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- | ======Tersteegen, | + | ======Tersteegen, |
+ | **Die Liebe Christi dringt uns also.** 2 Kor. 5,14. | ||
+ | 1. Wenn wir, liebste Herzen, unsere Gestalt, sowohl was wir in der Natur sind, als was wir durch die Gnade werden sollen, sowohl wie wir aussehen oder ausgesehen. haben, so lange wir noch tot in Sünden sind, als welche Leute aus uns werden sollen durch die Mitteilung des Lebens, das aus GOtt ist, recht eigentlich wollen abgebildet sehen; dann müssen wir aufschlagen das 37. Kapitel im Propheten Hesekiel, da der HErr diesem Gottes-Manne ein weites Feld voller sehr dürrer Toten-Gebeine zeigte. | ||
- | **Die Liebe Christi dringet | + | In der Tat, wenn es dem HErrn gefallen sollte, |
- | 2. Cor. 5,14 | + | |
- | Wenn wir, liebste Herzen, unsere | + | 2. Es konnten diese Toten-Gebeine Hesekiels nicht so sehr dürre und elend aussehen, als unsere |
- | In der That, wenn es dem HErrn gefallen sollte, uns (wie dem Profeten) die Augen des Geistes | + | 3. Zwar es hat der gefallene Mensch noch ein Leben; aber ein solches Leben, wie mans bei den Toten-Äsern und Gebeinen |
- | 2. Es konnten | + | 4. Du Menschenkind, |
- | 3. Zwar es hat der gefallene Mensch noch ein Leben; aber ein solches Leben, wie mans bey den Todten-Aesern und Gebeinen zu finden pfleget. Man findet im Todten-Aas kein natürliches, sondern ein fremdes Leben; es wimmelt und lebet von Würmern und Ungeziefer und in unserm an GOtt erstorbenen Herzen ist ein dergleichen fremdes widernatürliches Leben eingedrungen; | + | Und wer uns, die wir von der Gnade ergriffen worden, sonderlich manche unter uns, vor einigen Jahren, vor einem Jahr, vor einem halben Jahr gekannt hat, in unserem damaligen verderbten Zustand |
- | 4. Du Menschen-Kind, sprach | + | 5. Inzwischen, es ist in dem Namen des HErrn über uns geweissagt worden; |
- | Und wer uns, die wir von der Gnade ergriffen worden, sonderlich manche unter uns, vor einigen Jahren, vor einem Jahr, vor einem halben Jahr, gekannt hat, in unserem damaligen verderbten Zustand und Wandel, der hätte auch mögen fragen: Meynest du, daß aus einem solchen Todten-Bein und abscheulichen Todten-Aas noch ein lebendiger Mensch werden wird? Meynest du, daß aus einem solchen sichern, eiteln Sünder, oder wohl gar aus einem solchen greulichen und frechen Höllen-Brand, | + | 6. Zwar, dem HErrn sei davor Dank und Ehre! es ist doch auch ein Leben in uns gekommen; denn wo wäre sonst das Geräusch, das Zusammenkriechen |
- | 5. Inzwischen, es ist in dem Namen des HErrn über uns geweissaget worden; der HErr hat sein Wort gesandt, und seinem Wort die Kraft des Geistes beygeleget; es ist unter uns an diesem Ort ein Rauschen, Rasseln und Lärmen entstanden. Die Welt hats gehöret, und sich gewundert, was aus den Todten-Beinen werden wollte. Der Fürst der Finsternis ist drüber bestürzt | + | Es ist eine Veränderung, ja eine merkliche Veränderung bei manchem |
- | 6. Zwar, dem HErrn sey davor Dank und Ehre, es ist doch auch ein Leben in uns gekommen; dann wo wäre sonst das Geräusch, das Zusammenkriechen | + | 7. Will man einen leblosen, oder in Ohnmacht liegenden Körper nur etliche Fuß weit von der Stelle bringen, welch eine Mühe und Arbeit muss man da nicht anwenden! welch ein Geschlepp gibt das nicht! Und ach! liebste Herzen, gehts nicht bei manchen fast eben so mühsam, so gezwungen und gedrungen im Werk und Lauf der Gottseligkeit |
- | Es ist eine Veränderung, ja eine merkliche Veränderung bey manchem unter uns vorgegangen: | + | 8. Man kann endlich einen seellosen Körper mit großer Mühe wohl empor heben, und ihm eine Stütze geben: aber was hilfts, wo nicht eine Seele, ein Leben in denselben kommt? Dass uns GOttes Güte so mancherlei Gnadenmittel vergönnt zu unserer Aufweckung, Ermunterung und Stärkung, das sollen wir ja nicht gering achten, sondern als unschätzbare Gnaden und Wohltaten GOttes demütigst erkennen. Allein wenn wir nicht unter und bei dem Gebrauch aller solcher Mittel uns hauptsächlich um Christi Geist, Kraft und Liebe bekümmern, da mögen wir, als einmal |
- | 7. Will man einen leblosen, oder in Ohnmacht liegenden Cörper, nur etliche Fuß weit von der Stelle bringen, welch eine Mühe und Arbeit muß man da nicht anwenden! welch ein Geschlepp gibt das nicht! Und ach! liebste Herzen, gehts nicht bey manchen fast eben so mühsam, so gezwungen und gedrungen im Werk und Lauf der Gottseligkeit | + | Ganz ein anders ists mit Menschen, die ein geistlich Leben haben: die mögen wohl schläfrig, träg und matt, und hingegen durch Versammlungen und andere Gnadenmittel wieder aufgeweckt, genährt |
- | 8. Man kann endlich einen seellosen Cörper mit grosser Mühe wohl empor heben, und ihm eine Stütze geben: aber was hilfts, wo nicht eine Seele, ein Leben, in denselben kommt? Daß uns GOttes Güte so mancherley Gnaden-Mittel vergönnet zu unserer Aufweckung, Ermunterung | + | 9. Mit einem Wort: So nötig es war, dass der Prophet Hesekiel zum andernmal im Namen des HErrn weissagte, und zum Wind oder Geist sprach: Wind, komme hervor aus den vier Winden, und blase diese Getöteten an, dass sie lebendig werden; worauf auch ein Odem in sie kam, und sie wieder lebendig wurden: eben so unumgänglich nötig ist es uns, die wir eine anfängliche Regung zum Gnadenleben in uns empfunden haben, dass auch über uns noch einmal im Namen des HErrn geweissagt werde, damit der rechte Geist des Christentums in uns komme, und was Lebendiges |
- | Ganz ein anders ists mit Menschen, die ein geistlich Leben haben: die mögen wohl schläferig, | + | 10. Dergleichen lebendige, tätige, heilige Christen waren nicht allein |
- | 9. Mit einem Wort: So nöthig es war, daß der Profet Hesekiel zum andernmal im Namen des HErrn weissagete, und zum Winde oder Geist sprach: **Wind, komme hervor aus den vier Winden, und blase diese Getödeten an, daß sie lebendig werden**; worauf auch ein Odem in sie kam, und sie wieder lebendig wurden: Eben so unumgänglich nöthig ist es uns, die wir eine anfängliche Regung zum Gnaden-Leben haben. daß auch über uns noch einmal im Namen des HErrn geweissaget werde, damit der rechte | + | 11. Nach Anleitung dieser, durch den Geist ausgesprochenen Worte, wollen |
- | 10. Dergleichen lebendige, thätige, heilige Christen waren nicht allein die Apostel, sondern überhaupt die Gläubigen zu den Zeiten der Aposteln. Sehen wir diese erste brünstige Christen an, und fragen nach: Wie habt ihr Leute das können thun, was ihr gethan? das können leiden, was ihr gelitten? so können leben, wie ihr gelebet habt? So antwortet und der heilige Apostel Paulus in ihrer aller Namen, mit den Worten unseres Textes: **Die Liebe Christi | + | |
+ | - derselben göttliche Kraft. | ||
- | 11. Nach Anleitung dieser, durch den Geist ausgesprochenen Worte, wollen wir dann, bey unserer jetzigen Versammlung, unter GOttes Beystand miteinander betrachten: | + | O mein liebster HErr JEsu Christe, ich will nicht unterwinden von deiner Wunder-Liebe zu zeugen, ach, siehe nicht an meine Unwürdigkeit, meine Untüchtigkeit. Nahe dich zu meinem Herzen, und entzünde es; rühre meine unbeschnittene Lippen mit einer glühenden Kohle von deinem Altar, damit ich nicht kraft- und saftlos von deiner brünstigen Liebe reden möge! Amen. |
- | **I. Die Liebe JEsu Christi, und**\\ | + | 12. Es hat dem heiligen Geist nicht gefallen, uns deutlicher anzuzeigen, ob in den verlesenen Textesworten durch die Liebe Christi |
- | **II. derselben göttliche Kraft.** | + | |
- | //O mein liebster HErr JEsu Christe, ich will mich unterwinden von deiner Wunder-Liebe | + | 13. Christus liebt uns mit einer mehr als treuesten, und mehr als größten Freundschafts-Liebe. |
- | 12. Es hat dem heiligen Geist nicht gefallen uns deutlicher anzuzeigen, ob in den verlesenen Textes-Worten durch die Liebe Christi gemeinet sey die Liebe, womit Christus | + | Christus, sage ich, liebt uns mit einer mehr als treuesten, und mehr als größten Freundschafts-Liebe. |
- | 13. Christus liebet | + | Wenn wir uns eine Freundschafts-Liebe am treuesten |
- | Christus, sage ich, liebet uns mit einer mehr als treuesten, und mehr als grössesten Freundschafts-Liebe. Eine Freundschafts-Liebe unter den Menschen bestehet | + | 14. O erstaunenswürdiger Brand der Liebe Christi! Du und ich, liebe Seele, waren aus GOttes Freundschaft, |
- | Wenn wir uns eine Freundschafts-Liebe | + | 15. Christi mehr als treueste |
- | 14. O erstaunenswürdiger Brand der Liebe Christi! Du und ich, liebe Seele, waren aus GOttes Freundschaft, | + | 16. Siehe, wo kann eine größere |
- | 15. Christi mehr als treueste Freundschafts-Liebe | + | 17. Christus liebt uns, sagte ich zum andern, und will uns lieben mit einer mitleidigsten, |
- | 16. Siehe, wo kann eine grössere Liebe erdacht werden? Ist nicht Christus ein wahrer Freund in der Noth, ein rechter Freund bis in den Tod! Und dieses alles hat er nicht nur überhaupt für uns, sondern für einen jeglichen unter uns gelitten. Also sahe es Paulus an, Galat. 2,20. Christus hat mich geliebet, und sich selbst für mich dahingegeben. Ey, lieber Paule, was sagst du? ist dann Christus allein für dich gestorben? O ja, allein für mich, und allein für dich. Dann so sollen wir die Sache ansehen, um sie mit bestem Nutzen anzusehen; und so liebet Christus einen jeden, mit einer solchen sonderbaren Liebe. | + | 18. Eine bußfertig-bekümmerte Seele kann es oft gar nicht glauben, dass ihr Weinen und Klagen gehört und erhört werde. Allerdings, liebe Seele, |
- | 17. Christus | + | 19. Christus |
- | 18. Eine bußfertig-bekümmerte Seele kann es oft gar nicht glauben, daß ihr Weinen | + | 20. Eine Mutter reinigt |
- | 19. Christus liebet uns, und will uns lieben, mit der sorgfältigsten Mutter-Liebe. Eine natürliche | + | 21. Eine natürliche Mutter bewahrt ihr Kind vor allem Unfall, und sucht sein Bestes, so viel sie kann; Christus, unsere ewige Liebes-Mutter, |
- | 20. Eine Mutter reiniget ihr Kind, heget, träget und pfleget ihr Kind, bis es angewachsen; sie hat immer was mit dem Kinde zu schaffen, und ihre mütterliche Liebe machts, daß sie nicht ermüdet. Ach, ach, wer muß nicht mit Scham und Bestürzung daran gedenken, wie sich der ewig liebende GOtt mit uns unartigen Kindern schleppen muß, daß ich so menschlich rede, wie so viele Mühe wir ihm machen mit unsern Sünden! ja, es ist nicht auszusprechen, was er nicht mit einer einzigen Seele zu thun hat, sie groß((Klein ziehen wäre auch recht, aber keine gewöhnliche Redens-Art)) zu ziehen. Der HERR drücket selber diese seine geschäftige, | + | 22. So wenig ein natürlich |
- | 21. Eine natürliche Mutter bewahret ihr Kind vor allem Unfall, und sucht sein Bestes, so viel sie kann; Christus, unsere ewige Liebes-Mutter, bewachet und bewahret | + | 23. Es verhängt ja wohl die Liebe mancherlei Proben, Versuchungen |
- | 22. So wenig ein natürlich Kind sorget, wie es solle groß werden; eben so wenig darf auch ein Kind der Gnaden sorgen, wie es werde anwachsen, stark und heilig werden. Die mütterliche | + | 24. Christus liebt uns auch und will uns lieben mit einer zartesten, genauesten und seligsten Bräutigams-Liebe. Ach ja, die Liebe Christi wirbt recht um die Herzen der armen verlorenen Sünder. |
- | 23. Es verhänget | + | 25. Und da Christus seine anfänglich-verlobte Braut so ganz nackend, |
- | 24. Christus liebet uns auch, und will uns lieben, mit einer zartesten, genauesten | + | 26. Es ist unaussprechlich, liebste Herzen, welch eine innig-tiefe Liebes-Neigung |
- | 25. Und da Christus seine anfänglich verlobte Braut so ganz nackend, ja so betlermässig bekleidet findet, so reißt er ihr, durch seine Liebe und durch heiliges Creutz, ihre garstige Bettler-Lumpen ab, bekleidet sie mit seiner Gerechtigkeit, | + | 27. Nun dann, ihr unsterblichen Herzen alle, die ihr mit mir zum Lieben und einen GOtt zu lieben, erschaffen, erlöst |
- | 26. Es ist unaussprechlich, liebste Herzen, welch eine innig-tiefe Liebes-Neigung, und brünstiges Verlangen in Christo ist, unserer Herzen wieder habhaft | + | 28. Tausendmal sagen die Menschen mit ihrem Munde: Lieber GOtt! lieber Heiland! Aber, ach! wie stehts um das Herz? was hat wohl unser Herz von der Kraft dieser Liebe Christi erfahren? Denn wir müssen uns so keine phantastische, kraftlose, schädliche Liebe Christi einbilden, als wenn Christus uns könnte |
- | Bis((Jac. 4,5)) zur Eifersucht zu verlanget unser der Geist Christi, | + | 29. Die Liebe Christi |
- | 27. Nun dann, ihr unsterbliche Herzen, alle, die ihr mit mir zum Lieben, und einen GOtt zu lieben, erschaffen, erlöset | + | 30. Allerdings macht Christus den Anfang mit Liebe. Wenn nämlich die Liebe Christi den Menschen dringt zur Bekehrung, da bestraft ihn dieser Liebes-Geist über sein Unrecht, überzeugt ihn von der Notwendigkeit der Buße und Bekehrung, beunruhigt ihn über seine Sünden |
- | 28. Tausendmal sagen die Menschen mit ihrem Munde: Lieber GOtt! lieber Heyland! Aber, ach! wie stehets um das Herz? was hat wohl unser Herz von der Kraft dieser Liebe Christi erfahren? Dann wir müssen uns so keine fantastische, kraftlose, schädliche Liebe Christi einbilden, als wenn Christus uns könnte | + | Ja, wahrlich, da steht der erbarmende, ewig-liebende JEsus, an deiner Tür, und klopft an; er bittet und bettelt recht um dein Herz, eben als wenn ers nötig hätte: Gib mir doch, gib mir, mein Sohn, dein Herz! Lass dich doch mit GOtt versöhnen! Siehe so dringt die Liebe Christi. Und wie so oft, wie so lange hat sie solches nicht bei uns getan! Wie so oft hat er uns nicht versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel, da es uns noch nicht gelegen kam, und wir nicht gewollt haben! Wir rennen ja in unserm sichern Natur-Stande spornstreichs zum Verderben; ist das denn nicht Liebe, wenn uns der Heiland Einhalt tut? Wir wandeln wie auf dem Rande der Hölle; ist denn das nicht Liebe, dass er, auch mit unserm Schmerzen, uns ergreift |
- | 29. Die Liebe Christi ist dann keine solche thörichte Einbildung, sondern eine lebendige, geschäftige, mächtige Kraft GOttes, die uns aus unserm Irrwege, Verderben, Sünde | + | 31. Ist nun die Seele so glücklich, dass sie dieser ziehenden und herumholenden |
- | 30. Allerdings macht Christus den Anfang mit lieben. Wenn nemlich | + | Die Liebe Christi dringt sie in ein solch Gefühl des Schadens, damit der Schade und dessen Not sie beugen und dringen möge in die Liebe Christi |
- | Ja, warlich, da stehet | + | 32. Die Liebe Christi dringt sodann weiter eine bekehrte Seele aus der Sünde, Welt und ihren Eitelkeiten heraus. Man kann nicht mehr so mitmachen, oder man wird beklemmt. Warum denn? Fürchtest du etwa der Eltern, der Herrschaft, der Obrigkeit Strafe? O nein, es werden ja bei einem geahndet sogar solche Sünden, die kein Mensch weiß oder wissen kann; auch sogar die kleinsten Dinge, die wohl nicht ins Straf-Amt der Obrigkeit und Menschen fallen. Warum denn? Spotten und verachten einen etwa die Leute, wenn man so eitel dahin geht, und nicht fein fromm lebt? Keineswegs, vielmehr spotten und lästern sie, wenn((1 Petri 4,5.)) man nicht mehr mit ihnen in eben dieses unordentliche Wesen läuft. Ei, warum machst du denn nicht mit, und hältst dich so eingezogen? Sollte ein Bekehrter nach dem eigentlichen Grund hierauf antworten, dann würde |
- | 31. Ist nun die Seele so glücklich, daß sie dieser ziehenden und herumholenden | + | 33. Ja, die Liebe Christi dringt nicht nur auf die Verleugnung der groben Welt, und der toten Werke der Sünden; sondern auch auf die wirkliche Absagung der im Herzen steckenden |
- | Die Liebe Christi dringet sie in ein solch Gefühl des Schadens, damit der Schade | + | Welche düstere |
- | 32. Die Liebe Christi | + | Wie wir nun den Andrang zur Verleugnung nicht gesetzlich, sondern als Liebe Christi |
- | 33. Ja, die Liebe Christi dringet | + | Ja, wenn ich gerade reden soll zu begnadigten Seelen, zu Seelen, die so herzlich gern sich verleugnen wollen, aber, zu ihrem Leidwesen, sich überall zu kurz finden: dann wollte ich sagen, denkt nicht einmal so viel an verleugnen, an treu sein, an heilig und genau leben:- liebt nur, hungert nach Liebe, übt euch in der Liebe. Die Liebe verleugnet immer, ohne die Bitterkeit der Verleugnung zu schmecken, und fast ohne ans Verleugnen zu denken. Denkt nur, wie ihr Christum lieben, immer herzlicher lieben, und seiner Liebe alles zu Gefallen tun mögt. |
- | Welche düstere | + | 34. Die Liebe Christi dringt die Gläubigen ins Kreuz und durchs Kreuz. Das klingt wunderlich, und ist doch die Wahrheit. Man gerät manchmal so wunderlich und unversehens |
- | Wie wir nun den Andrang zur Verläugnung nicht gesetzlich, sondern als Liebe Christi ansehen sollen; also müssen wir uns auch nicht gesetzlich in der Uebung der Verläugnung betragen, sondern die Liebe Christi uns zum Verläugnen dringen lassen. Wenns nur immer bey der Seelen | + | Schwache, blöde |
- | Ja, wenn ich gerade | + | Was aber im Gegenwärtigen zu leiden vorfällt, das sollen wir gerade |
- | 34. Die Liebe Christi dringet | + | Denke nicht so sehr ans Kreuz, als an die Liebe Christi. Liebe nur, dann kannst du alles leiden. Was kann die Liebe nicht! Was haben nicht so viel tausend Märtyrer |
- | Schwache, blöde Seelen können | + | 35. Die Liebe Christi soll uns dringen zur Heiligung. Wie so fürchterlich und unmöglich machen. |
- | Was aber im Gegenwärtigen zu leiden vorfällt, das sollen wir gerade aus der Hand der Liebe Christi, und nicht von dem oder jenem annehmen. Wie Christus lidte, da nach er sein Leiden nicht von Juda, von Pilato, von den Pharisäern an, sondern gerade von der Hand seines Vater: Sollt ich den Kelch nicht trinken, hieß es, den mir mein Vater gegeben hat? Denket dann nicht so sehr ans Creutz, als an den, ders Creutz giebet. Ists wahr, liebe Seele, glaubest du es, daß eben Christus | + | Ach, wie tun nicht manche so recht ängstlich, und lassen sichs sauer werden mit ihrem Selbst-Heiligmachen! O ihr Herzen! liebt nur, vereinigt euch nur mit Christo durch Glauben, Liebe und Gebet, wie der Rebe sich vereinigt mit dem Weinstock. Ei, fällt es denn einem solchen Reben so schwer, dass er süße Trauben trage? darf man es mit befehlen, drohen, schütteln und rütteln erzwingen? nein, es geht alles sanft, leicht und ganz natürlich zu: der Rebe bleibt nur am Weinstock, lässt sich von dessen edlem Saft durchdringen, so grünt er, und trägt Frucht, ohne dass er sonst was hinzu bringt. Siehe, so sollen wirs auch machen: Bleibt((Joh. 15)) in mir, spricht |
- | Denke nicht so sehr ans Creutz, als an die Liebe Christi. Liebe nur, dann kannst du alles leiden. Was kann die Liebe nicht! Was haben nicht so viel tausend Märtyrer, und unzählig andere heilige Seelen gelitten, und leiden | + | 36. Die Liebe Christi dringet zu allem Fleiß, Wachsamkeit und Munterkeit in allem Werk, und im ganzen Wandel der Gottseligkeit. Durch Furcht und Schläge |
- | 35. Die Liebe Christi soll uns dringen zur Heiligung. Wie so fürchterlich und unmöglich machen sich nicht manche Seelen ihre Heiligung! So genau leben, wie die Schrift es vorstellet, so demüthig, so sanftmüthig, | + | Die Liebe weiß zwar von keiner ängstlichen unruhigen Sorge; aber sie weiß auch von keiner Trägheit und Schläfrigkeit. Es liegt einem vom Morgen bis zum Abend immer so am Herzen, was man doch dem Geliebten solle zu Gefallen tun? |
- | Ach, wie thun nicht manche | + | Ich gedenke hierbei noch der äußern Trägheit und Schläfrigkeit. Es klagen |
- | Und würklich, wenn es gleich möglich wäre, so doch nicht ist, daß wir aus uns selbst heilig werden könnten; so wäre das doch alles nur ein gebrechliches, | + | 37. Die Liebe Christi dringt zu guten Werken. Die Gelehrten disputieren allerhand von den guten Werken, von deren Verdienst, ob, und wie weit sie zur Seligkeit vonnöten, und was dergleichen mehr ist. Eine Seele, die Christum liebt, hält sich mit solchen Zänkereien nicht auf. Die Liebe dringt unaufhörlich, nach ihrer Art, zu allen guten Werken, |
- | 36. Die Liebe Christi | + | 38. Die Liebe Christi |
- | Die äusserlichen Mittel der Gnaden können auch dienlich seyn, träge, schläferige Herzen zu erwecken und zu ermuntern; wollen wir aber durch die Gnaden-Mittel, die uns GOtt an die Hand gibt, auf eine fruchtbare | + | Die Liebe weiß von keinen Schranken; sie will immer weiter, treuer, frömmer, gottgefälliger werden; sie fragt nicht lange, ob man es könne oder nicht könne; sie geht nur wacker drauf los; sie muss ihrem Trieb, ihrem Dringen folgen. Der Apostel Paulus war ja weiter gekommen, als wir alle; inzwischen was sagt er im 3. Kap. an die Philipper: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich zu dem, das da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Kleinod, welches vorhält |
- | Die Liebe weiß zwar von keiner ängstlichen unruhigen Sorge; aber sie weiß auch von keiner Trägheit | + | 39. Die Liebe Christi dringt sich gern in alle unsere Dinge ein. Sie will und muss nicht nur in den großen, sondern auch in den kleinsten Dingen die Hand haben: wäre die Sache noch so klein, alles muss ihr Opfer sein. Alles, was wir hier im natürlichen Leben machen, es scheine so wichtig und groß es immer wolle, ist in sich selbst eine nichtige Lapperei, und nicht wert, dass ein edler Geist sich damit beschäftige; aber durch die Liebe können alle diese Kleinigkeiten recht groß, |
- | Ich gedenke hiebey noch der äussern Trägheit | + | Manche Herzen klagen gar sehr, dass ihnen ihre äußeren notwendigen Geschäfte so viele Zerstreuung, |
- | 37((Im Original 38)). Die liebe Christi | + | 40. Die Liebe Christi |
- | Sie hat immer gnug, sie ist reich, sie ist milde, sie gibt gerne hin, und hat sie kein Geld oder andere Sachen mehr zu geben, dann hat sie doch noch ein Herz, das sie hingibt | + | Die Liebe Christi will uns gängeln, wie eine Mutter ihr Kind. Ein Kind, das am Leitband geht, wird so gelenkt, so gehalten! es geht zwar frei und uneingeschränkt; |
- | Mit einem Wort: Die Liebe thut immer Gutes, | + | 41. Die Liebe Christi soll und will uns dringen zum Gebet. Beten ohne Herz, aus bloßem Dringen der Gewohnheit, das ist kein Beten; beten, wenn Seelennot |
- | 38. Die Liebe Christi | + | O ja, liebste Herzen! wir könnens nicht glauben, welch ein trefflicher Betmeister die Liebe Christi |
- | Die Liebe weiß von keinen Schranken; sie will immer weiter, treuer, frömmer, GOttgefälliger werden: sie fragt nicht lange, ob mans könne oder nicht könne; sie gehet nur wacker drauf los; sie muß ihrem Trieb, ihrem Dringen folgen. Der Apostel Paulus war ja weiter gekommen, als wir alle; inzwischen was sagt er im 3. Cap. an die Philipper: Ich vergesse, was da vornen ist: und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung GOttes | + | Die Liebe Christi dringt, mit einem Wort, die Seele immer mehr, durch selige Züge, zur völligen und ewigen Vereinigung mit dem Geliebten. Sie hat des Wassers der Liebe getrunken, so Christus ihr gegeben, das wird je länger je mehr in ihr ein Brunnen, der da quillet ins ewige Leben. Sie fühlts, es ist für sie nichts mehr hierunten. auf Erden, in allem Geschaffenen und Zeitlichen. O es wird ihr alles sogar unwert, so recht fremde: ihr Alles sehnt sich zum Ewigen, zu Christo; |
- | 39. Die Liebe Christi dringet sich gern in alle unsere Dinge ein. Sie will und muß nicht nur in den grossen, sondern | + | 42. Seht, Seelen, diese Seligkeit, wovon wir so was weniges lallen, ist euch zugedacht, |
- | Manche | + | 43. O bejammernswürdige Blindheit und Unverstand der mehrsten menschlichen |
- | Wann uns die Welt-Begierde, die Sorge, der Unglaube, oder einige andere Natur-Kraft, | + | 44. Lasst uns doch deswegen untersuchen, ihr Seelen, was lieben wir? Was hat bei uns das Übergewicht? |
- | 40. Die Liebe Christi will uns gern den ganzen Tag bey sich und in ihren Schranken behalten, uns dringen in den Weg, und mir ihrem Dringen verwahren, daß wir weder zur Rechten noch zur Linken beyseits ausweichen. Ach, wenn wir nur fein aufmerksam in ihrem Gleise bleiben mögten! Es machen sich die Seelen öfters so allerhand gute Vorschriften, | ||
- | Die Liebe Christi will uns gängeln, wie eine Mutter ihr Kind. Ein Kind das am Leit-Band gehet, wird so gelenket, so gehalten: es gehet zwar frey und uneingeschränkt; | + | 45. Ach Seelen, ach unsterbliche Seelen! seht, jetzt hören wir noch von der Liebe Christi: wer weiß wie lange? Jetzt wird sie uns noch verkündet, angepriesen, und durch Christum selbst unsern Herzen angeboten. Ja, Christus liebt euch, ihr Sünder alle, ihr größten Sünder, die ihr gestehen müsst, dass ihr bis dahin noch Sklaven der Sünde |
- | 41. Die Liebe Christi soll und will uns dringen zum Gebet. Beten ohne Herz, aus blossem Dringen der Gewohnheit, das ist kein Beten; Beten, wenn Seelen-Noth | + | 46. Kann euch euer Elend und Gefahr, kann euch GOttes Zorn, die Furcht des Todes und des schrecklichen Gerichtstages, samt eurem eigenen ewigen Unglück |
- | O Ja, liebste Herzen! wir könnens nicht glauben, welch ein trefflicher Bet-Meister | + | 47. Ihr aber, die ihr mit mir ein Fünklein dieser |
- | Nicht nur ist die Liebe Christi | + | 48. Nun denn, noch ein Wort der Aufmunterung zu uns allen, und damit will ich dann auch beschließen. Hört und nehmt mit mir im Glauben an dieses herrliche Evangelium |
- | Die Liebe Christi dringet, mit einem Wort, die Seele immer mehr, durch selige Züge, zur völligen und ewigen Vereinigung mit dem Geliebten. Sie hat des Wassers der Liebe getrunken, so Christus | + | 49. Christus liebt euch, ihr Jünglinge und ihr Jungfrauen, die ihr in euren blühenden Jahren doch was zu lieben. haben wollt. Ach, wie würde michs jammern, wie würde es JEsum jammern, wenn ihr euch durch eine betrügliche falsche Liebe bezaubern ließet! Wäre es nicht ewig Schade, wenn ihr von einer eitlen Liebe dieser Welt solltet verführt, beflecket, geschändet werden? durch die Liebe solcher Dinge, die nichts |
- | 42. Sehet, Seelen, diese Seligkeit, wovon wir so was weniges lallen, ist euch zugedacht, und in Christo angeboten; ja sie ist für euch, und auch für den allergebrechlichsten und elendesten unter euch. O Herzen! o Herzen! liebet doch den GOtt, der euch also liebet, und ewig lieben will; überlaßt euch unbedingt dem Dringen, dem Ziehen dieser seligenden GOttes-Liebe; | + | 50. Christus liebt euch, ihr bußfertigen, bekümmerten, kleinmütigen Herzen, und ihr wisst es nicht, ihr glaubt es: Jesus Christus liebt euch; es ist die Wahrheit: wollt ihr noch wegen bleiben in eurer Mutlosigkeit? |
- | 43. O bejammernswürdige Blindheit und Unverstand der mehresten menschlichen Herzen in der Welt, daß sie so kalt gegen GOTt, und so brünstig gegen andere Dinge sind! daß die Liebe der Welt, der Sünden, der Eitelkeiten, mehr Vermögen haben auf die Herzen als die Liebe Christi! Die Welt-Liebe darf nur winken,, o da läuft man! Christi Liebe dringet so lange, und doch folget man nicht, und doch ergibt man sich nicht! O wie läßt sich nicht manches unglückseliges Welt-Kind von der sündlichen Welt-Liebe dringen | + | 51. Christus liebt uns, ihr alle meine Mitberufenen: |
- | 44. Laßt uns doch deßwegen untersuchen, ihr Seelen, was lieben | + | 52. Nun wohlan, es muss besser gehen! Wollen |
- | 45. Ach Seelen, ach unsterbliche Seelen! sehet, jetzt hören wir noch on der Liebe Christi: wer weiß wie lange? | + | Ja, Amen, da sind beide Hände;\\ |
+ | Aufs Neue sei dirs zugesagt:\\ | ||
+ | Ich liebe dich ohn alles Ende;\\ | ||
+ | Mein Ganzes werde dran gewagt.\\ | ||
+ | Ich will den holden JEsus-Namen\\ | ||
+ | Vor jedermann bekennen frei,\\ | ||
+ | Und schwöre dir jetzt ew'ge Treu,\\ | ||
+ | Auf deine Bundestreue. Amen! | ||
- | 46. Kan euch euer Elend und Gefahr, kann euch GOttes Zorn, die Furcht des Todes und des erschrecklichen Gericht-Tages, | + | {{tag> |
- | 47. Ihr aber, die ihr mit mir eines Fünkleins dieser Liebe Christi aus Gnaden seyd theilhaftig worden, achtets doch hoch, es ist eine unschätzbare Perle; und wie klein diese Perle ist, so ist sie doch mehr werth, als die ganze Welt; wie klein dieses Fünkleins jetzt noch ist, so kann es noch eine feurige Glut, eine Flamme des HErrn werden, wenn es wohl geheget und gewartet wird. Bewahrets wohl, durch einen recht behutsamen Wandel: meidet allen unnöthigen Umgang, Freundschaft und Einwickelungen mit den Menschen dieser Welt, und alle andere ablockende Gelegenheiten((Weil in eben der Woche eine besondere Gelegenheit zur Zerstreuung bevorstunde, | + | Tersteegen, Gerhard |
- | + | über die Worte Pauli 2 Kor. 5,14: \\ | |
- | 48. Nun dann, noch ein Wort der Aufmunterung zu uns allen, und damit will ich dann auch beschliessen: | + | die Liebe Christi |
- | + | Angepriesen in einer Erweckungsrede den 14. Okt. 1751 \\ | |
- | 49. Christus liebet euch, ihr Jünglinge und ihr Jungfrauen, die ihr in eueren blühenden Jahren doch was zu lieben haben wollet. Ach, wie würde michs jammern, wie würde es JEsum jammern, wenn ihr euch durch eine betriegliche falsche Liebe bezaubern liesset! Wäre es nicht ewig Schade, wenn ihr von einer eiteln Liebe dieser Welt solltet verführet, beflecket, geschändet werden? durch die Liebe solcher Dinge, die nichts reitzendes, nichts wahrhaftig vergnügendes in sich haben, die so bald, so bald verwelken, Eckel verursachen, | + | zu Mühlheim an der Ruhr |
- | + | ||
- | 50. Christus liebet euch, ihr bußfertige, | + | |
- | + | ||
- | 51. Christus liebet uns ihr alle meine Mitberufene: | + | |
- | + | ||
- | 52. Nun wohlan, es muß besser gehen! Wollten wir dann damit beschliessen, | + | |
- | + | ||
- | Ja, Amen, da sind beyde Hände;\\ | + | |
- | Aufs neue sey Dirs zugesagt: | + | |
- | Ich liebe Dich ohn alles Ende;\\ | + | |
- | Mein Ganzes werde dran gewagt.\\ | + | |
- | Ich will den holden JEsus-Namen\\ | + | |
- | Vor jedermann bekennen frey,\\ | + | |
- | Und schwöre Dir jetzt ew'ge Treu,\\ | + | |
- | Auf deine Bundes-Treue. Amen! | + | |
+ | Stuttgart, | ||
+ | zu haben bei der evangelischen Gesellschaft\\ | ||
+ | Hauptstätterstraße Nro. 34.\\ | ||
+ | 1847 | ||
- | Angepriesen und angewiesen\\ | ||
- | In einer Erweckungs-Rede\\ | ||
- | Gerhard Tersteegen\\ | ||
- | Zweyte Auflage\\ | ||
- | Basel,\\ | ||
- | Zu finden im Bischoffischen Buchladen\\ | ||
- | 1772 |