Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 1. Andacht.

Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 1. Andacht.

Psalm 89. „Ich will singen von der Gnade des Herrn ewiglich, und Seine Wahrheit verkündigen mit meinem Munde, für und für. Und sage also: Daß eine ewige Gnade wird aufgehen und Du wirst Deine Wahrheit treulich halten im Himmel.“

So, meine Lieben, singt der Psalmist im Blick auf das unvergängliche Reich Christi und auf die ewige Gnade, die in Ihm aufgehen wird; ja sein Mund fließt über von Rühmen und Danken, Loben und Preisen der unergründlichen Barmherzigkeit, Macht und Herrlichkeit Gottes. Konnte der Psalmist, im Vorgefühl dieses zukünftigen Glückes, schon so in der Gnade leben und seine Seele voll Lob und Dank sein, wie viel mehr sollten wir fröhlich und dankbar sein, die wir im Vollgenusse dieser Gnade stehen, worin uns das Alles schon erworben ist, was jene Gottesmänner des alten Bundes nur ahnen konnten. Hat ihnen schon der Ausblick auf die zukünftige Herrlichkeit so viel Glaubenskraft verliehen, welch' starke Glaubenshelden könnten wir sein? Und doch, wie viel Kleinglauben und Unglauben, wie viel Noth und Elend ist noch immer vorhanden, wie sieht es bei uns so ganz anders aus, als sich jene Glaubensmänner die Zeit des Heils, des Glückes und des Friedens vorgestellt haben! Ach, man ruft laut: Friede, Friede, und ist doch kein Friede! Warum? Weil wir die dargebotene Gnade nicht ergreifen, den Generalpardon, der durch die ganze Welt ausgerufen wird, nicht annehmen wollen. Ohne das Erlösungswerk wäre die ganze Menschheit dem ewigen Verderben anheimgefallen; aber weil sich der Herr aller Herren, der König aller Könige unser erbarmte, hat Er die ewige Erlösung erfunden, und alle Schuld ist nun getilgt. Wir haben einen Fürsprecher und Mittler beim Vater. Wer in Ihm bleibt, der darf sich Felsenfest darauf verlassen, seine Schuld ist gebüßt, und er wird im Sohne gerecht und heilig erfunden. Vers 4. „Ich habe einen Bund gemacht mit meinem Auserwählten, ich habe David, meinem Knechte, geschworen: Ich will dir ewiglich Samen verschaffen, und deinen Stuhl bauen für und für.“ Ja der Herr hat geschworen, daß alle gerettet werden sollen, die an Jesum Christum glauben. Er wolle Ihm viel Samen erwecken, d. h. es sollen Ihm viele Seelen zugeführt werden, zum Lohn Seiner Schmerzen, Seiner blutigen Arbeit. Wer sind nun diese Geretteten? Alle, die das Wort von der Versöhnung hören, es im Glauben erfassen, all' ihr Eigenes dran geben und sich rückhaltslos dem Heiland überlassen, so, daß Er Alles, in und an uns thun kann. Wir dürfen aber nicht nur historisch glauben, daß Jesus Christus unsere Sünden am Stamm des Kreuzes gebüßt, und uns versöhnt hat, sondern wir müssen es auch an unsern eigenen Herzen erfahren, daß es ein Neues mit uns geworden ist, und Ihn dafür preisen an unserem Leibe und an unserem Geiste. O, wer sich recht klar vor Augen malt, was er selber ist und was aus ihm ohne Christum geworden wäre; wer sich so recht in den Abgrund der Liebe und des Erbarmens, aber auch in die große Majestät unseres hochgelobten Heilandes hineinversenkt, der kann ja nicht anders als loben und danken, rühmen und preisen! Wer es unter uns seither versäumt hat, der fange heute noch damit an! Allen, auch den Allergottlosesten gilt das Versöhnungswerk, wenn sie umkehren von ihren gottlosen Wegen, das Wort annehmen und danken!

In einem Dorfe in England lebte einmal ein Schmied, ein sehr schlechter, ruchloser Mensch, der sich bei Streitigkeiten und dergleichen zum Dreinschlagen und allem möglichen Schlechten dingen ließ. Als er eines Abends vor seiner Schmiede ausruhte, hörte er in der Ferne einen Reiter die Straße daher kommen, bemerkte auch zugleich sehr richtig, daß dem Pferde ein Hufeisen mangelte. Er richtete sich nun zum Voraus zu der bevorstehenden Arbeit ein, und als der Reiter sich der Schmiede näherte, stieg er auch alsbald ab und that dem Meister sein Begehr kund. Während der Arbeit entspann sich ein Gespräch zwischen ihnen, und der Schmied frug unter anderem den Fremden, was er treibe und wohin er gehe; der Fremde sagte, er sei ein Bote des Königs, und sei ausgezogen, dessen General-Pardon der ganzen Welt zu verkündigen. Der Schmied war höchlich erstaunt über die Antwort des Fremden, ließ sich von ihm noch weiter erklären, daß er ein Bote des himmlischen Königs, des Königs aller Könige sei, und ausgehe, das Evangelium, das Wort vom Kreuze zu verkündigen. Der Schmied konnte die Worte des Fremden nicht mehr los werden, namentlich dessen General-Pardon. Er kam dadurch zur Erkenntnis seines ungöttlichen Wesens und Treibens und seiner Sünden, die wie eine schwere Last auf ihm lagen. Da erinnerte er sich in seiner großen Noth des General-Pardons, von dem der Fremde gesprochen hatte und der allen Menschen gelte. Er ergriff das Wort in freudigem Glauben und wurde gerettet, ja, wurde selbst noch ein sehr brauchbares Werkzeug im Dienste des Herrn. Also, heute, so ihr Seine Stimme höret, so verstocket eure Herzen nicht. Vers 6 heißt es: „Und die Himmel werden, Herr, Deine Wunder preisen, und Deine Wahrheit in der Gemeine der Heiligen.“ Das größte Wunder, meine Lieben, ist ein zerschlagenes und gedemüthigtes Menschenherz. So lange wir noch in Stolz und Hochmuth, in eigener Kraft und Gerechtigkeit einhergehen, können wir freilich die göttliche Gnade nicht ergreifen, und der Heiland kann uns keine Seiner vielen Gerechtigkeiten, die Er uns erworben hat, schenken. Warum? Weil wir's nicht annehmen wollen, weil wir satt sind, und nicht verlangen und dürsten nach einem Erlöser und Retter, und nach unvergänglichen Gütern. O. meine Lieben, laßt uns doch unablässig den Herrn um gänzliche Vernichtigung bitten. Wer im tiefsten Gefühl seines Nichts einhergeht und viel um die Gnade und Kraft des Namens Jesu, diese ausgeschüttete Salbe bittet, den wird der Herr mit Seinen reichsten Segensströmen übergießen und wird mächtig sein in der Kraft Gottes. In Seiner Kraft können wir über die Mauern springen und Thaten thun. Wer bei dem Herrn bleibt, der ist stark und reich, denn Seine Gnade wirkt mächtig, und verläßt Keinen, der sich auf Ihn verläßt; denn, „es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen; aber Meine Gnade soll nicht von dir weichen, spricht der Herr, dein Erbarmer!“ Jes. 54,10. Ach, meine Lieben! Wie gut könnten wir's doch haben, wenn wir nur glauben und zugreifen, wenn wir den Herrn in uns wirken lassen wollten! „Alles ist euer,“ läßt uns der Herr durch Seinen Apostel 1 Kor. 3,22 sagen, und „was ihr bitten werdet in Meinem Namen, so ihr glaubet, so werdet ihr es empfangen.“ Marc. 11,24. Ich kann euch versichern, daß es mich immer ganz schmerzlich berührt, wenn sich jemand über die Heilungen durch's Gebet verwundert. Wir dürfen ja nur einfach und kindlich glauben und aufs Wort blicken, da steht es ja ganz deutlich geschrieben. Sollte der Herr lügen? Die Blutskraft Jesu heilt innere und äußere Schäden. Welch' herrliche Erfahrungen habe ich schon zum Preise des Herrn bei den vielen Kranken, die in meinem Hause aus- und eingegangen sind, machen dürfen. Zwei Blindgeborene wurden in kurzer Zeit sehend, Lahme gehend, Taube hörend. Der Heiland hat dies ja dem Täufer Johannes in's Gefängnis sagen lassen, und wir haben Sein Wort und in Seiner Kraft können wir das Alles auch thun. Wir dürfen uns dieselbe nur schenken lassen, dabei im Gehorsam bleiben, Ihm in allem die Ehre geben, und selber gänzlich vernichtet sein. Um unseres Gebetes willen erhört uns der Herr nicht, auch wird um meines Gebetes willen kein einziger Kranker gesund, sondern nur um Seiner Verheißungen und um Seiner großen Liebe und Barmherzigkeit willen. Es kommt nicht darauf an, daß unsere Gebete besonders lang und brünstig sind; dies greift oft nur die Nerven an, nein ein Blick, ein Seufzer genügt oft, und am allerwirksamsten ist es, ganz stille vor dem Herrn zu stehen, sich ganz in Sein Anschauen zu versenken, und sich einem Lichts- und Segens-Einfluß auszusetzen, aber ganz still, willenlos und gehorsam. Es ist uns so schwer, so recht stille vor dem Herrn zu liegen, denn es muß der eigene Wille ganz zerbrochen, die Unruhe des Herzens vernichtet sein, wenn wir Lichtskräfte anziehen und Segen haben wollen. Schon vor 20 Jahren ist mir darüber ein Licht aufgegangen, noch ehe ich ahnte, daß der Herr mich zu Seinem Werkzeug erlesen. Da war ich einmal in M. bei Pfarrer B. und traf dort einen Herrn aus Schweden, dem beide Füße erfroren, bis an den Leib ganz schwarz und dadurch lahm geworden waren. Nach 3 Monaten war er durch die Kraft des Blutes Jesu so weit hergestellt, daß er am Arm seines Dieners bereits umhergehen konnte. Das erfaßte mich kräftig, und ich dachte: Ach, warum gibt es so Wenige, die das Geheimnis verstehen, all' die reichen Gnadengüter, die uns der Herr in Seinem Worte geschenkt hat, zu Nutz und Frommen Anderer anzuwenden! Warum leben wir doch so in den Tag hinein, und lassen müßig liegen, was uns der Herr in übergroßer Liebe und Barmherzigkeit erworben hat. Ach, meine Lieben, wir wollen doch recht in die Tiefe unserer Herzen gehen, und uns durch den Geist Gottes aufdecken lassen, was einem Jeden von uns fehlt und ganz besonders den Herrn unablässig bitten, daß Er uns ganz vernichten wolle. Der Herr muß Alles thun, wir können gar nichts, Er muß Wollen und Vollbringen geben nach Seinem Wohlgefallen. Aber Er, der mächtige Gott, der Herr Zebaoth wird Alles wohl ausrichten, wenn wir Ihn nur an unserem Herzen wirken lassen, und Ihm weder die Zeit, noch die Art und Weise vorschreiben. Vers 10 heißt es: „Du herrschest über das ungestüme Meer, Du stillest seine Wellen, wenn sie sich erheben; Du schlägest Rahab zu Tode, Du zerstreuest Deine Feinde mit Deinem starken Arm.“ Welch großer Trost ist doch das für uns; wir brauchen nicht allein den Kampf mit unsern innern Feinden aufzunehmen, denn da würden wir stets unterliegen. Nein, der Herr wird Alles versehen! Der Herr thut Alles, Er schlägt auch Rahab, die Unreinigkeit, zu Tode, und zerstreut alle Feinde. Er will Alles an uns thun, uns helfen und erretten, wenn wir nur unsern Willen dazu hergeben und stille halten. Darum, meine Lieben, wollen wir doch ernstlich bedenken, was zu unserem Frieden dient, und den Herrn ohne Unterlaß bitten, daß Er doch alles Unreine und Ungöttliche in unseren Herzen tödten wolle. Er lege in uns einen unwiderstehlichen Trieb zur Heiligung in Seiner Kraft. Ihm wollen wir leben, leiden und sterben. Ja, gelobet sei der Herr, und gelobet sei Sein heiliger Name immer und ewiglich. Amen.

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