Aurelius Augustinus - Die Gnadenlehre
Augustinus, Aurelius: De diversiis questionibus ad Simplician: Buch 1, Questio 2
9 Denn dieses Wort ist ein Verheißungswort: „Um diese Zeit will ich kommen, und Sara wird einen Sohn haben“. 10 Nicht allein aber das, sondern auch als Rebekka schwanger war von Einem, von Isaak, unserem Vater, 11 selbst als die Kinder noch nicht geboren waren und weder Gutes noch Böses getan hatten (auf daß der Vorsatz Gottes nach Auswahl bestände, nicht aus Werken, sondern aus dem Berufenden), 12 wurde zu ihr gesagt: „Der Größere wird dem Kleineren dienen“; 13 wie geschrieben steht: „Den Jakob habe ich geliebt, aber den Esau habe ich gehaßt.“ 14 Was sollen wir nun sagen? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott? Das sei ferne! 15 Denn er sagt zu Moses: „Ich werde begnadigen, wen ich begnadige, und werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarme“. 16 Also liegt es nun nicht an dem Wollenden, noch an dem Laufenden, sondern an dem begnadigenden Gott. 17 Denn die Schrift sagt zum Pharao: „Eben hierzu habe ich dich erweckt, damit ich meine Macht an dir erzeige, und damit mein Name verkündigt werde auf der ganzen Erde“. 18 So denn, wen er will, begnadigt er, und wen er will, verhärtet er. 19 Du wirst nun zu mir sagen: Warum tadelt er noch? Denn wer hat seinem Willen widerstanden? 20 Ja freilich, o Mensch, wer bist du, der du das Wort nimmst wider Gott? Wird etwa das Geformte zu dem Former sagen: Warum hast du mich also gemacht? 21 Oder hat der Töpfer nicht Macht über den Ton, aus derselben Masse ein Gefäß zur Ehre und ein anderes zur Unehre zu machen? 22 Wenn aber Gott, willens, seinen Zorn zu erzeigen und seine Macht kundzutun, mit vieler Langmut ertragen hat die Gefäße des Zornes, die zubereitet sind zum Verderben, - 23 und auf daß er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Begnadigung, die er zur Herrlichkeit zuvorbereitet hat…? 24 Uns, die er auch berufen hat, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Nationen. 25 Wie er auch in Hosea sagt: „Ich werde Nicht-mein-Volk mein Volk nennen, und die Nicht-Geliebte Geliebte“. 26 „Und es wird geschehen, an dem Orte, da zu ihnen gesagt wurde: Ihr seid nicht mein Volk, daselbst werden sie Söhne des lebendigen Gottes genannt werden“. 27 Jesaias aber ruft über Israel: „Wäre die Zahl der Söhne Israels wie der Sand des Meeres, nur der Überrest wird errettet werden. 28 Denn er vollendet die Sache und [kürzt sie ab in Gerechtigkeit, denn] der Herr wird eine abgekürzte Sache tun auf Erden.“ 29 Und wie Jesaias vorhergesagt hat: „Wenn nicht der Herr Zebaoth uns Samen übriggelassen hätte, so wären wir wie Sodom geworden und Gomorrha gleich geworden“.
Römer 9, 9-29
1.
Jetzt ist es, meine ich, an der Zeit, zu einer anderen Frage überzugehen. Du hast sie so gestellt: Von der Stelle: aber nicht nur Sara, sondern auch Rebekka hat aus einem einzigen Beischlaf von Isaak; unserem Vater, ihre Kinder empfangen, denn noch bevor sie geboren waren und irgendetwas Gutes oder Böses getan hatten, … bis zu der Stelle:…hätte der Herr Zebaoth uns nicht Nachkommenschaft übriggelassen, wir wären wie Sodom geworden, wir wären Gomorra gleich, soll der ganze Text erklärt werden. Er ist in der Tat ziemlich dunkel. Aber so, wie ich dich mir gegenüber kennengelernt habe, könntest du nicht wollen, daß ich ihn erschließe, wenn du nicht vom Herrn erbeten hättest, daß ich es kann. Diese Hilfe stärkt meine Zuversicht; ich gehe an die Aufgabe heran.
2.
Als erstes werde ich die Intention des Apostels klären, die den ganzen Brief als Leitgedanken durchzieht, um mich an ihr zu orientieren. Diese ist: Niemand soll sich der Verdienste seiner Werke rühmen. Die Israeliten wagten, sich ihrer zu rühmen, weil sie das ihnen gegebene Gesetz befolgten. Daher meinten sie, die Gnade des Evangeliums sei ihren Verdiensten geschuldet, weil sie das Gesetz befolgten. Deshalb wollten sie nicht, daß diese Gnade auch den Heiden, also gewissermaßen Unwürdigen, gegeben würde, ohne daß diese die Riten der jüdischen Religion angenommen hätten. Diese Frage kam in der Apostelgeschichte auf und wurde dort beantwortet. Sie verstanden nämlich nicht, daß es gerade das Wesen der Gnade des Evangeliums ausmacht, daß es der Werke nicht bedarf; sonst ist Gnade nicht mehr Gnade.
An vielen Stellen und oft bezeugt der Apostel, daß die Gnade des Glaubens den Werken vorausgeht. Er will damit die Werke nicht wertlos machen, sondern zeigen, daß sie nicht Voraussetzung, sondern Folge der Gnade sind. Niemand soll ja zu der Auffassung kommen, er habe deshalb die Gnade empfangen, weil er gute Werke getan hat. In Wirklichkeit kann er nichts Gutes tun, ohne durch den Glauben die Gnade empfangen zu haben. Ein Mensch beginnt in dem Augenblick die Gnade zu empfangen, in dem er - durch innere oder äußere Anmahnung zum Glauben bewegt (vel interna vel externa admonitione motus ad fidem) - anfängt, an Gott zu glauben. Aber es gibt Unterschiede: Zu bestimmten Zeitpunkten und während der Feier der Sakramente wird die Gnade reicher und offensichtlicher eingegossen. Gewiß haben die Katechumen den Glauben, und auch Cornelius hat an Gott geglaubt, als er sich durch Almosen und Gebete würdig erwies, daß ihm ein Engel gesandt wurde. Er hätte weder Almosen geben noch Gebete verrichten können, hätte er nicht vorher schon geglaubt. Und er hätte keinesfalls glauben können, wäre er nicht durch Anmahnung gerufen worden - durch verborgene, die er geistig bzw. seelisch schaute, oder durch offensichtlichere, die er sinnlich wahrnahm. Aber in einigen Gläubigen ist nur so viel an Glaubensgnade, daß sie nicht genügt das Himmelreich zu erlangen, so bei den Katechumenen, so selbst bei Cornelius, bevor er durch die Teilnahme an den Sakramenten in die Kirche aufgenommen wurde; in anderen dagegen ist so viel, daß sie schon dem Leib Christi und dem heiligen Tempel Gottes zugerechnet werden. Denn der Tempel Gottes ist heilig, sagt der Apostel, das seid ihr, und der Herr selbst spricht: Wer nicht aus Wasser und dem Heiligen Geist geboren wird, wird nicht in das Himmelreich eingehen. Die Anfangsstadien des Glaubens entsprechen etwa einer Empfängnis; man muß aber nicht nur empfangen werden, man muß auch geboren werden, um zum ewigen Leben zu gelangen. Nichts davon ist aber möglich ohne die Gnade des Erbarmens Gottes, denn wie schon gesagt folgen die guten Werke der Gnade nach, sie gehen ihr nicht voraus.
3.
Davon wollte der Apostel überzeugen, wenn er an anderer Stelle sagt: Nicht aus uns, sondern es ist Gottes Gabe; nicht aus Werken, damit sich niemand rühme. Hier bewies er es am Beispiel zweier Kinder, die noch nicht geboren waren. Denn niemand könnte behaupten, Jakob, der noch nicht geboren war, habe sich durch Werke bei Gott einen Anspruch erworben, so daß dann von Gott verkündet würde: Der Ältere wird dem Jüngeren dienen. Der Apostel spricht: also ist nicht nur Isaak verheißen worden; als verkündet wurde: Nach dieser Zeit werde ich kommen, und Sara wird einen Sohn haben. Dabei hatte Isaak keinesfalls durch irgendein Werk bei Gott einen Anspruch auf die Verheißung seiner Geburt erworben, also darauf, daß in ihm die Nachkommenschaft Abrahams berufen würde, daß die zur Gruppe der Heiligen in Christus gehören sollen, die erkennen, daß sie Söhne der Verheißung sind, ohne Stolz auf ihre Verdienste, und die es der Gnade der Berufung zuschreiben, daß sie Miterben Christi sind. Denn als ihnen verheißen wurde, daß sie das würden, hatten sie als Ungeborene natürlich keinerlei Anspruch erworben - sondern auch Rebecca hat aus einem einzigen Beischlaft von Isaak, unserem Vater, ihre Kinder empfangen.
Mit großem Bedacht sagt der Apostel: aus einem einzigen Beischlaf. Es waren ja Zwillinge empfangen worden, daß man ja nichts den Verdiensten des Vaters zuschreibe. Keiner sollte behaupten, deshalb sei ein so bedeutender Sohn geboren worden, weil sein Vater in dem Augenblick, als er ihn im Schoß der Mutter zeugte, in einer entsprechenden Verfassung war oder weil die Mutter in einer solchen Verfassung war, als sie ihn empfing. Denn er hat beide zugleich in einem Augenblick gezeugt, sie hat beide im selben Augenblick empfangen. Um darauf hinzuweisen, sagt der Apostel: aus einem einzigen Beischlaf. Dies bekräftigt er, um den Sterndeutern keinen Raum zu geben, genau genommen denen, die man Horoskopsteller nennt, die aus Geburtstagen Charakter und Schicksal wahrsagen. Was können die schon sagen, warum bei diesen Zwillingen - bei einer Empfängnis zu genau demselben Zeitpunkt bei derselben Stellung des Himmels und der Gestirne, so daß Unterschiede überhaupt nicht feststellbar sind - ein solcher Gegensatz entstanden ist? Sie finden da überhaupt nichts. Auch kommen sie leicht dahinter, wenn sie nur wollen, daß die Auskünfte, die sie unglücklichen Menschen für Geld verkaufen, nicht aus der Anwendung einer Wissenschaft, sondern aus zufälliger Vermutung hervorgehen.
Aber laß uns direkter über die Sache reden, um die es geht: Um den Hochmut der Menschen zu brechen und zu zerschmettern, die undankbar gegen Gottes Gnade es wagen, sich ihrer Verdienste zu rühmen, wird in Erinnerung gerufen: denn noch bevor sie geboren waren und irgend etwas Gutes oder Böses getan hatten, wurde ihr, nicht auf Grund von Werken, sondern nach dem Willen des Berufenden gesagt: der Ältere wird dem Jüngeren dienen. Die Gnade kommt also vom Berufenden. Von dem aber, der die Gnade empfängt, kommen folglich die guten Werke, die die Gnade nicht hervorbringen können, sondern die kraft der Gnade hervorgebracht werden sollen. Denn das Feuer wärmt nicht, um zu brennen, sondern weil es brennt; auch läuft ein Rad nicht gut, damit es rund wird, sondern weil es rund ist. Ebenso tut niemand deshalb Gutes, damit er die Gnade empfängt, sondern weil er sie empfangen hat. Wie kann denn jemand gerecht leben, der nicht gerechtfertigt ist? Wie heilig leben, der nicht geheiligt ist, ja überhaupt leben, der nicht lebendig gemacht worden ist? Es ist aber die Gnade, die rechtfertigt, damit der Gerechtfertigte gerecht leben kann. Das erste ist also die Gnade, ihr folgen die guten Werke, wie der Apostel an anderer Stelle sagt: Dem, der Werke tut, wird der Lohn nicht aus Gnade angerechnet, sondern nach Schuldigkeit. Dies gilt z. B für jene Unsterblichkeit, die aus guten Werken folgt, auch wenn sie zuweilen wie etwas Geschuldetes gefordert wird, so, wenn Paulus sagt: Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt. Nun liegt für mich der Siegeskranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr an jenem Tage vergelten wird, der gerechte Richter. Weil der Apostel das Wort vergelten gebraucht hat, handelt es sich vielleicht doch um etwas, das ihm geschuldet wird. Aber nichts hat der Herr vergolten, sondern Geschenke gab er den Menschen, als er zur Höhe hinaufstieg und die Gefangenschaft gefangen setzte. Woher hätte selbst der Apostel es wagen können, den Siegeskranz als etwas anzusehen, was ihm geschuldet ist, hätte er nicht vorher die ungeschuldete Gnade empfangen, durch die gerechtfertigt er den guten Kampf kämpfte? Er war ja ein Lästerer, ein Verfolger und Ungerechter. Aber er hat Erbarmen gefunden, wie er selbst bezeugt, weil er an den glaubte, der nicht den Gerechten rechtfertigt, sondern den Ungerechten, um ihn durch die Rechtfertigung gerecht zu machen.
4.
nicht aufgrund von Werken sagt der Apostel, sondern nach dem Willen des Berufenden wurde ihr gesagt: der Ältere wird dem Jüngeren dienen. in diese Richtung zielt das Wort: denn noch bevor sie geboren waren und irgend etwas Gutes oder Böses getan hatten. deshalb kann es heißen: nicht auf Grund von Werken, sondern nach dem Willen des Berufenden. Von daher drängt sich die Frage auf, warum er gesagt hat: damit der Plan Gottes gemäß seiner Erwählung in Kraft bleibe. Wie gibt es denn eine gerechte oder auch überhaupt nur eine Erwählung, wenn es nicht die geringste Verschiedenheit gibt? Wenn nämlich Jakob, der noch nicht geboren war und noch nichts getan hatte, ohne jedes Verdienst erwählt wurde, dann konnte er überhaupt nicht erwählt werden, denn es gab keinen Unterschied, auf Grund dessen er hätte erwählt werden können. Ebenso: Wenn Esau auf Grund keines Verschuldens verworfen war, weil er auch noch nicht geboren war und noch nichts getan hatte, als gesagt wurde: Der Ältere wird dem Jüngeren dienen, wie kann seine Verwerfung gerecht heißen? Aus welcher Unterscheidung also, aus welcher Abwägung der Gerechtigkeit heraus gewinnen wir Einsicht in den Ausspruch: Jakob habe ich geliebt, Esau aber gehaßt? Das steht zwar bei einem Propheten geschrieben, der viel später weissagte, als jene schon geboren und gestorben waren. Doch wird hier offenbar der Satz in Erinnerung gerufen, in dem es - und zwar bevor sie geboren waren und schon etwas getan hatten - heißt: Der Ältere wird dem Jüngeren dienen. Woher kommt also jene Erwählung, oder welche Art von Erwählung ist das, wenn Ungeborene noch nichts getan und daher auch noch keine Spur von Verdiensten haben können? Oder gibt es vielleicht welche von Natur aus? Wer könnte das hier einsehen - bei demselben Vater, derselben Mutter, demselben Beischlaf, demselben Schöpfer? Oder hat derselbe Schöpfer, wie er aus derselben Erde verschiedene Lebewesen und Geschöpfe hervorbrachte, so auch aus ein und derselben menschlichen Verbindung und Umarmung in den Zwillingen verschiedene Nachkommen hervorgebracht - einen, den er liebt, und einen, den er haßt? Dann gab es keine Erwählung, bevor es etwas gab, das erwählt werden könnte. Denn wenn Jakob gut geschaffen wurde, damit er gefallen würde, wodurch hat er gefallen, bevor er erschaffen war, damit er gut geschaffen würde? Er ist also nicht erwählt worden, damit er gut geschaffen würde, sondern er wurde gut geschaffen und konnte so erwählt werden.
5.
Oder heißt es deshalb gemäß seiner Erwählung, weil Gott alles vorherweiß und auch den künftigen Glauben in dem noch nicht geborenen Jakob sah? Niemand kann sich rühmen, auf Grund eigener Werke gerechtfertigt zu werden. Nur der Gerechtfertigte kann gute Werke tun. Gott rechtfertigt die Heiden aus dem Glauben, und niemand glaubt außer mit freiem Willen. Hat Gott, der auch diesen künftigen Willen zum Glauben vorhersieht, den noch nicht geborenen auf Grund seines Vorherwissens erwählt, damit er ihn rechtfertige? Geschieht die Erwählung aus Vorherwissen und hat Gott den Glauben Jakobs vorhergewußt, wie beweist du dann, daß er ihn nicht doch auf Grund von Werken erwählt hat? Wenn du es damit beweist, daß die Zwillinge noch nicht geboren waren und noch nichts Gutes oder Böses getan hatten, so gilt ebenso, daß auch noch keiner von ihnen geglaubt hat. Gott sah den künftigen Glauben voraus. Ebenso konnte er die künftigen Werke voraussehen. Und wenn einer behauptet, er wurde erwählt wegen des künftigen Glaubens, den Gott vorherwußte, so könnte ein anderer mit nicht weniger Recht behaupten, er wurde erwählt wegen der künftigen Werke, die Gott um nichts weniger vorherwußte. Wie kann bei dieser Begründung der Apostel beweisen, daß es nicht auf Grund von Werken heißt: Der Ältere wird dem Jüngeren dienen? Wenn sie noch nicht geboren waren, gilt das nicht nur nicht auf Grund ihrer Werke, sondern auch nicht auf Grund ihres Glaubens, denn beides fehlte ja den Ungeborenen. Also wollte er die Erwählung des Jüngeren, dem der Ältere dienen sollte, nicht aus dem Vorherwissen verstanden wissen. Er wollte zeigen, daß sie nicht auf Grund von Werken geschah, und führte aus: denn noch bevor sie geboren waren und irgend etwas Gutes oder Böses getan hatten; anderenfalls hätte er ihr sagen können: Aber Gott wußte schon, wer was künftig tun würde. Deswegen bleibt die Frage, woraus diese Erwählung entstanden ist. Sie entstand nicht auf Grund von Werken, die es bei den Ungeborenen nicht gab, auch nicht auf Grund des Glaubens, den es ebenfalls noch nicht gab. Aber woraus dann?
6.
Oder muß man sagen: Es gab überhaupt keine Erwählung, weil es keinerlei Unterschied gab im Schoß der Mutter, weder im Glauben noch in den Werken, noch überhaupt in irgendwelchen Verdiensten? Es heißt aber: damit der Plan Gottes gemäß seiner Erwählung in Kraft bleibe. Weil das so gesagt ist, stellen wir die Frage. Vielleicht ist der Satz so zu verstehen: Nicht deswegen ist - nicht auf Grund von Werken, sondern nach dem Willen des Berufenden - gesagt: Der Ältere wird dem Jüngeren dienen, so daß der Plan Gottes auf Grund seiner Erwählung in Kraft bleibt; der Satz hat eher den Sinn, daß deswegen das Bespiel der Ungeborenen gewählt wurde, die noch nichts getan hatten, damit man einsieht: Hier handelt es sich um keinerlei Art von Erwählung. Denn noch bevor sie geboren waren und irgend etwas Gutes oder Böses getan hatten., damit der Plan Gottes gemäß seiner Erwählung in Kraft bleibe, d.h. sie hatten weder etwas Gutes noch etwas Böses getan, daß wegen einer solchen Tat der erwählt worden wäre, der Gutes getan hätte. Weil es also keine Erwählung dessen, der Gutes tat, gab, gemäß derer der Plan Gottes in Kraft bliebe, wurde ihr, nicht auf Grund von Werken, sondern nach dem Willen des Berufenden - d.h. Nach dem Willen dessen, der zum Glauben beruft und dadurch den Ungerechten in Gnade rechtfertigt - gesagt: der Ältere wird dem Jüngeren dienen . Also: Nicht auf Grund der Erwählung bleibt der Plan Gottes in Kraft, sondern aus dem Plan folgt die Erwählung. Anders gesagt Nicht weil Gott bei den Menschen, die er erwählt hat, gute Werke findet, bleibt der Plan seiner Rechtfertigung in Kraft, sondern weil in Kraft bleibt, daß er die Glaubenden rechtfertigt, deswegen findet er Werke, die er dann für das Himmelreich auswählen kann. Denn gäbe es keine Erwählung, gäbe es auch keine Erwählten, und es könnte nicht zu Recht heißen: Wer wollte gegen die Erwählten Gottes Klage erheben? Aber die Erwählung geht nicht der Rechtfertigung voraus, sondern die Rechtfertigung der Erwählung. Denn niemand wird erwählt, der sich nicht vom Verworfenen unterscheidet. Wenn es also heißt: Gott hat uns erwählt vor Grundlegung der Welt, so kann ich mir das nur auf Grund des Vorherwissens erklären. Wenn also der Apostel hier sagt: nicht aufgrund von Werken, sondern nach dem Willen des Berufenden wurde ihr gesagt: der Ältere wird dem Jüngeren dienen, wollte er das nicht verstanden wissen als Erwählung auf Grund von Verdiensten, die nach der Rechtfertigung aus Gnaden entstehen, sondern von der Freigebigkeit der Geschenke Gottes her, damit niemand sich seiner Werke rühme. Denn durch Gottes Gnade sind wir gerettet worden; und das nicht aus uns selbst, nein, es ist Gottes Gabe; nicht aus Werken, damit sich keiner rühme.
7.
Weiter wird gefragt, ob wenigstens der Glaube die Rechtfertigung des Menschen verdient. Oder gehen noch nicht einmal Verdienste des Glaubens dem Erbarmen Gottes voraus, sondern zählt sogar der Glaube selbst zu den Gaben der Gnade? Denn auch an der Stelle, wo der Apostel sagt: Nicht auf Grund von Werken, fährt er nicht fort: sondern auf Grund des Glaubens ist ihr gesagt worden: Der Ältere wird dem Jüngeren dienen; er sagt vielmehr: sondern nach dem Willen des Berufenden . Denn niemand glaubt, der nicht berufen wird. Der barmherzige Gott beruft ohne Rücksicht auf Verdienste des Glaubens, denn Verdienste des Glaubens folgen auf die Berufung und gehen ihr nicht voraus. Denn: Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nicht gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand predigt? Wenn also das Erbarmen Gottes nicht mit seinem Ruf vorausgeht, kann auch niemand glauben; sonst würde für ihn daraus die Rechtfertigung beginnen und er würde fähig gut zu handeln. Also steht vor jedem Verdienst die Gnade; auch ist Christus ja für die Ungerechten gestorben. Nach dem Willen des Berufenden also hat der Jüngere empfangen, daß der Ältere ihm diene, nicht auf Grund irgendwelcher Verdienste seiner Werke. Und wenn geschrieben steht: Jakob habe ich geliebt, so kommt das von Gott, der ihn beruft, nicht vom Tun Jakobs.
8.
Was ist dann mit Esau? Daß er dem Jüngeren dient und daß geschrieben steht: Esau habe ich gehaßt, auf Grund welcher eigenen Bosheit hat er das verdient? Denn auch er war noch nicht geboren und hatte weder etwas Gutes noch etwas Böses getan, als gesagt wurde: Der Ältere wird dem Jüngeren dienen. Oder ist es vielleicht so, daß - wie von Jakob ohne irgendein Verdienst durch eine gute Tat gesagt ist, daß er geliebt wurde - Esau ebenso hassenswert ist, ohne irgendein Verschulden auf Grund einer bösen Tat? Wenn Gott nämlich Esau deswegen dazu bestimmt hat, dem Jüngeren zu dienen, weil er Esaus künftige böse Werke vorhersah, dann hat er auch Jakob deswegen dazu bestimmt, daß ihm der Ältere diene, weil er Jakobs künftige gute Werke vorhersah. Dann ist aber das Wort des Apostels nicht aufgrund von Werken schon falsch. Wenn das Nicht-auf- Grund-von-Werken aber wahr ist, und zwar deshalb, weil es von noch nicht geborenen gesagt ist, die auch noch nichts getan haben, dann gilt auch Nicht-auf-Grund-des-Glaubens, den es bei den noch nicht Geborenen ebenfalls noch nicht gab. Durch welches Verschulden wird Esau dann gehaßt, bevor er geboren ist? Daß Gott die Dinge gemacht hat um sie zu lieben, ist keine Frage. Würden wir behaupten, er habe sie gemacht, um sie zu hassen, wäre das widersinnig und stünde der anderen Schriftstelle entgegen: Nicht in Haß hast du etwas geschaffen, sondern nichts haßt du von dem, was du erschaffen hast. Durch welches Verdienst ist denn die Sonne als Sonne erschaffen? Oder welches Ärgernis erregte der Mond, daß er so viel geringer als die Sonne wurde? Oder welche Verdienste erwarb er, damit er so viel heller als die übrigen Sterne geschaffen wurde? Sie alle sind gut erschaffen, ein jegliches in seiner Art. Gott würde nicht sagen: Die Sonne habe ich geliebt, den Mond aber gehaßt, oder: Den Mond habe ich geliebt, die Sterne aber gehaßt, wie er gesagt hat: Jakob habe ich geliebt, Esau aber gehaßt. Alle jene Dinge hat Gott geliebt, auch wenn er sie in verschiedenen Rangstufen ordnete; denn Gott hat gesehen, daß sie gut sind, als er sie durch sein Wort erschuf. Daß er aber Esau haßte, ohne daß dieser es durch Unrechttun verdient hatte, ist ungerecht. Räumen wir das ein, dann begann Gott Jakob zu lieben, nachdem dieser sich die Gerechtigkeit verdient hatte. Wenn das aber wahr ist, dann ist es falsch zu sagen: Nicht-auf-Grund-von-Werken. Vielleicht aber auf Grund der Gerechtigkeit des Glaubens? Was fängst du dann mit dem Ausspruch an: denn noch bevor sie geboren waren ? Denn in einem Ungeborenen konnte nun einmal auch die Gerechtigkeit des Glaubens nicht vorhanden sein.
9.
Der Apostel sah also, welcher Einwand dem Hörer oder Leser bei diesen Worten in den Sinn kommen kann, und er fügte sogleich hinzu: Was werden wir nun sagen? Ist Etwa Ungerechtigkeit bei Gott? Das sei ferne! Um zu zeigen, wie fern das sei, fuhr Paulus fort: Spricht er doch zu Moses: Ich werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarmt habe, und ich werde erbarmen gewähren, wem ich es gewährt habe. Mit diesen Worten löste er den Knoten. Oder besser gesagt, er zog ihn noch enger zusammen. Gerade das erschüttert ja am meisten: Wenn Gott sich erbarmt, wessen er sich erbarmt hat, und Erbarmen gewähren wird, wem er es gewährt hat, warum blieb Esau dieses Erbarmen versagt? Sonst wäre auch er - wie Jakob - durch Gottes Erbarmen gut geworden. Oder wurde dieser Ausspruch: Ich werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarmt habe, und ich werde erbarmen gewähren, wem ich es gewährt habe deswegen getan, weil sich Gott dessen, dessen er sich erbarmt hat, indem er ihn rief, auch erbarmen wird, daß jener glaubt, und weil er dem, dem er Erbarmen gewährt hat, daß er glaubt, Erbarmen gewähren wird in dem Sinne, daß er ihn barmherzig macht, damit er Gutes tue? Von daher werden wir gemahnt, niemand soll sich eigener Werke des Erbarmens rühmen und sich überheben, als habe er sich durch sie als durch seine eigenen Werke Gott verdient, wo doch ein Mensch dieses Erbarmen nur hat, weil es der gewährt hat, der Erbarmen haben wird, mit wem er Erbarmen gehabt hat. Wenn darum jemand sich brüstet, er habe sich dieses Erbarmen durch den Glauben verdient, dann soll er wissen, daß der ihm den Glauben geschenkt hat, der sich erbarmt, indem er ihm den Glauben eingibt, und daß Gott sich seiner erbarmt hat, als er noch ungläubig war, um ihm Anteil zu geben an der Berufung. Erst dadurch entsteht der Unterschied zwischen dem Gläubigen und dem Ungläubigen. Denn was hast du, sagt der Apostel, was du nicht empfangen hast? Wenn du es aber empfangen hast, was rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen? (1. Kor. 4,7)
10.
Das ist gewiß richtig. Aber warum wurde dieses Erbarmen dem Esau versagt? Warum wurde er nicht so berufen, daß auch in ihm der Glaube entfacht wurde und er gläubig und barmherzig Gutes tat? Etwa weil er nicht wollte? Wenn Jakob deshalb glaubte, weil er wollte, dann hat Gott ihm den Glauben nicht geschenkt, sondern dann hat Jakob ihn sich selbst gegeben, indem er ihn wollte, und hatte etwas, was er nicht empfangen hat. Oder schenkt Gott durch Berufung auch den Glauben, weil niemand glauben kann, wenn er nicht will, niemand wollen kann, der nicht berufen wird, und niemand sich selbst die Berufung gewähren kann? Kann doch niemand ohne Berufung glauben, obwohl niemand gegen seinen Willen glaubt. Wie aber sollen sie an den glauben, von dem sie nicht gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand predigt? Also glaubt niemand ohne Berufung, aber nicht jeder Berufene glaubt. Denn viele sind berufen, wenige aber auserwählt, diejenigen nämlich, die den Berufenden nicht verachtet haben, sondern ihm im Glauben gefolgt sind. Zweifellos wollten sie aber auch glauben.
Was bedeutet also das folgende: So kommt es also nicht auf den Wollenden oder Laufenden an, sondern auf den sich erbarmenden Gott? Bedeutet es nicht, daß wir nicht wollen können, ohne berufen zu sein, und daß unser Wollen nichts nützt, wenn Gott zum Vollbringen nicht hilft? Wollen und Laufen sind also nötig; nicht umsonst ist ja gesagt: Auf Erden Frieden den Menschen, die guten Willens sind, und: Laufet so, daß ihr den Siegespreis erringt. Dennoch kommt es nicht auf den Wollenden oder Laufenden an, sondern auf den sich erbarmenden Gott, damit wir erreichen, was wir wollen, und glücklich dorthin gelangen, wohin wir wollen. Esau wollte also nicht und lief nicht. Wenn auch er gewollt hätte und gelaufen wäre, wäre er mit Gottes Hilfe glücklich ans Ziel gekommen. Durch die Berufung hätte Gott auch ihm das Wollen und Laufen gewährt, wenn Esau sie nicht mißachtet hätte und verworfen worden wäre. Denn es sind zwei verschiedene Dinge, ob Gott gewährt, daß wir wollen, oder ob er gewährt, was wir wollen. Daß wir wollen, ist nach seinem Willen seine und unsere Sache, seine, daß er beruft, unsere, das wir folgen. Was wir wollen, gewährt er allein, nämlich Gutes tun zu können und immer glückselig zu leben. Gleichwohl konnte Esau, als er noch nicht geboren war, nichts davon wollen oder nicht wollen. Warum ist er also verworfen worden, als er noch im Mutterleibe war? So komme ich immer wieder auf diese Schwierigkeiten zurück. Sie sind mir um so lästiger, weil sie nicht nur sehr dunkel sind, sondern zudem von mir so oft wiederholt werden.
11.
Warum wurde Esau vor der Geburt verworfen, er, der weder dem Berufenden glauben noch die Berufung verwerfen, er, der weder etwas Gutes noch etwas Böses tun konnte? Wenn der Grund war, daß Gott seinen zukünftigen bösen Willen vorauswußte, warum ist dann der Grund für die Bestätigung Jakobs nicht, daß Gott dessen zukünftigen guten Willen vorauswußte? Wenn du nämlich einmal einräumst, daß jemand erwählt oder verworfen werden kann auf Grund dessen, was noch nicht in ihm war, sondern weil Gott vorherwußte, was in Zukunft sein wird, ergibt sich ergibt sich, daß jemand auch auf Grund von Werken gerechtfertigt werden kann, die Gott bei ihm vorherwußte, obwohl noch nichts getan worden war. Dann hilft es dir überhaupt nichts, daß die Zwillinge noch nicht geboren waren, als es hieß: Der Ältere wird dem Jüngeren dienen, wenn du daran beweisen willst, daß das nicht auf Grund von Werken gesagt ist, weil noch nichts getan war.
12.
Wenn du nämlich auch die folgenden Worte sorgfältig bedenkst: So kommt es also nicht auf den Wollenden oder Laufenden an, sondern auf den sich erbarmenden Gott, so hat der Apostel das offenbar nicht nur deshalb gesagt, weil wir mit Gottes Hilfe zu dem gelangen, was wir wollen, sondern auch in der Absicht, in der er an anderer Stelle sagt: Wirkt euer eigenes Heil mit Furcht und Zittern. Denn Gott ist es, der in euch ebenso das Wollen wie das Vollbringen schafft nach seinem Wohlgefallen. Damit zeigt er deutlich, daß auch der gute Wille selbst in uns von Gott bewirkt wird. Denn wenn nur deswegen gesagt worden ist: nicht auf den Wollenden oder Laufenden an, sondern auf den sich erbarmenden Gott kommt es an, weil der Wille des Menschen allein nicht ausreicht, daß wir richtig und gerecht leben, und Gottes Erbarmen uns helfen muß, dann könnte es auch heißen: Es kommt nicht auf den sich erbarmenden Gott an, sondern auf das Wollen des Menschen, denn das Erbarmen Gottes allein genügt nicht, wenn nicht die Zustimmung unseres Willens dazukommt. Hingegen ist ganz sicher: Vergeblich ist unser Wollen, wenn Gott sich nicht erbarmt. Andererseits sehe ich nicht, wie man sagen könnte: Vergeblich ist Gottes Erbarmen, wenn wir nicht wollen. Denn wenn Gott sich erbarmt, dann wollen wir auch. Zu ein und dem selben Erbarmen gehört ja, daß wir wollen. Denn Gott ist es ja, der in uns ebenso das Wollen wie das Vollbringen schafft nach seinem Wohlgefallen. Wenn wir nämlich fragen, ob das gute Wollen ein Geschenk Gottes ist, wäre es erstaunlich, wenn jemand das zu verneinen wagte. Weil aber das gute Wollen nicht der Berufung vorausgeht, sondern die Berufung dem guten Wollen, deswegen ist es zurecht dem berufenden Gott zuzuschreiben, daß wir Gutes wollen, uns dagegen ist nicht zuzuschreiben, daß wir berufen werden. Man nehme also nicht an, der Ausspruch: So kommt es also nicht auf den Wollenden oder Laufenden an, sondern auf den sich erbarmenden Gott sei deswegen erfolgt, weil wir ohne Gottes Hilfe nicht erreichen können, was wir wollen, sondern vielmehr deshalb, weil wir ohne seine Berufung nicht wollen.
13.
Aber wenn die Berufung derart den guten Willen bewirkt, daß jeder Berufene ihm folgt, wie kann das Wort wahr sein: Viele sind berufen, wenige auserwählt? Wenn das wahr ist und folglich der Berufene der Berufung nicht nachkommt, und wenn es in seiner Willensmacht steht, ihr nicht zu gehorchen, dann kann auch mit Recht gesagt werden: Nicht auf den sich erbarmenden Gott, sondern auf den wollenden und laufenden Menschen kommt es an, denn das Erbarmen des Berufenden genügt nicht, wenn nicht das Gehorchen des Berufenen folgt. Oder vielleicht könnten jene, die einer bestimmten Weise der Berufung nicht zustimmen, bei einer anderen Berufungsweise sehr wohl ihren Willen dem Glauben öffnen. Dann wäre auch wahr: Viele sind berufen, wenige auserwählt, denn wie viele auch auf eine bestimmte Weise berufen sind, es würden doch - weil nicht alle auf die selbe Weise davon berührt sind - nur jene der Berufung folgen, die sich als geeignet erweisen, sie anzunehmen. So wäre auch jenes Wort wahr: So kommt es also nicht auf den Wollenden oder Laufenden an, sondern auf den sich erbarmenden Gott, der so berufen hat, wie es angemessen war für die, die der Berufung gefolgt sind. An andere erging freilich auch eine Berufung, aber weil sie so erging, daß sie nicht bewegt werden konnten und nicht geeignet waren, sie anzunehmen, so konnten sie zwar „Berufene“ heißen, aber nicht „Auserwählte“. Und daher gilt schon nicht mehr entsprechend, es komme nicht auf den sich erbarmenden Gott, sondern auf den wollenden und laufenden Menschen an. Denn die Wirkung des Erbarmens Gottes kann nicht in der Macht des Menschen liegen; sonst würde Gott sich vergeblich erbarmen, wenn der Mensch nicht will. Denn wenn er sich auch jener erbarmen wollte, könnte er sie so berufen, wie es ihnen angemessen wäre, damit auch sie bewegt würden, Einsicht gewännen und folgten. Wahr ist also: Viele sind berufen, wenige auserwählt. Auserwählt sind jene, die zu ihrer Berufung paßten; jene aber, die nicht zu ihrer Berufung paßten und ihr nicht folgten, sind nicht auserwählt. Sie sind zwar berufen, aber sie sind nicht gefolgt. Also ist wahr: So kommt es also nicht auf den Wollenden oder Laufenden an, sondern auf den sich erbarmenden Gott, denn auch wenn er viele beruft, so erbarmt er sich doch nur derer, die er so beruft, wie es für sie angemessen ist, damit sie der Berufung folgen. Falsch ist es aber, wenn jemand sagt: Daher kommt es nicht auf den sich erbarmenden Gott an, sondern auf den wollenden und laufenden Menschen. Denn Gott erbarmt sich nicht vergeblich auch nur eines einzigen Menschen. Wessen er sich erbarmt, den beruft Gott so, wie er weiß, daß es ihm entspricht, damit der Mensch den Berufenden nicht zurückweist.
14.
Hier wird jemand einwenden: Warum wurde Esau nicht derart berufen, daß er gehorchen wollte? Wir sehen ja, daß andere auf jeweils andere Weise zum Glauben bewegt werden, obwohl ihnen dieselben Dinge gezeigt oder bezeichnet werden. So hat z.B. Simeon an unseren Herrn Jesus Christus, der noch ein kleines Kind war, geglaubt; er erkannte ihn, weil ihm der Geist ihn enthüllte. Nathanael hörte vom Herrn den einen Satz, ehe Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich, und gab zur Antwort: Rabbi, du bist der Sohn Gottes, du bist der König Israels. Später bekannte Petrus das so sehr, daß er hören durfte, er sei selig und ihm würden die Schlüssel des Himmelreiches übergeben. Nach dem Wunder in Kana in Galiläa, das der Evangelist Johannes als Anfang der Zeichen anführt, als Wasser in Wein verwandelt wurde, glaubten seine Jünger an ihn. Viele lud er durch seine Reden zum Glauben ein, viele glaubten nicht einmal angesichts der auferweckten Toten. Durch sein Kreuz und seinen Tod erschüttert, wurden auch seine Jünger unsicher; der Räuber dagegen glaubte - nicht etwa , weil er sah, daß Christus ihm überlegen war an Wunderkraft, sondern obwohl er ihm am Kreuz gleich war. Einer von seinen Jüngern glaubte nach der Auferstehung nicht so sehr den lebendigen Gliedern als den frischen Wundern. Viele von denen, die ihn kreuzigten, hatten ihn Wunder wirken sehen und ihn dennoch verachtet; aber sie glaubten, als seine Jünger ihn predigten und in seinem Namen Gleiches taten. Wenn also der eine so, der andere so sich zum Glauben bestimmen läßt und oft dieselbe Sache auf die eine Art gesagt zum Glauben führt, auf die andere Art gesagt nicht dazu führt, bzw. den einen hinführt und den anderen nicht, wer wagte dann zu sagen, Gott habe nicht über eine Art des Berufens verfügt, durch die auch Esau seinen Geist zu demselben Glauben hingewandt und seinen Willen mit demselben Glauben verbunden hätte, in dem Jakob gerechtfertigt wurde?
Wenn aber die Verstockung des Willens so groß sein kann, daß ein zerrütteter Geist sich gegen alle Arten der Berufung verhärtet, dann stellt sich die Frage, ob nicht die Hartherzigkeit selbst eine göttliche Strafe ist, weil Gott jemanden verläßt, indem er ihn nicht so beruft, wie er zum Glauben kommen kann. Wer könnte denn behaupten, die Art, durch die auch er überzeugt würde zu glauben, habe dem Allmächtigen gefehlt?
15.
Aber was fragen wir danach, da doch der Apostel selbst hinzufügt: Es sagt ja die Schrift zu Pharao: gerade dazu habe ich dich bestimmt, dass ich meine Macht an dir erweise und dass mein Name auf der ganzen Erde kund werde . Der Apostel fügt dieses Beispiel hinzu, um zu beweisen, was er vorher gesagt hatte: So kommt es also nicht auf den Wollenden oder Laufenden an, sondern auf den sich erbarmenden Gott?. Und als wäre er gefragt worden: Woher hast du diese Lehre?, fährt er fort: Es sagt ja die Schrift zu Pharao: gerade dazu habe ich dich bestimmt, dass ich meine Macht an dir erweise und dass mein Name auf der ganzen Erde kund werde . Jedenfalls zeigt er so, daß es nicht auf den Wollenden oder Laufenden ankommt, sondern auf den sich erbarmenden Gott, und er schließt daraus: Also erbarmt er sich, wessen er will, und verstockt, wen er will, - auch wenn im Vorhergehenden nicht beide Möglichkeiten genannt sind. Denn es heißt zwar: es also nicht auf den Wollenden oder Laufenden an, sondern auf den sich erbarmenden Gott; es heißt aber nicht entsprechend: Es kommt also nicht auf den an, der nicht will oder den Ruf mißachtet, sondern auf den verstockenden Gott. Von daher ist zu verstehen, daß er gleich darauf beides behauptet: Also erbarmt er sich, wessen er will, und verstockt, wen er will. Dies stimmt insofern mit dem früheren Satz überein, als die Verstockung durch Gott darin besteht, daß er sich nicht erbarmen will. Damit verhängt er keineswegs etwas über den Menschen, wodurch der noch schlechter würde, sondern er gewährt ihm nur nicht das, wodurch er besser würde. Geschieht dies ohne jede Unterscheidung auf Grund von Verdiensten, wer bräche dann nicht in den Ruf aus, den der Apostel selbst gegen sich ins Feld führt: Du wirst mir nun einwenden: wie kann er dann jemandem noch Vorwürfe machen? denn wer kann seinem Willen widerstehen? Gott beklagt sich ja, wie zahllose Stellen der Schrift zeigen, oft über Menschen, daß sie nicht glauben und nicht rechtschaffen leben wollen. Von denen, die glauben und Gottes Willen tun, heißt es, sie lebten ohne Tadel, weil die Schrift sich nicht über sie beklagt. Aber was beklagt er sich denn, sagt der Apostel. Wer widersteht seinem Willen, da er sich ja doch erbarmt, wessen er will, und verstockt, wen er will? Aber laßt uns trotzdem das vorher Gesagte im Blick behalten unsere Ansicht ausrichten, soweit der Herr selbst hilft.
16.
Kurz vorher sagt der Apostel nämlich: Was werden wir nun sagen? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott? Das sei ferne! Das soll also sicher und unverrückbar in unserem Geist feststehen in nüchterner Frömmigkeit und unerschütterlichem Glauben: Bei Gott gibt es keine Ungerechtigkeit! Und ebenso soll man ganz beharrlich und fest daran glauben, daß, wenn Gott sich erbarmt, wessen er will, und verstockt, wen er will - d.h. wenn er sich erbarmt, wessen er will, und sich nicht erbarmt, wessen er nicht will - , daß dies aus einer verborgenen und mit menschlichem Maß unerforschlichen Gerechtigkeit hervorgeht, die wir in den menschlichen Dingen selbst und in irdischen Verträgen erkennen. Würden wir nicht in ihnen Spuren einer höheren Gerechtigkeit gewahr, könnten wir selbst bei größter Anstrengung in unserer Schwachheit niemals die Augen erheben und unsere leidenschaftliche Sehnsucht richten auf jenes Ruhelager - ich meine diesen geheimsten und keuschesten Ort geistlicher Lebensregeln. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden gesättigt werden. In der Wüste dieses Lebens und unseres Todesloses würden wir eher vertrocknen als Durst entwickeln, käme nicht von oben ein ganz zarter Hauch der Gerechtigkeit. Die menschliche Gemeinschaft besteht durch ihr wechselseitiges Geben und Nehmen. Aber es wird Geschuldetes und Nicht-Geschuldetes gegeben und genommen. Also sieht jeder, daß niemand Unrecht begehen kann, der fordert, was man ihm schuldet, aber gewiß auch niemand, der schenken will, was man ihm schuldet, und daß letzteres nicht im Urteil der Schuldner liegt, sondern in der Entscheidung dessen, dem man schuldet. Dieses Abbild des Ewigen oder, wie ich oben gesagt habe, diese Spur hat die allerhöchste Gerechtigkeit den Rechtsgeschäften der Menschen eingeprägt.
Da nun, wie der Apostel sagt, in Adam alle sterben - hat sich doch von ihm als dem Ursprung die Beleidigung Gottes über das ganze Menschengeschlecht ausgebreitet, - so sind folglich alle Menschen wie ein einziger Sündenklumpen, der von der höchsten Gerechtigkeit die Todesstrafe verdient hat. Wird sie eingefordert oder erlassen, so ist beides keine Ungerechtigkeit. Urteilen die Schuldner darüber, von wem sie einzufordern oder wem sie zu erlassen ist, so geschieht dies in hochfahrendem Stolz, so wie die für den Weinberg gedungenen Arbeiter sich zu Unrecht entrüsteten, als anderen ebensoviel geschenkt wie ihnen bezahlt wurde. Die Unverschämtheit dieser Frage weist der Apostel daher so zurück: O Mensch, wer bist du denn, daß du mit Gott rechten willst? So rechtet nämlich jemand mit Gott, dem mißfällt, daß Gott sich über die Sünder beklagt, gleichsam als zwinge Gott jemanden zur Sünde, wo er doch niemanden zur Sünde zwingt, sondern lediglich manchen Sündern das Erbarmen seiner Rechtfertigung nicht schenkt. Man sagt deshalb, er verhärte manche Sünder, weil er sich ihrer nicht erbarmt, und nicht, weil er sie zur Sünde zwingt. Und er erbarmt sich derer nicht, denen Erbarmen aus Gründen einer völlig verborgenen und von menschlicher Einsicht weit entfernten Gerechtigkeit nicht gewährt werden kann; denn unerforschlich sind seine Entscheidungen und unaufspürbar seine Wege. Mit Recht beklagt Gott sich also über die Sünder als die, die er nicht zur Sünde gezwungen hat. Gleichzeitig hören die, derer er sich erbarmt, denselben Ruf, damit sie, während Gott sich über die Sünder beklagt, in ihrem Herzen Reue empfinden und sich zu seiner Gnade wenden. Er beklagt sich also aus Gerechtigkeit wie aus Erbarmen.
17.
Wenn es aber jemandem Schwierigkeiten macht, daß niemand seinem Willen widersteht - denn er kommt zu Hilfe, wem er will, und er läßt im Stich, wen er will - und daß der, dem er zu Hilfe kommt, zu demselben Klumpen der Sünder gehört wie der, den er im Stich läßt; und daß, obwohl jeder von beiden in gleicher Weise die Todesstrafe verdient hat, sie von dem einen gefordert, dem anderen erlassen wird -, wenn das also jemandem Schwierigkeiten macht: O Mensch, wer bist du denn, daß du mit Gott rechten willst? Ich meine, der Ausdruck „Mensch“ hat hier dieselbe Bedeutung wie in dem Ausspruch: Seid ihr nicht Menschen und wandelt nach Menschenart? Mit diesem Ausdruck werden dort Irdische und Geschöpfe bezeichnet, denen gesagt wird: Ich konnte zu euch nicht reden wie zu Geistesmenschen, sondern nur wie zu Fleischesmenschen, und weiter: Denn ihr konntet nicht, ja, ihr könnt auch jetzt noch nicht, denn ihr seid noch fleischlich, und weiter: Ein natürlicher Mensch nimmt nicht auf, was vom Geist Gottes stammt. Denen also wird gesagt: O Mensch, wer bist du denn; dass du mit Gott rechten willst? Sagt etwa das Gebilde zum Bildner: warum hast du mich so gemacht? Oder hat nicht der Töpfer Gewalt über den Ton, aus der gleichen Masse ein Gefäß zur Ehre, das andere zur Schande herzustellen? Damit zeigt der Apostel wohl hinreichend, daß er zu fleischlichen Menschen redet; schon der Lehm weist darauf hin, aus dem ja der erste Mensch gebildet wurde. Und weil auch nach dem Apostel, wie ich schon erwähnt habe, alle in Adam sterben, behauptet er, es sei eine einzige Menschenmasse. Und wenn auch das eine Gefäß zur Ehre, das andere zur Schande hergestellt wird, so ist es doch nötig, daß auch das erstere als ein fleischliches beginnt und von da aus zum geistlichen aufsteigt. So waren auch die Korinther, von denen Paulus spricht, bereits zur Ehre geschaffen und schon in Christus geboren, und doch nennt er auch sie, weil er zu ihnen wie zu Kindern spricht, fleischlich, wenn er sagt: Ich konnte zu euch nicht reden wie zu Geistesmenschen, sondern wie zu Fleischesmenschen, wie zu Unmündigen in Christus. Milch gab ich euch zu trinken, nicht feste Kost; denn die konntet ihr nicht vertragen. Ja, ihr könnt es auch jetzt noch nicht, denn ihr seid noch fleischlich. Obwohl er also sagt, sie seien fleischlich, spricht er von ihnen schon als von solchen, die in Christus geboren sind, Kinder in Christus sind und mit Milch ernährt werden müssen. Und daß er hinzufügt: Ihr könnt es auch jetzt noch nicht, zeigt, daß sie Fortschritte machen werden, so daß sie es in Zukunft können, weil sie schon im Geist wiedergeboren waren und die Gnade in ihnen begonnen hatte. Sie waren also schon zur Ehre hergestellte Gefäße, denen gleichwohl noch zu Recht gesagt wurde: O Mensch, wer bist du denn, daß du mit Gott rechten willst? Wenn solchen das zu Recht gesagt wurde, mit wieviel mehr Recht dann denen, die noch nicht wiedergeboren oder sogar zur Schande hergestellt sind? Indessen sei mit unerschütterlichem Glauben festgehalten, daß es bei Gott keine Ungerechtigkeit gibt, ob er die Schuld erläßt oder sie einfordert: Weder kann sich der, von dem er sie einfordert, zu Recht über Gottes Ungerechtigkeit beklagen, noch hat der, dem Gott sie erläßt, Anlaß sich seiner eigenen Verdienste zu rühmen. Denn der Bestrafte zahlt nur, was er schuldet, und der Begnadete hat nichts, was er nicht empfangen hat.
18.
An dieser Stelle muß man sich mit der Hilfe Gottes bemühen einzusehen, wie beides wahr ist, sowohl der Ausspruch: Du haßt nichts von dem, was du geschaffen hast, wie der andere: Jakob habe ich geliebt, Esau aber gehaßt.. Wenn er Esau deswegen gehaßt hat, weil er ein zur Schande hergestelltes Gefäß war, und wenn ein und derselbe Töpfer das eine Gefäß zur Ehre, das andere zur Schande hergestellt hat, wieso heißt es dann: Du haßt nichts von dem, was du geschaffen hast? Denn er haßt ja Esau, ein Gefäß, das er selbst zur Schande hergestellt hat. Diese Schwierigkeit läßt sich lösen, wenn wir einsehen: Gott ist der Urheber aller Geschöpfe. Alle Geschöpfe Gottes sind gut, und jeder Mensch, insofern er Mensch ist, ist Geschöpf, nicht insofern er Sünder ist. Gott ist Schöpfer des Leibes und der Seele des Menschen. Keines von beiden ist böse, und keines von beiden haßt Gott; denn er haßt nichts von dem, was er geschaffen hat. Zwar ist die Seele vortrefflicher als der Leib, Gott aber vortrefflicher als die Seele und der Leib, da beider Urheber und Begründer; nichts haßt er am Menschen außer der Sünde. Die Sünde ist eine Ungeordnetheit und Verkehrtheit des Menschen, d.h. Eine Abkehr vom Schöpfer, dem der höchste Rang zukommt, und eine Hinwendung zum Geschaffenen, das niedriger steht. Gott haßt also nicht den Menschen Esau, sondern Gott haßt den Sünder Esau, wie vom Herrn gesagt wird: Er kam in sein Eigentum, aber die Seinigen nahmen ihn nicht auf. Er selbst sagt denen wiederum: Deshalb hört ihr nicht, weil ihr nicht aus Gott seid. Wieso heißen sie „die Seinigen“ und wieso „nicht aus Gott“? Doch nur, weil ersteres von Menschen gesagt ist, die der Herr selbst geschaffen hat, und letzteres von Sündern, die der Herr selbst tadelte. Beide Male dieselben Menschen und Sünder, Menschen aber durch Gottes Schöpfung, Sünder aus eigenem Willen.
Weil er Jakob geliebt hat, war Jakob deswegen etwa kein Sünder? Gott hat an ihm nicht die Schuld geliebt, die er tilgte, sondern die Gnade, die er schenkte. Denn auch Christus ist für die Gottlosen gestorben, nicht damit sie gottlos bleiben, sondern damit sie als Gerechtfertigte sich von der Gottlosigkeit abwenden und an den glauben, der die Gottlosen rechtfertigt. Gott haßt ja die Gottlosigkeit. Deshalb bestraft er sie bei den einen durch die Verdammung, bei anderen nimmt er sie durch die Rechtfertigung hinweg, wie er selbst es bestimmt in seinen unerforschlichen Ratschlüssen. Diejenigen aus der Zahl der Gottlosen, die er nicht rechtfertigt, stellt er als Gefäße zur Schande her. An ihnen haßt er nicht das, was er herstellt, wenn sie als Gottlose auch fluchwürdig sind. Sofern sie als Gefäße hergestellt werden, werden sie zu einem anderen Zweck hergestellt; denn durch die ihnen auferlegten Strafen dienen sie den Gefäßen zum Nutzen, die zur Ehre hergestellt sind. Gott haßt sie also nicht, weder als Menschen noch als Gefäße; er haßt also weder, was er ihnen als Schöpfer, noch, was er ihnen durch Herstellung der Ordnung wirkt. Denn Gott haßt nichts von dem, was er geschaffen hat. Er stellt sie als Gefäße des Verderbens her zum Zwecke der Zurechtweisung der anderen und haßt an ihnen die Gottlosigkeit, die er selbst nicht geschaffen hat. Denn wie ein Richter bei einem Menschen den Raub haßt, aber es nicht haßt, daß dieser dafür zur Zwangsarbeit verurteilt wird - den Diebstahl begeht der Dieb, das Urteil spricht der Richter - , so ist es auch bei Gott: Wenn er aus der Masse der Gottlosen Gefäße des Verderbens herstellt, haßt er nicht, was er tut, nämlich das Einordnen derer, die in ihrer verdienten Strafe untergehen. Die, deren er sich erbarmt, finden darin eine Gelegenheit zum Heil. So ist dem Pharao gesagt worden: Gerade dazu habe ich dich bestimmt, dass ich meine Macht an dir erweise und dass mein Name auf der ganzen Erde kund werde. Dieser Erweis der Macht Gottes und die Verkündigung seines Namens auf der ganzen Erde nützen denen, deren Berufung für sie angemessen war, damit sie in Furcht geraten und sich auf den rechten Weg begeben.
So sagt der Apostel folgerichtig: Gott, der seinen Zorn zeigen und seine Macht erweisen wollte, hat die Gefäße des Zorns, die zur Vernichtung bestimmt sind, in großer Langmut ertragen. Dabei muß man mithören: Wer bist du denn, daß du mit Gott rechten willst? Bezieht man das auf das früher gesagte, so ergibt sich folgender Sinn: Wenn Gott seinen Zorn zeigen wollte und die Gefäße des Zorns ertragen hat, wer bist du dann, daß du mit Gott rechten willst? Aber nicht nur weil er seinen Zorn zeigen und seine Macht erweisen wollte, ertrug er in großer Langmut die Gefäße des Zorns, die zur Vernichtung bestimmt sind, sondern auch - wie folgt - : um den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen des Erbarmens zu erweisen. Was nutzt es den zur Vernichtung bestimmten Gefäßen, daß Gott sie geduldig erträgt, um sie auf geordnete Weise zugrunde zu richten und sie als Mittel für das Heil anderer zu benutzen, derer er sich erbarmt? Jedenfalls nutzt es denen, zu deren Heil er sie benutzt, daß, wie geschrieben steht, der Gerechte seine Hände im Blut des Sünders wasche. Das bedeutet: Der Gerechte soll durch die Furcht vor Gott von bösen Werken gereinigt werden, wenn er die Strafen an den Sündern vollzogen sieht. Daß Gott also, um seinen Zorn zu zeigen, die Gefäße des Zorns ertrug, ist geeignet, bei anderen eine nützliche Furcht hervorzurufen und den Reichtum seiner Herrlichkeit zu erweisen an den Gefäßen des Erbarmens, die er zur Herrlichkeit vorherbestimmt hat. Denn es zeigt diese Verhärtung der Gottlosen zweierlei: Zum einen zeigt sie, wovor man sich fürchten soll, damit ein jeder sich in frommer Gesinnung zu Gott bekehrt, zum anderen, wieviel Dank der Barmherzigkeit Gottes zu sagen ist, der durch die Bestrafung der einen zeigt, was er den anderen erläßt. Wenn die Strafe, die er von den einen einfordert, nicht gerecht wäre, würde er den anderen, von denen er sie nicht einfordert, nichts erlassen. Sie ist aber gerecht, und es gibt keine Ungerechtigkeit bei Gott, der strafend einschreitet. Wer könnte ihm genügend Dank sagen, der die Schuld erläßt, von der niemand zu Recht sagen könnte, er würde sie nicht schulden, wenn Gott sie einfordern wollte?
19.
Er hat uns berufen, sagt der Apostel, nicht nur aus den Juden, sondern auch aus den Heiden. Gemeint sind Gefäße des Erbarmens, die er zur Herrlichkeit vorherbestimmt hat; nicht alle Juden, sondern aus den Juden, nicht alle Heiden überhaupt, sondern aus den Heiden. Denn seit Adam gibt es einen Klumpen von Sündern und Gottlosen; Juden wie Heiden, die Gottes Gnade zurückweisen, gehören zu dieser Masse. Wenn nämlich der Töpfer aus ein und derselben Masse das eine Gefäß zur Ehre, das andere zur Schande herstellt, ist klar, daß es bei den Juden Gefäße zur Ehre wie zur Schande gibt ebenso wie bei den Heiden. Daraus folgt: Man muß einsehen, daß alle zu einer Masse gehören.
Anschließend beginnt der Apostel die Prophezeiungen über diese beiden Gruppen in umgekehrter Reihenfolge vorzutragen. Zuerst sagt er: aus den Juden danach aus den Heiden; er legt aber zunächst Zeugnis für die Heiden ab, danach für die Juden. So spricht er auch bei Hosea: ich werde als mein Volk berufen, was nicht mein Volk war, und als geliebte jene, die nicht geliebt waren. Und dort wo ihnen gesagt wurde: ihr seid nicht mein Volk, dort werden sie Söhne des lebendigen Gottes genannt werden. Das bezieht sich auf die Heiden, denn diese hatten keine feste Opferstelle wie die Juden in Jerusalem. Zu den Heiden wurden die Apostel gesandt, damit ein jeder an seinem Ort glaube und sie überall dort, wo sie zum Glauben kämen, das Lobopfer darbrächten - die, denen er Macht gab, Söhne Gottes zu werden. Und Jesaja, sagt der Apostel, ruf für Israel. Er lehrt, man solle wiederum nicht glauben, daß alle Israeliten verdammt würden. Also gibt es Gefäße zur Ehre und andere zur Schande. Wenn auch die Israeliten, sagt er, so zahlreich wären, wie der Sand am Meer - nur der Rest wird gerettet werden. Der übrige Haufen Gefäße ist also zum Verderben bestimmt. Denn sein Wort erfüllend und kurzfassend, so sagt er, wird der Herr auf der Erde handeln. Das bedeutet, daß er durch die Gnade die Glaubenden erlöst, und zwar auf dem kürzesten Weg des Glaubens, nicht durch unzählige Regeln und Vorschriften, von denen die Judenmenge wie Sklaven zu Boden gedrückt wurde. Aus Gnade für uns sein Wort erfüllend und kurzfassend hat der Herr freilich auf der Erde gehandelt, als er sagte: Mein Joch ist sanft und meine Bürde ist leicht. Auch Paulus sagt hier wenig später: Das Wort ist dir nahe, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen. Es ist das Wort des Glaubens, das wir verkündigen. Denn wenn du mit deinem Mund bekennst: Jesus ist der Herr, und in deinem Herzen glaubst, Gott hat ihn von den Toten auferweckt, so wirst du gerettet werden. Denn mit dem Herzen glaubt man zur Gerechtigkeit und mit dem Mund bekennt man zum Heil. Das ist das Wort, das erfüllt und kurzfaßt, was der Herr auf der Erde getan hat. Durch dieses Erfüllen und Kurzfassen ist der Räuber gerechtfertigt worden, der mit allen Gliedern ans Kreuz geschlagen war. Er hatte nur diese beiden Glieder frei: Mit dem Herzen glaubte er zur Gerechtigkeit und mit dem Mund bekannte er zum Heil. Und sofort war er würdig zu hören: Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein. Seine guten Werke wären gefolgt, wenn er nach Empfang der Gnade noch lange unter Menschen gelebt hätte. Vorausgegangen waren sie freilich nicht, sonst hätte er sich diese Gnade verdient: Er wurde aus seinem Räuberleben heraus ans Kreuz geschlagen und vom Kreuz ins Paradies versetzt.
Ebenso, sagt der Apostel, hat Jesaja vorausgesagt: Hätte der Herr Zebaoth uns nicht Nachkommenschaft übriggelassen, entsprechend dort: Der Rest wird gerettet werden. Die Übrigen sind als Gefäße des Verderbens wegen der verdienten Todesstrafe untergegangen. Und daß nicht alle untergegangen sind wie in Sodom und Gomorrha, das bewirkte nicht deren Verdienst, sondern die Gnade Gottes, der Nachkommenschaft übrig ließ, aus der eine andere Ernte auf der ganzen Welt erwuchs. Etwas später sagt der Apostel das auch: Ebenso gibt es auch in der gegenwärtigen Zeit einen Rest, der aus Gnade erwählt ist; aus Gnade, also nicht auf Grund von Werken; sonst ist Gnade nicht mehr Gnade. Das bedeutet: Was Israel erstrebte, hat nicht das ganze Volk, sondern nur der erwählte Rest erreicht; die übrigen wurden verblendet. Erreicht haben es die Gefäße des Erbarmens, verblendet worden sind die Gefäße des Zorns, beide aus derselben Masse wie bei der Vielzahl der Heiden.
20.
Es gibt zu der Sache hierin der Schrift eine Stelle, die das Gesagte wunderbar bezeugt und die wir jetzt unbedingt behandeln müssen. Sie steht in dem Buch, das die einen Jesus Sirach, andere Ecclesiasticus nennen, und lautet: Alle Menschen sind aus Lehm geformt, aus Erde ist Adam geschaffen. In der Fülle der Weisheit hat der Herr sie dann geschieden und ihre Wege verschieden festgesetzt. Einige von ihnen segnete und erhöhte er, einige heiligte er und ließ sie sich nahe kommen, einige verfluchte und erniedrigte er und lenkte sie zur Zwietracht untereinander. Wie Ton ist in der Hand des Töpfers, daß er ihn knete, wie es ihm beliebt, so ist der Mensch in der Hand seines Schöpfers, der über sein Geschick entscheidet. Dem Schlechten steht das Gute, dem Tod das Leben gegenüber, und so steht gegen den gerechten Mann der Sünder. Schau hin auf alle Werke des Allerhöchsten: Paarweise sind sie geschaffen, eins steht dem anderen gegenüber.
Zuerst ist hier die Weisheit Gottes gepriesen. Es heißt: In der Fülle der Weisheit hat der Herr sie dann geschieden - wovon, wenn nicht von der Seligkeit des Paradieses? - und ihre Wege verschieden festgesetzt, damit sie von da an als Sterbliche leben. Damals entstand ein Klumpen aus allen; er geht hervor aus dem Ableger der Sünde und aus der Strafe der Sterblichkeit, auch wenn Gott gestaltet und geschaffen hat, was daran gut ist. In allen findet sich ja eine Gestalt und ein Aufbau des Körpers in solcher Eintracht der Glieder, daß der Apostel daraus einen Vergleich mit der Liebe gezogen hat, die zu bewahren ist; in allen wohnt auch der lebensspendende Geist, der die irdischen Glieder lebendig macht. Die ganze Natur des Menschen ist unter der Herrschaft der Seele und der Dienstbarkeit des Leibes in wunderbarer Harmonie zweckmäßig geordnet. Aber die fleischliche Begierde, die als Sündenstrafe zur Herrschaft gekommen ist, hat das ganze Menschengeschlecht wie zu einem einzigen Lehmklumpen zusammengemengt - auf Grund der ursprünglichen Schuld, die in allem bleibt.
Und trotzdem folgt: Einige von ihnen segnete und erhöhte er, einige heiligte er und ließ sie sich nahe kommen, einige verfluchte und erniedrigte er und lenkte sie zur Zwietracht untereinander. Gleiches sagt der Apostel: Oder hat nicht der Töpfer Gewalt über den Ton, aus der gleichen Masse ein Gefäß zur Ehre, das andere zur Schande herzustellen? Daher enthält die Fortsetzung des Textes denselben Vergleich: Wie Ton ist in der Hand des Töpfers, daß er ihn knete, wie es ihm beliebt, so ist der Mensch in der Hand seines Schöpfers. Aber weil der Apostel fragt: Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott?, beachte auch das was Jesus Sirach anfügt: Er wird ihm vergelten gemäß seinem Anspruch. Obwohl den Verdammten gerechte Strafen zugefügt werden, wendet sich das zum Nutzen für die, denen Erbarmen geschenkt wird. Beachte also den Schluß: Dem Schlechten steht das Gute, dem Tod das Leben gegenüber, und so steht gegen den gerechten Mann der Sünder. Schau hin auf alle Werke des Allerhöchsten: Paarweise sind sie geschaffen, eins steht dem anderen gegenüber. Jedenfalls erwächst das Bessere aus dem Vergleich mit dem Schlechteren und zieht Nutzen daraus. Da jedoch das Bessere durch die Gnade entsteht, folgt sozusagen: Der Rest wird gerettet werden, und Jesus Sirach sagt im Namen des Restes: Auch ich bin als letzter eifrig gewesen wie einer, der Nachlese hält hinter den Winzern. Und wodurch beweist er, daß er nicht auf Grund eigener Verdienste, sondern durch Gottes Erbarmen eifrig war? Auch ich habe auf Gottes Segen vertraut, sagt er, wie ein Winzer habe ich die Kelter gefüllt. So sehr er auch als letzter eifrig gewesen ist: Weil die letzten die ersten sein werden, wie gesagt ist, hat das Volk Israel im Vertrauen auf den Segen des Herrn mit den übrig gebliebenen Trauben die Kelter gefüllt aus dem Überfluß der Weinlese auf dem ganzen Erdkreis.
21.
Die Intention des Apostels und aller Gerechtfertigten, die uns Einsicht in das Wesen der Gnade dargelegt haben, ist also nur diese: Wer sich rühmt, rühme sich des Herrn. Wer könnte denn das Tun des Herrn zur Debatte stellen, der aus ein und derselben Masse den einen verdammt und den anderen rechtfertigt? Der freie Wille hat sehr großen Wert, gewiß, es gibt ihn, aber welchen Wert hat er bei denen, die unter die Sünde verkauft sind? Der Apostel sagt: Das Fleisch begehrt wider den Geist und der Geist wider das Fleisch, damit ihr nicht das tut, was ihr eigentlich wollt. Uns ist aufgegeben, sittlich gut zu leben; dafür wird uns als Lohn in Aussicht gestellt, daß wir in Ewigkeit glücklich zu leben verdienen. Aber wer kann sittlich gut leben und gute Werke tun, wenn er nicht aus dem Glauben gerechtfertigt ist? Uns ist aufgegeben zu glauben, damit wir, wenn wir den Heiligen Geist empfangen haben, durch die Liebe gute Werke tun können. Aber wer kann glauben, wenn er nicht durch eine Berufung, d.h. einen Zeugenbeweis der Tatsachen, beeindruckt wird? In wessen Macht steht es, daß sein Denken von etwas, das er gesehen hat, derart beeindruckt wird, daß sein Wille sich dem Glauben zuwendet? Wer wendet sich mit ganzer Seele einer Sache zu, die ihn nicht erfreut? Oder in wessen Macht liegt es, daß ihm etwas begegnet, was ihn erfreuen kann, bzw. daß ihn erfreut, was ihm begegnet? Wenn uns also erfreut, was uns zu Gott bringt, wird auch das durch Gottes Gnade eingegeben und geschenkt. Es wird nicht durch unseren Willen und unsere Anstrengung oder durch verdienstvolle Werke erworben. Denn daß es die Zustimmung des Willens gibt, daß Beharrlichkeit des Strebens vorhanden ist, daß es Taten aus glühender Liebe gibt - er teilt es zu, er schenkt es. Uns ist geboten zu bitten, damit wir empfangen, zu suchen, damit wir finden, anzuklopfen, damit uns aufgetan wird. Ist nicht dann und wann selbst unser Gebet so lau oder mehr noch kalt und ohne Kraft, ja bisweilen überhaupt rein gar nichts, daß wir nicht einmal das in uns mit Schmerzen erkennen? Denn wenn uns das auch nur schmerzt, beten wir schon. Was zeigt uns das also anderes, als daß das Bitten, Suchen und Anklopfen der gewährt, der es uns zu tun gebietet. So kommt es also nicht auf den Wollenden oder Laufenden an, sondern auf den sich erbarmenden Gott, denn wir werden nicht einmal wollen oder laufen können, wenn er uns nicht antreibt und bewegt.
22.
Wenn hier also eine Art Erwählung erfolgt, sollen wir das Wort: Es gibt einen Rest, der aus Gnade erwählt ist nicht so verstehen, als fände eine Auswahl von Gerechtfertigten zum ewigen Leben statt; vielmehr werden die erwählt, die gerechtfertigt werden sollen. Diese Auswahl ist mit Sicherheit so verborgen, daß sie für uns in ein und derselben Masse einfach nicht erkennbar sein kann. Sollte sie doch jemandem erkennbar sein, gebe ich in diesem Punkt gern meine Schwäche zu. Denn ich habe nichts, worauf ich mein Augenmerk richten könnte bei der Auswahl von Menschen zu heilbringender Gnade - wenn mir zur Prüfung dieser Auswahl eine Überlegung gestattet ist - außer einer größeren Begabung oder geringeren Sünden oder auch beidem zusammen. Fügen wir noch, wenn es gefällt, die Wissenschaften hinzu, die entweder ihren Wert in sich haben oder Nutzen bringen. Dann wäre jeder für die Gnade auszuwählen, der möglichst wenig von Sünden umgarnt und befleckt ist - wer kann schon völlig frei davon sein? - , der hervorragend begabt und in den freien Wissenschaften ausgebildet ist. Wenn ich aber danach urteile, so lacht der mich aus, der das Schwache in der Welt erwählt hat, um das Starke zuschanden zu machen, und das Törichte der Welt, um ihre Weisheit zuschanden zu machen, damit ich meinen Blick auf ihn richte, beschämt meinen Fehler verbessere und viele andere auslache - die Keuschen eher als die Sünder, eher die Rhetoren als gewisse Fischer. Sehen wir denn nicht, daß viele unserer Gläubigen, die Gottes Wege gehen, von ihrer Begabung her nicht nur irgendwelchen Häretikern, sondern selbst Possenreißern nicht gewachsen wären? Sehen wir nicht ebenso, daß manche Männer und Frauen untadelig in ehelicher Keuschheit leben und doch Häretiker oder Heiden sind? Und daß es umgekehrt im wahren Glauben und in der wahren Kirche derart Gleichgültige gibt, daß sie zu unserem Erstaunen von plötzlich bekehrten Dirnen und Schauspielern nicht nur in Geduld und Mäßigung, sondern auch in Glauben, Hoffnung und Liebe übertroffen werden?
Es bleibt also zu fragen, ob die erwählt werden, die es wollen. Aber der Wille selbst kann keinesfalls bewegt werden, wenn ihm nichts begegnet, was die Seele erfreut und einlädt. Daß ihm das begegnet, liegt aber nicht in menschlicher Macht. Was wollte Saulus anderes als Christen überfallen, fortschleppen, fesseln und töten? Welch rasender Wille, wie wütend, wie blind! Und doch begegnete ihm, als er von einer Stimme aus dem Himmel zu Boden geworfen war, eine Erscheinung, die seine Grausamkeit hemmte, die alte Gesinnung und den Willen änderte und auf den Weg des Glaubens führte. Und augenblicklich wurde aus dem außerordentlichen Verfolger ein noch außerordentlicherer Verkünder des Evangeliums.
Und doch: Was werden wir nun sagen? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott, der eintreibt, von wem er will, und schenkt, wem er will, der keineswegs Ungeschuldetes eintreibt oder fremdes Gut schenkt? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott? Das sei ferne! Aber warum dann bei dem einen so, bei dem einen anders? O Mensch, wer bist du denn? Wenn du Geschuldetes nicht zurückzahlst, hast du Grund freudig zu danken; wenn du zurückzahlst, hast du keinen Grund zur Klage. Glauben wir also einfach, auch wenn wir es nicht zu fassen vermögen. Denn der, der die ganze geistige und leibliche Schöpfung hervorgebracht und begründet hat, er hat alles nach Zahl, Maß und Gewicht wohl geordnet. Aber unerforschlich sind seine Ratschlüsse und unaufspürbar seine Wege. Rufen wir „Halleluja“ und singen wir ein Loblied! Fragen wir nicht: Was soll das oder was soll jenes? Denn alles ist zur rechten Zeit erschaffen!
Amen
(mit freundlicher Genehmigung von Markus Renz)