Schlatter, Adolf - Einleitung in die Bibel - Der Galaterbrief.

Schlatter, Adolf - Einleitung in die Bibel - Der Galaterbrief.

Der Name „Galatien“, die griechische Namensform für Gallien, kam mit gallischen Einwanderern nach Kleinasien. Als im dritten Jahrhundert v. Chr. große Scharen von Kelten aus Frankreich, Oberitalien und den Donauländern Macedonien und Griechenland verheerten, rief der König Nikomedes von Bithynien a. 279 10.000 Männer hinüber nach Kleinasien zu Söldnerdiensten, die von anderen Scharen verstärkt, nach langen Raubzügen und Kämpfen schließlich ein ruhiges Staatswesen bildeten in fester Niederlassung an beiden Ufern des Halys im Innern Kleinasiens mit ihrer heimischen Sprache und Verfassung. Sie konnten sich jedoch der Übermacht der griechischen Sitte und Sprache nicht auf die Dauer erwehren, und noch weniger gegen das römische Reich ihre Selbständigkeit behaupten. Unter Augustus ging das galatische Königtum ein und ihr Ländchen wurde mit den benachbarten Gegenden von Pisidien, Isaurien und Lykaonien zu einer römischen Provinz vereinigt.

Es wird uns keine der galatischen Gemeinden mit Namen genannt, weil das Innere Kleinasiens nur kleine Städte hatte, die einander an Größe und Bedeutung etwa gleichstunden. Das eigentliche Galatien hatte deren drei, nach den drei Stämmen, in welche die Einwanderer geteilt waren: Pessinus, Tavium und Ankyra. Freilich ist es nicht sicher, ob wir die Gemeinden, an welche Paulus schreibt, gerade dort zu suchen haben. Auch Ikonium, Lystra, Derbe, die Gemeinden, die wir aus Ap. 14 kennen, gehörten zur Provinz Galatien. Den Korinthern hat Paulus die Gemeinden Galatiens als Vorbild genannt, 1 Kor. 16,1, und sie dadurch als ein bekanntes wichtiges Glied der Heidenchristenheit bezeichnet. Es ist nicht unmöglich, daß er mit diesem Namen alle Gemeinden des innern Kleinasiens zusammenfaßt.

Man setzt den Brief gewöhnlich in die dritte Missionsreise, in den Aufenthalt des Apostels in Ephesus. Diese Annahme beruht zwar auf keiner ausdrücklichen Nachricht, hat aber Wahrscheinlichkeit. Auf der ersten Missionsreise hat Paulus nur die östlichen Striche der Provinz Galatien besucht, auf der zweiten und dritten dagegen auch das eigentliche galatische Ländchen durchwandert. So sieht auch der Brief vielleicht auf zwei Besuche des Apostels bei den Galatern zurück, 4,13-15, wobei er besonders den ersten derselben lebhaft und freudig hervorhebt, wohl deshalb, weil jener die Zeit ihrer Bekehrung und der Gemeindegründung war.

Seither waren auch sie von jüdischen Brüdern besucht worden, die ihnen das Gesetz anpriesen, und die Gemeinden waren geneigt, dasselbe auf sich zu nehmen. Sie fingen an, Sabbath, Neumond und Passah zu feiern, und erörterten, ob nicht auch die Beschneidung für sie wünschbar sei. Diese Vorgänge sind nicht im mindesten befremdlich. Nachdem einmal die Kirche aus zwei Gruppen, aus heidnischen und jüdischen Christen bestand, bedurfte es nur einer geringen Trübung des Blickes, damit die jüdischen Christen als die bevorzugten Leute erschienen, die ein vollkommeneres Christentum und eine gesichertere Hoffnung hätten als die Heiden. War es denn nicht mehr, ein Jude zu sein, als ein Heide? Die Söhne Abrahams waren doch zweifellos die nächsten und ersten Erben der Verheißung. War es denn nicht frömmer, das Gesetz Gottes zu halten, als es nicht zu halten, den Sabbath zu heiligen, als ihn nicht zu beobachten? Es bedurfte einer durchdringenden Buße und eines gründlichen Einblicks in die eigene Sündhaftigkeit, bis ein Jude dahin kam, seinen Ruhm nicht mehr bei sich selbst zu suchen, sondern bei Christo allein. Und wenn nun jüdische Christen ihren Vorzug den heidnischen Brüdern lockend vorhielten, so war für diese die Reizung stark, nicht hinter ihnen zurückzustehen, sondern sich ebenfalls auf diese höhere Stufe emporzuheben. Beschneidung, Sabbath, Zehnten und dergl. waren ja keine drückenden Lasten. Sie waren um Gottes willen bereit, noch viel größeres zu opfern und schwereres zu tragen. Und wie herrlich war der Lohn! So wurde man Glied des heiligen Volkes. Der Sache eine christliche Färbung zu geben, war eine Kleinigkeit. Übernahm man zum Glauben an Jesus noch das Gesetz, so bewährte man hiedurch seinen Eifer, Gott ganz zu gehorchen, und machte sein Anrecht an Jesu Reich fest. Weder in den Augen der Gemeinden, noch ihrer Verführer galt ihr Schritt als ein Abfall von Christo, er galt ihnen umgekehrt als die Bewährung und Vollendung ihres Christentums.

Warum ließ Paulus den Gemeinden nicht ihren Willen? Konnten sie nicht auch bei Beschneidung und Sabbath Gott in Christo dienen? Ja wohl, so gut als es die Gläubigen in Jerusalem thaten, allein nicht dann, wenn sie mit dem Gesetz etwas zu gewinnen meinten, was sie im Glauben an Christus noch nicht hatten, als fänden sie bei Christus nur eine unvollkommene Hilfe und Gabe, als wäre er nicht allein der Grund und die Kraft ihres Heils, als gäbe es noch einen höheren Ruhm und eine bessere Gerechtigkeit als die, ihm glaubend verbunden zu sein. Wollten sie mit ihren Werken, die sie des Gesetzes wegen thaten, Christi Werk ergänzen, so war das Unglaube, ein Riß von Christo los, eine Verleugnung seiner Gnade nach ihrer allgenugsamen Macht. Der Glaube besteht nur als ganze volle Zuversicht zu Jesu Kreuz und Auferstehen, darum in völliger Abkehr von uns selbst und unserem eigenen Werk. Wohl nahm es sich unschuldig aus, wenn nun die Galater mit den Aposteln und Gläubigen in Jerusalem zum Glauben hinzu auch noch den Sabbath und die Beschneidung üben wollten; es war nur ein wenig Sauerteig, doch auch dieser versäuert den ganzen Teig, 5,9. In Wahrheit handelte es sich für sie um den Verlust Christi und seiner Gabe, 5,2-4. Man kann ihn nicht behalten, wenn man sich halb von ihm abkehrt, um nach anderen Hilfsmitteln zu greifen. Jede, auch die halbe Abwendung verliert ihn ganz.

Der fleischliche Charakter der Reize, welche die Gemeinden lockten, war dem Auge des Apostels aufgedeckt. Er sah ihr Haschen nach eitler Ehre, womit sie sich über einander erhoben, einander beneideten und überbieten wollten. Er sah, daß in jenen jüdischen Leuten kein ernstes Trachten nach Erfüllung des Gesetzes sei. Denn ernste Beugung unter dasselbe empfindet seine Schwere und treibt mit ihm keinen Prunk. Sie griffen nach dem, was am Gesetz in die Augen stach, nach Sabbath und Passah u. s. w. Es war ein Groß- und Schönthun mit dem Fleisch. Dazu kam der Kitzel der Eitelkeit, die Gemeinden von Paulus abzuziehen und sich selbst zu unterwerfen. Und hinter all dem steckte doch nur die Leidensscheu, die der Schmähung und Verfolgung der anderen Juden ausweichen wollte, der Anstoß an Jesu Kreuz, der alte Judenstolz, der das Kreuz Jesu nicht an sich herankommen ließ, sondern seine eigene Heiligkeit und Gerechtigkeit gegen dasselbe behauptete1).

Natürlich wurde auch die Person des Paulus in die Erörterungen hineingezogen. Die Rücksicht auf ihn machte die Galater bedenklich und man mußte sie in dieser Hinsicht beruhigen. Darum betonte man, daß die Meinung des Paulus von geringer Bedeutung sei, da er nicht zu den eigentlichen und ersten Aposteln gehöre. Er sei ja erst später hinzugekommen, und den Zwölfen, namentlich Petrus, nicht gleichzuhalten. An diesen, der die Ordnungen des Gesetzes nicht beseitige, sollten die Gemeinden sich anschließen.

Paulus, ein Apostel nicht von Menschen, noch durch Menschen - schon dieser Zusatz zur Überschrift beleuchtet wie ein Blitz die Tröstungen, mit denen man sich über seinen Widerspruch beruhigen wollte. Und nun beginnt er damit, daß er ihnen

die unversöhnliche Schärfe des Gegensatzes, 1,6-10,

um den es sich handelt, fühlbar macht. Was bei ihnen vor sich geht, ist Verkehrung des Evangeliums. Diejenigen, die sie in's Wert setzen, stellt er unter den Fluch. Da haben sie einen Thatbeweis dafür, ob er mit seiner Predigt den Leuten nach dem Munde spricht.

So zerstört er die Einbildung, als wären der Glaube und die Beschneidung, so wie sie dieselbe suchen, mit einander verträglich. Er macht der Vermischung des Evangeliums mit jenem jüdischen Christentum ein Ende. Indem er die Gemeinschaft mit den jüdischen Männern rund ablehnt, macht er den Galatern den Ernst der Entscheidung deutlich, die sie zu treffen haben.

Er faßt zuerst den persönlich gegen ihn selbst gerichteten Angriff in's Auge, weil er in der Vollmacht eines göttlichen Boten, dem Gott selbst Christum offenbart hat, zu den Gemeinden reden will. Zum Beweise

seiner Unabhängigkeit von allen Menschen, 1,11-2,21,

erzählt er ihnen drei Ereignisse aus seiner Lebensgeschichte.

Wäre er der Schüler der Apostel oder irgend eines Menschen, so müßte sich dies bei seiner Bekehrung zeigen. Aber diese ist allein Gottes Werk, und auf seine göttliche Berufung gestützt, hat er bei keinem Menschen Auftrag und Unterricht geholt, sondern sofort seine Arbeit fern von den Aposteln begonnen, von denen er erst nach drei Jahren Petrus und Jakobus sah. 1,11-24.

Später kam freilich eine Zeit, wo er ausdrücklich mit den Aposteln in Jerusalem über sein Evangelium verhandelte und ihre Zustimmung zu demselben begehrte. Er that dies der Gemeinden wegen, deren Freiheit durch falsche Brüder gefährdet war. Aber damals stund er nicht lernend und empfangend vor den Säulen der Kirche, sondern diese haben sein Evangelium einfach ohne Zusatz und Änderung bestätigt und seine Gleichstellung mit ihnen anerkannt. 2,1-10.

Ja, als, um sich den Beifall des Jakobus und seiner Leute zu erhalten, auch Petrus und Barnabas schwankten und die jüdische Speiseordnung wieder aufrichteten, da hatte er allein die Einsicht und den Mut, Petrus zurechtzuweisen und ihm vorzuhalten, auf welchen Weg ein rechtschaffener Glaube an Christus den Menschen stellt. 2,11-21.

Die beiden letzten Beweise für seine Selbständigkeit sind um so beweisender, weil sie gerade diejenige Frage betreffen, in der man jetzt den Galatern sein Urteil gleichgültig machen wollte. Gerade, wenn es sich um die Bedeutung des Gesetzes handelt und um die Freiheit und Völligkeit des Glaubens, ist er der zuverlässigste Führer. Hier haben alle anderen geschwankt, während ihm durch seine besondere Führung und Gabe die Freiheit vom Gesetz, die Christus mit seinem Tod und seiner Auferstehung uns verleiht, vor allen anderen hell und deutlich geworden ist.

Zugleich war damit die falsche Berufung auf das Beispiel der Apostel abgethan. Es war allerdings wahr, daß sie das Gesetz beobachteten, und daß sie hierin lieber zu viel als zu wenig thaten und mit einer gewissen Ängstlichkeit den Schein von sich fern hielten, als stünden sie in Zwiespalt mit dem Gesetz. Aber falsch war es, wenn man sie deshalb in einen Gegensatz zu Paulus brachte. Deshalb erklärt Paulus den Gemeinden: an Petrus und Jakobus ist zwar nichts gelegen, aber weil sie denn einmal das Ansehen haben, so sollt ihr wissen, daß sie mir nichts anderes vorzulegen hatten, als was mir selbst vom Herrn gezeigt worden war, und meiner Arbeit unter den Heiden beistimmten als Christi Werk.

Man hat sich an diesem Kapitel in alter und neuer Zeit vielfach geärgert. Wie konnte denn Petrus in Antiochien schwanken und sich verfehlen? Und warum hat Paulus seinen Fehltritt so schonungslos aufgedeckt? Die Frage, die Petrus in Antiochien zu lösen hatte, war sehr zart. Es hat sich nicht mehr darum gehandelt: wollen wir von den Heiden das Gesetz fordern, oder ihnen sagen: haltet euch an Christus allein? Diese Frage war entschieden und wurde von Petrus nicht mehr rückgängig gemacht. Er hat vielmehr auch für sich selbst, obwohl er ein Jude und Israels Apostel war, im Verkehr mit den heidnischen Brüdern die Speiseordnung des Gesetzes abgethan.

Das erschien nun freilich manchem jüdischen Christen als sehr bedenklich. Durfte wirklich auch ein Jude von hellen, unzweifelhaften Vorschriften der Bibel sagen: sie binden mich nicht? Wie verdächtig mußte ein solches Verhalten der Judenschaft scheinen! Man trat ja dadurch scheinbar in die Reihe der Verächter des Gesetzes und gab den Vorwürfen recht, als sei der Glaube an Christus Abfall vom Gesetz. Petrus nahm auf diese Stimmung der dem Gesetz treu ergebenen Männer Rücksicht und wollte sie nicht verlegen, und die Freiheit, die er im Verkehr mit den Heidenchristen geübt hatte, bedecken. Darum zog er und mit ihm alle gläubigen Juden Antiochiens die Speiseordnung wieder hervor. Es war, wie es Paulus sagt, Menschengefälligkeit und Augendienerei, eine Heuchelei, wie sie fort und fort bei weitem schlimmer und gröber in den mannigfaltigsten Formen in der Kirche sich wiederholt, nur daß selten ein Mann mit so hellem Auge und scharfem Urteil wie Paulus vor ihr warnt und gegen sie kämpft.

Warum hat Paulus nicht dazu geschwiegen? In Antiochien war es von größter Wichtigkeit, daß jeder Schein vermieden sei, als komme dem Gesetz doch noch irgendwie verpflichtende Kraft für die Christenheit zu. Und den Galatern hat er den Fehltritt des Petrus erzählt, weil die jüdischen Evangelisten die Gemeinden unter den Namen und das Beispiel des Petrus beugen wollten als unter ein Joch, dem sie sich untergeben müßten. Sie trieben mit Petrus eine Art Heiligendienst, wie denn immer mit der Aufrichtung des Gesetzes Heiligendienst in allerlei Formen verbunden ist. Da thut der Mensch wie mit sich selbst, so auch mit seinesgleichen schön und kniet vor ihm. Darum hat Paulus in der Weisheit und Kraft des heiligen Geistes den Gemeinden gezeigt, daß er sich vor keinem menschlichen Namen beuge, weil alles, was Fleisch ist, schwankt und fällt. Er streitet nicht mit Petrus um die Ehre und das Ansehen. Denn er beugt die Gemeinden keineswegs unter seinen eigenen Namen, sondern streitet dafür, daß Christus Glauben finde und die Gemeinde ihm mit ungeteilter Zuversicht ergeben sei. Die erste Christenheit hat in den Aposteln nicht die Menschen verehrt, sondern die Gerechtigkeit des Herrn allein gepriesen. Wenn man stets, so oft man Christi Sterben erzählte, auch den Fall und die Verleugnung des Petrus berichtete, der doch jetzt als Hauptapostel an der Spitze der Kirche stand, so war dies derselbe Sinn nüchterner Wahrhaftigkeit und Demut, mit dem hier Paulus ernst und offen vom Schwanken der Apostel spricht.

Zugleich wiederholt er den Galatern kurz, was er damals Petrus ans Herz legte, daß er Jesus nicht beschuldigen könne, als hätte er der Sünde gedient, dadurch, daß er ihn vom Gesetz abgelöst und an ihn allein gebunden hat, daß er den Tod Christi nicht für vergeblich achten könne, vielmehr durch denselben dem Gesetz gestorben sei und sein Leben nunmehr allein in Christo habe durch den Glauben an ihn. So spricht er den letzten und tiefsten Grund aus, der es ihm verwehrt, seine Hoffnung anders wohin zu stellen als auf Christus allein.

Hierauf bespricht Paulus das Verlangen der Galater nach dem gesetzlichen Gottesdienst und zeigt ihnen

die Thorheit ihrer Rückkehr zum Gesetz. 3,1-14.

Schon ihre eigenen Erlebnisse sprechen hier mit entscheidender Deutlichkeit. Durch den Glauben haben sie Gottes Geist empfangen. Damit sollten alle ihre Zweifel erledigt sein. 3,1-5.

Was sie beim Gesetz suchen, finden sie dort nicht, während sie dies alles im Glauben empfangen und besitzen. Was sie dagegen beim Gesetz finden, ist das Gegenteil von dem, was sie suchen, und gerade das, wovon sie Christus losgekauft hat. Sie suchen die Kindschaft und den Segen Abrahams: im Glauben besitzen sie dieselben. Beim Gesetz dagegen finden sie nicht etwa die Gerechtigkeit, sondern den göttlichen Fluch, weil sie es doch nicht halten. Um sie von diesem Fluche zu erlösen, dazu ist Christus gestorben. 3, 6-14.

Nun beleuchtet er

die Stellung des Gesetzes in Gottes Haushaltung. 3,15-4,7.

Das Gesetz ist keine Beschränkung der göttlichen Verheißung, so daß diese erst durch das Gesetz gültig würde. Gottes Verheißung und Zusage steht fest durch sich selbst. 3,15-18.

Vielmehr dient das Gesetz der göttlichen Gabe und Gnade dadurch, daß es uns in die Übertretung führt und unter die Sünde verschließt, und uns dadurch nötigt, gläubig von uns selbst wegzusehen auf Christum hin, der uns die Verheißung Gottes bringt. 3,19-22.

Darum ist das Gesetz nur das anfangende und vorbereitende Zeugnis Gottes und dem Zuchtmeister und Vormund zu vergleichen, unter dem die Unmündigen stehen, während uns Gott hernach seinen Sohn gesandt und uns in die Kindschaft zu ihm erhoben hat, weshalb auch der Geist Christi als ein Geist der Kindschaft uns gegeben wird. 3,23-4,7.

Paulus schließt hieran

einen Rückblick auf ihre frühere Zeit. 4,8-20.

Wenn sie Sabbath und Neumond zu ihrem Gottesdienst machen, so hatten sie dies auch im Heidentum, 4,8-11, und wie schmerzlich hat sich ihr Verhältnis zu ihm geändert. 4,12-20.

Sie sollen achten auf

die zwei verschiedenen Söhne Abrahams. 4,21-31.

Was im Hause Abrahams geschah, ist ein Spiegel für die Gemeinde. Er hatte zwei verschiedene Söhne; der eine war der Sohn der Magd, in der Kraft des Fleisches geboren, der andere der Sohn der Freien durch die Verheißung erzeugt. Der Sklave war der Verfolger, der Freie der Verspottete. Aber jener wurde schließlich weggetrieben und dieser allein war der Erbe. Dies wiederholt sich jetzt. Es gibt wieder zweierlei Söhne Abrahams, solche, die ihm auf dem Wege des Fleisches geboren werden, und solche, welche ihm die Verheißung zuführt. Denn zwei Bünde stehen gegen einander, derjenige der Knechtschaft und derjenige der Freiheit, und zwei Jerusalem, das jetzige und irdische, und das himmlische und künftige. Wessen Sohn wollen sie sein? Ist Isaak oder Ismael ihr Bild?

Er hält ihnen noch einmal

den Unterschied zwischen beiden Wegen, 5,1-12,

vor. Er sagt ihnen, was sie verlieren: Christus geht ihnen verloren, während die Glaubenden der Gerechtigkeit in freudiger Hoffnung gewiß sind und in der Liebe arbeiten, und das allein hat vor Christus Wert. 5,1-6.

Darum straft er ihre Willfährigkeit gegen die Verlockungen und warnt die, welche sie verwirren. 5,7-12.

Sie sollen auch

die praktische Bedeutung der Frage, 5,13-6,10,

bedenken. Ihr Verhalten zum Gesetz greift entscheidend in ihr Wollen und Handeln ein. Denn die Freiheit ist zugleich Dienst in der Liebe, also Erfüllung des Gesetzes, wovon sie in ihrem Zank weit abgekommen sind. 5,13-15.

Sie haben in Christo alles, was sie zur richtigen Führung ihres Lebens bedürfen. Denn in ihm sind sie des Geistes teilhaft. Nur darum handelt es sich, daß sie im Geiste wandeln. Dann sind sie von allen bösen Dingen geschieden und über das Gesetz gestellt. 5,16-25.

Dann treten sie auch aus dem ehrgeizigen und gegen die anderen harten Selbstruhm in die barmherzige Demut hinein, 5,25-6,5, und werden nicht müde, Gutes zu thun, namentlich auch an ihren Lehrern. 6,6-10.

Das Schlußwort hält ihnen nochmals

den Unterschied zwischen dem Apostel und den Gesetzeslehrern, 6,11-18,

vor. Sie wissen nun, warum er in keine Gemeinschaft mit jenen tritt, sondern sie unter den Fluch stellt, der sie von der Gemeinde Christi trennt.

Der Galaterbrief enthält denselben Lehrinhalt wie der Römerbrief, aber in anderer Form, als ein lebhaftes Gespräch mit Lesern, deren Urteil über das Gesetz bereits verwirrt ist, die es mit dem Evangelium vermengen, und denen darum der Unterschied zwischen beiden möglichst scharf vor die Augen gerückt werden muß. Und zwar redet Paulus im Galaterbrief mit Orientalen, mit jener kleinasiatischen Bevölkerung, die nicht mit der Verstandesschärfe der Griechen begabt war, wohl aber mit einem starken Gemüt, das leidenschaftlich erregbar und zu schwärmerischem Gottesdienst entzündlich war. Darum führt er hier nicht einen Lehrbau auf, wie im Römerbrief, sondern läßt Thatsachen und Geschichten sprechen. Er faßt sie in ihrem Gemüte, bei ihren Hoffnungen, bei ihrer Furcht, bei ihrer Liebe zu ihm, und setzt ihrem Eifer für eine fleischliche Frömmigkeit seinen Eifer für Christum entgegen, während er im Römerbrief in feierlich ruhigem Fortschritt der Darstellung Schritt um Schritt die Gabe Jesu vor unseren Augen aufrollt und enthüllt, wodurch der Glaube in seiner inneren Geschlossenheit und Fülle hervortritt als der Wendepunkt aus der Sünde heraus in die Gerechtigkeit hinein.

1)
Vgl. 5,26, 6,13. 12. 4,18. 5,11.
Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/s/schlatter_a/einleitung_in_die_bibel/schlatter_eidb_galater.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain