Anselm von Canterbury - Homilien und Ermahnungen. Achte Homilie.

Anselm von Canterbury - Homilien und Ermahnungen. Achte Homilie.

Über das Evangelium nach Lukas: Es geschah, dass, als alles Volk getauft wurde, auch Jesus getauft wurde und betete, der Himmel sich öffnete. usw. (Luk. 3,21.)

Johannes taufte alles Volk, das zu ihm kam; denn hätte er den Herrn allein getauft, so würden Manche gemeint haben, die Taufe des Johannes sei heiliger gewesen, als die Christi, gleich als wäre Christus allein der Erlangung der Taufe des Johannes gewürdigt worden; der Taufe Christi aber das Menschengeschlecht. Denn wäre Christus allein mit der Taufe des Johannes getauft worden, so würde man sagen: von welcher Beschaffenheit war die Taufe des Johannes? Eine große Taufe muss es gewesen sein, ein unaussprechliches Geheimnis, seht, deshalb ward Christus allein der Taufe des Johannes gewürdigt. Und so schiene die Taufe des Dieners größer als die Taufe des Herrn. Daher erlangten auch Andere die Taufe des Johannes, damit die Taufe des Johannes nicht besser als die Christi scheinen möchte. Der Herr aber ließ sich taufen, damit andere Diener sich für die Taufe des Herrn nicht zu gut halten möchten, wenn sich der Herr der Taufe des Knechts unterzöge. Der Herr ließ sich taufen, indem nicht er vom Wasser gereinigt zu werden, sondern er das Wasser selbst zu reinigen wünschte; dieses sollte an seinem gänzlich sündlosen Fleische abgewaschen werden und so das Recht zum Taufen bekommen, und gegen die Sünde der Übertretung die Kraft der wiedergebärenden Heiligung in sich aufnehmen, was so vielen Laufen unter dem Gesetze unmöglich war. Daher fügte auch schön der Apostel bei der Erzählung, als sei alles Volk getauft worden, nichts Bedeutendes hinzu, sondern erwähnte nur, dass nachdem Jesus getauft worden und er betete, alsbald der Himmel sich geöffnet habe. Denn während der Heiland sich leiblich erniedrigte und in die Fluten des Flusses stieg, öffnete er uns durch die Macht seiner Gottheit die Himmelstüren. Und indem er sein unschuldiges Fleisch in das kühle Wasser tauchte; löschte er das feurige Schwert des Paradieses aus, einst wider die Schuldigen gezückt. Denn die ganze Masse der menschlichen Natur war in den ersten Eltern aus dem Paradiese vertrieben worden, und von da an blieb ihm die Himmelstüre verschlossen. Aber in seiner Milde ließ sich der Herr herab, dieser Natur teilhaftig zu werden; dadurch die Sache des ganzen Menschengeschlechts, wie ein wahrer Anwalt zu verteidigen. Deshalb begann er nun nach der Taufe mit dem Gebete. Denn so wie er für uns getauft worden ist, so hat er auch für uns gebetet; weil er unser Hohepriester, und uns zu lieb seiner Menschheit den Himmel, der wie gesagt der ganzen Masse des Menschengeschlechts verschlossen war, geöffnet; und durch sie allen Menschen, die ihm als Glieder zugetan sein mochten.

Weiter: Und der heilige Geist stieg in leiblicher Gestalt herab auf ihn wie eine Taube. Richtig - der heilige Geist stieg in leiblicher Gestalt herab; weil der Sohn durch Annehmen eines wahren Körpers bereits herabgestiegen war. Richtig, auch wie eine Taube stieg der heilige Geist auf ihn herab, um seine Milde uns anzukündigen. Denn er ist der Richter des menschlichen Geschlechts. Aber wer würde seine Gerechtigkeit ertragen, wollte er, bevor er uns mit Milde besserte, unsere Sünden mittels rücksichtslosen Eifers prüfen? Er ward also Mensch den Menschen zu lieb, und zeigte sich als milden Menschen. Er wollte die Sünder nicht züchtigen, sondern bessern. Erst wollte er sie mit Sanftmut bessern, um sie nach der Welt im Gerichte retten zu können. Daher musste der Geist in einer Taube über ihm erscheinen, da er nicht gekommen war, die Sünden bereits im Eifer zu strafen, sondern sie noch in Sanftmut zu ertragen. Denn nicht deshalb stieg der heilige Geist damals auf ihn herab, damit er damals zuerst den heiligen Geist empfinge, da er ja immer vom Beginne seiner Empfängnis an voll des heiligen Geistes geblieben war.

Weiter: Und eine Stimme ging vom Himmel aus: Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe. Diese körperlich ertönende Stimme ließ der Vater durch ein Engelsgeschöpf ausgehen. Du, heißt es, bist mein Sohn. Nicht aber den Sohn selbst, der stets Alles weiß, sondern den Johannes und die übrigen Anwesenden belehrte er mit dieser Stimme, wer der sei, den sie für den Sohn Josephs hielten. Daher zog es Matthäus vor, diese Stimme des Vaters sagen zu lassen: Dies ist mein Sohn. Das heißt also soviel als: Du bist mein Sohn, aus meinem Wesen naturgleich gezeugt; und deshalb der Geliebte, als der Eingeborne. An dir habe ich mein Wohlgefallen, das heißt, an Allem zusammen, was in dir ist, oder was du tust, habe ich mein Wohlgefallen; denn an dir fand ich nie etwas Anderes, als was mir immer gefällt, und darum ist es mir lieb, dich in die Menschheit eintreten gelassen zu haben. An jenen aber, von denen ich einst menschlicher Weise sagte: Es reut mich, sie erschaffen zu haben (1. B. Mos. 6,7), hatte ich gewissermaßen mein Missfallen.

Was wir aber vom Haupt gesagt haben, muss auf die Glieder oder den Körper bezogen werden. Denn nachdem Jesus getauft war und als er betete, öffnete sich der Himmel; weil, sobald jeder seiner Auserwählten getauft worden und nicht müßig ist, sondern sich frommen Gebeten hingibt und den Tugendweg ergreift, ihm die Pforte des Himmlischen Reichs aufgetan wird. Und der heilige Geist stieg auf ihn herab; denn auf den, der getauft ist und betet, kommt der milde Geist in-leiblicher Gestalt, um die Dauer seiner Gabe anzuzeigen. Wie eine Taube, um zu zeigen, dass er Solchen Unschuld und Einfalt bringe. Und eine Stimme ging vom Himmel aus: Du bist mein Sohn; weil dann zum ersten male Jeder ein Sohn Gottes ist, wenn er aus der Taufe heraufsteigt. Und mein geliebter, durch meine zuvorkommende Gnade, während du zuvor durch deine Bosheit hassenswert warst. An dir habe ich mein Wohlgefallen, alles, was ich an dir getan habe, hat mein Wohlgefallen; während bisher dein ganzes Tun mein Missfallen hatte. Dadurch aber, dass der Vater in der Stimme sich hören lässt, und der heilige Geist in der Taube herabsteigt, und der Sohn nach seiner Menschheit getauft wird, wird die Dreieinigkeit deutlich dargelegt, auf deren Namen und Glauben ein Jeder von uns getauft wird.

Weiter: Und Jesus selbst war etwa dreißig Jahre alt da er begann: wie man meinte, ein Sohn Josephs. Jesus wird mit dreißig Jahren getauft: und damals erst beginnt er, Wunder zu tun und das Evangelium zu predigen, indem er nämlich die gesetzliche und reife Lebenszeit denen zeigte, die jedes Alter entweder zum Priestertum, oder zum Lehramte für passend halten. Denn auch Joseph war zum Vorbilde dieses unseres Heilands dreißig Jahre alt, als er die Regierung des Königsreichs übernahm, und David trat in einem Alter von dreißig Jahren die Regierung an, und ebenso alt war Ezechiel, als er zu weissagen begann. Dieses Alter also müssen nach dem Beispiele Christi die haben, die Priester oder Lehrer werden, oder einen ähnlichen Vorzug erhalten. Das Alter des mit dreißig Jahren getauften Heilands kann aber auch das Geheimnis unserer Taufe anzeigen, wegen des Glaubens, nämlich an die heilige Dreieinigkeit und wegen der Erfüllung der zehn Gebote. Denn drei Zehner, aus denen die Zahl dreißig besteht, bezeichnen den Glauben und das Handeln derer, denen die Taufe Nutzen bringt. Den Glauben in der Dreißigzahl und das Händeln in der Zehnerzahl. Denn der Herr gebot denen die getauft werden, diese drei Zehner zu halten, wenn er sagte: Geht und lehrt alle Völker, indem ihr sie tauft im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und sie halten lehrt, Alles was ich euch aufgetragen habe (Mat. 28,19).

Wie man meinte, heißt es, der Sohn Josephs. Das ist um jener willen gesagt, die meinten, er sei wirklich fleischlich aus dem Fleische Josephs erzeugt; und weil von Joseph aus, der ein Verwandter der Jungfrau Maria war, das Geschlechtsregister der Maria selbst beschrieben werden sollte, welche Christum vom heiligen Geiste empfangen hat; denn die Schriften pflegen von den Frauen keine Geschlechtsfolge zu geben. Deshalb nämlich geht die Beschreibung des Geschlechtsregisters Christi passend von Joseph aus, weil er von dessen, wenn auch stets jungfräulicher Gattin geboren worden ist. Sobald aber Joseph genannt war, wurde beigefügt: der ein Sohn Helis, der ein Sohn Mathans, der ein Sohn Levis war (Luk. 3,23) usw. Matthäus aber sagt in absteigender Linie: Mathan aber zeugte Jakob; Jakob aber zeugte Joseph, den Mann Mariens (Mat. 1,15). Wie kommt es, dass Joseph zwei Väter, nämlich Heli und Jakob gehabt zu haben scheint? Diese schwierige Frage löst sich so: Mathan und Mathat zeugten je einen Sohn von ein und demselben Weibe Namens Esta. Denn Mathan, der in absteigender Linie von Salomon stammt, hatte zuerst diese Frau bekommen; und nach Hinterlassung eines Sohnes, Namens Jakob, starb er. Nach seinem Tode nahm Matat, der sein Geschlecht von Nathan herleitete, diese Frau, da er vom nämlichen Stamme aber nicht von dem nämlichen Geschlechte war, und zeugte mit ihr einen Sohn, Namens Heli. So wurden aus verschiedenem Geschlechte der Väter Jakob und Heli Brüder von einer Mutter. Der Eine davon, nämlich Jakob, nahm seines kinderlos verstorbenen Bruders Heli Weib nach der Vorschrift des Gesetzes und zeugte Joseph, seinen Sohn zwar der natürlichen Abstammung nach, weshalb man auch schreibt: Jakob aber zeugte Joseph; nach der Vorschrift des Gesetzes aber wird er zum Sohne Helis, weil Jakob sein Bruder war, und das Weib genommen hatte, um seinem Bruder Nachkommenschaft zu erwecken. Und so findet sich die Geschlechtsfolge richtig und vollständig, sowohl die, die Matthäus anführt. mit den Worten: Jakob aber zeugte Joseph; als auch die, welche Lukas verzeichnet, wenn er sagt: wie man meinte der Sohn Josephs, der ein Sohn Helis war. Auch diesen hielt man, wie eben diese Unterscheidung zu verstehen gibt, für einen Sohn Helis, da ja dieser Heli Matats Sohn gewesen war. Denn der Evangelist bezeichnete diese gesetzliche Abstammung, die gleichsam aus einer Art von Kindesannahme Verstorbenen gegenüber besteht, lieber mit einer dadurch hinlänglich entsprechenden Bezeichnung, als mit der wirklichen Abstammung, und beobachtet das, dass er überhaupt bei solchen Geschlechtsfolgen Niemand als Erzeuger nannte. Auch darf man sich nicht wundern, wenn Lukas von David bis auf Christus mehre und Matthäus wenigere Geschlechtsfolgen, das heißt, jener drei und vierzig und dieser acht und zwanzig setzte, da die Geschlechtsfolge durch andere Personen lief; denn es ist möglich, dass Einige alt wurden, die Männer der andern Geschlechtsfolgen aber zeitig starben; sehen wir ja mehrere Greise noch mit ihren Enkeln am Leben, andere dagegen so gleich, nachdem sie Kinder bekommen, sterben. Lukas erzählt die Geschlechtsfolgen nicht, wie Matthäus zu Anfang seines Evangeliums, sondern von der Taufe Christi an, und nicht in absteigender, sondern in aufsteigender Linie, als wollte er gleichsam mehr den Priester bei der Sündensühne bezeichnen, da die Stimme vom Himmel ihre Erklärung, da das Zeugnis des Johannes über ihn sich so aussprach: Siehe, das die Sünden der Welt hinwegnimmt (Joh. 1, 29). Er geht aber in aufsteigender Linie weiter und gelangt von Abraham auf Gott, mit dem wir durch Reinigung und Sühne ausgeföhnt werden. Mit Recht nahm auch er die Abstammung durch Kindesannahme auf, weil durch Kindesannahme wir Kinder Gottes werden durch den Glauben an den Sohn Gottes. Er hat aber hinlänglich dargetan, er habe nicht deshalb von Joseph gesagt, er sei Helis Sohn, weil er von diesem gezeugt worden sei; sondern weil er als sein Sohn angenommen worden, hat er ja auch selbst Adam den Sohn Gottes genannt, da er von Gott erschaffen worden, aber aus Gnade, die er nachher durch Sündigen verlor, wie ein Sohn ins Paradies gesetzt worden ist. Jedoch glaubt man von ihm, er sei unter die angenommenen Söhne gerechnet nach Empfang der Sündenvergebung durch Christus. Deshalb wird mit den Geschlechtsfolgen des Matthäus die Aufsichnahme unserer Sünde von Christus dem Herrn bezeichnet; mit den Geschlechtsfolgen des Lukas aber wird die Vernichtung unserer Sünden durch Christus den Herrn angedeutet. Deswegen zählt sie jener in absteigender, dieser in aufsteigender Linie auf. Denn nach der Vergebung der Sünden kehren wir zum Herrn zurück und steigen aufwärts, während wir durch Adam sündigten und von ihm weggingen, und so tief herabsanken. Denn wenn der Apostel sagt: Gott sandte seinen Sohn in die Ähnlichkeit eines sündlichen Fleisches (Röm. 8,3), so bedeutet das die Aufsichnahme der Sünde. Wenn er aber hinzufügte, um an der Sünde die Sünde im Fleische zu verdammen, so ist das soviel als die Sündensühne. Sofort steigt Matthäus von David über Salomon herab, mit dessen Mutter sich jener versündigte; Lukas aber steigt zu David selbst über Nathan auf, den Namen eines Propheten, durch den Gott die Sünde jenes sühnte. Was für Männer und von welchem Verdienste aber die Männer gewesen sein mögen, die Lukas von Joseph bis auf Zorobabel, und von Salathiel bis auf Nathan, den Sohn Davids gesetzt hat, wissen wir nicht, oder wenig darüber, wiewohl wir nicht zweifeln, dass sie vom Geschlechte Davids gewesen. Er sagt aber unter Anderem: Der war ein Sohn Resas, der war Zorobabels, der war Salathiels, der war Neris. Und das hat auch Matthäus so erzählt: Jechonias erzeugte Salathiel, Salathiel aber erzeugte Zorobabel, Zorobabel aber erzeugte Abiud. Siehe nach zwei Evangelisten scheint auch Salathiel zwei Väter gehabt zu haben, nämlich den Zechonias und Neri. Aber auch bei diesen zweien muss man sich etwas der Art denken, wie oben gesagt worden bei den beiden Vätern Josephs. Denn bei den Ebräern werden die Namen der Geschlechtsfolgen bald nach der Natur, bald nach dem Gesetz gerechnet. Nach der Natur, der natürlichen Abstammung zufolge; nach dem Gesetze, wenn Einer an die Stelle des Sohnes eines andern Vaters unter dem Namen des ohne Kinder verstorbenen Bruders kommt. Denn auch jener Verstorbene heißt nicht mit Unrecht der Vater eines solchen Sohnes. Unter dem einen also der beiden Väter des Salathiel versteht man den nach dem Fleische, unter dem anderen, den nach dem Gesetz, oder nach der Kindesannahme. Denn bei den Ebräern fand sich häufig die Gewohnheit der Kindesannahme, und nicht unpassend nannte man den den Erzeuger, der ihn an Kindesstatt annahm; weil er ihn nämlich mittels einer Vermittlung erzeugte. So ist es auch, wenn nach den beiden Evangelisten Salathiel der Vater Zorobabels ist, träfen die vorgenannten Gründe nicht zusammen, so schiene es mit der Chronik in Widerspruch zu sein, wo geschrieben steht: Jechonias Söhne sind Salathiel und Phadaia gewesen, und von Phadaia stammten Zorobabel und Semei. Aber Zorobabel stammte nach der Natur von Phadaia, unter Salathiel denkt man sich den Sohn nach dem Gesetz. Denn eben Zorobabel war der Erstgeborne, und nach dem Gebote wurde der Erstgeborne unter dem Namen des verstorbenen Bruders genannt. Es war auch möglich, dass Salathiel den Zorobabel als den Sohn Phadai als seines Bruders an Kindesstatt annahm; wie wir lesen, dass Mardochäus die Esther, seines Bruders Tochter als Tochter an Kindesstatt annahm (Esth. 2,7). Ebenso stellt es sich hier heraus, dass Zorobabel zwei Söhne, Abiud und Resa gehabt habe, da von den 7 Söhnen, die er nach der Chronik zeugte, keiner so hieß, es wäre denn, dass einige davon je zwei Namen geführt hätten. Denn das ereignete sich oft. Oder wenn dem nicht so war, so steht fest, dass entweder nach der Vorschrift des Gesetzes, oder durch Vermittlung der Kindesannahme diese beiden seine Söhne gewesen sind. Wieder heißt es unter Anderem: Der war (ein Sohn) Sales, der (ein Sohn) Cainans, der (ein Sohn) Arpharads war. Name aber und Abstammung dieses Cainans findet sich nach dem Hebräischen in der Genesis nicht; aber von Arpharad wird erzählt, er habe, ohne dass einer dazwischen steht, seinen Sohn Sale erzeugt. Denn wir lesen so: Ferner lebte Arpharad noch fünf und dreißig Jahre und zeugte. Sale (Gen. 11,12). Aber der Evangelist nahm diese Zeugung aus der Ausgabe der siebzig Dolmetscher, wo geschrieben steht, Arpharad habe 135 Jahre alt den Cainan gezeugt; und Cainan selbst habe 130 Jahre alt den Sale gezeugt. Niemand aber soll der Meinung sein, die siebzig Übersetzer haben an dieser Stelle geirrt; sondern er glaube zweifellos, dass sie gesetzt haben, was sie als wahr erkannt hatten; und ergänzt haben, was Moses nicht vollständig gesagt hatte. Denn auch der heilige Geist hätte das dem Evangelium nicht einverleibt, wenn es nicht vollkommen wahr wäre. Denn eben die siebzig Ältesten führten seit der Zeit des Moses das Lehramt in der Synagoge, und hatten von Moses Geist empfangen, und das Gesetz aus der Überlieferung des Moses selbst erlernt: und wenn daher dort etwas übergangen sein sollte, und sich ergänzen oder anders erklären ließ, so wussten sie es. Moses aber übersprang aus irgend einem Grunde, der Gott bekannt ist, die Geschlechtsfolge Cainans, sowie einen Teil der Jahre, die unter ihm und seinem Vater verflossen. Denn vielleicht wollte er bei der Beschreibung des zweiten Zeitalters von der Sündflut bis auf Abraham nur zehn Geschlechtsfolgen setzen; und überging daher eine Geschlechtsfolge. Denn auch Matthäus wollte von David bis auf die Übersiedlung nach Babylon vierzehn Geschlechtsfolgen setzen, und überging daher drei, wo er sagt: Joram aber zeugte den Ozias (Matth. 1,8). Sowie es also von Joram heißt, er habe den Ozias gezeugt, während drei dazwischen liegen, so heißt es auch von Arpharas, er habe den Sale erzeugt, während Cainan allein dazwischen liegt. Dass aber in den heiligen Schriften zuweilen ein Teil der Jahre gesetzt, und ein Teil nicht angegeben wird, zeigt das Buch der Könige, wenn es sagt: Saul war ein Jahr alt, als er die Regierung antrat, regierte aber zwei Jahre über Israel (1. Kng. 13,1). War denn der wohl nur ein Jahr alt, der von den Schultern an Alle an Größe überragte? Und hat der wohl nur zwei Jahre geherrscht, der das Reich so lange Zeit inne hatte? Sowie also ein Teil der Jahre Sauls übergangen ist, so auch ein Teil der Jahre Arpharads und Cainans. Daher redet sowohl Moses, als auch unser Evangelist samt den siebzig Dolmetschern die Wahrheit. Ebenso heißt es, der war (ein Sohn) Enochs. Und es ist schön, dass die Reihe der Geschlechtsfolgen mit der Laufe des Sohnes Gottes beginnt und bis zu Gott dem Vater aufsteigt, und daher auf der siebzigsten Stufe Enoch hat, der ohne sterben zu müssen ins Paradies versetzt worden ist, um die anzudeuten, die durch die Gnade der Kindesannahme aus dem Wasser und heiligen Geist wieder geboren worden, während sie nach leiblicher Auflösung in die ewige Ruhe aufgenommen werden werden. Denn die Siebzigzahl passt wegen des Sabbats am siebten am meisten zur Bezeichnung der Ruhe derer, die unter dem Beistande der Gnade Christi die zehn Gebote des Gesetzes erfüllt haben, um zu zeigen, wie sie zur festgesetzten Zeit der Auferstehung zur ewigen Anschauung der Weisheit Gottes vereinigt werden werden.

Zuletzt aber heißt es: Der war (ein Sohn) Seths, der war (ein Sohn) Adams, der war (ein Sohn) Gottes (Luk. 3,38). Denn Christus einigt uns mit seiner und des Vaters Gerechtigkeit gesühnt und gereinigt von aller Sünde, damit das Wort des Apostels in Erfüllung geht: Wer aber Gott anhängt, ist ein Geist (1. Kor. 6,17). Deswegen werden in dieser Zahl der Geschlechtsfolgen sowohl Christus selbst, mit dem die Aufzählung beginnt, als auch Gott, bei dem sie anlangt, mit gezählt: und so kommt die Zahl 77 zu Stande, wodurch die gänzliche Erlassung und Tilgung aller Sünden bezeichnet wird: dies drückte der Herr selbst auch durch das Geheimnis dieser Zahl deutlich aus, wenn er sagte, Sünden müsse man nicht bloß siebenmal, sondern auch siebzigmal siebenmal vergeben (Mat. 18, 22). Auch gehört diese Zahl zur Reinigung von allen Sünden, wenn man etwas sorgfältig forschen mag: denn sie besteht aus der Elf- und Siebenzahl, weil entweder elf mal sieben oder sieben mal elf sieben und siebzig machen. Ein Elfer aber bezeichnet die Überschreitung des Zehners. Die Zehnzahl stellt sich nämlich gleichsam als die Zahl der Gerechtigkeit bei den zehn Geboten des Gesetzes heraus.

Sünde ist ferner Übertretung des Gesetzes; und wohl wird also die Überschreitung der Zehnzahl passend durch die Elfzahl versinnbildet. Daher sollen auch nach dem Befehle elf grobhaarige Decken in dem Zelte hergestellt werden. Wer möchte aber zweifeln, dass das Cilicium (Unterkleid von groben Haaren) zur Hindeutung auf die Sünde gehöre? Und das durch, dass die Gesamtzeit ihren Umlauf in der Siebenzahl hat, kommen passend, wenn man sie mit siebenmal elf vermehrt, auf die Zahl von 77 alle in der Zeit begangenen Sünden hinaus. Auch kommt in dieser Zahl vollständige Sündenvergebung zu Stande, indem uns das Fleisch unseres Priesters sühnt, mit dem nun diese Zahl beginnt, und indem er uns mit Gott versöhnt, bei dem nun jene Zahl anlangt; durch den heiligen Geist, der in der Gestalt einer Taube bei dieser Taufe, von der Zahl selber erwähnt wird, erschien. Wenn dagegen in der Zehnzahl die vollkommene Seligkeit ihre Bezeichnung findet, daher auch der Umstand, dass alle in den Weinberg Gedungenen mit einem Zehner belohnt werden, und dies zu Stande kommt, wenn die Siebenzahlschöpfung, das heißt der innere und äußere Mensch, mit der Dreieinigkeit, die Gott ist, verbunden wird: so ist offenbar, dass die Überschreitung der Zehnzahl die Sünden dessen bedeutet, der aus Stolz etwas mehr haben will, und die Unversehrtheit und Vollkommenheit verliert. Die Elfzahl wird aber deshalb siebenmal genommen, um die Übertretung selbst als Werk des wollenden Denkens des Menschen zu bezeichnen. Denn mit der Dreizahl wird des Menschen unkörperlicher Teil bezeichnet, wo ihm befohlen wird, Gott aus ganzem Herzen und aus ganzer Seele, und aus ganzem Geiste zu lieben (5. B. Mos. 6,5). Die Vierzahl aber ist der Ausdruck des Körpers wegen seiner vier Hauptglieder oder wegen der vier Urstoffe, aus denen er besteht. Der aus diesen zusammengesetzte Mensch wird passend mit der Siebenzahl bezeichnet. Das wollende Denken aber wird mit Zahlen nicht ausgedrückt, wenn wir eins, zwei, drei, vier usw., sondern wenn wir einmal, zweimal, dreimal, viermal sagen. Daher wird die Übertretung nicht mit sieben und elf sondern mit siebenmal elf bezeichnet, da sie aus dem wollenden Denken des sündigenden Menschen hervorgeht, das heißt des Menschen, der die Beharrlichkeit seiner Vollkommenheit übertritt aus Begierde, etwas mehr zu haben. Weil daher mit der Zahl 77 die Übertretung sowohl des ersten Menschen als auch der übrigen, die aus ihm hervorgingen, bezeichnet wird, so kam Gott passend mit der sieben und siebzigsten Geschlechtsfolge, als der alle Sünden seiner Gläubigen vernichten wird. Denn Alle, welche nach christlicher Sitte zur Taufe kommen, sind im Geheimnisse der 77 Geschlechtsfolgen enthalten; und deshalb erlangen sie Vergebung der Sünden von dem, der so viele Geschlechtsfolgen reinigte und mit dieser Zahl die Sündenvergebung festsetzte, und am Schlusse so vieler Geschlechts, folgen kam, die Sünden der Welt hinwegzunehmen. Denn nicht bloß die, welche im neuen Bunde getauft werden, reinigt er, sondern auch die, welche seit dem Beginne der Welt an seine Ankunft recht geglaubt hatten. Daher zählt der Evangelist nach Oben zurückkehrend diese sieben Geschlechtsfolgen, um darzutun, dass sich auf sie alle die reinigende und versöhnende Gnade Christi erstrecke, und dass Alle, die jetzt das Sakrament der Taufe recht wahren, zu Gott zurückkehren. Denn die Gnade der Menschwerdung und Reinigung Gottes stieg rückwärts zu allen Menschenfolgen hinauf, damit wir begreifen. möchten, es sei durchaus keine Zeit ohne Auserwählte Christi verflossen, die durch ihn von der Erbschuld befreit worden sind. Daher wird auch selbst von Adam, den Gottes Weisheit, die Christus ist, herausführte, wie geschrieben steht, aus seinem Vergehen (Weish. 10, 2), am Ende der Beschreibung der Geschlechtsfolgen, dargetan, er sei ein Sohn Gottes durch diese Gnade Christi. Und daher nimmt Gott der Vater Christum, den Gott und Menschen, auf, und durch ihn alle, die seine Glieder sind. Sofort wollen wir die Namen der Väter rückwärts so zu erklären suchen, dass wir in ihnen das Aufsteigen und Wachstum stets verstehen lernen, sowie auch die Reihe ihres Geschlechtsregisters wie eine Leiter bis zu Gott, auf der auch alle Getauften stufenweise aufsteigen sollen. Denn dieses Geschlechtsregister, das von dein getauften Jesus bis auf Gott fortgeht, scheint uns jene Leiter zu sein, von der wir lesen, wie Jakob einen Stein unter sein Hauptlegte und schlief und im Schlafe eine Leiter auf der Erde stehen sah, die mit ihrer Spitze den Himmel berührte, und wie auch die Engel Gottes auf ihr hinauf und herabstiegen, und der Herr oben auf der Leiter stand (1. B. Ms. 28, 12). Denn der unter das Haupt gelegte Stein und gleichsam die Grundlage der Leiter ist Christus geworden, indem er sich selbst erniedrigte, um alle die Seinigen zu erhöhen, der wie eine Grundlage Alle trägt und von Niemand getragen wird. Und auf dieser Leiter des Geschlechtsregisters steigen Einige hinauf, Andere herab. Die steigen hinauf, die vorwärts kommen, die, die abfallen, steigen herab. Die Engel aber, das heißt Boten Gottes, heißen so, weil sie von Christus reden. Jedem also, der mit Christus getauft ist, steht der Himmel offen, und von oben herab ist Gott bereit, ihn hinaufzunehmen; aber er muss auf den Stufen der Leiter, die von der Taufe bis zum Herrn reicht, hinaufsteigen; denn, wie auch Salomon sagt: führt der Pfad des Lebens am Einsichtsvollen nach Oben (Sprchw. 15, 24), so dass nämlich der Einsichtsvolle darauf nach dem Himmel strebt. Denn auch das israelitische Volk stand nach seinem Durchgang durch das rote Meer nicht; sondern gelangte hernach durch lange Reisen und Mühen ins verheißene Land. So sei auch, wer getauft ist, nicht träge; sondern strebe auf dem Wege der Gebote Gottes zum ewigen ihm verheißenen Vaterlande, und bemühe sich auf den Stufen der Leiter der Geschlechtsfolge hinaufzusteigen, wenn er zu Gott, der zu Oberst auf ihr ist, zu gelangen wünscht. Diese Leiter der Geschlechtsfolge aber ist der Weg, der zum Himmel und zu Gott führt, und je wahrer Einer hinaufsteigt, desto mächtiger kommt er dahin. Denn Einer steigt auf ihr tapferer als ein Anderer, und ein Anderer noch tapferer oder vollkommener, je nach dem es ihm von Gott verliehen worden ist. Wehe aber dem, der nicht eine Stufe davon hinaufsteigt, weil er ganz unten zurückbleiben wird.

Kommen wir also auf diese Stufen zurück, indem wir die Namen der Väter auslegen. Als Niedrigsten unter allen findet man Jesum, nämlich als Grundlage für alle zusammen bedeutet er Heiland, weil er allein dem Menschengeschlechte zum Heil verhilft und sonst in Niemanden anderem Heil ist: Denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in welchem wir gerettet werden sollten (Apstlg. 4, 12). Jeder also fängt mit der Taufe an, dieses Heiles teilhaftig zu werden. Wenn er aber das, was er umsonst empfing, nicht verlieren will, so muss er darin wachsen durch eigenes Bemühen in gutem Handeln. Daher wird alsbald Joseph gesetzt, was Vermehrung bedeutet, denn der erlangt Vermehrung der Gnade nach der Taufe, der zum guten Handeln nicht träge sein mochte. Hierauf folgt Heli, das heißt der Hinaufsteigende, um das Aufsteigen dessen, der von Tugend zu Tugend weiter schreitet, zu bezeichnen. Hernach steht Mattat, was Ges schenk bedeutet; denn wer auf den Tugendstufen zur Höhe strebt, erlangt das Geschenk noch größerer Gnade. Und hierauf folgt Levi, was der Aufgenommene heißt; weil Gott jenen zu sich aufgenommen hat zu beständigem Dienste, zur Befestigung in stets guten Werken. Auch Melchi folgt nun, was König bedeutet; weil es sich oft trifft, dass ein so Beschaffener ein Lenker der Kirche wird. Aber auch Ianne folgt, was Zubereiteter bedeutet; weil ein solcher Mann zu jedem guten Werke schon bereitet ist. Auch Joseph wird beigesetzt, was, wie oft gesagt worden, Vermehrung bedeutet, weil er durch beständigen Fortschritt auch Vermehrung in der Religion bekommt. Auch Matthias, was Geschenk Gottes heißt; weil das Geschenk göttlicher Gnade noch mit neuen Wohltaten ihm zufließt. Und Amos, was der Ehrende, oder Tapfere, oder Volkslosreißer bedeutet; weil er durch ein gutes Leben Gott ehrt, und tapfer zum Ertragen von Widerwärtigkeiten ist, und durch seine Lehren und Beispiele das Herz des Volkes von der Liebe zur Welt losreißt. Aber auch Naum, was Tröster oder Trost heißt; weil er die, die das Zeitliche verachtet haben, mit der Verheißung des Ewigen tröstet. Auch Heli, was mein Nächster heißt; weil er der Nächste für den ist, den er durch Trost beruhigt. Und Nagge, was Festlichkeit bedeutet, weil er selbst zur Festlichkeit der Freude für den wird, den er tröstet. Und Mahat oder Manat, was der Ruhende heißt; weil er bereits im Geheimnis der göttlichen Betrachtung ruht, frei vom Mühsale weltlicher Begierde; der Ruhe in dem hat, von dem er sieht, dass er seinen Trost erhalten hat, und bereits in den Bedrängnissen um Christi willen seinen Ruhm findet. Aber auch Matathias, was, wie wir schon bemerkten, Gabe heißt: weil er die Gabe himmlischer Gnade noch in höherem Grade bekommt, um des oben genannten Guten willen, das er so zu vollbringen sich angelegen sein ließ. Denn wir sagen das nicht von den alten Vätern, deren Namen wir auslegen, wenn es sich vielleicht auch von ihnen verstehen lässt; sondern vielmehr von irgend einem jeden gerechten Manne, den wir in seinem Aufsteigen von der Taufe zu Gott auf diesen Tugendstufen beschreiben. Denn auf diesen steigt die Kirche der Auserwählten auf, von der es heißt: Man wird Gott an ihren Stufen erkennen, wenn er sie aufnimmt (Ps. 47, 4). Auf ihnen stieg auch der heilige Job auf, wenn er sagt: Von Stufe zu Stufe werde ich ihn verkündigen (Job 31, 37). Kehren wir nun zur Reihe der Stufen zurück, um nach den Übrigen zu sehen. Denn nun kommt Semei, was der Hörende bedeutet, oder mag es den folgsamen Gehorsam an dem heiligen Manne bezeichnen. Auch Joseph folgt, was, wie bereits zweimal gesagt worden, Vermehrung bedeutet; weil der Gerechte stets bemüht ist, neue Vermehrung zu erlangen. Aber auch Juda folgt, was Bekenntnis oder das Loben heißt: weil er das Bekenntnis des Lobes stets an Gott abstattet. Und Joanna, was heißt: der Gnade hat, oder der Herr ist seine Gnade: weil viele Gnade in ihm wohnt, und der Herr die Gnade selbst ist, dass er dadurch voll Gnade ist, dass Gott der Herr in ihm bleibt. Und Resa, was sein Haupt bedeutet, weil der Herr selbst, der seine Gnade ist, auch sein Haupt ist. Denn ein solcher ist wert, Christum zum Haupt zu haben.

Auch Zorobabel folgt, was der aus Babylon Stammende bedeutet, oder der Lehrer Babylons selbst; weil ein solcher Mann unter Ungerechten zuerst geboren wird, und hernach sie belehrt, wie man zum Heile gelangen könne. Und Salathiel, dessen Bedeutung ist: Gott mein Begehren; weil er bereits nichts als Gott begehrt, indem er weiß, dass ihm zur Seligkeit nichts genüge als Gott. Und Neri, was meine Leuchte heißt; weil ein Solcher zu Gott sagen kann: Eine Leuchte für meine Füße ist dein Work (Ps. 118,105), oder wir von ihm: seine Leuchte ist das Lamm (Offnb. 21,23). Und Melchi, was mein König bedeutet, und man versteht darunter: Gott über Alles, so dass er sagt: Gott mein König. Denn ein Solcher hat nicht irgend einen Fehler, sondern Gott allein zum Könige. Oder kann die Kirche von ihm sagen: Neri und Melchi, das heißt meine Leuchte ist mein König, weil er sie erleuchtet und regiert. Auch Addi folgt, was der Starke bedeutet; weil ein solcher Mann durch Herzensstärke sehr gewaltig ist. Und Cosam oder Cusam, was ihr Äthiopien heißt; weil jenen, die Finsternis für Licht und Licht für Finsternis halten, ein solcher Mann wie ihre Schwärze vorkommt, durch die Viele finster werden mögen, weil er Viele erleuchtet. Oder heißt er ihr Äthiopien, das heißt ihre Schwärzung; weil er durch den Vergleich mit dem Licht seiner Lehre und Heiligkeit dartut, dass sie mit der Schwärze der Laster und Irrtümer überzogen seien. Elmodach oder Elmadan (Andere: Helmadam) folgt auch, was Gottes Maß heißt: weil er stets so geordnet und maßvoll handelt, dass er das Maß der ihm von Gott gegebenen Vorschrift nicht überschreitet. Und Her, was der Wachsame bedeutet; weil er nach dem Gebote des Evangeliums immer wacht. Und Jesus, was der Heilsame oder Heiland heißt, weil er Vieler Heil durch Wort und Beispiel zu Stande bringt. Denn wer einen Sünder von seinem irrigen Wege bekehrt, wird seine Seele vom Tode erretten (Jk. 5,20).

Auch Eliezer folgt, was Gottes Hilfe, oder Gott mein Helfer bedeutet: weil er Vielen eine Hilfe Gottes wird und Gott Vielen durch ihn hilft. Und Jorim, was der erhöhende Herr, oder er ist ein Erhöher heißt; weil der Herr durch ihn erhöht, und er soviel in seinen Kräften steht, unaufhörlich erhöht, indem er von niedrigen Lüften erhebt, indem er spricht: Was oben ist, sucht, wo Christus zur Rechten Gottes sitzend ist (Kol. 3, 13). Aber auch Mattat, was Gabe bedeutet; weil in ihm die überströmende Gabe göttlicher Gnade ist, und ihn Gott Vielen zum Heile gegeben hat. Auch Levi, was der Aufgenommene heißt; denn Gott hat ihn aufgenommen, das heißt, er machte ihn zu seinem ganz besonderen Diener und zu einem standhaft Beharrenden. Auch Simeon folgt, was Erhörung heißt; weil ein solcher Mann die Erhörung des Gebets Vieler ist, das vor Gott um einen heilbringenden Lehrer ausgegossen wird. Simeon wird auch erklärt mit: Traurigkeit anhörend: weil der, der milde Mitleiden hat, die Traurigkeit der Bekümmernis der Bußetuenden anhört. Auch Juda folgt, was der Bekennende heißt: weil er das Bekenntnis des Lobs an Gott mehr und mehr um so höher stets erstattet, je höhere Fortschritte er in den Tugenden macht. Daher wird auch Joseph beigefügt, was Vermehrung bedeutet, um anzuzeigen, es finde Vermehrung der Verdienste bei ihm statt durch täglichen Fortschritt. Auch Eliacim folgt, was Gottes Auferstehung heißt, denn er wird für Vieler Herzen eine Auferstehung der göttlichen Gnade, die durch die Sünde in ihnen untergegangen war. Und Melca, was der Lobende bedeutet, denn er lobt stets den Herrn. Aber auch Enam, was ihr Auge heißt; weil ein solcher Mann für Andere Vorsorge trägt. Und Mattatha, was seine Gabe, das heißt Gabe Gottes bedeutet: weil er eine Gabe Gottes ist, oder in ihm die Gabe Gottes ist. Und Nathan, was er hat gegeben, oder des Gebenden heißt; weil die schon genannte Gabe Gottes Gott selbst gegeben hat, und jene Gabe ihm als Geber gehört. Oder gab der Mann selbst Anderen die Gabe Gottes, die er empfangen hatte. Hierauf folgt auch David, was der Handfeste oder Wünschenswerte bedeutet; weil er stark im Handeln ist und durch das Verdienst seiner Heiligkeit von Vielen erwünscht wird. Auch Jesse, was Inselopfer heißt; weil er als eine Art Opfergabe Gott von der Kirche dargebracht wird, die wie eine Insel von allen Seiten von den Fluten der Welt gepeitscht wird, ohne aus ihrer Ruhe zu kommen. Auch Obed, was der Dienende bedeutet, weil er Gott mit reinem Gewissen dient. Und Booz, was in Tapferkeit heißt; weil er in der Tapferkeit der Großmut Gott aus liebevoller Hingabe dient. Und Salomon, was der Schwebende, oder Vollkommenheit heißt; weil er über Irdisches erhoben nach Kräften dem Himmlischen anhängt, und soviel es ihm möglich ist vollkommen ist. Aber auch Naasson, was der Schlangenmann bedeutet; weil er die Schlauheit der Schlange hat und die eherne Schlange, die Moses in der Wüste aufhängte (4. B. Ms. 21), das heißt Christum nachahmt. Auch Aminadab, was mein freiwilliges Volk heißt; weil eben derselbe gerechte Mann zum freiwilligen und gutwilligen Volke Gottes wird, indem er durch die Predigt viele Frucht wirkt durch Vermehrung der Gläubigen, die Gott freiwillig opfern. Auch Aram, was der Erhabene heißt; weil an ihm jenes prophetische Wort erfüllt ist: Ich will dich über die Höhen der Erde erhöhen (Jes. 58,14); oder: Ich habe dich über Völker und Königreiche gesetzt (Jer. 1, 10). Auch Esrom folgt, was Pfeilseher bedeutet; weil er, je höher er in der Geistesburg thront, desto freier die Geschosse der Versuchungen des alten Feindes voraussieht. Und Phares, was Teilung oder der Zerstreuer heißt: weil er die Pfeile des Feindes, die er vorher steht, teilt und zerstreut. Aber auch Judas, was Bekenner oder der sich Rühmende bedeutet; weil er demütig bekennt, wenn ihm noch etwas Menschliches begegnet ist, oder an Gott das Bekenntnis der Herrlichkeit ablegt. Auch Jakob, was der Fußunterschlager heißt; weil er Fehlern an sich oder an Anderen die Füße unterschlägt. Denn auch nach vielen Tugendübungen pflegen einige Befleckungen von Fehlern den Geist zu berühren. Auch Isaak folgt, was Lachen oder Freude heißt, weil er sich über die unter das Bein gebrachten Fehler freut. Und Abraham, was Vater, der ein Volk sieht, bedeutet, weil ein Solcher Vater für Völker wird, und ein großes Volk seiner geistigen Söhne sieht, und ein Heer von Tugenden, deren Urheber er ist. Auf diesen Tugendstufen, die wir beschreiben, und die die Erklärungen dieser Namen zeigen, geht der gerechte Mann täglich weiter fort und kommt immer näher dem Himmel und erbaut mit ihnen sein Aufsteigen zum Himmel, und die Stufenlieder singend, ordnet er in seinem Herzen das Aufsteigen an, und schreitet beständig von einer Tugend zur andern fort, um am Ende in Sion den Gott der Götter sehen zu können (Ps. 83). Daher steigt auch der Evangelist bei der Erwähnung der Väter noch über Abraham hinauf und gelangt bis zu Gott selbst, um mit ihm den heiligen Mann, der auf dieser Stufenleiter emporsteigt, zuletzt zu verbinden. Denn nach Abraham, was Vater, der ein Volk sieht, heißt, kommt etwas weiter oben Thare, was Weide oder Weidender bedeutet, um anzuzeigen, er weide mit dem Futter des Worts die, die er geistig gezeugt hat. Und hierauf folgt Nachor, dessen Deutung im Lichte Ruhender, oder letztes Flehen ist, weil jener Mann das allein sucht, dass er ruhen und vor Gott im Lichte der Lebendigen angenehm sein möge, und er für die legten Dinge fleht. Und Serug oder Sarug, was der Vollkommene heißt; um anzuzeigen, er habe Vollkommenheit in den Tugenden erlangt. Aber auch Ragu oder Reu, was der Kranke, oder der Weidende oder das Weiden heißt; weil er das Weiten im gegenwärtigen Leben ungern erträgt und die Körperstärke in ihm durch Übungen geistlicher Tugend dahin welkte, und er des Herrn Schafe weidet. Auch Phaleg, was der Teilende, oder er hat geteilt bedeutet, weil er durch genaue Unterscheidung zwischen Tugenden und Lastern das Kostbare vom Wertlosen geschieden hat. Und Heber, was der Übergänger heißt; weil er seinen Sinn an die Liebe der gegenwärtigen Welt nicht heftete, sondern mit seinen Wünschen und Fortschritten beständig der künftigen Welt zusteuert. Aber auch Sale, was Friede bedeutet; weil er nach Vertilgung der Fehler bei seinem tugendhaften Tun sich großen Friedens erfreut. Und Cainan, was ihr Besitz heißt; weil er vom Guten, das heißt von Tugenden bereits in Besitz genommen ist, und kein Fehler irgend eine Herrschaft über ihn hat. Und Arpharad, was der die Verheerung Heilende bedeutet; weil er die Verwüstung der Tugenden, die der alte Feind an Vielen beschädigte und barbarisch zerstörte, heilt und wiederherstellt. Auch Sem, das mit Namen, oder der Genannte gedeutet wird; weil einen bekannten und berühmten Namen besitzt, wer sich auf Solches verlegt. Aber auch Noe, was Ruhe bedeutet; weil er mit der Anstrengung eines David die Schlachtreihen der Laster überwunden hat und nun im Frieden Salomons ruht. Danach folgt Lamech, dessen Deutung ist gedemütigt, durchbohrt, oder durchbohrend; und das scheint den zu bezeichnen, der nach langen Tugendübungen zur Herrlichkeit des Martertums gelangt und durch Qualen gedemütigt und durchbohrt seinen Feind geistig noch härter verwundet. Und passend kommt es fest an Methusale, was gedeutet wird: er ist gestorben, und er hat gefragt, oder: welcher des Todes Entlassung; weil jeder so Beschaffene für die Gerechtigkeit stirbt und daher durch das Beispiel oder Andenken an seinen Tod das Gewissen der Einzelnen mit der Frage in Anklagestand setzt, ob sie Gerechtigkeit und ewiges Leben lieben oder nur am Zeitlichen ihre Freude haben; und den Tod hat er gründlich von sich entlassen, so dass er nun in keiner Weise vom Tode geschädigt oder berührt zu werden vermag, sondern auf ewig lebt. Schön wird auch Henoch beigesetzt, was Zueignung heißt, weil wer es zu solcher Vollkommenheit gebracht hat, der Seligkeit jener Welt zugeeignet wird. Und Jared, was gedeutet wird: der Herabsteigende, oder Stärkende; weil er durch mildes Herabsteigen vom Himmel sich zu uns neigt, um unsere Schwäche zu stärken. Und Malaleel, dessen Deutung Gott lobend ist; weil er dem Lobe Gottes in der Höhe obliegt. Auch Cainan, was ihr Besitz heißt, weil der Vater und Sohn und heilige Geist, die ein Gott sind, ihn unter den Himmlischen besitzen. Und Henos, was gewaltsam bedeutet, weil er durch die Gewaltsamkeit seiner überaus großen Tapferkeit das Himmelreich an sich riss, das seit den Tagen des Täufers Johannes Gewalt leidet, und die Gewaltsamen reißen es an sich (Matth. 11, 12). Und Seth, dessen Deutung gesetzt oder Setzung ist; weil er nun in jenes Reich himmlischer Seligkeit gesetzt ist, von dem er lange verbannt gewesen war. Es bedeutet auch Samen oder Auferstehung, weil gesät ist sein tierischer Leib, und eben dieser Leib desselben geistig auferstehen wird. Zuletzt wird Adam obenan gesetzt, was Mensch bedeutet; weil jeder Gläubige, der auf diesen Stufen des Fortschritts vorwärts gekommen, und auch durch die Auferstehung des Leibes erneuert worden ist, jene höchste Vollkommenheit erlangt, die der Mensch entweder hatte, oder haben kann; damit er alsdann ein vollkommener Mensch sei und tauglich, nun unzertrennlich Gott anzuhängen. Daher wird ganz zu Oberst über Alles Gott selbst gesetzt, bis zu dem die Stufen der Geschlechtsleiter beschrieben werden, und dort endigen sie; denn dort ist das Ziel unserer Vollendung, nachdem wir streben, um in ihm ohne Ende zu ruhen. Denn dort ist das Gute' in voller Genüge; weil dann Gott Alles in Allem ist, so dass Niemand nötig hat, noch etwas Weiteres zu suchen. Die. vorangeschickte Stelle aber, die wir mit dem Martyr nun gedeutet haben, lässt sich auch von dem Vollendeten verstehen, der nicht durch des Martertums Leiden aus diesem Lichte wandert, denn nicht alle Vollendeten werden mit dem Eisen ermordet. Denn Lamech bedeutet demütig, oder der Gedemütigte. Mathusale aber: er ist gestorben, und er hat gefragt. Henoch aber Zueignung; und Jared, der Herabsteigende. Und oft pflegt es einzutreffen, dass wer lange mit heißem Bemühen löblich den Tugendwerken obgelegen, sich vom Stolz eitlen Ruhmes verleiten lässt, sich nun äußerlich der Tugenden zu rühmen. Und deshalb heißt er jetzt nach so vielen löblichen Taten der Demütige; weil er bei aller Größe sich in Allem demütigt, und sich ferne hält von jedem Fehler der Prahlerei oder des Stolzes. Und wer so den Weltruhm von sich warf, bewies, dass er für die Welt gestorben sei. Und ein solcher stellt durch das Beispiel seines Todes an die Übrigen die Frage, wer von ihnen Lust habe, so der Welt zu sterben. Und daher folgt die Zueignung; weil er nun durch Anschauung dem Himmel zugeeignet wird. Und dadurch wird er der Herabsteigende; weil er, um die Übrigen zu dem, was er oben zu betrachten pflegte, zu erheben, milde zu ihrer Tiefe herabstieg, nach jenem Worte des Apostels: Sei es, dass wir im Geiste zu weit gehen, (so geschieht es) Gott zu lieb, sei es, dass wir bescheiden sind, euch zu lieb (2. Kor. 5, 13). Zwei nun folgende Namen, nämlich Malaleel, dessen Deutung lautet: Gott lobend; und Cainan, was ihr Besitz bedeutet, zeigen geheimnisvoll an, was bei jener Zueignung der Betrachtung und der Herablassung zu den Nächsten vor sich gehe; weil er nämlich dort Gott lobt und hier im Besitze derer ist, deren Nutzen er dient. Auch Henos folgt, der Hoffnungsloser gedeutet wird, weil es ihm verächtlich dünkte, seine Hoffnung auf Zeitliches und Hinfälliges zu setzen, nach jenem Worte des seligen Job: Meine Hoffnung ist dahin, nicht länger mehr will ich leben (Job 7,16). Denn wer für die Welt gestorben ist, setzt nun keine Hoffnung mehr auf sie. Hierauf kommt Seth, was Setzung, oder Auferstehung heißt; weil er nun den Körper ablegt, der am Ende auferstehen wird. Und dann wird der vollendete Mensch in den alten und bessern Zustand umgewandelt sein, wie der nun folgende Adam andeutet, was Mensch bedeutet; und zuerst geschaffen worden war und nun wird er so Gott beigesellt, dass er beständig ihm anhängt und in ihm lebt. Denn deshalb demütigte sich der Sohn Gottes barmherzig, um die Seinigen, die gefallen waren, bis zu dieser Höhe zu erheben; und aus den Geschlechtsstufen, auf welchen sie gefallen waren, machte er ihnen Tugendstufen, auf denen sie emporsteigen sollten. Diese Stufen nämlich, bezeichnet, wie dargetan worden ist, mit den Namen der Väter, besteigt ein jeder der Fortschreitenden nach seinem Maß, und erlangt etwas von den einzelnen Tugenden; aber er gelangt um so tapferer und ruhmvoller zu Gott, je wahrer und vollkommener er darauf fortschritt; und je matter und nachlässiger er dabei zu Werke geht, um so langsamer wieder und schwieriger dringt er zu ihm. Man könnte aber von einer jeden Stufe oder jedem Namen weitläufig reden; aber man musste dem Überdrusse vorbeugen und denen, die mit Wenigem Vieles zu sagen verstehen, auch noch etwas zum Abhandeln für sie übrig lassen. Denn wir übergingen auch viele Deutungen ihrer Namen, die wir ebenso hätten vorbringen können;- und wir zweifeln nicht, es gebe noch viele, die ihre geheimnisvolle Bedeutungen haben. Und deshalb können die Gottesmenschen keine Vollkommenheit in der Beobachtung der Gerechtigkeit haben, die in dieser Leiter der Geschlechtsfolge nicht bildlich ausgedrückt wäre. Aber Gott selbst steht auch am Ende oben als Preis, nach dem sie auf ihr streben. Den Anfang des Fortschritts aber, oder dieses Emporsteigens, von dem gehandelt worden ist, hat der Herr in sich selbst sogleich angezeigt, da es sofort weiter hierüber heißt: Jesus aber ging voll vom heiligen Geiste vom Jordan weg (Luk. 4,1). Es heißt aber nicht: angehaucht vom heiligen Geiste, sondern voll: weil in ihm alle Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt (Kol. 2,9). Denn Gott verleiht ihm, nämlich Christo, den Geist nicht nach dem Maß. Denn den übrigen Heiligen verleiht er ihn nach dem Maß (Eph. 4); ihm aber ohne Maß, das heißt den ganzen Geist selber in seiner Unermesslichkeit. Denn nicht gleich Anfangs ward er mit dem heiligen Geiste erfüllt; sondern erst bei seiner Empfängnis im Leibe der Jungfrau blieb der ganze heilige Geist immer in ihm. Deshalb aber heißt es, er sei jetzt voll von ihm gewesen, weil er nun mit Werken zu zeigen anfing, seine Fülle bleibe in ihm. Und so ging er vom Jordan weg, weil er die Zerstörung des Reichs des Fürsten der Welt von der Taufe an in Angriff nahm, und die Erbauung seines neuen Reichs auf dem Erdkreise. Denn auch jeder Gläubige, wenn er die Taufe mit dem heiligen Geiste empfangen hat, geht vom Jordan weg, wenn er vom Bade kommt und den Kampf wider die Fehler der Welt, in denen er sich sonst herumtrieb, beginnt. Denn vom Jordan geht der weg, der von der Taufe aus zum Kampfe mit den verlassenen Versuchungen der Welt eilt, um nach ihrer Besiegung die Krone des Lebens zu verdienen durch den Mittler zwischen Gott und den Menschen selbst, der mit dem Vater und heiligen Geiste lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

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