Müller, Heinrich - Vom Verzug göttlicher Hilfe.
Morgen soll es besser werden.
Damit hab ich mich und manch traurig Herz getröstet. Morgen soll es besser werden mit Gottes Hilfe. Ach, so bald? Ja, liebstes Herz, morgen, so Gott will. Ich sage nicht: morgen sollst du ohne Kreuz sein. Nein. Ein jeder Tag trägt seine Plage auf dem Rücken. Ich sage: morgen soll's besser werden. Höre! Des Herrn Güte ist alle Morgen neu. Bricht die Morgenröthe heran, so bricht eine neue Güte mit hervor, die neue Güte bringt neue Kraft des Geistes, die neue Kraft des Geistes macht dir dein Kreuz leichter, da ist dir schon besser, als gestern. So oft du eines neuen Tages Licht erblickst, denke daran; danke Gott und sprich: Gottlob, mir ist schon besser. Kommt der Morgen und dich dünkt, die Besserung bleibe aus, - laß den Muth nicht sinken, sondern sage mit David: „Meine Seele wartet auf Gott von einer Morgenwache zur andern“ (Ps. 130, 6.).
So muß es sein. Auf Gott muß man warten. Ist dann nicht gleich heute der Morgen, wo du möchtest Linderung finden, ei so wird er morgen kommen. Auf Gott muß man warten. Wie manch Stündlein wartet Gott auf dich. Wie lang wartest du oft auf einen guten Freund. Ei, so überwinde dich und halte Gott zu Ehren auch ein paar Stündlein aus. Ich will meinem Trauern Maß setzen. Die Hilfe kommt gewiß, wo nicht heute, so doch morgen. Kommt Hilfe nicht, so kommt der Trost; kommt Trost nicht, so kommt doch Kraft. Der morgende Tag bleibt auch nicht aus; er kommt, wenn Gott will. Gott will, wenn seine Ehre und unser Heil kann befördert werden. Er weiß wohl, wenn's am besten ist. Sein Weilen ist ein Eilen. Darum will ich stillen Geistes sein und auf die Güte des Herrn hoffen:
Und wieder an den Morgen,
Soll doch mein Herz an Gottes Macht
Verzweifeln nicht noch sorgen.
Quelle: Klaiber, Karl Friedrich - Evangelische Volksbibliothek, Band 3