Krafft, Johann Christian Gottlob Ludwig - Die Gnade und Herrlichkeit der Tatsache der Menschwerdung des Sohnes Gottes. (Zweite Predigt.)

Krafft, Johann Christian Gottlob Ludwig - Die Gnade und Herrlichkeit der Tatsache der Menschwerdung des Sohnes Gottes. (Zweite Predigt.)

Predigt am zweiten Weihnachtsfeiertag 1841.

Herr, unser Heiland, der Du bist arm geworden um unsertwillen, auf dass wir durch deine Armut reich würden, und die Fülle der Gaben, der Gaben der Gnade nun in Händen hast für uns, und selig machen kannst und willst alle, die durch Dich zum Vater kommen, lass Dir wohlgefallen unser Lob deiner Gnade und Macht und unsere Bitte: Erlöse und reinige Dir auch uns zum Volk deines Eigentums. Vergib uns alle unsere Sünden und heile alle unsere Gebrechen, denn dazu bedürfen wir Dein. Was sind wir außer Dir, und was sollte aus uns werden, ohne die Hilfe, die Du um teuren Preis uns bereitet hast! Deine Gnade aber ist Leben, und die Güter deines Hauses sind Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem heiligen Geiste. Die beschere uns, Herr Jesu Christ, dass unsere Seele lebe vor Dir, und dass sie Dich lobe und unser Wandel Dich preise. Segne dazu auch jetzt die Verkündigung deines Wortes unter uns nach deiner Gnade über uns. Amen.

Text. Evang. Luka 2, V. 1-14.
Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augusto ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schatzung war die allererste, und geschah zur Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war. Und Jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein Jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auch auf Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land, zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von den Hause und Geschlecht Davids war; auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn, und wickelte ihn in Windeln, und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. Und es waren Hirten in derselbigen Gegend auf dem Felde bei den Herden, die hüteten des Nachts ihrer Herde. Und siehe, des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn umleuchtete sie; und sie fürchteten sich - und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht; siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird! Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen, ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt, und in einer Krippe liegend. Und alsobald war da bei dein Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!

Wir haben bereits gestern angefangen, die Gnade und Herrlichkeit der Tatsache der Menschwerdung des Sohnes Gottes, die uns in diesem Berichte des Evangelisten nach allen Seiten hin zu sehen gegeben wird, im Einzelnen näher ins Auge zu fassen. Die Menschwerdung des Sohnes Gottes ist, wie wir zuvörderst gesehen haben, die erste der großen Taten Gottes in dem Werke unserer Erlösung, die das Evangelium uns verkündigt, die das Fundament unseres Heils sind, sie ist die erste dieser großen göttlichen Taten, ohne welche die übrigen gar nicht hätten geschehen und nachfolgen können, durch welche das Heil seines Todes und seiner Auferstehung und seiner Auffahrt, und die Ausgießung seines Geistes am Tage der Pfingsten, und seine bis heute fortwährende priesterlich königliche Regierung über uns erst möglich gemacht worden sind. Seine Menschwerdung ist eben hiermit, wie wir gesehen haben, zweitens auch der Anfang der Erfüllung der alttestamentlichen Verheißung. Wie der Anfang dieser Erfüllung in der Geschichte unseres Textes in der Übereinstimmung aller Umstände der. Geburt Christi mit dem, was die Propheten davon geweissagt, vor Augen liegt, so haben wir auch den Fortgang dieser Erfüllung in dem, was seitdem weiter geschehen ist, in der fortwährend wachsenden Ausbreitung seiner Herrschaft unter allen Geschlechtern der Erde, und in den Segnungen seines Reiches, und in den tausendmal tausenden, die durch Ihn selig geworden, bis hierhin vor Augen. Großes ist in Folge der Menschwerdung Christi auf Erden geschehen. Großes geschieht gegenwärtig, und die wundersame Offenbarung seiner Zukunft in der Kraft und Herrlichkeit seiner Erscheinung und seines Reiches naht nun auch in Erfüllung des bisher noch nicht erfüllten Teiles des prophetischen Wortes heran. Im engen Zusammenhange hiermit zeigt sich die Gnade und Herrlichkeit der Menschwerdung Christi, wie wir gesehen haben, drittens auch darin, dass sie der Mittelpunkt und Lichtpunkt der Geschichte unseres Geschlechtes, der Weltgeschichte ist. Denn das innerste Wesen und Geheimnis der göttlichen Weltregierung und das Werk der Werke Gottes, das schwerer war und ist, als das Werk der Erschaffung Himmels und der Erde, ist das Werk unserer Erlösung, und das wird durch Christum, den Einigen Mittler zwischen Gott und den Sündern, zur Ausführung und Vollendung gebracht. Darum ist seine Menschwerdung mit ihren nächsten Folgen die innerste Mitte der Geschichte unseres Geschlechts, durch welche die Geschichte der Vorzeit, die ganze alttestamentliche Offenbarung und Geschichte an die Geschichte der Nachzeit, an die neutestamentliche Offenbarung und Geschichte der christlichen Kirche, so wie diese an jene sich anschließt, als Vorbereitung und Ausführung, als Weissagung und Erfüllung. Darum ist die Menschwerdung Christi auch der Lichtpunkt der Geschichte unseres Geschlechtes, von wo aus das Verständnis der Wege Gottes in den Tagen des Alten und Neuen Bundes, wie wir gesehen haben, sich aufschließt, und von wo sich helles Licht auch über die Zukunft unseres Geschlechtes verbreitet, worin das Ganze der Weltgeschichte in seinem inneren Zusammenhang und in seiner Einheit offenbar wird. Auch diejenigen Weltereignisse, die an sich mit dem Reiche Gottes gar wenig oder nichts gemein haben, müssen den Endzwecken Gottes in dem Werke unserer Erlösung dienen, wie wir an dem Beispiele des Befehles des Kaisers Augustus gesehen, durch den, ohne dass er davon wusste und auch nur eine Ahnung davon haben konnte, die Weissagung von dem Orte der Geburt Christi zur Erfüllung gebracht ward. Diese drei Punkte, die Menschwerdung Christi als erste, der großen Taten Gottes im Erlösungswerke, als der Anfang der Erfüllung der alttestamentlichen Verheißung, und als der Mittelpunkt und Lichtpunkt der Geschichte unseres Geschlechtes, der Weltgeschichte, sind am gestrigen Festtage der Gegenstand unserer näheren Betrachtung gewesen. Drei andere Punkte sind uns für die Fortsetzung dieser Betrachtung an dem heutigen Festtage übrig geblieben. Die Menschwerdung Christi weist uns nämlich IV. gleich in ihren ersten Segnungen auch auf die göttliche Ordnung bin, in der uns das Heil in Christo bargeboten und allein auch empfangen wird. Sie weist uns V. aber auch gleich auf das göttliche Ziel hin, auf den ganzen Reichtum dieses Heiles, das durch Christum an uns, so wir an Ihn glauben, offenbar werden soll. Sie zeigt uns endlich VI. die heiligen Engel und die Erlösten unseres Menschengeschlechtes zu Einem Volk, unter Einem Haupte, in der Liebe vereinigt. Darauf lasst uns, als vor dem Angesicht des Herrn, gegenwärtig unsere Aufmerksamkeit hinrichten.

IV. Sie weist uns viertens gleich in ihren ersten Segnungen auch auf die göttliche Ordnung hin, in der uns das Heil in Christo dargeboten und allein auch empfangen wird. Warum, fragt sich in der Geschichte unseres Textes mit Recht, warum wurde jenen Hirten in Bethlehem, von denen wir hier hören, dass sie in derselbigen Gegend auf dem Felde bei den Hürden waren, und des Nachts ihrer Herde hüteten, warum wurde ihnen durch den himmlischen Boten die in derselbigen Nacht geschehene Menschwerdung Christi. verkündigt, und warum den Bewohnern von Jerusalem nicht? Die Antwort liegt sehr nahe: Diese Hirten waren gottesfürchtige und von Herzen demütige Männer, die erkannten und fühlten, dass sie zum Frieden ihres Herzens der Gnade des lebendigen, Gottes bedürften, und darum der in seinem Worte verheißenen Gnade und des verheißenen Heilandes sich freuten, und auf den Trost Israels warteten. Wie hätten sie die Botschaft des Engels: „Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr in der Stadt Davids,“ auch nur verstehen können, wenn sie mit dem Worte der Weissagung von Ihm nicht wären bekannt und vertraut gewesen, und wie hätte der Engel die Geburt Christi ihnen als Botschaft großer Freude verkündigen können, wenn seine verheißene Ankunft und Erscheinung nicht wäre Gegenstand der Hoffnung und der Sehnsucht ihrer Herzen gewesen? Diese Hirten in der Einfalt ihrer Gottesfurcht, in ihrer Demut und in ihrem Harren auf das Heil Gottes waren die rechten Leute, um die himmlische Botschaft zu verstehen, und die Gnade und Herrlichkeit ihres Inhalts zu würdigen; sie waren die zur Aufnahme des Kleinods dieser Botschaft geeigneten Gefäße. Darum sah der Herr die Niedrigkeit dieser Hirten an, und erwählte sie. Diese Armen sättigte Er, während Er die Reichen leer ließ. Den ganz irdisch gesinnten und ränkevollen Herodes und die selbstgerechten stolzen Pharisäer, die von ihrem Wissen eingenommenen Schriftgelehrten, und die Obersten des Volks und alle die Tausende unter den Einwohnern Jerusalems, die ihr Teil in diesem Leben suchten, und wenig oder auch nichts auf das Wort Gottes und das darin verkündigte Heil Gottes gaben und achteten, wenn sie nur hienieden hatten, was ihre Herzen gelüstete, diese alle überging Er. An allen diesen ging Er vorbei. Das ist dieselbige göttliche Ordnung, welche der Herr seiner Bergpredigt an die Spitze gestellt hat, da er die geistlich Armen, die Leidtragenden, die Sanftmütigen, die nach Gerechtigkeit Hungernden und Dürstenden selig gepriesen hat, während Er in einer andern im Evangelium Lukas uns aufbehaltenen Predigt, wo Er die geistlich Armen in ähnlicher Weise selig preist, danach hinzusetzt: Aber dagegen wehe euch Reichen, denn ihr habt euren Trost dahin. Wehe euch, die ihr voll seid, denn euch wird hungern. Luk. 6,24.25. Das ist dieselbige göttliche Ordnung, die der Apostel Paulus im ersten Kapitel des ersten Briefes an die Korinther beschreibt, wenn er sagt: „was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, dass Er die Weisen zu Schanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, dass Er zu Schanden mache, was stark ist, auf dass, setzt er hinzu, auf dass sich vor Ihm Kein Fleisch rühme.“ Und darin liegt sehr gewiss auch der Hauptgrund, warum es dem Herrn der Herrlichkeit, da Er in die Welt kam, gefallen hat, in solcher Niedrigkeit und Armut und Dürftigkeit der Umstände Mensch geboren zu werden, wie wir in 7ten Verse unserer Textesgeschichte, nach der Ankunft Josephs und seiner Verlobten in Bethlehem hören: V. 7. „Und sie gebar ihren ersten Sohn, nämlich erstgebornen Sohn, und wickelte ihn in Windeln, - die hatte sie mitgebracht, sie hatte in Nazareth vor der Abreise wohl gewusst, was sie in Bethlehem bedürfen würde, und legte ihn in eine Krippe;“ allerdings war es demnach eine Stallung, in die sie Einkehr hatte nehmen müssen zu ihrer Niederkunft, wie der Evangelist dieserhalb auch erläuternd hinzusetzt: „Denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“ Ja, Geliebte, es muss mit dem Hochmute des Menschenherzens, und mit der Eitelkeit und Hoffart der Menschenkinder, in der sie ihre Ehre in dem Ansehen vor den Augen der Menschen, und ihren Schmuck in äußerer Zier, in Putz und Staat und Glanz vor den Augen der Menschen suchen, es muss mit dem Hochmute des Menschenherzens und um die Eitelkeit und Hoffart der Menschenkinder vor den Augen des Herrn ein besonderer Gräuel sein, dass es Ihm, dem Herrn der Herrlichkeit, bei seinem Eintritte in die Welt beliebt hat, alle Hoheit und allen Reichtum und allen Staat in solcher Art zu verschmähen und so ganz und gar zu verachten. Stärker hat Er es gar nicht sagen und ausdrücken können, wie Ihn der Menschenkinder Stolz und Hoffart, (sie hat vom Hofe zwar zunächst den Namen, findet sich aber bis zu den untersten Ständen hinunter, im Prunken mit auswendigem Zierrat, im Glänzenwollen, im Hinaufwollen und angesehen sein wollen) Er hat es gar nicht stärker sagen und ausdrücken können, wie ihn der Menschenkinder Stolz und Hoffart gemahne, als damit, dass es ihm gefallen hat, und dass Er es für dienlich erachtet hat, sie auf diese Art, durch diese Niedrigkeit und Armut und Dürftigkeit der Umstände seines Eintrittes in die Welt zu beschämen, ja, sie zu verspotten. Denn wenn Er auch als ein königlicher oder kaiserlicher Prinz in einem Palast Mensch geboren worden wäre, und seine Wiege von Gold und Seide geglänzt hätte, in den Augen der Engel, die seine himmlische Herrlichkeit beim Vater gekannt, wäre seine Menschwerdung in unserem sterblichen Fleisch darum kaum geringer gewesen, als da Er hier in einer Stallung bei Bethlehem Mensch geboren werden und in eine Krippe gelegt werden musste. Eindringlicher hat Er aber auch die Seinen, und die, die es werden wollen, nicht mahnen können an die göttliche Ordnung, in der sie trachten sollen, Ihm wert zu sein, und seinem Herzen und seinen Augen wohlgefällig zu werden, nämlich mit Absagung des Hochmuts und der Hoffart, mit Aufgebung der Bestrebungen, hier auf Erden viel gelten und viel vorstellen und eine große Figur machen zu wollen, mit williger Verleugnung aller Bestrebungen dieser Art, in der Freiwilligkeit auf dem Wege seiner Nachfolge das Kreuz Ihm nachzutragen, wozu Er alle, die Ihm nachfolgen wollen, so ausdrücklich berufen hat. Und wie hat's die Geschichte und Erfahrung aller Zeiten bis hierhin gelehrt, und immer aufs neue bestätigt, dass äußere Hoheit der Gemeinde des Herrn auf Erden wenig ersprießlich, dagegen nicht wenig gefährlich ist, und dass sie im Ganzen und so in ihren einzelnen Gliedern in der Niedrigkeit besser gedeiht, und unter äußerem Drucke reiner bleibt, und kräftiger sich entwickelt und Frucht treibt, als in Ehre und Hoheit vor der Welt, und im Besitz von viel Reichtum an irdischen Gütern.

Dass aber die Hirten nicht etwa irre würden, wenn sie Christum den Herrn, dessen Geburt ihnen hier vom Engel verkündigt wurde, nachher in so großer Niedrigkeit und in einer Krippe liegend ansichtig wurden, dem wurde dadurch vorgebeugt, dass gerade die Krippe, in die Er gelegt worden war, ihnen von dem Engel zum Zeichen seiner Erkennung gegeben ward, wie wir im 12ten Verse hören: „Und das habt zum Zeichen, ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend.“ Und wie dunkel und schwer es auch Anfangs der Maria gewesen sein mochte, nach ihrer Ankunft in Bethlehem in einer Stallung Einkehr nehmen und dort niederkommen zu müssen: als sie von den Hirten danach hörte von der himmlischen Erscheinung und Eröffnung, die ihnen geworden, wurde auch sie ihrerseits aufs neue hoch hinweggehoben über alles Ärgernis an dieser äußeren Niedrigkeit. Und das ist die Ordnung, nach der der Herr die Seinen führt allewege, auch jetzt. Er lässt uns seinen Willen wissen, verbirgt uns danach aber auch wohl seinen Weg mit uns und sein Werk in uns in scheinbar widrigen Umständen, und übt uns treulich in der Demut, im Glauben, im Nichtsehen und doch Glauben, doch also, dass Er auch seine Gnadenblicke durchleuchten lässt; dass wir nicht irre werden an Ihm, sondern erquickt und gestärkt werden, den Glaubensweg, den Er uns führt, getrost weiter zu wandeln an seiner Hand, und des herrlichen Ausgangs aller seiner Wege mit uns gewiss zu sein und zu bleiben.

V. Während die Geschichte der Menschwerdung Christi gleich in ihren ersten Segnungen und so auf die göttliche Ordnung weist, in der das Heil in Christo uns dargeboten wird und allein auch empfangen werden kann, auf die Herzensdemut nämlich und auf den Glauben, - weist sie uns fünftens zugleich auch auf das göttliche Ziel bin, auf den ganzen Reichtum des Heiles, der durch Christum an uns, so wir an Ihn glauben, offenbar werden soll. Diese Hinweisung liegt schon in den Namen des Menschgebornen Sohnes Gottes, unter denen Er von dem Engel hier auch den Hirten verkündigt wurde. Euch ist heute der Heiland geboren, so sprach der Engel selbst den Sinn und die Kraft des Namens Jesus aus, der dem Sohn der Maria und zwar auf göttlichen Befehl gegeben werden sollte, wie ihn der Engel auch schon dem Joseph gedeutet hatte: Des Namen sollst du Jesus heißen, denn Er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden. Innerlichst in uns, im Geiste unseres Gemüts will Er uns heilen und frei machen von der Wurzel alles Übels und aller Zerrüttung, der Sünde, - das kann und will Er, unser himmlischer Arzt, das ist sein Amt und sein Werk, und von diesem Werke unserer inneren Heilung und Wiederherstellung zur Freiheit und Seligkeit in Gott in der Liebe, von dieser unserer inneren Heilung aus will Er uns danach auch äußerlich und vollkommen und ewig heilen, wenn Er uns in der seligen Auferstehung erwachen lässt an einem Ort, wo wir allem Übel und Wehe und Leid und Schmerz und Tod und Tränen auf ewig enthoben sind, und in einem Leibe, der in Unverweslichkeit und Kraft und Herrlichkeit seinem verklärten Leib gleichförmig ist, so dass von den Wirkungen von Sünde und Tod gar nichts mehr übrig, und in den selig Auferstandenen nichts mehr ist, was nicht von dem Leben Gottes in ihnen ganz und vollkommen durchdrungen wäre. So will er sich als Heiland, wie jetzt innerlich, so danach zu seiner Zeit auch äußerlich an uns erweisen in der Tat. Seine Berechtigung hierzu, und sein Vermögen hierzu, die sind ausgesprochen in seinem Amtsnamen, den der Engel hinzufügt in dem Namen Christus, dem von Gott selbst hierzu berufenen und gesalbten und ausgerüsteten obersten Propheten und Hohenpriester und König, der uns von Gott selber gemacht ist zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung. Der Engel nennt Ihn auch den Herrn, das ist ein Name seiner göttlichen Natur, den Er mit feiner Kreatur teilt, wie im Propheten Jeremias (23,6.) geschrieben: und das wird sein Name sein, dass man ihn nennen wird: Herr, der unsere Gerechtigkeit ist, oder, wie es in Grundtext heißt, Jehovah unsere Gerechtigkeit. Das ist die Hinweisung, die in seinen hier genannten Namen schon liegt, auf den ganzen Reichtum des Heiles seiner Erscheinung für uns. Nicht minder aber, und in eigentümlicher Herrlichkeit ist uns diese Hinweisung auch gegeben in dem Lobgesange der himmlischen Heerscharen am Schlusse unserer Textesworte, V. 13-14.: „Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott, und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, und den Menschen ein Wohlgefallen!“ Ehre sei Gott in der Höhe! Die Menschwerdung des Sohnes Gottes soll im Himmel und auf Erden der Gegenstand der Lobpreisung Gottes, seiner hier offenbarten Barmherzigkeit, seiner hier offenbarten Heiligkeit und Gerechtigkeit, seiner hier offenbarten Weisheit, der hier enthüllten Tiefen seiner Gottheit, der Tiefen seines göttlichen Gemütes, und darum im Himmel und auf Erden der Gegenstand des Ruhmes und der Verherrlichung seines Namens und besonders seines Vaternamens sein; das wünschen und bitten die Engel hier zuerst; wie auch wir in der ersten Bitte des Gebetes des Herren gelehrt sind, zu sprechen: Unser Vater, der du bist in den Himmeln, in der Höhe, geheiligt werde dein Name!

Friede auf Erden! durch den, der hier Mensch geboren worden, soll der Friede auf Erden wiederhergestellt und wieder wohnhaft werden auf Erden! Das ist der Segenswunsch, mit dem die himmlischen Heerscharen hier uns, die Erdenbewohner, begrüßten. In ihren Reihen droben in der Höhe ist Friede; denn die Hoheit, und die Ehre, worin diese starken Helden mit einander wetteifern, und worin keiner dem andern nachstehen will, ist ihre Freiwilligkeit und Freudigkeit und Liebe und Lust zu dem, was ihnen der Herr gebeut, auszurichten seine Befehle. Dieses selige Band der Einheit ihres Willens mit dem Willen ihres Schöpfers und Königs, wodurch sie auch in allen ihren Reihen und allen Wohnungen der himmlischen Gebiete, die sie einnehmen, mit einander in Friede und liebe verknüpft sind, dies selige Band der Einheit soll durch den in Bethlehem Geborenen auch auf Erden wieder geknüpft, und das Himmelreich auf Erden wieder heimisch werden, das wünschen und erbitten uns die Engel in ihrem Lobgesange hier, wie auch unser Herr in den zwei folgenden Bitten seines Gebetes uns darum bitten gelehrt hat: Dein Reich komme, Dein Wille geschehe wie im Himmel also auch auf Erden! Denn Er ist gekommen, dass Er die Scheidewand, die von der Liebe Gottes uns scheidet, hinwegnehme, die Ungnade die uns drückt, das böse Gewissen das uns mit Furcht erfüllt, und die in unsern Herzen wohnende Feindschaft von uns nehme, und uns Gotte wiederversöhne, und Frieden uns wieder ins Herz gebe. Dazu hat er den Grund gelegt, diesen Frieden hat Er uns wiedergebracht, wie der Apostel sagt, Kol. 1,20. durch das Blut an seinem Kreuze durch sich selbst, durch das Blut, in des Kraft uns die Sünde vergeben und die Rechtfertigung vor Gott uns ausgewirkt wird durch den Glauben an Ihn, wie derselbe Apostel im Briefe an die Römer sagt, Röm. 5,1.: So wir nun gerecht worden sind durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesum Christum. Dieser seligmachende Friebe des Herzens mit Gott durch den Glauben an unsern Herrn Jesum Christum, der knüpft nun auch fester als alles Andere das wahrhaftige Friedens- und Liebesband der Menschenkinder unter einander; außer diesem Frieden ist des Unfriedens, des Unbefriedigtseins mit sich selbst und der Menschenkinder unter einander kein Ende. Erst Friede, dann Freude; erst Vergebung für uns von Gott, die Erfüllung der Bitte: Vergib uns unsere Schuld, und damit die Kräfte der Liebe, auch unsern Schuldigern zu vergeben und zu lieben einander, wie wir geliebt worden, und die Freude am Wort und Werk und Willen und Dienste des Herrn, wodurch wir tüchtig werden, einzugehen dereinst in das ewige himmlische Friedensreich. „Und den Menschen“ so schließen die Engel ihren Lobgesang, und zwar wie es eigentlich heißt „an den Menschen ein Wohlgefallen.“ Sie wissen es, die Engel, und verkündigens hier, dass der Rat Gottes von unserer Erschaffung nach seinem Bilde, und jenes Wohlgefallen Gottes an seinem Werke nach vollbrachter Schöpfung, wovon es heißt: „und Gott sah an Alles, was Er gemacht hatte, und siehe da, es war sehr gut,“ in unserem gefallenen, mit Gott zerfallenen, in unseligem Unfrieden mit Gott und unter einander zerrütteten Menschengeschlechte nun dennoch zur Erfüllung gebracht werden soll, durch den, der hier in Bethlehem Mensch geboren worden, dass von denen, die an ihn glauben, keiner verloren werden, dass sie alle zum Bilde dessen, der sie erschaffen, erneuert werden sollen, dass es in ihrer innern, und danach auch in ihrer äußeren Erneuerung wahr werden soll, was geschrieben steht (Ps. 149.): „Der Herr hat Wohlgefallen an seinem Volk.“

VI. Diese durch die Menschwerdung Christi uns geöffnete Aussicht und Anwartschaft auf den ganzen Reichtum des Heils, der durch Ihn an uns, die wir an Ihn glauben, offenbar werden soll, ist um so herzerhebender, da sie uns zuletzt auch sechstens die heiligen Engel und die Erlösten unseres Geschlechtes zu Einem Volk, unter Einem Haupt in Liebe vereinigt zeigt. Der Sohn Gottes, durch den Himmel und Erden, durch den auch die Engel erschaffen sind, ist der Fürst aller Heerscharen der heiligen Engel gewesen schon vor der Erneuerung unseres Schöpfungsgebietes, deren Geschichte im ersten Kap. der Schrift beschrieben steht, schon vor der Erschaffung unseres Geschlechtes. Sie sind Zeugen gewesen, wie einer der vornehmsten aus ihrer Mitte an Ihm, dem Engelfürsten und Erzengel sich geärgert, und Ihn nicht für seinen Gott und Herrn hat erkennen wollen, und in Hochmut sich wider Ihn erhoben hat, und nicht unter Ihm stehen sondern Ihm gleich sein wollen, und wie er einen großen Anhang mit sich in seinen Sturz hinuntergezogen hat, und seine Behausung verwüstet und finster geworden ist. Sie sind danach auch die Zeugen gewesen der schöpferischen Erneuerung dieses Gebietes, und der Erschaffung unseres Geschlechtes, und des Falles unseres Geschlechtes. Sie haben aber auch Kunde gehabt von dein Rat unserer Erlösung und von den Tiefen der Gottheit, die hier offenbart werden, und in die auch sie gelüstet zu schauen, an denen sie auch lernen, die auch. ihnen zum Wachstum ihrer Erleuchtung und Befestigung ihres Friedens dienen. Freudig dienten sie darum auch schon in den Tagen des Alten Bundes den Menschenkindern, zu deren Dienst sie gesendet wurden. Als aber die Zeit gekommen war, dass das gottselige Geheimnis zur Verwirklichung kam, dass der Sohn Gottes Mensch ward in der Niedrigkeit unseres Fleischs, da sehen wir, wie die Geschichte unseres Textes uns zeigt, die Heere der heiligen Engel in freudiger Bewegung, und durch das Zeugnis der Hirten wissen und hören wir hier, wie sie dem Sohn gehuldigt und Ehre gegeben in ihrem Lobgesang. Da geschah, was im 97. Psalm in der Verkündigung der Ankunft des himmlischen Königs auf Erden geschrieben steht: „Betet Ihn an alle Götter,“ so heißen die Engel hier, uns gegenüber, als die gegenwärtig über uns stehen, als Vertreter der göttlichen Majestät, worauf uns der Apostel im 1. Kap. des Briefes an die Hebräer zurückweist. 1,6.: „Da Er einführt den Erstgebornen in die Welt, spricht Er; Und es sollen Ihn alle Engel Gottes anbeten.“ Seht hier in den Worten unseres Textes die Geschichte der Erfüllung. Und wie dieser ihr Lobgesang Zeugnis ist ihrer Teilnahme an dem Heil unserer Errettung, ihrer Liebe in der sie sich unserer Seligkeit freuen, und darum auch seinem Reich Raum geben, dass der Sohn Gottes in dem Reichtum seiner Barmherzigkeit Mensch wird, und das durch mit unserer menschlichen Natur eine Verbindung eingeht, einzig in ihrer Art, wodurch unser Geschlecht, das in so vieler Hinsicht unter den Engeln steht, wieder über alle Engel erhöht wird, - das hindert die Engel nicht, in neidloser Liebe und Freude die Erde und uns Erdenbewohner mit ihrem Segenswunsch zu begrüßen in dieser geweihten Nacht, So haben wir das Zeugnis und den Beweis dieser ihrer Teilnahme an uns und ihrer Freude an unserer Seligkeit auch in dem Worte Jesu, wo er seine Freude, die Freude des guten Hirten über das Schäflein beschreibt, das verloren war, und das Er wieder gefunden: „Also, sagt Er, wird auch Freude sein vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut.“ - Sie haben, wie wir wissen, auch Christo weiter in seinen Leiden und bei seiner Auferstehung gedient, sie begleiteten Ihn auch bei seiner Auffahrt, bei seinem Siegeszuge in die Höhe, und seiner Thronbesteigung zur rechten Hand Gottes; sie haben danach auch den Aposteln weiter gedient, und der Herr braucht sie auch jetzt zu seinem Dienste; diese himmlischen Boten sind unsere unsichtbaren Zeugen wohl vielmehr, als wir Wissen und denken, und sie sind dereinst in großen Scharen seine Begleiter, wenn Er, des Menschen Sohn, in der Offenbarung seiner ganzen Kraft und Herrlichkeit kommen wird zum Gericht über die Lebendigen und über die Toten. Mit ihnen sind wir in der Herrlichkeit der großen Zukunft zu Einem Volk in der Liebe vereinigt; wir sehen in den Gerichten der Offenbarung Johannis die Erwählten unsers Geschlechtes und die heiligen Engel mit einander vereinigt vor Ihm, und um seinen Thron. Dort kommen auch wir, so der Herr am Tage seiner Zukunft in seine Freude uns einführt, zu der großen Gemeinde der Auserwählten aus den Engeln und Menschen, und dienen Ihm in seinem heiligen Tempel, und sehen Ihn von Angesicht zu Angesicht. Amen.

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