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2. Korinther, Kapitel 6

2. Korinther, Kapitel 6

6:1 Wir ermahnen aber euch als Mithelfer, daß ihr nicht vergeblich die Gnade Gottes empfanget.
An dieser Wendung kann man sich wieder erinnern, daß Gnade nicht bloße Verzeihung ist, wie manche wähnen. Verzeihung wäre doch nicht vergeblich empfangen, wenn der Sünder nachher wieder zurückfiele und aufs neue um eine Vergebung bitten müßte; die alte Schuld war und blieb vergeben. Nein, Paulus hält die Gnade Gottes hier für etwas Positives, die Zusammenfassung der Heilsgüter: Kraft zu neuem Leben, geistliche Einnahmen aus der Höhe, Gelegenheiten zum Gutestun, Gaben und Aufgaben, Erkenntnisse und Antriebe. Und das alles soll in die Sackgasse deines selbstsüchtigen Andächtigseins fließen und sich da aufstauen? Dann hättest du die Gnade Gottes vergeblich empfangen. Die geistlichen Gnadengaben des neuen Lebens, die wir empfingen, zum Segen für unsere Umgebung, ja für die Welt, sind da. Wir müssen sinnen und suchen, wie wir sie wirksam machen für andere; dann werden sie ihren schönsten Segen auch für uns offenbaren. Haben wir da nicht oft schon viel versäumt und vergeblich Gnadenstunden gehabt, die durch unsere Schuld dem Reich Gottes nichts eingebracht haben und uns den Stachel des Vorwurfs zurückließen: Vergeblicher Segen durch mein Versäumnis!
Ach ja, Herr, wir haben alle genug Unterlassungssünden hinter uns, die du uns aus Erbarmen vergeben wolltest. Aber dann bitten wir, öffne uns die Augen, daß wir die Unterlassungen vor uns sehen und nicht wieder in den alten Fehler fallen. Mach uns treu! Amen. (Samuel Keller)

6:2 Denn er spricht: „Ich habe dich in der angenehmen Zeit erhört und habe dir am Tage des Heils geholfen.“ Sehet, jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils!
Christus sagte nach Ps. 69,14. zu seinem Vater: Ich bete, HErr, zu Dir zur angenehmen Zeit: Gott durch Deine große Güte erhöre Mich mit Deiner treuen Hülfe; der Vater aber antwortete nach Jes. 49,8.: Ich habe Dich erhöret zur gnädigen (angenehmen) Zeit, und habe Dir am Tage des Heils geholfen, und habe Dich behütet und zum Bund (oder zum Stifter und Grund des neuen Bundes) unter das Volk gestellet usw. Paulus aber schrieb, nachdem er diese letzten Worte zum Theil angeführt hatte: sehet, jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils. Die angenehme Zeit, oder die Zeit des Wohlgefallens war diejenige Zeit, da der Sohn Gottes in Seiner Niedrigkeit zu Seinem Vater betete, und von Ihm erhört wurde, damals ruhte nämlich das Wohlgefallen des Vaters auf Seinem Sohn, wie Er zweimal durch eine Stimme bezeugte, da Er sagte: dieß ist Mein lieber Sohn, an dem Ich Wohlgefallen habe. Allein um Christi willen floß das Wohlgefallen Gottes auch auf die Menschen aus, wie denn die Engel schon bei der Geburt Christi sagten: Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden, und an den Menschen ein Wohlgefallen. Diese Zeit des Wohlgefallens währte aber hernach fort, ja sie währt noch jetzt fort. Und die ganze Zeit des Neuen Testaments ist eine erwünschte, eine angenehme und zur Erweisung und Empfahung der Gnade schickliche Zeit. Sie ist aber auch ein Tag des Heils. Ein Tag im Gegensatz gegen die Nacht des Alten Testaments. Heil widerfuhr Christo, da Ihn der Vater mitten unter den sichtbaren und unsichtbaren Feinden behütete, und zuletzt zu Seiner Rechten, wo Freude die Fülle und liebliches Wesen ewiglich ist, erhöhete. Er ist aber auch unser Heil worden, wie Sein Name Jesus anzeigte. Um Seinetwillen und durch Ihn ist die heilsame Gnade allen Menschen im Neuen Testament erschienen. Der Tag des Heils währet also noch immerfort, und wird bis an’s Ende der Welt währen.
Hier möchte man aber fragen: wie hat Paulus die Zeit des Neuen Testaments eine angenehme Zeit und einen Tag des Heils nennen können, da er doch Eph. 5,16. schrieb: es ist eine böse Zeit, und 2 Tim. 3,1. Offenb. Joh. 8,13. und Offenb. Joh. 12,12. von bösen Zeiten geweissagt wird? Allein diese Aussprüche stehen einander nicht entgegen. Die Zeit des Neuen Testaments ist eine böse Zeit für den äußerlichen Menschen, sie ist aber eine angenehme Zeit und ein Tag des Heils für den innern Menschen. Sie ist eine böse und zum Theil greuliche Zeit, eine Zeit, in welcher die Menschen ein Weh nach dem andern erfahren müssen, weil über die unglaubigen Menschen schwere Strafgerichte ergehen, und auch die Gerechten scharfen Versuchungen ausgesetzt sind: eben diese Zeit aber ist doch auch eine Zeit, da Gott die Glaubigen Sein Wohlgefallen spüren laßt, da Er sie behütet, da Er ihnen Kraft zum Sieg über die Versuchungen darreicht, und da Er sie aus einer Noth nach der andern errettet. Wenn keine Noth wäre, so wäre auch kein Heil. Die Noth und der Tag des Heils schicken sich also wohl zusammen. Wie soll man aber diese angenehme Zeit und diesen Tag des Heils anwenden? Vornämlich zum Beten, wie Christus selbst gethan hat. Denn Gottlob! der Weg zum Zugang zu Gott ist gemacht, uns steht der Himmel offen, wie Luther in einem bekannten Lied gesagt hat. Man bete also, weil der Himmel gleichsam offen ist, weil der Vater mit Wohlgefallen auf die Betenden herab sieht, weil Er gern hört und hilft.(Magnus Friedrich Roos)


Paulus hat die Korinther ermahnt, die Gnade Gottes nicht vergeblich zu empfahen, folglich wohl anzuwenden, und führte alsdann aus Jes. 49,8. die Anrede des himmlischen Vaters an Seinen Sohn an: Ich habe Dich in der angenehmen Zeit erhöret, Ich habe Dir am Tage des Heils geholfen. Gott der Vater erhörte immer das Gebet Seines Sohnes, wie dieser Ps. 22,25. und Joh. 12,41.42. selber rühmet. Er hat Ihm auch, da Er Ihn behütete, stärkte, auferweckte, und über alle Himmel zu Seiner Rechten erhöhete. Die Zeit nun, da dieses geschahe, war eine angenehme Zeit und ein Tag des Heils für den HErrn Jesum; sie war aber auch der Anbruch der Zeit des Neuen Testaments, da die heilsame Gnade allen Menschen erschien, und das Evangelium aller Kreatur sagen konnte: sehet, jetzt ist die angenehme Zeit, der Tag des Heils. Die Menschen schelten oft ihre Zeit über die Gebühr, und schelten dadurch Gott selbst, als den HErrn der Zeiten; deßwegen schrieb Paulus: sehet, jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils. Sehet, sagte er, als ob er ihnen die Zeit als eine angenehme Zeit zeigen wollte. Die Menschen loben oft die vergangene Zeit im Unverstand, weil sie die Plagen derselben nicht gefühlt haben, und nur die Plagen der gegenwärtigen Zeit empfinden; auch kann es geschehen, daß Jemand nur immer nach den bessern Zeiten gafft, die noch kommen sollen, und die gegenwärtige Zeit wohl anzuwenden versäumt; Paulus aber sagt: jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils. Die vergangene Zeit ist nimmer unser, und kaum mehr recht zu schätzen, die künftige aber ist noch nicht da. Lasset uns mit dem Glauben, mit unserem Gebet und Lob Gottes, und mit dem Ernst in der Gottseligkeit nicht auf bessere Zeiten warten, denn jetzt ist die rechte Zeit zu diesem Allem. Was soll man aber von denjenigen sagen, welche das Wohlgefallen und Heil Gottes nicht achten, und ihre Zeit nur deßwegen für eine gute Zeit halten, weil sie darin gute Tage für das Fleisch haben, oder weil sie den einreißenden Unglauben für eine Erleuchtung der Welt, die Spötterei für Weisheit, und die feine Weichlichkeit für Tugend halten? Diese fahren bald ihren Vätern nach, und weil sie das Licht des Evangeliums verschmäht haben, so sehen sie auch nach dem Tod das Licht nimmermehr, Ps. 49,20. Wem das Evangelium gepredigt und das Heil Gottes verkündigt und angeboten wird, der soll die Zeit, worin er lebt, für eine angenehme Zeit und für einen Tag des Heils halten, ob er gleich darin nach dem äußern Menschen von demjenigen, was Paulus 2 Kor. 6,4.5.8.9.10. nennt, auch etwas erfahren muß. Wie soll man aber diese Zeit anwenden? Will der Mensch in derselben erhört werden, so muß man bitten; soll ihm Hülfe und Heil widerfahren, so muß er Glauben und Geduld beweisen, und sich mit seinem Herzen immer an den HErrn Jesum anschließen, der von Seinem himmlischen Vater so erhört worden, daß auch wir als Seine Erlösten dadurch herrlich berathen worden, und dem von Seinem Vater so geholfen worden, daß dadurch unsere Erlösung ausgeführt, und unser Heil fest gegründet worden ist. Hallelujah!(Magnus Friedrich Roos)

6:3 Und wir geben niemand irgend ein Ärgernis, auf daß unser Amt nicht verlästert werde;

6:4 sondern in allen Dingen beweisen wir uns als die Diener Gottes: in großer Geduld, in Trübsalen, in Nöten, in Ängsten,
Ein Mensch ist leicht zu bewegen, daß er sich zuweilen und in einigen Stücken als ein Diener Gottes beweisen will; denn wer sollte nicht auch zuweilen eine löbliche That thun wollen? Wer sollte nicht auch zuweilen Barmherzigkeit oder Gerechtigkeit ausüben wollen, da doch das Gewissen dazu treibt, und der Mensch seine Zufriedenheit, seine Ehre und seine Belohnung dabei findet? Aber in allen Dingen sich als einen Diener Gottes beweisen, ist etwas Großes, und erfordert mehr als nur den Trieb des Gewissens, den alle Menschen haben, und die Vernunft und Kraft, die der Mensch nach seinem natürlichen Zustand hat. Es begegnen einem Diener Gottes allerhand Leiden, vor denen die Natur ein Grauen hat, und sich deßwegen zurückzieht. Man muß Arbeiten thun, für die man weder Dank noch Lohn von den Menschen empfängt. Man muß sich in Erkenntniß (oder praktischer Klugheit), in Langmuth, in Freundlichkeit, in dem Heiligen Geist, insofern er heilige Affekten erregt, in unbefärbter Liebe, in dem Wort der Wahrheit, (das man glaubt und bekennt, in der Kraft Gottes, durch Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten (womit man angreift) und zur Linken (womit man sich selbst schützt) als ein Diener Gottes beweisen, wie Paulus 2 Kor. 6. ausführlich sagt. Hier darf man wohl sagen: wer ist hiezu tüchtig? Niemand, als wen der Geist Gottes treibt, und die Liebe Christi drängt. Aber lasset uns doch unter dem Trieb dieses Geistes und unter dem Drang dieser Liebe uns als Diener Gottes in allen Dingen beweisen; denn gute Arbeit gibt herrlichen Lohn. Muß man dabei viele Arbeiten übernehmen, so ist die Ewigkeit lang genug zum Ruhen. Muß man sich dabei vielen Leiden unterwerfen, so wird der herrliche Gnadenlohn Alles ersetzen. Muß man, wenn die Welt ihre Diener belohnt, zurückstehen, so wird das himmlische Erbe allen erlittenen Schaden erstatten. Man muß freilich vor allen dingen Gnade entpfahen, hernach aber diese zum Dienst Gottes anwenden; damit man sie nicht vergeblich empfangen habe, und viel beten, damit man in der angenehmen Zeit des Neuen Testaments erhört werde, und dadurch Licht und Kraft, Segen und Trost vom HErrn bekomme. Ob man aber gleich bei dem Dienst Gottes vornämlich auf Gott sehen und Ihm gefällig sein soll, so soll man sich doch auch hüten, den Menschen ein Aergerniß zu geben, V. 1.2.3., dabei aber nicht so gefällig gegen sie sein, daß man sich in die Gemeinschaft ihrer bösen Werke, oder in eine sündliche Verbindung mit ihnen einflechten lasse, V. 14-17. Ein Diener Gottes ist auch ein Kind Gottes, V. 18., folglich ist sein Dienst kein unlustiger und gesetzlicher Dienst, gleichwie auch der HErr Seiner Diener schonet, wie ein Vater seines Sohnes schonet, der ihm dienet. Wir wollen dafür halten, Paulus rufe auch uns zu: in allen Dingen, folglich nicht nur in denjenigen, die man zum eigentlichen Gottesdienst rechnet, sondern in allen Dingen, die täglich vorkommen, lasset uns beweisen als die Diener Gottes. Es geschehe also durch des HErrn Gnade! (Magnus Friedrich Roos)

6:5 in Schlägen, in Gefängnissen, in Aufruhren, in Arbeit, in Wachen, in Fasten,

6:6 in Keuschheit, in Erkenntnis, in Langmut, in Freundlichkeit, in dem heiligen Geist, in ungefärbter Liebe,

6:7 in dem Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes, durch Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken,

6:8 durch Ehre und Schande, durch böse Gerüchte und gute Gerüchte: als die Verführer, und doch wahrhaftig;
Du brauchst nicht sagen: Jede andere Trübsal wollte ich ertragen, nur diese nicht. Hätte Gott dich da geschlagen, wo du weniger empfindlich bist, so würdest du deinen Götzen nie entdeckt, noch von dir getan haben. Sage nicht: wüsste ich, dass Gott mich aus dieser Trübsal erlösen wird, so wollte ich sie schon tragen. Hat er denn nicht versprochen, dass sie zu deinem Besten dienen soll? Ist es nicht genug, dass du sicher bist, durch den Tod von ihr befreit zu werden? Sage nicht: würde mich meine Trübsal nur nicht zur Erfüllung meiner Pflicht unfähig machen, so wollte ich sie schon ertragen! Sie macht dich nicht unfähig zur Erfüllung derjenigen Pflicht, welche zu deinem eigenen Besten dient, sondern sie hilft dir aufs Mächtigste dazu, darauf kannst du dich verlassen. Was aber die Pflichten gegen andere anbelangt, so ist das, wozu dich Gott unfähig macht, keine Pflicht mehr für dich.
Vielleicht möchtest du sagen: gerade die Gläubigen sind meine Widersacher; wären es Ungläubige, so könnte ich es leicht ertragen. Welches auch das Werkzeug sein mag, von Gott kommt die Trübsal und in dir selber liegt die letzte Ursache; und ist es dabei nicht besser, mehr auf Gott und dich selbst zu sehen? Wusstest du nicht, dass auch die besten Menschen noch Sünder sind? Sprich nicht: hätte ich nur den Trost, wovon du sagst, dass Gott ihn für Leidenszeiten aufbewahre, so wollte ich Alles ruhiger ertragen, aber davon empfinde ich nichts. Je mehr du um der Gerechtigkeit willen leidest, desto mehr darfst du von diesem Trost erwarten, je mehr du aber um deiner eigenen Übertat leidest, desto länger wird es anstehen - bis du jene Süßigkeit schmeckst. Hast du nicht den Trost, wonach du dich sehnst, vernachlässigt oder bist ihm widerstanden? Hast du auch deine Trübsal recht in dir verarbeitet und dich zum Trost geschickt gemacht? Nicht das Leiden an sich ist es, was dich dazu fähig macht, sondern die Frucht und Wirkung des Leidens auf dein Herz. (Richard Baxter)


Damit wir auf dem schmalen Felsengrat nicht rechts oder links abgleiten, werden uns Gewichte angehängt, die nur bei ganz geradem Gang in der Mitte sich die Balance halten; sobald wir uns nur ein wenig nach einer Seite neigen, bekommt das eine Gewicht zu viel Schwerkraft, und wir merken die Gefahr. Solche Gewichtspaare zählt hier der Apostel auf. Bald ist es Ehre, die uns schaden könnte; ihr wird nur durch ein entsprechendes Maß von Schande und Demütigung die Waage gehalten. Böse Gerüchte könnten die uns notwendige Achtung bei den Mitmenschen endgültig untergraben, wenn nicht gute Gerüchte diese Wirkung aufhöben. Während uns die einen für Verführer halten, treten andere Zeugen für unsere Wahrhaftigkeit auf. Miß diesen Gewichten nicht eine übermäßige Bedeutung zu; es sind nur begleitende Umstände, während die Fortbewegung zum Ziel die Hauptsache bleibt. Der Reiter muß vorwärts, ob Hunde ihn knurrend anbellen oder freundlich mit dem Schwanz wedeln. Das Schiff schwankt oder schaukelt im stillen Hafen nicht, oder wenn es an der Brücke festgemacht ist, sondern während es auf bewegter See vorwärtsfährt. Laß dich nicht bange machen, aber auch nicht in Sicherheit wiegen: wir müssen hindurch!
Darum bitte ich dich, mein Heiland, fördere die Schnelligkeit in der Richtung auf das andere Ufer. Mag es rechts und links aussehen, wie es will, ich bleibe ja nicht hier, sondern strebe dem ewigen Ziele zu. Hilf mir voran! Amen. (Samuel Keller)

6:9 als die Unbekannten, und doch bekannt; als die Sterbenden, und siehe, wir leben; als die Gezüchtigten, und doch nicht ertötet;
Wenn man sieht, wie heute die Reklametrommel von der Welt gerührt wird für jeden, der das Evangelium des Fleisches predigt, dann versteht man etwas von dem „Als die Unbekannten“. Es gibt große Lebensgebiete und Menschenkreise, die von den ersten Führern der christlichen Gegenwart nicht einmal den Namen wissen. Wer kannte auf dem Forum Romanum oder im römischen Senat oder unter den Lebemännern Roms damals Pauli Namen? Da können wir uns nicht wundern, daß damals fast die ganze zeitgenössische Literatur von Jesus schwieg. Als die Unbekannten! Was macht das, wenn man in politischen Kreisen oder auf der Börse deinen Namen nie hört! Wir sind bei Gottes Kindern doch bekannt. Wir sind droben beim Herrn doch bekannt. Er weiß sogar, wo wir wohnen und kennt alle Gedanken und Sorgen von ferne und schickt uns manche Aufmunterung gerade in dem Augenblick, wo wir ihrer bedurften. Es kennt der Herr die Seinen, und sie gehören in einer solchen Weise zueinander, daß man sich freut, wenn man in der Eisenbahn oder dem fremden Hotel aus einigen Worten die Blutsverwandtschaft des Reiches Gottes heraushört. Nicht wie viele uns kennen, sondern wer uns kennt, das ist unsere Freude.
Herr Jesus, du bist unser, wir sind dein. Du kennst uns, und wir lernen dich immer besser kennen. Segne uns auch die Bekanntschaft mit deinen Kindern auf Erden zu einem Hinweis auf die ewige Gemeinschaft. Amen. (Samuel Keller)


Auf ein Leben wie das des Paulus, paßt solch eine Beschreibung vortrefflich. Stets am Rande des Todes und wie eine tägliche Überraschung klingt es: siehe wir leben! Nicht unterzukriegen! Schwächlich, kränklich, tausend Gefahren, Verfolgungen und Unmöglicheit, durchzukommen, und jeder Tag wie ein Wunder. Schläge und Lasten, Enttäuschungen und Herzeleid, eine Welt voll Feindschaft, und Gottes Hand half doch stets wunderbar hindurch, daß er den Triumphgesang anstimmen kann:„In dem allem überwinden wir weit!“ Ganz so großartig und dramatisch paßt die Schilderung wohl kaum auf einen unter uns. Aber wir sind auch kleinere Leute. Uns wirft schon am Tage des nervösen Druckes eine kleine Enttäuschung, ein liebloser Brief, ein unguter Widerspruch ganz um. Wenn wir abends einen arbeitsreichen, mühevollen Tag durchdenken, haben wir doch auch mit dankbarer Beschämung sagen müssen: Ohne Jesu Hand und Hilfe wäre das nicht so gut gegangen. Oder wenn wir verzagt gewesen und vieles verkehrt gemacht hatten, müssen wir Gott danken, daß man uns nicht so schwere Lasten aufgelegt wie dem großen Apostel. Wenn nur das Ende das Werk krönt und wir den unverwelklichen Kranz des Sieges erlangen.
Herr, du weißt, was für elende Leute wir sind und wie schnell wir verzagen. Halte uns bei der Hand und bringe uns durch. Wir trauen es dir zu, daß du es gut machen wirst und wollen in deinen treuen starken Händen bleiben. Amen. (Samuel Keller)


Glaubige Christen können diese Worte in verschiedenem Verstand dem Apostel Paulus nachsprechen. Als Sünder sind wir von Natur als die Sterbenden. Wir sind des Todes schuldig, weil der Tod der Sünden Sold ist; aber in Christo leben wir durch die Gnade. Siehe, wir todeswürdige Sünder leben; das Leben sit uns in der Rechtfertigung zugesprochen, und wir sollen durch Christum ewiglich leben. Welch’ ein Wunder ist dieses!
Wenn wir wiedergeboren werden, so sterben wir durch den glauben an den gekreuzigten Christum der Sünde und dem Gesetz, und dieses Sterben wird immer völliger, je völliger der Glaube wird; aber siehe, wir leben auch mit Christo. Wir sind gestorben, und unser Leben ist verborgen mit Christo in Gott, Kol. 3,3. Gerechtfertigte dürfen dafür halten, daß sie der Sünde gestorben seien, und leben Gott in Christo Jesu, Röm. 6,11. Sie sind getödtet dem Gesetz durch den Leib Christi, daß sie eines Andern seien, nämlich deß, der von den Todten auferweckt ist, auf daß sie Gott Frucht bringen, Röm. 7,4.
Wahre Christen können noch in einem andern Sinn sagen: als die Sterbenden, und siehe, wir leben. Sie sind nämlich als Diener Gottes nach der Schwachheit ihres Leibes oft als die Sterbenden, und siehe, sie leben doch von einem Jahr zum andern, sie leben bis zum Ziel, das ihr HErr, dessen sie sind, und dem sie leben und dienen, ihnen vorgesteckt hat. In diesem Sinn hat Paulus diese Worte von sich und seinen Mitarbeitern gebraucht, ja er hat auch die Korinther aufgemuntert, sich in diesem Stück an sie anzuschließen. Lasset uns, sagt er, in allen Dingen uns beweisen als die Diener Gottes: in großer Geduld, in Trübsal, in Nöthen, in Aengsten, in Schlägen, in Gefängnissen, in Aufruhren, in Arbeit, in Wachen, in Fasten – durch Ehre und Schande, durch böse Gerüchte und gute Gerüchte, als die Verführer und doch wahrhaftig, als die Unbekannten und doch bekannt, als die Sterbenden, und siehe, wir leben, als die Gezüchtigten und doch nicht ertödtet, als die Traurigen, aber allezeit fröhlich, als die Armen, aber die doch Viele reich machen, als die Nichts inne haben, und doch Alles haben. Es ist klar, daß Paulus hier viele äußerliche Schwierigkeiten namhaft macht, durch welche ein Diener Gottes unverdrossen durchgehen, und unter welchen er den Dienst Gottes unermüdet fortsetzen solle. Unter diesen Schwierigkeiten sind einige der Ehre bei Menschen, andere der Gemächlichkeit und Gesundheit des Leibes, und wieder andere dem Reichwerden entgegengesetzt. Was den Leib anbelangt, so setzt ihm wenigstens die Arbeit zu, wenn er auch keine Schläge oder Bande leiden muß. Wehe aber demjenigen, der seines Leibes schont, wenn er seinem HErrn arbeiten soll. Oft ist man bei dem Dienst Gottes, der den Leib und die Seele angreift, als ein Sterbender. Es ist nahe dabei, daß das natürliche Leben aufgerieben werde; aber siehe, welch’ ein Wunder! wir leben, nachdem wir viel gearbeitet haben; da Andere, die ihrer selbst geschont haben, vielleicht gestorben sind. Wir sind leibeigene Knechte des HErrn. Ihm leben wir, Ihm sterben wir. Sein sind wir todt und lebendig. Wir sollen unser Leben nicht für so theuer oder kostbar halten, daß wir es nicht gern in den Tod geben um Jesu willen. Er wird’s aber, weil wir Ihm leben, so lange durch Seine allmächtige Kraft erhalten, als Er uns auf Erden zu Seinem Dienst wird brauchen wollen. (Magnus Friedrich Roos)

6:10 als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts innehaben, und doch alles haben.1)
Immer fröhlich! Ist mein Symbolum. Was fragst du darnach? Traure du und zernage immerhin dein Herz. Ich thue es nicht. Will mich der Teufel verzagt machen, ich biete ihm die Stirn und spreche: Weg von mir, Satan! Immer fröhlich! ist mein Symbolu. Weißt du das nicht? Bin ich krank; unbetrübt. Lazarus, den Jesus lieb hatte, war auch krank (Johannes 11,3). Die Liebe duldet Streiche. Je härter sie gegeben werden, je heilsamer sind sie. Gott hauet uns mit der Ruthe, aber er errettet uns von der Hölle (Sprüche 23,14). So viel Jahre bin ich gesund gewesen, warum sollte ich nicht Gott zu Ehren auch ein paar Wochen krank sein? Abwechslung ist gut. Haben wir Gutes empfangen von Gott und solltan das Böse nicht auch annehmen? (Hiob 2,10). Die Seele ist, gottlob! gesund. Auf meinen kranken Leib hat Gott die allerzarteste Aufsicht. Für kranke Kinder sorgen die Eltern am meisten. „Gott erquicket mich auf meinem Siechbette und hilft mir von aller meiner Krankheit“ (Ps. 41,4). Was will ich mehr?Werde ich verunglimpft: darum nicht traurig! Mußte nicht mein Jesus auch hören, daß er wäre ein Weinsäufer, der Zöllner und Sünder Gesell? (Matth. 11,19). „Ich rufe zzu Gott, dem Allerhöchsten, der sendet vom Himmel und hilft mir und beschämt meinen Verschlinger (Ps. 57, 3.4.) Mein Gewissen beißt mich nicht, das geht über tausend Zeugen. Sollt mich das betrüben, daß man Böses von mir redet, da ich kein Böses gethan habe? Ach nein, vielmehr erfreuen. So mein Verleumder ein Buch wider mich schriebe, so wollt ichs auf meine Achseln nehmen, und mir wie eine Krone umbinden (Hiob 31, 35.36.) Ich weiß ja, was Jesus sagt: „Selig seid ihr, wenn euch die Menschen meinetwillen schmähen und reden allerlei UEbels wider euch, so sie daran lügen. Denn also haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch gewesen sind“ (Matth. 5,11.12.) Ueberfällt euch allgemeine Noth und Trübsal: unverzagt! Das Glied kann's nicht besser haben, als der Leib. Wenn alle, die im Schiffe sind, zu Grunde gehen, warum sollt ich allein übrig bleiben? Laß trauern, die keinen Glauben haben. Ich bin versichert, daß „der Helfer Israel nicht schläft noch schlummert“ (Ps. 121, 4.) Ist doch ein Gott im Himmel, der an mich denkt und für mich sorgt. Hab ich solch Leiden verdienet mit meinen Sünden, so will ich Buße thun und Gnade suchen. Der Gott, der allen bußfertigen Sündern Gnade und Vergebung zusagt, wird auch mich armen Sünder nicht verstoßen. Verlier ich meine Freunde, Weib und Kind: den Muth will ich doch nicht verlieren. „Gott hat's gegeben, Gott hat's genommen. Der Name des Herrn sei gelobet“ (Hiob 1, 21.). Bleibt mir doch Gott noch. Sterben ist nur ein SCheiden, nicht ein Verlust. Das ich liebte, liebt Jesus auch. Es war mit ihm näher vereinigt, als mit mir. Ich muß es meinem Jesu gönnen, und meinem Freund den Himmel nicht mißgönnen. Kom ich um das Meine: noch beherzt! Mein Gut ist nicht mein Gott. Was sag' ich, mein Gut? Wär' es ein wahres Gut gewesen, hätt' es nicht können verloren werden. War's doch nicht mein, sondern meines Gottes. Warum sollt mich verdrießen wieder zu geben, was mir nur geliehen ist? Leide ich doch noch keine Noth. Ich danke Gott für das, was ich habe, und habe schon vergessen, was ich hatte. Mit NAhrung und Kleidung bin ich zufrieden (1 Tim. 6,8). Der ist reich genug, der sich genügen läßt. Mir ist eine große Bürde abgenommen, daß ich desto behender zum Himmel steigen kann. Wie wohl ist mir! Manch Kornfeld ist verdorben durch allzu dicke Saat. Mancher schöne Ast zerbrochen unter der Last allzu vieler Früchte. Ich denke noch wohl an die Worte meines Heilandes: „Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen“ (Mark. 10,24.).
Der Kameelrücken ist weg, nun kann ich desto bequemer durch das Nadelöhrlein durchkriechen. Das Gut ist weg, die Sorge ist weg, die Verantwortung ist weg; ich bin noch eins so fröhlich, als ich vorher war. Ich will dies sagen mit Wenigem, was ich meine. Mein Herz ist mit Gott so fest vereiniget, daß mich nichts betrübet, denn nur - was Gott erzürnen kann. (Heinrich Müller)


Wenn alles gut und glatt geht, sprechen auch viele Anfänger im Christentum solche große Worte dem Apostel ziemlich gedankenlos nach. Sobald etwas in ihrem leiblichen Befinden oder sonst im irdischen Ergehen drückt, werden sie kleinlaut, und wenn noch eine wirkliche Anfechtung oder eine längere Leidenszeit über sie kommt, dann klagen sie nach derselben Melodie wie die Weltmenschen. Es gehört schon mehr Erfahrung und mehr Glauben dazu, jeder der beiden Seiten dieses Wortes ihren inneren vollen Ton abzugewinnen. Traurige, die einen ständigen Grund haben; denn der Schmerz über eigene und fremde Sünde ist keine Augenblicksstimmung, sondern der dunkle Hintergrund, der uns nicht mehr verläßt, solange wir auf Erden bleiben. Man braucht nur diese Saite anzurühren, so klirrt sie leise mit in alles sonstige Erleben hinein. Daneben allezeit der Freudengrund der Erlösung - die starke Hoffnung auf das völlige zukünftige Heil - der Ton schlummert auch in der einen Saite unseres inneren Lebens und braucht nur gestreift zu werden, so klingt er hell hinein und schafft einen Wechsel der Stimmung. Regen bei Sonnenschein. Und der Sonnenschein wird zuletzt siegen.
Du, Herr Jesus, bist unserer Seele Sonnenschein! Es ist dir ein Kleines, unser trauerndes Herz froh zu machen. Wie du willst, so soll's sein; wir sind dein, zum Dienst bereit in Tränen oder Jauchzen. Dein Name sei gepriesen! Amen. (Samuel Keller)


„Gold und Silber habe ich nicht, was ich aber habe, gebe ich dir“ - mit solchen Worten leitete Petrus die Heilung des Lahmen ein. „Was ich aber habe“ - ja, darauf kommt's an, daß man das hat; nämlich die Kraft Christi. Ob's zum Heilen körperlicher Leiden sein soll (was auch vorkommt), oder zur Überwindung von Sünde, Stählung des Willens, Stiftung des Friedens in den Häusern oder Rettung verlorener Söhne und Töchter - die Kraft Christi, die Gabe seines Lebens ist es, wodurch sich unser Reichtum von jedem andern unterscheidet. Anzusehen ist den unscheinbaren Jüngern Jesu davon nichts Die Welt spottet über ihre Armseligkeit; sie aber gehen als die Glücklich-Besitzenden lächelnd mitten durch die Masse der Spötter; wissen sie es doch:„Wir sind reicher als ihr alle! Was kein Wissen und kein Gold von dieser Welt ersetzen kann, ist unser Eigentum.“ Bei plötzlichen Unglücksfällen und an Sterbebetten kommt's an den Tag, was dieser Reichtum bedeutet. Dann können diese Armen doch noch viele reich machen. Ein Reicher von dieser Welt kann keinen andern Menschen wirklich reich machen, ohne dadurch selbst ärmer zu werden. Bei uns verdoppelt sich die Habe durch jede ausgestreute Gabe. Wer Jesus hat, der hat alles.
Darum sollst du, Herr Jesus, uns immer besser in deine Hände bekommen. Denn dann haben wir mehr von dir und dadurch können wir immer mehr von dir weggeben. Nimm uns und gib dich uns! Amen. (Samuel Keller)

6:11 O ihr Korinther! unser Mund hat sich zu euch aufgetan, unser Herz ist weit.

6:12 Ihr habt nicht engen Raum in uns; aber eng ist's in euren Herzen.
Trotz seiner Weitherzigkeit gegen die Leser in Korinth muß Paulus ihnen Engherzigkeit vorwerfen. Das ist ein eigentümlicher Vorwurf für einen Christen. Es ist keine wirkliche Sünde und doch ein schwerer Mangel. Jesus ist weitherzig und will seinen Leuten auch zu jener seligen Herzerweiterung helfen, daß sie alle Welt mit ihrer Liebe umfassen können. Lies die Schilderung seiner Weitherzigkeit im 13. Kapitel des ersten Korintherbriefes nach. Ist einer der wirklich an ihn Glaubenden engherzig gegen fremde Anlagen und Temperamente, oder engherzig in Almosen und Gastfreundschaft, oder in Liebesbeweisen, die bloß Liebe und kein Geld kosten, dann hat er sich gegen den erweichenden Strom der Jesusart in solch einem Punkt böse verschlossen. Solch einem wünsche ich zur Kur beides: erst soll er unter der Engherzigkeit eines Bruders an einem Punkt, wo er meint, selbst schon weit gekommen zu sein, eine so beglückende Weitherzigkeit genießen, daß er betroffen darüber nachdenken muß. Wenn er dann mit diesen zwei Arzneien zum Heiland geht; wird ihm derselbe im Nu zeigen, wie er ihn sich denkt.
Herr, lehre uns, wir wollen stille sitzen zu deinen Fußen und lernen. Vergib uns unsere Sünden, damit wir mehr lieben können, denn, wem viel vergeben ist, der liebt viel. Und dann zieh uns in die Ähnlichkeit mit dir hinein um deinetwillen. Amen. (Samuel Keller)

6:13 Ich rede mit euch als mit meinen Kindern, daß ihr euch auch also gegen mich stellet und werdet auch weit.

6:14 Ziehet nicht am fremden Joch mit den Ungläubigen. Denn was hat die Gerechtigkeit zu schaffen mit der Ungerechtigkeit? Was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis?

6:15 Wie stimmt Christus mit Belial? Oder was für ein Teil hat der Gläubige mit dem Ungläubigen?
Wer stundenlang mit Weltleuten zusammensitzt und an ihren eitlen Gesprächen teilnimmt, der wird unversehens angesteckt und erfüllt vom Weltgeist. Hütet euch davor! Wer sich aber im Kreise gottgeweihter Seelen bewegt, mit ihnen geistliche Lieder singt, Gottes Wort liest und bespricht und an ihrem gemeinsamen Gebet regen Anteil nimmt, der wird durchdrungen und erfüllt vom Heiligen Geiste. Das Verharren in geistlichen Dingen macht die Herzen sehr empfänglich. Wir müssen das Gute suchen, wenn wir es haben wollen, und wir müssen im Wort und im Gebet verharren, wenn Fortschritt und Wachstum unser Anliegen ist. Umgang und Verkehr sind eine Macht. Halte dich zu denen, mit welchen du zusammen leben möchtest in der Ewigkeit! Gleichgesinnte verstehen sich. Der Herr ist bei den Seinen. Wo bist du? Gehst du mit den Kindern dieser Welt, findet man dich in ihrer Gemeinschaft? Willst du im Jenseits mit Ungläubigen, mit Gottlosen zusammenwohnen? Willst du in ihrer Gesellschaft die Ewigkeit zubringen? Nein, nein, sprichst du. Nun, dann handle nach deiner innersten Überzeugung. Die Gegenwart ist die Wurzel der Zukunft. Wähle! Sprichst du von unüberwindlichen Rücksichten? Berücksichtige deinen Heiland auch! Warum stehen dir denn die Menschen so hoch, dass du auf sie so viel Rücksicht nimmst? Steht dir denn der Herr des Himmels so niedrig, dass du auf Ihn und Sein heiliges Gebot nicht achtest? Vielleicht hast du das noch nie bedacht. So bedenke es jetzt. (Markus Hauser)

6:16 Was hat der Tempel Gottes für Gleichheit mit den Götzen? Ihr aber seid der Tempel des lebendigen Gottes; wie denn Gott spricht: „Ich will unter ihnen wohnen und unter ihnen wandeln und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein.
Was für ein lieblicher Name: „Mein Volk!“ Was für eine köstliche Offenbarung: „Ihr Gott!“ Welch eine Fülle des süßesten Inhalts ist in diesen beiden Worten eingeschlossen! - Es liegt darin zunächst eine Auszeichnung. Denn die ganze Welt ist Gottes; der Himmel und aller Himmel Himmel ist des Herrn, und Er herrschet unter den Menschenkindern; aber von denen, die Er auserwählt hat, die Er sich erkauft hat mit Blut, sagt Er etwas, was Er von keinen andern sagt; Er nennt sie: „Mein Volk.“ In diesem Worte liegt der Begriff des Eigentumsrechts. In einem ganz besondern Sinne heißt es: „Des Herrn Teil ist sein Volk; Jakob ist die Schnur seines Erbes.“ Alle Völker auf Erden sind sein; die ganze Welt steht unter seiner Gewalt; dennoch ist sein Volk, das Volk seiner Wahl, in ganz besonderem Sinne sein Eigentum; denn Er hat mehr für sie und um ihretwillen getan als für andre; Er hat sie mit seinem Blut erkauft; Er hat sie zu sich gezogen aus lauter Güte; Er hat ihnen seine ganze Seele in Inbrunst zugewendet; sein großes Herz schlägt ihnen entgegen; Er hat sie geliebt mit einer unaufhörlichen, ewigen Liebe, dass auch viele Wasser nicht mögen die Liebe auslöschen, noch die Ströme sie ersäufen, eine Liebe, welche die Flut der Zeiten auch nicht im mindesten wird abschwächen können. Liebe Freunde, könnt ihr euren Blick hinauf richten gen Himmel und sagen: „Mein Herr und mein Gott! mein! durch jene unaussprechlich liebliche Verwandtschaft, welche mir das Recht gibt, Dich Vater zu nennen; mein! durch jene geheiligte Freundschaft und Gemeinschaft, die meine höchste Wonne ist, wenn es Dir wohl gefällt, Dich mir zu offenbaren, wie Du Dich der Welt nicht offenbarest?“ Kannst du das Buch der von Gott eingegebenen Schrift aufschlagen und darin das Vermächtnis deiner Erlösung lesen? Kannst du deinen Namen finden, der mit teurem Blut geschrieben steht? Kannst du in demütigem Glauben den Saum des Kleides Jesu berühren und sprechen: „Mein Christus?“ Wenn du das kannst, dann spricht Gott von dir und von den andern, die dir gleich sind: „Mein Volk;“ denn wenn Gott dein Gott ist, und Christus dein Christus, so hat der Herr eine besondere, innige Zuneigung zu dir; du bist sein auserwähltes Kind, angenehm gemacht in seinem lieben Sohn. (Charles Haddon Spurgeon)


Hier ist ein wechselseitiges Interesse. Eines gehört dem andren. Gott ist das Teil Seines Volkes, und das erwählte Volk ist das Teil seines Gottes. Die Heiligen finden in Gott ihr vorzüglichstes Besitztum, und Er hält sie für einen besonderen Schatz. Was für eine Fundgrube von Trost liegt in dieser Thatsache für jeden Gläubigen!
Dieser glückliche Zustand wechselseitigen Interesses führt zu wechselseitigem Andenken. Gott wird immer an die Seinen denken, und sie werden immer an Ihn denken. Heute will Gott alles für mich tun; was kann ich für Ihn tun? Meine Gedanken sollten zu Ihm eilen, denn Er denket an mich. Ich will darauf achten, daß sie dies wirklich tun, und mich nicht mit dem bloßen Zugeständnis begnügen, daß sie es tun sollten.
Das führt weiter zu wechselseitiger Gemeinschaft. Gott wohnet in uns, und wir wohnen in ihm; Er wandelt mit uns, und wir wandeln mit Gott. Glückliche Gemeinschaft dies!
O, daß ich Gnade hätte, um den Herrn als meinen Gott zu behandeln; Ihm zu vertrauen und Ihm zu dienen, wie Seine Gottheit es verdient! O, daß ich Jahwe im Geist und in der Wahrheit lieben, verehren, anbeten und gehorchen könnte! Dies ist meines Herzens Wunsch. Wenn ich das erreicht, so werde ich meinen Himmel gefunden haben. Herr, hilf mir! Sei mein Gott, indem Du mir hilfst, Dich als meinen Gott zu erkennen, um Jesu willen. (Charles Haddon Spurgeon)

6:17 Darum gehet aus von ihnen und sondert euch ab, spricht der HERR, und rührt kein Unreines an, so will ich euch annehmen
Es gibt Leute, welche Gewissens halber sich von der Kirche und dem heiligen Abendmahl absondern, weil sie sehen, daß Lehrer und Zuhörer sie mißbrauchen. Allein ob man sich schon von dem Mißbrauch absondern soll, so soll man sich doch von guten und heiligen Dingen selbst, die eines guten Gebrauchs fähig sind, nicht absondern, weil man sich sonst auch der Speise und des Tranks und aller bürgerlichen Handthierungen, welche von Vielen sündlich mißbraucht werden, enthalten müßte. Und was schadet’s einem Kind Gottes, wenn er in der Kirche, wo es noch am ehrbarsten hergeht, unter Maulchristen sitzen oder zum heiligen Abendmahl gehen muß, da doch Gott die Seinigen allenthalben kennt, und das Unkraut und der Waizen allenthalben nahe bei einander stehen? Der HErr Jesus hat es auch den redlichen Christen zu Sarden nicht verargt, daß sie sich von ihrem todten Lehrer nicht abgesondert haben, sondern war zufrieden, daß sie nur ihre Kleider nicht besudelt haben, Offenb. 3,4. Die Ausschließung aller muthwilligen Sünder aus den christlichen Gemeinden ist jetzt leider nicht mehr möglich; wenn sie aber auch möglich wäre, so würde sie nicht von einzelnen Christen, sondern von ganzen Gemeinden gefordert, gleichwie sie Paulus von der korinthischen Gemeinde gefordert hat. Wo ist aber jetzt eine Gemeinde, die nur der korinthischen gleich wäre? Man soll ausgehen; von wem aber? von den Unglaubigen. Wie aber? So daß man sich absondere. Wie soll man sich aber absondern? So daß man nicht am fremden Sündenjoch mit den Unglaubigen ziehe, mit der Finsterniß keine Gemeinschaft zu haben begehre, mit Belial nicht übereinstimme, und den Götzen nicht anhange. Man soll kein Unreines anrühren. Was ist aber unrein? Der Genuß, den man von der Ungerechtigkeit hat, oder der Theil oder Gewinn, den der Unglaubige als ein Unglaubiger hat, da er nämlich von der Welt geliebt wird, und sich einen Vortheil mit Hintansetzung des Glaubens und guten Gewissens macht. Zu diesen Dingen darf man nun die Kirche und die heiligen Sakramente nicht rechnen, aber auch die Sachen nicht, die zur bürgerlichen und häuslichen Gesellschaft gehören; wie denn Paulus 1 Kor. 5,10. ausdrücklich sagt, wahre Christen müssen mit Hurern, Geizigen und andern groben Sündern nach dem äußerlichen Leben zu thun haben, weil sie sonst die Welt räumen müßten. Sie sind aber verpflichtet, so, wie es Paulus selber 2 Kor. 6,14.15.16. erklärt, von der Welt auszugehen, weil sie Knechte der Gerechtigkeit, und ein Licht in dem HErrn, und ein Eigenthum Jesu Christi, und ein Tempel Gottes sein sollen, und weil sie der HErr zur ewigen liebreichen Verpflegung annehmen, und ihr Vater sein will, gleichwie sie hingegen Seine Söhne und Töchter sein sollen; da es dann höchst nothwendig ist, daß sie von den Unglaubigen, die der Ungerechtigkeit ergeben sind, in der Finsterniß wandeln, den Belial zum HErrn haben, den Götzen anhangen, und mit dem heiligen Gott nichts zu thun haben wollen, abgesondert seien. Diese Absonderung werde dann auch bei uns immer völliger, und unsere Vorsichtigkeit, nach welcher wir kein Unreines anrühren sollen, immer größer.(Magnus Friedrich Roos)


So lange der Christ in der Welt ist, soll er nicht von der Welt sein. Er soll sich von ihr unterscheiden in dem großen Ziel seines Lebens. „Christus“ soll „sein Leben“ sein. Ob er esse, oder ob er trinke, oder was er sonst tue, das soll er alles tun zu Gottes Ehre. Ihr dürft euch Schätze sammeln; aber sammelt sie euch im Himmel, da sie weder die Motten noch der Rost fressen, noch die Diebe nachgraben und stehlen. Ihr dürft suchen reich zu werden; aber euer Ruhm sei, dass ihr „reich werdet am Glauben und an guten Werken.“ Ihr dürft euch Freuden gönnen; wenn ihr aber fröhlich seid, so singt Psalmen, und dichtet in euren Herzen ein feines Lied zum Lobe des Herrn. In eurem Geist wie in euren Neigungen sollt ihr euch nicht dieser Welt gleichstellen. Wenn ihr demütig bleibt vor Gott, wenn ihr allezeit eingedenk seid seiner Gegenwart, wenn ihr euch freuet in der Gemeinschaft mit Ihm, und wenn ihr sucht, seinen Willen zu erkennen, dann zeigt ihr, dass ihr himmlischen Geschlechts seid. Und ebenso solltet ihr „abgesondert sein“ von der Welt in euren Taten. Ist etwas recht, so tut‘s, auch wenn‘s zu eurem Nachteil ist; ist‘s ungerecht, so hasset die Sünde um eures Meisters willen, auch wenn sie euch reichen Gewinn eintrüge. Habt keine Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, sondern straft dieselben. Wandelt würdig eures hohen Berufs und euer Erwählung. Bedenke, lieber Christ, dass du ein Sohn des Königs aller Könige bist. Darum bewahre dich unbefleckt von der Welt. Besudele die Finger nicht, die bald die himmlischen Saiten der goldenen Harfe rühren werden; lass deine Augen, die bald schauen sollen den König in seiner Schöne, nicht Fenster der Lust werden; lass nicht in morastigen Sümpfen deine Füße sich besudeln, welche bald wandeln werden durch die goldenen Gassen der himmlischen Stadt; lass nicht dies Herz sich mit Stolz und Bitterkeit erfüllen, das doch nach kurzer Frist soll vom Himmel erfüllt sein, und überfließen soll von überschwänglicher Freude. (Charles Haddon Spurgeon)

6:18 und euer Vater sein, und ihr sollt meine Söhne und Töchter sein, spricht der allmächtige HERR.
Der Apostel ermahnt in diesem Kapitel die Korinther, sich abzusondern von den Ungläubigen. Heißt das, alle Verbindungen mit ihnen aufheben, kein Geschäft, keine Arbeit mit ihnen vollbringen, ihnen jede Hülfleistung versagen? Gewiß nicht; denn dann müßte jede gesellschaftliche Verbindung und bürgerliche Ordnung aufhören. Oder heißt es, ihnen jede Liebe und Theilnahme in der Noth entziehen? Noch weniger, die Liebe soll sich erstrecken auf Freund und Feind und nimmer aufhören. Was der Apostel verbietet, ist die Gemeinschaft mit den unchristlich Gesinnten im Bösen, daß wir uns durch sie nicht zur Sünde verleiten lassen, daß wir insbesondere ihre unchristlichen Grundsätze nicht theilen, ihren verderbten Geist und Sinn uns nicht aneignen. Dahin gehören also alle öffentlichen Gesellschaften, Vergnügungen und Lustbarkeiten, alle Verbindungen, welche es sich zum Zwecke machen, den heiligen Tempel Gottes im Herzen niederzureißen, über Gott und sein Wort ungeziemend zu sprechen und darüber zu spötteln. Je leichter die Gefahr der Ansteckung ist, desto mehr müssen wir auf unserer Hut sein und jeden Umgang der Art meiden, wenn wir auch der Welt dadurch Anstoß geben und viel Nachtheil davon haben sollten; der Gewinn für unser Herz ist doch überwiegend. Wir sind dies der Herrlichkeit der christlichen Wahrheit schuldig, daß wir sie bekennen; wir sind es der christlichen Gemeinschaft der Kirche schuldig, daß wir sie so rein von der Welt erhalten wie möglich; wir sind es den unchristlich Gesinnten und Weltmenschen selbst schuldig, damit sie durch unser Schweigen und unsern Umgang nicht bestärkt werden im Bösen. Wehe, wenn wir um irdischen Vortheils willen das Böse beschönigten, statt sie in allem Ernst zu warnen und zu strafen! Es ist freilich viel christliche Weisheit dazu nöthig; aber wer da bittet, dem soll sie gegeben werden. Herr, gieb mir solche Weisheit, Treue und Festigkeit. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Wir finden in diesem Kapitel eine herzliche apostolische Vermahnung, daß alle die, welche in der von Jesaja zuvor verkündigten angenehmen Zeit leben, die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangen, daß sie vor allem Aergerniß und sündlicher Gemeinschaft mit den Ungläubigen und Kindern der Finsterniß sich hüten, und daß sie in allen Dingen, in ihrem ganzen Wandel, als die Diener Christi sich bezeigen und aufführen sollen.
Gleichwie wir nun durch Gottes Gnade auch heutiges Tags, da das Evangelium von der Gnade Gottes reichlich unter uns geprediget wird, in der angenehmen Gnadenzeit, an dem Tage des Heils, leben, so sollen wir dasselbe auch uns gesagt seyn lassen, damit wir die Gnade Gottes nicht vergeblich empfahen; was geschieht, wenn man in seiner Unbußfertigkeit wider alles Warnen fortfährt, nach der Gnade Gottes ein schlechtes Verlangen trägt - und die sündliche Lust, die vergänglichen Güter, die zeitliche Ehre der Welt höher achtet, als Christi Verdienst und Gottes Wort.
Wir sollen uns auch alles Fleißes hüten, daß wir niemand irgend ein Aergerniß durch sündlichen Wandel geben, damit unser Christenthum nicht verlästert werde, und damit uns nicht das Wehe, welches unser Heiland darauf geleget hat, zu unserm unerträglichen Gericht treffen möge.
Vielmehr sollen wir uns bestreben, als Diener Christi in geduldigem Dulden von allerhand Trübsalen, in Langmuth und Liebe gegen unsere Nächsten, in der Kraft Gottes und in den Waffen der Gerechtigkeit bei dem Kampf wider die Sünde uns zu bezeigen, damit wir nicht allein bei allem äußerlichen Anschein eines unglückseligen Zustandes dennoch - der innerlichen und wahren Beschaffenheit nach - glücklich und vergnügt seyn, sondern auch mit allen Gläubigen Gottes Tempel und Wohnungen, Söhne und Töchter heißen - und durch diese herrlichen Verheißungen zum Fleiß in der Gottseligkeit, zur Behutsamkeit in unserm Wandel - und zur Geduld in all unseren Leiden ermuntert werden mögen; was Gott durch Christum geben wolle. Amen. (Veit Dieterich)

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