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Johannes, Kapitel 3

Johannes, Kapitel 3

3:1 Es war aber ein Mensch unter den Pharisäern mit Namen Nikodemus, ein Oberster unter den Juden.
Ach es sind manche, die wollen so heimlich fromm sein; das sollen die Leute nicht wissen; man will so für sich fromm sein. Aber es ist ein Betrug des Satans; mit einem solchen Frommsein wird man allmählich wieder unfromm und lässt sich wieder in unerlaubte Dinge ein. Ich rate es allen anfangenden Seelen, aufrichtig zu sein. Tut doch eine Heldentat; lasst es alle Welt wissen, was ihr vorhabt! Gerade wenn die Seelen so heimlich tun, so verborgen fromm sein wollen, dann kann uns die Welt plagen, verführen und aus einer Zerstreuung in die andere bringen, dass man wieder mit ihnen hineingezogen wird. Lasst es die Welt nur wissen, was wir vorhaben! Nicht dass wir uns in unnötige Gespräche und Dispute mit ihnen einlassen, in unzeitiges Lehren uns begeben; nein, das ist nicht nötig, sondern uns nur gerade erklären. - Manche heucheln auf eine gar grobe Weise. Wenn sie bei den Frommen sind, dann tun sie recht fromm; dann stimmen sie allem bei; dann können sie mitreden als die allerbesten. Wenn sie aber bei Weltmenschen sind, so reden sie von allen unnötigen Dingen, wie die Leute es haben wollen. „Man muss sehen,“ sagen sie, „bei wem man ist, und bei Weltleuten mit seiner Frömmigkeit nicht prahlen wollen.“ Nein, man muss nicht heucheln, lieber Mensch, sondern gerade zugehen; man muss aufrichtig sagen, was man sucht, was man gern hätte, worum es einem zu tun ist. Wollen wir nicht mit den Leuten reden von guten Sachen, so lasst uns doch auch das unnötige, eitle Geschwätz zurücklassen und uns nicht in alle nichtswürdigen Dinge mit der Welt hineinwagen; dadurch verliert man seine Kraft und sein Licht und wird wieder so tot, wie man jemals gewesen ist. (Gerhard Tersteegen)

3:2 Der kam zu Jesu bei der Nacht und sprach zu ihm: Meister, wir wissen, daß du bist ein Lehrer von Gott gekommen; denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm.

3:3 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.1)
Gottes Reich sehen, sehen, wie Gott in seiner königlichen Gnade an uns handelt, wer kann das? Keiner, der nicht geboren ist, keiner, in dem das Leben nicht den Anfang bekam. Tut dies nicht schon die Natur? Hat nicht sie mir den Anfang des Lebens bereitet? Natur und Gottes Reich hat Jesus unterschieden wie Fleisch und Geist, wie die vergängliche und die ewige Welt. In sein Volk war Nikodemus durch das hineingeboren, was sein Vater und seine Mutter taten. Damit ist er aber noch nicht in diejenige Gemeinde hineinversetzt, die aus den ewig Lebenden besteht. Das ist das neue Werk Gottes, ein neuer Anfang eines anderen Lebens, das uns die Natur noch nicht verschafft. Zwischen den natürlichen Anfang des Lebens und seine Vollendung zum Anteil an Gottes Reich setzte Nikodemus seine fromme Anstrengung, seine gottesdienstliche Arbeit. das alles löst uns aber noch nicht vom Boden der Natur. Das ewige Leben ist eine neue Gabe Gottes und wird, wie alles, was er gibt, aus seiner freigebigen Hand empfangen. So gut ist Gott und so groß seine Gnade. Er gibt die erste Geburt und damit den Beginn des natürlichen Lebens. Auf dieses erste erfolgt noch ein anderes, höheres, neues Leben und darum auch eine neue Geburt, der Anfang einer neuen Lebendigkeit. Nikodemus erschrak. Soll auch ich mich vor diesem Wort Jesu fürchten? Warum erschrickt Nikodemus? Er kommt von dem nicht los, was er selber macht, und bindet sein ewiges Schicksal an sein eigenes Vermögen. Dann ist es freilich ein schreckliches Wort, dass wir etwas ganz anderes bedürfen, als was wir sind und können. Jesus spricht aber nicht von dem, was der Mensch leisten soll, als sollte er sich selbst irgendwie neu gebären, sondern er spricht von dem, was Gott schafft und an mir tut. Wird mir Gottes Gabe gezeigt, soll ich mich vor ihr fürchten? Jesus zeigt mir die Größe der göttlichen Gnade dazu, damit ich glaube.
Ich prüfe mich vor Deinem Angesicht. Finde ich in mir jenes Leben, das du, Vater, Deinen Kindern bist? Du wirkst es durch Deinen Geist. Wie Dein Geist das Herz erfasst und seine Gabe in mich legt, das bleibt vom Geheimnis bedeckt, das Dein Schaffen für uns unsichtbar macht. Wenn ich aber auch nicht weiß, wie der Geist in mir wirkt, so höre ich doch seine Stimme, die wohl erkennbare, die mit keinem anderen Klang verwechselt werden kann. Dein Geist ruft zu Deinem Sohn und gibt den Glauben, der ihn erfasst. Das ist Leben, neues, ewiges Leben, Leben der Wiedergeburt. Amen. (Adolf Schlatter)

3:4 Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden wenn er alt ist? Kann er auch wiederum in seiner Mutter Leib gehen und geboren werden?

3:5 Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich ich sage dir: Es sei denn daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.
Es war ein Mensch aus den Pharisäern, Nikodemus mit Namen, ein Oberster unter den Juden.“ So beginnt diese denkwürdige Geschichte. An dem Zeugnis Jesu vor diesem Manne sollen wir lernen, worauf es für alle Zeiten vornehmlich ankommt. Nikodemus gehörte zu den strengen Gesetzesbeobachtern und war einer von den Führern des Volkes, gehörte also denen zu, die später den Haß gegen Jesum auf die höchste Spitze trieben. - Er kommt zur Nachtzeit zu Jesu, offenbar weil er es wegen seiner Stellung am lichten Tage nicht wagte. So rasch und scharf hatte sich jetzt schon die Abneigung der Volksführer gegen Jesum entwickelt. Trotzdem Jesus erst kurze Zeit öffentlich aufgetreten war, ist es bereits dahin gediehen, daß man seine Stellung gefährdet, wenn man zu Jesu in Beziehungen tritt. Daß Nikodemus in der Nacht kommt, beweist, daß er auch unter dem Bann der Feindschaft gegen Jesum steht, und die Unterredung mit Jesu bezeugt es auch deutlich, daß er diesen Bann noch nicht überwinden kann. Es fehlt diesem Pharisäer und Obersten bei seinem nächtlichen Gange an allem Licht, gegenüber allen Worten Jesu hat er nur Fragen und Zweifel und so kann von einem Resultate der Unterredung keine Rede sein. Wohl bekennt Nikodemus ja: „Meister, wir wissen, daß du bist ein Lehrer von Gott gesandt“ usw., aber trotzdem sagt ihm Jesus das schneidende Wort: „ihr nehmt unser Zeugnis nicht an!“ Durch diese Worte Jesu ist das ganze tiefe Verderben Israels beschrieben und enthüllt; es verwirft Jesum, den Sohn Gottes, der zu ihm als seinem Eigentumsvolke gekommen war! Welches aber ist der Grund solch tiefen Verderbens? Auch darüber spricht sich der Herr dem Nikodemus gegenüber aus: es ist die fleischliche Natur Israels, die fleischliche Geburt, der es entstammt; „was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch.“ Juden wie Heiden sind also gleicherweise verdorben; beide sind Fleisch durch ihre Geburt, und was vom Fleisch geboren ist, das ist und bleibt Fleisch. Soll es anders werden, dann muß eine dem Fleische entgegengesetzte Macht in den Herzen zu Entfaltung kommen können, und diese Macht ist der Geist Gottes, der von oben kommt und nach oben weist. Gleichwie man von der Windsbraut den Ausgang und das Ziel nicht kennt, so ist auch der Geist eine den irdischen Berechnungen und der menschlichen Erkenntnis entnommene Macht; alles aber, dessen Ursprung und Ziel berechnet und nachgewiesen werden kann, ist fleischlich. Der Geist ist die Gottesmacht, die allein den Grund des menschlichen und jüdischen Verderbens zu enthüllen und zu überwinden im Stande ist. Diese Macht aber ist in Jesu da und kann durch ihn zur Wirksamkeit kommen.
So verlangt denn Jesus von Nikodemus und seinen Genossen, obwohl sie ihm ihren Glauben an seine göttliche Sendung bekennen, die Neugeburt von oben, und diese Forderung macht er immer wieder geltend. Nikodemus hat zwar dieser Forderung gegenüber nur Zweifel und Fragen, aber mit Ernst hält ihm der Herr vor: „du bist ein Meister in Israel und weißt dieses nicht?“ Als schriftgelehrter Rabbi mußte Nikodemus wissen, daß an vielen Stellen des alten Testaments von der Notwendigkeit einer übernatürlichen Geburt die Rede ist. Gewiß kannte Nikodemus diese Stellen auch, aber er hatte sich vielleicht gewöhnt, gerade wie viele Schriftausleger von heute, das Wort „Wiedergeburt“ als einen bloßen Namen zu betrachten, als eine erbauliche Redefigur ohne Inhalt. Die Wiedergeburt ist aber eine reale Tatsache und diese zeigt sich besonders darin, daß in ihr ein dauerndes, bleibendes, geistliches Leben gesetzt wird. Wo man sie als eine solche wirkliche Tatsache nicht ansieht, da hat man sie eben auch nicht erfahren, und wo man sie nicht erfahren hat, da kann es nicht ausbleiben, daß man se überhaupt für etwas Unmögliches ansieht und daß man den Ausdruck „Wiedergeburt“ als eine Übertreibung betrachtet. Auf diesem Standpunkt steht Nikodemus auch. Er erkennt aus den Worten Jesu ganz klar, daß der Herr die Neugeburt als eine wirkliche Tatsache ansieht und fordert. Auch fühlt er klar, daß ihm selber die Forderung Jesu ernstlich gelte, aber er fährt fort zu zweifeln und zu fragen: „kann ein alter Mann wie ich wieder geboren werden?“ Jesus aber bleibt ihm die Antwort darauf nicht schuldig. Er selber, Jesus, ist vom Himmel her in die Welt gekommen, damit die Welt durch ihn das Leben habe. In seiner himmlischen Geburt ist der Schatz des Gotteslebens für die Welt beschlossen; es gilt also ihn, den Sohn Gottes, ins Herz aufzunehmen, um zu einem neuen göttlichen Leben wiedergeboren zu werden. Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben. Wer aber an den Sohn glauben will, der muß es so machen, wie einst die von den feurigen Schlangen Gebissenen: er muß den für die Welt dahingegebenen, ja bis zum Tode am Kreuz preisgegebenen Gottessohn im Glauben anblicken. Dieser Glaubensblick auf Jesum macht den Gebissenen d.h. den von dem Fleisch verderbten Menschen gesund, gibt ihm Erlösung von der Schuld und die Kraft eines neuen göttlichen Lebens, und der Glaube ist auf Seiten des Menschen eben die Empfänglichkeit, die der Bezeugung und Hingabe des göttlichen Lebens in Christo entspricht. Darum hat der, der an den Sohn glaubt, das ewige Leben, er hat die Macht der ewigen Gottesgeburt in sich aufgenommen, er ist aus dem Geiste geboren. Wer dieses erlebt hat, für den ist die Frage des Nikodemus erledigt.
Nikodemus hat wohl erst viel später (Joh. 7,59; 19,39) die Antworten Jesu auf seine Bedenken verstanden und ist dann, wie wir wohl annehmen dürfen, der Wiedergeburt teilhaftig geworden Vorläufig war seine Unterredung mit Jesu ohne Resultat. Möchten wir aber bezeugen können aus eigener Erfahrung, daß es wahr ist, was der Dichter sagt, daß die, die aus Gott geboren sind, deren Sinn nicht mehr fleischlich ist, selig sind! (Michael Baumgarten)


Mit dem, was Johannes der Täufer gesagt und getan hat, hat sich Jesus ganz eins gemacht. Vor den Eintritt in das Himmelreich hat der Täufer das Wasser gestellt, die Taufe, zu der er das Volk im Auftrag Gottes berief. Geht denn die Herrlichkeit der göttlichen Gnade hinein in den Jordan oder in anderes Wasser, einerlei, woher es geschöpft sei? Würde ich so fragen, hätte ich das Wort vergessen, das mit diesem Wasser verbunden war. Über dem Bad, das den Zugang zum Himmelreich bildete, stand die Zusage: Gott hat euch eure Sünden vergeben. Nun ist sofort deutlich, wieso uns das Wasser die neue Geburt, den Anfang des von Gott uns gegebenen Lebens, bringen kann. Es gibt keinen Anteil an Gottes Reich und seiner ewigen Gemeinde, bevor uns die Sünden vergeben sind. Alle, die durch Gott leben und in sein Reich eingehen, sind durch Vergebung geheiligte Sünder. Somit steht die Pforte zum Himmelreich da, wo die Vergebung empfangen wird. Nikodemus sieht nicht, wie er zu einem neuen Leben gelangen könnte. Jesus sagt ihm: Siehst du nicht, dass du die Vergebung bedarfst? Oder meinst du, du müssest sie dir erst noch erwerben? Vergebung wird nicht erworben, sondern empfangen, und Johannes hat dir mit seinen Taufen gezeigt, dass Gott euch die Vergebung gibt. Jesus fährt aber fort und fügt zum Wasser den Geist; denn er bleibt treu und vollständig mit dem Täufer eins. Der Täufer hatte, als er das Volk badete, klar erkannt und tief empfunden, dass er mit dem Wasser allein die Sünde nicht vertrieb und das neue Leben nicht schuf. Jesus gibt ihm recht. Bleibt das Wasser allein, so wird aus dem mit ihm geeinten Wort nur eine Verheißung. Die mir versprochene Vergebung wird mir nun dadurch gewährt, dass der Geist in mir wirkt. Sie besteht nicht nur darin, dass mir die Strafe erlassen, der Bann und Fluch der Schuld von mir genommen und der Zorn abgewehrt wird. Die Vergebung richtet den Gefallenen auf, überwindet alles Böse, erneuert die Gemeinschaft und gibt ihr nicht nur den alten Bestand zurück, sondern vertieft und vollendet sie. Darum tritt nun das göttliche Wirken in meinen inwendigen Lebensstand hinein, gibt mir den erleuchteten Blick, der Gottes Werk sieht und ihm glaubt, und gewährt mir den befreiten Willen, der sich aus der Fessel der Eigensucht löst und zur Liebe wird. Dieses in mir geschehene Wirken Gottes geschieht durch den Geist, und mit dem, was er uns gibt, ist der Anfang geschaffen, zu dem das ewige Leben im kommenden Reich die Vollendung ist.
Sichtbares und Unsichtbares, Vater, trägt mir Deine Gnade zu. Dein Sakrament, das Dein Wort mir deutet, macht mir Deinen gnädigen Willen sichtbar, und das Wirken Deines Geistes, das unsichtbare, macht Dein Wort in mir wirksam und zu meinem Eigentum. Von außen und von innen erfasst und bewegt mich Deine Hand und führt mich den Weg des Lebens. Schaffe in mir zum Wollen das Vollbringen und zum Anfang Deines guten Werks auch seine Vollendung. Amen. (Adolf Schlatter)

3:6 Was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch; und was vom Geist geboren wird, das ist Geist.2)
ES sind an und in uns/ alle krefften/ beide des Leibs und der Seelen verderbet. Da her spricht Christus / Was vom Fleisch etc. Und S. Paulus Ephe. ii. Wir sind kinder des Zorns von Natur etc.
Und so wir nicht werden newe Menschen/ durch den glauben an Jhesum Christum/ das ist/ new geboren kinder Gottes/ durchs Wasser und den heiligen Geist / So sind und bleiben wir nichts anders denn Fleisch/ wir nemen für und thun gleich was wir wöllen. (Johannes Bugenhagen)


Was der Zeugende besitzt, das entsteht wieder in dem, was er erzeugt. Das setzt dem, was ich als Kind der Natur hervorbringe, die Grenze, die nie überschritten werden kann. Da trägt alles das Bild meines natürlichen Lebens und macht sichtbar, was ich als Fleisch, als lebendiger Teil der Natur, vermag. Aber das gleiche Gesetz, dass das Erzeugte das Bild des Erzeugers wiederholt, macht sich auch am Wirken des Geistes sichtbar. Was er hervorbringt, ist nicht Fleisch, nicht Natur, sondern Geist, nicht Erregung der Sinne und Triebe, sondern Erneuerung des inwendigen Menschen, nicht Selbstbewusstsein, sondern Gewissheit Gottes, nicht Eigenwille, der die eigene Erhaltung begehrt, sondern Gehorsam, der dienen will und sich dem Willen Gottes unterwirft. So bin ich mit zwei Mächten verwachsen, die beide meinem Verhalten die Richtung und das Gesetz geben. Von außen bewegt mich die Natur und von innen her bewegt mich Gott durch seinen Geist. Das bleibt aber kein Zwist ohne Entscheidung und wird nicht ein Kampf, der keinen Ausgang hätte. Denn das aus dem Geist geborene Leben ist das bleibende, dasjenige, das endgültig und vollständig mein Verhältnis zu Gott bestimmt. Was das Fleisch hervorbringt, verwelkt alles. Was dagegen der Geist hervorbringt, hat Gottes Unvergänglichkeit an sich. Darum ist das, was der Geist aus mir macht, meine letzte und bleibende Gestalt. Die, die das vom Geist geschaffene Bild in sich tragen, sind die Glieder und Bürger des göttlichen Reiches.
Herr, wir sind Dein Ackerfeld; säe in uns hinein Deinen Samen, aus dem Deine Ernte reifen wird. Amen. (Adolf Schlatter)

3:7 Laß dich's nicht wundern, daß ich dir gesagt habe: Ihr müsset von neuem geboren werden.
Wiedergeburt; das ist eine Sache, die mit zu den Grundlagen des Heils gehört; und wir sollten eifrig sorgen, dass wir wirklich und wahrhaftig von neuem geboren“ werden; denn es gibt viele, die sich einbilden, sie seien wiedergeboren, die‘s doch nicht sind. Lasst‘s euch nur gesagt sein, dass der Name eines Christen noch lange nicht das Wesen des wahren Christen ausmacht; und dass es nicht den geringsten Wert hat, in einem christlichen Lande von christlichen Eltern geboren zu sein und für einen Bekenner des christlichen Glaubens angesehen zu werden, wenn nicht noch etwas mehr hinzukommt, nämlich die „neue Geburt“ durch die Kraft des Heiligen Geistes. „Von neuem geboren werden“ ist etwas so Geheimnisvolles, dass menschliche Worte es nicht zu beschreiben vermögen. „Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, von wannen er kommt und wohin er fährt. Also ist ein jeglicher, der aus dem Geist geboren ist.“ Nichtsdestoweniger ist‘s eine Veränderung, welche erkannt und gefühlt wird: erkannt an den Werken der Heiligung und gefühlt durch die innere Gnadenerfahrung. Dies große Werk ist von übernatürlicher Art. Es ist keine Wirkung, die ein Mensch auf sich selbst und aus sich selbst ausübt: eine neue, von oben stammende Tätigkeit macht sich im Menschen geltend und arbeitet an seiner Seele, erneuert das Herz und bewegt den ganzen Menschen. Es ist nicht eine Veränderung meines Namens, sondern eine Erneuerung meines Wesens, so dass ich nicht mehr derselbe Mensch bin, der ich sonst war, sondern ein neuer Mensch in Christo Jesu. Einen Leichnam waschen und einkleiden ist ganz etwas andres, als ihn lebendig machen; jenes kann der Mensch tun, dies allein Gott. Bist du also „von neuem geboren“, so lautet dein Bekenntnis: „O Herr Jesus, Du Ewig-Vater, Du hast mich neu geboren; wenn nicht Dein Geist mir eingehaucht hätte den Odem eines neuen, heiligen und geistlichen Lebens, so wäre ich bis zu dieser Stunde „tot“ geblieben „durch Übertretung und Sünden“. Mein himmlisches Leben stammt allein von Dir, Dir verdanke ich es. „Mein Leben ist verborgen mit Christo in Gott“. So lebe nun nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir.“ Möge uns Gott zur festen Gewissheit in diesem Stücke verhelfen; denn unwiedergeboren sein, heißt unerlöst, unversöhnt sein, ohne Gott und ohne Hoffnung. (Charles Haddon Spurgeon)


Die Wiedergeburt ist der Anfang der Erneuerung und der gänzlichen Wiederherstellung des Menschen. Die Geburt eines Kindes ist nur der Anfang und ein Teil seines Lebens; so ist auch die Wiedergeburt nur der Anfang und ein Teil der Erneuerung. Ohne sie gibt es kein Geistesleben, keinen Fortschritt auf dem Heilsweg, kein Wachstum in Christo, keine Vollendung! Der Mensch muss zuerst wiedergeboren werden, sonst ist er kein Glied der Gottesfamilie. Wer selig sein und herrlich werden will, der muss über diesen Punkt zunächst ins klare kommen, er muss wissen, ob er wiedergeboren ist oder nicht. Wenn der Herr an einem Menschen arbeitet, so tut Er es, um ihn zur Vollendung zu führen; Er will nicht ein halbes sondern ein ganzes Werk des Heils ausführen. Viele Erweckte aber kommen nicht zur Wiedergeburt, weil sie Gottes Werk aufhalten. Je kindlicher und fröhlicher ein Mensch die Gabe Gottes, den Heiland mit allem, was Er den Sündern sein will, annimmt, je völliger er sich dem ihm geoffenbarten Herrn ergibt, und je völliger er Ihn als sein wahres Heil erfasst, desto ungehinderter und stärker kann der Lebensgeist aus dem Vater und aus dem Sohne ihn durchströmen und ein neues Geschöpf aus ihm machen. Die Wiedergeburt ist ein Werk Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Wohl allen, die des Heilands angebotene Gnade ergreifen und durch Seine Macht Gottes Kinder werden. Komm zu Jesus, dem Sünderheiland. Er will dich von deinen Sünden reinigen; Er will dir schenken den Geist der Wiedergeburt. (Markus Hauser)

3:8 Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. Also ist ein jeglicher, der aus dem Geist geboren ist.
Da Jesus vom Leben sprach, das aus Gott ist, gab er auch die Merkmale an, die den aus dem Geist Geborenen kennzeichnen. Das erste Kennzeichen ist: keiner wird durch seinen eigenen Willen des Lebens teilhaft, das durch den Geist entsteht. Was wir selber aus uns machen oder was wir andere aus uns machen lassen, bleibt von dem, was der Geist schafft, verschieden. Dort, wo er will, weht er, nicht da, wo wir wollen. Alles, was vom Geist stammt, erweist sich unzweideutig als empfangen. Das gibt unserer ganzen christlichen Arbeit die gebeugte Haltung, die unsere Abhängigkeit von Gott nie vergessen kann. Jeder Versuch, diese Abhängigkeit zu durchbrechen, indem wir durch irgendwelche Mittel unseren Einfluss auf die anderen so verstärken, dass sie ihm unterliegen müssen, hat die Leugnung des Geistes in sich und macht uns für sein Wirken verschlossen. Ein zweites Merkmal gibt uns Jesus damit an, dass er sagt: Du weißt nicht, woher er kommt, noch wohin er fährt. Göttliches Schaffen geschieht durch den Geist in unserem inwendigen Leben und darum ist es mit dem Geheimnis verhüllt, das alles Werden bedeckt. Ich kann den Finger Gottes nie beobachten, wenn er mein Inneres bewegt, und darum nie wirklich erklären, wie es im Menschen zum Glauben kommt. Was Gott schafft, ist in unseren Blick hineingestellt, nicht, wie er es schafft. Ebensowenig können wir gleich schon im Anfang den Endpunkt der Bewegung erkennen, die der Geist uns gibt, sondern müssen uns vorbehaltlos in seine Hand legen, damit er aus uns mache, was ihm gefällt. Allein neben dem, was wir nicht wissen und woran wir nicht mit vorwitzigen Gedanken rütteln dürfen, steht das, was in heller Deutlichkeit in unserer Wahrnehmung steht: du hörst die Stimme des Geistes wohl und kannst deshalb an seinem Dasein und an seiner Wirksamkeit nicht zweifeln. Denn er macht sich vernehmlich und seine Stimme ist von jeder anderen Stimme völlig verschieden. Ist nicht aber doch Seelisches und Geistliches oft schwer zu unterscheiden? Gibt sich nicht vieles als Geist aus, was nicht über die Natur, oft sogar nicht über kranke, verdorbene Natur hinausragt? Und wird nicht ebenso oft vieles als ungeistlich verachtet, was in Wahrheit das Werk des Geistes ist? So ist es freilich; aber das Kennzeichen des Geistes wird dadurch nicht undeutlich. Der Geist wendet mich zu dem, von dem er kommt. Der Geist spricht zu mir von Gott, bindet mich an Gott, macht mir Gottes Gebot deutlich und mich dem Willen Gottes untertan. Das tut der natürliche Wille nicht. Dieser spricht: Ich! Der Geist dagegen lehrt mich sagen: Gott. Das ist seine Stimme, an der du ihn erkennst.
Wer kann Leben schaffen und Ewiges wirken, Vater, als Deine heiligen und gnädigen Hände? Wir sind für Deine Lebensgabe nur ein irdisches Gerät. Du aber legst nach Deiner Gnade auch in unser irdenes Gerät Deinen wunderbaren Schatz, damit das, was Du aus uns machst, ein Zeugnis für die Herrlichkeit Deiner Gnade sei. Amen. (Adolf Schlatter)


Daß das Wort Gottes nicht allenthalben, sondern unterschiedliche Früchte bringet, und nicht gleich wirket, dasselbige ist Gottes Gericht und heimlicher Wille, so uns verborgen ist; wir sollen es auch nicht wollen wissen. Der Wind bläset, wo er will, sagt Christus Joh. 3,8. Uns gebühret nicht, darnach zu grübeln und zu forschen. Kann ich doch nicht sagen, warum ich jetzt so fröhlich und bald traurig bin, item, einmal besser Lust zum Wort Gottes habe, denn ein andermal. Wenn ich allezeit gleich gegen Gottes gesinnet wäre, und solche Lust dazu hätte, wie bisweilen: so wäre ich der allerseligste. Aber es hat dem lieben St. Paulo auch gefehlet, der klaget Röm. 7,23. mit herzlichem Seufzen, er sehe ein ander Gesetz in seinen Gliedern, das da widerstreite dem Gesetz etc. Sollte darum das Wort falsch sein, ob’s gleich zu aller Zeit antrifft? (Martin Luther)

3:9 Nikodemus antwortete und sprach zu ihm: Wie mag solches zugehen?

3:10 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Bist du ein Meister in Israel und weißt das nicht?

3:11 Wahrlich, wahrlich ich sage dir: Wir reden, was wir wissen, und zeugen, was wir gesehen haben; und ihr nehmt unser Zeugnis nicht an.3)

3:12 Glaubet ihr nicht, wenn ich euch von irdischen Dingen sage, wie würdet ihr glauben, wenn ich euch von himmlischen Dingen sagen würde?4)

3:13 Und niemand fährt gen Himmel, denn der vom Himmel herniedergekommen ist, nämlich des Menschen Sohn, der im Himmel ist.5)
Wie bediente sich unser Herr und Meister doch so beharrlich des Namens: W„Des Menschen Sohn!“ Wenn es Ihm gefallen hätte, Er hätte sich stets nennen können als Sohn Gottes, Ewig-Vater, Wunderbar, Rat, Friede- Fürst: aber siehe, wie demütig und herablassend ist doch der Herr Jesus! Er zieht es vor, sich des Menschen Sohn zu nennen. Wir wollen hieraus von unserem Heiland Demut lernen; streben wir nicht nach hohen Titeln und rühmlichen Auszeichnungen. Aber es knüpft sich hieran noch ein weit lieblicherer Gedanke. Der Herr Jesus liebte die Menschheit so sehr, dass es Ihm eine süße Freude war, sie zu ehren; und weil es eine hohe Ehre ist, und in der Tat die allergrößte Würde der Menschheit, dass Jesus des Menschen Sohn geworden ist, so pflegt Er sich dieses Namens zu bedienen, um gleichsam die Brust der Menschheit mit Sternen und königlichen Ehrenzeichen zu schmücken, und die Liebe Gottes zum Samen Abrahams zu offenbaren. Des Menschen Sohn: wo Er nur immer dies Wort gebrauchte, legte sich es gleichsam wie eine Strahlenkrone um das Haupt der Kinder Adams. Und doch tritt uns hier vielleicht noch ein köstlicherer Gedanke entgegen. Jesus Christus nannte sich des Menschen Sohn, um seine Zusammengehörigkeit mit seinem Volk und seine Teilnahme an demselben zu bezeugen. Und dadurch erinnert Er uns daran, dass wir uns Ihm ohne Furcht nahen dürfen. Weil Er Mensch ist, dürfen wir mit all unsern Sorgen und Kümmernissen zu Ihm kommen, denn Er kennt sie aus eigener Erfahrung; darum, dass Er selbst gelitten hat als „des Menschen Sohn,“ kann Er uns auch helfen und trösten. Heil Dir, hochgelobter Herr Jesu! Weil Du allezeit den süßen Namen gebrauchst, der bezeugt, dass Du unser Bruder und Verwandter bist, so ist es für uns ein teures Zeichen Deiner Gnade, Deiner Freundlichkeit und Leutseligkeit, Deiner Liebe. (Charles Haddon Spurgeon)

3:14 Und wie Mose in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also muß des Menschen Sohn erhöht werden,

3:15 auf das alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.6); 7); 8); 9); 10)
Die eherne oder kupferne Schlange, welche Moses in der Wüste an ein Holz hoch hat aufhängen müssen, war also ein Vorbild Christi, der als ein Gekreuzigter aufgehängt und von der Erde erhöht worden ist. Die Israeliten, welche von den feurigen oder feuerrothen sehr giftigen Schlangen gebissen waren, mußten jene kupferne Schlange ansehen, und genasen alsdann; also sollen wir, die wir das Gift der Sünde fühlen, welches der Satan, den Johannes Offenb. 12,3. als einen großen rothen Drachen beschreibt, in das menschliche Geschlecht hineingebracht hat, den gekreuzigten Erlöser im Glauben ansehen, damit wir nicht in unsern Sünden sterben, und verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Das Ansehen der kupfernen Schlange war ein verächtliches Mittel, und wirkte doch, was keine Arznei wirken konnte; also ist der Glaube an den gekreuzigten Heiland bei den stolzen Geistern verachtet, und doch das einige Mittel, wodurch der ganze Mensch von der Sünde frei gemacht, gegen das ewige Verderben gesichert, und des ewigen Lebens theilhaftig werden kann. Wer dieses Mittel, das Jesus selber vorgeschlagen hat, unter dem Beistand des Heiligen Geistes brauchen will, wird es rühmen; wer aber den Weisen dieser Welt Gehör geben, und nach ihrer Anweisung allein durch die Vernunft- und Sittenlehre, durch Fabeln und wahre Geschichten die Kur der Seele ausführen will, wird zwar eine scheinbare Gestalt bekommen, die der Welt gefallen kann, übrigens aber das Sündengift ganz in sich behalten, und durch dasselbe getödtet werden. Der HErr Jesus sagte die obenstehenden Worte zu dem Nicodemus, dem das Gesetz Mosis und die Sittenlehre Salomo’s wohl bekannt war, der aber in der Absicht, etwas Weiteres, das seiner Seele zur Ruhe und zum Leben verhelfen könnte, zu vernehmen, zu Ihm gekommen war. Was sagte ihm nun der HErr Jesus? Er verbot ihm das Halten des Ceremonialgesetzes noch nicht, weil dessen Ende noch nicht gekommen war. Er predigte ihm keine neue Sittenlehre, keine schärferen Gebote, sondern redete mit ihm von der Wiedergeburt als einer unerklärlichen und doch höchstnöthigen Sache, hernach aber vom Glauben an Ihn, und sagte bei diesen zwei Vorstellungen, daß das ewige Leben anders nicht erlangt werden könne. Wer also wiedergeboren wird, wird an den HErrn Jesum gläubig, und wer an Ihn gläubig wird, wird wiedergeboren, weil mit dem Glauben eine neue Natur oder ein neues Leben in der Seele entsteht. Der himmlische Vater gebe mir erleuchtete Augen meines Verständnisses, damit ich Seinen Sohn, der zu meinem Heil an ein Holz aufgehängt worden, sowohl während meiner Pilgrimschaft als auch insonderheit am Ende derselbigen gläubig ansehen könne. Die Ihn ansehen und anlaufen, deren Angesicht wird nicht zu Schanden. Nichts mehr, dann: lieber Herre mein, Dein Tod soll mir das Leben sein, Du hast für mich bezahlet.(Magnus Friedrich Roos)


Im Gespräch Jesu mit Nikodemus, dem frommen Lehrer Jerusalems, stellte es sich deutlich heraus, dass das, was Jesus sagte, Nikodemus unglaublich blieb. Was hilft aber das Reden, wenn es nicht Glauben erzeugt? Wenn die Rede die Festigkeit des Zeugnisses hat als das Wort dessen, der selber sah, verpflichtet sie freilich zum Glauben; aber damit ist noch nicht gesichert, dass der Glaube wirklich entsteht, da es keine Verpflichtung gibt, der wir uns nicht zu entziehen vermögen. Auch das Wort des Zeugen kann abgewiesen werden und dann fällt es dahin. Darum war es für Jesus das dringende Anliegen, wie er es dazu bringe, dass sein Wort Glauben bewirke. Als Israel in der Wüste von Schlangen angegriffen ward, da hängte Mose eine eherne Schlange an einem Pfahl auf und hieß das Volk zu ihr emporschauen und das rettete die Verwundeten. Mit diesem Schriftwort sagte Jesus Nikodemus, wie er es dazu bringen werde, dass sein Wort Glauben finde. Jesus wird erhöht werden und dann, wenn er, wie einst die Schlange, allen sichtbar am Pfahl hängt, zieht er den Blick aller auf sich, auch höhnende Blicke in Menge, von Flüchen begleitet, doch nicht nur solche, sondern auch den Glaubensblick, der in der Seele des Sehenden die Ergriffenheit legt, die seine Gnade schmeckt, und die Gewissheit, die seinem Vergeben traut, und die Überzeugtheit, die seinem Bekenntnis antwortet: Ja, du bist Gottes Sohn. Gerade dadurch wird er sich die Glaubenden bereiten, dass er nicht nur sagt, sondern tut, was unglaublich ist und scheinbar den Glauben völlig unmöglich macht und jede Erwartung begräbt. Gerade dann, wenn die Jünger sagen: „Wir meinten, er werde Israel erlösen“, ist ihnen der Glaube nah, wenn das Kreuz im Licht des Ostertages hell geworden ist. Die Zuversicht Jesu hat sich erfüllt. Seine Geschichte ist nicht in die Vergangenheit versunken, weil sie Passionsgeschichte war, sondern deshalb ist sie das Evangelium geworden, Gottes Botschaft, die durch alle Völker geht, und seine Jünger wurden nicht ohnmächtig, weil sie die Jünger eines Gekreuzigten waren, vielmehr schufen sie eben deshalb, weil ihr Wort nichts anderes sein konnte als das Wort vom Kreuz, die Kirche; denn so schufen sie Glauben. Wenn ich mich besinne, warum wir heute mit Jesus verbunden sind, so kann ich keine andere Antwort finden als die, die Jesus Nikodemus gegeben hat: weil er das Kreuz getragen hat. Wenn wir hier Gott nicht mehr spüren können, wäre er für uns nur noch der verborgene Gott.
Gott und Vater Jesu Christi, Dir will ich glauben und Dir danken. Du hast das große Zeichen Deiner Gottheit unter uns aufgerichtet, als Du Deinen Sohn zu dem gemacht hast, den die Welt gekreuzigt hat. Hier bist Du uns nahe und offenbarst Deinen ganzen Willen. Hier schenkst Du uns die Buße, hier schenkst Du uns den Glauben, hier wirst Du unser Gott. Amen. (Adolf Schlatter)

3:16 Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.11)
Hier ist alles aufs höchste, der Geber, die Liebe und das Geschenk, welches uns aus lauter Liebe gegeben wird, nicht aus Verdienst, und also gegeben, daß es eine Gabe bleiben soll und weder geborgt, geliehen noch bezahlt heißen, da man nichts dafür gibt und nichts mehr tut, als daß man die Hand herhalte und solchen Schatz willig und gern annehme. Aber Gott sei es geklagt, daß nicht Herzen und Hände da sind, welche solches Geschenk annehmen.
Denn wenn wirs recht bedächten und nicht so kalt wären, sollten unsere Herzen so sehr in Freuden brennen, daß wir Gott nicht allein gern dienen, sondern auch alles um seinetwillen gern leiden und dennoch dazu lachen sollten, weil wir einen solchen Schatz von ihm haben. (Martin Luther)


Von allen Sternen am Himmel ist der Polarstern dem Seemann der nützlichste. Dieser Spruch ist ein Polarstern, denn er hat mehr Seelen zum Heil geführt, als irgend ein andres Schriftwort. Er ist unter den Verheißungen, was der Große Bär unter den Sternbildern ist.
Mehrere Worte darin leuchten mit einem eigentümlichen Glanz. Hier haben wir Gottes Liebe mit einem Also dabei, das ihre unermessliche Liebe anzeigt. Dann haben wir Gottes Gabe in all ihrer freien Zugänglichkeit und Größe. Ferner auch Gottes Sohn, jene einzigartige und unschätzbare Gabe einer Liebe, die sich nie völlig zeigen konnte, bis des Himmels Eingeborner gesandt ward, um für die Menschen zu leben und zu sterben. Diese drei Punkte sind voller Licht.
Dann ist hier die einfache Forderung des Glaubens, die gnädig auf einen Heilsweg deutet, der für schuldige Menschen passend ist. Diese ist verbunden mit einer umfassenden Bezeichnung - „alle, die an Ihn glauben.“ Viele haben in diesem „alle“ Raum gefunden, die sich durch ein engeres Wort ausgeschlossen gefühlt hätten. Darauf kommt die große Verheißung, daß die, welche an Jesum glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben sollen. Wir glauben an den Herrn Jesum und wir haben das ewige Leben. (Charles Haddon Spurgeon)


Ah wie ein gros wunderbarlich unbegreifflich werck ists / das Gott seinen eingebornen Son / fur uns / zu einem Opffer macht / zusaget / und mit grossen Wunderwercken bezeuget / Er wölle uns umb seinet willen annemen / erhören und selig machen.
Dieses hohe und reiche Opffer wöllestu ansehen / Und gewislich schliessen / das es nicht ein vergeblich ding sey / Sondern Gott wölle dich darumb annemen. Und setze den son Gottes weit und hohe uber alle Sünde / und uber alle Creaturen / Und dancke Gott von hertzen / fur diese grosse gabe und wolthat. (Philipp Melanchthon)


Dieser Spruch ist eine Erklärung des Wunsches: Die Gnade unsers HErrn Jesu Christi, und die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch Allen (2 Kor. 13,13.). Von der Liebe Gottes des Vaters zeuget Sein eingeborner Sohn selber. Er redet in der vergangenen Zeit, und deutet damit nicht nur auf die zurückgelegten Jahre der Welt, sondern auch auf die Ewigkeit, die vor der Welt war. Von Ewigkeit hat Gott, der Alles vorausgesehen, die Welt geliebet. doch, da von Ihm gesagt wird: du, HErr, bleibest, wie Du bist; so darf man auch von Ihm sagen: Er liebet die Welt, das ist, das ganze menschliche Geschlecht, noch, und wird sie lieben.
Nun, möchte man denken, ist Alles schon berichtigt, Gott liebet die Menschen, und will nach dieser Seiner Liebe, daß sie nicht verloren werden, sondern ewiges Leben haben. Was bedarf es dann einer weiteren Anstalt? Allein diese wichtige Sache mußte auch geziemend ausgeführt werden. Gott sieht bei allen Seinen Werken auf Seine Ehre. Zwischen die Liebe also, welche den Sündern ewiges Leben gehen wollte, und zwischen der wirklichen Schenkung des ewigen Lebens mußte um der Ehre Gottes willen etwas hinein kommen, welches diese Schenkung geziemend und rechtmäßig machte und dieses ist die Hingabe des eingebornen Sohnes Gottes, Sein Mittleramt, Seine Gnade.
So weit rückte also Gott mit Seiner Liebe heraus, daß Er Seinen eingebornen Sohn gab. Der Vater gab den Sohn aus Liebe, und der Sohn gab Sich selbst aus Liebe für die vielen Menschen zur Erlösung. Die Liebe des Vaters und des Sohnes war gleich; denn der Vater liebt den Sohn, wie Sich selbst; und da Er den Sohn gab, war es in Ansehung der Liebe so viel, als ob Er sich selbst gegeben hätte. Er gab Ihn in die Welt herein. Er gab Ihn auch den Menschen, daß Er ihr Lehrer, Haupt, Hirt, König, Fürsprecher, Bräutigam, Licht und Leben sein möchte. Christus heißt der eingeborne Sohn Gottes, um anzudeuten, daß Er Seines Gleichen nicht habe. Da nun derselbe gegeben ist, und Sich selber gegeben hat, so denkt die Welt, es sei nichts mehr übrig, als daß sie so, wie sie ist, der höllischen Verdammniß entrinne und selig werde. Allein, man wünscht ja auch die Gemeinschaft des Heiligen Geistes, welcher den Glauben in der Seele wirkt. Es ist nämlich des himmlischen Vaters Wille, daß diejenigen Sünder, denen Er das ewige Leben schenkt, an Seinen eingebornen Sohn glauben; denn dieser Glaube ist die dankbare Annahme der Gnade Jesu Christi und der Gabe des Lebens. Hiezu ist nun die Gemeinschaft des Heiligen Geistes nöthig, denn dieser Geist heißt der Geist des Glaubens. Er leitet in alle Wahrheit des Evangelii, daß man sie erkenne und glaube. Wenn nun der Mensch durch die Erkenntniß seiner Sünden gedemüthiget, und dabei der Glaube in ihm durch den Heiligen Geist gewirket ist, so neiget sich die Liebe Gottes durch Christum zu ihm herab, und er ergreift sie gleichsam durch den Glauben. (MAgnus Friedrich Roos)


Die Welt ist die ganze, unzählbare Menge der Menschen auf unserm Erdboden, die wegen der Erbsünde und der wirklichen Sünden unter dem Urtheil des Todes und der Verdammniß liegen. Röm. 5. Ein namhafter Theil des geschriebenen Wortes Gottes beschäftigt sich damit, uns zu überzeugen, daß alle Menschen ohne Unterschied und Ausnahme ein verdorbenes, verwerfliches, und der Gnade und Gemeinschaft ihres Gottes unwürdiges Geschlecht miteinander ausmachen, das von Rechtswegen nichts als Zorn und Strafe verdient hat, und sich gar nicht darüber zu beschweren hätte, wenn es die traurigsten Folgen seines Abfalls in Ewigkeit empfinden müßte. Paulus sagt daher Röm. 3,19., es sei mit der Offenbarung des Gesetzes darauf angesehen, daß aller Mund verstopfet werde, und alle Welt Gott schuldig sei. Wer demnach vor dem Ausspruch Gottes: verflucht sei Jedermann, der nicht bleibet in alle dem, was geschrieben steht in dem Buch des Gesetzes, daß er’s thue, Respekt hat, und dem Zeugniß Gottes, des höchsten Gesetzgebers und Richters, mehr glaubet, als den falschen und leichtsinnigen Vorspiegelungen seines eigenliebigen Herzens und seiner Mitschuldigen, denen keine Verletzung des Gehorsams gegen der unendlichen Majestät von Bedeutung zu sein scheint; der, und kein Anderer, - ja, nur der kann es für etwas Sonderbares, für etwas Unerwartetes, für etwas Verwunderungs- und Anbetungswürdiges halten, daß Gott, der Heilige und Gerechte, die von Ihm abgefallene und in Feindschaft gegen Ihn versunkene Sünderwelt, die ganze Menge abtrünniger Kinder und Unterthanen, geliebet, und zwar also geliebet hat, daß Er nach dem unergründlichen Wohlgefallen Seines Willens Seinen eingebornen Sohn, den Abglanz Seiner Herrlichkeit und das Ebenbild Seines Wesens, ihnen zu gut in der Gestalt des sündlichen Fleisches (wiewohl ohne Sünde) als ein Menschenkind geboren werden, ja, nach einer mühseligen Pilgrimschaft, unter den empfindlichsten Schmerzen an Leib und Seele des schmählichsten Kreuzestodes sterben lassen, damit Alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Ist nun dem also, daß Gott, bloß in der liebevollen Absicht, ohne Abbruch Seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit uns Abtrünnige und Ungehorsame begnadigen zu können, Seinen eigenen, eingebornen Sohn ohne Verschonen (wie Paulus Röm. 8,32. redet), in den Tod gegeben hat, so ist es ein wahrer Unsinn, wenn Menschen trotz aller göttlichen Protestationen sich erfrechen, mit Vorbeigehung und Geringschätzung des einigen Mittlers, den Er ihnen angewiesen hat, Ihm, dessen durchdringendes Auge unzählige Mängel und Unvollkommenheiten an unsern besten Gedanken und Werken entdeckt, ihre armseligen Tugenden, oder vielmehr ihre mit äußerlichem Tugendschein übertünchten Schalkheiten als einen Grund aufzudringen, warum Er es nicht so genau mit ihnen nehmen, sondern ihnen unzählbare wissentliche und unwissentliche Uebertretungen Seines heiligen Willens schenken, und alle Strafen derselben aufheben und zernichten, ja sogar eine unaufhörliche Reihe ununterbrochener Freuden und Seligkeiten in jener Welt für sie bereit halten solle. (Magnus Friedrich Roos)

3:17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht gesandt in die Welt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn selig werde.12)

3:18 Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.13)
Es steht nicht in unserer Macht, ob wir an Jesus glauben oder nicht glauben. Denn der Glaube entsteht aus dem Wort, das uns Jesus zeigt, und dieses kommt als freies göttliches Geschenk zu uns. Sodann bleibt das Wort ohne Wirkung, wenn es nicht gehört wird mit jenem wachen Hören, durch das das Wort unser Eigentum wird, und dieses liegt nicht in unserer Hand, sondern ist Gottes Wirkung in uns. Darum ist uns durch die Begegnung mit Jesus, die uns zum Glauben an ihn führt, das gegeben, was nicht unter das Gericht Gottes fällt. Wäre der Glaube unser Werk und Verdienst, so stände auch er unter Gottes Gericht. Nun ist er aber Gottes Gnadengabe und darum ihm wohlgefällig und mit seinem Willen eins und unser Heil. Wer ihn empfangen hat, ist über das Gericht emporgehoen. Wenn dagegen die Begegnung mit Jesus für den Menschen unfruchtbar und sein Wort für ihn ohne Bedeutung bleibt, dann hat sich Gottes Gericht an ihm vollzogen. Denn das, was uns von Jesus wegreißt und ihm unser Ohr verschließt, ist unser verwerfliches Handeln. Alles, was böse in uns ist, zerrt uns von Jesus weg. Die Nebel, mit denen unser verkehrtes Begehren unseren Blick füllt, machen ihn uns unerkennbar. Wir heißen deshalb ganz andere Dinge unser Glück und Gut als das, was der Gekreuzigte uns verspricht. Wir werden also, wenn wir ungläubig bleiben müssen, an unseren eigenen Willen gebunden und müssen das haben, was unser sündliches Begehren sich wünscht. Das ist bereits erlittenes Gericht, bereits in Kraft gesetzte Strafe. Denn es geht uns mit unserem Unglauben Christus verloren und damit der ganze, ewig reiche Schatz des Himmelreichs. Gleichwohl hat Jesus auch seinen Jüngern mit großem Ernst gesagt, daß er auch sie richten werde. Das tat er, weil es keine göttliche Gabe gibt, an der wir uns nicht versündigen können, und je größer die Gabe ist, die wir entkräften und mißbrauchen, um so schwerer ist unsere Schuld. Durch den Glauben an Jesus sind wir fähig gemacht, ihm zu dienen und Gottes Willen zu tun. Was wir nun in Kraft seiner Gabe aus unserem Leben machen, das untersteht bei uns allen dem göttlichen Gericht. Damit ist aber nicht widerrufen oder abgeschwächt, daß uns mit dem Glauben die Befreiung vom Gericht gegeben ist, weil uns mit ihm die Vergebung unserer Sünden und die Einsetzung in Gottes Gnade verliehen ist.
Deine Hand, Herr, Gott, die uns rettet und uns zu dir emporzieht, erfaßt uns, wenn dein Wort, das uns zu Jesus ruft, in uns ist. ich empfange mit ihm, was du uns gibst. Was kann ich anders tun als dir danken und dir gehorchen? Das gib mir, Vater. Amen. (Adolf Schlatter)


Wenn des Menschen Sohn kommen wird in Seiner Herrlichkeit, und alle heiligen Engel mit Ihm, dann wird Er sitzen auf dem Stuhl Seiner Herrlichkeit, und werden vor Ihm alle Völker versammelt werden, und Er wird sie von einander scheiden (Matth. 25,31.32.), und über einen jeden von den zwei Haufen ein Urtheil fällen, denn Er ist von Gott verordnet ein Richter der Lebendigen und der Todten zu sein, Ap. Gesch. 10,42. Der Kreis des Erdbodens, das ist das ganze menschliche Geschlecht, welches auf dem Erdboden gewohnt hat, wird alsdann mit Gerechtigkeit gerichtet werden, Ap. Gesch. 17,81. Dessen ungeachtet ist wahr, was Christus Joh. 3,18. gesagt hat: wer an den Sohn Gottes glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubet, der ist schon gerichtet, denn er glaubet nicht an den Namen des eingebornen Sohnes Gottes. Warum wird derjenige, der an den Sohn Gottes glaubt, nicht gerichtet? Darum, weil er das ewige Leben schon hat, und schon vom Tod zum Leben durchgedrungen ist, Joh. 5,24., und die Barmherzigkeit sich bei ihm wider das Gericht rühmet, Jak. 2,13. Es ist freilich klar, daß die Worte richten und Gericht Joh. 3,18. Joh. 5,24. Jak. 2,13. eine fürchterlicher Bedeutung haben, da sie hingegen Ap. Gesch. 10,42. 17,31. von einer allgemeinen Bedeutung sind. Der HErr Jesus wird alle Menschen, auch diejenigen, die an Ihn geglaubt haben, richten, insofern Er sie öffentlich selig preisen, ihnen das Reich Gottes als ein Erbe durch einen Ausspruch schenken, und einem Jeden unter ihnen einen reichen Gnadenlohn nach seinen Werken geben wird. Er wird sie aber in einem andern Verstand nicht richten, weil sie schon vorher begnadigt waren, und weil Er Sich im Neuen Testament, dessen kurzer Inhalt Hebr. 8,8-12. beschrieben ist, anheischig gemacht hat, ihrer Untugend und ihren Sünden gnädig zu sein, und ihrer Ungerechtigkeit nicht mehr zu gedenken.
Wer aber an Ihn nicht glaubt, ist schon gerichtet; der Zorn Gottes schwebt und bleibet über ihm, Joh. 3,36., der Ausschlag zu seiner Verdammniß ist schon vorhanden, ehe er stirbt, und ehe der jüngste Tag anbricht; denn er glaubet nicht an den Namen des eingebornen Sohnes Gottes. Wie viel ist also an diesem Glauben gelegen! Wie wichtig und herrlich ist die Folge desselben! Wenn ich der ehrbarste, artigste und gutthätigste Mensch wäre, und glaubte nicht an den Namen des eingebornen Sohnes Gottes, der mir gepredigt worden ist, so wäre ich nach Gottes Urtheil schon gerichtet, oder unter die Verdammten gerechnet, wiewohl das Urtheil der Verdammniß erst am jüngsten Tag öffentlich und feierlich über mich würde ausgesprochen werden. Wenn ich aber auch der größte Sünder wäre, und gelangte bei Leibesleben durch die Wirkung des Heiligen Geistes unter einer redlichen Reue noch zum Glauben an den Namen des Sohnes Gottes, so würde ich schon bei Leibesleben begnadigt. HErr, lasse diese Glückseligkeit mir und den meinigen an jenem Tage widerfahren!

3:19 Das ist aber das Gericht, daß das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Werke waren böse.

3:20 Wer arges tut, der haßt das Licht und kommt nicht an das Licht, auf daß seine Werke nicht gestraft werden.

3:21 Wer aber die Wahrheit tut, der kommt an das Licht, daß seine Werke offenbar werden; denn sie sind in Gott getan.14); 15)
Was Du, o mein Herr Jesu, zu Nicodemus gesagt hast, das geht auch mich und alle, die selig werden wollen, an: ihr müsset von neuem geboren werden. Ich danke Dir, daß Du mich vor so vielen hunderttausend Juden, Türken und Heiden zu der heiligen Taufe hast kommen lassen, da ich aus Wasser und Geist wiedergeboren bin. Aber wie muß ich mich vor Dir beugen und demüthigen wegen des häufigen schändlichen und schädlichen Rückfalls aus dieser Taufgnade, womit ich mich der höllischen Verdammniß schuldig gemacht habe! Vergieb mir diese schwere Sünde und wiedergebäre mich von neuem durch eine gründliche Erweckung und wahrhafte Bekehrung, daß ich eine neue Creatur werde und Dir im neuen Wesen des Geistes diene. Laß mich täglich von neuem erkennen, wie viel Du mir geschenkt hast, und wie viel ich verachtet habe, wie Du mich zu einem Kinde Gottes machen wolltest, ich aber lieber ein Knecht der Sünde geworden bin, wie Du mich zum Leben eingeschrieben hattest, ich aber den Tod dafür erwählt habe. Und laß mich dann nicht wieder einschlafen, wenn ich wach geworden bin, sondern verleihe mir die Kraft, mich entschieden von der Sünde loszureißen, ihr den Rücken zu kehren und als ein Kind Gottes meinen Wandel im Himmel zu führen, damit jedermann erkenne, mein Weg geht hinauf nach dem Jerusalem, das droben ist. In Dir laß mich leben, aus Dir meine Kraft ziehen, aus Dir blühen in erneutem Willen, in Dir Früchte der Gerechtigkeit tragen. Vor allem bewahre mich vor künftigem Rückfalle und verleihe Deine Gnade, daß ich je länger je mehr ausziehe den alten Menschen, der durch Lüste in Irrthum sich verderbet, und hingegen anziehe den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit, und mächtig gemacht durch Vergebung der Sünden in Jesu Blut die alte Schlange unter meine Füße trete, bis Alles, Alles, alle meine Gebrechen, auch der letzte Fersenstich wird heil werden und ich völlig ausgeheilt im ewigen, unverletzlichen Leben bei Dir ausruhen werde. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Was Jesus Nikodemus zuerst gesagt hat, behielt für ihn erschreckende Dunkelheit. Mit der herrlichsten aller Verheißungen hatte Jesus begonnen, damit, dass Gottes Geist uns einen neuen Anfang des Lebens, eine neue Geburt beschert. Das blieb aber für Nikodemus ein Geheimnis, das ihn erschreckte, weil es den Grund zerbrach, auf den er seine Zuversicht gestellt hatte. Was blieb ihm noch, wenn alles, was wir mit unserem natürlichen Vermögen leisten, zum Eingang in Gottes Reich nicht ausreichte? Dann hatte ihm Jesus seine Sendung gepriesen, die ihm die Liebe des Vaters erteilt hat, durch die er, wie einst in der Wüste die Schlange, erhöht werden wird, damit er vom Kreuze aus in uns den Glauben schaffe. Aber dieser Blick auf den Ausgang Jesu war für Nikodemus wieder ein dunkles Geheimnis. Was das nicht ein schreckliches Wort? Konnte das der Weg Gottes mit Israel sein , dass Israel den von Gott gekommenen Lehrer kreuzigte? Nun aber gab ihm Jesus zuletzt noch ein Wort, das eine strahlende Freude in seine Seele gießen konnte: Deine Werke sind in Gott getan, wenn du die Wahrheit tust. Die Wahrheit, das ist nichts Verhülltes und Unzugängliches, nicht ein erst in der Ferne sich zeigendes göttliches Geschenk. Das ist Gottes gegenwärtige Gabe, dir geschenkt, weil du sein Wort hast, und in dir mächtig, weil die Wahrheit dich an sie bindet. Du kannst sie tun, und das ist wiederum Gottes dir verliehene Gabe. Denn du wirst zum Täter der Wahrheit in der Verbundenheit mit Gott. Damit ist Nikodemus vor die Pforte gestellt, die ihn zum Glauben führt. Was hinter dieser Pforte liegt, sieht er noch nicht. Die Pforte selbst aber steht in deutlicher Sichtbarkeit und offener Zugänglichkeit vor ihm. Er weiß nun, wie er den Zugang zu Jesus findet und was ihn zum Empfang des vom Geist gewirkten Lebens bringt. Blieb auch alles, wovon Jesus mit ihm sprach, noch Zukunft und rätselhaft, von Gott ihm gezeigte Wahrheit hat er empfangen. Nun greife zu und tue sie. Das ist der Weg ins Licht.
Licht, Vater, ist das Zeichen Seiner Gegenwart. Wenn Deine Hand uns bewegt, vergehen Schein und Lügen. Dein wissender Blick führt uns in die Wahrhaftigkeit und nun dürfen wir die Wahrheit lieb haben und so handeln, dass sie in uns bleibt. Darum bitte ich Dich und danke Dir für Deine Verheißung, die uns das Tun der Wahrheit zur Pforte für den Reichtum Deiner Gnade macht. Amen. (Adolf Schlatter)

3:22 Darnach kam Jesus und seine Jünger in das jüdische Land und hatte daselbst sein Wesen mit ihnen und taufte.

3:23 Johannes aber taufte auch noch zu Enon, nahe bei Salim, denn es war viel Wasser daselbst; und sie kamen dahin und ließen sich taufen.

3:24 Denn Johannes war noch nicht ins Gefängnis gelegt.

3:25 Da erhob sich eine Frage unter den Jüngern des Johannes mit den Juden über die Reinigung.

3:26 Und sie kamen zu Johannes und sprachen zu ihm: Meister, der bei dir war jenseit des Jordans, von dem du zeugtest, siehe, der tauft, und jedermann kommt zu ihm.16)

3:27 Johannes antwortete und sprach: Ein Mensch kann nichts nehmen, es werde ihm denn gegeben vom Himmel.
Nehmen und empfangen darf ich unbeschreiblich viel, darf aus seiner Fülle Gnade um Gnade nehmen und dies so, wie ich es für jeden Tag bedarf. Ich brauche nicht zu verdursten, sondern darf kommen und trinken, muss mich nicht dem Tod überlassen, sondern darf kommen und trinken, muss mich nicht dem Tod überlassen, sondern darf das Brot des Lebens holen, brauche nicht töricht zu verfahren, sondern darf um Weisheit bitten. Aber nehmen kann ich nur, was mir gegeben wird. Ohne göttliches Geben gibt es kein menschliches Nehmen. Wir Menschen meinen es anders und bilden uns ein, unsere gierigen Griffe reichten aus, um uns reich zu machen. So greifen wir mit raffenden Händen in die Natur hinein in der Meinung, es brauche nur unser Nehmen, so müsse sie uns ihre Ernten spenden. Aber mit diesem wilden Greifen füllen wir unsere Hände nur mit Sand. „Eine Hand voller Sand“, das gewinne ich, wenn ich nehme, was mir nicht gegeben ist. Im inwendigen Leben bereiten wir uns dieselbe Not. „Ich brauche, ich will, ich beanspruche, ich nehme mir“, wie oft gerät unsere Seele in diese Bahn, und doch führt sie hier ebenso wenig zum Ziel wie im Bereich der Natur. Kein Grübeln hilft mir; die Erkenntnis kommt als Geschenk. Kein Klagen wendet die Not; die Hilfe wird geschenkt. Keine Angst vor dem Sterben scheucht es weg; das Leben kommt, weil es mir gegeben ist. Nun aber, wenn die göttliche Gabe dich besucht, und nimm, nun gib deiner Hand Kraft, dass sie greife, und Festigkeit, dass sie bewahre. Wenn Gott spricht, nun höre. Wenn Gott dir dein Werk zeigt, dann steh. Wenn Gott dir seine Gnade gibt, dann handle. Dazu gibt Gott, dass du nimmst. Er gab aber nicht deshalb, weil du nimmst oder nehmen möchtest. Darin, dass wir das haben, was wir empfingen, und nichts anderes bekommen, als was uns gegeben wird, ist Gott offenbar.
Bessere, Herr, Gott, alle meine Sinne, dass sie achthaben auf Deine uns begabende Hand. Mach wach mein Ohr, dass es Dein Wort höre, mach mein Inwendiges offen, dass es die Gaben Deiner Gnade empfange, mach meinen Willen beweglich, dass er der Weisung Deines Geistes gehorche. So führst Du mich in den seligen Stand, in dem ich nehmen darf, was Du mir gibst. Amen.(Adolf Schlatter)

3:28 Ihr selbst seid meine Zeugen, daß ich gesagt habe, ich sei nicht Christus, sondern vor ihm her gesandt.

3:29 Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam; der Freund aber des Bräutigams steht und hört ihm zu und freut sich hoch über des Bräutigams Stimme. Diese meine Freude ist nun erfüllt.

3:30 Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen.17); 18)
Dass wir abnehmen, wenn Christus wächst, ist kein Schaden, sondern ganz und vollständig Gewinn. Was wäre aus der Arbeit des Täufers geworden, wenn nicht Jesus nach ihm gekommen und über ihn emporgewachsen wäre? Weil Jesus kam, spricht der Täufer auch noch zu uns und er wirkt in dem Maß auf uns heilsam ein, als Jesus sein Werk an uns tut. Johannes spricht zu uns von der Buße; heilsam wird uns aber die Buße durch Christus. Denn sie hilft mir dadurch, dass sie mir die Vergebung bringt und mich in den Gehorsam des Glaubens stellt. Dies ist aber Jesu Gabe. Vom Himmelreich spricht der Täufer zu uns; doch bliebe dies eine dunkle Hoffnung und nicht viel mehr als ein schöner Traum, wenn wir nicht Jesus kennten. Durch ihn erhält das Wort vom königlichen Wirken Gottes, durch das er uns die Fülle seiner Gnade gibt, den verständlichen Sinn und die erfassbare Wirklichkeit. Wie von seinem Werk gilt das Wort des Täufers auch von unserem Werk und es ist immer falsch, wenn wir es mit einem schmerzhaften lang wiederholen: leider muss ich abnehmen, obwohl ich so gern groß geblieben wäre. Es muss so sein, sagt der Täufer; das ist eine göttliche Notwendigkeit und gegen diese murrt man nicht und sträubt man sich nicht. Was sein muss, soll ich nicht mit halbem Herzen, sondern mit ganzem Willen wollen. Es kann freilich im Lebenslauf eines Menschen begründet sein, dass ich für ihn große Bedeutung erhalten habe, weil mein Wort das war, wodurch Gott ihn begnadete, mein Glaube ihn zum Glauben und meine Buße ihn zur Buße bewog. Daraus kann große Dankbarkeit erwachsen; aber immer behält es die göttlich begründete Notwendigkeit, dass ich abnehme und Christus wachse und ich immer weniger für den anderen bedeute, weil er immer freier von mir wird und immer selbstständiger und reifer mit eigenem Glauben an Gott hängt. Bliebe ich für ihn groß, das wäre niemals Gewinn, im Gegenteil, schwerste Schädigung; denn das wäre Schuld. Es ist eine göttliche Notwendigkeit, dass wir alle mit unserem Dienst verschwinden, auch Augustin und Luther und Calvin, und niemand groß bleibe als der, der von oben kam und darum der Herr über alle ist.
Dich, Herr Christus, dessen Wort nicht verwelkt, dessen Gnade nicht ermattet, dessen Leben nicht veraltet, preise ich mit froher Danksagung. Immer heller machst Du uns Dein Wort, immer größer Deine Gemeinde, immer mehr gerüstet zu Deinem Dienst. Widersteh in Deiner Heilandsmacht all unserer Eigenheit, die selber wachsen und groß bleiben will. Zerbrich Du sie, so sei Dir Lob und Dank gesagt; so wirst Du groß. Amen.(Adolf Schlatter)

3:31 Der von obenher kommt, ist über alle. Wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde. Der vom Himmel kommt, der ist über alle
Die Jünger des Johannes waren es nicht gewohnt, dass sich Johannes vor jemand beugte. Vor keinem Priester, Lehrer und Fürsten, auch nicht vor der Fürstin, mochte sie in ihrem maßlosen Ehrgeiz noch so anspruchsvoll sein, verneigte er sich. Keinen Frommen bewunderte er, mochte seine Frömmigkeit funkeln und schimmern, und keinen Gefallenen verachtete er, auch wenn er sich entehrt und zerrüttet hatte. Vor Jesus aber beugte sich der Täufer und darum fragten ihn seine Jünger, weshalb Jesus größer sei als er. Die Antwort des Täufers war: Er kommt von oben und ich bin von der Erde und das macht einen Unterschied, der nicht verschwinden kann. Dass das göttliche Wort zu Johannes kam, das trennt ihn nicht von der Menschheit, die auf der Erde ihre Heimat hat und durch den Erbgang, der Geschlecht mit Geschlecht verbindet, das empfängt, was dem aus der Erde hervorgegangenen Menschen eigen ist. Eine neue Schöpfung Gottes, die das vom Geist gewirkte Leben in sich trägt, hat Johannes sich selber nicht genannt. Darum hat er sich vor Jesus gebeugt; denn jetzt kommt zur Gemeinde nicht nur ein Knecht Gottes, den er mit einer Botschaft beauftragt, sondern ihr Herr, dem sie gehört, wie die Braut dem Bräutigam gehört, weil er die Wurzeln seines Lebens droben hat. Gehörte aber nicht auch Jesus zu unserem Geschlecht? War er nicht auch ein Kind gewesen wie der Täufer und nun zum Mann geworden wie der Täufer? Sprach nicht auch er von dem, was uns die Erde zeigt, als der, der unser Leben lebt und unser Sterben stirbt? So war es und deshalb staunten die Jünger des Johannes darüber, dass sich ihr Meister vor Jesus beugte. Der Täufer hatte aber über Jesus den Himmel offen gesehen und den Geist wahrgenommen, der auf Ihn kam, und den Vater gehört, der sich zum Sohn bekannte. Damals erhob nicht der Mensch seine Stimme bittend zu Gott, sondern Gott sprach zum Menschen, und das Wort, das er sprach, gab ihm nicht irgendeinen Befehl oder zeigte ihm eine einzelne Wahrheit, sondern einigte den Menschen mit Gott wie den Sohn mit dem Vater durch das Band seines ganzen Wohlgefallens. Der Täufer sah, dass hier das Wort so von oben herab gekommen war, dass es eins mit dem Menschen wurde und Gottes Wahrheit, Kraft und Gnade ihm zu eigen gab. Daher war Jesus nicht mehr wie Johannes nur ein Hoffender, sondern ein Habender, nicht mehr nur ein Verheißender, sondern ein Gebender, nicht der, der die Braut für einen anderen warb, sondern der, der sich mit ihr verband und die Gemeinde nicht zu einem anderen führte, der noch kommen werde, sondern sie zu sich berief. Darum begann nun für den Blick des Täufers die festliche Freude der neuen Zeit und seine Pflicht war es, sich an dem zu freuen, was Jesus tat.
Ich bin anders als Du, Herr Christus, und von Dir getrennt, wie die Erde vom Himmel getrennt ist. Das irdische Gewächs und der himmlische Spross wachsen nicht aus einer Wurzel und haben nicht dieselbe Art. Darum preisen wir Dich als den Gnädigen, weil Du von oben zu uns kamst und als der, der im Vater lebt, bei uns bist. Dass diese Kluft vor Dir nichts gilt und Du über sie hinweg zu uns sprichst und in uns wirkst, das ist die Gnade, durch die wir leben und für die wir Dir danken. Amen.(Adolf Schlatter)

3:32 und zeugt, was er gesehen und gehört hat; und sein Zeugnis nimmt niemand an.

3:33 Wer es aber annimmt, der besiegelt's, daß Gott wahrhaftig sei.

3:34 Denn welchen Gott gesandt hat, der redet Gottes Worte; denn Gott gibt den Geist nicht nach dem Maß.

3:35 Der Vater hat den Sohn lieb und hat ihm alles in seine Hand gegeben.

3:36 Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.19)
Ja wohl bist Du der Bräutigam Deiner Gemeinde und auch meiner Seele, denn wie im Morgenlande eine Braut durch den Bräutigam erkauft werden mußte vom Vater der Braut, so hast Du es gethan, der Du Dich selbst für alle gegeben hast zur Erlösung. Du allein konntest es thun; konntest einen Kaufpreis geben, der mehr werth ist als alle Seelen der gefallenen Menschheit. Und Du allein hast sie erkauft mit Deinem Blut und alle Seelen erworben. Dadurch hast Du Dir die Braut rechtmäßig erworben, und wir sind nun Dein in alle Ewigkeit. – Aber Du bist noch mehr, denn Du bist uns nicht nur ein Prophet oder ein Hoherpriester oder ein König unter vielen, die Dir gleich sind, sondern Du bist der Prophet, der Prophet aller Propheten, der Hohepriester aller Hohenpriester, der König aller Könige; Du bist der Herr vom Himmel, Gott geoffenbart im Fleisch. Während alle Knechte Gottes von der Erde sind, und nur von der Erde reden können, und von himmlischen Dingen nichts zu reden wissen, wenn es ihnen nicht von Dem geoffenbart und gezeigt wird, der die alleinige Quelle alles Lichts und Lebens ist, bist Du von oben her, über alle, und hast daher uns gezeuget und geoffenbart, was Du in dem Herzen Gottes, des Vaters, aus dessen Schooß Du zu uns gekommen bist, in unvermittelter, unmittelbarer und selbständiger Anschauung gesehen und gehört hast, und selbst, während Du in sterblicher Natur auf Erden wandelst, bist Du in Deiner unsterblichen Gottesnatur fortwährend im Himmel gewesen, und hast gewußt, was im Himmel vorging. O wie einzig und unvergleichlich stehst Du da unter allen Gotteszeugen und Gottesboten! Wachse denn in uns von Tag zu Tag, und laß uns abnehmen und immer kleiner werden in uns selbst. Setze uns wie ein Siegel auf Dein Herz, und wie ein Siegel auf Deinen Arm. Nähre uns, du, Deines Leibes Heiland, mit Deinem Fleisch und Blut, auf daß auch wir werden, was Du bist, Gottes liebe Kinder, Deine Miterben, Glieder an Deinem Leibe und einst Genossen Deines himmlischen Hochzeitmahles. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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