Zuletzt angesehen: Römer, Kapitel 13

Römer, Kapitel 13

Römer, Kapitel 13

13:1 Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet.
Nachdem die Menschen nach der Sündfluth sich gemehrt hatten, konnten sie nicht mehr allein durch die Stammväter regiert werden. Die Nothwendigkeit, die wilden Thiere auszurotten, die sich sehr gemehrt hatten, verursachte, daß viele Menschen den Nimrod, der ein gewaltiger Jäger war, zu ihrem Anführer erwählten, und ihm zuerst bei der Jagd, hernach aber auch in ihren übrigen Angelegenheiten Gehorsam leisteten. Und so entstand das erste Reich im Morgenland in der Gegend des Euphrats. Diesem Beispiel ahmten bald andere Haufen von Menschen nach, weßwegen zu Abrahams Zeit schon mehrere Könige auf dm Erdboden waren, wiewohl es doch noch Stammväter gab, die keine Obrigkeit über sich erkannten, wie Abraham, Isaak, Jakob, Laban und andere. Es gab auch Völker, die anstatt eines Königs einen Rath von alten und weisen Männern setzten, welcher richten und schlichten mußte. Unter einem solchen Volk lebte Hiob, der von sich selbst Kap. 31,21. sagt, daß er im Thor, wo man Gericht hielt, Macht gehabt habe, zu helfen. Unter dem Volk Israel war eine lange Zeit kein König, und das ganze Regiment beruhte auf den Aeltesten jeder Stadt, in wichtigen Fällen auf einem großen Landtag, und zuweilen setzte Gott einen Richter, der im Krieg der Anführer, und in Friedenszeiten der Schiedsrichter bei schweren Händeln sein mußte. Endlich setzte Gott Könige unter Seinem Volk, wobei aber dieses sonderbar war, daß der HErr selbst den König, oder wenigstens das Geschlecht, welches die königliche Würde erblich besitzen sollte, durch einen Propheten ernannte, wie von Saul, David und Jerobeam bekannt ist. Wenn unter den zehn Stämmen, die von dem Reich Juda getrennt waren, Könige nach menschlicher Willkür aufgestellt wurden, so klagt der HErr Hos. 8,4.: sie setzen Könige ohne Mich. Die israelitischen Könige durften keine Gesetzgeber sein, sondern mußten nach dem göttlichen Gesetz regieren, und mußten in wichtigen Angelegenheiten sich von den Aussprüchen der Propheten oder auch von dem Licht und Recht leiten lassen, und sündigten, wenn sie es nicht thaten. Ein solches Reich heißt man eine Theokratie. Vom vierten Jahr Jojakins an wurde das Volk Gottes den Königen in Babel, und nach diesen den persischen, griechischen und römischen Regenten unterworfen. Auch entstanden zuletzt christliche Weltreiche, worin der größte Theil der Kirche seinen Aufenthalt hat, übrigens aber die Regenten und ihre Diener nicht mehr durch Propheten ernannt werden, und menschliche Gesetze anstatt der göttlichen, wie auch menschliche Räthe anstatt prophetischer Aussprüche gelten. Paulus, der zur Zeit der heidnischen Kaiser, die das römische Reich beherrschten, lebte, sagte in seinem Brief an die Christen zu Rom, welche die Kaiser und ihren Hofstaat und den römischen Rath in der Nähe ansehen, und an Vielem, das da vorging, sich ärgern konnten: Jedermann sei unterthan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat; denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott. Wo aber eine Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet. Obgleich Gott sie nicht unmittelbar ernennt, wie den Josua, und durch keinen Propheten erwählen und salben läßt, wie den Saul und David, so setzt Er sie doch durch Seine Vorsehung und durch Seine herzlenkende Kraft in ihr Amt; und wenn es auch auf’s Schlimmste hergeht, so ist doch Seine Zulassung zu verehren. Wer Gott treu ist, ist auch seiner Obrigkeit treu, und ein frommer Christ ist immer ein guter Bürger. (Magnus Friedrich Roos)

13:2 Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt Gottes Ordnung; die aber widerstreben, werden über sich ein Urteil empfangen.

13:3 Denn die Gewaltigen sind nicht den guten Werken, sondern den bösen zu fürchten. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes, so wirst du Lob von ihr haben.

13:4 Denn sie ist Gottes Dienerin dir zu gut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst; sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe über den, der Böses tut.

13:5 Darum ist's not, untertan zu sein, nicht allein um der Strafe willen, sondern auch um des Gewissens willen.

13:6 Derhalben müßt ihr auch Schoß geben; denn sie sind Gottes Diener, die solchen Schutz handhaben.

13:7 So gebet nun jedermann, was ihr schuldig seid: Schoß, dem der Schoß gebührt; Zoll, dem der Zoll gebührt; Furcht, dem die Furcht gebührt; Ehre, dem die Ehre gebührt.

13:8 Seid niemand nichts schuldig, als daß ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt.
Jede Rechtspflicht läßt sich erfüllen. Denn es gibt keinen Menschen, der so über mich Herr wäre, daß ihm mein ganzes Leben und meine ganze Kraft gehörte. Der Anspruch, den ein Mensch an mich hat, ist immer begrenzt. Ich kann ihn daher befriedigen und ihm bezahlen, was er von mir zu fordern berechtigt ist. Aber über dem Recht steht die Liebe und sie hat kein Maß. Ihr Anspruch endet nicht, verpflichtet immer neu und füllt mir jeden Tag wieder frisch mit ihrem Werk. Man liebt nie genug. Weil die Liebe nicht aufhören kann, ist sie größer als das Recht; sie ist aber nicht gegen das Recht, sondern erfüllt das Gesetz. Das ist das allererste, was sie tut. Sie schafft vor allem Gerechtigkeit und gibt dem anderen das, was ihm gehört. An dieser Stelle scheiden sich die unechte und die echte Liebe. Wenn ich dem anderen im Namen der Liebe zumute, daß er auf sein Recht verzichte, so habe ich mit häßlicher Unwahrhaftigkeit meinen Eigennutz mit dem Namen „Liebe“ verschönt. Was tut denn die Liebe? Nimmt sie oder gibt sie? Sie gibt. Sie gibt dem anderen seine Ehre und erniedrigt ihn nicht. Sie hilft ihm, zu erwerben, und saugt ihn nicht aus. Wie sie ihm seinen natürlichen Besitz sichert, so schützt sie auch sein geistiges Eigentum. Sie raubt dem anderen nicht den eigenen Willen und verbietet ihm die eigene Ueberzeugung nicht. Sie hält ihre Hände rein von aller Gleichmachtung; denn sie ist das Kind der Freiheit und kann deshalb nicht knechten, sondern befreit. Sie sinkt nicht unter das Gesetz hinab, sondern bewegt sich nach oben und fährt über das Gesetz hinauf und ist mit dem, was das Gesetz verlangt, noch nicht zufrieden, weil sie nach der ganzen Gemeinschaft begehrt. Das ist ihre Art, die ihr nicht fehlen kann, weil sie mein eigener Wille ist, nicht von außen in mich hineingetragen, nicht von einer fremden Macht mir auferlegt, sondern meines eigenen Ichs innerste Bewegung, eins mit meinem Leben und darum in mir vorhanden, solange ich lebendig bin.
Weil du, Vater, uns die Liebe gibst, gönnst du uns einen Blick in deine Herrlichkeit. Die Liebe hört in uns nicht auf; denn sie endet nicht in dir. Sie hat in dir die Fülle, aus der Gnade um Gnade zu uns kommt, den nie erschöpften Reichtum, der Ewigkeiten mit immer neuem Leben füllt. Amen. (Adolf Schlatter)

13:9 Denn was da gesagt ist: „Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis geben; dich soll nichts gelüsten “, und so ein anderes Gebot mehr ist, das wird in diesen Worten zusammengefaßt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

13:10 Denn Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.1)
Gott ist Liebe. Weil wir nun Sein Bild in uns haben und Seine Nachfolger sein sollen, so ist nöthig, daß wir die Liebe, die, wie Johannes sagt, von Gott ist, in uns haben, und in derselben bleiben und wandeln. Weil aber die Liebe des Gesetzes Erfüllung ist, und der ganze christliche Wandel auch ein Wandel in der Liebe heißt; so dürfen wir die Liebe nicht in einem eingeschränkten Verstand als eine einzelne und besondere Tugend ansehen, sondern müssen sie als den Inbegriff aller christlichen Gesinnungen und Tugenden betrachten. Paulus sagt V. 9.: das da gesagt ist: du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht tödten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch Zeugniß geben, dich soll nichts gelüsten, und so ein ander Gebot mehr ist: das wird in diesem Wort verfasset: du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst. Hier finden wir schon die Liebe als einen Baum beschrieben, an dem Keuschheit, Huld, Gerechtigkeit in Ansehung zeitlicher Güter, Liebe der Wahrheit, und Genügsamkeit als schöne Früchte hangen. Wollen wir die verschiedenen Aeußerungen der Liebe auf eine andere Weise betrachten, so finden wir, daß Paulus 1 Kor. 13,4-7. geschrieben habe: die Liebe ist langmüthig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibet nicht Muthwillen, sie blähet sich nicht, sie stellet sich nicht ungeberdig, sie suchet nicht das Ihre, sie lässet sich nicht erbittern, sie trachtet nicht nach Schaden, sie freuet sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freuet sich aber der Wahrheit, sie verträget Alles, sie glaubet Alles, sie hoffet Alles, sie duldet Alles. Wollen wir aber einen ausgedehnteren Bezirk der Liebe ansehen, so dürfen wir nur Christum, der voll Liebe war, betrachten, wie Er nach Seinem Stand der Erniedrigung von den Evangelisten beschrieben ist. Er hat getröstet, geholfen, geduldet, willfahrt, und Jedermann gedient; Er hat aber auch gelehrt, bestraft, auf Kreuzeswegen geführt, und Menschen zuweilen einer heilsamen Trübsal und Traurigkeit überlassen, und dieses Alles in der Liebe. Eben so haben die Apostel des HErrn gehandelt, wie ihre Geschichten und Briefe zeugen. Ihre Liebe war keine Schmeichelei oder freundliche Gleichgültigkeit, sondern mit Salz gewürzt, und hatte das wahre Heil des Nächsten zum Zweck. Ja, wenn der Kirche Gottes ein großer Schaden geschehen sollte, so wurde ihre Liebe gegen die Kirche zu einem brennenden und verzehrenden Feuer, wie die Beispiele des Ananias, der Sapphira, des Elymas, und des Hymenäus und Philetus anzeigen. Wollen wir die Liebe in dem allerweitesten Umfang betrachten, so müssen wir uns in die unsichtbare Welt aufschwingen, allwo wir sehen werden, wie der Vater den Sohn auf’s Höchste verklärt habe, und der Sohn den Vater auf’s Höchste ehre, und wie der Vater und Sohn durch den Geist die Auserwählten zur großen Herrlichkeit erheb und ihnen Sein Reich als ein Erbe gebe; wie aber auch der Vater aus Liebe gegen Seinen Sohn allen denen ein verzehrendes Feuer sei, die Seinen Sohn geschmähet haben, und der Sohn alle diejenigen verdamme, welche Seines lieben Vaters Gebote nicht gehalten haben, und wie der Vater und Sohn alles Unrecht, das den Heiligen und Geliebten Gottes angethan worden, auf’s Schärfste räche. An diesen Liebeserweisungen werden die Heiligen Antheil nehmen, weil sei selbst auch die Welt richten werden. Die Liebe ist wie ein Licht, welches leuchtet und brennt. (Magnus Friedrich Roos)

13:11 Und weil wir solches wissen, nämlich die Zeit, daß die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf (sintemal unser Heil jetzt näher ist, denn da wir gläubig wurden;
Das wahre Christenthum wird so fortgesetzt, wie es angefangen worden ist. Ist man im Anfang vom geistlichen Schlaf und Tod erweckt worden, so steht man hernach noch weiter vom Schlaf auf, und es werden alle Seelenkräfte durch das Leben und Licht Jesu immer stärker und munterer zur Anbetung Gottes und zu Seinem Dienst. Hat man Jesum durch den Glauben angezogen, so ziehet man Ihn noch weiter an, damit Er in der Seele eine Gestalt gewinne, und sie nach Ihm gebildet werde, Röm. 13,14. Hat man die Werke der Finsterniß, wie eben dieser Apostel V. 2. sagt, abgelegt, oder hat man den alten Menschen, der sich durch Lüste in Irrthum verderbet, durch die glaubige Einsenkung in den Tod Jesu abgelegt, so ist man doch noch nicht so weit gekommen, daß nicht der Apostel noch immer zurufen dürfte: leget ab, ziehet an, erneuret euch u.s.w., wie Eph. 4. Kol. 3. gesagt wird. Die Ursache dieser Ermahnungen ist die in der Seele noch übrige Verderbniß, oder das Fleisch, welches wider den Geist gelüstet, und das, wenn es nicht immer gedämpft wird, den Verlust des Gnadenstandes verursachen kann. Als Paulus Röm. 3,11. sagte, das die Stunde da sei, von dem Schlaf aufzustehen, so hatte er die Zeit, worin er und die Römer lebten, vor Augen. Die Nacht des Alten Testaments war vergangen, da die Kerze des prophetischen Wortes in einem dunkeln Ort schien, und der Tag war herbei genahet. Was für ein Tag? Ohne Zweifel der Tag der Erscheinung Jesu Christi zum Gericht, welcher in der heiligen Schrift oft der Tag in besonderem Verstand genennet, und als nahe vorgestellt wird. Von diesem Tag unterscheidet Paulus die Stunde, da man von dem Schlaf aufstehen soll, folglich die Morgenstunde, da das Licht dieses hellen Tages schon anbricht. Diese Stunde, sagt er, ist da, weil der Tag herbei genahet ist. Es ist also jetzt nimmer Schlafenszeit, sintemal unser Heil, oder unsere Erlösung jetzt näher ist, als da wir glaubig wurden. Er hätte sagen können: die Zeit ist kurz, der Richter ist vor der Thüre, es ist nahe gekommen das Ende aller Dinge; weil er’s aber mit Glaubigen zu thun hatte, so schrieb er: das Heil ist nahe, ja es ist jetzt schon näher, als da wir glaubig wurden; das Heil, von dem er redet, ist die Erlösung aus allem Uebel und Alles, was die Glaubigen bei der Erscheinung ihres HErrn zu empfangen hoffen dürfen. Wie aber, möchte man sagen, ist denn nicht von der Zeit an, da Paulus den Brief an die Römer schrieb, schon eine lange Zeit verflossen, ohne daß der HErr erschienen wäre? Und trägt denn der kleine Zeitraum von ihrer Bekehrung an bis auf das Datum dieses Briefes etwas Namhaftes bei diesem großen Zeitraum aus? Ja, wenn man bedenkt, daß der Tod eines jeden Christen und die Zukunft des HErrn gleichsam an einander stoßen, und die Zwischenzeit keine Saatzeit mehr sei. Ich soll wachen; denn der HErr kommt, und meine Zeit, die mir zur Vorbereitung auf Seine Zukunft gegeben wird, ist kurz, und schon auf der Neige. Das völlige Heil wird mir immer näher: folglich soll ich mich vollends so verhalten, daß ich dessen theilhaftig werden könne.(Magnus Friedrich Roos)

13:12 die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen): so lasset uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichtes.
So ruft uns die Epistel am ersten Adventsonntage zu, und verkündigt uns damit die Adventszeit als eine Morgenzeit, den Adventsruf als einen Morgenruf. So ziemt es uns denn auch, sie als eine Morgenzeit zu feiern und zu benutzen; denn Morgenstunde hat Gold im Munde, und ist der Anbruch heilig, so ist der ganze Tag heilig; ist der Anfang des Kirchenjahres ein gesegneter, so wird auch das ganze Jahr ein gesegnetes sein. Was tut der Mensch aber am Morgen? Er wacht auf und steht auf. So wollen auch wir, wir morgen bis jetzt in Sicherheit und Sorglosigkeit, in Selbsttäuschung und Selbstverblendung geschlafen haben, oder nach der ersten Erweckung wieder schläfrig, nach der ersten Liebe wieder lau und matt geworden sein, aus unserm geistlichen Schlafe aufwachen, uns den Schlaf aus den Augen reiben, uns neu aufraffen und ermannen und aufstehen. Wenn Einer noch so schlaftrunken wäre und seine Augen noch so sehr mit Müdigkeit kämpften, sollte er nicht munter werden, wenn man ihm zuriefe: „Wache auf, stehe auf! Der Sohn des Königs, der Erbe seines Thrones ist gekommen; er steht vor deiner Tür! Er will bei dir einkehren! Er hat dir viel Geschenke mitgebracht! Er will dich aus aller deiner Not herausreißen! Er will alle deine Schulden bezahlen! Du sollst diese deine elende Hütte verlassen, er will dich mit sich nehmen in seine Stadt! Er will dich als seinen Bruder betrachten! Er will dich dereinst neben sich zu seiner Seite auf seinem Throne sitzen lassen!?“ Das aber ist es, was uns jeder Advent von neuem verkündigt. - Was tut der Mensch ferner am Morgen, wenn er aufsteht? Er zieht sich an. So wollen auch wir anziehen die Kleider des Heils, anziehen den Herrn Jesum Christum; ablegen die Nachtkleider, die Werke der Finsternis, und anlegen die Waffen des Lichts. Denn Kleider machen Leute. Durch das Kleid Jesu Christi werden wir erst etwas zum Lobe seiner Herrlichkeit. Durch das Kleid Jesu Christi gewinnt Er erst in uns eine Gestalt, so daß Gott uns nicht mehr ansieht, wie wir sind, in unsern Sünden, sondern Christum in uns ansieht in der Fülle seiner Tugenden und Verdienste. - Was tut endlich der Mensch am Morgen, wenn er sich angezogen hat? Er geht an seine Arbeit und beginnt sein Tagewerk. So wollen auch wir ehrbarlich wandeln als am Tage, das Ehrenkleid Jesu Christi nicht wieder beflecken durch neue Sünden und Missetaten, und in unserm Reden, Thun und Lassen, in unserm Verhalten gegen Freund und Feind, unter Freuden und Leiden, im häuslichen und im öffentlichen Leben beweisen, daß wir Jünger Jesu sind. Die Nacht ist vergangen, der Tag ist herbeigekommen. So laßt uns wirken die Werke des Herrn, so lange es Tag ist! (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Nacht nennt Paulus den gegenwärtigen Stand der Christenheit, und doch jubelt er in der Gnade, dankt für alles und verherrlicht Gott in allem. Dennoch heißt er unsere Gegenwart noch nicht Tag, sondern Nacht. Denn er denkt nicht nur an sich selbst und seinen eigenen Anteil an Gottes Liebe, auch nicht nur an die Christenheit und das, was sie durch Jesus geworden ist, sondern schaut auf die Menschheit mit ihrer Schuld und ihrem Jammer. Paulus blieb ihr Glied und rang mit ihrer Sünde und litt unter ihrem Jammer. Ist Gott, fragte er, nur der Juden Gott? Und er antwortete: Nein! Er ist auch der Gott der Völker. Die Christenheit darf ebensowenig meinen, Gott sei nur ihr Gott. Er ist größer als unser Herz und die in unser Herz gelegte Gnade; er ist auch größer als die Christenheit, und das, was sie in ihrer Gemeinschaft erarbeitet und besitzt, reicht bei weitem nicht aus, um sichtbar zu machen, was Gott schaffen wird. Das wird erst dann offenbar, wenn Gott alles, was sein Werk ist, mit seiner Herrlichkeit erfüllt, und dies geschieht erst durch Christus in seinem künftigen Reich. Darum heißt Paulus unsere Gegenwart Nacht, aber nicht eine bleibende, unbewegliche, endlose, sondern eine weichende Nacht, die sich zum Tag hinbewegt. Die nächtliche Art unseres Lebens zeigt sich darin, dass es noch mit Gefahr verbunden ist. Wir bedürfen noch Waffen, und solange uns solche unentbehrlich sind, ist der Tag noch nicht da. Dieser verscheucht die Gefahr. Im Dunkeln leben zu müssen, ist deshalb gefährlich, weil es uns verleitet, die Werke der Finsternis zu tun, die lichtscheuen Werke, die die Heimlichkeit nötig haben, damit sie nicht als schändlich erwiesen seien, all das, was nur mit einem gefälschten Titel und unwahren Schein geschehen kann, alles, was seine boshafte und gottlose Art unter einem unechten Glanz versteckt. Dieser Glanz kann uns nur locken, solange es Nacht ist; fällt auf ihn das Licht, so ist die Verwerflichkeit dieser Werke offenbar. Christus ist aber nicht nur einst das Licht, das die Nacht beenden und den hellen Tag herbeiführen wird, sondern ist auch jetzt bei uns und durch ihn wird uns das Licht als unsere Waffe gegeben, die uns auch in der dunklen Welt unangreifbar macht und die Werke der Finsternis verscheucht.
Herr Gott, dein Tag ist uns verheißen, damit wir uns seiner freuen, auch wenn wir im finsteren Tal wandeln mitten im Getriebe dieser dunklen Welt. Sende uns, wenn wir uns im Finstern verirren, einen Strahl Deines Lichts, damit wir unser Antlitz dahin wenden, wo die Nacht vergangen ist und der Tag scheint. Amen. (Adolf Schlatter)

13:13 Lasset uns ehrbar wandeln als am Tage, nicht in Fressen und Saufen, nicht in Kammern und Unzucht, nicht in Hader und Neid;

13:14 sondern ziehet an den HERRN Jesus Christus und wartet des Leibes, doch also, daß er nicht geil werde.2); 3)
Ewiger und barmherziger Gott, der Du selbst die Liebe bist, verleihe mir den Reichthum der wahren und reinen geistigen Liebe. Mein Herz ist kalt und irden: o Feuer, o Liebe, entzünde mich! Mein Herz ist hart und steinern; o Fels, o Liebe, erweiche mich! Mein Herz ist mit den Dorngesträuchen des Zorns und Hasses erfüllt: o gütigster Vater, o Liebe, reinige mich! Ich will Dich lieben, Gott, meine Stärke, mein Fels und meine Burg, mein Erretter, mein Schild und Horn meines Heils! Was ich an den Kreaturen Gutes und Vorzügliches sehe, das finde ich Alles noch reichlicher und vortrefflicher in Dir, der Du das höchste Gut bist; Dich will ich daher von ganzem Herzen über alles lieben. Je mehr ich in Dich eingehen werde, desto besser werde ich’s haben, da es nichts Besseres giebt, als Dich. Wenn ich nach Schönheit verlange: Du bist der Schönste unter Allen; wenn ich Weisheit begehre: Du bist der Weiseste unter Allen; wenn ich mir Reichthum wünsche: Du bist der Reichste unter Allen; wenn ich Macht liebe: Du bist der Mächtigste unter Allen; wenn ich Ehre liebe: Du bist der Glorreichste unter Allen. Du hast mich von Ewigkeit geliebt: ich will Dich wieder lieben in Ewigkeit. Du hast mich geliebt, indem Du Dich selbst mir gabst: ich will Dich lieben, indem ich mich ganz durch die Liebe Dir wieder gebe. Mein Herz entbrenne in mir; alle Kreatur werde mir nichts; Du allein sollst meiner Seele süß werden. Ich würde Dir und mir ein großes Unrecht thun, wenn ich das Irdische, Verächtliche und Mittelmäßige liebte, da Du mich so werth gehalten und mir so reiche Versprechungen gegeben hast, daß ich Dich lieben dürfe. Aus dieser Liebe zu Dir erwachse auch in meinem Herzen die aufrichtige Liebe zum Nächsten. Wer Dich liebt, der hält auch Deine Gebote; wenn Du daher den Nächsten zu lieben befohlen hast, so liebt Dich eben deßhalb Niemand aufrichtig, der dem Nächsten nicht die schuldige Liebe erweist. Wer nun auch mein Nächster sei: Du hast ihn so werth gehalten, daß Du ihn wunderbar schufst, erbarmungsvoll erlösetest, und mit großer Gnade zur Gemeinschaft Deines Reiches beriefest. In Dir und um Deinetwillen soll ich daher meinen Nächsten lieben, den ich von Deiner Güte zum Schmuck einer solchen Herrlichkeit erhoben sehe. Diese wahre und aufrichtige Liebe wollest Du in mir kräftigen und mehren, der Du bist die ewige und unveränderliche Liebe. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Wir finden in diesem Kapitel eine schöne apostolische Anweisung, wie sich Christen in ihrem Leben gottgefällig verhalten sollen.
Im Anfang nämlich stellet Paulus der Obrigkeit göttlichen Ursprung und wichtiges Amt, dann auch der Unterthanen Schuldigkeit und Pflicht zu beiderseitiger folgsamer Betrachtung vor.
Gleichwie also die christliche Obrigkeit sich zu erinnern hat, daß ihre Gewalt nicht ungemessen sey, sondern von Gott, dessen - als ihres Oberherrn - Dienerin sie ist, zu einem gewissen Zweck ihr anvertrauet, nämlich zum Schutz der Frommen und zur Bestrafung der Bösen, ebenso fordert nicht nur menschliche Ordnung und Furcht vor der Strafe, sondern auch Gott und das Gewissen selbst von allen Untergebenen, daß sie in allen Dingen, die nicht wider Gott sind, der Obrigkeit willig gehorchen, daß sie sich fürchten oder scheuen, wider diese göttliche Ordnung zu handeln, daß sie dieselbe um des göttlichen Amtes willen gebührend ehren, und daß sie die zur Führung des Regiments erforderten Auflagen unweigerlich und gewissenhaft entrichten sollen.
Darnach kommt der Apostel wieder auf die Haupttugend der Christen, die Liebe, und fordert dieselbe als eine Schuld, die unumgänglich bezahlet werden soll - und doch nimmermehr vollkommen abgetragen werden kann.
Er warnet endlich auch vor Sünden als Werken der Finsterniß, die sich für die Kinder des Lichts nicht schicken, und will, daß wir, gleichwie wir Christum in der Taufe durch den Glauben angezogen haben, durch beständige Uebung des Glaubens und durch Nachfolge Seines heiligen Exempels denselbigen täglich anziehen sollen.
Diese treuherzige Ermahnung und Warnung sollen wir uns gesagt seyn lassen, weil wir nach der Offenbarung des Evangelii nicht in nächtlicher Finsterniß und Unwissenheit, sondern am hellen Tag der Erkenntniß Gottes und unsers Heils leben, daß wir nicht durch den Schlaf der Sicherheit und durch Ausübung der Sünden in die ewige Finsterniß wieder verfallen, sondern unserm Heil, welches mit der Zukunft Christi immer näher wird, mit Mäßigkeit des Leibes und geheiligter Seele entgegenkommen - und dessen Besitz vollkommen erlangen mögen. Dazu wolle uns der himmlische Vater aus Gnaden verhelfen - durch Jesum Christum. Amen. (Veit Dieterich)

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
bibel/nt/06_rom/rom_kapitel_13.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain