bösem zu bewegen, als ihr seyd darauf zu hören und zu thun, was er will. Wenn er euren Verstand durch Irrthum und Vorurtheil versuchen will, so gebt ihr nach; wenn er euch an guten Entschließungen hindern will, so ist das ein Leichtes; wenn er irgend einige gute Bestrebungen und Stimmungen in euch unterdrücken will, so ist das bald geschehen; wenn er euch auf böse Gedanken oder zu bösen Handlungen bringen will, so seyd ihr so willig, daß er keiner Gerte oder eines Spornes bedarf; wenn er euch von guten Gedanken, Worten und Wegen abhalten will, so thut es ein Weniges, er braucht keinen Zügel. Ihr prüfet seine Eingebungen nicht, noch widersteht ihr ihnen mit einiger Entschlossenheit oder werfet sie hinaus, wie er sie hineinwirft, oder löschet die Funken aus, welche er anzuzünden bemüht ist, sondern ihr lasset euch ein mit ihm, geht ihm auf halbem Wege entgegen, haltet was er angeregt hat umschlungen fest und versucht ihn, euch zu versuchen. Es ist leicht so gierige Fische zu fangen, welche sich um den Köder herumstellen und schon den bloßen Haken verschlucken wollen.
- Eure Zerstörung gehört offenbar euch selbst zu, indem ihr allem widersteht, was euch retten, helfen, euch Gutes thun und euch hindern will euch selbst zu Grunde zu richten. Gott will euch helfen und durch sein Wort euch erretten, es ist euch aber zu strenge. Er will durch seinen Geist euch heiligen, aber ihr widerstehet ihm und weiset ihn ab. Wenn Jemand euch über eure Sünden Vorhaltungen macht, so trotzet ihr ihm mit bösen Worten, wenn er euch zu einem heiligen Leben antreiben und euch von eurer gegenwärtigen Gefahr erretten will, so wißt ihr ihm wenig Dank, sondern entweder bittet ihr ihn, auf sich selbst zu sehen; er habe nichts für euch zu verantworten, oder im besten Falle findet ihr ihn mit einem herzlosen Danke ab und wollt nicht umkehren, obgleich euch zugeredet ist. Wollen die Prediger euch außer der Kirche noch häuslich unterweisen und euch helfen, so wollet ihr nicht zu ihnen kommen, eure ungedemüthigten Seelen finden ihre Hülfe wenig nöthig; wollen sie mit euch catechisiren, so seyd ihr zu alt, um noch catechisirt zu werden, obgleich ihr nicht zu alt seyd, um unwissend und unheilig zu seyn. Was sie immer euch auch zu eurem Besten sagen mögen, ihr seyd so selbstgefällig, so weise in euren Augen, selbst bei der gröbsten Unwissenheit, daß ihr auf nichts achten wollet, das nicht mit euren gegenwärtigen Ansichten übereinstimmt und widersprecht euren Lehrern, als ob ihr weiser wäret wie sie. Ihr widerstrebt allem, was sie euch sagen können durch eure Unwissenheit und Halsstarrigkeit mit thörichten Wortdeutereien, leeren Ausflüchten und undankbaren Zurückweisungen, so daß nichts Gutes, das euch dargeboten wird, eine willkommene Aufnahme und Eingang bei euch finden kann.
- Ueberdies ist es einleuchtend, daß ihr eure Selbstzerstörer seyd, indem ihr eure Sünde und euer Verderben von dem heiligen Gott herleitet. Ihr findet keinen Gefallen an den Bestimmungen seiner Weisheit, keinen an seiner Gerechtigkeit, sondern nehmt diese für Grausamkeit, keinen an seiner Heiligkeit, sondern seyd geneigt ihn für so einen zu halten, als ihr selbst seyd; Psalm 1,21. der es mit der Sünde so leicht nimmt, als ihr; keinen Gefallen an seiner Wahrhaftigkeit; sondern möchtet seine Drohungen, ja seine bestimmtesten Drohungen, als falsch ansehen. Und seiner Güte, welche ihr so hoch zu stellen scheint, widerstrebet ihr theils, sofern sie euch zur Buße leiten will, theils mißbrauchet ihr sie zur Bestärkung in euren Sünden, weil Gott so erbarmungsreich und seine Gnade so überschwenglich ist.
- Ja ihr holet euch Zerstörung von dem hochgelobten Erlöser und Tod von dem Herrn des Lebens selbst. Nichts macht euch im Sündigen verwegener als daß Christus für euch gestorben ist, als ob jetzt die Gefahr des Todes vorüber wäre, und ihr es kühn darauf wagen könnet; als ob Christus als ein Diener für den Satan und für eure Sünden gekommen wäre und euch aufwarten müßte, während ihr ihn mißhandelt. Weil er ein Arzt der Seelen geworden ist und alle auf das Höchste beseligen kann, die durch ihn zu Gott kommen, so denkt ihr er müsse es sich gefallen lassen, daß ihr seine Hülfe zurückweiset und seine Arzneien verschmähet, und müsse euch erretten, ob ihr durch ihn zu Gott kommen wollet oder nicht, so daß eine große Zahl eurer Sünden durch eure verwegene Annahme über den Zweck des Todes Christi herbeigeführt wird. - Das aber bedenket ihr nicht, daß er gekommen ist, sein Volk von seinen Sünden zu erlösen und sich selbst ein eigenes Volk zu heiligen und es durch Heiligkeit herzustellen nach dem Ebenbilde seines himmlischen Vaters, und das Haupt seiner Gemeinde zu seyn. Matth. 1,26. tit. 2,14. 1. Petr. 1,15,16. Col. 3,10,11. Philipp. 3,9,10.
- Ebenfalls leitet ihr eure eigene Zerstörung von alten Anstalten und Werken Gottes her. Wenn ihr an sein ewiges Vorwissen und seine Beschlüsse denket, so dient dies nur euch in euren Sünden zu verhärten, oder eure Gemüther in streitende Gedanken zu verwickeln, als ob seine Beschlüsse euch die Mühe der Buße und eines heiligen Lebens ersparen, oder sogar als ob sie die Ursache von Sünde und Tod seyen. Wenn er euch heimsuchet, murret ihr; wenn er euch beglückt, vergeßt ihr ihn um so mehr, und seyd desto verdrossener, zu den Gedanken des Lebens zu kommen. Wenn der Gottlose glücklich ist, so vergesset ihr das Ende, welches alles in’s Gleiche bringen wird, und seyd bald damit fertig zu denken, daß es eben so gut sey, gottlos als gottselig zu seyn. Und so ziehet ihr euren Tod aus Allem.
- Desgleichen verfahret ihr mit allen Gnadenerweisungen Gottes gegen euch. Er giebt sie euch als Zeichen seiner Liebe und als Mittel zu seinem Dienste; ihr aber gebrauchet sie gegen ihn zum Gefallen eures Fleisches. Ihr esset und trinket eure Lust zu befriedigen, aber nicht zum Ruhme Gottes und um euch zu seinem Werke zu stärken. Eure Kleidung mißbraucht ihr zum Stolze, eure Reichthümer ziehen euer Herz vom Himmel ab. Philipp. 3,18. Eure Ehren und euer Beifall blähen euch auf. Habt ihr Gesundheit und Kraft, so macht euch dies sicher und läßt euch euer Ende vergessen. Ja Gnadenerweisungen, die andern geschehen, mißbraucht ihr zu eurem Schaden. Sehet ihr ihre Ehren und Würden, so treibt dies euch zum Neide. Sehet ihr ihre Reichthümer, so seyd ihr gleich lüstern darnach; gewahrt ihr ihre Schönheit, so erwacht in euch die böse Lust, und es steht noch gut, wenn Gottseligkeit euch nur nicht ein Dorn im Auge ist.
- Die mannigfachen Gaben, die Gott euch verliehen hat und die gnädigen Anordnungen, die er für seine Kirche getroffen hat, verkehrt ihr in Sünde. Hat er euch etwas Besseres als andern gegeben, so werdet ihr stolz und selbstgefällig; habet ihr nur die gemeinsamen Gaben, so nehmet ihr sie für eine ganz besondere Gnade. Ihr nehmt das bloße Hören von eurer Pflicht schon für ein Werk, das ihr gethan, als ob euch das darüber entschuldigen werde, daß ihr nicht gefolgt seyd. Eure Gebete sind in Sünde verkehret, weil „ihr Unrechtes vorhabt in eurem Herzen,“ Psalm 66,18. und nicht ablasset vom Bösen, obgleich ihr den Namen des Herrn anrufet. 2 Tim. 2,19. Eure Gebete sind ein Greuel, weil ihr eure Ohren abwendet zu hören das Gesetz. Sprichw. Salomonis 28,9. und ihr seyd mehr geeignet ein Narrenopfer zu bringen (indem ihr glaubt, daß ihr Gott einen besondern Dienst thut), als sein Wort zu hören und ihm zu folgen. Predig. Salom. 5,1. Ihr untersucht nicht euer inneres Selbst, bevor ihr den Tisch des Herrn genießt, sondern indem ihr den Leib des Herrn nicht unterscheidet, esset und trinket ihr euch selbst das Gericht. 1. Cor. 11,28,29.
- Ja die Leute, mit welchen ihr umgehet und alle ihre Handlungen werden euch Gelegenheit zur Sünde und zu eurer Zerstörung geben. Leben sie in der Furcht Gottes, so hasset ihr sie, leben sie gottlos, so ahmet ihr ihnen nach. Sind der Gottlosen viele, so werdet ihr desto mehr bestimmt ihnen zu folgen; sind der Gottseligen wenige, so werdet ihr um so mehr ermuthigt, sie zu verachten. Wenn sie strenge wandeln, so denkt ihr, daß sie zu pünktlich und ängstlich seyen; wenn einer von ihnen in eine besondere Versuchung fällt, so nehmt ihr Anstoß daran und wendet euch von der Heiligkeit ab, weil doch andere unvollkommen heilig sind, gerade als ob ihr befugt wäret euch den Hals zu brechen, weil andere durch Unachtsamkeit eine Sehne sich überschlagen oder ein Bein ausgefallen haben. Wenn ein Heuchler sich selbst verräth, so sagt ihr, die sind alle einer wie der andere, und kommt euch selbst gleich den Besten vor. Ein Frommer kann kaum einen Fehlgriff thun, denn wenn er sich etwa in den Finger schneidet, so denkt ihr, ihr dürft euch dreist die Kehle abschneiden. Wenn eure Prediger schlicht und einfach mit euch umgehen, so sagt ihr, daß sie spotten; wenn sie leise oder kalt sprechen, so schlaft ihr entweder bei ihnen, oder seyd wenig mehr angeregt als die Plätze, auf denen ihr sitzet. Wenn sich einige Irrungen in die Kirche einschleichen, so unterhalten einige dieselben angelegentlich, andere machen der christlichen Lehre darüber Vorwürfe, was am meisten gegen sie ist. Wollen wir euch von einem alten eingewurzelten Fehler abziehen, von dem man anführen kann, daß er zwei oder drei, sechs oder sieben Jahrhunderte Sitte gewesen sey, so seyd ihr höchlich über eine Miene zu einer Verbesserung verletzt, als ob ihr euer Leben dadurch verlieren solltet und haltet an allen Irrthümern fest, während ihr nein ausrufet. Kaum kann unter den Dienern des Evangelium eine streitige Meinung aufkommen, daß ihr nicht euren eignen Tod davon zöget. Dabei sollt ihr die untadelhaften Lehren einiger von denen nicht hören oder zum wenigsten nicht befolgen, welche mit euren Ansichten nicht übereinstimmen. Der eine will einen Prediger nicht hören, weil er das Vaterunser sagt, ein anderer will einen zweiten nicht hören, eben weil er sich dessen nicht bedient. Einer will den nicht hören, der für das Episkopat ist, ein anderer den nicht, der dagegen ist. Und so könnte ich euch noch viele Fälle zeigen, wie ihr alles, was euch nahekommt, zu eurer Zerstörung umkehrt. So klar ist es, daß die Gottlosen ihre Selbstverderber sind und daß ihr Unheil von ihnen selbst kommt.
Mich dünkt jetzt in Erwägung dessen, was gesagt ist und bei dem Rückblick auf eure eigenen Wege solltet ihr bedenken, was ihr gethan habt, beschämet und sehr gedemüthigt seyn, euch dessen zu erinnern. Wenn ihr es noch nicht seyd, so bitte ich, erwäget folgende Wahrheiten.
- Sich selbst zerstören heißt gegen das tiefste Gesetz unserer Natur, gegen das Gesetz der Selbsterhaltung sündigen. Jedes Geschöpf begehret oder neigt sich von Natur zu seiner Wohlfahrt, seinem Glück und seiner Vollkommenheit hin. Wollt ihr euch denn eure Zerstörung vorsetzen? Wenn euch geheißen wird, eure Nebenmenschen als euch selbst zu lieben, so wird dabei vorausgesetzt, daß ihr von Natur euch selbst liebet. Doch wenn ihre eure Nebenmenschen nicht mehr als euch selbst liebet, so scheint es, als wenn ihr die ganze Welt in die Verdammniß bringen wolltet.
- Wie außerordentlich handelt ihr dem entgegen, was ihr wollt! Ich weiß, ihr wollet nicht eure eigene Verdammung, selbst wenn ihr darauf hinarbeitet; ihr denkt vielmehr, ihr thut auch Gutes, indem ihr den Begierden eures Fleisches gefällig seyd; aber ach, es ist nur wie ein Trunk kalten Wassers in brennender Fieberhitze oder wie ein Kranker beim Rothlauf, welches nur die Krankheit und die Pein vermehrt. Wenn ihr in Wahrheit Freunde, Vortheil oder Ehren haben wollt, so sucht sie wo sie zu finden sind, und jagt ihnen nicht auf dem Wege zur Hölle nach.
- Wie traurig ist es, daß ihr selbst das gegen euch thut, was niemand auf der Erde oder in der Hölle thun kann. Wenn alle Welt oder alle Teufel der Hölle gegen euch im Bunde wären, sie könnten euch dennoch nicht ohne euer Zuthun zerstören, noch euch ohne eure eigene Zustimmung zum Sündigen bringen. Und ihr wollt nun das gegen euch selbst thun, was kein anderer sonst thun könnte? Ihr tragt einen Haß gegen den Teufel in euch, weil er euer Feind ist und auf euer Verderben ausgehet. Und wollt ihr noch schlimmer als der Teufel gegen euch selbst seyn? So aber eben steht es mit euch, wenn ihr nur Herzen hättest dies einzusehen. Wenn ihr zur Sünde hinlauft und von der Gottseligkeit flieht, wenn ihr euch weigert auf den Ruf Gottes umzukehren, so thut ihr mehr gegen eure eigenen Seelen, als Menschen oder Teufel sonst thun könnten; ja wenn ihr euch noch so viel Mühe geben wolltet mit eurem Verstande den größten Schaden auszudenken, den ihr euch selbst zufügen könntet, ihr würdet keinen größeren aussinnen, als eben dieser ist.
- Ihr handelt falsch gegen das Vertrauen, das Gott in euch gesetzt hat. Er hat euch euer eigenes Heil anvertraut und wollt ihr dies Vertrauen zu euch betrügen? Er hat euch anbefohlen mit allem Fleiße eure Herzen zu behüten, (Sprichw. 4,23.) aber heißt dies sie behüten?
- Ihr hindert alle, Mitleid mit euch zu empfinden, da ihr nicht Mitleid mit euch selbst haben wollet. Wenn ihr zu Gott in den Tagen eures Elendes um Erbarmen, um Erbarmen schreit, was könnet ihr erwarten, als daß er euch von sich stoßen und sagen wird: ei, du wolltest kein Erbarmen mit dir selbst haben. Wer hat dich in diese Lage gebracht, als deine eigene Halsstarrigkeit? Und wenn eure Brüder euch in ewigem Elende sehen, wie sollen sie mit euch Mitleid haben, die ihr eure eigenen Verderber waret und euch nicht abwehren lassen wolltet?
- Es wird in alle Ewigkeit hin euch zu euren eigenen Peinigern machen, wenn ihr daran denket, daß ihr euch selbst in’s Elend brachtet. O was für ein durchbohrender Gedanke wird das für immer seyn, bei euch zu denken, daß dies Elend euer eigenes Werk ist! daß ihr an diesem Tage, abermals gewarnet worden seyd, aber es nicht habt thun wollen; daß ihr mit Wissen und Willen gesündiget und mit Wissen und Willen von Gott euch abgekehret habt, daß ihr eben so gut als andere Zeit hattet, aber sie mißbrauchtet; daß ihr eben so gut als andere Lehrer hattet, aber ihre Unterweisung verschmähtet; daß ihr heilige Beispiele vor euch hattet, aber sie nicht nachahmtet; Christus, Gnade und ewige Herrlichkeit euch so gut als andern angeboten wurden, ihr aber mehr Sinn für die fleischlichen Vergnügungen hattet. Ihr hattet ein hohes Gut in euren Händen, aber ihr hattet kein Herz, um es anzulegen. Kann es anders als Marter für euch seyn, an eure gegenwärtige Thorheit zu denken? O daß ihr Augen hättet zu sehen, was ihr damit gethan habt, daß ihr so mit Willen eure Seelen in’s Verderben gestürzt habt und daß ihr besser diese Worte Gottes verstehen möchtet: „Höret die Zucht und werdet weise und lasset sie nicht fahren. Wohl dem Menschen, der mir gehorcht, daß er wache an meiner Thür täglich, daß er wache an den Pfosten meiner Thür. Wer mich findet, der findet das Leben und wird Wohlgefallen von dem Herrn bekommen. Wer aber an mir sündiget, der verletzt seine Seele. Alle, die mich hassen lieben den Tod! (Sprichw. 8,33-36.)
So bin ich nun zum Schlusse dieses Werkes gekommen. Mein Herz wird beunruhigt, wenn ich bedenke, wie ich euch verlassen soll, daß nicht nach diesem allen doch das Fleisch euch noch betrügen und die Welt und der Teufel sich eurer in eurem Schlafe bemächtigen mögen, daß ich euch verlasse, wie ich euch fand, bis ihr in der Hölle erwachet. Obwohl in Sorge um eure armen Seelen ich dies befürchte, da ich die Widerspenstigkeit des irdischen Herzens kenne, so kann ich dennoch mit dem Propheten Jeremias 17,16. sagen: „ich habe den traurigen Tag nicht begehret, der Herr weiß es.“ Ich habe nicht mit Jakob und Johannes begehret, daß Feuer vom Himmel falle zu verzehren die, welche Jesum Christum abwiesen. Luc. 9,54. Vielmehr ist die Verhütung des ewigen Feuers das, worauf ich diese ganze Zeit hingearbeitet habe, und o, daß es nicht ein unnöthiges Bemühen möge gewesen seyn! Theuren Freunde, es geht mir so nahe, daß ihr im ewigen Feuer liegen und von dem Himmel ausgeschlossen seyn sollt, wenn es noch möglich ist dem zuvorzukommen, daß ich euch noch einmal fragen muß, was seyd ihr nun entschlossen zu thun? Wollt ihr umkehren oder sterben? Ich sehe auf euch wie ein Arzt auf einen Kranken in einer gefährlichen Krankheit, der zu diesem sagt: Obgleich es weit mit euch gekommen ist, nehmet nur diese Arzenei und vermeidet diese wenigen Dinge, die euch schädlich sind, und ich kann für euer Leben einstehen; aber wenn ihr dies nicht thun wollt, so seyd ihr ein Mann des Todes. Was würdet ihr von einem solchen denken, den der Arzt und alle Freunde, die er hat nicht überreden könnten, einige Arznei zu nehmen, um sein Leben zu retten oder ein oder zwei giftige Dinge zu vermeiden, die ihn tödten würden? Dies ist aber bei euch der Fall. So weit es auch mit euch in der Sünde gekommen ist, kehret nur jetzt noch um und kommet zu Christo und nehmet seine Arzneien, und eure Seelen sollen leben. Werfet durch Buße eure tödtlichen Sünden von euch und kehret nie wieder zu dem giftigen Auswurf zurück und ihr sollt wohlbehalten seyn. Freilich wenn es euer Leib wäre, womit ich zu thun hätte, so möchte ich wohl zum Theil wissen, was ich für euch thun könnte. Wenn ihr auch nicht beistimmtet, die Arzneien zu nehmen, so dürftet ihr nur gehalten oder gebunden werden, während die Medizin euch durch den Hals hinabgegossen würde und die schädlichen Dinge könnten von euch entfernt werden. Aber mit euren Seelen kann man nicht so verfahren; man kann euch nicht gegen euren Willen bekehren; man kann keinen Wahnsinnigen in Ketten zum Himmel führen. Ihr könnt gegen euren Willen verdammt werden, weil ihr mit eurem Willen sündigtet; aber ihr könnet nicht gegen euren Willen gerettet werden. Die Weisheit Gottes hat es für dienlich gefunden, die Seligkeit oder Unseligkeit des Menschen überwiegend von der Wahl seines eigenen Willens abhängig zu machen; daß niemand in den Himmel kommen soll, der nicht den Weg zum Himmel wählet, niemand in die Hölle kommen soll, als der gezwungen ist zu bekennen: „ich habe, was ich suchte, mein eigner Wille brachte mich hierher.“ Wenn ich euch nur gewinnen könnte, daß ihr willig wäret, vollkommen bestimmt und dauernd entschlossen wäret, so wäre die Sache mehr als zur Hälfte abgethan. Aber ach, müssen wir denn unsere Freunde verlieren; und müssen diese ihren Gott, ihre Seligkeit, ihre Seelen verlieren aus Mangel an gutem Willen? Das verhüte Gott! Es ist für mich ein ganz eigenes Ding, daß die Menschen in den größten Angelegenheiten so ohne Einsicht und Gefälligkeit sind, die in kleineren Dingen gescheite und artige Leute und ganz gute Menschen sind. Denn wiewohl ich weiß, daß ich die Liebe aller oder doch fast aller meiner Nachbarn besitze in so weit, daß wenn ich zu irgend einem in der Stadt oder im Kirchspiele oder auf dem Lande schicken und eine billige Gefälligkeit von ihm erbitten wollte, er sie mir gewähren würde, so kann ich doch, wenn ich komme, sie um die größte Angelegenheit in der Welt nicht für mich, sondern für sie selbst zu bitten, kaum von ihnen erhalten, daß sie mir ruhig zuhören. Ich weiß nicht, ob die Leute glauben, daß ein Mann auf der Kanzel wahren Ernst habe und es meine wie er spreche oder nicht. Denn ich habe nur wenige Nachbarn; doch wenn ich traulich unter den Leuten sitze und ihnen von dem erzähle, was ich in der Welt gesehen oder gethan oder kennen gelernt habe, und was sie selbst in der Welt künftig sehen und kennen lernen werden, so glauben sie mir und beachten, was ich sage; aber wenn ich ihnen von dem untrüglichen Worte Gottes rede, so glauben sie entweder nicht oder beachten eben nicht sehr das, was sich doch in ihrem Leben ihnen gezeigt hat. Wenn ich einem von ihnen auf dem Wege begegnen und ihm sagen würde, dort ist eine Kohlengrube oder da ist Flugsand oder da lauern Diebe auf euch, so könnte ich sie dadurch überreden umzukehren. Aber wenn ich ihnen sage, daß der Satan auf sie lauert, daß die Sünde Gift für sie ist, und daß die Hölle keine Sache ist, mit der zu spaßen sey, so gehen sie hin, als hätten sie es nicht gehört. Glaubt mir, Freude, ich meine es auf der Kanzel eben so ernst, als in meiner traulichen, häuslichen Unterhaltung, und wenn ihr je auch mich achten wollt, so bitte ich euch, laßt es hier seyn. Ich glaube, daß keiner unter euch allen ist, der, wenn meine eigene Seele von seinem Willen abhinge, nicht geneigt wäre sie zu retten – obgleich ich nicht versprechen kann, daß ihr deshalb eure Sünden aufgeben wolltet. – Sage mir nun, du Säufer, könntest du so grausam gegen mich seyn, daß du dir nicht einige Gläser Getränkes entzögest; wenn du wüßtest, daß es meine Seele von der Hölle erretten könnte? Wolltest du lieber, daß ich dort für immer versinken sollte, als daß du nüchtern wie andere Menschen leben wolltest? Und wenn du so denken könntest, dürfte ich dann nicht sagen, daß du ein unbarmherziges Scheusal und nicht ein Mensch seyst? Wenn ich hungrig oder nackend zu der Thüre eines unter euch käme, würdet ihr nicht mehr als eine Maaß Getränkes aufbieten, mich zu erquicken? Ich bin gewiß, ihr würdet es, wenn es mein Leben zu retten gälte, ich weiß ihr würdet, einige wenigstens von euch, euer eigenes daran wagen. Und dennoch wollt ihr euch nicht erbitten lassen, euch von euren sinnlichen Freuden für eure eigene Seligkeit los zu machen? Du würdest, o Mensch, ein hundert Gläser daran geben, um, wenn es in deiner Macht stünde, mein Leben zu retten und willst deine eigene Seele nicht retten? Ich bekenne vor euch, Freunde, ich bin ein eben so inständiger Bettler heute bei euch für die Rettung eurer Seelen, als ich in meinem eigenen Anliegen seyn würde, wenn ich genöthigt wäre, an euren Thüren zu betteln. Darum, wenn ihr mich je hören wollt, so höret mich jetzt. Wenn ihr in jenem Falle euch meiner erbarmen würdet, so laß euch erbitten, euch eurer selbst jetzt zu erbarmen. Ich bitte euch abermals, als läge ich auf den Knien vor euch, höret auf euren Erlöser und kehret um, daß ihr leben möget. Alle, die ihr in Unwissenheit, Sorglosigkeit und Vorurtheilen bis auf diesen Tag gelebt habet; alle die ihr in die Sorgen der Welt versunken waret und keinen Gedanken an Gott und die ewige Herrlichkeit hattet; alle die ihr Sklaven eurer fleischlichen Begierden, Sklaven vom Essen und Trinken, von Spielen und Lüsten waret; alle die ihr die Nothwendigkeit der Heiligung nicht kennet und nie mit den heiligenden Arbeiten des Geistes Gottes an euren Seelen bekannt waret, die ihr nie den hochgelobten Erlöser in lebendigem Glauben mit Bewunderung und dankbaren Gefühlen seiner Liebe umfaßt habet; die ihr nie von einer höheren Hochhaltung Gottes und des Himmels und einer herzlicheren Liebe zu diesem, als zu eurem fleischlichen Wohlergehn und zu den Dingen hienieden durchdrungen waret; ich bitte euch ernstlich, nicht in meiner, sondern in des Herrn, ja in eurer eignen Seelen Sache, daß ihr auch nicht einen Tag länger in eurer früheren Verfassung dahin gehet, sondern um euch sehet und Gott um Gnade zur Bekehrung anruft, damit ihr ganz neue Creaturen werdet und den Plagen entgehet, die euch schon so nahe bevorstehen. Ach, wenn ihr jemals irgend etwas mir zu Liebe thun möchtet, so gewähret mir diese Bitte, daß ihr von euren bösen Wegen umkehret und lebet. Schlaget mir alles ab, worum ich euch jemals für mich selbst bitten könnte, nur gewähret mir dies Eine; schlaget mir dies ab, so mache ich mir aus allem sonst nichts, was ihr mir erwiesen möget. Ja, so wahr ihr irgend etwas auf die Aufforderung des Herrn, der euch geschaffen und erlöset hat, thun würdet, verweigert ihm diese nicht; denn verweigert ihr ihm dies, so achtet er alles nicht, was ihr ihm sonst erweisen möget. So wahr ihr wünschet, daß er eure Gebete erhören, eure Anliegen erfüllen, in der Stunde des Todes, am Tage des Gerichtes oder in irgend einer eurer Bedrängnisse euer Beistand seyn möge, so verweigert ihm diese Bitte jetzt nicht am Tage eures Heils. O meine Freunde, glaubt es, Tod und Gericht, Himmel und Hölle sind ganz andere Dinge, wenn ihr ihnen näher kommet, als sie in den Augen des Fleisches in der Ferne zu seyn scheinen; dann werdet ihr solch’ eine Botschaft, als ich euch jetzt bringe, mit mehr wachem und achtsamerem Herzen hören.
Gut denn, kann ich es auch nicht von euch allen mir versprechen, so will ich doch der Hoffnung Raum geben, daß einige unter euch jetzt sich vorsetzen, umzukehren und zu leben; und geneigt sind, mich zu fragen, wie die Juden Petrum fragten, Apostelgesch. 2,37. als sie in ihren Herzen sich getroffen fühlten und sagten: „Ihr Männer lieben Brüder; was sollen wir thun?“ Wie gelangen wir zur wahrhaften Bekehrung? Willen haben wir wohl, wenn wir nur unsere Pflicht kenneten. Gott bewahre, daß wir das Verderben suchen sollten, indem wir nie bisher der Bekehrung widerstanden.
Wenn dieses die Gedanken und Vorsätze eurer Herzen sind, so sage ich von euch, was Gott zu dem Volke sagte, das sich ihm gelobte: 5. B. Mos. 5,28,29. „Es ist alles gut, was sie gesagt haben. Ach, daß sie ein solches Herz hatten, mich zu fürchten und zu halten alle meine Gebote ihr Leben lang.“ Eure Vorsätze sind gut, o daß ihr nur ein Herz hättet, diese Vorsätze auszuführen! In dieser Hoffnung nun will ich euch hievon mit Freuden eine Anweisung geben, was ihr zu thun habt und dies in aller Kürze, damit ihr euch dessen bei eurer Ausübung desto leichter erinnert.
Erste Regel.
Wenn ihr bekehret und selig werden sollt, so bemühet euch die Nothwendigkeit und die wahre Natur der Bekehrung zu verstehen, um was, von was, zu was und durch was ihr umkehren müsset.
Erwäget, in welch einer beklagenswerthen Verfassung ihr bis auf die Stunde eurer Bekehrung euch befindet, damit ihr sehet, daß dies kein Zustand sey, in dem ihr bleiben könnet. Ihr stehet unter der Schuld aller Sünden, die ihr jemals begangen habet, unter dem Zorne Gottes, unter dem Fluche des Gesetzes; ihr seyd leibeigene Sklaven des Teufels und täglich ins einem Werke thätig gegen den Herrn, gegen euch selbst und andere; ihr seyd geistlich todt und verunstaltet, da ihr des heiligen Lebens, der Natur und des Ebenbildes des Herrn beraubt seyd. Ihr seyd unfähig zu irgend einem heiligen Werke und thut nichts, das wahrhaft Gott wohlgefällig seyn kann. Ihr seyd ohne irgend eine Verheißung oder Zusicherung seines Schutzes, und lebt fortwährend in der Gefahr, die sein Gesetz droht, ohne zu wissen, in welcher Stunde ihr in die Hölle fortgerissen werden möget, aber ganz gewiß darüber, daß ihr in dieser Verfassung sterben müßt und keine Bekehrung im letzten Augenblicke dem vorbeugen kann. Bewahret das rechte Gefühl von diesem natürlichen Elende und von der Nothwendigkeit der Bekehrung in euren Herzen.
Dann müßt ihr verstehen, was das heißt bekehret werden, nämlich ein neues Herz, eine neue Gesinnung, einen neuen Wandel haben.
Erste Frage. Warum müssen wir umkehren?
Antwort. Um folgende Zwecke zu erreichen.
1) Ihr sollt unmittelbar lebendige Glieder Christi werden, Antheil an ihm haben; sollt nach dem Ebenbilde Gottes erneuert werden, mit aller seiner Huld ausgestattet, durch ein neues und himmlisches Leben beseelt, aus der Tyrannei des Satans und der Herrschaft der Sünde befreit, von dem Fluche des Gesetzes gerechtfertigt werden; sollt Vergebung aller Sünden eures ganzen Lebens erhalten; von Gott angenommen und zu seinen Kindern gemacht werden, und die Freiheit erlangen, ihn kühn Vater zu nennen, im Gebete euch an ihn in allen euren Nöthen, unter der Verheißung williger Annahme zu wenden; ihr sollt den heiligen Geist erhalten, daß er in euch wohne und euch heilige und liebe; sollt an dem Bruderbande, an der Gemeinschaft und den Gebeten der Heiligen Theil haben, sollt geschickt zu Gottes Dienste, nützlich und gesegnet auf der Stelle werden, wo ihr lebet, ja ihr sollt die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens erlangen. Ihr sollt nicht Mangel leiden an irgend etwas, das euch wahrhaft gut ist und in Stand gesetzt werden eure nothwendigen Drangsale zu tragen; ihr könnt einigen Vorgeschmack von der Gemeinschaft mit Gott im Geiste haben, insonderlich bei allen den heiligen Anordnungen, durch welche er eurer Seele ein Fest bereitet; ihr sollt Erben des Himmels seyn, während ihr noch auf Erden lebt und könnt durch den Glauben die gänzliche Herrlichkeit vorempfinden, und so in Frieden leben und sterben; nimmer sollt ihr euch niedergedrückt fühlen, sondern euer Glück wird, über alle Vergleichung hinaus größer als euer Trübsal seyn.
Wie köstlich ist jede dieser Segnungen, welche ich hier nur kurz nennen und die euch in diesem Leben mögen zu Theil werden!
Dann aber 2. im Tode sollen eure Seelen zu Christo kommen und an dem Tage des Gerichtes sollen beide, Seele und Leib, gerechtfertigt und verherrlicht werden und in eures Herrn Freude eingehen, wo eure Glückseligkeit in diesen einzelnen Stücken bestehen wird.
- Ihr werdet euer vervollkommnetes Selbst seyn; eure sterblichen Leiber werden unsterblich gemacht werden und das Unvollkommene wird das Vollkommene anziehen; ihr werdet nicht mehr hungrig noch durstig oder müde oder krank seyn, noch werdet ihr nöthig haben, Schaam oder Sorgen, Tod oder Hölle zu fürchten; eure Seelen werden durchaus frei von der Sünde und zu der Erkenntniß, der Liebe und Verehrung des Herrn vollkommen geschickt seyn.
- Euer Geschäft wird seyn, euren verklärten Erlöser mit allen heiligen Mitgenossen des Himmelreiches zu schauen, die Herrlichkeit des allseligen Gottes zu sehen, ihn vollkommen zu lieben, von ihm geliebt zu werden und ihn zu preisen ewiglich.
- Eure Herrlichkeit wird beitragen die Herrlichkeit des neuen Jerusalems zu erhöhen, der Stadt des lebendigen Gottes, welches mehr zu sagen hat, als blos für eure Person ein Glück zu besitzen.
- Eure Herrlichkeit wird zur Verherrlichung eures Erlösers beitragen, welcher in alle Ewigkeit durch euch wird erhoben werden und eurer sich freuen wird als der Arbeit seiner Seele; und dies ist mehr, als die Verherrlichung eurer selbst.
- Selbst die ewige Majestät, der lebendige Gott, wird durch eure Verherrlichung verherrlicht werden, sowohl soferne er durch euren Dank und Preis erhoben wird, als sofern er seine Herrlichkeit und Güte euch mitgetheilt hat, als sofern er sich eurer und der Verwirklichung seines herrlichen Werkes erfreut, in der Herrlichkeit des neuen Jerusalems und seines Sohnes.
Alles dieses wird auch den ärmsten Bettler, wenn er nur bekehret ist, sicherlich und ewiglich erfreuen. –
2. Ihr sehet hieraus, warum ihr euch bekehren müsset; demnächst müßt ihr verstehen, von was ihr umkehren müsset. Dies ist mit einem Worte euer fleischliches Selbst, welches das letzte Ziel aller Unbekehrten ist. Von dem Fleische müßt ihr umkehren, das eher als Gott wird befriedigt und erfreut werden, und das euch stets hierzu aufreizen will; von der Welt, welche der Köder ist, von dem Teufel, welcher eure Seele angelt und sie betrügt und hiermit von allen erkannten und vorsätzlichen Sünden.
3. Hiernach müßt ihr wissen, nach welchem Ziele ihr umkehren müsset. Dieses ist zu Gott, welcher euer Ziel ist; zu Christo, welcher der Weg zu dem Vater ist, zur Heiligung, welche die Straße ist, die euch Christus gezeigt hat und zu dem Gebrauche aller der Hülfen und Unterstützungen der Gnade, welche euch vom Herrn dargeboten sind.
4. Zuletzt müßt ihr wissen, durch was, im Gebrauche welcher Mittel ihr umkehren müsset. Dieses nun ist durch Christum als den einzigen Erlöser und Vertreter, durch den heiligen Geist als den Beseliger und durch das Wort Gottes als das Werkzeug, dessen er sich vermittelnd bedient, endlich durch Glauben und Buße, als die Mittel und Obliegenheiten auf eurer Seite um umgestaltet zu werden. Alles dieses ist sehr vonnöthen.
Zweite Regel.
Wenn ihr bekehret und selig werden wollet, so gebt euch oft einer zurückgezogenen, ernsten Betrachtung hin. Die Vernachlässigung hiervon stürzt die Welt in’s Verderben. Ziehet euch oft in abgeschiedene Einsamkeit zurück und bedenkt dort den Zweck, zu welchem ihr geschaffen seyd; das Leben, das ihr bisher geführt habt, die Zeit, die ihr verloren habt, die Sünde, die ihr begangen habt, die Liebe, die Leiden und den Reichthum Christi; die Gefahr, in der ihr schwebet, die Nähe von Tod und Gericht, die Gewißheit und Hoheit der Freuden des Himmels, die Gewißheit und das Entsetzen der Foltern in der Hölle, die ewige Dauer von beiden, und die Nothwendigkeit der Bekehrung und eines heiligen Wandels. Versenket eure Herzen ganz in Erwägungen dieser Art. –
Dritte Regel.
Wollet ihr bekehret und selig werden, so achtet auf das Wort Gottes, welches das gewöhnliche Heilmittel ist. Leset die Schrift oder höret sie lesen, und andere heilige erbauliche Bücher, welche mit ihr beharrlich übereinstimmen; beachtet die öffentliche Predigt des göttlichen Wortes. Wie Gott der Welt Licht verleihet durch die Sonne und nicht durch sich selbst unmittelbar, so will er auch die Menschen durch seine Diener, welche das Licht der Welt sind, bekehren und selig machen. Apostelgesch. 26,17,18. Matth. 5,14. Als er den Paulus wunderbar gedemüthigt hatte, sendete er ihn zu Ananias, Apostelgesch. 9,10., und nachdem er einen Engel an Cornelius geschickt hatte, ward ihm geheißen zu Petrus zu schicken, der ihm sagen sollte, was er glauben und thun soll.
Vierte Regel.
Nahet euch zu Gott in anhaltendem, ernstem Gebete. Bekennet und beklaget euer früheres Leben und bittet ihn, daß seine Gnade euch erleuchte und bekehre. Flehet ihn an, daß er euch vergebe was vergangen ist, und euch seinen Geist verleihe, damit derselbe euer Herz und euer Leben umwandle, und auf seinen Wegen leite und vor Versuchung euch schütze, fördert nach Kräften täglich sein Werk und werdet darin nicht müde.
Fünfte Regel.
Augenblicklich stehet von euren anerkannten und vorsätzlichen Sünden ab. Stehet still und gehet nicht ferner auf diesem Wege; seyd nicht mehr betrunken, sondern vermeidet jegliche Gelegenheit dazu. Thut eure Lustbarkeiten und sündlichen Vergnügungen von euch; fluchet und schwöret und spottet nicht mehr und wenn ihr einen übervortheilt habt, so erstattet es ihm, wie Zacharias that. Wenn ihr eure alten Sünden wieder begehen wollet, welche Segnungen könnet ihr für euch von den Gnadenmitteln zur Bekehrung erwarten.
Sechste Regel.
Augenblicklich, wenn es möglich ist, verändert euren Umgang, falls dieser bisher schlecht war, doch nicht so, daß ihr eure Blutsverwandtschaften aufgebt, sondern nur eure überflüssigen Sündengenossen. Schließet euch vielmehr an solche, die den Herrn fürchten und erfraget bei ihnen den Weg zum Himmelreiche. Apostelgesch. 9,19,26. Ps. 15,4.
Siebente Regel.
Ergebt euer Selbst ganz dem Herrn Jesu, als dem Arzte eurer Seelen, daß er euch durch sein Blut Vergebung schaffe und durch seinen Geist, durch sein Wort und seine Diener, die Werkzeuge seines Geistes, euch heilige. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, und Niemand kommet zum Vater, als durch ihn, Johan. 14,1. „Auch ist kein Name den Menschen gegeben, dadurch sie könnten selig werden, als der Name Jesu.“ Apostelgesch. 4,12. Beeifert euch daher, seine Person und seine Naturen, was er für euch gethan hat, was er euch ist, was er euch seyn will und wie so genügend ist in ihm allen euren Bedürfnissen vollkommen abzuhelfen, so durchaus recht kennen zu lernen.
Achte Regel.
Wenn ihr in Wahrheit vorhabt, umzukehren und zu leben, so thut dies eilig und ohne Aufschub. Seyd ihr nicht Willens, heute noch umzukehren, so werdet ihr es zu keiner Zeit seyn. Erinnert euch, daß ihr immer noch in eurem Blute unter der Schuld von vielen tausend Sünden und unter Gottes Zorne lieget, und daß ihr eben am Rande der Hölle stehet; nur ein Schritt ist zwischen euch und dem Tode; wahrlich kein Zustand, bei dem ein Mensch in seinem Innern ruhig seyn kann. Auf denn augenblicklich! fliehet, als gälte es euer Leben, wie ihr aus eurem Hause entfliehen würdet, wenn Alles über eurem Haupte in Feuer stände. O wenn ihr nur erkennen möchtet, in welch einer beständigen Gefahr ihr lebet, was ihr täglich für einen unaussprechlichen Verlust erleidet, und welch ein gesichertes und liebliches Leben ihr führen könntet, ihr würdet euch nicht mit Possen verweilen, sondern augenblicklich umkehren. Eine große Zahl richtet eben dies vorsätzliche Aufschieben zu Grunde, wiewohl sie doch überzeugt sind, daß sie sich bekehren müssen. Euer Leben ist zu kurz und ungewiß, und welch ein Zustand ist der eurige, wenn ihr sterbet, bevor ihr völlig umgekehrt seyd. Schon zu lange habt ihr gesäumt und zu lange Gott beleidiget. Die Sünde gewinnt an Stärke und schlägt Wurzel, während ihr aufschiebet die Bekehrung; die Bekehrung dagegen wird immer schwieriger und bedenklicher. Ihr habet viel zu thun und deshalb schiebet nicht alles bis zuletzt auf, damit nicht Gott euch aufgiebt und euch nicht euch selbst überläßt, wodurch es auf immer um euch geschehen ist.
Neunte Regel.
Wenn ihr umkehren und leben wollet, so thut dies ohne Vorbehalt, vollkommen und von Grund auf. Denket nicht mit Christo euch auf ein Handeln einzulassen und euer Herz zwischen ihm und der Welt zu theilen, einige Sünden aufzugeben, die übrigen zu behalten und nur auf das zu verzichten, was euer Fleisch entbehren kann. Dies ist bloßer Selbstbetrug, ihr müßt von Herzen entschlossen seyn, euch alles dessen, was ihr habt, zu entschlagen, sonst könnt ihr nicht seine Jünger seyn. Luc. 14,26,33. Wenn ihr nicht Gott und das Himmelreich zu eurem Theil machen und alles zu den Füßen Christi niederlegen könnt, sondern nothwendig nebenher hier noch eure Lieblingsdinge und ein irdisch Theil haben müßt, Gott aber und die himmlische Herrlichkeit euch nicht genügen, so ist es etwas Eitles, unter diesen Voraussetzungen von Seligkeit zu träumen; denn so geht es nicht. Wenn ihr noch so fromm zu seyn scheint, dies aber nur eine äußere Rechtlichkeit ist und das Wohlergehn des Fleisches, euer Vergnügen und eure Sicherheit in eurer Ergebung an Gott stets eine Ausnahme macht, so ist dies eben so gewiß ein Weg zum Tode als offenbare Gottlosigkeit, obwohl es einen bessern Anschein hat.
Zehnte Regel.
Wenn ihr umkehret und lebet, so thut dies mit Entschlossenheit und stehet nicht still und überleget, als ob dabei noch etwas zu zweifeln wäre; stehet nicht und schwanket, als ob es ungewiß wäre, ob Gott oder das Fleisch der bessere Herr, ob der Himmel oder die Hölle das bessere Ziel, ob Sünde oder Heiligkeit der bessere Weg sey. Nein! weg mit euren früheren Gelüsten und entschließt euch augenblicklich, bleibend und fest; seyd nicht einen Tag so gesinnt und den andern anders, sondern tretet der ganzen Welt gegenüber und ergebt euch fest und entschlossen an Gott. Jetzt da ihr dies leset oder höret, bestimmt euch, ehe ihr die nächste Nacht schlafet, bestimmt euch, bevor ihr von eurem Platze heimgehet, bestimmt euch, ehe der Satan noch Zeit gewinnt, euch davon abzubringen! Fürwahr, ihr werdet nie umkehren, bis ihr euch entschließet, und zwar mit einem festen unveränderlichen Entschlusse.
So viel von den Regeln.
Jetzt nun habe ich in dieser Sache das Meinige gethan, daß ihr auf den Ruf Gottes umkehrn und leben möget. Was es damit werden wird, kann ich nicht sagen. Ich habe die Saat auf Gottes Befehl ausgestreut, aber es steht nicht in meiner Macht, den Wachsthum zu geben. Weiter kann ich mit meiner Botschaft nicht gehen; ich kann die Wahrheit nicht in euer Herz schreiben, sie nicht zur That machen; ich kann nicht, was euch dabei zukommt, für mich thun, daß ihr sie nämlich aufnehmet und erwäget; noch kann ich Gottes Sache dabei thun, euer Herz nämlich zu öffnen, daß das Gesagte darin Eingang finde; noch kann ich Himmel und Hölle euren leiblichen Augen zeigen oder euch neue und empfängliche Herzen geben. Wenn ich noch etwas mehr für eure Bekehrung zu thun wüßte, so hoffe ich, daß ich es thun würde.
Du aber, der Du der barmherzige Vater der Geister bist, Du hast geschworen, daß du an dem Tode des Gottlosen nicht Freude hast, sondern es lieber siehst, wenn er sich bekehret und lebet. Versage diesen Auseinandersetzungen und Belehrungen nicht deinen Segen und dulde nicht, daß deine Feinde dir in’s Angesicht frohlocken und der größte Betrüger der Seelen gegen deinen Sohn, deinen Geist und dein Wort die Oberhand gewinnt. Ach erbarme dich der armen unbekehrten Sünder, welche kein Herz haben, sich ihrer selbst zu erbarmen; heiße die Blinden sehen, die Tauben hören, die Todten leben und laß Sünde und Tod nicht dir zu widerstehen vermögen. Wecke auf die Sicheren, mache entschlossen die Unentschlossenen, befestige die Schwankenden, laß die Augen der Sünder, welche diese Zeilen lesen, zunächst in Thränen über ihre Sünden übergehen, ja bringe sie zu sich selbst und zu deinem Sohne, bevor ihre Sünden sie noch in das Verderben gebracht haben. Wenn du nur ein Wort sprichst, so werden diese meine geringsten Bestrebungen so glücklich seyn, manche Seele für die ewige Freude und die ewige Herrlichkeit zu gewinnen. Amen.
Quelle: Gerlach, Otto von - Richard Baxters ausgewählte geistliche Schriften