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Hiob, Kapitel 14

Hiob, Kapitel 14

14:1 Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt kurze Zeit und ist voll Unruhe,

14:2 geht auf wie eine Blume und fällt ab, flieht wie ein Schatten und bleibt nicht.
Der Mensch däuchte den Hiob in seinem schweren Leiden ein sehr geringes Geschöpf zu sein, wie er ihn dann oft als ein solches beschreibt. Er sagte unter Anderem: der Mensch vom Weibe geboren lebt eine kurze Zeit; und doch lebte er nach seiner Trübsal noch 140 Jahre, und hatte schon vorher erwachsene Kinder gehabt. Wie viel mehr sollen wir, deren Leben 70 und, wenn’s hochkommt, 80 Jahre, gemeiniglich aber nicht so lange währt, die Kürze unseres Lebens, welches David Ps. 39,6. einer Handbreite vergleicht, erkennen. In der kurzen Zeit des Lebens ist aber der Mensch voll Unruhe oder Umtrieb. Viele Leiden und viele Arbeiten erhalten ihn immer in einer mühseligen Bewegung. Des ruhigen Genusses hat er wenig, weil er immer umgetrieben wird. In der Kindheit gehet er wie eine Blume auf, und nicht wie ein Reis im Wald, aus dem eine Ceder oder ein Eichbaum werden soll. Er ist als ein Kind schön und schwach wie eine Blume, und so steht er eine Zeit lang, fällt aber wieder ab. Er fleucht wie ein Schatten und bleibt nicht. Kaum hatte man ihn auf der Erde gesehen, so verschwindet er wieder ganz wie ein Schattenbild. Man sieht ihn nicht mehr, er ist nicht mehr da. Aus der Erde sind seit der Schöpfung schon ein hundert und etlich und zwanzigmal viele Millionen solcher Schattenbilder verschwunden; und auch wir, die wir jetzt da sind, werden bald so verschwinden.
Wozu soll uns nun diese Betrachtung dienen? Dazu soll sie uns dienen, daß wir uns selbst nach unserem irdischen Zustand und Leben für sehr gering halten. Ach es ist bald um uns geschehen. Unsere Thaten gehen sehr nahe zusammen, auch die Kürze unseres Lebens überzeugt uns, daß wir nicht durch’s Verdienst der Werke selig werden können. Weil wir aber doch als Knechte und Mägde Gottes etwas thun sollen, so sollen wir’s frisch oder hurtig thun, weil die Zeit und Gelegenheit kurz ist. Wir sollen fleißig sein. Wir sollen wandeln, dieweil es Tag ist, denn es kommt die Nacht, da Niemand wandeln kann. Uebrigens kann und will der große Gott die kleinen und wenigen Werklein, die wir thun, so segnen, daß sie zu einer Frucht werden, welche bleibt, obschon wir selbst nicht auf Erden bleiben, und daß sie eine Saat werden, auf welche eine ewig Ernte folgt. Lasset uns keinen Menschen abgöttisch fürchten, oder zur Stütze unseres Vertrauens machen; denn er ist eine Blume, die bald abfällt, und ein Schatten, der bald vergehet. Lasset uns aber auch unsere Güter, unsere Ehre bei Menschen, und unsere ganze irdische Glückseligkeit, ob wir schon Gott dafür zu danken haben, nicht allzuhoch schätzen, weil sie mit unserem irdischen Leben bald verwelken und vergehen werden. Aber auch unsere Leiden sollen wir nicht allzuhoch anrechnen; denn der Mensch vom Weibe geboren lebt und leidet eine kurze Zeit, aber der Mensch aus Gott geboren lebet ewiglich. (Magnus Friedrich Roos)

14:3 Und du tust deine Augen über einen solchen auf, daß du mich vor dir ins Gericht ziehest.

14:4 Kann wohl ein Reiner kommen von den Unreinen? Auch nicht einer.

14:5 Er hat seine bestimmte Zeit, die Zahl seiner Monden steht bei dir; du hast ein Ziel gesetzt, das wird er nicht überschreiten.

14:6 So tu dich von ihm, daß er Ruhe habe, bis daß seine Zeit komme, deren er wie ein Tagelöhner wartet.

14:7 Ein Baum hat Hoffnung, wenn er schon abgehauen ist, daß er sich wieder erneue, und seine Schößlinge hören nicht auf.

14:8 Ob seine Wurzel in der Erde veraltet und sein Stamm im Staub erstirbt,

14:9 so grünt er doch wieder vom Geruch des Wassers und wächst daher, als wäre er erst gepflanzt.

14:10 Aber der Mensch stirbt und ist dahin; er verscheidet, und wo ist er?

14:11 Wie ein Wasser ausläuft aus dem See, und wie ein Strom versiegt und vertrocknet,

14:12 so ist ein Mensch, wenn er sich legt, und wird nicht aufstehen und wird nicht aufwachen, solange der Himmel bleibt, noch von seinem Schlaf erweckt werden.

14:13 Ach daß du mich in der Hölle verdecktest und verbärgest, bis dein Zorn sich lege, und setztest mir ein Ziel, daß du an mich dächtest.

14:14 Wird ein toter Mensch wieder leben? Alle Tage meines Streites wollte ich harren, bis daß meine Veränderung komme!

14:15 Du würdest rufen und ich dir antworten; es würde dich verlangen nach dem Werk deiner Hände.

14:16 Jetzt aber zählst du meine Gänge. Hast du nicht acht auf meine Sünden?

14:17 Du hast meine Übertretungen in ein Bündlein versiegelt und meine Missetat zusammengefaßt.

14:18 Zerfällt doch ein Berg und vergeht, und ein Fels wird von seinem Ort versetzt;

14:19 Wasser wäscht Steine weg, und seine Fluten flößen die Erde weg: aber des Menschen Hoffnung ist verloren;

14:20 denn du stößest ihn gar um, daß er dahinfährt, veränderst sein Wesen und lässest ihn fahren.

14:21 Sind seine Kinder in Ehren, das weiß er nicht; oder ob sie gering sind, des wird er nicht gewahr.

14:22 Nur sein eigen Fleisch macht ihm Schmerzen, und seine Seele ist ihm voll Leides.

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