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- | ======Tholuck, | ||
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- | Wir stehen am Beginn eines neuen Abschnittes des Lebens. O, dass wir solcher Abschnitte nicht bedürften! Selig der Jüngling, selig der Mann, der solche Abschnitte nicht nötig hat, um sich auf sich selbst zu besinnen, der, während der Strom seines Lebens dahin rauscht, am Ufer steht, und mit sinnendem Nachdenken den Blick auf die fliegende Welle gefesselt hält. Aber so ist es nicht mit uns; die Wellen kommen, die Wellen gehen, und wir wissen es oft selbst nicht. Darum muss der Mensch Abschnitte machen im Leben, Abschnitte machen auch in seinem inneren Leben. In welcher Stellung des Herzens findet euch der Anfang des jetzt begonnenen Abschnittes eures äußern Lebens? Glüht ihr in heiligem Eifer, wie der Kämpfer, der die Rennbahn vor sich sieht, die er durchlaufen soll? wie der Krieger in dem Augenblick, wo die Schlacht beginnen soll? Ich darf es ja wohl annehmen: bei vielen unter euch ist es der Fall, ist es wenigstens der Fall in Bezug auf die Aussaat jener Frucht, welche einst die Welt von euch fordern wird, und auch das ist an euch zu loben, denn in vielen Stücken ist die Frucht, welche die Welt von euch fordern wird, keine andere, als die auch Gott einst von euch fordern wird. Allein, Geliebte, es gibt auch Früchte, welche die Welt von euch nicht verlangt, und nach denen nur gefragt werden wird am Tage des Gerichts. Der Apostel aber sagt: „ Es ist mir ein Geringes, dass ich von einem menschlichen Tag gerichtet werde, auch richte ich mich selbst nicht, Gott ist es, der mich richtet.“ Viele von den Früchten, welche die Welt von euch fordert, werden vergehen, wenn die Welt vergeht. Seid ihr darauf gerichtet, Frucht zu bringen, die da bleibe, bleibe in alle Ewigkeit? Geht ihr in diesen neuen Abschnitt des Jahres mit dem ernsten Vorsatz hinein, zuzunehmen an Früchten des Geistes und der Gerechtigkeit, | ||
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- | Das Wort des Herrn, „dass wir gesetzt sind, um Frucht zu bringen, die da bleibe“ beschäftige uns in der heutigen Andacht, und zwar wollen wir zuerst erwägen: wie viel jene Ermahnung verlangt, und zweitens: wie viel bei ihrer Erfüllung uns zu Hilfe kommt. | ||
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- | Das Leben ist ein Saatfeld, das kleine Menschenherz eine große Samenkammer, | ||
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- | Lieber Bruder, sage mir, wie viel Frucht wird auch von deinem Samen, den du streust, bleiben, wenn die Welt vergeht? und doch - hast du nur die Bestimmung des Lebens treu erfüllt in dem Maß, als du solchen Samen streust. | ||
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- | Wie so hoch und hehr zeichnet uns der Herr die Bestimmung des Lebens vor, indem er spricht: „Ich habe euch erwählt und gesetzt, damit ihr Frucht bringt.“ Wiederum: „darin wird mein Vater geehrt, dass ihr viele Frucht bringt.“ Träger irdischer Geist, vernimmst du es? Zu dem hohen Ziel hat dein himmlischer Vater dich geschaffen, dass er durch deine Frucht geehrt werde, zu dem hohen Ziel hat Christus dich erwählt und gesetzt in seinem Reich, dass du Frucht bringst, die da bleibe. Ist nun also das Frucht-bringen, | ||
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- | Von einer doppelten Frucht des Christen spricht die Schrift: von einer Frucht im Innern, welche die Frucht des Geistes und der Gerechtigkeit genannt wird; von einer Frucht im Äußern, die dem Reich Gottes gewonnenen Seelen, wie wenn der Apostel spricht, dass er auch zu den Römern habe kommen wollen, „dass er auch unter ihnen Frucht schaffe, gleich wie unter andern Heiden.“ Was das Frucht-bringen sei, erklärt der Herr in unserm Abschnitt selbst, indem er es umschreibt durch die Worte: „so ihr meine Gebote haltet,“ und wie das wieder geschehen solle, erklärt er, indem er sagt: „Bleibt in meiner Liebe!“ und „das ist mein Gebot, dass ihr euch unter einander liebt, wie ich euch liebe.“ Ich habe euch die Größe der Anforderung des Herrn vorstellen wollen und gerade indem ich diese seine Erklärung euch vorführe, dünkt es euch vielleicht, als sei seine Forderung eingeschränkt worden. Denn: bleiben in seiner Liebe, und: uns unter einander lieb haben - wenn es darauf bloß ankommt, sagt ihr, wem fehlt es daran? O du heiliges, hehres Wort: Liebe! Wie die Menschen dich in den Staub ziehen, und deine Unendlichkeit in ärmliche Schranken schließen! Bloß Jesum und die Brüder lieben - eben so leicht magst du sagen: bloß ewig verdammt oder selig werden. Dass damit nicht wenig, dass Alles damit gesagt sei, das mögt ihr ja schon daraus abnehmen, dass geschrieben steht: „die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung, | ||
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- | Noch eine Frage drängt sich hierbei uns auf, eine wichtige Frage; ist nämlich das, was wir hier genannt haben, die einzige Frucht, die da bleibt, wenn die Welt vergeht, nun wozu dann, fragt ihr, alles Geschäft des täglichen Lebens? Sollen wir es nicht stehen lassen für die, welche dem Gott dieser Welt dienen, und flüchten, dass wir unsere Seelen retten, in die Einsamkeit klösterlicher Zellen? Wir berühren hier einen Punkt, der vorzugsweise Veranlassung gibt, dass, was an dieser heiligen Stätte ihr vernehmt, euch häufig so kalt lässt. Hier wird euch gepredigt von der Liebe zu Jesu und zu den unsterblichen Seelen der Brüder, und wenn ihr hinaus kommt, da wartet auf jeden die Mühe und der Schweiß eines Berufs, der doch nur Früchte bringt, wie es scheinen will, die da vergehen. Ihr seht keinen lebendigen Zusammenhang zwischen der Forderung der Kirche und dem Beruf eures Lebens. Wie der Kirchturm hoch über das Getreibe des Lebens, über eure Häuser und Hütten emporragt, so die Kirche mit ihrer Predigt. Ihr schaut zu ihr empor, aber sie bleibt euch ein fremdes, himmelhohes Land; in eure Häuser und Hütten, in eure Arbeits- und Familienstuben kehrt sie nicht ein. Brüder! Es soll aber auch das Gewerbe und der Beruf nicht neben dem Gottesreich stehen, sondern in ihm. Bringt er nur Früchte, die da vergehen, wenn die Welt vergeht, so ist es eure Schuld. Lasst bei der niedrigsten Berufsarbeit des Lebens uns anfangen! Sagt mir, ist nicht auch sie erforderlich, | ||
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- | Wohlan denn! wisset ihr nun, was es heißt, Frucht zu bringen, die da bleibt, und habt ihr des Herrn Wort vernommen, dass ihr dazu gesetzt seid, um solche Frucht zu bringen, Brüder, so fange mit diesem neuen Abschnitte eures Lebens eine Zeit an, wo ihr mit ganz anderem Ernst, als ihr es bisher getan habt, euch täglich fragt, ob die Frucht sich bei euch mehre, die da bleibt? Schöne christliche Worte führt ihr in eurem Munde, wohl! das sind die Blätter am Lebensbaum. Selige Gefühle durchwallen zuweilen euer Herz, wohl! das sind seine Blüten. Aber es kommt der Tag, wo der Herr des Weinberges nicht nach den Blättern fragen wird, und nicht nach den Blüten, sondern nach den Früchten! Darum, ist es euch ein Ernst um eure Seligkeit, so fehle in keinem Tag eures Lebens eine stille Stunde des Morgens oder Abends, wo ihr euch selbst nach dem Wachstum in den Früchten fragt. Mannichfach sind die Verhältnisse eures Lebens. Ihr seid Handwerker oder Gelehrte, Vater oder Kind, Sohn oder Tochter, Herr oder Diener, alle diese Verhältnisse sind Äste des Lebensbaumes. Hängen an allen diesen Ästen die Früchte der Gerechtigkeit? | ||
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- | Ist aber die Anforderung groß, die aus diesem Worte des Herrn hervorgeht, wahrlich! so ist es auch das, was uns in ihrer Erfüllung unterstützt. Denn einmal ist der Jünger des Herrn, wie es in dem verlesenen Abschnitt heißt, eine Rebe am Weinstock Jesu, zum andern: der Vater ist der Weingärtner. Als du ohne Christus in der Welt warst, o wie oft mag es vorgekommen sein, dass in der Stunde, wo rechts das ernste Gebot stand und links die buhlerische Lust, du vergeblich in die eigene Brust griffst, um die Kraft der Überwindung zu finden. Jünger Christi suchen nach solcher Kraft nicht vergeblich. Ist Christi Wort wahr: „Ohne mich könnt ihr nichts tun,“ so ist auch Pauli Wort wahr: „Ich vermag Alles durch den, der mich mächtig macht.“ Es gibt einen geheimnisvollen Zusammenhang mit dem verklärten Erlöser, und ihr, die ihr es noch aus der Erfahrung nicht kennt, mögt es dem Wort Gottes glauben - es gibt einen geheimnisvollen Zusammenhang mit dem verklärten Erlöser, durch den gleichwie in das dürre Holz der Rebensaft, also dem Christen die Kraft zuquillt zu jedem guten Werk - zu jedem? zu jedem, zu dem von Außen die Anforderung an uns kommt, denn nicht uns Allen ist Alles zur Pflicht gemacht, also nur das Werk, zu welchem einen Jeden die Verhältnisse des Lebens auffordern, nur das kann als ein vom Vater geheißenes angesehen werden. Das Alles aber vermögt ihr auch, ihr müsst nur eingepflanzt sein in Jesum, ihr müsst nur Eins geworden sein mit ihm, ihr müsst ihn angezogen haben - mit allen diesen starken Ausdrücken bezeichnet die Schrift jenen Zusammenhang der geistigen Rebe mit dem geistigen Weinstock. Und wie bildet sich ein solcher inniger Zusammenhang? | ||
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- | Es heißt aber zweitens, dass wir einen himmlischen Weingärtner haben, der seine Reben pflegt. Als du noch ohne Christus in der Welt warst, da warst du ein wilder Baum auf dem Feld, an dessen Blättern alle Stürme rissen, den keine milde Hand wässerte, wenn es dürr war, an dem keine milde Hand die Äste festband, die da brechen wollten. Seitdem du an Christum glaubst, bist du auf ein gutes Land versetzt, hast du einen Gärtner gefunden, der, wenn die Stürme kommen, dich schützt, der, wenn es dürr ist, dir Wasser gibt. der, die brechenden Äste festbindet; seitdem du ein Reben an dem Weinstock Christi geworden bist, ist der himmlische Vater, der diesen Weinstock gepflanzt hat, auch dein Weingärtner, | ||
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- | Wenn Alles eben käme, \\ | ||
- | Wie du gewollt es hast, \\ | ||
- | Und Gott dir gar nichts nähme \\ | ||
- | Und gab' dir keine Last: \\ | ||
- | Wie wär's da um dein Sterben, \\ | ||
- | Du Menschenkind, | ||
- | Du müsstest fast verderben, \\ | ||
- | So lieb wär' dir die Welt. \\ | ||
- | So fällt eins nach dem andern, \\ | ||
- | Manch liebes Band dir ab, \\ | ||
- | Und fröhlich kannst du wandern \\ | ||
- | Gen Himmel durch das Grab. \\ | ||
- | Dein Zagen ist gebrochen, \\ | ||
- | Und deine Seele hofft, \\ | ||
- | Dies ward schon oft gesprochen, \\ | ||
- | Doch spricht man's nie zu oft. \\ | ||
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- | Nun, liebe Freunde, so haltet denn nur still, wenn ihr merkt, dass Gottes Messer an eure Ranken will, mag das Herz auch bluten. „Dass sie mehr Frucht bringen“ - dazu reinigt er seine Reben, und ohne die Früchte der Gerechtigkeit könnt ihr ja nicht in sein Reich eingehen. Er wolle euch Alle durch eure trüben wie durch eure heitern Stunden dazu vorbereiten, | ||
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