Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 9. Andacht.

Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 9. Andacht.

Sacharia 1.

Dieses Kapitel enthält eine Mahnung zur Buße, und zwar heißt es dreimal hinter einander: „So spricht der Herr Zebaoth.“ Es ist also sehr wichtig, dass wir aufmerken, was der Herr zu uns spricht. Der Herr möge uns doch die Ohren öffnen, dass wir hören, aber auch unsere Herzen willig machen, Seiner liebevollen, warnenden Stimme zu gehorchen.

In einer Versammlung, wo viele Redner sprechen, hört man wohl jedem zu, aber wenn eine besonders bedeutende Persönlichkeit sich erhebt, so ist man doppelt gespannt und aufmerksam; was ist aber die berühmteste Persönlichkeit unter den Menschen im Vergleich mit dem Herrn Zebaoth, dem Herrn des Himmels und der Erde, dem Gott der heiligen Heerscharen? Also ist's wohl der Mühe wert, dass wir Herz und Ohr offen halten für das, was der Herr Zebaoth jetzt zu uns spricht: „Bekehrt euch zu mir, nämlich von eurem bösen Weg, spricht der Herr Zebaoth, so will ich mich zu euch kehren, spricht der Herr Zebaoth.“ Meine Lieben, es existiert gar kein Mensch auf der ganzen Welt, dem dieser Vers nicht gilt. Der Herr muss so sprechen, weil wir von Natur grundverdorben durch und durch böse sind, und nicht Einer ist, der von sich selbst nach Gott fragt. Wir sind allesamt abgewichen, „da ist Keiner, der da Gutes tue, auch nicht Einer.“ Ps. 14,3. Wer unter uns sagen kann, „ich begehe keine Sünde,“ der ist ein Lügner, auch wenn er sagen würde, „ich habe bloß Schwachheitssünden an mir.“ Er betrügt sich selbst, ist innerlich finster und tot und der Geist Gottes hat noch gar nichts an ihm arbeiten können, die Seele will in der Sünde, in sich selber bleiben, und hat nicht einmal die Einwirkung, geschweige denn die Inwohnung des heiligen Geistes. Ja, sie hat keinen lebendigen Heiland, denn sie ist sich nicht klar der Grundverdorbenheit ihres Herzens. Wir müssen ertragen und hören können, dass kein guter Funken an uns ist, dass wir Strafe und Verdammnis verdienen; denn in dem Grad, wie ich mich erkenne, darf ich mich der Liebe und Gnade des Herrn getrösten. Wir sind deshalb sehr töricht, wenn wir uns nicht erkennen wollen; denn so lange wir uns selbst nicht erkennen, liegt auch der Zorn Gottes auf uns, und der Herr kann nicht unser Ein und Alles sein. Keine Sünde auf der Welt verdammt den Menschen, nur das verdammt uns, wenn wir die Gnade und Liebe Jesu nicht ergreifen wollen. Wenn ich Kranke bekomme, welche schwer mit Sünden belastet sind, wovon oft die Gesichtszüge zeugen; wenn sie sich ganz hergeben und leiten lassen, so bekommen sie oft schon nach 14 Tagen einen anderen Ausdruck im Gesicht; der Herr hat sich ihrer nach Leib und Seele erbarmt, ihre Missetat hinweggenommen, und in den Abgrund Seiner Barmherzigkeit geworfen. Kranke, welche sich unbedingt in die Kur des Heilands begeben, werden schnell geheilt, davon habe ich viele herrliche Beispiele erfahren dürfen, dem Herrn zu Ehre und Preis. Welche Wonne und Seligkeit ist es, zu wissen, dass alle unsere Sünden getilgt und zugleich aus dem Gedächtnis des Herrn gestrichen sind. Aber dann verlangt auch der Heiland, dass wir Ihm nachfolgen, treu und gewissenhaft, und Alles tun, was Er von uns fordert. Das muss uns so zur heiligsten Pflicht und zum innigsten Anliegen werden, dass wenn nur im Geringsten etwas an uns kommt, wir uns gleich vor das Angesicht des Herrn stellen und fragen: „Was hast Du gegen mich, lieber Heiland, ist etwas an mir, das Dich stört, oder Dir missfällig ist?“ Überhaupt wollen wir recht aufrichtig wandeln, auf Alles merken und an Allem lernen. So soll ein Jedes auf seine Umgebung achten und fleißig daran lernen. Besonders wollen wir uns vor der Heuchelei hüten, und gerne in alle Übungen eingehen. Wenn etwas in meinem Beruf vorkommt, das mich unzufrieden machen möchte, so darf ich mir nicht nachgeben, sondern es muss mir Alles, jede Demütigung, jeder Willensbruch, jede Verleugnung, jede Geduldsprobe ganz recht sein, denn „geht's der Natur entgegen, so geht's wie Gott es will, die Fleisch und Sinn pflegen, die kommen nicht zum Ziel.“ Wie könnte ich meine lieben Kranken ermahnen und zurechtweisen, wenn ich nicht selbst in die Übungen einginge? Kann ein Mensch es wagen, Andere zu tadeln, so lange er selbst noch verwerflich ist? Wenn euch Unreinigkeits-Gedanken kommen, so werft sie entschieden weg; lasst keine Sündenwolke zwischen euch und dem Herrn aufkommen. Prüft euch recht ernstlich, ob ihr reines Herzens seid, frei von Heuchelei, von Neid und Zorn (denn das ist Zündstoff der Hölle) der Neid ist vom Satan, denn durch Hochmut und Neid ist er gefallen. Wacht und betet, blickt unverrückt auf den Herrn, habt ein wachsames Auge auf euch und verflucht jeden Gedanken, der nicht von dem Herrn kommt! So machte es ein lieber Graf Z. aus Petersburg, welcher mehrere Wochen bei mir war; er erzählte mir, wenn ihm ein Zweifel oder sonst ein unreiner Gedanke gekommen sei, so habe er ihn sogleich verflucht und weggeworfen, dagegen aber die Segnungen Jesu, Seinen Glauben und Seine Reinheit auf sich fallen lassen, und auf diese Weise sei er bald von allem ungöttlichen Wesen los geworden. O merkt euch das, ihr Lieben, und folgt dem Beispiel dieses Mannes, der ein wahres, seliges Kind Gottes ist. Der Herr lässt es uns an Warnungen und Mahnungen nicht fehlen. Wir sollten nie etwas lesen, ohne es auf uns anzuwenden, und uns zu fragen, ob wir dieses tun, jenes lassen; und ohne darüber zu beten. Sobald wir nicht recht aufmerken auf den Willen des Herrn in allen Dingen, nehmen wir großen Schaden an unserer Seele. Wir müssen immer nur das lesen, was für unsere Seele nützlich ist. Meine Freude war, Lebensbeschreibungen zu lesen, um an den Führungen frommer Seelen zu lernen. Es gibt da unendlich viel zu beobachten, wenn wir es uns zu Nutzen machen wollen. Ich bitte euch, ihr lieben jungen Leute unter uns, lest doch ja keinem Roman, das ist Gift und ruiniert Leib und Seele. So kam einst ein junges Fräulein zu mir, welches ganz lahm und ausgewachsen war. Der Herr erbarmte sich ihrer bald, der Rücken und die Schultern veränderten sich sichtlich, auch konnte sie schon etwas gehen; aber nach drei Wochen hörte der Herr plötzlich mit der Heilung auf; es ging merklich zurück und das arme Fräulein würde wieder ganz lahm. Da musste etwas Besonderes vorgekommen sein. Ich frug sie ernstlich, weshalb es zurückgehe, worauf sie bekannte, sie habe Arges getan. Mit der heuchlerischen Ausrede, allein mit dem Heiland sein zu wollen, um zu beten und über das Gehörte nachzudenken, hatte sie ihre Jungfer aus dem Zimmer geschickt und nun statt dessen im Geist einen Roman ausgedacht und sich in solche Gedanken vertieft. Sie bereute dieses Unrecht sehr, aber ihre Phantasie war schon zu sehr mit dieser Bilderwelt angefüllt, als dass sie es hätte lassen können.

Der Herr rührte das arme Kind nicht mehr an. Solche Folgen hat die unreine Phantasie; wer aber davon lässt, dem ist der Herr gnädig. Das durfte ich an dem Mädchen erfahren, welches mit dem so eben erwähnten Fräulein kam; dasselbe war ebenfalls lahm, wurde aber nach vier Wochen vollständig hergestellt. Der Herr konnte sie in Gnaden anrühren und gesund machen, zu Seines Namens Lob und Preis; sie erfreute sich bis zu dieser Stunde einer vollen Gesundheit. Ja, es kommen viele an Leib und Seel verderbte Leute zu mir, die ihr Elend allein der schrecklichen Bilderwelt, die sie sich durch das Romanlesen in ihren Köpfen ausgedacht haben, zuschreiben mussten. Da muss man sich selbst das schreckliche Urteil sprechen: Wir haben empfangen, was unsere Taten wert sind.

Im 4. Vers heißt es: „Seid nicht wie eure Väter, welchen die vorigen Propheten predigten, und sprachen: So spricht der Herr Zebaoth: „Kehrt euch von euren bösen Wegen und von eurem bösen Tun: aber sie gehorchten nicht, und achteten nicht auf mich, spricht der Herr.“ Muss nicht auch ein Jedes unter euch sagen, dass es schon oft von dem Herrn gewarnt worden ist, innerlich und äußerlich, und bekennen: Hätte ich Vater und Mutter gefolgt, so stünde es besser um mich! Nun aber fragt der Herr: Kehrt euch zu mir, so will ich mich zu euch kehren. Er will allen Schaden wieder gut machen; denn der Herr ist treu und barmherzig, und wenn ein Mensch zur Einsicht kommt, dass er sich in ein Labyrinth von Sünden und unreinen Gedanken hineingearbeitet hat, und gründlich Buße darüber tut, so kann er von dem Herrn rein gewaschen werden, sogar die Folgen der Sünden können bei gründlicher Buße weggenommen werden. Drüben aber ist die Erkenntnis zu spät. Wer nicht glaubt, wird verdammt werden. Wer aber an mich glaubt, der kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. Joh. 5,24. Solchen gilt dann das herrliche Wort: „Kommt her, ihr Gesegneten Meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt,“ Matth. 25,34., während die Andern hören müssen: „Gehet hin von Mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln.“ Matth. 25,41. übrigens auch Sünden, die so folgenreich sind, dass man sein ganzes Leben lang daran zu tragen hat, selbst wenn man Vergebung derselben erlangt hat. Umstände, die sehr schwer abzuwenden sind, z. B. wenn Eines im Eigenwillen geheiratet hat, und es geht nicht gut usw., das haben wir stille zu tragen. Man erntet, was man ausgestreut hat. Wenn wir uns immer vom Herrn warnen und leiten ließen, so würden wir keinen so schweren Lauf bekommen. Wenn z. B. ein Mensch in der feinen Zucht des Geistes steht, kann ich behaupten, dass er in keine groben Sünden mehr fallen kann, ohne dass er vorher innerlich gewarnt wird. Wenn eine Versuchung an uns kommt, so heißt es im ersten Augenblick immer: Nein; das kommt von dem guten Geist, der uns warnt. Das böse Herz aber und der Feind trachten, das Verlangen in uns rege zu machen, ja zu steigern, und sobald man die warnende Stimme einmal überhört, so kommt sie das nächste Mal schon leiser, und endlich hört man sie gar nicht mehr. Es ist deshalb so sehr wichtig, dass wir in den unbedingten Gehorsam eingehen, dann ist die Versuchung schon so gut wie überwunden, und es ist kein solcher Kampf. Schenken wir aber den Einflüsterungen des Satans Gehör, so geht der Kampf an, wir unterliegen leicht und müssen dann die Folgen unseres Ungehorsams tragen. So geht's im Kleinen und Einzelnen, so geht's auch im großen Ganzen. Wenn irgend ein schweres Gericht über ein Land kommt, so haben Alle Buße zu tun, denn jedes hat in seinem Teil zu dem Verderben beigetragen. So hielten es die frommen Israeliten im alten Bund stets. Kam irgend ein schweres Gericht über Jerusalem, so hat sich David immer mit seinem Volk darunter gebeugt und Buße getan. Wenn über einzelne Seelen ein Gericht ergeht, dann, ach, nur nicht wider den Herrn murren, sondern immer die Gerechtigkeit in dem Gericht erkennen und sprechen: „Ja, das habe ich von Rechts wegen verdient;“ schnell Buße tun, dann wird sich der Herr gleich wieder in Gnaden und Liebe zu uns wenden. Dann müssen wir aber auch bei Ihm bleiben, und nicht wieder in der Sünde fortfahren, sonst fordern wir selbst die Gerichte heraus, und sie häufen sich so an, dass sie über unser Haupt gehen. Wenn die Rute aufgebraucht ist, wirft man sie in's Feuer, also, wenn der Herr seine Liebesabsichten erreicht hat, so legt Er den Stab Wehe wieder weg und spricht: Ich will wieder zu ihnen umkehren mit Barmherzigkeit.“ Jer. 3,12. Wir müssen Alles was über uns kommt aus der Hand des Herrn annehmen, auch wenn wir von Menschen unterdrückt oder misshandelt werden, still halten und uns darunter beugen. Aber da regt sich bei uns meistens ein Gefühl der Rachsucht, weil wir uns nicht vorhalten, dass es der Herr ist, der es sie geheißen hat. Würden wir uns willig in die Prüfung ergeben und für diejenigen beten, die uns drängen, wir würden reichen Segen bekommen, und der Gewinn wäre ein doppelter. Wenn wir fest und unverrücklich bei und in Jesu bleiben, demütig und willenlos sind und unser eigenes Herz, die Welt und Satan nicht mehr lieb haben, dann gilt uns die herrliche Verheißung: „Ich will, spricht der Herr, eine feurige Mauer um sie her sein, und will drinnen sein, und will mich herrlich drinnen erzeigen.“ Sachar. 2,5. Meine Lieben, wir wollen doch recht durchdringen, unser Fleisch und Blut vernichten lassen, dass diese köstlichen Verheißungen sich auch an uns erfüllen können, und wir die Kraft und Macht Gottes verspüren dürfen, die um uns her ist, gleich einer feurigen Mauer, zum Schutz gegen alle äußeren und inneren Feinde. Das gebe der barmherzige Gott in Gnaden! Amen.

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