Krafft, Johann Christian Gottlob Ludwig - Die Verkündigung der Menschwerdung Christi und ihres Segens an den Verlobten der Maria.

Krafft, Johann Christian Gottlob Ludwig - Die Verkündigung der Menschwerdung Christi und ihres Segens an den Verlobten der Maria.

Predigt vom Jahre 1840 über Matth. 1, V. 18-25.

Text: Evang. Matth. 1, V. 18- 25.
Die Geburt Christi war aber also getan: Da Maria, seine Mutter, dem Joseph vertraut war, ehe er sie heimholte, erfand sichs, dass sie schwanger war von dem heiligen Geist. Joseph aber, ihr Mann, war fromm, und wollte sie nicht rügen; gedachte aber, sie heimlich zu verlassen. Indem er aber also gedachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum, und sprach: Joseph, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Mariam, dein Gemahl, zu dir zu nehmen; denn das in ihr geboren ist, das ist von dem heiligen Geist. Und sie wird einen Sohn gebären, des Name sollst du Jesus heißen; denn Er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden. Das ist aber alles geschehen, auf dass erfüllt würde, das der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht: Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein, und einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Emmanuel heißen, das ist verdolmetscht: Gott mit uns. Da nun Joseph vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm des Herrn Engel befohlen hatte, und nahm sein Gemahl zu sich; und erkannte sie nicht, bis sie ihren ersten Sohn gebar; und hieß seinen Namen Jesus.

Joseph empfing hier im Traumgesicht die Eröffnung des Engels, wie über die Tatsache der Menschwerdung Christi, so auch über den Segen derselben. Von beidem lasst mich jetzt zu euch reden, und drittens von dem Mittel, durch welches auch wir die Mitgenossen dieses Segens zu sein und immer mehr zu werden berufen sind. Der Geist des Herrn begleite das Wort, das geredet werden soll, mit seiner Kraft zu unserer Erbauung und Erhebung und Freude in Gott unserem Heiland!

I.

Seinen eigenen Bericht beginnt der Evangelist hier mit der Tatsache der heiligen Empfängnis Christi, nachdem er in den vorhergehenden Worten dieses Kapitels das Erbrecht nachgewiesen hat, welches Jesus an den königlichen Thron Davids hatte, nämlich durch die Vermählung seiner Mutter Maria mit Joseph, welcher in gerader Linie von David, und zwar durch Salomo und die ganze Reihe der königlichen Nachkommenschaft Davids abstammte, wie aus dem Stammbaum Josephs, des Gemahls der Maria, den der Evangelist voranstellt, erhellt. Denn dieses Erbrecht an den Thron Davids gehörte mit zu den wesentlichen Kennzeichen, woran erkannt werden konnte und sollte, dass Jesus sei Christus, der Messias, der Heiland und ewige König Israels und der Welt, den das Volk Israel nach der göttlichen Verheißung erwartete. Lange, nach menschlichem Zeitmaße, währte es, 4 Jahrtausende ungefähr flossen dahin seit Erschaffung der Welt, ehe die Verheißung erfüllt ward. Aber als die im Rate Gottes bestimmte Zeit erfüllt war, da geschah es, und wie es geschah, das berichtet nun weiter unser Evangelist. V. 18.: „Die Geburt Christi war also getan.“ Es verhielt sich mit derselbigen also: „Als Maria, seine Mutter, dem Joseph vertraut war, ehe er sie heimholte, erfand sichs, dass sie schwanger war von dem heiligen Geist.“ Zuerst nennt er den Namen der auserkorenen Mutter, Maria, einer frommen Jungfrau in Nazareth, auch herstammend aus dem Hause Davids, durch die Linie Nathans, eines andern Sohnes Davids, der Verlobten des Joseph. Ihr war das hohe Geheimnis zum voraus eröffnet worden durch den von Gott zu ihr gesendeten himmlischen Boten, den Engel Gabriel, durch den ihr auch, was mit Elisabeth geschehen, eröffnet und damit an die Hand gegeben war, wo sie einstweilen sich hin zu begeben hatte. Dort, im Haus dieses gottesfürchtigen und bejahrten Ehepaares, des Priesters Zacharias und seines Weibes blieb Maria drei Monate. Noch vor der Geburt des Sohnes der Elisabeth kehrte sie nach Nazareth wieder zurück. Sie war nun auch schwanger, und es wurde ihrem Verlobten bekannt; und Joseph, der weiter nichts, als dies, erfuhr, konnte nicht anders, als sie für untreu, für eine Gefallene halten. Mit Gewissheit geht aus unsern Textesworten hier hervor, dass sie ihrem Verlobten nichts sagte von dem, was geschehen war. Und so ziemte es sich ihr auch; ihr eigenes Zeugnis wäre hier nicht geeignet, nicht zureichend gewesen, ihm seinen Verdacht zu benehmen.

Es war Weisheit und war Glaubensstärke, dass sie ihm nichts sagte, dass sie es getrost dem Herrn überließ, wie Er sie vor ihrem Verlobten und vor der Welt deshalb rechtfertigen wollte. Er selbst, nach dessen Rat, durch dessen Allmacht sie in diesen Zustand versetzt war, musste sie hier auch vertreten; seine Sorge war es, bei so einzigem und darum unglaublichem Ereignisse, die Wahrheit denjenigen zu offenbaren, die es bedurften, und zu diesen gehörte vor allen Joseph. Sein Kummer war gewiss groß. Je mehr er Maria als eine gottesfürchtige und gläubige, als eine vorzüglich fromme, züchtige, holdselige Jungfrau kennen gelernt, und wohlbegründetes Vertrauen zu ihr gefasst hatte, und sie ehrte und liebte, um so unbegreiflicher und auch um so schmerzlicher muss ihm gewesen sein, was er in Erfahrung brachte. Der Evangelist berichtet uns den Entschluss, den er fasste. V. 19.: „Joseph aber, ihr Mann, ihr Verlobter, war fromm und wollte sie nicht rügen,“ er zog es vor, sie nicht durch öffentliche Klage in Schimpf und Schande zu bringen; „gedachte aber, sie heimlich zu verlassen,“ oder genauer: sie heimlich zu entlassen, in der Stille das Eheverlöbnis mit ihr aufzuheben, und sich von ihr zu trennen. Aber indem er eben damit umging, sich also heimlich von ihr zu scheiden, trat Gott zur rechten Zeit ins Mittel. Höhere Fügung war es, dass die zur Mutter Christi ausersehene Jungfrau bereits verlobt war. An ihrem Verlobten sollte sie den Schutz und Beistand haben, dessen sie in ihrer Lage bedurfte, er war dazu ausersehen, an dem Kinde Jesus Pflegevaterstelle zu vertreten. Hierüber bedurfte und empfing er nun auch zur rechten Stunde die göttliche Offenbarung. V. 20.; „Indem er aber also gedachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum, im Traumgesicht, und sprach: Joseph, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, dein Gemahl, zu dir zu nehmen, denn das in ihr geboren ist, oder genauer: das in ihr erzeugt ist, das ist von dem heiligen Geist.“ Was der Maria durch den Engel zuvor verkündigt worden, ehe es geschah, das hörte jetzt zur rechten Stunde auch ihr Verlobter aus dem Mund des Engels: das Zeugnis von der wunderbaren Empfängnis Christi von dem heiligen Geist. Diese übernatürliche Zeugung und Empfängnis Christi ist nun eben das Wunder der Menschwerdung, das wir im zweiten Artikel des apostolischen Glaubensbekenntnisses mit der ganzen Kirche Christi auf Erden bekennen, das der ganzen Christenheit in diesen Tagen wiederum verkündigt wird. Es ist das außerordentlichste und geheimnisreichste aller Wunder, dass der Sohn Gottes, der Eingeborene vom Vater, der mit dem Vater Eines Wesens und ewig ist, die zweite Person der heiligen Dreieinigkeit, durch Kraft des heiligen Geistes, der dritten Person der heiligen Dreieinigkeit, im Leib der Jungfrau Maria Mensch empfangen worden ist, und aus ihr die wahre, menschliche Natur, unsere Natur aus Adam, doch ohne Sünde angenommen, angezogen und sie zur Einheit der Person mit Sich vereinigt hat.

Des ew'gen Vater einig Kind
Jetzt man in der Krippen find't.
In unser armes Fleisch und Blut
Verkleidet sich das ew'ge Gut.

Den aller Welt Kreis nie beschloss,
Der liegt in Marien's Schoß.
Er ist ein Kindlein worden klein,
Der alle Ding erhält allein!

Darum hatte auch von dem Propheten Jesaias zum voraus verkündigt werden müssen, dass Er von einer Jungfrau werde geboren werden (Jes. 7,14.). Hatte der Prophet Jesaias dem Könige Ahas dort angeboten, er solle ein Zeichen fordern, wie er es begehre, es sei unten in der Tiefe oder droben in der Höhe, hier haben wir es beides, das Zeichen aus der Tiefe und aus der Höhe zugleich. Aus der Tiefe, denn Er ist Mensch geboren aus dem Leib einer sündigen, sterblichen Mutter, aus der Höhe, denn Er ist Mensch empfangen vom Heiligen Geiste, wie der Engel sagt: Das in ihr erzeuget ist, das ist von dem heiligen Geiste.

II.

Nicht minder aber, wie die wunderreichste, ist die heilige Empfängnis auch die segensreichste der Tatsachen. Lasst uns auch hören, was von dem Endzweck, von der Kraft und von dem Heil derselben hier verkündigt wird. „Joseph, du Sohn Davids,“ so redet der Engel in seiner Eröffnung an Joseph ihn an (V. 20.), zum Zeichen vorab, dass er ihn kenne, und erinnert ihn damit an die dem König David durch den Propheten Nathan gegebene Verheißung von einem künftigen Nachkommen, dem ewigen König, der von seinem Leib kommen solle, und dem Er den Stuhl seines Königreichs bestätigen werde ewiglich, und so wurde Joseph, der auch mit dem prophetischen Worte bekannt war, gleich auf den rechten Standpunkt gestellt, zu verstehen, was der Engel ihm sagte, und das, was mit Maria geschehen war, nach seinem Wesen und gnadenreichen Zweck zu erkennen, dass nämlich die Zeit jetzt gekommen, wo die große Verheißung sollte erfüllt werden, und dass Maria, seine Verlobte, die vom Herrn erkorene Mutter des verheißenen Heilandes sei. Um so besser konnte er nun auch gleich in das Geheimnis seiner übernatürlichen Empfängnis sich finden. Die Kraft aber und den Segen seiner Erscheinung, die verkündigt der Engel ihm noch insbesondere in den folgenden Worten: V. 21. „Und sie wird einen Sohn gebären, des Namen sollst du Jesus heißen; denn Er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden.“ - Jesus ist der hebräische Name Josua, dessen Bedeutung ist: des Herrn Hilfe, des Herrn Rettung, des Herrn Heil, denn in unserer Sprache drückts Ein Wort nicht aus; dasjenige Wort unserer Sprache, das es am besten ausdrückt, ist das Wort: Heiland, der, der uns heil, gesund, wie wir im Urstand nach dem Bild Gottes gewesen, wiederherstellt, der uns nach Seele und Leib vom Verderben des Todes errettet, und uns zur Seligkeit und Herrlichkeit der Kinder und Erben Gottes wiederherstellt; der Engel drückt in der Auslegung des Namens Jesus beides zugleich aus, indem er sagt: „denn Er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden.“ Als das Übel der Übel und aller Unseligkeit Quelle bezeichnet der Engel die Sünde, indem er der Seligkeit sie entgegensetzt, und verkündigt den Segen der Erscheinung Christi nach seinem allumfassenden Inhalt und uns ermesslichen Reichtum für Zeit und Ewigkeit, indem er sagt, dass Jesus seinem Volk statt der Sünde die Seligkeit biete, von der Sünde es rette, die Seligkeit ihm bringe. Das ist der Tausch, den wir tun, so wir Jesum gewinnen. Nicht wie das jüdische Volk, das zunächst hier sein Volk heißt, weil es das nächste Anrecht an ihn hatte, nach der Verheißung, in seines Herzens irdischem Sinn zur Befreiung vom Joch der römischen Oberherrschaft und zur Erhebung zu irdischer Hoheit und Herrlichkeit eines Reiches dieser Welt sich Ihn wünschte, sondern von den Feinden unserer Seelen -Seligkeit, unserer ewigen Seligkeit uns zu befreien und zur Seligkeit der Kinder Gottes, und zur Herrlichkeit der künftigen Erbschaft der Kinder Gottes uns zu erneuern ist Er gekommen. Und dieses sein Volk ist Er aus Juden und Heiden, aus allen Geschlechtern der Erde zum erlösen und in Ihm seligen Eigentum sich zu gewinnen gekommen. Wie und in welcher Eigenschaft Er uns das alles ausgewirkt hat, das liegt weiter noch in dem Namen Immanuel aufgeschlossen, der Ihm dieserhalb in dem prophetischen Wort schon beigelegt wurde, in der Weissagung des Propheten Jesaias im 7ten Kapitel, im 14ten Verse, auf welche der Evangelist Matthäus in unserem Text zurückweist. Dort finden wir auch den Anlass dieser Weissagung. Ahas und sein Volk bebten damals vor Furcht, weil mächtige Feinde sich mit einander verbündet hatten, das Haus Davids vom Thron des Reiches Juda in Jerusalem zu stürzen, und einen Andern, einen Fremden darauf zu setzen. Das widerstritt aber dein göttlichen Rat und den dem Hause Davids gegebenen göttlichen Zusagen. Der Prophet verkündigte auf Gottes Befehl dem König, dass er sich nicht zu fürchten habe, dass keine Gefahr sei, dass es in kurzer Frist mit jenen verbündeten Feinden ganz werde aus sein. Zur Bürgschaft für diese Zusage soll der König ein Zeichen, ein Wunderzeichen sich wählen, unten in der Tiefe oder droben in der Höhe, wie er es immer verlange, und da er im Unglauben seines Herzens auch dies Anerbieten von sich weist, gibt der Prophet gleichwohl ein Zeichen, und zwar das Wunder, das jetzt in den Tagen des Evangelisten zur Erfüllung gebracht war, das er in unserem Text hier berichtet, das Wunder der übernatürlichen Empfängnis des Messias, der Geburt desselben von einer Jungfrau, in den Worten, die der Evangelist aus dem 7ten Kapitel des Propheten Jesaias, im 12ten Verse hier anführt. Dies Zeichen stellte der Prophet jenem andern damit zusammenhängenden Zeichen, das er dem König und Volk Juda für die damaligen Umstände auch gab, voran, weil dies Zeichen den Grund enthielt, warum dem Herrn an der Erhaltung des Hauses Davids auf dem Thron Juda in der damaligen Gefahr so viel lag. Denn das Ziel des Werkes Gottes im Volk Juda war die Zukunft Christi; die sollte erfolgen, wie sie im Rate Gottes beschlossen und im Worte der Verheißung vorhergesagt war. Darüber wachte der Herr. Jeder Anschlag, der die Ausführung dieses Rates, dieses Werkes Gottes zu hintertreiben beabsichtigte, stammte aus dem Abgrund. Gegen solchen Anschlag erhob sich jedesmal der Herr, ihn zu vereiteln, wie auch damals geschah. Der damalige Anlass aber hat und behält für das Volk Gottes zu allen Zeiten eine eigentümliche Wichtigkeit, weil damals der Erlöser auf göttlichen Befehl mit dem teuren Namen genannt wurde, in dem der Segen seiner Menschwerdung für uns in seiner herzerfreuenden Fülle der Gnade und Wahrheit ausgesprochen ist, mit dem Namen Immanuel, das ist verdolmetscht: Gott mit uns. In diesem Namen ist das Mittleramt Christi ausgesprochen, nach dem Er sich nichts Geringeres bei uns zum Ziel gesetzt hat, als Gott zu unserem Verbündeten, uns zu Verbündeten Gottes zu machen, dass wir den lebendigen, ewigen, allmächtigen Gott, den wir als abgefallene, sündige, des Gerichtes schuldige Geschöpfe wider uns haben, wiederum, und das nach Recht und Gerechtigkeit für uns und auf unserer Seite haben sollen, wider alle unsere Feinde ihn zu unserem Bundesgott. Darum, weil Jesus dieses uns auswirken will, heißt Er Immanuel; durch Ihn können und sollen wir's erlangen, dass Gott wieder mit uns ist. Außer Ihm haben wir Gott nicht mit uns. Denn außer Ihm haben wir die Gerechtigkeit Gottes wider uns, in Ihm für uns. Das hat Er uns erwirkt. Ja, an Ihm haben wir beides, das Wunder in der Tiefe und in der Höhe zugleich. Der Herr der Herrlichkeit, herniedergekommen in unser sterbliches Fleisch, getötet als das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt, nun im Grabe liegend, das ist das Wunder in der Tiefe, danach auferweckt durch die Kraft des Vaters und ins unsterbliche Leben gezeugt, und mit dem Leib der Unsterblichkeit in die Höhe gefahren dorthin, wo Er zuvor war, das ist das Wunder in der Höhe. Durch seinen Tod und seine Auferstehung hat Er unsere beiden Hauptfeinde besiegt, Er hat durch seinen Tod unsere Sünde getilgt, und durch seine Auferstehung unsern Tod überwunden, und Gerechtigkeit und Leben aus dem Grab für uns wiedergebracht, und damit auch unserem Verkläger sein Recht genommen. Ist die Gerechtigkeit Gottes wieder für uns, so ist Gott mit Allem, was Er ist und hat, wieder unser Gott, barmherzig, um unser sich anzunehmen in allen unsern Nöten, heilig, um uns zum Ebenbild seiner Heiligkeit zu erneuern, gerecht, um wider alle Feinde unserer Seligkeit uns beizustehen, und uns Recht wider sie zu verschaffen, allmächtig, um uns zu beschützen und zu versorgen, gnädig, um an uns in Zeit und Ewigkeit über Bitten und verstehen zu tun, weise, um uns zu leiten nach seinem Rat, dass wir im Leben des Schauens für seine Führung hienieden, auch wo sie schmerzlich war, Ihn lobpreisen werden in Ewigkeit. Das ist die nicht auszusprechende und auch nicht auszuschöpfende Fülle, die in alle Ewigkeit fortfließende Quelle des Segens, die in seiner Menschwerdung uns geöffnet ist, die uns in seinem Namen Immanuel verkündigt ist.

III.

Und welches ist das Mittel, durch welches auch wir die Mitgenossen dieses Segens zu sein, und immer mehr zu werden berufen sind? Es ist der Glaube. Der aber setzt die Anerkennung und das Gefühl unserer natürlichen Sündigkeit, Ungerechtigkeit vor Gott und Unseligkeit in der Entbehrung seiner Gnade voraus. Wie will auch jemand den Segen dessen, der Jesus heißt, weil er sein Volk von ihren Sünden selig macht, nur suchen, geschweige denn, desselben froh werden können ohne Erkenntnis und Gefühl seines natürlichen Elends? Wie will den Segen seines Mittleramtes suchen und erfahren, wer eines Mittlers zwischen Gott und sich nicht bedarf? Das Wort „fromm“, das in unserem Text hier von Joseph gebraucht ist, heißt in der Grundsprache eigentlich: gerecht, nämlich gerecht vor Gott, und gerecht vor Gott wird man, wie die Schrift Alten und Neuen Testamentes uns lehrt, durch den Glauben. Gerecht heißt in der heiligen Schrift derjenige, der seine natürliche Ungerechtigkeit vor Gott erkennt, bekennt, und seine Zuversicht zu Gott im Glauben auf die Verheißungen gründet, die Er nach seiner Gnade uns Menschenkindern gegeben hat, die ihren Grund haben in dem ewigen Gnadenrat von unserer Erlösung, und deren Mittelpunkt und Zielpunkt Christus ist. Darum war der Glaube an diese Verheißungen auch der einige Weg vor Gott gerecht zu werden, im Alten Bunde damals, wie jetzt im Neuen. So war auch Joseph vor Gott gerecht, oder ein Gerechter geworden, wie ihm hier Zeugnis gegeben wird. Er gehörte mit zu den Wenigen seiner Zeit, die auf den Trost Israels hofften. Darum ist er auch mit dem Wort der göttlichen Verheißungen bekannt. Wie hätte er ohne Glauben auch der Pflegevater Jesu werden und seinen Beruf als solcher ausrichten können? Wie wäre er sonst auch nur die Eröffnung des Engels zu verstehen fähig gewesen? Wie schön aber erwies sich sein Glaube, durch den er Gott wohlgefiel, nun auch im Gehorsam des Werkes in dem, was ihm durch den Engel befohlen war! V. 24.: „Da nun Joseph vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm des Herrn Engel befohlen hatte, und nahm sein Gemahl zu sich.“ V. 25.; „Und erkannte sie nicht, bis sie ihren ersten Sohn gebar; und hieß seinen Namen Jesus.“ So ganz verstand er, mit so vollem Glauben erfasste er und mit so freiem Gehorsam ehrte er den ihm gewordenen göttlichen Befehl. Er wurde dafür nun auch neu erfreut und mächtig im Glauben weiter gestärkt durch das, was er nun von Maria selber auch hörte über die göttliche Botschaft, die sie empfangen, so wie sie durch das, was sie von ihm vernahm. Auch sie sah nun mit Augen die Treue und Weisheit und Güte Gottes in der Vorsorge für sie. Die Beglaubigung des Wunders der übernatürlichen Empfängnis, die Wahrung ihres guten Namens vor der Welt, der ihr nötige Beistand und Schutz, all diese Absichten der göttlichen Weisheit und Güte sah sie dadurch erreicht, dass ihr der fromme Joseph zum Bräutigam ersehen, und die göttliche Eröffnung ihm geworden und der Befehl ihm zugegangen war, sie als sein Gemahl zu sich zu nehmen. Indem Joseph, den Rat des Herrn erkennend und im Gehorsam des Glaubens ihn ehrend, sich ihrer enthielt, wurde der Name des Herrn im geschehenen Wunder um so offenbarer und schöner geheiligt, und indem er gleichwohl der Maria als seines Weibes sich annahm, hatte sie an ihm den Schutz, den Beistand, dessen sie um so mehr bedurfte, da sie bald nachher mit ihrem neugebornen Kindlein nach Ägypten entfliehen musste. Ehe sie von dieser bevorstehenden Gefahr noch wusste, war im göttlichen Rat die Veranstaltung schon getroffen, dass sie nicht sorgen durfte sich hilflos und verlassen zu sehen.

Wie aber diese beiden in so außerordentlicher Weise die seligen Mitgenossen des Segens nicht anders als durch ihren Glauben wurden, so können auch wir, ein jeder auf dem Weg seiner Führung, es nicht anders als durch den Glauben sein. Desselben demütigen, einfältigen, kindlichen Glaubens, mit welchem Joseph und seine Verlobte annahmen, was ihnen vom Herrn gesagt ward und gehorchten, bedürfen auch wir um selig zu werden. Wie sehr stehen wir uns selbst im Weg, wenn wir, wo der Herr geredet hat, mit Fleisch und Blut uns erst besprechen, oder es zuvor mit unsern Begriffen umspannen wollen? Maria und Joseph fassten Es mit ihren Begriffen auch nicht, aber wie hat sichs als vernünftig und weise ausgewiesen, dass sie geglaubt haben! So lange wir uns von Ihm nicht leiten lassen, treffen wir's nicht. So lange wir Es selbst wirken, erlangen wir Es nicht. Wollen wir selbst uns unsere Gerechtigkeit vor Gott erwirken, so ist das nicht anders, als wenn wir in die Tiefe fahren, und sie uns von den Toten holen, oder als wenn wir hinauf gen Himmel fahren und sie uns von dannen herabholen wollten, wie der Apostel (Röm. 10,6.7.) im Brief an die Römer sagt; das ist der unmögliche Weg, während uns unsere Gerechtigkeit von Christo erwirkt ist und dargeboten wird, und wir sie nur zu ergreifen haben durch den Glauben; das ist der uns von Ihm gebahnte, mögliche nicht nur, sondern nun auch der leichte Weg. Das ewige Leben ist Gabe der Gnade Gottes in Christo Jesu unserem Herrn. In der Gnade Gottes lässt sich gut ruhen. Die Gnade Gottes ist Leben, die Gnade Gottes schließt allen Reichtum der zeitlichen Seligkeit und ewigen Herrlichkeit in sich. Die wird durch den Glauben an den Immanuel, Gott mit uns, erlangt und bewahrt. Achtzehn Jahrhunderte liegen seitdem hinter uns, und derer, die die Kraft des Namens Jesu an sich selber erfahren haben, die durch Ihn von Sünden selig, und begnadigte Kinder Gottes geworden, und in Hoffnung selig von binnen geschieden sind, derer ist ein unzählbar großes Heer. Wer zählt sie auch, die gegenwärtig in allen Teilen der Erbe im Licht seines Antlitzes wandeln, und über seinem Namen fröhlich, und in seiner Gerechtigkeit herrlich sind!

Er stärke und mehre das Volk seines Eigentums in unserer Mitte! Er stärke uns den Glauben, und tröste uns in aller Betrübnis, und behüte uns am Tag der Anfechtung, und bewahre uns die Zuversicht, dass Er, der das gute Werk in uns angefangen hat, es auch hinausführen wird auf den Tag seiner Zukunft zum ewigen Preise seiner Gnade über uns! Amen.

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autoren/k/krafft_j/predigten/krafft-4_advent.txt · Zuletzt geändert: von aj
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