Steinmetz, Johann Adam - Von der Versiegelung der Gläubigen mit dem heiligen Geist - Dritte Erbauungsstunde.

Steinmetz, Johann Adam - Von der Versiegelung der Gläubigen mit dem heiligen Geist - Dritte Erbauungsstunde.

Es ist nicht zu leugnen, daß sich der heilige Geist gewisser, nachdrücklicher und kräftiger Mittel zu bedienen pflege, wenn er die Seelen zur Versiegelung oder Versicherung der Vergebung ihrer Sünden und ihres Gnadenstandes und künftiger Seligkeit hat bringen wollen. Es überzeugt uns davon sowohl die Erfahrung, als auch das untrügliche Wort Gottes. Wer mit Seelen zu thun gehabt hat, die der Versicherung ihres Gnadenstandes nachgerungen, denen wird gar manches Exempel bekannt worden sein, wie Gott solche Seelen auf eine ganz besondere Art durch sehr kräftige nach- und eindrückliche Erinnerungen zu dieser Seligkeit, zum Genuß dieser Wohlthat gebracht hat. In Gottes Wort finden wir auch davon manche Spuren, z. B. wohin sollte wohl David zielen Ps. 51,10., wenn er in seiner großen Bußarbeit seinen Gott bittet, er wolle ihn hören lassen Freude und Wonne, daß die Gebeine erquickt würden, die damals so zerschlagen waren? Besonders aber finden wir ein schönes Zeugniß von dieser Sache Hohel. Sal. 2., da erzählt wird, was Jesus, der Bräutigam der gläubigen Seelen, für ein Mittel gebraucht habe, sie aus ihrem Elend zu bringen, von welchem in den ersten Cap. noch besonders war gehandelt worden, da unter andern der Herr Jesus die Gemeinde seiner Gläubigen also mußte anreden: ob sie denn nicht wüßte, wem sie angehöre, oder wie es eigentlich mit ihr beschaffen wäre; da finden wir im zweiten Cap., daß die Seele, welche V. 2. als eine Rose unter den Dornen, das ist, im Gefühl ihrer Sünden vorgestellt wird, hernach in dem 3. und 6. V. beschrieben wird als eine solche, die nun sitze unter dem Schatten des, der ihre Seele liebt, ihres Seelenbräutigams, als eine solche, der nun die Frucht von ihrem Herrn Jesu süß würde, die nun anfinge zu schmecken, was sie an ihrem Heilande Jesu Christo hätte, die er V. 4. hinein führte in den Weinkeller, und die Liebe ihr Panier sein ließe, sie erquickte mit Blumen, und sie labte mit Aepfeln, so daß sie krank würde vor Liebe, daß sie es kaum ausstehen könnte. Eine solche Empfindung, ein solches Gefühl müsse der Heiland in ihrem Innern wirken und eindrücken in ihre Seelen.

Wenn ich hier von süßen Empfindungen rede, womit der heilige Geist die Seele versiegelt oder versichert von der Gnade Gottes und von der Vergebung ihrer Sünden, und von ihrer künftigen Seligkeit, so meine ich damit nicht alle Empfindungen und vergnügende Erquickungen, die etwa eine Seele irgendwo bekommen, die aber wieder so vorüber gehen und das arme Herz eben so ungewiß lassen, als es etwa vorher gewesen. Ihr werdet euch erinnern, daß ich schon gesagt habe, daß Gott den Seelen, wenn sie kaum anfangen aus ihrem Sündenschlafe aufzuwachen, so einen süßen angenehmen Blick seiner Gnade pflege zu geben, so etwas süßes, angenehmes, vergnügendes, erquickendes bei Lesung und Betrachtung des Wortes Gottes, oder beim Gebet in der Seele blicken läßt. Aber das geht so geschwinde vorbei, wie ein Sonnenstrahl im Frühling, auf den bald wieder Sturm und Ungewitter zu folgen pflegt. Daraus muß sich der Mensch seine Versicherung seines Gnadenstandes machen, denn da kann man sich gewaltig betrügen, wenn man das schon ansieht als eine Versicherung und Siegel der Vergebung der Sünden. Nein, das Herz muß in der Gewißheit bleiben, es muß nicht so was vorbeigehendes und überhinrauschendes sein; also, wenn ich jetzt rede von den Empfindungen, deren sich der heilige Geist als eines Mittels bedient, die Seelen zu versichern, so verstehe ich auch darunter nicht solche Vergnügungen, deren sich der heilige Geist bei den übrigen Mitteln bedient. Denn z. B. wenn der heilige Geist das göttliche Wort bei einer Seele braucht und der Seele dabei nachdrücklich offenbar werden läßt und sie überzeugt, sie sei nun wirklich in dem Stande, daß sie von der Gnade Gottes und Vergebung ihrer Sünden versichert werden könne, so ist dabei nothwendig eine gewisse Art von Vergnügung. Denn wie sollte das wohl möglich sein, wenn so ein armer Wurm eine Zeitlang in tausend Zweifeln gelegen hat; es ist oftmals in seinem Herzen erschallt: Ach, du bist wohl ein verdammter Sündenwurm! Und es kommt denn hernach eine Stunde, da ihm Gott aus seinem Worte ein Kennzeichen läßt bekannt werden, aus dem der eine gewisse gegründete Hoffnung schöpfen läßt, daß ihm aus seinem todeswürdigen Zustande geholfen sei, daß da der Seele nicht wohl werden sollte? So geht es auch bei den andern Mitteln und Siegeln, deren sich der heilige Geist bei mancher Seele bedient, sondern, wenn ich sage, daß der heilige Geist bei den Seelen eine solche Versiegelung oder Versicherung wirke und durch eine gewisse kräftige Empfindung hervorbringe, so meine ich dadurch einen solchen mächtigen und lieblichen Geschmack der Gnade und Liebe Gottes, eine solche lebendige und lebhafte Empfindung des Friedens und der Freude in dem heiligen Geist, einen solchen Vorschmack der Kräfte der zukünftigen Welt, wodurch so gleichsam als durch einen Strom aller Zweifel und alle Bedenklichkeit von der Seele weggenommen wird, woran sie etwa bisher noch frank gelegen, wodurch sie auch oftmals wohl in einem Augenblicke so versichert worden, daß sie auch Tod und Teufel trotzen können, und sagen: nun weiß ichs, nun hat mich mein Gott und mein Heiland auf eine lebendige und nachdrückliche Weise versichert, daß ich sein Kind sei, daß ich Vergebung meiner Sünden habe, nun weiß ich es gewiß. Wenn Seelen etwa dieses lesen, bei denen der Herr dies Mittel gebraucht, die werden das fassen, was ich sage, und die werden wissen, daß das wirklich und wahrhaftig so zu geschehen pflegt. Es ist aber nicht genug, daß ich mich etwas deutlicher erklärt habe, was ich durch eine solche Empfindung verstehe, wodurch der heilige Geist manche Seele von ihrem Gnadenstande zu versiegeln pflegt, sondern ich muß nun von der Sache noch einen und den andern Umstand nothwendig bemerken und zeigen, daß, obwohl diese Art der Versiegelung, da der heilige Geist eine Seele durch das Wort Gottes, durch die heiligen Sacramente, von den innern Gnadenwirkungen, von ihrem Gnadenstande versichert, wohl viel angenehmer, süßer und lieblicher sei, als etwa die andern, man dennoch daher nicht denken müsse, sie sei besser, als eine andere, nein, sondern diese Versiegelung durch die Empfindung muß vielmehr erst durch die andern gleichsam unterstützt werden, wenn sie etwas bleibendes, etwas hernach im Kampf und Leiden bestehendes sein soll. Denn, Seele, wenn du auch die allerstärksten Empfindungen von der Gnade und Liebe gehabt hättest, und du hättest die Kennzeichen nicht an dir, die von dem Gnadenstande in der Bibel gegeben werden, ich gebe dir für deine Empfindungen, sind sie auch noch so stark, nicht viel. Denn, wenn nun die Empfindung, wie zu geschehen pflegt, sich setzet, wenn sie gleich nicht ganz nachlässt, doch nicht mehr von der ersten Kraft ist, und der Mensch hätte hernach nicht das Kennzeichen, daß er sagen könnte: ich bin doch nun wahrhaftig so, wie Gott seine Kinder in seinem Wort beschreibt, ich finde doch das auch an mir, was Gott in seinem göttlichen Wort angezeigt hat von denen, die ihm angehören, die in seinem Blute von ihren Sünden los geworden sind, wo würde sodann die Versicherung der Gnade Gottes bleiben?

Wenn ich auch die allerstärkste Empfindung, die allersüßeste Versicherung zu gewissen Zeiten hätte, und ich merkte hernach nicht in mir die wahrhaftige, gänzliche Veränderung des Herzens und Sinnes durch den heiligen Geist; ich merkte nicht, daß der heilige Geist mich wahrhaftig wiedergeboren hätte, daß ich eine andere Creatur wäre, daß Welt und Sünde mir ein Ekel wäre, daß ich nun nach nichts anders hungerte und dürstete, als nach Gott und seiner Gnade und nach dem Blute meines Heilandes Jesu Christi: so würde ich mich nicht trauen zu sagen, daß ich bei Gott in Gnade sei. Und daher sage ich, obwohl die Empfindung angenehm das Herz durchdringt und sehr lieblich ist, und in Ansehung der Lieblichkeit andern Arten, so zu sagen, vorgehet, man sie doch an und für sich selbst nicht besser halten müsse als andere, sondern man müsse noch alsdann durch die andern Gnadenwirkungen versichert werden, wofern man nicht an seinem Glauben wolle Schiffbruch leiden. Ferner habe ich bei diesem Siegel oder bei diesem Mittel der Gnadenversicherung des heiligen Geistes zu erinnern, daß man nicht meinen dürfe, daß etwa die Seelen, die durch eine solche empfindliche Art und Weise ihres Gnadenstandes und der Vergebung ihrer Sünden versichert werden, so ganz besondere Lieblinge des Herrn Jesu wären. Nein, sondern man hat es vielmehr anzusehen als ein Zeichen ihrer Schwachheit, daß ihnen Gott auf eine so merkliche Art und Weise hat zu statten kommen und sich ihrer auf eine so empfindliche Art annehmen müssen, da sie durch ihren Unglauben etwa den andern Arten der Versiegelung durchs Wort und durch die Sacramente würden widerstanden haben.

Ich füge noch eine nöthige Erinnerung hinzu, wenn nemlich dir Gott eine solche Versiegelung gibt durch eine so selige, kräftige und mächtige Empfindung seiner Gnade und dich gleichsam zum Essen des Osterlammes nimmt: so denke, daß auch bittere Salze dazu gehören, sonst wird dirs nicht viel Nutzen schaffen. Wer Erfahrung hat und gibt acht auf die Wege Gottes, was der heilige Geist mit solchen Seelen vorzunehmen pflegt, der wird insgemein sehen, daß, wo sich der heilige Geist solcher süßen Erquickungen und Empfindungen zur Versicherung ihres Gnadenstandes bedient, daß hernach manche bittere Salze darauf folgen; und das geschieht aus großer Barmherzigkeit. Denn das Osterlamm wäre uns nicht recht schmack- und nahrhaft, wenns nicht mit den Salzen erst recht zugerichtet würde, daß es dadurch erst seine rechte Kraft bekäme, die es in unserer Seele haben soll.

Dieses habe ich sonderlich um zweier Arten der Menschen willen angeführt, welche einem zu diesen unsern Zeiten sehr häufig unter Kindern Gottes vorkommen, auch unter dem Haufen derer, die was bessers in ihrem Christenthum suchen. Erstlich habe ich es darum angeführt, daß man sich dieses Mittel nicht solle vor andern erwählen; hingegen die andern Mittel, wenn sie Gott und der heilige Geist an uns brauchen wolle, geringe achten, und etwa denken solle, so lange man nicht zu einer solchen besondern Empfindung und zum besondern Geschmack der Liebe Gottes käme, hätte man sich gar und durchaus nicht der Gnade Gottes zu erfreuen. Ach nein! thut dir der große Gott, der werthe heilige Geist die Gnade, daß er dir eine und die andere Verheißung, daß er dir ein und anderes Kennzeichen in deiner Seele kräftig macht, das nimm gerne an, warte nicht so lange, bis dir etwa von der Liebe Gottes eine rechte süße Empfindung und Versicherung gegeben werde. Fasse mit beiden Händen an, lege dich ins Gebet, halte an mit Flehen, bis der heilige Geist das Siegel, was er deinen Umständen am besten zu sein erkennet, tief in dein Herz hineindrücke, vergnüge dich damit, danke deinem Gott und Heiland dafür. Man wird bei vielen heut zu Tage es so wahrnehmen, daß sie sich gar nicht wollen dazu bringen lassen, eher ihren Fuß auf den Felsen Jesum Christum fest zu setzen, bis sie so eine kräftige Empfindung würden haben. Ich habe dieses selbst bei manchen Seelen wahrgenommen, bei denen der heilige Geist sich schon sehr kräftig erwiesen, er hat es ihnen ganz deutlich aus seinem Worte gemacht, er hat ihnen bei dem Genuß der Sacramente kräftige Ueberzeugungen geschenkt, er hat es ihnen merken lassen, es sei wahrhaftig anders mit ihnen, er wirke und wohne in ihnen. Aber das alles ist ihnen nicht genug gewesen, sie wollen fühlen, und haben sich ohne Noth Mühe und Zweifel gemacht, und, so zu sagen, das Siegel, so der heilige Geist auf ihre Herzen drücken wollen, verdunkelt durch allerlei unnöthige Zweifel, die sie sich gemacht haben. Um nun solche Seelen davor zu bewahren und dazu zu bringen, sich völlig und einfältig der Wirkung des heiligen Geistes zu überlassen, daß er mit ihnen vornehmen könne, was seiner Weisheit gemäß ist, habe ich nöthig gefunden, dieses zu erinnern. Es ist aber auch nöthig in Ansehung der Empfindung, deren sich der heilige Geist bei der Versicherung und Versiegelung mancher Seelen bedient, daß die Seelen, bei denen Gott dies liebreiche Siegel gebraucht, ja nicht denken sollen, sie hätten vor andern was voraus, und daher andere Seelen, die etwa auf diese Art nicht versiegelt wären, gering achten möchten. O nein! das wäre ein schlimm Zeichen; je mehr die Gnade in der Seele wirket, desto kleiner wird sie. Das ist ein unfehlbares Wort, ein fester Grundsatz in unserer Religion; je größer, je herrlicher, je edler die Gnade der Seele ist, je kleiner wird sie. Die Gnade hat die Kraft, die Wunderkraft, daß sie auf der einen Seite muthig macht wider Tod und Teufel zum Glaubenskampf, aber auch auf der andern Seite ungemein tief beuget und herunter setzt. Denn je mehr man Gnade bekommt, je geringer achtet man sich, je unwürdiger hält man sich. So geht es auch mit diesem Mittel, daß daher das freilich - sehr nöthig zu bemerken ist, daß Seelen nicht denken, sie hätten vor andern etwas besonders, ach nein. Wenn einen der Feind könnte dahin bringen, so würde man bald sehen, die Gnade würde verschwinden, man würde bald merken, was für eine scharfe Zucht vom heiligen Geist darauf erfolgen würde, damit der Seele gerathen und geholfen werde. Nun folget:

IV. Eine sehr wichtige und nöthige Frage, ja, ich mag wohl sagen, eine der allerwichtigsten bei diesem Gegenstand, nämlich: Woraus man denn erkennen könne, ob man wirklich der Versiegelung mit dem heiligen Geist sei theilhaftig worden? Denn in dieser Sache sich betrügen, ist der größte Schade, der einem in Zeit und Ewigkeit widerfahren kann. Wer nur einige Liebe zu seiner Seele hat, der wird jetzt wohl herzlich zu Gott beten, daß er mir Gnade geben möge, von dieser Sache recht deutlich und einfältig zu reden, weil es nicht eine Sache ist, die nur für die Klugen gehört, sondern die Einfältigsten, die da wollen selig werden, so gut wissen müssen, als der Allergelehrteste. Und hingegen der Allergelehrteste hat keinen Vorzug vor dem einfältigsten Kinde Gottes. Denn da ist kein Unterschied vor Jesu; der Kluge und Einfältige muß auf einerlei Art erkennen lernen, ob er nun wirklich seiner Seligkeit könne gewiß sein oder nicht, ob das, was er für eine Versicherung seiner Seligkeit hält, in seinem Herzen Grund habe oder nicht. Aber, mein Gott! was ist das für ein unaussprechlicher Jammer, wenn ein Mensch bis auf das Todtenbette so hingehet, wenn mancher Mensch vor das Gericht Gottes kommt, wie Matth. 7,21-23. steht, und denkt, er werde selig, und findet sich hernach betrogen. Ich bitte euch um Gottes willen, denkt der Sache doch einen Augenblick nach; kann wohl was Erstaunlichers sein, kann man sich wohl was Erschrecklichers vorstellen, als einen Menschen, der da dächte, ich werde nun von Gott das Urtheil hören: Komm herein, du Gesegneter des Herrn, und ererbe das Reich; und es schallte ihm Gottes Stimme entgegen: Gehe hin, du Verfluchter, in das ewige Verderben. Damit wir nun vor einem so großen Jammer bewahret werden, so bittet Gott für mich, und für euch, daß er mir und euch Gnade gebe von der Sache zu handeln, worauf die ganze Ewigkeit ankommt, wie ich und ihr einmal vor dem Gerichte Gottes bestehen mögen. Mein Heiland erbarme sich meiner und auch eurer, und lasse mich doch ja jetzt seines Gnadenbeistandes genießen, damit auch durch diesen Vortrag manche Seele gerettet werden möge aus der Tiefe ihres Verderbens und ihres Jammers.

Ehe ich unsere Frage selbst beantworte, will ich zum Voraus erinnern, um welcher Seelen willen es nöthig sei, daß diese Frage auch in einer solchen Versammlung erörtert und aufs Allerdeutlichste erläutert werden müsse. Ist nicht so? Unsere ganze Christenheit besteht meistentheils aus solchen Leuten, die sich fälschlich Hoffnung machen von ihrer Seligkeit, die sich selbst durch einen Traum, durch einen Gedanken, den sie so aus ihrer eigenen Vernunft hervorbringen, oder etwa aus einer und der andern guten Bewegung, solchen Schluß in ihren Seelen machen, sie würden doch wohl selig werden. Das mit man solche betrogene Seelen aus ihrem schädlichen Irrthum reißen möge, so ist es ja höchst nöthig, daß man aus Gottes Wort sich nach gewissen Merkmalen umsieht, woraus man gewiß werden kann, ob die Hoffnung Grund habe oder nicht.

Es sind gewiß auch heut zu Lage Seelen, die haben wirklich was Gutes gehabt, sind wohl wirklich bis zu einiger Versiegelung durch den Herrn Jesum gekommen haben sich aber nach und nach wieder in die Welt vergangen. Solche Seelen wollen das überaus ungern leiden, wenn sie entweder von außen durch Menschen, oder von innen durch den heiligen Geist deshalb zur Prüfung geführt werden, wenn ihnen bei diesem ihrem Rückfall, bei diesem ihrem Abweichen zu Gemüthe geführt wird, es wäre nicht also: denn sie machen sich aus ihren ersten, süßen, angenehmen Empfindungen, ingleichen aus der Erkenntniß, die sie sich zusammen gesammlet, so zu sagen, aus ihren Bildern, die sie noch in ihrem Gemüthe haben, allerhand schöne Gedanken. Auch solchen Seelen wieder aus ihrem Jammer zu helfen und in die ersten Wege wieder zurück zu führen, ist ja nöthig, daß man diese Frage deutlich erläutere und beantworte. Ich muß aber nicht allein um dieser beiden Arten willen von dieser Sache reden, sondern auch wohl selbst um der Gottes Kinder willen, die ihr Siegel haben und behalten bis in die Grube. Fragt ihr, warum? Ein Kind des Lichts muß zuweilen in Finsterniß wandeln, das stehet bei dem Propheten Micha 7,7. und Jesaia 50,10.: Wer ist unter euch, der den Herrn fürchtet, der seines Knechts Stimme gehorchet: Der im Finstern wandelt, und scheinet ihm nicht; der hoffe auf den Namen des Herrn, und verlasse sich auf seinen Gott. Gott läßts auch seinen Allerliebsten zuweilen geschehen, daß sie in dunkle Stunden kommen, daß sie, so zu sagen, ihr Siegel nicht sehen können. Der Liebe David klaget im Psalm: Gott lege ihn, oder lasse es dem Feinde zu, daß er ihn ins Finstere oder Dunkeln legen könne, wie die Todten in der Welt, Ps. 143, 3.: Denn der Feind verfolget meine Seele, und zerschlägt mein Leben zu Boden; er leget mich ins Finstere, wie die Todten in die Welt, Was sind die Todten in der Welt? Das sind die unbekehrten Menschen. Davon sagt David, der gewiß von seinem Gnadenstande versichert war, Gott ließe es zu, daß ihm zuweilen zu Muthe würde, wie den unbekehrten Menschen in der Welt, daß er fast eben so wenig merken könnte, daß er wahrhaftig bekehrt und ein Kind Gottes sei, als ein Unbekehrter. Ach, wie gut ists da, wenn die Seele die rechten Kennzeichen erfährt und gleichsam einen Stab aus Gottes Wort bekommt, sich damit zu helfen, sich in solchen trüben Stunden der Anfechtung und der Dunkelheit darauf zu gründen.

Ich habe dieses darum gesagt, eure Seelen zur Aufmerksamkeit zu erwecken. Ihr könnet daraus wohl merken, daß, wenn auch Seelen den Augenblick in der seligsten Versicherung stünden, und so zu sagen, in dem Lichte Gottes wandelten; ihr Siegel leuchtete gleichsam ihnen in die Augen, es doch morgen oder zur andern Zeit anders sein, und verdunkelt werden könne. Hast du es nicht an diesem oder jenem Exempel wohl schon gesehen? Wie mancher ist, der in großer Freudigkeit mehrere Jahre gewandelt, doch in Dunkelheit gerathen? Das kann dir auch noch widerfahren. Nun so gib denn Achtung, o Seele, bete auch für dich und für mich, damit ja dieser Vortrag wahrhaftig gesegnet sein möge.

Die Antwort überhaupt, die ich auf die vorhabende Frage geben muß, besteht darin: wenn man recht überzeugt werden will, daß die Hoffnung, die Versicherung, die man von seiner Seligkeit hat, eine Versiegelung des heiligen Geistes sei, worauf man sich verlassen könne, so muß man:

A. Sehen, ob die Versiegelung, die man nun zu haben vermeint, von der Art und Beschaffenheit sei, daß sie alle die Eigenschaften an sich habe, welche eine rechte Versiegelung mit dem heiligen Geist nach Gottes Wort an sich haben muß.

B. Muß man Achtung geben, ob die Versicherung der Gnade Gottes, der Vergebung der Sünden und der ewigen Seligkeit, die man zu haben vermeint, auch diejenigen Früchte bei einem hervorbringe, welche die rechte Versiegelung durch den heiligen Geist anzeigen. Auf die zwei Hauptpunkte wird es ankommen.

A. Will man also wissen, ob die Versiegelung mit dem heiligen Geist von rechter Art und Beschaffenheit sei, ob sie die Eigenschaften an sich habe, welche die rechte Versiegelung an sich haben müsse und sie eine Versiegelung durch den heiligen Geist sein solle? So will ich nur drei Hauptkennzeichen anführen, ob die Versiegelung eine Versiegelung des heiligen Geistes sei.

1) Die rechte Versiegelung, die man durch den heiligen Geist von der Vergebung seiner Sünden und von seiner Seligkeit hat, ist so fest gegründet, daß sie auch in der schärfsten Prüfung bestehen kann. Je öfter man sich nach Gottes Wort in allen Umständen prüft, je deutlicher, je heller wirds einem. Der Mensch prüft sich, z. B. stellt sich vor Gott hin und denkt: Mein Gott, wie bin ich denn zu der Versicherung gekommen? Durch was für einen Weg? Hat er die rechte Versicherung, so wird er bald überzeugt werden, daß er sie durch den Weg der wahren Buße und Bekehrung bekommen, und nicht durch einen Traum. Er ist nicht im Traum dazu kommen, wie die elenden Menschen, die da immer gedenken selig zu werden, die nichts wissen von der wahren Buße, von dem Wege eines wahren und lebendigen Glaubens, da doch das der einzige Weg und Ordnung ist, wodurch man gehen und zu Gott kommen kann.

Sehet, wenn nun also ein Mensch seine Versicherung vor Gott prüft, und er sieht nun, daß er dazu gekommen sei auf dem Wege einer wahren Bekehrung, einer tiefen Beugung und Demüthigung, auf dem Wege des Gefühls seines verdammlichen Zustandes und tödtlichen Elendes, durch den Glauben an seinen blutigen Heiland Jesum Christum, so gibt ihm das ein schönes Merkmal, daß er recht versiegelt sei, daß seine Sache richtig sei. Fragt und forscht ein solcher Mensch weiter, worauf er denn diese seine Versiegelung gründet, was er denn für Kennzeichen habe? so wird er wahrnehmen, daß alles, was in dem Worte Gottes von dem Gnadenstande der Gläubigen stehe, er auch an sich habe; hingegen ein anderer, der eine selbstgemachte Hoffnung hat, weiß entweder keinen oder doch nur einen miserabeln Grund. Das ist aber bei einem wahren Kinde Gottes nicht. Und so gehts durch alle Eigenschaften hindurch. Daher sage ich: die allererste Eigenschaft von der Versiegelung, darauf man sich verlassen kann, ist diese: Es ist was gegründetes, es ist nicht so was eingebildetes, es ist nicht so ein Traum, den man sich gemacht hat. Der heilige Geist macht keine Träume, er macht keine Phantasien, er wirkt nicht so was ungegründetes in den Herzen, er ist ein wahrhaftiger Gott, was er wirkt, was er schafft, das hat Grund.

2) Die andere Art und Beschaffenheit der Versiegelung von der Gnade Gottes und unserer Seligkeit, wenn sie göttlich sein soll, ist diese: daß sie auch bleibend sei in Noth und Tod, im Kampf und Anfechtung. Der Mensch, der sich nur eine gute Hoffnung gemacht hat von seiner Seligkeit und von der Vergebung der Sünden, der hat nichts bleibendes, er darf in geringe Noth kommen, so wird man sehen, daß es mit solchen elenden Menschen nichts sei; hingegen aber, was der heilige Geist gewirkt hat, das bleibt in Noth und Tod stehen; ja ich sage noch mehr: Es bleibt nicht nur in Noth und Tod bestehen, sondern es bleibt auch unumstößlich bei den allerschwersten Anfechtungen. Denn das widerfährt auch wohl einem wahrhaftigen Christen, daß ihm die süßen Empfindungen entzogen werden; aber die Zuversicht zu Gott und Jesum, die Liebe zu seinem Herrn Jesu kann ihm doch kein Teufel nehmen. So gehts auch oft bei vielen und harten Anfechtungsstunden, daß das Siegel etwas verdunkelt wird, aber es bleibt nicht so. Ein solcher Christ, der durch den heiligen Geist versichert worden ist von seinem Gnadenstande, hält bei solchen Stunden so lange an, bis sein Siegel vortrefflicher hervorleuchtet. Da wird man sehen, daß solche Seelen, die in schwere Anfechtung verfallen, und darunter eine Zeitlang an ihrem Gnadenstande zu zweifeln scheinen, nach der Ueberwindung und nach dem Sieg viel versicherter sind, als wie vorher, daß sie darunter keinen Schaden gelitten haben, daß ihr Siegel ihnen bei allen Anfechtungen nicht hat können vom Teufel genommen werden, sondern der heilige Geist hat es nur wollen aufpolieren, sie kommen nicht aus ihrem Siegel, indem sie vorher recht durchgeschmolzen sind, es prägt sich ihnen das Bild des Heilandes viel vortrefflicher ein; aber wenn es nur so was wankelmüthiges ist, heute hat man was, morgen hat man nichts, da muß man noch nicht zufrieden sein und denken, man habe das Siegel. Ach nein! der Geist Gottes ist ein ewiger Geist, was er wirkt, das ist was ewiges, das besteht wider alle Pforten der Hölle, denn wie die Werke Gottes gegen alles bestehen können, so muß auch das Siegel sein.

3) Setze ich noch ein Kennzeichen hinzu, woraus man merken kann, daß die Versicherung, die man von seinem Gnadenstande hat, durch den heiligen Geist ist, was. Wachsendes und Zunehmendes ist. Das führe ich besonders um derer willen an, deren ich auch vorher gedacht habe, die wohl einmal ihr Siegel bekommen haben, aber haben es nicht bewahrt. Sie haben die Worte nicht in acht genommen Offenb. Joh. 3,11.: Halt, was du hast, daß Niemand deine Krone nehme. Ja, Liebe Seelen! ist die Versicherung von der Gnade recht, so wird sie nicht abnehmen, sondern zunehmen, sie wird immer gegründeter, sie wird kräftiger und mächtiger werden in eurem Inwendigen. So gehts mit allen Gnadenwirkungen des heiligen Geistes. Sie sind wie ein Strom, der anfangs nur aus einem kleinen Bächlein besteht, aber nach und nach je länger er fließet, je größer er wird, bis er sich endlich in das große Weltmeer hineingießet: so gehts mit den Gnadenwirkungen Gottes, die aus der rechten Quelle fließen, aus der lautern Quelle des Wortes und des heiligen Geistes, je länger sie währen, je stärker und kräftiger werden sie. Der Mensch bekommt alle Tage mehr Versicherung, muß er auch durch mancherlei Anfechtungen hindurch, so ist ihm ein jeder Sieg eine solche Wirkung des heiligen Geistes, dadurch er von der Versiegelung des Geistes noch besser überzeugt wird. Aber wenn es so geht: Vorm Jahre hatte man so was schönes im Herzen, jetzo merkt man noch kaum was davon. Das ist ein betrübtes Zeichen! Da bist du im Fallen ein unglückseliger Mensch, und kriechest du nicht bald hinzu zum Herrn Jesum, um Kraft und leben aus seinen Wunden zu saugen, so wirst du gewiß des Todes sterben. Um solcher Seelen willen habe ich dies noch hinzufügen wollen.

Es sind mir mehrmalen Seelen vorgekommen, die im Anfange ihrer Versiegelung noch von Zweifeln sind angegriffen worden und geseufzet haben: ach Gott! wie wird es mir einmal auf meinem Todtenbette gehen? Werde ich auch da bestehen? Daher ist ein solcher Todesschauer durchs Herz gedrungen zu manchen Zeiten, weil sie noch besorgt haben, in dem letzten Kampf zu bestehen. Aber gewiß, ich habe es bei manchen Seelen wahrgenommen, wie der heilige Geist nach und nach diese Zweifel von ihnen genommen und sie davon völlig befreiet, daß sie gesagt: auch mitten in der Todesstunde wird mir mein Siegel unverrückt auf meinem Herzen bleiben.

B) Will man wissen, ob die Versiegelung des heiligen Geistes und die Versicherung von seinem Gnadenstande eine rechte sei, so muß man auch acht geben auf die Kraft, Frucht und Wirkung derselben; das könnt auch ihr einfältigen Seelen fassen. Einen Baum kann ich an seinen Früchten erkennen. Ein guter Baum zeigt sich an der Frucht. Der Baum, den Gott in mein Herz gepflanzet, muß auch göttliche Früchte tragen: also die Versiegelung durch den heiligen Geist muß sich auch in göttlichen Früchten herrlich offenbaren, das ist kein todtes Werk, das man sich in seinen Gedanken und in seiner Phantasie von der Versicherung seiner Seligkeit zu machen pfleget. Nein! die Versiegelung, die man von seinem Gnadenstande und von seiner Seligkeit durch den heil. Geist empfängt, darauf man sich in Noth und Tod verlassen kann, ist ein überaus kräftiges Siegel. Ich will auch hier nur drei Hauptfrüchte und Wirkungen anführen, woraus man erkennen kann, ob es eine richtige und gegründete Versiegelung sei und wodurch man dieselbe ganz deutlich wird unterscheiden können von der selbstgemachten Einbildung, falschen Meinung und Träumen, mit denen sich viele Seelen tragen.

Merket, wenn die Versicherung eine wahrhaftige Versiegelung von dem heiligen Geist ist, darauf man sich verlassen kann, so machet sie das Herz eines Menschen nicht nur muthig und kühn, alles gerne zu thun, zu lassen und zu leiden, was der Heiland gethan, gelassen und gelitten hat, sondern sie bringt auch Kraft mit sich, daß man alles, was einen davon abhalten könne, nach und nach überwinde. Ich will euch zeigen, daß das Grund habe und daß das die Natur der Sache selbst mit sich bringe. Was meint ihr wohl, was lernet der Mensch mit unwidersprechlicher Ueberzeugung erkennen? Der allereinfältigste Mensch kann es begreifen, wenn er dazu kommt, daß er seiner Versöhnung in Jesu Blute recht gewiß wird. Er lernet erkennen, was er an seinem Heiland für einen erbarmenden lieben Gott und Heiland hat, wie gar herzlich der Herr Jesus gegen ihn gesinnet sei. Denn er hats gefühlt, was er für ein verfluchter, verdammter und sündiger Mensch gewesen und weiß doch nun, daß ihm Gott aus Gnaden alle seine Sünden geschenket, daß ihn sein Heiland von allen seinen Sünden erlöst und losgemacht habe; er weiß, daß ihm Gott in Ewigkeit nichts als unendliches Gute gönnen und geben werde.

Wenn das ein Mensch von Herzen glaubt, daß sein Gott und Heiland nichts von ihm verlangen werde, als was vollkommen gut und heilsam ist, sollte ihn das nicht lust und willig machen in Leiden? Sollte er nicht beide Hände ausstrecken, das leiden zu übernehmen, so wie man nach einem guten Hülfsmittel seine Hände ausstreckt? Also folgt ganz natürlich daraus, sobald der Mensch zu einer wahren Versiegelung seines Gnadenstandes kommt, da kann es nicht anders sein, er wird muthig und lustig, wie unser lieber Lutherus zu sagen pflegt: es ist seines Herzens Freude, wenn er nur thun kann, was Gott will; lassen kann, was Gott unterlassen haben will; leiden kann, was sein Gott und Heiland haben will.

Mit der Versicherung von der Vergebung der Sünden fließt auch eine solche Gotteskraft ins Herz, daß man Vermögen hat, dem Leiden entgegen zu gehen, und wie Paulus Röm. 8. sagt, weit zu überwinden, was uns hindern will an dem, was unser Gott will gethan und gelassen haben. Ich will euch dieses deutlich machen. Selbst die Versicherung von der Vergebung der Sünden und der Seligkeit ist ein rechter Himmelsbalsam, ein rechtes Salböl des heiligen Geistes. O, mein Gott, wenn das durchs Herz fließet, was bekommt doch da der Mensch für göttliche Kräfte, die er vorher noch nicht gehabt hat unter dem gesetzlichen Wesen. Hernach, wenn ich nun weiß, wie gut ichs habe bei meinem Herrn Jesu, wie lieb mich Gott im Himmel hat, wie meinen Gott und Heiland nach meinem Heil und Seligkeit herzlich verlange, so habe ich auch Freudigkeit in Jesu. O, sobald sich so ein Christ in Glaubensfreudigkeit in die Wunden seines Heilandes Jesu Christi hinein senket, sollte er da nicht Kraft empfinden, daß er wider alles bestehen könne, was ihm Schaden thun wolle?

Das ist es, was Gott in seinem Wort an mehreren Orten bezeuget, daß der wahrhaftige Glaube, das ist die Versicherung durch den heil. Geist, eine solche siegende Kraft habe. Ich habe euch schon die Worte vorgelesen, 1 Joh. 5,4.5. Alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt, das ist, den Teufel und alle Sünden, und unser Glaube, das ist, unsere Kraft, die wir im Glauben erhalten haben, ist der Sieg, der die Welt überwindet. Daher kommts, daß schon bei Jesaia in 33. Kap. V. 24. steht: Kein Einwohner, nämlich des neuen Jerusalems, des N. T. wird sagen: ich bin schwach; denn das Volk, so darinnen wohnet, wird Vergebung der Sünden haben. Besonders aber ist der Ort merkwürdig, Zach. 12,8., da von einer Zeit geredet wird, daß, welcher schwach sein wird unter ihnen, wird sein wie David. So solls auch sein, wenn die Seele zum freien, offenen Born wider alle Sünden und Unreinigkeit zum Herrn Jesu gekommen ist. Daraus könnt ihr nun sehen, was das für ein elender Betrug sei, da sich unsere Christen immer herum schleppen mit ihrer Schwachheit und dabei doch denken, sie seien heilig. So lange du dich nicht zum Herrn Jesu bekehrst, so lange du in der Gewalt des Teufels bleibest und in deinen Sünden hingehest, so lange du, wenns hoch kommt, unters Gesetz hinunter kriechst, aber nicht der Gnade Raum lässest, daß du einmal bis zum Siegel durch den heiligen Geist kommst und Gnade im Blute Jesu findest, so lange bist du nicht nur schwach, sondern zu allem Guten untüchtig. Hast du aber in den Wunden Jesu Vergebung erlangt, so darfst du nicht mehr so klagen, da ist der Schwache wie David. David war ein kleiner Knabe und wagte es doch mit einem großen Riesen. Woher kam das? Er sagte: ich komme zu dir, nicht auf meine eigene Kräfte, sondern im Namen des Herrn. So gehts auch mit einem wahrhaftigen Christen, er weiß und sagt: ich lebe in Gott, in Jesu, und Jesus lebt in mir; wie Paulus sagt Gal. 2,20.: Ich lebe, aber doch nun nicht mehr ich, sondern Christus lebet in mir. Und aus dem Grunde geht er nun dem Goliath entgegen. Er fürchtet sich nicht mehr, sein Jesus hat ihn durch seinen Geist versiegelt und durch diese gnädige Versiegelung Kraft zum Ueberwinden mitgetheilt. Aber so lange der Mensch noch ein Sklave seiner Lüste und Begierden ist und noch steckt in Augenlust, Fleischeslust und hoffärtigem Wesen, wird davon beherrscht, liegt darunter als ein armer Gebundener und denkt doch wohl, er könne dabei selig werden; oder wenn der Mensch auch noch so weit kommt, daß er aus Zwang, oder aus Furcht des Todes und der Höllen etwas Gutes thut und dächte, er habe daraus eine Versicherung der Vergebung der Sünden, was würde das für eine Versicherung sein! Ach, das wäre ein abscheulicher Betrug! Ach, wer das Siegel in seinem Herzen hat, der lässet willig das Böse, jaget dem Guten nach, trägt dem Heiland sein Kreuz geduldig nach, wenn ihn auch was anfällt, so hat er Kraft zu siegen und zu überwinden. Es geht aber auch nicht ohne Kampf, nicht ohne Versuchung ab, man wird vom Teufel, Welt und Fleisch angefochten, man wird gereizt zur Wollust, zum Hochmuth, zum Unglauben, zur Zaghaftigkeit und dergleichen. Aber man hat Kraft, daß man Siegen kann, man hat Lust zum Kampf, man ist willig dazu. Man wollte lieber Leib und Leben lassen um seines Herrn Jesu willen, ehe man die große Gnade Gottes verscherzen wollte.

Die andere Frucht, die nun nothwendig darauf folgen muß, ist eine innige, kindliche, herzliche Liebe zu Gott und Jesu, und zu allen, die Gott und unserm Herrn Jesu angehören. Denn sollte man den Jesum nicht lieben, von dem man weiß, daß er uns vom Tode und Hölle befreit? uns alle Sünden umsonst vergeben? und uns zum Kind und Erben angenommen habe, und in der Ewigkeit nichts als Freude und Seligkeit geben wolle. Einen solchen Gott und Heiland sollte ich nicht lieb haben? Man kann vor Menschen und allen Engeln, ohne Widerspruch seines Herzens, in Wahrheit sagen mit Petro: Herr Jesu, du weißts, daß ich dich lieb habe, obgleich nicht so, wie ich soll, und wie du es werth bist; so weißest du es doch, Herr Jesu, daß ich dich lieb habe und daß ich mein Leben lieber lassen wollte, als dich beleidigen.

Also auch, wer zur Erfahrung der Versiegelung kommen ist, der liebt vornehmlich alle, die dem Herrn Jesu angehören, alle wahrhaftige Kinder Gottes. Er liebt auch alle Menschen auf dem Erdboden, darum, weil sie mit Christi Blut erlöset sind. Weil er doch aber an Kindern Gottes die Besprengung des Blutes Jesu bemerkt, und weiß, sie stehen eben so im Blute des Heilandes, wie er; haben einen Gott zu ihrem Blutbräutigam, einerlei Wunden zu ihrem Heil; einen Himmel zu ihrer ewigen Wohnung und Seligkeit; so kanns nicht anders sein, er hat sie von Herzen lieb. Hingegen wer noch kaltsinnig gegen Kinder Gottes ist, oder sie wohl gar noch plaget, oder quälet, Haß und Widrigkeit gegen sie hat, der denke doch ja nicht, daß er von seiner Seelen Seligkeit und Gnadenstande versichert sein könne. Das steht mit klaren Worten 1 Joh. 3,14.: Wir wissen, daß wir aus dem Tode ins Leben kommen sind. Denn wir lieben die Brüder (Gottes Kinder).

Ich setze noch die dritte Frucht und Wirkung hinzu, woraus man merken kann, daß die Versicherung der Vergebung der Sünden eine feste Versiegelung sei: Eine innige Lobeserhebung. Es gibt solches das Exempel des lieben Davids an die Hand, im 103. Psalm, welches eine Hauptstelle zu der Materie von der Versiegelung durch den heiligen Geist ist, darin ihr ein vortreffliches Exempel habt, wie's um eine solche Seele aussieht, die ihres Gnadenstandes versichert ist. In manchen Psalmen klaget er über das Gefühl seiner Sünden und des göttlichen Zornes, aber hier heißt es: Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen. lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes gethan hat, V. 2. 3. Wie oft wiederholet der Liebe David das lob: lobe, lobe den Herrn, meine Seele rc.

Vergiß es doch nicht, was der Herr gethan hat. So klinget es auch in der Seele eines Menschen, der von seiner Seligkeit versichert worden, der nicht eine eingebildete Versicherung hat, sondern der durch den heiligen Geist versiegelt ist, der wünscht in der Welt nichts mehr und wollte gern manches leiden, wenn er nur dadurch Gott und Jesum recht verherrlichen könnte. Das thut ihm so wehe, daß er seinen Gott so wenig loben kann, daß er bei solcher großen Gnade seinen Heiland nicht besser lieben kann, das beugt ihn oft zur Erden nieder, wie Paulus von sich sagt Phil. 1,10-23: Ich hoffe, daß ich in keinerlei Stück zu schanden werde; sondern daß mit aller Freudigkeit, gleichwie sonst allezeit, also auch jetzt, Christus hoch gepreiset werde an meinem Leibe, es sei durch Leben oder durch Tod. Denn Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn. Sintemal aber im Fleisch leben, dienet mehr Frucht zu schaffen; so weiß ich nicht, welches ich erwählen soll. Denn es lieget mir beides hart an; ich habe Lust abzuscheiden und bei Christus zu sein. Wenns mit mit dem Tode sein sollte, wenn er auch ein Opfer Gottes. werden sollte, so wollte ers gern, wenn nur sein Jesus dadurch verherrlicht werden könne.

Meine Geliebte, ich bitte euch alle um Gottes und eurer Seligkeit willen, prüfet vor dem Herrn euer Herz, was habt ihr von dem, was jetzo gesagt worden, erfahren? Ist der Anfang da in euren Herzen? Ich hoffe, es wird mancher jetzt vor Gott da sein, dem bei dem Vortrag sein Gewissen das Zeugniß geben wird: Ja, Herr Jesu, das weißt du, das ist in mir, ist es zwar noch nicht im hohen Grade, doch ist es wahrhaftig durch deine Gnade in mir unwürdigen und armen Sünder da. Guch will ich, so der Herr will, im nächsten Vortrag weitläufiger zeigen, was insbesondere eure Pflicht dabei sei, und die Worte an euer Herz legen: Betrübet nicht den heiligen Geist, mit welchem ihr versiegelt seid bis auf den Tag Jesu Christi. Jetzt geht nun hin im Namen Jesu Christi, und merkt euch das fein, was ihr von den Kennzeichen gehört habt, ob ihr wahrhaftig von Gott versiegelt, und also Gottes Kinder seid. Präget es euch ins Herz hinein, damit, wenn die dunkeln Stunden dereinsten kommen, ihr wisset, woran ihr euch halten sollt: Gott wird vielleicht noch manchen in harte Prüfungs-, Anfechtungs- und Trübsalsstunden führen, daß alles Gefühl, das ihr jetzo habet, wird weggehen; aber das wird euch doch der Teufel nicht nehmen können, daß ihr euern Herrn Jesum lieb haben könnet und daß ihr sein sein und bleiben wollet bis in die Grube, daß ihr lieber euer Leben lassen wollet, als den Herrn Jesum. Seht, da habt ihr nun ein Kennzeichen, das könnt ihr dem Teufel und allem Unglauben entgegen setzen. Aber es werden auch wohl manche, die dieses angehört und nun lesen, sehr deutlich haben erkennen können, daß sie noch keiner Seligkeit sich versichern könnten, wenn sie anders ihre Augen dabei hätten wollen aufthun. Hiernächst aber werden auch wohl einige da sein, die während dem Vortrage eingesehen und erkannt haben, daß es schlecht mit ihnen stehe. Ach, sollte es nicht in mancher Seele geheißen haben: Ach Herr Jesu, ist das so, so hab ich das noch nicht. Ach mein Heiland! siehts so aus um die rechte Versiegelung, so kann ich mich derselben noch nicht versichern. Mit diesen beiden Arten der Menschen muß ich nothwendig noch ein Wörtlein reden und das, was ich nöthig finde, nach ihren Umständen, ihnen an ihre Seelen und Gewissen bringen. Ach, ihr Seelen, die ihr noch so hingegangen seid in eurer Sicherheit oder groben Heuchelei, habt euch noch nicht zu einer wahren Herzens Demüthigung über eure Sünden vor Gott bringen lassen; ihr habt wohl manchmal gefühlt, daß es elend und jämmerlich um euch stehe, der Geist Gottes hat euch auch aufgerufen aus eurem Sündentode, aber die Sünden und Weltlüste sind euch noch zu lieb gewesen, darum habt ihr dem heiligen Geist nicht Raum gelassen, wenn ihrs gleich gefühlt habt, daß ihr in einem bösen und verdammlichen Zustande wäret. Ihr armen Seelen, wenn euch doch eure Augen aufgingen! Ihr merkets und sehets zwar ein, es stehe nicht gut um euch. Wollt ihr denn in solchem Betruge fortgehen? was wirds euch helfen, wenn ihr euch noch 20, 30 Jahr tröstet und denket, es stehe gut mit euch? Wenn ihr nun vor die Pforten der Ewigkeit und vors Gericht Gottes kommen werdet, und es wird dann nicht wahr sein, was ihr euch habt eingebildet von eurer Seligkeit, werdet ihr nicht da ach und weh über euch schreien, daß ihr euch nicht habet wollen retten lassen? Leset doch das 7te Cap. Matth. insgleichen den ersten Teil des 25. Cap. Matthäi von den thörichten und klugen Jungfrauen. Die Thörichten gingen zwar mit den Klugen zugleich aus, aber das Herz war nicht rechtschaffen vor Gott, sie ließen dem heiligen Geist nicht Raum, daß er sie hätte erquicken und ihr Herz mit dem Oel des Glaubens erfüllen können: daher, da sie sich aufmachten, wurde die Thüre verschlossen, und da sie riefen: thue uns auf, so hörten sie die schreckliche Stimme: Ich kenne euer nicht. So wird es euch auch geben, ihr Seelen, wenn ihr die Zeit der Gnaden lasset vorbei gehen. Ich bezeuge und bitte euch aber heute vor dem Angesichte Gottes und Jesu Christi, wem etwa Gott sein Herze erwecket, der wolle sich zu Jesu blutigen Wunden noch hinwenden und ihn bitten, daß er euch nicht nur wolle eure Augen aufthun, eure Sünden zu erkennen, sondern auch Kraft geben, euch ins Gebet zu senken, und anzuhalten, bis ihr Gnade erfahret. Gott will keinen einzigen unter euch lassen verloren werden, ob ihr gleich so seid hingegangen in euren Sünden, und dadurch eurem blutigen Heilande wehe gethan habt. Wollt ihr nur heute noch kommen, euch aufwecken lassen von eurem Sündentode und euch zu den Füßen eures Immanuels hinwerfen, und in diesem Augenblick anfangen zu ihm zu flehen und ihm euer Herz zu überlassen, so will ers hinaus führen, daß ihr von eurem Gnadenstande gewiß versichert werden sollet.

Ich habe oben schon gesagt, das Siegel der Vergebung der Sünden liege schon unter den erworbenen Schätzen Gottes, sei auch euch schon zugedacht, ihr Seelen, die ihr's noch nicht haben könnet in eurem unbekehrten fleischlichen, heuchlerischen, elenden Zustande; aber es liegt doch schon da in dem Worte Gottes. Wollt ihr kommen zu eurem Herrn Jesu, wollt ihr ihm Raum lassen in eurem Inwendigen, so solls auf euer Herz und Seele gedrückt werden und euer Heiland will es euch geben, so gewiß er für euch am Kreuz gestorben. Wollt ihr denn lieber mit der Welt hingehen in Zweifel und Ungewißheit, als einer so großen Seligkeit gewiß werden? da bewahre euch doch Gott vor! Nein, nein, um eures eigenen Lebens, um eures eigenen Heils willen, laßt euch doch heute noch auferwecken, wenn ihr auch noch die Gnade bisher verachtet habt.

Was aber euch betrifft, ihr Seelen, die ihr unter dem Vortrag in eurem Gewissen seid geschlagen worden, und bei dem Vortrag werdet gedacht haben: ach lieber Gott! ists so, gehöret das zur Versiegelung, ist das erst eine rechte Versiegelung, wie sie ist beschrieben worden, so habe ich sie noch nicht. Höre, o Seele, wenn du wüßtest, was Gott mit den Gedanken jetzt haben wollte, du würdest deine Hände jetzo gleich aufheben und ihn dafür preisen. Gott läßt dir aus Gnaden offenbar werden, daß er dir helfen könne und wolle. Denn so lange du das nicht geglaubt hast, hat dir Gott nicht helfen können; aber siehe, da das nun aufgeht in deinem Gewissen, da ist das Zeichen, daß du glauben kannst: Nun stehet dir der Herr Jesus vor deinem Herzen, da du es anfängst zu merken, daß du ein verdammter Mensch, ein verfluchter Sünder seist; dein blutiger Heiland hat seine Hände ausgestreckt und sich zu deinem Herzen genahet, daß er dir helfen wolle. Nun, o Seele, weil nun das, was du in deiner Seele merkest, eine Gnadenwirkung deines Heilandes ist, so laß dich dadurch zur Zuversicht bringen, fasse einen guten Muth. Denke aber ja nicht, weil ich ein so greulich und abscheulicher Mensch bin, wird mich Jesus nicht annehmen. Nein, o Seele, mache vielmehr einen solchen Schluß: weil Gott in meinem Herzen zu wirken angefangen, so wird er mir alten Sünder, mir in Sünden tief versunkenen Sünder doch noch helfen, ich wills wagen, ich will zu meinem Heiland hingehen und so lange weinen und beten, bis er sagen wird: sei getrost, mein Sohn (meine Tochter), deine Sünden sind dir vergeben. Wagets nur in dem Namen des Herrn Jesu. Ihr sollt mit Freuden eure Garben bringen, ob ihr auch nun gleich heute den Anfang mit Thränen machet; es soll bald geschehen, oder doch zu rechter Zeit, daß ihr erfahren werdet, aus Gnaden habe euch Gott euer Herz beweget, aus Gnaden wolle er euch alle Sünden vergeben und alles Heil und Seligkeit schenken.

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