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 Endlich die dritte Anfechtung, wenn uns der Geist der Ungeduld anwandelt bei der Erwartung der göttlichen Hülfe, daß wir anheben zu klagen und zu murren, und unser Vertrauen sinken zu lassen. Wie kann es wieder emporgehoben werden, als wenn wir uns die göttliche Verheißung recht stark und lebhaft vorhalten: "Ich will dich nicht verlassen, noch versäumen; es sollen wohl Berge weichen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen; meine Kraft ist in den Schwachen mächtig! - Rufe mich an in der Roth, so will ich dich erretten und du sollst mich preisen." Allein wie soll diese Verheißung an uns in Erfüllung gehen? so fragt unser zweifelndes Herz dann, wenn wir nur die Menge der Uebel ansehen, die uns umlagern, oder in die Finsterniß einer traurigen Zukunft blicken, kurz, wenn wir uns mehr an die äußerlichen Umstände halten, die uns Hoffnung geben oder keine, als an die göttliche Verheißung selbst, wenn wir das Wort für ein geringes achten: Der Herr ist wahrhaftig, und was er zusagt, das hält er gewiß. Schon die Erfahrungen von menschlicher Hülfe können unsern Unglauben strafen. Seid ihr niemals überrascht worden von der unerwarteten Erfüllung eines euch von Menschen gegebnen Wortes? Freunde, die es redlich mit euch meinten und euch mit Blicken der Theilnahme auf eurem Lebenswege folgten, oder Andre, die sich euch zu wahrem Dank verpflichtet fühlten, sie haben ihr Wort vielleicht lange unerfüllt gelassen; aber sie hatten es nicht vergessen, sondern nur auf eine günstige Gelegenheit gewartet, auf einen Zeitpunkt, wo euch die Erfüllung ihres Versprechens besonders förderlich und ersprießlich werden konnte, und ihr habt ihr treues Andenken, ihre stille Fürsorge, ihr edles Zartgefühl mit inniger Freude erkannt. Gleichwohl heißt es: "Verlasset euch nicht auf Menschen!" Wenn nun aber dennoch selbst unter den Menschenkindern, auf die wir uns als auf schwache, hinfällige Geschöpfe nicht verlassen sollen, Einige den Beweis geben, daß sie ihrerseits bei Erfüllung des gegebnen Wortes mit eben so viel Zuverlässigkeit, als Bedachtsamkeit zu Werke gehen, sagt, mit welcher Beschämung werden wir auf die Verheißung des Wahrhaftigen hingewiesen, auf den wir uns allein verlassen sollen, in dessen Händen alle Macht und Gewalt ist, und dessen Weisheit die besten Mittel und Wege, und die rechte Zeit und Stunde kennet? O ihr Kleingläubigen! Also vielmehr, wie unsre frommen Väter sangen, die wohl auch in die Wolken des Unglücks eingehüllt, mit ihren Augen keine Möglichkeit der Hülfe mehr sahen, und die kränkende Sprache hören mußten, daß der Herr ihrer nicht gedenke: "Sollt' es gleich bisweilen scheinen, als verließe Gott die Seinen, banges Herz, erwäge dies, Gott hilft endlich doch gewiß." "Und wenn es währt bis in die Nacht und wieder an den Morgen; doch soll mein Herz an Gottes Macht verzweifeln nicht, noch sorgen." - Und ihr findet in den Klage- und Trostliedern der evangelischen Kirche, die unter dem Drucke groß war, einen reichern Schatz, als sich durch einzelne Verse darlegen läßt. Aber das ursprüngliche Gold, das mit seinem Glanze Alles in diesen Vermächtnissen ihres Geistes durchleuchtet, ist dasselbe Wort der Verheißung, das auch uns gegeben ist; und wenn wir nicht auf den ursprünglichen Grund zurückgehen und uns darauf stützen, so stehen wir auch nicht fest, um auszuharren in Geduld und so zu warten auf die Hülfe des Herrn; es bleibt Alles nur ein schwacher Nachklang in unsrer Seele. Viele unsrer frommen Vorfahren hatten freilich damals etwas Wesentliches vor uns voraus. Von Jugend auf mit den kräftigsten Trostsprüchen der heiligen Schrift vertraut, hatten sie sich dieselben nicht nur tiefer ins Gedächtniß eingeprägt, sondern auch auf dem Wege mannichfacher Lebenserfahrungen in guten und bösen Tagen gründlicher erfaßt und reiflicher erwogen; sie hatten in sich selbst mehr Nahrungsstoff für die heilige Flamme des Glaubens, und wenn sie dann in die Schule des Kreuzes geführt wurden oder aufs Kranken- und Sterbebette kamen; so sprach der Geist aus dem Worte, das in ihnen war, wie mit feuervollen Zügen geschrieben, also, daß sich oft die Umstehenden alle verwunderten, wenn sie aus dem Mittelpunkte ihrer Leiden Andre aufrichten und durch die Kraft des Vertrauens mit sich emporheben konnten, und manches schwache, hinfällige Leben hat da noch im Erlöschen ein Licht angezündet, das zum Segen der Welt nach ihnen leuchtete. Manche Mutter, die den letzten schweren Schritt auf der dornenvollen Bahn mit freudigem Vertrauen that, hat ihren Kindern den Weg zum Herrn gezeigt, als sie im Begriff war, von ihnen zu scheiden; manche, durch langwierige Leiden schwer geprüfte Dulderin hat ihrem Seelsorger ein Bekenntniß abgenöthigt, das seine eigne Seele stärkte; manche still geförderte Christin hat auf ihrem Sterbebette den Ausspruch des Herrn auf die Lippen seines Dieners gelegt: "O Weib, dein Glaube ist groß; dir wird geschehen, wie du geglaubt hast! Die Stunde der Erlösung ist nahe, und die Stunde der Erlösung wird die Stunde der Verklärung sein, der Verherrlichung vor dem Angesichte deines Gottes. Alle Leiden, die nun überwunden sind, sind nicht werth jener Herrlichkeit, die dir nahe ist!" - Doch genug über den Gegenstand unsrer heutigen Betrachtung, meine Freunde; ich schließe mit dem Zurufe, der an einen Jeglichen unter uns gerichtet ist, ich wiederhole, was schon gesagt ist, weil es Alles umfaßt" was mein heutiger Vortrag enthielt: Halt fest an Gottes Wort, es ist dein Trost auf Erden, und wird, so wahr Gott lebt, dein Heil im Himmel werden. Verachte christlich groß des Bibelfeindes Spott; die Wahrheit, die er schmäht, bleibt doch das Wort aus Gott! Amen. Endlich die dritte Anfechtung, wenn uns der Geist der Ungeduld anwandelt bei der Erwartung der göttlichen Hülfe, daß wir anheben zu klagen und zu murren, und unser Vertrauen sinken zu lassen. Wie kann es wieder emporgehoben werden, als wenn wir uns die göttliche Verheißung recht stark und lebhaft vorhalten: "Ich will dich nicht verlassen, noch versäumen; es sollen wohl Berge weichen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen; meine Kraft ist in den Schwachen mächtig! - Rufe mich an in der Roth, so will ich dich erretten und du sollst mich preisen." Allein wie soll diese Verheißung an uns in Erfüllung gehen? so fragt unser zweifelndes Herz dann, wenn wir nur die Menge der Uebel ansehen, die uns umlagern, oder in die Finsterniß einer traurigen Zukunft blicken, kurz, wenn wir uns mehr an die äußerlichen Umstände halten, die uns Hoffnung geben oder keine, als an die göttliche Verheißung selbst, wenn wir das Wort für ein geringes achten: Der Herr ist wahrhaftig, und was er zusagt, das hält er gewiß. Schon die Erfahrungen von menschlicher Hülfe können unsern Unglauben strafen. Seid ihr niemals überrascht worden von der unerwarteten Erfüllung eines euch von Menschen gegebnen Wortes? Freunde, die es redlich mit euch meinten und euch mit Blicken der Theilnahme auf eurem Lebenswege folgten, oder Andre, die sich euch zu wahrem Dank verpflichtet fühlten, sie haben ihr Wort vielleicht lange unerfüllt gelassen; aber sie hatten es nicht vergessen, sondern nur auf eine günstige Gelegenheit gewartet, auf einen Zeitpunkt, wo euch die Erfüllung ihres Versprechens besonders förderlich und ersprießlich werden konnte, und ihr habt ihr treues Andenken, ihre stille Fürsorge, ihr edles Zartgefühl mit inniger Freude erkannt. Gleichwohl heißt es: "Verlasset euch nicht auf Menschen!" Wenn nun aber dennoch selbst unter den Menschenkindern, auf die wir uns als auf schwache, hinfällige Geschöpfe nicht verlassen sollen, Einige den Beweis geben, daß sie ihrerseits bei Erfüllung des gegebnen Wortes mit eben so viel Zuverlässigkeit, als Bedachtsamkeit zu Werke gehen, sagt, mit welcher Beschämung werden wir auf die Verheißung des Wahrhaftigen hingewiesen, auf den wir uns allein verlassen sollen, in dessen Händen alle Macht und Gewalt ist, und dessen Weisheit die besten Mittel und Wege, und die rechte Zeit und Stunde kennet? O ihr Kleingläubigen! Also vielmehr, wie unsre frommen Väter sangen, die wohl auch in die Wolken des Unglücks eingehüllt, mit ihren Augen keine Möglichkeit der Hülfe mehr sahen, und die kränkende Sprache hören mußten, daß der Herr ihrer nicht gedenke: "Sollt' es gleich bisweilen scheinen, als verließe Gott die Seinen, banges Herz, erwäge dies, Gott hilft endlich doch gewiß." "Und wenn es währt bis in die Nacht und wieder an den Morgen; doch soll mein Herz an Gottes Macht verzweifeln nicht, noch sorgen." - Und ihr findet in den Klage- und Trostliedern der evangelischen Kirche, die unter dem Drucke groß war, einen reichern Schatz, als sich durch einzelne Verse darlegen läßt. Aber das ursprüngliche Gold, das mit seinem Glanze Alles in diesen Vermächtnissen ihres Geistes durchleuchtet, ist dasselbe Wort der Verheißung, das auch uns gegeben ist; und wenn wir nicht auf den ursprünglichen Grund zurückgehen und uns darauf stützen, so stehen wir auch nicht fest, um auszuharren in Geduld und so zu warten auf die Hülfe des Herrn; es bleibt Alles nur ein schwacher Nachklang in unsrer Seele. Viele unsrer frommen Vorfahren hatten freilich damals etwas Wesentliches vor uns voraus. Von Jugend auf mit den kräftigsten Trostsprüchen der heiligen Schrift vertraut, hatten sie sich dieselben nicht nur tiefer ins Gedächtniß eingeprägt, sondern auch auf dem Wege mannichfacher Lebenserfahrungen in guten und bösen Tagen gründlicher erfaßt und reiflicher erwogen; sie hatten in sich selbst mehr Nahrungsstoff für die heilige Flamme des Glaubens, und wenn sie dann in die Schule des Kreuzes geführt wurden oder aufs Kranken- und Sterbebette kamen; so sprach der Geist aus dem Worte, das in ihnen war, wie mit feuervollen Zügen geschrieben, also, daß sich oft die Umstehenden alle verwunderten, wenn sie aus dem Mittelpunkte ihrer Leiden Andre aufrichten und durch die Kraft des Vertrauens mit sich emporheben konnten, und manches schwache, hinfällige Leben hat da noch im Erlöschen ein Licht angezündet, das zum Segen der Welt nach ihnen leuchtete. Manche Mutter, die den letzten schweren Schritt auf der dornenvollen Bahn mit freudigem Vertrauen that, hat ihren Kindern den Weg zum Herrn gezeigt, als sie im Begriff war, von ihnen zu scheiden; manche, durch langwierige Leiden schwer geprüfte Dulderin hat ihrem Seelsorger ein Bekenntniß abgenöthigt, das seine eigne Seele stärkte; manche still geförderte Christin hat auf ihrem Sterbebette den Ausspruch des Herrn auf die Lippen seines Dieners gelegt: "O Weib, dein Glaube ist groß; dir wird geschehen, wie du geglaubt hast! Die Stunde der Erlösung ist nahe, und die Stunde der Erlösung wird die Stunde der Verklärung sein, der Verherrlichung vor dem Angesichte deines Gottes. Alle Leiden, die nun überwunden sind, sind nicht werth jener Herrlichkeit, die dir nahe ist!" - Doch genug über den Gegenstand unsrer heutigen Betrachtung, meine Freunde; ich schließe mit dem Zurufe, der an einen Jeglichen unter uns gerichtet ist, ich wiederhole, was schon gesagt ist, weil es Alles umfaßt" was mein heutiger Vortrag enthielt: Halt fest an Gottes Wort, es ist dein Trost auf Erden, und wird, so wahr Gott lebt, dein Heil im Himmel werden. Verachte christlich groß des Bibelfeindes Spott; die Wahrheit, die er schmäht, bleibt doch das Wort aus Gott! Amen.
  
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