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Ahlfeld, Friedrich - Andachten - Johannesevangelium
Joh. 1,19.
Und dies ist das Zeugnis Johannis da die Juden sandten von Jerusalem Priester und Leviten, dass sie ihn fragten: Wer bist du?
Der Herr war dem Johannes nahe, als diese Frage an ihn gerichtet wurde. Auch uns ist er nahe. Der Herr ist nahe. Er ist bei uns alle Tage bis an der Welt Ende. Sein Fest ist vor der Tür. Vor seinem Angesicht wird denn auch die Frage an uns gerichtet: „Wer bist du?“ Geht ihr nicht aus dem Weg! Sagt nicht in Bescheidenheit: „Da mögen Andere urteilen.“ Nein, du sollst selbst urteilen. Wenn du Andern das Urteil zuschiebst, liegt schon der verborgene Wunsch darinnen, dass du von ihnen gern auf eine hohe Stufe gestellt sein möchtest. Andere können über dich nicht urteilen, weil Keiner von ihnen dein innerstes Wesen kennt. Wer bist du? Hast du auch den Mut zur Demut des Johannes? Willst du auch so von Stufe zu Stufe heruntersteigen? Dass du nicht Christus, nicht Elias und kein Prophet bist, brauchen wir nicht zu erwähnen. Bei uns muss das Kleinwerden in einer andern Weise vor sich gehen. So stelle dem Herrn dein Herz vor. Mal es ihm nicht in Goldfarben. Es sind doch nur Farben der Abendröte, die bald der Nacht weichen müssen. Die Schafskleider zieht er den Pharisäern aus. Die schöne Tünche von den Totengräbern spült die Zeit ab. Schlangen und Ottern müssen alle Jahre ihre Haut abwerfen. Glaube ja nicht, dass du den Herrn damit lockst, dass du dich ihm selbst vorrühmst. Tritt ihm entgegen wie du bist.
Herr Herr, alle Gerechtigkeit und Seligkeit, welche du uns schenken willst, hast du angeknüpft an die Demut. Selig sind, die geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden. Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden. Herr, du zeigst uns dies in deinem Wort, du zeigst uns dies in der Natur. Du machst alle ihre Herrlichkeit zu Staub, ehe dein Gnadentag, unser und auch ihr Verklärungstag kommt. Ach, lass uns doch das verstehen! lass uns in uns gehen! Wir nichts und du Alles! Wir in aller unserer Herrlichkeit so vergänglich wie die Blumen auf dem Felde; und du in deiner Niedrigkeit, in deiner Krippe doch ein König der Ehren! Lass uns vor dir unsere Sünde und Armut bekennen, auf dass du dich mit deiner Gnade und deinem Reichtum zu uns bekennen kommst. Amen.
Joh. 15,1.
Ich bin der rechte Weinstock und mein Vater der Weingärtner.
Wir rüsten uns auf das Weihnachtsfest, das ist der Tag, an welchem der Vater, der liebe treue Weingärtner, den Weinstock auf die Erde pflanzte. Jesus Christus ist ja der Weinstock. Warum doch ein Weinstock? Einmal seiner Niedrigkeit und Unscheinbarkeit wegen. Der Weinstock geht ja nicht hoch in die Höhe. Da sind Zedern, Tannen, Fichten und Eichen ganz andere Bäume. Der Herr, unser Weinstock, ist der Allerverachtetste und Unwerteste gewesen. Wiederum ist er der Weinstock um der edlen Kraft und Labung willen, um des Gnadenweines willen, den er gibt. Der Wein erfreut des Menschen Herz, er stärkt die wankenden Knie und die laxen Hände. Wo ist Schatten, wo ist Erquickung, wenn nicht in Christo? Die Vergebung der Sünden fließt in die durstige Seele als der süßeste Wein, den es geben kann. Die Kindschaft und der Friede Gottes machen fröhlicher als aller Wein der Welt. Wenn die Seele sich gläubig versenkt hat in das stille Meer der Erbarmung: wo ist dann Freude, die dieser Freude gliche? Der Wein labt, wenn keiner mehr schmeckt, er stärkt, wenn alle leidigen Tröster ohnmächtig geworden und gewichen sind. Dieser Wein lässt den Toten nicht sterben. Er stärkt ihn zum Leben im Sterben.
Herr, du hast uns zu Reben gemacht an dir, dem Weinstock. Groß ist die Gnade, die du uns hast widerfahren lassen; denn wir sind eingesenkt in einen köstlichen Stamm und genießen dazu auch deine ewigen Lebensfrüchte. So hilf denn, dass wir uns nicht von dir scheiden und als tote Zweige liegen bleiben; hilf auch dass wir nicht den wilden Reben gleichen, die wohl Blätter treiben und auch einmal blühen, bei denen es aber nicht zur Frucht kommt. Aus dem bloßen Jasagen, dem Anerkennen Deiner Gnade, den flüchtigen Wünschen nach der Seligkeit führe uns zur innigen Hingabe an dich. Fördere uns im Glauben und in der Heiligung, dass wir, aus dir allein unsere Lebenskraft ziehend, auch Früchte des Lebens bringen. Amen. (Fr. Ahlfeld)
Joh. 15,5.
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.
In Christo müssen wir sein. Zuerst sind wir wohl an ihm. Wir sind Christen aus Herkommen oder aus verständiger Anerkennung der Herrlichkeit unseres Glaubens. Aus dem an ihm wird erst durch die Arbeit des Heiligen Geistes ein „in ihm“. Wir fangen an, durch den Glauben in ihm zu wurzeln und fest zu stehen. Ist das der Fall, dann zieht er das Band immer fester, dann muss auch alles Andere weiter an ihn binden. O der liebe Weingärtner versteht sein Amt gar gut! Er kann aus allerlei Stoff Fäden machen. Was uns in schwachem und schwankenden Glaubensstand von dem Herrn trennt, Not, Krankheit, Armut, Feindschaft, Anfechtung, das treibt uns dann zu ihm hin und knüpft uns enger mit ihm zusammen. Solche Reben tragen dann natürlich auch ihre Frucht. Es hangen an ihnen die Früchte des Glaubens: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit. Es wachsen aus solchen Reben auch neue. Wer still im Leben hingeht und zur rechten Stunde von seinem Heiland zeugt, wird schwerlich über die Erde gehen, ohne dass durch sein Zeugnis eine Seele von den Toten aufgeweckt würde. Ohne ihn dagegen können wir Nichts tun. Wenn wir auch noch so viel tun, das Beste bleibt doch ungetan. Ohne ihn sind wir verloren, und auch nicht im Stande, eine andere Seele aus dem Tode zum Leben zu rufen.
Herr Jesu Christe, wir möchten auch gern gute Reben in dir sein und bleiben. Doch wir bedürfen dazu deiner Hilfe, deiner Reinigung. Täglich bricht die Sünde wieder aus uns hervor. O schneide sie hinweg mit dem Kraftworte der heiligen Schrift. Lass uns selbst mit demütigem Schuldbekenntnis mit einschneiden in die wilden Ranken, die an uns wachsen. Binde uns aber auch immer fester an dich, dass wir an dir und in dir bleiben und nicht allerlei Wind sein Spiel mit uns treibe. Binde uns fest mit dem Wort deiner Gnade, das du gerade in dieser heiligen Adventszeit so laut erschallen lässt. Dazu segne auch diesen Tag, den du uns mit deiner Hilfe beginnen. lässt, aus Gnaden. Amen. (Fr. Ahlfeld)