Simons, Menno - Eine ermahnende Supplication an die Obrigkeit.

Wir arme, elende Menschen, von aller Menschenhülfe und Trost verlassen: Wir als die unschuldige, hirtenlose Schafe, allen brüllenden, grimmigen Löwen in dem Wald, und den zerreissenden Thieren auf dem Felde, zu einem Raub und Speis geworden sind, der ganzen Welt ein Schauspiel und Schmach, 1 Cor. 4. Die das tyrannische Schwerdt der Herrn und Fürsten, das unmenschliche schänden und schelten der Gelehrten, und das greuliche lügen, höhnen und spotten des gemeinen Volks täglich müssen leiden, hören und vertragen: Wir bitten demüthiglich die Kayserliche Majestät, Könige, Herren, Fürsten, Obrigkeiten und Amtleute,1) einen jeglichen in seinem Beruf, Würdigkeit und Hoheit; alle unsere liebe, gnädige Herren, durch die tiefe, blutfliessende Wunden unsers Herrn Jesu Christi gebenedeyt, daß ihr doch einmal von euch wollet ablegen allen Ungunst und böse Meynung gegen uns, und wollet in redlichem Mitleiden die unmenschliche, schwere Trübsale, Elend, Noth, Kreuz und Marter, eurer elenden und unschuldigen Dienern, doch ein wenig zu Herzen nehmen;2) dann der grosse Herr, vor welchem wir stehen, der ein Erkenner aller Herzen ist, und vor dem alle Dinge nackend und bloß seynd vor seinen Augen, Ps. 7. Jer. 17. Röm. 8. Hebr. 4. der weiß, daß wir auf dieser Erden nichts anders suchen, dann allein daß wir mit gutem Gewissen möchten leben nach seinem heiligen Befehl, Ordnung, Worte und Willen.3) Seynd aber einige schädliche Secten, (wie leyder zu unsern Zeiten gewesen sind) die werden ohne Zweifel zu seiner Zeit wohl offenbar werden.

Darum so erniedriget euch doch so viel, und erforschet, durchleset diese unsere Schriften fleißiglich, und das mit gottesfürchtigem, unpartherischem Herzen, auf daß ihr vor gewiß erkennen möget, daß ihr uns mit keinem Zwang, Armuth, Elend, Verfolgung und Tod, von unsrer Lehre, Glauben und Leben, möget abschrecken. Wollet darum also der Wahrheit was tiefer nachdenken, und unschuldiges Blut nicht mehr auf euch laden.

Beweißt doch ein wenig natürliche Redlichkeit und menschliche Barmherzigkeit an euren armen Dienern, und gedenckt doch in euren Herzen, wie daß wir elende, verlassene Menschen, nach dem Fleisch, auch nicht Holtz oder Stein sind, sondern wir sind mit euch von einem Vater Adam, und von einer Mutter Eva gehören, geschaffen von einem gleichen Gott.4) Wir haben mit euch einen gemeinen Eingang in dieses sterbliche Leben, mit einer gleichen Natur bekleidet. Begierig nach Ruhe und Frieden, auch Weib und Kindern wie ihr. Nach der Natur furchtsam vor dem Tod, gleich wie alle Creaturen auf Erden.

Darum demüthiget euch in dem Namen Jesu, und das zur Verschonung eurer armen Seelen. Ersuchend (sage ich) diese unsere Lehre und Anweisung, ihr werdet durch Gottes Gnade befinden, wie daß es die reine, unvermengte Lehre Christi ist, das heilige Wort, das Wort des ewigen Friedens, Apost. Gesch. 20. Ephes. 2. das Wort der ewigen Wahrheit, das Wort der göttlichen Gnaden, das Wort unsrer Seligkeit, Jac. 1. das unüberwindliche Wort, das von keiner Pforten der Höllen mag umgestossen werden, in Ewigkeit. Matth. 16. Es ist das scharfe Schwerdt, das aus des Herrn Munde geht, Off. Joh. 1. Das Schwerdt des Geistes, mit welchem gerichtet müssen werden alle die auf der Erden wohnen. Ephes. 6.

O, ihr lieben Herren, stecket euer Schwerdt in die Scheiden; dann so wahrhaftig als der HERR lebt, ihr streitet nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider den, der Augen hat wie Feuerflammen, Off. Joh. 1. der da vertheilet und streitet mit Gerechtigkeit; der gekrönet ist mit viel Kronen; des Namen niemand kennet, dann er selbst; der bekleidet ist mit einem besprengten blutigen Kleid; sein Name ist GOttes Wort; der die Heyden regieret mit einer eisernen Ruthe; der da tritt die Weinpresse des grimmigen Zorns des Allmächtigen Gottes; der einen Namen geschrieben hat auf seinem Kleid, und auf seiner Hüften: Ein König aller Könige, und HERR aller Herren. Off. 19.

O ihr hochberühmten Herren und Fürsten, wider diesen führet ihr solchergestalt euren Rath, Schwerdt und Waffen. Bedenket was der hohe Prophet Gottes Zacharias, Zacha. 1. von den Kindern Gottes, die hier allezeit in Leyden seyn, gesprochen hat: Wer euch angreift, sagt er, der greift den Apfel meiner Augen an.5) Es ist je ein erschrecklicher Greuel, wütende Bosheit und Unsinnigkeit, so jämmerlich zu erwürgen, umzubringen und auszurotten diejenige, die den Herrn und das ewige Leben suchen, mit so feurigen Herzen; und die auch niemand auf der ganzen Erden um ein Haar schädlich seyn. Der Tod der Heiligen, spricht David, Ps. 16. ist sehr theuer vor des Herrn Augen; Es ist Jesus von Nazareth, den ihr verfolget, Apo. Gesch. 9. und nicht uns. Darum so wachet auf, lasset ab, fürchtet Gott und Gottes Wort; dann ihr und wir werden alle vor einem Richter berufen werden, da weder Gewalt, noch Hoheit, weder schöne Reden, noch Gaben, Platz noch Statt finden wird. Da das Recht ohne alle Parthey und Ansehen der Personen, in der Rechtfertigkeit geben wird über alles Fleisch. Alsdann wird der Elende zu seinem Recht kommen, und der ermordete Christus mit seinen Auserwählten, aus des Todes Gewalt und der Tyrannen Händen, zu seinem verheissenen Erb, Reich und Herrlichkeit eingeben.

Angesehen dann ihr so unbillig und tyrannisch, nach dem bösen Fürnehmen eures Herzens, ohne alle Schrift und Barmherzigkeit, mit den Elenden und Gottesfürchtigen umgebet; wie wollet ihr dann einige Gnade und Barmherzigkeit an dem Tage des Herrn erwarten, wann wir alle stehen werden vor dem unpartheyischen Richterstuhl; da ein jeglicher Lohn nach seinen Wercken empfangen wird. Jac. 1. Röm. 14. 2 Cor. 5.

Wir begehren keine solche Gnade als die Uebelthäter dieser Welt, dann wir haben in dieser unserer Lehre, Glauben und Handel, nicht gesündiget, wiewohl wir so viel leiden müssen;6) sondern wir widerstehen nur der Antichristischen Lehre, Ordnung und Leben, und das mit des Herrn Wort, gleichwie uns die Schrift lehret. Wir widerstehen weder dem Kaiser, noch Königen, noch einiger Obrigkeit in keinem, darzu sie von Gott berufen sind; sondern wir sind bereit zu allem Gehorsam, bis in den Tod, in allem dem, das nicht wider Gott und Gottes Wort ist. Matth. 17, 22. Röm. 13. Tit. 3. 1 Pet. 1. Und wissen auch ohne Zweifel wohl, was uns die Schrift davon gelehret und befohlen hat. Aber so viel Barmherzigkeit begehren wir, daß wir unter eure gnädige Beschützung mit Freyheit unsers Gewissens leben, lehren, handeln und dem Herrn dienen mögen, auf daß euch, und vielen mit euch, das Evangelium Jesu Christi recht möchte angewiesen werden, und die Pforte des Lebens aufgeben. Ach hätten die Gelehrten Gottes Wort, und nicht wir, wie gerne wollten wir von ihnen gelehret seyn. Dieweil aber wir es haben, und nicht sie, so bitten wir um Jesus willen, bringet uns nicht von Christo zum Antichrist, von der Wahrheit zu den Lügen, und von dem Leben zu dem sichern Tod. Weish. 6.

O ihr hochberühmten Herren und Fürsten, die ihr von Gott zu Häuptern und Regenten über das Volk gesetzt seyd, bedenket euch wohl und glaubt des Herrn Wort; dann so ihr von dem Unrechten nicht abstehet, den Herrn fürchtet und recht thut, so wäre es wohl gut daß ihr nie geboren wäret. Das unschuldige Blut Abels rufet in den Himmel, 1 Mos. 4. und wird am Jüngsten Tage sehr genau von euch ersucht werden. Noch einmal sagen wir: Wachet auf, und fürchtet Gottes Wort, dann Gott der Herr will allein den Himmel und sein Reich regieren; als da sind die Gedanken und Gewissen der Menschen. Esa. 14. Er will nicht zulassen, daß ihn jemand von seiner Herrlichkeit absetze, oder sich über ihn erheben soll. Lucifer, der schöne Engel Gottes, wollte dem Allerhöchsten gleich seyn: Er ist verstossen aus dem hohen Himmel in der Höllenabgrund, mit Ketten der Finsterniß gebunden, und bewahrt zu dem Urtheil des grossen Tages. Off. Joh. 12. 2 Pet. 2. Jud. 1.

Liebe Herren, nehmet es in Liebe an, und erbittert euch nicht, dann die Wahrheit muß bekennet seyn. Euer Hochmuth ist bis an den Himmel aufgestiegen; sehet doch auf Christum und auf sein Wort, auf sein Vorbild und Leben. Urtheilet recht, ihr werdet also befinden. Der allmächtige, ewige Vater, durch seine ewige Weisheit Christum Jesum, hat es alles nach seinem göttlichen Rath, Willen und Fürsichtigkeit, in seinem Reich, das ist, in seiner Gemein, in Lehre, Sacramenten und Leben verordnet und befohlen. Aber ihr seyd diejenigen, die dasselbe durch Rath und Eingebung eurer Gelehrten, mit euren unmenschlich, grausamen Mandaten verändert, ausgerottet und verfolgt, als ob das allmächtige, ewige Wort sich unter euern Befehl und Gewalt biegen und krümmen müsse, und die gottselige Ordnung des Sohns Gottes durch Menschen Weisheit, zu einer füglichern Form und bessern Gebrauch gekehrt möcht werden. O Hochmuth über allen Hochmuth! O Thorheit über alle Thorheit! was überhebest du dich? O Erd und Asche! erkennet für euren Oberherrn Christum Jesum, der euch zu einem Fürsten und Richter von Gott gesetzt ist, Pred. Salom. 10. Der Himmel gehört dem Herrn zu, spricht David: aber die Erd hat er den Menschenkindern gegeben. Eph. 1. Coloss. 2. Wir achten wohl, so jemand gegen den Kaiser oder Könige sich aufrührisch machte, und in ihr Reich und Regiment eintreten wollte, daß es nicht mit Geduld gelitten, und ohne Straffe ergehen würde: wie viel desto weniger wird dann ungestraft bleiben, daß ein arm, sträflich, irdisches Fleisch, sich wider den allmächtigen Kaiser und König Christum Jesum aufmacht, ihn von dem Stuhl seiner göttlichen Majestät abzustossen, und ihme den Zepter und die Kron seiner Ehren wollte rauben, als ob die ewige Weisheit Gottes Christus Jesus, unvernünftig, und zu dem himmlischen Regiment unbequem worden wäre. Bedenkt doch, wie es allen hoffärtigen und stolzen Herzen von Anfang ergangen ist, die ihre Stühl setzen wollten neben den Stuhl Gottes.7)

Darum so erniedriget euch doch unter die allmächtige Hand Gottes, wie Petrus lehret, 1 Pet. 5. und wollet den glückseligen, grossen König Nebuchadnezer zu einem Vorbild nehmen, Dan. 3, 4. und aufmerken, wie greulich er um seinen Hochmuth von Gott gestraft ist, und wie er nach der Strafe zur Weisheit sich bekehrt hat, und hat den allmächtigen Gott gefürchtet, seine wunderthätige, herrliche Wercke, und seinen anbätenden, grossen Namen höchlich gepriesen.

Liebe Herren, wachet auf und bessert euch, dann es geziemt sich nicht daß sich die Creatur wider den Schöpfer erheben soll. Christus will allein das Haupt seiner Gemein bleiben, allein der Lehrmeister in seiner Schule, allein der König, der sein eigen Reich urtheilen will: Nicht mit Lehren und Geboten der Menschen, auch nicht mit würgen und morden, sondern mit seinem heiligen Geist, Kraft, Gnad und Wort.

Darum bitten wir euch, O ihr Fundamenten der Erden, durch die Barmherzigkeit Gottes, wir, die euch vor unsere gnädige Herren erkennen, in allen Sachen unseres Fleisches, daß ihr doch den ewigen, allmächtigen König Christum Jesum, wollet seyn lassen den einigen Seligmacher, Herrn und Gewalthaber unserer armen Seelen, gleich wie er von seinem Vater verordnet ist. Und daß ihr euren irdischen Dienst und Amt führen wollet in zeitlichem Regiment, zu welchem ihr berufen seyd: dann wir begehren von ganzem Herzen dem Kaiser zu geben was des Kaisers ist, und Gott zu geben, was Gott gehöret. Matth. 22. Und wollet also diese unsere Lehre und Anweisung, von der Tauf, Nachtmahl und von der Meidung des babylonischen Handels, recht erwägen, mit des Herrn Wort. Wir verhoffen durch Gottes Gnad, ihr sollet in der Wahrheit und Kraft befinden, daß wir nichts anders lehren und glauben, dann uns des Herrn wahrhaftiger Mund befohlen und seine heilige Apostel gelehret, und bezeugt haben. Hiezu gönne euch der grosse Herr seine Gnade. Amen.

1)
An alle Obrigkeiten.
2)
Bedenket doch einmal wen ihr verfolget.
3)
Das Suchen der Christen.
4)
Die Braut Christi spricht: Schwarz bin ich, aber sehr lieblich. Hohelied Sal. 1.
5)
Es ist schwer dem Herrn in seinen Augapfel zu greiffen.
6)
Unser Leiden ist ohne Schuld und unverdienet.
7)
Christus wird ausgestossen, als sein Wort veracht und verstoßen wird.
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