Zuletzt angesehen: Matthäus, Kapitel 22

Matthäus, Kapitel 22

Matthäus, Kapitel 22

22:1 Und Jesus antwortete und redete abermals durch Gleichnisse zu ihnen und sprach:

22:2 Das Himmelreich ist gleich einem Könige, der seinem Sohn Hochzeit machte.

22:3 Und sandte seine Knechte aus, daß sie die Gäste zur Hochzeit riefen; und sie wollten nicht kommen.
Was es heißt, Gottes Volk zu sein, hat Jesus den Männern von Jerusalem in drei Gleichnissen mit herrlicher Klarheit gezeigt. Sie sind Gottes Söhne, Gottes Arbeiter und Gottes Gäste. Jedes dieser Gleichnisse gilt von allen, die zu Gottes Volk gehören, und sie alle sind nicht abwechselnd jetzt nur dies und dann nur dies, jetzt nur die Söhne, denen der Vater das Leben gab und die er in seine Gemeinschaft aufnahm, dann nur die Arbeiter, denen er seinen Weinberg zur Bebauung übergab, dann nur die Gäste, die er zum Feier seines Festes an seinen Tisch einlädt. Zusammen beschreiben ihnen diese Gleichnisse ihr Verhältnis zu Gott und sie können dieses nicht in Stücke zerlegen, können nicht Söhne sein, wenn sie Gott nicht dienen, können nicht Gäste sein, wenn sie nicht seine ihm gehorchende Söhne sind. Sie erleben darum im Verkehr Jesu mit ihnen dies alles im selben Vorgang. Durch Jesus sagt ihnen der Vater als seinen Söhnen: geht in meinen Weinberg, und weil sie die von Gott in den Weinberg gesetzten Arbeiter sind, bittet sie der Sohn, dass sie Gott geben, was Gottes ist, und weil sie Bürger in Gottes Stadt sind, lädt Jesus sie ein zur Feier des Festes, das der König seinem Sohne macht. Je heller aber Jesus Gottes Gnade leuchten lässt, an der jeder teilhat, der zu Gottes Volk gehört, um so dunkler und schrecklicher wird eines jeden Schuld. Nein, sagen die Söhne, die der Vater in seinen Weinberg schicken will. Nein, sagen die Weingärtner, die Gott seine Frucht geben sollten. Nein sagen die Gäste, die zum König gerufen sind, weil er seinem Sohn die Hochzeit bereitet und diese nicht einsam feiern will. Mit diesem letzten Nein spricht die Gottlosigkeit ihr hässlichstes Wort, wie uns auch Jesus seine Größe dadurch besonders deutlich zeigt, dass er sich auch auf dem Weg zum Kreuz als den beschreibt, der uns an seinem Feste Anteil gibt. Israel hat nicht recht, wenn es Jesus verwirft; du forderst uns zur Buße auf; das ist ein hartes Wort, und was du verlangst, ist ein schweres Gebot. Freilich duldet Jesus keinen Raub an Gott und ist von jenen Söhnen geschieden, die den Vater nur mit leeren Worten ehren. Er weckt uns auf aus unserer Erstarrung in Lieblosigkeit und macht unserem boshaften Unrecht ein Ende. Aber sein Wort ist nicht nur Gebot und nicht nur Gericht, das uns zur Buße treibt, sondern ist Evangelium, ist Einladung zur Gemeinschaft mit ihm an Gottes festlichem Tisch an Gottes herrlichem Tag. Das ist der Abschluss der Sünde, durch den wir sie vollenden, wenn wir zu seinem Evangelium sagen: nein, wir kommen nicht.
Du machst, Vater, aus unserer Buße ein freudiges Werk und aus unserem Gehorsam eine süße Pflicht und aus unserem Hoffen eine uns reinigende Kraft. Gib mir, wenn mich bedrückt, was in mir natürlich und verwerflich ist, einen Blick in die Feier Deines großen Tags. Amen.(Adolf Schlatter)

22:4 Abermals sandte er andere Knechte aus und sprach: Sagt den Gästen: Siehe, meine Mahlzeit habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh ist geschlachtet und alles ist bereit; kommt zur Hochzeit!1)

22:5 Aber sie verachteten das und gingen hin, einer auf seinen Acker, der andere zu seiner Hantierung;

22:6 etliche griffen seine Knechte, höhnten sie und töteten sie.

22:7 Da das der König hörte, ward er zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an.

22:8 Da sprach er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Gäste waren's nicht wert.

22:9 Darum gehet hin auf die Straßen und ladet zur Hochzeit, wen ihr findet.

22:10 Und die Knechte gingen aus auf die Straßen und brachten zusammen, wen sie fanden, Böse und Gute; und die Tische wurden alle voll.

22:11 Da ging der König hinein, die Gäste zu besehen, und sah allda einen Menschen, der hatte kein hochzeitlich Kleid an;

22:12 und er sprach zu ihm: Freund, wie bist du hereingekommen und hast doch kein hochzeitlich Kleid an? Er aber verstummte.
Weil Israel Gottes Weinberg an sich rafft und zu seinem Fest nicht kommen will, geht nun die Berufung frei zu den Völkern hinaus. Sie fragt nicht: wer bist du, weder, was ist deine natürliche Art, noch, was hast du als Sünde oder Frömmigkeit in dir? Darum weil die Einladung sich an alle wendet, setzt sie für alle an den Anfang ihres Christenstandes die Taufe, die allen die Vergebung der Sünden gewährt. In seinem Vorblick auf das, was nach dem Kreuz geschehen wird, wird Jesus von keinem Zweifel gequält. Nun kommen die Geladenen, nun findet die gute Botschaft offene Ohren; denn das ist unmöglich, dass Gottes Festsaal leer bliebe. Aber auch dann, wenn das göttliche Wort in neuer Weise die von allen Bedingungen freie Gnade zu allen trägt, bleibt es heilig und eins mit Gottes Gerechtigkeit. Das zeigt sich an dem, der sich ohne ein festliches Gewand in den Festsaal begibt und deshalb ins Gefängnis kommt. Was ist sein Verbrechen? Er begehrt nach der Freude des Festes; soll sie ihn nicht locken? Er hört begierig die Einladung; soll er ihr nicht folgen? Allein er soll bedenken, was ihm gegeben wird, und den ehren, der ihn zu seinem Gaste macht. Will er am Fest teilnehmen, jedoch ohne das festliche Kleid, so spaltet er seinen Willen und erzeugt in sich den Widerspruch, das Gegenteil der Wahrhaftigkeit. Das ist die Haltung dessen, der selig werden will, doch ohne Gehorsam, der bleiben will, was er ist, und doch in der Gemeinde Jesu und in Gottes Gnade stehen will, der sich auf Gottes Gnade stützen und in seiner eigensüchtigen Lieblosigkeit verharren will. Mit dem Gast ohne Festkleid beschreibt uns Jesus den Mann, der zwei Seelen hat, der seinem Ja doch wieder ein Nein entgegenstellt und das, was er möchte, doch nicht mit einem ganzen Willen ergreift. Was uns hier über die Teilnahme an der Hochzeit des Christus gesagt wird, gibt uns auch dann die Regel, wenn wir uns am Tisch Jesu versammeln. Auch hier macht die Einladung die frei gebende Gnade Gottes sichtbar und stellt an keinen irgendeine Bedingung. Denn der Tod Jesu soll von jedem gepriesen werden, der Mensch ist und weiß, was Sünde ist. Aber „unterscheidet den Leib des Herrn“, sagt Paulus und damit blieb er völlig beim Wort des Herrn. Wir müssen das schätzen und ehren, was Jesus für uns mit seinem getöteten Leib und vergossenen Blut erworben hat.
Das Fleisch und der Geist streiten gegeneinander und Du allein, gnädiger Gott, kannst mich davor bewahren, dass daraus ein Bruch entstehe, der mich inwendig zerreißt. Dein Werk ist es, wenn der Trieb Deines Geistes mich ganz bewegt, meinen ganzen Willen zu Dir zieht und meine ganze Liebe an Dich bindet. Wehre aller inneren Zwiespältigkeit und Unwahrhaftigkeit. Amen.(Adolf Schlatter)

22:13 Da sprach der König zu seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße und werfet ihn in die Finsternis hinaus! da wird sein Heulen und Zähneklappen.2)

22:14 Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.3); 4); 5); 6)

22:15 Da gingen die Pharisäer hin und hielten einen Rat, wie sie ihn fingen in seiner Rede.

22:16 Und sandten zu ihm ihre Jünger samt des Herodes Dienern. Und sie sprachen: Meister, wir wissen, daß du wahrhaftig bist und lehrst den Weg Gottes recht und du fragst nach niemand; denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen.

22:17 Darum sage uns, was dünkt dich: Ist's recht, daß man dem Kaiser den Zins gebe, oder nicht?

22:18 Da nun Jesus merkte ihre Schalkheit, sprach er: Ihr Heuchler, was versucht ihr mich?

22:19 Weiset mir die Zinsmünze! Und sie reichten ihm einen Groschen dar.

22:20 Und er sprach zu ihnen: Wes ist das Bild und die Überschrift?
Wes ist das Bild? Es muß meines Gottes sein. Sonst ists nimmer recht. Dein Herz ist ein Täflein, darauf man bilden kann, was man will, Gott, Teufel, Welt, Himmel. Wem du es in Liebe zuhältst, der bildet sich hinein. Liebst du Gott, so nimmts Gottes Bild an sich. Liebst du die Welt, so findest du die Welt drinnen. Die Lieb ist der Spiegel, drin sich das Bild präsentirt. Ach wehe dir, so etwas Anders auf deinem Herzen gebildet steht als Gott! Bedenkst du nicht was der Heiland sagt zu den jungen Pharisäern: Gebet Gott, was Gottes ist? V. 21. Am Bild erkennt man wem du gehörst, Gott oder dem Teufel. Deß Bild du trägst in der Zeit, deß bist du in alle Ewigkeit. In Ewigkeit des Teufels sein, bedenke was es auf sich hat. Ich will bei Zeiten klug werden, und in diesem Stücke den Malern folgen, welche, wenn sie für sich selbst ein hübsch Bild malen wollen, zuvor ein ander gemaltes Bild gar eben beschauen, alle Punkte und Linien desselben auf ihr Täflein zeichnen, und alsdann ihr Bild darnach formiren, so treulich als sie können. Jesus soll mein Vorbild sein. 1. Pet. 2, 21. Dessen Lehr und Leben soll nimmer aus meinem Gedächtniß kommen. Dahin soll mein Fleisch gehen, daß ich verklärt werde in seinem Bilde von einer Klarheit zur andern. 2. Cor. 3, 18. Treff ichs nicht alsbald, will ich doch nicht auf, hören mich in ihm zu bespiegeln, bis ichs immer besser treffe. Kann ichs ihm nicht gleich machen, will ich doch allen Fleiß anwenden, daß ichs in Etwas nachmache. Er bleibt wohl der Meister, ich will nur sein Schülerchen sein. Er bleibt wohl der Weg und behält den Vortritt, ich will zusehen, daß ich ihm nachtrete in seinen Fußstapfen. Du allerliebster Jesu, drücke dich selbst in mein Herz, daß ich nach dir gebildet, dein sei und bleibe ewiglich! (Heinrich Müller)

22:21 Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers. Da sprach er zu ihnen: So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!
Stolz zum Kampf und zum Sterben bereit sagte die junge Mannschaft Galiläas: wir nenne keinen Menschen unseren Herrn; denn wir haben nur einen Herrn, Gott allein. Fordert der Römer, der sich anmaßt, der Herr der Welt zu sein, dass auch wir ihn als den Herrn ehren und die von ihm verfügte Steuer ihm bezahlen, so verweigern wir sie ihm; denn es ist nicht recht, dass die, die Gottes Knechte sind, auch noch eines Menschen Knechte seien. Es schien, diese galiläischen Trotzköpfe ständen nahe bei Jesus, und doch waren sie weit von ihm entfernt. Auch Jesus hat einzig den Vater den Herrn des Himmels und der Erde genannt und niemand angebetet als Ihn allein. Nicht einen Augenblick hat er sich vor dem Satan geneigt, als er ihm seine Hilfe anbot; noch weniger hat er sich vor einem Herodes oder Pilatus gebeugt. Allein der Eifer, mit dem die Galiläer ihre Groschen gegen den Griff des Kaisers verteidigten, macht sichtbar, wie weit sie von Jesus getrennt waren. Gebt Gott, was Gottes ist, sagt ihnen Jesus. Ihr dürft und sollt ihm geben, was er von euch verlangt, dürft und sollt opfern. Opfern ist eure süße Pflicht und euer seliges Recht. Ihr könnt aber nicht ein Opfer erfinden nach eurem Gutdünken und euch einen Gottesdienst einrichten, der euch gefällt, z. B. den, der euch von Steuern befreit und eure Groschen vor dem Kaiser schützt. Es ist Wahn und Sünde, Gott mit dem beschenken zu wollen, was uns wohlgefällt. Er ordnet an, wie wir ihm dienen, und jedes Opfer muss Gehorsam sein. Das sollen wir Ihm geben, was Er uns gab. Was gab Er uns, dass wir es Ihm wiedergeben? Alles, was ich bin, Leib und Seel, Denken und Wollen, alle die Menschen mit denen er mich verbunden hat, kurzum mein Leben. Wozu gab er es mir? Damit ich nicht für mich selber lebe, sondern für ihn.
Von Dir und zu Dir, Vater, sind alle Dinge geschaffen. Von Dir und zu Dir kommt und geht auch mein Glaube und meine Liebe, und ich will nicht hindern, dass das, was von Dir kommt, wieder zu Dir emporsteige, Dein Lob verkünde und Deine Gnade preise. Dein soll bleiben, was Du mir gabst. Amen. (Adolf Schlatter)

22:22 Da sie das hörten, verwunderten sie sich und ließen ihn und gingen davon.7)

22:23 An dem Tage traten zu ihm die Sadduzäer, die da halten, es sei kein Auferstehen, und fragten ihn

22:24 und sprachen: Meister, Mose hat gesagt: So einer stirbt und hat nicht Kinder, so soll sein Bruder sein Weib freien und seinem Bruder Samen erwecken.

22:25 Nun sind bei uns gewesen sieben Brüder. Der erste freite und starb; und dieweil er nicht Samen hatte, ließ er sein Weib seinem Bruder;

22:26 desgleichen der andere und der dritte bis an den siebenten.

22:27 Zuletzt nach allen starb auch das Weib.

22:28 Nun in der Auferstehung, wes Weib wird sie sein unter den sieben? Sie haben sie ja alle gehabt.

22:29 Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Ihr irrt und wisset die Schrift nicht, noch die Kraft Gottes.

22:30 In der Auferstehung werden sie weder freien noch sich freien lassen, sondern sie sind gleichwie die Engel Gottes im Himmel.

22:31 Habt ihr nicht gelesen von der Toten Auferstehung, was euch gesagt ist von Gott, der da spricht:

22:32 „Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs “? Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen.
Wie viele möchten es anders haben: Gott soll sich um ihr Leben auf Erden nicht kümmern, wie sie sich nicht um ihn kümmern; im Sterben soll er ihnen durch den Pfarrer etwas Trost schicken und in der Ewigkeit soll er sie irgendwie selig machen. Als die Toten wollen sie schließlich irgendwie in seiner Hand sein, weil sie nichts dagegen machen können, aber ihr Leben wollen sie für sich haben. Das geht nicht. Gott läßt sich sein Eigentumsrecht nicht halbieren: wir sind sein, hier im Leben und im Sterben und nach dem Tod. Das verschärft unsere Sünde, daß wir sie taten als Gottes Eigentum, und dieses Leben in der Sünde wirft seine Wirkungen hinüber in jenes Leben. Umgekehrt geht's auch den Gläubigen der Tod kann sie von Gott nicht scheiden. Weil sie auf Erden als sein Eigentum sich wußten, ist es ihr Trost, daß sie es auch nach dem Sterben bleiben. Gott ist ein Gott der Lebendigen. Die Seinen leben ihm dort alle und haben Lebensbeziehungen mit ihm. Denn in des Vaters Hause sind viele Wohnungen. Der Ort der Toten ist nicht verriegelt für Gottes Einfluß. Wir sind sein und bleiben lebendig in Ewigkeit.
Wir danken dir, Herr Jesus, daß wir durch dich den großen Trost gegen das Sterben wissen und haben: daß wir in des Vaters Hand bleiben. Gut wird's auf alle Fälle sein. Mach uns treu und hilf uns zur Ruhe des Volkes Gottes hindurch. Amen. (Samuel Keller)

22:33 Und da solches das Volk hörte, entsetzten sie sich über seine Lehre.

22:34 Da aber die Pharisäer hörten, wie er den Sadduzäern das Maul gestopft hatte, versammelten sie sich.

22:35 Und einer unter ihnen, ein Schriftgelehrter, versuchte ihn und sprach:

22:36 Meister, welches ist das vornehmste Gebot im Gesetz?8)

22:37 Jesus aber sprach zu ihm: „Du sollst lieben Gott, deinen HERRN, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte.“

22:38 Dies ist das vornehmste und größte Gebot.

22:39 Das andere aber ist ihm gleich; Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Es ist eine froh machende und stärkende Gewissheit, dass ich meine Pflicht nicht mit eigener Wahl aufsuchen und selbst erst entdecken muss. Deinem Nebenmann gib deine Liebe, sagt mir Jesus, dem, den Gott zu dir geführt und neben dich gestellt hat. Die selbstherrliche Verfügung über den Verlauf meines Lebens ist mir damit genommen. Denn mein Nächster ist ohne mein Zutun da. Wir wurden zusammengeführt durch die Hand, die unser beider Leben regiert, und damit, dass er mein Nächster ist, ist meiner Liebe das Ziel gegeben und meine Pflicht mir gezeigt. Darf ich sie dadurch von mir weisen, dass ich sage, es sei doch nur ein Zufall, dass gerade dieser mein Nächster sei? Dem Priester und Leviten, die durch die Wüste am Halbtoten vorbei nach Jericho gingen, gestattete es Jesus nicht, zu sagen, dass nur ein Zufall sie zu dem geführt habe, der ihrer Hilfe bedürftig war. Sie haben ihn freilich nicht gesucht, als sie ihre Wanderung antraten. Aber gerade deshalb, weil nicht ihr eigener Wille diese Begegnung herbeiführte, entsprang aus ihr die heilige Pflicht, die sie nur dann abweisen können, wenn sie die Regierung Gottes verachten, die in allem wirksam ist. Wenn ich nicht gottlos denken will, sondern auf Gottes Hand achte, kann ich nicht vom Zufall reden, wenn er meinen Weg zu dem hinlenkt, der meiner Liebe bedarf. Auch dann, wenn ich mit eigenem Willen und freier Wahl den anderen zu mir ziehe und zu meinem Nächsten mache, stehen wir beide unter der Regierung Gottes, da unser Handeln an Bedingungen gebunden ist, die nicht wir selber setzen. Dadurch wird meine Pflicht heilig, dass ich sie nicht von mir aus bestimmen kann, sondern durch die mir gesetzte Lage empfange. So ist sie ein Anspruch, der von oben herab zu mir kommt und meinen Gehorsam verlangt. Wie leicht wird mir aber zugleich mein Dienst gemacht! Er wäre schwer, müsste ich mich auf die Fahrt machen, um die zu entdecken, die ich lieb haben darf. Hier aber habe ich nichts erst zu suchen. Sie sind mir ja nah und da, die von Gott neben mich Gestellten. Müsste ich ein Programm für mein Leben entwerfen und es nach meinen Plänen ordnen, wie käme dabei etwas anderes heraus als stetes Schwanken und immer neue Unsicherheit? Nun aber lautet das mir gegebene Gebot: tue, was die Stunde fordert; gib dem, der neben dir steht, das, was du ihm geben kannst, dieselbe Schätzung, wie dir selbst, die Gabe, die dein eigenes Leben nährt und füllt.
Ich will Dir, Vater, von Herzen danken, dass mich Dein süßes Gebot aufweckt, wenn ich in mir selbst versinke und niemand in meine Nähe lasse und auch die nicht sehe, die meine Nächsten sind. Wenn Dein Gebot kräftig zu mir spricht und die Eigensucht, die mich einsam macht, verscheucht, dann finde ich Tag um Tag Pflicht und Dienst in reicher Fülle. Dafür sei Dir Lob und Dank gesagt Tag um Tag. Amen. (Adolf Schlatter)

22:40 In diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

22:41 Da nun die Pharisäer beieinander waren, fragte sie Jesus

22:42 und sprach: Wie dünkt euch um Christus? wes Sohn ist er? Sie sprachen: Davids.
Die große, entscheidungsvolle Frage, von welcher deiner Seele Heil abhängt, ist: „Wie dünket euch um Christus?“ Ist Er euch „der Schönste unter den Menschenkindern,“ „auserkoren unter vielen Tausenden,“ ist Er euch „schön und lieblich?“ Überall, wo Christus so wert gehalten wird, werden alle Fähigkeiten des geistlichen Menschen aufs beste geübt. Ich will eure Frömmigkeit wie an einem Wetterglas daran erkennen: Steht Christus bei euch hoch oder tief? Wenn ihr wenig an Christum denkt, wenn ihr gleichgültig seid gegen seine Gegenwart, wenn ihr euch wenig um seine Ehre bekümmert, wenn ihr seine Gebote gering achtet: dann weiß ich, dass es nicht gut steht um eure Seele; Gott gebe, dass sie nicht krank sei zum Tode! Wenn aber der erste Gedanke eures Geistes darauf gerichtet ist: „Wie kann ich Jesum ehren?“ Wenn das tägliche Verlangen eurer Seele dahin geht: „Ach, dass ich wüsste, wo ich Ihn finden könnte!“ dann sage ich euch: ihr könnt noch mit tausend Schwachheiten behaftet sein und kaum wissen, ob ihr Kinder Gottes seid oder nicht; so habe ich doch die unzweifelhafte Gewissheit, dass ihr wohl geborgen seid, weil Jesus noch in eurer Achtung steht. Was kümmern mich deine Lappen; nur darauf kommt‘s an, was du von seinem königlichen Schmucke hältst. Was kümmern mich deine Wunden, ob sie gleich mit Strömen Bluts fließen; aber was dünket dich um seine Wunden? Achtest du sie gleich funkelnden Rubinen? Ich denke darum nicht geringer von dir, weil du wie Lazarus in der Asche sitzest, und Hunde deine Schwären lecken; um deiner Armut willen verachte ich dich nicht; aber was hältst du von dem König in seiner Schöne? Besitzt Er in deinem Herzen einen herrlichen und erhabenen Thron? Möchtest du Ihn gern noch mehr erhöhen, wenn du könntest? Würdest du gern sterben, wenn du damit dem Posaunenschall, der sein Lob verkündet, noch einen Klang beifügen könntest? O, dann steht‘s gut um dich. Was du auch von dir selber denken magst; wenn dir nur Christus groß erscheint, so wirst du in einer Kürze bei Ihm sein. (Charles Haddon Spurgeon)

22:43 Er sprach zu ihnen: Wie nennt ihn denn David im Geist einen Herrn, da er sagt:

22:44 „Der HERR hat gesagt zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis daß ich lege deine Feinde zum Schemel deiner Füße “?

22:45 So nun David ihn einen Herrn nennt, wie ist er denn sein Sohn?

22:46 Und niemand konnte ihm ein Wort antworten, und wagte auch niemand von dem Tage an hinfort, ihn zu fragen.9); 10); 11)

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
bibel/nt/01_mat/mat_kapitel_22.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain