Monod, Theodor - Die Gabe Gottes. - 2. Ihr Wesen.

Monod, Theodor - Die Gabe Gottes. - 2. Ihr Wesen.

Der Tod ist der Sünde Sold; aber die Gabe Gottes ist das ewige Leben in Christo Jesu, unserm HErrn.
(Röm. 6,23.)

Bisher haben wir gesehen, welches die Quelle der Gabe Gottes ist, und haben erkannt, dass diese Gottesgabe ein Ausfluss der Liebe unseres Gottes ist. Also hat Gott die Welt geliebt, dass ER was? Was hat ER denn getan? Ja, hierin liegt der Unterschied, zwischen dem Evangelium, und Allem, was vorgibt Evangelium zu sein, und es doch nicht ist.

Die Einen sagen: Also hat Gott die Welt geliebt, dass ER erlaubte, dass ein auserlesener Mann der Menschheit das Beispiel eines vollkommenen Lebens gab und dann aus Liebe für seine Brüder starb. Aber Gott hat die Welt viel mehr geliebt. Andere sagen: Also hat Gott die Welt geliebt, dass ER ein den andern Geschöpfen weit überlegenes Wesen schuf, welches auf diese Welt kam, und sein Leben für die Menschen ließ. Aber Gott hat die Welt viel mehr geliebt. Also hat Gott die Welt geliebt, dass ER uns Seinen eingebornen Sohn gab. Das ist die Gabe Gottes, das ist die Liebe Gottes.

Lasst uns nun fragen nach dem Wesen dieser Gottesgabe. Ich nehme an, ich gebe einem Kind ein Goldstück. Welches ist die Ursache, der Beweggrund dieser Gabe gewesen? Mein Wohlwollen, meine Zuneigung zu dem Kind. Welcher Art ist die Gabe? Seht den geschenkten Gegenstand an; es ist Gold; es ist eine geringe Quantität eines edlen Metalls, mit welchem das Kind sich Alles anschaffen könnte, was es wollte, natürlich, innerhalb der Grenzen der bewussten Summe. Ebenso frage ich, „welche Gabe hat Gott den Menschen geschenkt?“ Seinen Sohn. Und welcher Art ist diese Gabe? Um dies beantworten zu können, müssen wir zuerst wissen, wer Jesus Christus ist.

Ohne auf das zurückzukommen, was wir schon gesagt haben, antworten wir: „Jesus Christus ist das Fleisch gewordene Wort, von welchem geschrieben steht: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ (Joh. 1,1.)

Jesus Christus ist das Leben; ER selbst sagt: „Ich bin das Leben“ (Joh. 14,6.); daraus folgt, dass, wenn Gott uns Seinen Sohn gegeben, ER uns auch das Leben gegeben hat. Das sagt auch der Apostel, wenn er spricht: „Die Gabe Gottes ist das ewige Leben in Christo Jesu, unserm HErrn.“ (Röm. 6,23.) Merkt wohl, es heißt in Christo Jesu und nicht nur, durch Christum Jesum, wie einige Übersetzungen lauten.

Lasst uns noch eine andere bekannte Stelle anführen; wir können nie zu oft darauf zurückkommen. „Das ist das Zeugnis, dass uns Gott das ewige Leben hat gegeben, und solches Leben ist in Seinem Sohn. Wer den Sohn Gottes hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“ (1. Joh. 4,11.)

Dies im Glauben ergreifen, heißt, in den Besitz aller Gnaden gelangen. Gott hat uns in Seinem Sohne das Leben gegeben. Das Leben, wie man mit Recht bemerkt hat, kann sich von dem lebenden Wesen nicht trennen; es besteht nicht in abstraktem Sinne; es gibt kein Leben, wenn nicht Jemand, oder Etwas da ist, was lebt.

Nun gut; wenn Gott uns das Leben gegeben hat, so hat ER es uns in einem Wesen gegeben, welches lebendig ist, welches das Leben selbst ist, das Leben Gottes. ER hat uns das Leben in einer Persönlichkeit gegeben, und dieses Leben ist göttlich, weil es das Leben Gottes in Seinem Sohn ist. Es ist auch das wahre, menschliche Leben; denn Jesus hat (Ebr. 2, 16) nirgends die Natur der Engel angenommen, sondern den Samen Abrahams nahm ER an sich. ER war Mensch; ja mehr als das, Er war der Mensch, und Pilatus sagte wahrer, als er selbst es glaubte, indem er ausrief: „Seht, den Menschen“. (Joh. 19,5. wörtlich.) ER ist wahrhaftiger Mensch gewesen, und doch finden wir in Seinem Leben das göttliche und das menschliche Leben in einer Person vereinigt. Und ist es nicht gerade das, was wir bedürfen?

Wir besitzen dieses menschliche und doch zugleich göttliche Leben, wenn wir Christum haben. Es ist uns gegeben; und nun frage ich euch, unter welchem Namen könnte es uns gehören, wenn nicht unter dem Namen „Gabe“? Wenn Jemand käme, um mir zu sagen, dass ich heute noch das herrlichste Reich Europas besitzen könnte, so würde ich sehr gut verstehen, dass es dieser Person nicht einfällt zu denken, ich könnte so viel Geld finden, um mir dies Reich zu kaufen; wenn ich es haben soll, so muss man es mir schenken. Ebenso, wenn ich das Leben Gottes haben soll, so darf ich mir nicht einbilden, dass meine kleinen Werke, meine kleinen Leiden und Verdienste es mir erwerben können. Dieses Leben ist, in der ganzen Wahrheit des Wortes, ein freiwilliges Geschenk, und wenn ein Mensch es nicht als Geschenk annehmen will, so wird er es nie haben. (Röm. 11,35.) „Wer hat Gott etwas zuvor gegeben, das ihm werde wieder vergolten?“ fragt der Apostel. Wo ist der Mensch, der aufstehen könnte und sagen: „Ich habe Ihm etwas gegeben?“ Nein, wir haben Gott nichts zu geben, als was ER uns selbst gegeben hat. Von allem Guten muss Gott Anfang, Mitte und Ende sein.

Die Gabe Gottes ist eine freiwillige, eine vollkommene Gabe; hierunter verstehe ich eine Gabe, die Alles in sich schließt. Wenn ihr mir irgend etwas Gutes nennen könntet, was sich nicht in Christo findet, so hättet ihr mir etwas Gutes genannt, was Gott uns nicht gegeben hat. Wenn ihr mir aber nicht etwas Gutes nennen könnt, was sich nicht in Christo findet, so folgt hieraus, dass ihr nichts Gutes finden könnt, was uns nicht gehörte, wenn wir es nur aus Gottes Hand annehmen wollen.

Unzählige Stellen der Bibel behandeln diesen Gegenstand; wir wollen nur zwei herausgreifen: (Eph. 1,3.) „Gelobt sei Gott und der Vater unseres HErrn Jesu Christi, der uns gesegnet hat mit allerlei geistlichem Segen in himmlischen Gütern in Christo.“

Achtet wohl auf die zwei Worte: in Christo; denn nur in Christo hat uns Gott also gesegnet. Nach dem Apostel Paulus hört auch, was der Apostel Petrus sagt: (2 Petri 1,2.3.) „Gott gebe euch viel Gnade und Friede durch die Erkenntnis Gottes und Jesu Christi, unseres HErrn; nachdem allerlei Seiner göttlichen Kraft (was zum Leben und göttlichen Wandel dient) uns geschenkt ist, durch die Erkenntnis des, der uns berufen hat durch Seine Herrlichkeit und Tugend.“

Es handelt sich folglich um eine vollkommene Gabe, außerhalb welcher nichts ist. Wenn Gott uns Jesum Christum gibt, so gibt ER Alles, was ER dem Menschen überhaupt geben kann.

Wie bekommen wir aber diese Gabe?

Ich behandle hier nicht einen Gegenstand, auf den wir noch besonders eingehen wollen, nämlich die Annahme der Gabe Gottes; ich frage einfach, wie kann das ewige Leben die Gabe werden, welche Gott dem sündigen Menschen gibt? Erinnert euch an das Wort Jesu. ER sagt nicht nur: „Ich bin das Leben,“ und doch wäre das schon viel gesagt; sondern: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ (Joh. 11,25.) ER kam zu dem Menschen, der in Sünden tot war: seine Seele, sein Körper, Alles an ihm war tot. ER lebte, ER starb, ER stand aus dem Grab auf, ER, der zweite Adam, der lebendigmachende Geist; ER machte die Seele und mit ihr auch den Leib des Menschen lebendig. Wie hat ER das getan? Indem ER aus unserem Wege das Hindernis räumte, welches uns gänzlich abhielt, zu Gott zurückzukehren; nämlich unsere Sünde und Strafbarkeit. Nicht etwa, indem ER uns im Namen Gottes sagte, dass schließlich die Sünde gar nicht so schlimm sei, und dass Gott so gut sei und es nicht so genau nehmen würde. Nein, ein solcher Gott stände, ich will nicht sagen, unter dem Gott der Bibel, das versteht sich von selbst, aber unter dem erleuchteten Gewissen eines aufrichtigen Menschen. Gott könnte so etwas nie tun!!

Was hat ER denn getan? „Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.“ (Joh. 1,29.) „ER hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir würden in Ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt.“ (2 Kor. 5,21.) Christus ließ sich herab, den abgefallenen und strafbaren, den verlorenen und toten Menschen darzustellen, seine Stelle einzunehmen und in gewissem Sinn zu sagen: „Ich bin dieser Mensch.“ ER duldete es, dass „der HErr unser Aller Sünde auf Ihn warf.“ (Jes. 53,6.) Ach, wir verstehen gar nicht das volle Gewicht dieser Worte! Wir ahnen's nicht, wie furchtbar Seine Todesqual gewesen! Wir wissen nicht, wie groß die Finsternis war, die, schrecklicher noch, als die Finsternis in Ägypten, Seine Seele umgab, da ER ausrief: „Mein Gott,“ nicht mehr „mein Vater,“ sondern „mein Gott,“ „mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Mark. 15,34.) ER fühlte sich für den Augenblick ohne Gott, weil unsere Sünden zwischen Gott und Seiner Seele standen.

Nun ist die Türe offen; dem Gesetz Gottes, welches den Tod des Übertreters verlangte, ist Genüge geleistet. Doch wisse es wohl, lieber Leser, dem Gesetz Gottes muss unbedingt, auch was dich betrifft, Genüge geleistet werden, und zwar durch den Tod Christi als deines einzig möglichen Stellvertreters. Seht, so konnte die Tür geöffnet werden; so offenbart sich nun die Gerechtigkeit und die Barmherzigkeit Gottes zu gleicher Zeit; so kann nun der verworfenste und elendeste, der niedrigste der Sünder, ja selbst der, welcher am weltlichsten, am gleichgültigsten, am kältesten, und vor allen Andern, am schwierigsten zu bekehren ist, kommen und er wird mit Freuden angenommen werden. Einzig und allein darum, weil Christus gestorben ist.

Aber merkt wohl, liebe Brüder, der eigentliche Zweck des Todes Christi ist, uns das Leben zu geben. Es ist nicht nur gekommen, um uns Seinen Tod, nein, ER ist gekommen, um uns Sein Leben zu geben. Und weil dieses Leben nur durch Seinen Tod das unsrige werden konnte, ist ER gestorben. Durch Seinen Tod sind wir lebendig gemacht, oder eigentlich durch Seine Auferstehung, die aber Seinen Tod erforderte. ER starb, und wir starben in Ihm, und nun beginnt ein neues Kapitel unserer Geschichte, oder besser gesagt, unsere Geschichte fängt überhaupt jetzt erst an. In dem zweiten Adam, in dem HErrn Jesu Christo, der auferstanden ist von den Toten, haben wir unser Leben. Weshalb hat ER unsere Stelle eingenommen an dem Kreuz, das wir doch verdient hatten? Auf dass auch wir Ihm gleich wären in der Macht und Herrlichkeit Seiner Auferstehung. Glaubt ihr, dass ER gekommen sei, sich mit uns in Schande, Leiden und Todesqual zu verbinden, um sich dann wieder von uns zu trennen? O, nein! - Jetzt will ER die Frucht Seiner Seelenarbeit genießen und ernten, was ER um so großen Preis gesät hat; ER will, dass wir eins mit Ihm seien und bleiben in Seinem eigenen Leben, Seinem Leben der Liebe, der Reinheit und des Gehorsams gegen Gott.

Lasst uns hier noch eins bemerken: Wenn Christus uns Sein Leben gibt, so ist dies nicht nur ein Anrecht auf das Leben. Ich glaube, dass eigentlich hierin der Hauptirrtum liegt, welchen, ich sage nicht, diejenigen begehen, die mit dem, was man die gegenwärtige „Bewegung“ nennt, nicht übereinstimmen, denn ich weiß, dass es unter ihnen viele gibt, die Allem, was ich sagen will, beistimmen - sondern so viele Seelen aller Kirchen, die sich eben damit begnügen, zu glauben, dass Christus ihnen ein Anrecht auf die Seligkeit, irgend eine Art Billet gegeben habe, durch welches sie auf die eine oder andere Weise in den Himmel kommen könnten. Das genügt ihnen, sie haben ihren Pass; sie werden ihn vorzeigen, wenn sie an der Himmelstür anlangen, und zweifeln gar nicht, dass die Tür sich ihnen dann auftun wird. Meine Freunde, hütet euch; denn Jesus sagt ausdrücklich, dass an dem letzten Tage Solche kommen, die nicht nur sagen: „Ich habe zu der und der Zeit bekannt, dass ich an Dich glaube,“ sondern auch: „Ich habe in Deinem Namen gepredigt, ich habe in Deinem Namen viele Taten getan,“ welchen ER dann antworten wird: „Ich habe euch noch nie erkannt.“ (Matth. 7,22.23.)

Wohl liegt hierin für uns eine ernste Warnung; aber es liegt auch und das besonders, eine Aufmunterung und ein Quell der Freude darin. Haben wir Jesum angenommen, so besitzen wir nicht nur das Anrecht auf das ewige Leben (das Anrecht haben wir auch), sondern das ewige Leben selbst. Würdet ihr zufrieden sein, wenn ihr in einer zerfallenen Hütte wohntet und es besuchte euch Jemand und sagte: „Ich gebe Ihnen ein gutes, bequemes Haus,“ und dann, indem er euch ein Blatt Papier in die Hand drückte, hinzufügte: „Da ist es“? „Gut,“ würdet ihr sicherlich antworten, „das ist das Anrecht auf das Haus, wo ist aber das Haus selbst?“ „O, wir werden später, vielleicht in einigen Jahren, weiter von dem Hause reden; vorläufig haben Sie ja das Anrecht darauf.“

Gott hat uns Seinen Sohn gegeben, das ist etwas ganz anderes als ein bloßes Anrecht, das ist Sein eigenes Leben. Es ist wahr, dass dieses Leben „ewig“ ist; aber ganz gewiss ist es nicht weniger das Leben, weil es ewig ist, gerade im Gegenteil. Seine Kraft ist „die Kraft eines unendlichen Lebens.“ (Hebr. 7,16.) Es ist das Leben Gottes selbst, uns jetzt gegeben, damit wir in Jesu Christo Gottes Kinder sein könnten; Kinder, welche lieben; Kinder, welche Leiden; vielleicht manchmal Kinder, welche sich verirren, obgleich dies nie eine Notwendigkeit ist; immer aber Kinder, denen Jesus Christus, mit Allem, was ER hat und ist, gehört.

Ihr könnt unmöglich Christus selbst, Seine Person, von irgend einer der Gaben trennen, die ER uns gewährt; sei es nun Seine Gerechtigkeit, oder Kraft, Seine Freude, oder irgend eine andere Gabe. Wer den Sohn hat, der hat das Leben. Und doch gibt es Christen, welche uns sagen, dass sie ihr ganzes Vertrauen in Christum setzen, während es klar vor Augen liegt, dass sie nicht jeden Tag und jede Stunde Christum als das Leben ihrer Seele annehmen. Woher kann dies kommen?

Diese Christen werden uns z. B. bei dem Auszug aus Ägypten daran erinnern, dass man beide Pfosten an der Tür und die oberste Schwelle mit dem Blut des Lammes bestrich, und dass, wenn die bestimmten Stellen mit dem Blut des Lammes besprengt waren, der Engel vorüberging und keinem, der im Haus war, etwas zu Leide tat. Das Alles ist vollkommen wahr; aber lasst mich euch die Stelle doch ganz lesen. „Ihr sollt aber ein solches Lamm nehmen, da kein Fehl an ist, ein Männlein und eines Jahrs alt…. Und ein jegliches Häuflein im ganzen Israel soll es schlachten zwischen Abends. Und soll seines Blutes nehmen, und beide Pfosten an der Tür und die oberste Schwelle damit bestreichen, an den Häusern, da sie es innen essen.“ (2 Mos. 12,5-7.) Wäre in Israel eine Familie gewesen, die sich hieraus den Schluss gezogen hätte: „Gott hat gesagt, dass wir in Sicherheit seien, wenn nur das Blut auf die äußere Tür gesprengt werde; wir haben darum gar nicht nötig, das Lamm zu essen; wir wollen es töten und das Blut auf die bestimmten Stellen streichen, aber wir wollen es nicht essen; wir wollen etwas anderes, oder auch nichts essen“; glaubt ihr, Gott würde diese trotzige Widerrede nicht an das Tageslicht gebracht haben? Würde ER nicht gesehen haben, dass man Ihm offenbar ungehorsam war, während man vorgab, Ihm zu gehorchen, weil man die Hälfte von dem tat, was ER befohlen hatte?

Geradeso genügt es auch nicht, sich immer zu wiederholen: Ich bin in Sicherheit; ich bin in Sicherheit. Gott erklärt, und Lob und Dank sei dafür Seinem Namen, dass, wenn ihr in Christo seid, ihr auch in Sicherheit seid; wenn ihr aber außer Christo seid, so seid ihr auch nicht in Sicherheit, was immer ihr euch auch vorphilosophieren mögt. Wenn ihr die Sünde liebt, wenn ihr nicht für den Heiland lebt, so seid ihr nicht im Geringsten in Sicherheit.

Aber, sagt der Apostel nicht irgendwo, dass wir nichts zu fürchten haben? Ja, ER sagt es, und wiederholt es öfter. ER sagt z. B. „Von welchem auch ihr herkommt in Christo Jesu, welcher uns gemacht ist von Gott zur Weisheit, und zur Gerechtigkeit, und zur Heiligung, und zur Erlösung.“ (1 Kor. 1,30.) Ihr seht es, Alles ist uns frei und umsonst in Ihm geschenkt. Und weiter: „ER hat Den, Der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir würden in Ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt.“ (2 Kor. 5,21.) Und was sagt der Apostel, wenn er von seiner persönlichen Erfahrung spricht? „Ich achte es Alles für Schaden gegen der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines HErrn, um welches. willen ich Alles habe für Schaden gerechnet, und achte es für Dreck, auf dass ich“… was? „auf dass ich Christum gewinne. Und in Ihm erfunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz, sondern die durch den Glauben an Christum kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird; zu erkennen Ihn und die Kraft Seiner Auferstehung und die Gemeinschaft Seiner Leiden, dass ich Seinem Tode ähnlich werde.“ (Philip. 3,8-10.)

Meine Brüder, ist dies nicht vollkommen klar? Ist das nicht die Lehre des Wortes Gottes, und ist es nicht hohe Zeit, dass Jeder, welcher bekennt ein Christ zu sein, nicht sein Christentum, sondern Christum selbst ergreift, um von Ihm Sonntags, Montags, Dienstags, und alle andern Tage zu leben? Wohl gibt es Augenblicke, wo wir das Bedürfnis fühlen, Jesum zu suchen und Ihn zu bitten, aus unseren Herzen Alles wegzunehmen, was Seinen Augen missfällt. Dies ist z. B. der Fall, in den Tagen, wo wir zum heiligen Abendmahl uns vorbereiten. Dann wenigstens versuchen wir uns Ihm zu nahen, als dem Brot des Lebens und als dem erwürgten Lamme. Aber wir erwarten gar nicht in dieser Stimmung zu bleiben, wir rechnen nicht auf die Gegenwart Jesu an unserm Familientisch, wie an dem „Tische des HErrn“; wir erwarten gar nicht, Ihn immer bei uns zu haben, im Salon, in der Küche, in der Werkstatt, auf der Straße und überall. Aber lasst uns doch endlich das Wesen der Gabe Gottes verstehen! Lasst uns Jesum als eine lebendige Person annehmen, in welcher Gott uns Alles zu allen Zeiten gegeben hat. In der ganzen Bibel steht kein einziges Wort, welches sagt oder beweist, dass das Leben, welches Gott gibt, unterbrochen werde oder aufhöre.

Aber es ist Zeit, zu schließen. Ich glaube, ich habe eine zu kühne Behauptung aufgestellt, als ich versprach, keine Stellen aus einem menschlichen Buch anzuführen; denn ich habe unterdessen eine Stelle entdeckt, die unsern Gegenstand so vollkommen in Kürze zusammenfasst, dass ich nicht umhin kann, sie euch mitzuteilen, nicht als Autorität, - wir erkennen keine andere Autorität als die Bibel an - sondern weil es immer nützlich und angenehm ist, eine wichtige Wahrheit in kraftvollen Ausdrücken dargestellt zu sehen, besonders wenn dies von der Feder eines Gottesmannes geschieht, der wegen seines Urteils, seines Wissens und seiner Frömmigkeit von Allen hoch geehrt wird. Ich beginne damit, euch seinen Namen zu nennen; denn ich weiß wohl, dass es Viele gibt, die nicht, wie es recht wäre, unter allen Umständen zuhören, sondern nur, wenn sie wissen, wer der ist, welcher zu ihnen redet. Sie fragen nicht: „Was sagt man mir?“ sondern: „Wer sagt es?“ Ist es Herr X., dann ist es tadellos, ist es aber Herr Y., dann ist es verdächtig. Nun, die schottische Theologie ist, wie ihr wisst, außerordentlich fest, klar und auf die Schrift gegründet. Die Stelle, welche ich anführen will, ist Dr. Candlish, einem der bedeutendsten Theologen Schottlands, entnommen: „Ich muss glauben, dass meine Rechtfertigung nicht allein ein Beistimmen und eine Billigung meinerseits ist, oder ein Vertrauen, welches ich einer gerichtlichen, gesetzmäßigen Übereinkunft, die zwischen dem Vater und dem Sohn stattgefunden hat, um mir Vergebung und Frieden zu verschaffen, gegenüber zeige. Ich muss vielmehr meine Rechtfertigung als eine wirkliche, persönliche Vereinigung von mir und Christo halten. Ich habe es hier nicht zu tun mit einem Werk, einem Dienst oder einem Amt, in welchem ich etwas zu wirken oder zu leiden hätte, und welches man die Gerechtigkeit Christi nennen könnte, sondern ich habe mit Christo selbst zu tun. Ich bin dazu gebracht, Christum zu ergreifen. Ich habe keinen andern Ausweg als Christum. Ich bleibe in Christo. Ich bin eins mit Christo. Diese Vereinigung ist so vollkommen, dass ich demütig meinen Anteil an Allem, was Sein ist und besonders, und vor Allem, an Seiner gerechtmachenden Gerechtigkeit, als Eigentum in Anspruch nehme.“

Die einzige Tugend des Glaubens besteht darin, dass ich mich durch denselben, so zu sagen, in Christum einhülle; durch den Glauben und in dem Glauben ergreife ich Christum. Durch diese Vereinigung oder vielmehr in dieser Vereinigung sind alle Gnaden und Heilsgüter mein eigen. Nichts empfange ich von Jesu Christo. Ich besitze Alles in Jesu Christo; aber auch nur in Ihm, in der Vereinigung und Gemeinschaft mit Ihm. Ich empfange keine gerechtmachende Gerechtigkeit, welche Christus für mich ausgearbeitet hat, und die ER mich nun bittet, von Seiner Hand anzunehmen. In Christo bin ich gerecht, weil ich eins bin mit dem Gerechten. Ich bin nicht geheiligt durch eine heilige Kraft, oder einen heiligen Einfluss, welcher mir durch die Liebe Christi und durch Seine Vermittlung mitgeteilt würde. Eine solche Heiligungsmethode könnte mir nicht mehr genügen. Ich bin glücklich zu wissen, dass wenn ich eins bin mit Christo, ich auch mit Ihm der Heiligkeit teilhaftig bin, die in Ihm ist. Ja, denn dies bedingt nicht nur, dass ich mit Ihm vom Geist geboren bin, sondern auch, dass ich mit alles Ihm gekreuzigt bin, um mit Ihm zu leben. - Wenn diese Lehre wahr ist, wenn unser Teilnehmen an den Gütern der Erlösung Christi, nur von unserer Vereinigung und Gemeinschaft mit Christo bei dem Genuss aller Seiner Gaben abhängt, dann dürfen wir uns nicht so sehr damit beschäftigen, diese Güter zu erlangen; sondern wir müssen trachten, Christum selbst zu besitzen. Mit Ihm, mit Seiner Person haben wir zu tun. ER ist uns vorgestellt: der HErr, der unsere Gerechtigkeit ist; der HErr unsere Stärke; der Heilige Gottes; der eingeborne Sohn. ER ist uns freiwillig und umsonst gegeben, um uns zu gehören; uns zu gehören, wenn wir nur wollen, dass ER unser eigen sei.“ Das ist die frohe Botschaft, welche wir euch Sündern bringen! Wir verkündigen Christum; wir stellen Ihn euch dar. Wir beschwören euch, Ihn anzunehmen, Ihn jetzt, in diesem Augenblick, als Gottes Gabe anzunehmen. Wir bitten euch nicht, die Früchte Seiner Erlösung, wir bitten euch, Ihn selbst anzunehmen. Doch was sage ich? ER selbst bittet euch darum. ER bittet euch, einzuwilligen, Sein eigen zu sein, einzuwilligen, dass ER euer eigen sei. ER lädt euch ein, nicht das, was ER euch erworben hat, von Seiner Hand anzunehmen, sondern Ihn selbst anzunehmen, und „Ein Geist mit Ihm zu sein.“ (1 Kor. 6,17.) „Kommt her zu Mir.“ (Matth. 11,28.) „Bleibt in Mir.“ (Joh. 15,4.) „Lernt von Mir.“ (Matth. 11,29.) Lasst Mich in eurem Herzen wohnen. Nährt euch von Mir. Lasst uns nicht mehr zwei sein, lasst mich eins sein mit euch; lasst uns, durch gegenseitiges Übereinkommen, ohne Vorbehalt und auf ewig eins sein. Dann ist Alles euer. „Es sei Paulus oder Apollo, es sei Kephas oder die Welt, es sei das Leben oder der Tod, es sei das Gegenwärtige oder das Zukünftige; Alles ist euer; ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes.“ (1 Kor. 3,22.23.)

„Gewinnt Christum und ihr gewinnt Alles; bewahrt Christum und ihr bewahrt Alles.“

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