Arndt, Friedrich - 53. Andachten zum 2. Thessalonicherbrief

Arndt, Friedrich - 53. Andachten zum 2. Thessalonicherbrief

2. Thessalonicher 1.

Paulus spricht auch in diesem Briefe wieder seine Freude über das geistliche Wachsthum der Thessalonicher aus und ertheilt ihnen reichen Trost unter ihren Trübsalen. Auch in unserm Leben fehlt’s nicht an solchen; aber was sind alle unsere Leiden gegen die Verfolgungsleiden der ersten Christen, oder gegen die Liebe und das Leiden des Herrn Jesu, oder gegen unsere Sünden, womit wir die ewige Pein verdient haben, oder gegen die künftige Herrlichkeit, die unserer wartet, wenn der Herr Jesus wird geoffenbart werden vom Himmel, sammt den Engeln seiner Kraft? Viel wichtiger ist das Leiden einer der Wahrheit wegen bedrängten Seele, wie es Luther empfinden mußte, der in solcher Noth einmal betete: „Ach Gott, ach Gott, o Du mein Gott, Du mein Gott, stehe Du mir bei wider aller Welt Vernunft und Weisheit; thue Du es, Du mußt es thun, Du allein; ist es doch nicht meine, sondern Deine Sache. Stehe mir bei, Du treuer, ewiger Gott, ich verlasse mich auf keinen Menschen, es ist umsonst und vergebens, es hinket Alles, was fleischlich ist und nach Fleisch schmecket. O Gott, o Gott, hörst Du nicht? Mein Gott, bist Du todt? Nein, Du kannst nicht sterben, Du verbirgst Dich nur einen Augenblick. Ei Gott, stehe mir bei, ich bitte Dich in dem Namen Deines lieben Sohnes Jesu Christi, der mein Schutz und Schirm sein soll, ja meine feste Burg, durch Kraft und Stärkung Deines heiligen Geistes. Herr, wo bleibst Du? Mein Gott, wo bist Du? Komm, komm, ich bin bereit auch mein Leben darum zu lassen, geduldig wie ein Lämmlein; denn gerecht ist die Sache und Dein, so will ich mich von Dir nicht absondern ewiglich, das sei beschlossen in Deinem Namen. Die Welt muß mich über mein Gewissen wohl ungezwungen lassen, und wenn sie noch voller Teufel wäre, sollte mein Leib zu Grund und Boden, ja zu Trümmern gehen, dafür aber Dein Wort und Geist mir gut ist. Es ist ja auch nur um den Leib zu thun, die Seele ist Dein, und gehört Dir zu, und bleibet auch bei Dir ewig. Amen. Gott helfe mir, Amen!“ – Was sind doch alle unsere Gebete gegen solch Glaubensgebet in großer Noth!!

2. Thessalonicher 2.

Um diejenigen zu warnen, welche damals sehr voreilig die baldige Wiederkunft Christi erwarteten, thut Paulus hier mit prophetischem Blicke eine Aussicht in die Zukunft auf, welche alle Zeiten von großer Wichtigkeit ist. Er lehrt, daß die christliche Kirche und die mit ihr immer mehr angefüllte nicht etwa auf dem Wege einer ruhig fortschreitenden, allmähligen Entwickelung der Vollendung entgegenreisen werde, sondern die Wiedererscheinung des Herrn und das Weltgericht erfolgen wird nach Zeiten gräulichen Abfalles und vollendeter Gottlosigkeit. Alle bösen Kräfte der Sünde und des Unglaubens werden dann concentriert sein unter der Herrschaft einer vollendet gottlosen Persönlichkeit, dem Menschen der Sünde, der die abgefallene Welt zu widergöttlichen, das Dasein des Christenthums gefährdenden Diensten verwendet. Sein Erscheinen selbst wird eine Wirkung des Satans sein, von diesem wird er berufen und als ein Letztes und Aeußerstes von Widerstand gegen das Reich Gottes in seiner weltlichen Machtstellung befestigt werden. Er wird aber nicht aus den Weltkindern, sondern, aus den Erwählten kommen, wie Judas aus den Aposteln; - nicht geheim, sondern offenbar, Allen kenntlich auftreten; die Welt wird ihn um seiner Gaben, Zeichen und Wunder willen bewundern, den Kindern Gottes aber wird unheimlich und bange sein bei seinem Anblick; denn es wird eine Gewalt der Verführung in seiner dem Dienste des Argen verfallenen Wirksamkeit liegen, eine Kraft der Lüge, der Alle verfallen müssen, die nicht mit Treue und betendem Glauben zur göttlichen Wahrheit sich halten. Die Zeit jener Erscheinung kann jeden Augenblick hervortreten, indem sie allein dadurch aufgehalten wird, daß Gott aus Gnaden die Hemmungen noch nicht hinweggethan hat, wodurch dem bereits vorhandenen Bösen Raum zu ungehinderter Entwicklung gegeben wird, und dadurch für den Argen noch nicht die Zeit gekommen ist, das Geschöpf seiner Macht und seines Willens an das Licht treten zu lassen. „Aber ist das möglich? kann ein Mensch je so satanisch, so antichristlich, so mit der Sünde verwachsen und eins sein und werden?“ Wer die Tiefen der Sünde in seinem Innern kennt, zweifelt nicht, sondern fragt: wenn ich es nur nicht selbst werde?! Ach, Herr, bewahre mich denn vor mir selbst. Amen.

2. Thessalonicher 3.

Der Apostel warnt hier vor frommem Müßiggang einerseits, wie andererseits vor falscher Geschäftigkeit und Vorwitz, weil dadurch das Evangelium geschändet werde. Das Christenthum gibt uns kein Privilegium zum Müßiggang und zur Faulheit. Aber auch wenn wir dies nicht sind, sind wir noch nicht Alles. Es könnte alsdann noch Unordnung, Verwirrung und ein weltliches Geräusch mitten in unserm Fleisch und unserer Arbeit herrschen, und doch ist Gottes Charakter, dem wir auch hierin nachahmen müssen, Ordnung und Stille. Er thut alles zu seiner Zeit, und seine größten Wunder geschehen ohne Geräusch. Ein wahrer Christ, der Frieden mit Gott und Stille der Seele hat, fängt seine Geschäfte ohne Prahlerei und Ruhmsucht an. Er kennt sein Maaß von Geschäftigkeit und setzt sich zu jedem die beste Zeit. Er zerstreut sich nicht in vielerlei Geschäfte, und will nicht Alles zugleich thun, weil er gewöhnlich alsdann gar nichts gethan hätte. Am wenigsten ist er denen gleich, die bald nichts thun, bald Alles verschlingen wollen, bald eifrig anfangen, bald auf die letzten Augenblicke das Wichtigste verschieben, und hernach verdrießlich oder gewaltsam das zwingen wollen, was nicht durch Zwang sondern durch Ordnung gelingen kann. Es ist ihm lieb, wenn er seine Geschäfte übersehen kann und wenn sie nicht durch Störungen unterbrochen werden. Nie macht er die Nacht zum Tage, nie den Tag zur Nacht. Nie stört er durch unzeitige Arbeit andere in ihrer Ruhe und Ordnung. Sein Schlaf ist Mäßigkeit, seine Speisen und Getränke sind nicht die Sinnlichkeit mehrende Wollüste. Am wenigsten nimmt er zu viel an fremden Dingen Theil. Die Vielgeschäftigkeit derer, die überall in jedes fremde Geschäft, in jede Art der Neuigkeiten, in das, was hier und dort vorgeht, sich einmischen, ist eine Pest der Ordnung und der erste Schritt, auch an manchen unangenehmen Folgen fremder Handlungen Theil nehmen zu müssen. Er sieht endlich bei seinen Geschäften darauf, daß er sich selbst nicht überjagt. Indem er den Müßiggänger haßt, haßt er auch den feinen Selbstmörder, der sich verzehrt und durch Ueberladung mit Geschäften ein unermäßiger Verschwender ist. Welch ein Lebensbild! Möge ich durch Gottes Gnade es verwirklichen! Amen.

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