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Matthäus, Kapitel 7

Matthäus, Kapitel 7

7:1 Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet.
Liebloses und hochmütiges Richten ist leider sehr häufig in den Reihen der Christen. Mit sehr ernsten Worten warnt der Herr davor: „Mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden. Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balken in deinem Auge? Ober wie darfst du sagen: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen? Und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler, zieh am ersten den Balken aus deinem Auge; danach besiehe, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest.“
Zuerst sollen wir uns selber richten und strafen; haben wir das getan, so sollen wir freilich den Bruder auch auf seine Fehler aufmerksam machen, denn es steht geschrieben: „Du sollst deinen Bruder nicht hassen, sondern strafen.“ Nicht alles Richten ist unrecht. Werden wir doch aufgefordert, alles zu prüfen und nur das Gute zu behalten, und nicht einem jeglichen Geist zu glauben, sondern die Geister zu prüfen, ob sie von Gott sind (1.Joh. 4,1). Wenn wir nach dem Wort des Herrn das Heiligtum nicht vor die Hunde und die Perlen nicht vor die Säue werfen sollen, so müssen wir doch die Menschen und Umstände beurteilen, damit wir wissen, ob wir es mit solchen zu tun haben, und zwar aus Liebe zu den Menschen und zum Heiligtum. So sündigt auch Paulus nicht gegen das Verbot des Richtens, wenn er 1.Kor. 5,13 sagt: „Tut von euch selbst hinaus, wer da böse ist“, so wenig wie der Herr, als er sprach: „Hört er die Gemeinde nicht, so haltet ihn als einen Heiden und Zöllner.“ (Mat. 18,17). Solches Richten entspringt nicht dem Hochmut und der Lieblosigkeit, sondern ist eine Frucht heiligen Eifers und wahrer Liebe. (Hermann Heinrich Grafe)


Das ist ein besonderes süßes Stück des Evangeliums. Denn richten ist eine schwere Sache. Wer richten will, sollte wissen, das geschah. Wie kann ich das aber wissen? Was sichtbar ist, kommt aus dem Herzen des Menschen heraus; ich aber bin nicht Herzenskenner. Wer richten will, muss wissen, was die Gerechtigkeit verlangt, damit der Schuld das widerfahre, was sie verdient, und der Guttat der Lohn zuteil werde, der ihr gebührt. Wer kann vergelten? Wie verkehrt verfahren wir in der Weise, wie wir einander die Ehre und die Schande zuteilen und den Lohn und die Strafe verwalten! Du kannst nicht richten, sagte Jesus, du sollst es aber auch nicht. Können wir aber auf das Gericht verzichten? Eifrig sagte die jüdische Schar: gerichtet muss werden; das ist ein Teil unseres Gottesdienstes; das Gericht unterlassen heißt Gott verleugnen. Wie kann ich mit dem Sünder Gemeinschaft haben, ohne dass ich mich selbst zum Sünder mache, wie Bosheit dulden, ohne dass ich zum Widersacher Gottes werde? Wenn wir nicht richten, meinten sie, werden wir gerichtet. Nein, sagt mir Jesus; wenn du richtest, dann wirst auch du gerichtet. Dann hast du dich aus der vergebenden Gnade herausgestellt und unter Gottes Recht begeben. Dieses lässt dir aber nicht zu, dass du nur die anderen richtest und dich selber nicht. Das Gericht ist die Enthüllung der Wahrheit und ihre fehllose Verwirklichung. Daher duldet das Gericht keine Heuchelei und lässt mir nicht zu, dass ich mich freispreche, dagegen die anderen richte, und weil ich Gottes Gericht gegen mich habe, so weiß ich, dass ich mit meinem Urteil, das den anderen trifft, mich selbst verdamme. Was soll ich denn tun? Jedes Verbot kann nur dadurch erfüllt werden, dass ich anstelle des Bösen das Gute tue. Vergeben sollst du, sagt mir Jesus. Wir müssen richten, sagten die Juden, und können nicht vergeben; denn vergeben kann Gott allein. Die Antwort Jesu war: Gott kann nicht nur vergeben, sondern hat euch vergeben, und weil er euch vergeben hat, vergebt auch ihr. Sein Vergeben bringt nicht Unfug und Wirrwarr in der Welt hervor; denn es richtet den Schuldigen auf und macht seiner Bosheit ein Ende. Du vermehrst, sagt mir Jesus, mit deinem Richten die Sünde und belädtst dich selbst mit ihr. Vergib, so überwindest du das Böse mit Gutem, und das ist der einzige Weg, wie es überwunden werden kann.
Ich bete Deine Gnade an, die meine Sünde nicht richtet, weil sie mir in Deinem lieben Sohn den Versöhner gegeben hat. Nun rüste mich mit der Waffe aus, die mich stärker als die Sünde macht und die Bosheit zu überwinden vermag, mit dem heilenden Vergeben, das aus Deinem Vergeben stammt. Amen. (Adolf Schlatter)

7:2 Denn mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden.

7:3 Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?
Das ist sehr traurig, wenn du dich an den Gläubigen ärgerst. Du kannst dich in ihren Versammlungen nicht wohlfühlen, weil du so vieles siehst, das dir anstößig ist. So ziehst du dich vornehm zurück, meinst, für dich leben und so besser gedeihen zu können. Warum hast du eher Gemeinschaft mit Weltkindern als mit Jüngern Jesu? Werde klar über diese Frage. Über Kälte klagen kalte Herzen. Über Lieblosigkeit seufzen eigensinnige „Fromme“. Über Zurücksetzung jammern ehrsüchtige Seelen. Sei doch ein Licht unter deinen Mitgenossen! Kannst du es sein? Die Fehler anderer sollen dir nur dein eigenes Herz zeigen. Wenn du richtig zum Heiland stehst, so bist du frei von der eitlen Selbstsucht und Herrschsucht, die andere nur richten kann. Gesegnet kann nur werden, wer die Gnade sucht; diese aber findest du da, wo sich Jünger im Namen des Herrn zusammenfinden. Wer Pech hat, bleibt leicht kleben und beklagt sich dann über den Nächsten. Du kannst dem Herrn nicht Wohlgefallen, wenn du nicht Sein Gebot hältst. „Liebet euch untereinander“, so lautet das Gebot für die Jünger. Viele Christen nehmen zusehends ab, weil sie für sich bleiben, weil sie an anderen nur Unvollkommenheiten sehen. Einspänner stehen in Gefahr, jenseits des Grabes gar einsam gestellt zu werden. Deine eigene Unvollkommenheit könntest du nicht besser zur Schau tragen, als du es tust, indem du über Kälte und Härte und Lieblosigkeit der anderen klagst. Werde demütig und rein, willig und gehorsam, so wird der Herr dich segnen, und du wirst ein Segen sein. (Markus Hauser)

7:4 Oder wie darfst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge?

7:5 Du Heuchler, zieh am ersten den Balken aus deinem Auge; darnach siehe zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst!1)

7:6 Ihr sollt das Heiligtum nicht den Hunden geben, und eure Perlen nicht vor die Säue werfen, auf daß sie dieselben nicht zertreten mit ihren Füßen und sich wenden und euch zerreißen.2)

7:7 Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.
Es gibt irgendwo eine Ortschaft, wo noch heutigestags jedem Durchreisenden, der es begehrt, ein Geschenk von Brot in der Herberge verabreicht wird. So hat auch der Herr Jesus eine solche Liebe zu den Sündern, dass Er für sie eine Herberge errichtet hat auf Golgatha, und jeder hungrige Sünder darf nur anklopfen, so werden alle seine Bedürfnisse gestillt. Ja, Er hat noch mehr getan; Er hat mit seiner Herberge auch ein Bad verbunden, und wo ein Sünder sich findet, der befleckt und besudelt ist, der darf nur hingehen, so wird er abgewaschen und rein gemacht von allen Sünden. Der Brunnen ist stets gefüllt und jederzeit kräftig zur Reinigung. Noch nie ist je ein Sünder hingekommen, der hätte erfahren müssen, dass dieser Brunnen nicht imstande sei, ihn von seiner Befleckung zu reinigen. Sünden, die rot waren wie Scharlach und Rosinrot, sind ganz und gar verschwunden, und der Sünder ist weißer geworden als der Schnee. Aber wie wenn‘s auch hieran noch nicht genug wäre, so ist mit der Golgatha-Herberge auch noch eine Kleiderkammer verbunden, und ein Sünder, der sich einfältiglich als Sünder bekennt und meldet, wird dort bekleidet vom Kopf bis zum Fuß; und möchte er gern ein Streiter Christi werden, so erhält er nicht nur ein Kleid zum gewöhnlichen Gebrauch, sondern überdies noch eine vollständige Waffenrüstung, die ihn deckt von der Fußsohle bis zum Scheitel. Braucht und verlangt er ein Schwert, so wird ihm eins gegeben, und ein Schild dazu. Nichts, was ihm dienlich sein kann, wird ihm verweigert. Er bekommt Zehrgeld, so lange er lebt, und es ist ein ewiges Erbe von kostbaren Schätzen für ihn bereit, die er empfängt, sobald er eingeht zu seines Herrn Freude.
Wenn alle diese Güter mit einfachem Anklopfen an der Gnadenpforte können erlangt werden, o dann, meine Seele, klopfe heute recht kräftig an, und bitte Großes von deinem großmütigen Herrn. Gehe nicht hinweg vom Gnadenthrone, bis dass du alle deine Anliegen vor dem Herrn dargelegt und durch den Glauben eine tröstliche Zusicherung empfangen hast, dass sie dir sollen gewährt werden. Keine törichte Schamhaftigkeit braucht dich zurückzuhalten, wenn der Herr Jesus dich einladet. Kein Unglaube darf dich hindern, wenn dein Heiland dir etwas verheißt. Keine Kühlherzigkeit darf dich säumig machen, wo du solche Segensreichtümer dir aneignen kannst. (Charles Haddon Spurgeon)


WEr nichts krieget noch findet / der hat gewislich nicht gebeten noch gesucht / Und wem nicht auffgethan wird / der hat freilich nicht angeklofft.
Darumb mus es on allen zweivel an uns feilen / so uns was mangelt. An Gott kans ja nicht feilen / der so willig / geneigt und bereit ist zu geben / Das er nicht allein heisst bitten / vleissig suchen / und getrost anklopffen / Sondern uns auch mit eim tewren Eid versichert / durch seinen eingebornen Son / den er uns zum Versüner und Fürbitter verordnet hat / da er sagt / Dis ist mein lieber Son / an welchem Ich wolgefallen habe / DEn solt ir hören.
Nu spricht aber der sone Gottes also / Warlich warlich / Ich sage euch / So ir den Vater etwas bitten werdet / in meinem Namen / So wird ers euch geben. Gott gebe faulen henden kein glück / die hie nicht zugreiffen / Amen. (Martin ÖLuther)

7:8 Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.

7:9 Welcher ist unter euch Menschen, so ihn sein Sohn bittet ums Brot, der ihm einen Stein biete?

7:10 oder, so er ihn bittet um einen Fisch, der ihm eine Schlange biete?

7:11 So denn ihr, die ihr doch arg seid, könnt dennoch euren Kindern gute Gaben geben, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten!3)

7:12 Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten.4)

7:13 Gehet ein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis abführt; und ihrer sind viele, die darauf wandeln.

7:14 Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind ihrer, die ihn finden. 5)
Darum versuche es gar nicht, es wäre vergebliche Mühe, Heiligung jetzt eben zum Allgemeingut der Menschheit zu machen. Das könnte nur auf Kosten der Wahrheit geschehen, und eine solche Heiligung wäre ihres Namens nicht wert. Es taugen wirklich nicht alle Menschen zum Militär, und noch weniger zum Bergsteigen, und noch viel weniger zur Freundschaft. Zur Heiligung aber kann keiner gelangen, der nicht schmerzlich an sich selbst irre wurde und sein ganzes Vertrauen auf Jesu Gnade setzen lernte. Der Eingang ist eng; und der Fußpfad ist wenig begangen. Außerdem ist der Anfang für jeden einzelnen verschieden, und es kann sich keiner gedankenlos nach dem andern richten. Bei einem fing die Heiligung mit der Abkehr von einer Weltlust an; beim andern mit der Erneuerung seines Gebetslebens; beim dritten in einem besonderen Erlebnis Christi. Unter den vielen, die bei einer Erweckung schwärmen wie ein aufgelöster Bienenstock, sind wenige, die ihren Anfang des Lebensweges wirklich gefunden haben und auch ehrlich weitergehen. Prüf' dich mal heute abend, wie es mit den gewissen Schritten auf diesem Lebenswege bei dir steht und ob dein Weg schmal geblieben ist.
Herr Jesus! Oft habe ich über meine Einsamkeit mitten im Gedränge der frommen Menge geweint. Heut will es mir scheinen, als müßte ich dir dafür danken, daß ich dich dadurch besser kennen lernte, weil ich bei dir allein geblieben bin. Amen. (Samuel Keller)


Der breite Weg ist der Weg des Unglaubens, des Ungehorsams, des Widerstrebens gegen den Geist der Gnade. Es ist der Weg des Losgelöstseins von dem Herrn der Herrlichkeit und des Gebundenseins an den Satan. Los von Gott ist ein jeder, der Ihn nicht fürchtet, Ihn nicht liebt, Ihm nicht gehorcht. Der breite Weg ist der Weg der Sünde, der Lüste und der Begierden des Fleisches, des Wandels nach dem Laufe, nach der Art dieser „Welt“. Dieser Weg wird immer breiter; eine Sünde ruft der anderen; das höllische Unkraut überwuchert die Seele und erstickt alle besseren Regungen. Fern von Gott, unter der Herrschaft der Sünde verderben Geist, Seele und Leib. - Der schmale Weg hingegen ist der Weg des Glaubens an den Herrn, der Erkenntnis der seligmachenden Wahrheit, der Buße, der völligen Sinnesänderung, der freiwilligen Übergabe an den hochgelobten Seligmacher und Erlöser. Du findest diesen Weg schmal, wenn du ihn antreten sollst; aber du findest ihn lieblich und schön, wenn du mit Jesus eines Sinnes geworden bist. Der schmale Weg ist der Weg des Ausziehens des Leibes der Sünde, des dieser Welt Sterbens, des Kampfes mit Satan, Sünde und Welt, der Weg des Leidens und der Geduld. Er ist aber unentbehrlich, wir müssen ihn gehen, wie sollten wir sonst zum Himmel tüchtig werden? Nur wer kämpft und überwindet, wird in Jesu Reich ein Priester, ein König. Heute handelt es sich um den Gehorsam. Jesus ruft dir freundlich, aber sehr entschieden zu: Gehe ein! Jetzt gleich kannst und sollst du es tun. (Markus Hauser)


Für Jesus war es eine schwere Arbeit, die Jünger aus der Gemeinschaft herauszulösen, die sie in das jüdische Volkstum band. Eine kleine Minorität zu sein, von den Vielen sich zu trennen, nicht durch das Tor zu schreiten, durch das sich die Menge drängt, nicht die Straße zu begehen, die jedermann wählt, das ist ein ernsthaftes Unternehmen, von dem wir alle erschrecken. War die breite Straße nicht dadurch geheiligt und als gefahrlos erwiesen, dass sie die Straße aller war, die Straße aller Parteien, der Frommen und der Unfrommen, der Priester und der Laien, der Lehrer und der Unwissenden? Jesus ruft den Jüngern zu: Es geht ums Leben! Die Menge rennt in den Tod. Sie sieht ihn freilich nicht und fürchtet ihn daher auch nicht; aber am Ende ihres Weges steht der göttliche Urteilsspruch, der ihr Leben zerbricht. Um des Lebens willen ist jeder Verzicht richtig und jedes Opfer vernünftig. Ihr könnt keinen anderen Weg gehen als den schmalen und einsamen, den nur wenige finden; denn ihr sollt zum Leben gelangen. Wir sind von derselben Schwierigkeit bedrängt wie die Jünger, obschon unser Volkstum nicht den geheiligten Charakter hat, den Israels Volkstum damals besaß. Weil wir Christen sind, gehört unsere Liebe und Arbeit auch der natürlichen Gemeinschaft, die uns als Volk vereint. Wir bauen sie auf und verketten sie möglichst fest. Je fester aber das Volkstum wird, umso schwerer wird der Christenstand, umso schmäler wird der Weg. Was hat auch so die Macht, uns aus der Menge herauszureißen, die auf breiter Straße geht, und uns durch das enge Tor zu drängen? Die Gottesfrage; denn sie ist die Lebensfrage. Es geht um mein Leben; das ist meine ganz persönliche Sache. Hier haben die Interessen meiner Familie und meines Standes nichts zu sagen; hier gilt nicht nationale Gewohnheit und Meinung der Majorität. Sterben oder leben, das ist mein eigenstes Anliegen, bei dem kein anderer für mich eintreten kann. Ich muss meine Seele retten und ich rette sie nur dadurch, dass ich Jesus gehorche. Ist der Weg auch schmal, ganz einsam ist niemand, der den Weg des Lebens geht. Wird er auch nur von wenigen gefunden, sie wandern vereint. In der kleinen Gemeinschaft derer, die nach dem Leben streben, entsteht feste Verbundenheit, Liebe und Treue, die nicht bricht.
Wenn ich nicht weiß, wie ich das enge Pförtchen und den schmalen Weg finde, dann, Vater, sei mir nah und mache mir Dein Wort hell. Es hat mich dazu besucht, damit ich aus der Schar der Sterbenden hinübertrete ins Leben. Amen. (Adolf Schlatter)

7:15 Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe. 6)
Ohne Religion können die Menschen nie sein. Weder im Diesseits noch im Jenseits werden sie das fertigbringen. Warum muss der Antichrist einen Lügenpropheten haben? Weil der Mensch ohne Religion gar nicht sein kann. Und auch die abgefallenen Engel vermögen das nicht. Lies die Bibel und die Weltgeschichte einmal in diesem Lichte. Gerade in unseren Tagen liegt nun aber die Gefahr einer Vermischung und Verfälschung von Religion und Evangelium nahe. Viele wollen fromm sein, viele sind bemüht, Sünden mit einem glänzenden Flitter der Rechtschaffenheit, der Tugend und der Frömmigkeit zu umhüllen. Viele suchen den Segen Gottes, obwohl sie ganz auf das Irdische gerichtet sind. Hüten wir uns vor den falschen Propheten! Sie gebrauchen zwar die Bibel, aber ihr eigener Geist und der Geist dieser „Welt“ und der Geist des Teufels sprechen aus ihnen. Scheinbar lassen sie alles in der Bibel stehen, aber sie verfälschen doch das Wort des Herrn. Wenn in der Verkündigung des Wortes das teure Blut Jesu Christi und das Zeugnis von der Erneuerung durch den Heiligen Geist beharrlich fehlt, so ist große Vorsicht notwendig. Das Verwässern und Verschweigen der Wahrheit, das Umgehen der herrlichen Erlösung durch den Opfertod des Sohnes Gottes kommt einer Verfälschung des Wortes gleich und gehört zur Weltfrömmigkeit der falschen Prophetie. Wer aus Gott geboren ist, überwindet auch diese. Nur aus Gott Geborene können ihr süßes Gift, ihre verzuckerte Lüge schnell erkennen. Ihnen widerstrebt diese gemeine Art, mit Gottes Wort umzugehen, sie machen entschieden Front gegen die falsche Prophetie und rufen andern zu: Hütet euch vor ihr! (Markus Hauser)

7:16 An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man auch Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln?

7:17 Also ein jeglicher guter Baum bringt gute Früchte; aber ein fauler Baum bringt arge Früchte.

7:18 Ein guter Baum kann nicht arge Früchte bringen, und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen.

7:19 Ein jeglicher Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.

7:20 Darum an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.

7:21 Es werden nicht alle, die zu mir sagen: HERR, HERR! ins Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel.
Schon damals, da unser Heiland die Bergpredigt hielt, gab es Leute, die Ihn HErr nannten, obschon der Name HErr bei den Juden nicht so gewöhnlich war, als er heut zu Tag ist. Es scheint auch, es habe Leute gegeben, die, um sich Ihm gefällig zu machen, den Titel HErr gegen Ihn gar oft wiederholten. Nun sagte Er zwar nicht, daß Ihm dieser Titel nicht gebühre, bezeugte aber doch, daß nicht Alle, die zu Ihm sagen: HErr, HErr, in das Himmelreich kommen, gleichwie man heut zu Tag sagen kann, daß nicht Alle, die von dem HErrn Jesu schreiben, predigen, hören, lesen, reden, oder Seinen Namen im Beten nennen, in das Himmelreich kommen. Welche sind es aber, die darein kommen? Diejenigen, die den Willen Seines Vaters im Himmel thun. Der Wille des Vaters ist auch Sein Wille, und eben deßwegen, weil man Ihn HErr nennen darf, soll man auch Seinen Willen thun, und Seine Gebote halten, Off. 22,14. Es war aber im Stand der Erniedrigung, da Er noch nicht verklärt war, Seine Weise, die Menschen, wenn Er ihnen etwas Göttliches vorhalten wollte, auf den unsichtbaren Vater in dem Himmel zu weisen: dieser war Sein Vater in einem besondern Verstand, denn Er war der eigene und eingeborne Sohn Gottes. Es ist aber der Wille und das Gebot des himmlischen Vaters, daß wir glauben an den Namen Seines Sohnes. Sein Wille ist unsere Heiligung. Sein Wille ist überhaupt Alles, was uns in der heiligen Schrift geboten ist. Diesen Willen sollen wir aber nicht nur wissen, sondern auch thun, folglich gute Bäume sein, die gute Früchte tragen, wie der Heiland vorher gesagt hatte. Dazu wird aber ein solches Herz und ein solcher Sinn erfordert, als Er Matth. 5,2-12. beschreibt. Zu diesem Zweck ist aber auch nöthig, daß man den wahren Sinn des göttlichen Gesetzes verstehe, ein einfältiges Auge habe, und ernstlich bete. So wenig man Gott nach eigenem Gutdünken oder nach Menschensatzungen dienen darf: so wenig darf man in Ansehung Seines geoffenbarten Willens gleichgültig sein. Ein Mensch kann ohnehin nicht unthätig sein. Thut er den Willen seines Gottes nicht, so ist er ein Uebelthäter, und wird, wenn er ein solcher bleibt, mit Andern seines Gleichen am jüngsten Tag das schreckliche Urtheil hören: Ich habe euch noch die für die Meinigen erkannt, weichet von Mir, ihr Uebelthäter. So sei denn unser Wille dem Willen des himmlischen Vaters unterworfen, und der HErr Jesus, der zu Ihm gesagt hat: Deinen Willen, Mein Gott, thue Ich gerne, gebe uns auch von Seinem Sinn und Geist, und mache uns tüchtig, in den Fußstapfen Seines lautern Gehorsams zu wandeln. Es ist nicht nöthig, daß wir hiebei große Thaten thun, wie Einige am jüngsten Tag von sich rühmen werden. Wenn wir nur die Pflichten, die unser geringer Stand mit sich bringt, treulich erfüllen, und die damit verbundenen Beschwerden williglich ertragen, und überhaupt als Kinder vor unserm himmlischen Vater wandeln, so wird Er unser Thun höher achten, als wir selber, und uns am jüngsten Tag einen größern Gnadenlohn geben, als wir gehofft hatten. (Magnus Friedrich Roos)

7:22 Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: HERR, HERR! haben wir nicht in deinem Namen geweissagt, haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben, und haben wir nicht in deinem Namen viele Taten getan?

7:23 Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie erkannt; weichet alle von mir, ihr Übeltäter!7); 8)
Jesus offenbart hier die Herrlichkeit seiner Sohnschaft. Vom Vater lässt er sich durch nichts trennen, auch nicht durch das, was ihm auf der Erde das Liebste war. Er hat die Seinen lieb gehabt und kein anderes Eigentum begehrt als Menschen, die sich zu ihm bekennen, ihn ihren Herrn nennen und durch ihr Wirken der Welt zeigen, dass er ihr Heiland ist. Allein um ihretwillen verleugnet er den Willen des Vaters nicht. Weissagen, Geister vertreiben, Wunder wirken, das waren Vorgänge, durch die die Neuheit des Christentums besonders deutlich zum Vorschein kam; denn der Jude rechnete dies nicht zum Beruf eines Frommen. Und das Neue wurde allen dadurch kräftig vorgehalten, dass sie alle ihre großen Taten eifrig und laut mit dem Namen Jesu verbanden. Sein Name gab ihrem Wirken die Kraft; darum fiel auch der Ruhm nicht ihnen zu, sondern Jesu Größe und Jesu Macht wurde durch sie ans Licht gebracht. Dennoch erklärt ihnen Jesus: Ich habe euch nie gekannt, ihr seid mir völlig fremd und nie bestand zwischen mir und euch eine Verbindung. Sie rufen ihn an: Herr, Herr! Und er verleugnet sie; sie wirken für ihn und er verwirft sie; sein Name steht über dem Großen, das sie tun, und er nennt sie Übeltäter. Warum? Jesus liegt es daran, dass der Wille des Vaters getan werde. Kann man eine christliche Wirksamkeit üben und gegen Gott ungehorsam handeln? Das geschieht leicht. Jene kleinen Gebote, die von dem reden, was immer geschehen muss, sind leicht verachtet. Wenn man weissagen kann, muss man dann noch wahrhaftig sein? Wenn man Macht über die Geister hat, braucht man dann das zu tun, was der Samariter tat? Ist nicht Christlichkeit mehr als Ehrlichkeit, Liebe mehr als Gerechtigkeit? Für Jesus gibt es aber keinen Ersatz für den Gehorsam gegen Gottes Gebot, auch keinen christlichen Ersatz.
Du, Herr Christus, bist immer gnädig, wenn Du strafst, immer herrlich, wenn Du zürnst. Indem Du die verleugnest, die dich ehren und Gottes Willen verachten, bekennst Du Dich zu denen, die den Willen Seines Vaters tun. Gib uns allen, dass wir Dir so dienen, dass wir nicht von Dir verworfen werden. Amen. (Adolf Schlatter)

7:24 Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, den vergleiche ich einem klugen Mann, der sein Haus auf einen Felsen baute.
Die Rede Christi, die man hören und thun muß, wenn man als ein kluger Mann sein Haus auf einen Felsen bauen will, ist die Bergpredigt, welche Matth. 5.6. und 7. enthalten ist. Nach derselben soll ein Mensch bei dem Genuß des Himmelreichs arm im Geist sein, bei der Erwartung des göttlichen Trostes Leid tragen, bei der Hoffnung, das Erdreich zu besitzen, Sanftmuth ausüben, bei der Hoffnung der Sättigung nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten. Er soll barmherzig sein, damit er auch Gott schauen möge; er soll friedfertig sein, um ein Kind Gottes zu heißen; und sich in der Hoffnung der himmlischen Belohnung um der Gerechtigkeit willen verfolgen und schmähen lassen. Endlich soll er mit allen Heiligen ein Salz der Erden und ein Licht der Welt sein. Ein solcher Mensch ist nach dem Ausspruch Christi ein seliger Mensch, und hat sein Haus auf den Felsen gebauet. Christus ging aber in Seiner Rede noch weiter zurück, und sagte, man solle nicht meinen, daß das göttliche Gesetz im Himmelreich nimmer gelte, sondern es vielmehr nach seinem geistlichen Sinn recht verstehen, wie es eine herzliche Liebe des Nächsten, innerliche Keuschheit, Heiligung des Namens Gottes, einen friedfertigen und demüthigen Sinn, die Liebe der Feinde und eine ganze Gerechtigkeit gebiete. Hier prüfe sich ein Jeder, und ringe darnach, daß er diese Gebote halten könne. Christus lehrte ferner, daß man nicht in der Heuchelei und aus Ehrgeiz, oder Geldgeiz, Almosen geben, beten und andere gottesdienstliche Uebungen vornehmen solle. Das Herz müsse hiebei zu dem himmlischen Vater gerichtet, der Sinn dem Vater Unser gemäß, und die Absicht lauter sein. Wer Gottes Diener sein wolle, könne insonderheit kein Mammonsdiener sein, und sich mit Sorgen quälen. Er sagte ferner, Andere richten, und seiner eigenen Sünden vergessen, sei schändlich, Andere unvorsichtig bestrafen, gefährlich. Er verheißt den Betenden die Erhörung, und faßt endlich das ganze Thun eines seligen Menschen, Matth. 7,12., in eine kurze Regel, und V. 13-20. in die verblümten Vorstellungen von einer Pforte und einem Weg, und von Bäumen, die Früchte tragen, zusammen; wiewohl Er V. 21.22.23. auch unverblümt davon redet. Diese Rede Christi ist’s nun, die man hören und thun soll. Sie hören ist gut: thun aber, das ist, in Seinem Sinn und Wandel sich darnach richten, noch besser, und jenes würde ohne dieses nichts nützen. Wer sie aber hört und thut, ist ein kluger Mann, der sein Haus der Hoffnung auf einen Felsen bauet, wo es gegen alle Anfälle, die unausbleiblich sind, und zur Prüfung dienen, fest steht. Seine Hoffnung wird ihn nie lassen zu Schanden werden. HErr Jesu, heilige uns in Deiner Wahrheit: Dein Wort ist die Wahrheit, Deine Lehre durchdringe unsere Herzen, und bilde unsern Sinn und Wandel, damit wir auf Dich, den unbeweglichen Felsen, zur Erlangung eines ewigen Heils erbauet werden! (Magnus Friedrich Roos)

7:25 Da nun ein Platzregen fiel und ein Gewässer kam und wehten die Winde und stießen an das Haus, fiel es doch nicht; denn es war auf einen Felsen gegründet.

7:26 Und wer diese meine Rede hört und tut sie nicht, der ist einem törichten Manne gleich, der sein Haus auf den Sand baute.

7:27 Da nun ein Platzregen fiel und kam ein Gewässer und wehten die Winde und stießen an das Haus, da fiel es und tat einen großen Fall.9); 10)

7:28 Und es begab sich, da Jesus diese Rede vollendet hatte, entsetzte sich das Volk über seine Lehre.

7:29 Denn er predigte gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten.11); 12); 13)
So viel erhellt auch wieder aus diesen Worten, daß es nur einen doppelten Weg giebt, den einen durch die Pforte des Todes, den andern durch die Pforte des Lebens, und daß es immer und immer wieder heißt: entweder – oder. Auch wir standen an der Pforte des Todes; aber wir haben Deine Stimme gehört, Herr Jesu, die uns so mächtig zur Pforte des Lebens rief. Hier sind wir; wir haben den Tod verdient: o erbarme Dich über uns. Du hast Dein Blut für uns vergossen; in der Kraft dieses für uns vergoßnen Blutes reinige uns von unserer Sünde und sprich uns los von unserer schweren Schuld. Wir dürfen es nicht hoffen; aber Deine Gnade ist überschwänglich groß, und Du willst den Tod des Sünders nicht. Herr und Heiland, Du willst nicht unsern Tod; so ergreife uns denn, Du Fürst des Lebens, mit Deiner heiligen allmächtigen Hand, und führe uns in das Reich des Lichtes und des Lebens. Du bist der einige Mittler zwischen Gott und uns; führe uns zum Throne Gottes. In unserer Unreinheit dürften wir’s nicht wagen; schmücke uns mit Deiner vollkommenen Gerechtigkeit, daß wir bestehen können vor dem heiligen Gott und Er uns annehme als seine Kinder. Der Weg ist freilich eng, der zum Leben führt, und die Pforte schmal; Feinde lauern zur Rechten und Linken; es ist schwer, ein Christ zu sein und nach dem Sinn des rechten Geistes zu leben! Viele trachten danach, wie sie ins ewige Leben hineinkommen, und es gelingt ihnen nicht; aber es ist ein seliger Weg, auf dem uns die Engel begleiten, wo wir nie allein sind, sondern derer, die für uns sind, mehr sind als derer, die wider uns sind, und wo Du in den Schwachen mächtig bist und uns stärkst, daß wir nicht abweichen noch straucheln und fallen, sondern einen guten Kampf kämpfen, den Lauf vollenden und Glauben halten bis an’s Ende. Sei und bleibe Du denn unser Führer ins freudenreiche Vaterland. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Auch in diesem Kapitel und dem darin enthaltenen dritten Theil der schönen Bergpredigt fährt Christus fort, zu zeigen, theils, was mit der gottgefälligen Gerechtigkeit übereinkomme oder dahin führe, theils, was derselben und folglich dem wahren Christenthum, als in welchem man allein die vor Gott gültige Gerechtigkeit findet und antrifft, entgegen stehe.
Die Selbsterkenntniß, da ein Mensch geistlich arm, sanftmüthig und demüthig ist - und sich weder vor Gott noch vor Menschen irgend einer Vollkommenheit anmaßet, ist ein nothwendiges Stück des wahren Christenthums - und gleich im Anfang von Christo unter den acht Seligkeiten gepriesen worden. Dawider aber streitet ohne allen Zweifel, wenn man lieber, ohne Beruf dazu zu haben, andere richten, ihre Splitter, das ist, ihre anklebenden Mängel und Schwachheiten weggethan - und nicht wissen will, daß man selber einen Balken im Auge, das heißt, namhafte Fehler und Gebrechen an sich habe.
Und das ist's denn, was der Heiland hier zuerst erinnert. Dabei aber stellet Er den Lehrern in der Kirche ihr Strafamt fest, vermöge dessen sie nach Anweisung des göttlichen Worts - und nach dem Exempel sowohl anderer treuer Lehrer alten und neuen Testaments, als auch Sein, des HErrn Jesu selbst - gegen alles böse und sündliche Wesen, das sie beobachten, geziemend eifern müssen. Er vermahnet sie nämlich, daß sie ihr Heiligthum, Wort und Sacrament, nicht den Hunden geben - noch ihre Perlen, die kostbaren Schätze des Evangelii, vor die Säue werfen, sondern sorgfältig und gewissenhaft als treue „Diener Christi und Haushalter über Gottes Geheimnisse,“ wie sie von Paulo genennet werden 1. Cor. am 4., damit umgehen sollen.
Gleichwie nun aber Fleisch und Blut - oder der natürliche Mensch an dasjenige gar hart und ungern kommet, was doch der Befehl unsers Heilandes und die Rotwendigkeit des Gehorsams gegen Seine Worte erfordert und mit sich bringet, - so gibt der Heiland an dem lieben Gebet ein stattliches Mittel an die Hand, dadurch man die nöthige Kraft und Stärke, welche dem natürlichen Menschen nicht gegeben ist, erlangen könne und möge - bei Gott dem himmlischen Vater, welcher nicht nur ein väterliches Herz gegen Seine Kinder hat, daß Er uns alles Gute gerne geben will, sondern auch nach Seiner Allmacht und Allwissenheit geben kann.
Wiederum zeiget Christus, daß Er in dem Verhalten gegen unsern Nebenmenschen nicht mehr begehre, als wir selber wünschen, daß uns von demselben widerfahren möge; das sey, soviel die Liebes- und Lebenspflichten eines Menschen gegen den andern betrifft, das Gesetz und die Propheten.
Es vermahnet auch Christus die Seinigen ernstlich, daß sie sich nicht daran stoßen, wenn die Pforte eng, und der Weg schmal sey, der zum Leben führet; denn zum wahren Christenthum wird ein Kämpfen und Ringen erfordert, und daher finden und betreten so wenige den schmalen Weg. Hingegen sey die Pforte weit, und der Weg breit, der zur Verdammniß abführet; das ist, bei der Welt und ihrem Haufen sey Fleisch und Blut besser daran, auch mehr Lust und Bequemlichkeit dieses Lebens zu finden; weßwegen auch viel sind, die darauf wandeln.
Desto größer soll nun aber der Eifer bei uns seyn, und desto mehr sollen wir, wie die Schrift anderswo redet, mit Furcht und Zittern schaffen, daß wir selig werden. Denn der Welt Freude hat ein Ende, und darauf folget ewige Verdammniß, woselbst niemandem das etwas helfen wird, daß er viele neben sich darin findet. Und das Leiden des Christen nimmt auch ein Ende; aber eine ewige Freude und Seligkeit wird darauf folgen, da uns nichts schaden wird, obschon nur wenige neben uns dazu eingegangen sind.
Sonderlich soll uns die getreue Warnung des Sohnes Gottes vor den falschen Propheten, das ist, vor allem dem, was uns von den heilsamen Worten des HErrn Jesu Christi - und von der Lehre der Gottseligkeit auf etwas anderes, auf irrige Lehre, auf gottloses oder heuchlerisches Leben, führen will, immerdar vor Augen schweben. Auch sollen wir uns in unserm Leben nach solcher Warnung richten. Denn das „HErr, HErr! sagen“ wird es dermaleinst, wie unser Jesus bezeuget, nicht ausmachen. Was der Mund bekennet, das muß das Herz glauben, und der Baum an seinen Früchten erkannt werden.
Dieses alles ist nun eine ewige und göttliche Wahrheit, die uns das ewige Wort des Vaters in dieser Bergpredigt vorgetragen. Wer darauf seinen Glauben und sein Leben baut, der ist ein weiser Baumeister, und sein Bau stehet auf einen Fels gegründet. Wer aber, obgleich er diese Rede Jesu höret, dieselbe nicht thut - und sich in seiner Sicherheit auf weiß nicht was verläßt, der ist ein thörichter Mann - und bauet auf den Sand, der kann in der Anfechtung wider den Teufel und den Tod nicht aushalten, sondern muß fallen und verloren werden.
Der barmherzige Gott regiere uns alle mit Seinem heiligen Geist, daß wir erleuchtete und rechtschaffene Jünger und Nachfolger Jesu Christi seyn - und bei diesem Seinem Lebenswort bis an unser seliges Ende erhalten werden mögen. Amen. (Veit Dieterich)

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