Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen - Der 51. Psalm.

Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen - Der 51. Psalm.

1. Ein Psalm Davids, vorzusingen; 2. Da der Prophet Nathan zu ihm kam, als er war zu Bathseba eingegangen. 3. GOtt, sei mir gnädig nach deiner Güte, und tilge meine Sünden nach deiner großen Barmherzigkeit. 4. Wasche mich wohl von meiner Missetat, und reinige mich von meiner Sunde. 5. Denn Ich erkenne meine Missetat, und meine Sünde ist immer vor mir. 6. An dir allein habe ich gesündigt, und Übel vor dir getan, auf dass du Recht behaltest in deinen Worten, und rein bleibst, wenn du gerichtet wirst. 7. Siehe, ich bin aus sündlichem Samen gezeugt, und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen. 8. Siehe, du hast Lust zur Wahrheit, die im Verborgenen liegt; du lässt mich wissen die heimliche Weisheit. 9. Entsündige mich mit Ysop, dass ich rein werde; wasche mich, dass ich schneeweiß werde. 10. Lass mich hören Freude und Wonne, dass die Gebeine fröhlich werden, die du zerschlagen hast. 11. Verbirg dein Antlitz von meinen Sünden und tilge alle meine Missetat. 12. Schaffe in mir, GOtt, ein reines Herz, und gib mir einen neuen gewissen Geist. 13. Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen Heiligen Geist nicht von mir. 14. Tröste mich wieder mit deiner Hilfe, und der freudige Geist enthalte mich. 15. Denn ich will die Übertreter deine Wege lehren, dass sich die Sünder zu dir bekehren. 16. Errette mich von den Blutschulden, GOtt! der du mein GOtt und Heiland bist, dass meine Zunge deine Gerechtigkeit rühme. 17. HErr, tue meine Lippen auf, dass mein Mund deinen Ruhm verkündige. 18. Denn du hast nicht Lust zum Opfer, ich wollte dirs sonst wohl geben; und Brandopfer gefallen dir nicht. 19. Die Opfer, die GOtt gefallen, sind ein geängsteter Geist; ein geängstetes und zerschlagenes Herz wirst du, GOtt, nicht verachten. 20. Tue wohl an Zion nach deiner Gnade, baue die Mauern zu Jerusalem. 21. Dann werden dir gefallen die Opfer der Gerechtigkeit, die Brandopfer und ganzen Opfer; dann wird man Farren auf deinem Altar opfern.

Der 51. Psalm heißt in seiner Überschrift: Ein Psalm Davids, vorzusingen, da der Prophet Nathan zu ihm kam, als er war zu Bathseba eingegangen. Genugsame Anzeige, bei welcher Gelegenheit und in welcher Absicht dieser Psalm gemacht worden. Nämlich, nachdem David geraume Zeit bis über die Niederkunft Bathseba hinaus, seine Sünden nicht besonders empfunden, sondern sich so mit den nächsten Beredungen darüber abgeschweigt haben mag, so musste ihm erst über Nathans bedächtlichen Vortrag die Sünde überaus sündig gemacht, und er zu tieferer Erkenntnis und Bekenntnis derselbigen gebracht werden, worunter die Gnade aber auch eine andere Kur zu Stande gebracht hat, als wenn es beim ersten Vertuschen und Vergessen geblieben wäre. Das Gewissen kann einem oft über etwas mit Schmerzen bluten, wenn man aber nicht mit redlicher Lust zur Wahrheit dazu tut; so kann es auch wieder nachlassen, und der Schmerz kann sich legen.

Aber das ist noch kein Kennzeichen der gründlichen Heilung. Ein tödlicher Brand legt die Schmerzen auch, aber heilt den Menschen nicht. Darum muss die heilsame Gnade bei solchen Schäden noch anders zugreifen, wie sie da bei David getan, der zuerst durch Nathans Wort angegriffen worden, unter dem Kummer aber, wie aus dem 6. und 32. Psalm abzunehmen, auch in äußerliche Krankheit und Schwachheit geraten ist, unter Allem aber seine Zuflucht zu der Barmherzigkeit und rettenden Gerechtigkeit GOttes genommen, und damit auch Andere nach ihm die Wege GOttes gelehrt hat. Im Psalm kann man so zu sagen einen vierfachen Anlauf bemerken, den David im Gebet nimmt. Zuerst fasst er die Güte und Menge der Erbarmungen GOttes als seinen ersten Halt in seiner Sünden-Not, und sucht dabei Gnade, und aus Gnade das Tilgen seiner Sünden, unter Vorstellung der innigsten Beweggründe, V. 38. Dieser erste Gebets-Anlauf wird im 7. und 8. Vers durch eine gar demütige Appellation an die Gerechtigkeit GOttes unterstützt, dass ihn doch GOtt als einen von der Sünde überfallenen und ohne all sein Denken von ihr überwältigten armen Menschen nicht wegwerfen, sondern ihm heraushelfen und die fremde Macht, die von den ersten Anfängen der Zeugung her über ihm sei, doch dämpfen wolle. Hierzu hat er aus dem die Hoffnung gefasst, dass GOtt Lust habe zur Wahrheit, und ihn daher in dem Verborgenen seines inwendigen Menschen die Weisheit werde wissen lassen: wie zwar die Sünde sich von der Zeugung und Empfängnis an so fest gesetzt, so weit und tief eingefressen habe; wie aber auch GOtt Seine Kur dagegen eben so tief und gründlich bei dem Menschen anfange. Er legt durch Seine göttliche Zeugung die Wahrheit und die Lust zur Wahrheit eben so tief, und lässt es sich gefallen, wenn daraus wieder eine wahrhaftige Lust zur ersten Unschuld erwächst. O! wie tat es so wohl, wenn uns GOtt die Weisheit, die Er zu unserem Heil, zu unserer gründlichen Hilfe aus der Sünde verordnet hat, einsehen lässt. Aus Wahrheit und Weisheit entsteht in der Seele eine solche reine Wollust, die aller Lust des Leibes weit vorzuziehen ist. O! was ist es besonders jetzt beim Licht des Evangeliums, das große Geheimnis: GOtt ist geoffenbart im Fleisch, bedenken, und das darin liegende große Heil gegen der eingedrungenen Sünde abwägen, und über dem beschämt sein des tiefen Anklebens der Sünde, doch die Hoffnung fassen können, des Heils so innig und lebendig teilhaftig zu werden, als tief die Sünde eingefressen hat. 3) Er hält umständlicher und freimütiger um die ganze Hilfe GOttes aus der Sünde an, auch um Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung vor neuen Versuchungen, Unterstützung unter aller Not, die sich darüber im Innern und Äußern erheben könnte usw.

V. 9-15. Der Erhörung dieser Bitte hat David treulich genossen, als ihn nachgehends bei der Flucht vor Absalom die über diesen Handel ihm auferlegte Zucht getroffen hat, und er doch so großen Frieden und Freudigkeit seines Geistes darunter beweisen konnte, als die Geschichte, insonderheit auch der 3. Psalm ausweist; auch ist das Ärgernis, von welchem Nathan sagt: Du hast die Feinde des HErrn mit dieser Geschichte lästern gemacht, welches freilich noch heutigen Tages in so mancher spöttischen Erzählung des Lebens Davids fortgetrieben wird, dadurch wieder ersetzt worden, dass nun im Gegenteil auch schon manche arme Sünder aus diesem Hergang wieder Zuversicht zu GOttes Erbarmung gefasst, und die Wege des HErrn daraus gelernt haben, an deren Wiederaufrichtung ohne Zweifel mehr gelegen ist, als an den Spöttern, die sich mutwillig den Kopf verstoßen, und überhaupt in den Wegen GOttes nicht wandeln, sondern darein fallen wollen. 4) Er hält auch um Mäßigung der ihm auferlegten Zucht an, und bittet, dass GOtt sein geängstetes Herz nicht verschmähen wolle, V. 16-19. 5) Aus zarter Sorge für die Ehre GOttes und das Wohl Seines Volkes bittet er, dass es doch das Volk und die eingerichteten guten Anstalten nicht möchten zu entgelten haben, und GOtt um dieser Sünden willen Sein Wohlgefallen und Seinen Segen nicht abwenden wolle, V. 20.

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autoren/r/rieger_k/rieger-psalmen-psalm_51.txt · Zuletzt geändert: von aj
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