Judd Montgomery, Carrie Frances - Das Gebet des Glaubens - Kapitel I. Einleitung.

Judd Montgomery, Carrie Frances - Das Gebet des Glaubens - Kapitel I. Einleitung.

Nr. 260 Connecticut-Straße. Buffalo, N.-Y., 17. Juli 1880.

Nachdem meine Gesundheit allmählig immer mehr abgenommen hatte, brach ich am 6. Januar 1877 an einem Fieber-Anfall, wahrscheinlich in Folge eines etliche Monate vorher stattgefundenen Falles, völlig zusammen. Das Fieber ließ bald nach, aber meine Krankheit entwickelte sich zu einem chronischen Rückenleiden und zu einer überaus schmerzlichen Entzündung der Nerven, die sich über alle meine Gelenke ausbreitete, so dass ich selbst nicht einmal mehr meine Hüften, Knie und Knöchel wegen ihrer großen Reizbarkeit anfassen konnte. Die Krankheit nahm zu, bis die Nerven in den Gelenken in so unnatürlicher Weise gereizt waren, dass sie wie bloßgelegt schienen, und ich beständig das Eintreten von Krämpfen bei ihrer Berührung fürchtete. Das Zittern der Nerven, welches schon durch den geringsten Lärm veranlasst wurde, war etwas unbeschreiblich Schreckliches. Meine außerordentliche Hilflosigkeit und mein übergroßes Leiden machten mein Leben fast unerträglich.. Auch am Kopf litt ich unsäglich. Der heftige, zerreißende Schmerz, das schreckliche Gefühl des Bleigewichts in demselben machten schon ein leichtes, weiches Kopfkissen zu einem Steinblock, dessen Druck mein Gehirn zu Atomen zu zerdrücken schien. Fast unausgesetzt mussten alle Menschen außer denen, die mich pflegten, von meinem Zimmer fern gehalten werden; auch konnte ich fast nur flüsternd reden, und oftmals ließ sogar die Anstrengung eines leisen Wortes einen Angstschweiß ausbrechen, so dass ich lieber stundenlang dalag, ohne meine Bedürfnisse laut werden zu lassen, als mich dieser Angst auszusetzen. Ich konnte keine feste Nahrung vertragen, und sogar wenn ich nur Flüssigkeiten zu mir nahm, erschöpfte mich dieses aufs Äußerste. Mein Leiden hatte sich zu einer Blutauszehrung ausgebildet; ich war bis zu einem Schatten abgemagert und meine stärksten Adern glichen bloßen Fäden. Nichts vermochte mich mehr zu erwärmen, und der kalte Todeshauch schien auf mich gefallen zu sein. Sogar die Schwere meiner Arme und der andern Glieder kam mir fast unerträglich vor, und diese Anspannung dauerte ununterbrochen fort. Kaum konnte man noch meinen Puls finden und man glaubte von einem Tag zum andern, dass ich sterben würde. Alles, was die geschicktesten Ärzte für mich tun konnten, war geschehen; nur der große Arzt konnte mich durch Seine allmächtige Hand wieder herstellen. Ich zweifle nicht daran, dass es eine göttliche Fügung war, dass gerade damals in der Zeitung ein kurzer Bericht über die wunderbaren Heilungen veröffentlicht wurde, die als Antwort auf die Gebete einer Mrs. Edward Mix, einer farbigen Frau von Wolcottville, Conn., erfolgt waren. Der Zeitungsbericht schilderte sie als eine einfache, ernste Christin, welche nur Gottes Werk tun wollte. Sie selbst war nach jahrelangem Kranksein durch das Gebet und die Handauflegung eines Rev. Mr. Allen von Springfield geheilt worden. Meine Mutter teilte mir diese Tatsachen mit, und je mehr ich über den Gegenstand nachdachte, desto mehr fühlte ich die Notwendigkeit, dass man meinetwegen an Mrs. Mix schreiben müsse. Am 25. Februar kam ihr Antwortschreiben, welches folgendermaßen lautete:

Wolcottville, Conn., 24. Febr. 1879.

Miss Carrie Judd!

Ich habe einige Zeilen von Ihrer Schwester Eva erhalten, welche mir Ihren Fall berichten und von Ihrer Krankheit und von Ihrem Glauben reden. Ich darf Sie durch das Wort Gottes ermutigen, dass Ihrem Glauben gemäß Ihnen geschehen wird, und außerdem haben Sie auch noch die Verheißung Jakobi 5.15. „das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten, und so er hat Sünden getan, werden sie ihm vergeben sein.“ Es kommt dabei Nichts darauf an, dass die betende Person gegenwärtig sei; das einzige Erfordernis ist, dass das Gebet ein Glaubensgebet sei; denn Gott hat verheißen, dass Er den Kranken aufrichten und ihm seine etwaigen Sünden vergeben wolle. Diese Verheißung gehört Ihnen, als ob Sie die einzig in der Welt lebende Person wären. Wenn Sie diese Verheißung ergreifen können, so habe ich nicht den geringsten Zweifel, dass Sie geheilt werden. Zunächst werden Sie jedwede Arznei bei Seite setzen müssen. Werfen Sie jedes Vertrauen auf irgend einen fleischlichen Arm fort und stützen Sie sich lediglich auf Gott und auf Seine Verheißungen. Ich wünsche, dass, sobald Sie diesen Brief erhalten, Sie anfangen, um Glauben zu bitten, und am Mittwoch Nachmittag ist die Frauen-Gebetsstunde in unserem Haus. Wir wollen Sie zum Gegenstand des Gebets in der Stunde zwischen 3 und 4 Uhr machen. Ich verlange, dass auch Sie für sich selbst bitten und dass Sie im Glauben bitten, und dann alsbald dem Glauben gemäß handeln. Es ist einerlei, wie Sie sich fühlen, aber stehen Sie sofort auf und fangen Sie an, im Glauben zu gehen. Die Kraft wird kommen, die Krankheit wird weichen und Sie werden geheilt werden. Wir lesen im Evangelium: „Dein Glaube hat dir geholfen.“

Schreiben Sie bald. Die Ihrige im Glauben

Mrs. Edward Mix.“

Ist es zu verwundern, dass bei meiner gänzlichen Schwachheit und Hilflosigkeit und besonders bei meinem Mangel an Glauben, ich versucht wurde, ungläubig bei den Worten zu lächeln: „Stehen Sie sofort aus dem Bett auf und fangen Sie an, im Glauben zu gehen“? Mein Gewissen tadelte mich wegen meines Mangels an Glauben und ich fing an, um eine Vermehrung des Glaubens zu bitten; ich gab alle Arzneien auf, obgleich ich gestehen muss, dass dieses mit einem Kampf geschah; denn ich war sehr abhängig von denselben, weil ich mir in meinem übergroßen Leiden durch sie eine vorübergehende Erleichterung zu verschaffen suchte. Zu der von Mrs. Mix bestimmten Stunde vereinigten sich auch einige Glieder unserer Familie zum Gebet. Dies geschah aber nicht in meinem Zimmer. Kurz vorher schien es mir, als ob ich gar keine Kraft hätte, die Verheißung zu ergreifen. Eine schreckliche Macht der Finsternis stieg herauf, um sogar den kleinen Funken Glauben, den ich noch hatte, zu verdunkeln; allein plötzlich wurde meine Seele mit einem so kindlichen Frieden und mit solchem Vertrauen erfüllt, dass es etwas ganz Verschiedenes von dem war, was ich je zuvor erfahren hatte. Ohne alle Aufregung, ohne die geringste Furcht, ohne jeden Zweifel stand ich allein zum ersten Mal seit zwei Jahren auf. Meine Wärterin, Mrs. H., die seit fast einem Jahr mich gepflegt hatte, wurde sehr bewegt und fing an, Gott zu preisen für Seine wunderbare Macht und Barmherzigkeit. Gleich danach ging ich mit nur wenig Unterstützung von ihrer Seite ein paar Schritte bis zu meinem Lehnstuhl. Während dieser Stunde konnte man eine entschiedene Veränderung in meiner Farbe, in dem Blutumlauf und in meinem Puls wahrnehmen und mit Leichtigkeit vermochte ich wieder zu sprechen. Indem ich in das Tagebuch blickte, welches Mrs. H. über mich führte, finde ich darin am 27. Februar, als am Tage nach meiner Wiederherstellung, Folgendes eingetragen:

„Carrie hat sich mehrmals in der Nacht im Bett selbst herumgedreht. An diesem Nachmittag ist sie ungefähr 8 Schritte an meinem Arm vom Lehnstuhl bis zu ihrem Bett gegangen. Der HErr stärkt sie jede Stunde mehr, sowohl im Leiblichen als auch im Glauben. Gepriesen sei Sein heiliger Name!“ Dann am 28. Febr.: „Carrie wird immer kräftiger; sie bewegt sich mit größerer Leichtigkeit, hat bessere Nächte und einen guten Appetit.“

Am 2. März: „Ihre Brust und Lungen sind wieder gestärkt. Sie hat ziemlich viel ganz laut gesprochen; ihre Farbe ist frisch und gesund.“ - Nach drei Wochen konnte ich im Zimmer umhergehen, ohne dass ich dabei Jemandes Hilfe bedurfte; nach 4 Wochen ging ich die Treppe mit geringer Hilfe hinunter. Von Anfang an hatte ich einen sehr festen Schritt und meine Gelenke, die vorher so völlig erschlafft waren, wurden sogleich wieder stark. Auch meine Muskeln kräftigten sich sehr rasch und ich hatte keine Schmerzen und fühlte gar keine Lahmheit, sogar als ich anfing, die Treppen auf- und abzusteigen.

Am ersten schönen Apriltag ging ich ins Freie und zu einem Nachbarn. Es schien mir, als sei es zu viel Freude, um sie fassen zu können, dass ich wirklich noch einmal in der Luft und im Sonnenschein war! Ich sah zu den Fenstern meines Zimmers mit dem unbestimmten Gefühl hinauf, dass dort noch eine schwerleidende Kreatur gefangen darnieder liegen müsse, mit der ich einstens verbunden gewesen, aber von welcher ich jetzt durch irgend einen geheimnisvollen Vorgang befreit worden war. Das Zurückblicken auf mein langes schreckliches Leiden überwältigt mich jetzt beinahe, wenn ich es so im Einzelnen wieder überdenke. Noch möchte ich bemerken, wie auffallend es während meiner Genesung war, dass, sobald ich eine besondere Anstrengung zur Förderung derselben nach meinem Gutdünken machte, meine Kraft mich anscheinend ohne die geringste äußere Ursache verließ. Bald wurde es mir offenbar, dass ich allein auf den HErrn in Bezug auf meine Besserung sehen müsse, und dass, wie Er das Werk angefangen habe, Er es auch ohne irgend welche Bemühung von meiner Seite hinaus führen. würde. Je völliger ich mich auf Ihn warf, desto völliger wurde ich von Ihm gestützt, und oft, wenn ich meinerseits keine Anstrengungen machte, fühlte ich mich wie von einer Bewegung in der Luft getragen. Noch wunderbarer und kostbarer als meine Errettung aus dem leiblichen Tode ist das erneute Leben, welches zu gleicher Zeit die Seele unter dem heilenden Einfluss des Heiligen Geistes empfindet. Eine tief glühende Liebe zu Gott ist mir in das Herz eingepflanzt worden; die Begierden der Welt sinken in Nichts zusammen; der Eine, mich ganz einnehmende Gedanke ist der, mehr und mehr dem Bild Christi ähnlich gemacht zu werden, und ich erfahre, wie nie zuvor, die Macht der Sündenvergebung, welche nach Jak. 5,14.15 mit dem Gesundwerden des Leibes verheißen ist. Meine Freunde sagen, dass ich jetzt besser als vorher aussehe. Das Kopfleiden, das beinahe unausgesetzt vor meiner Erkrankung war, verschwand gänzlich, als ich geheilt wurde, und jetzt kann ich ohne den geringsten Kopfschmerz eine Menge geistiger Arbeit bewältigen. Ich kann auch weite Spaziergänge machen und dieselben genießen.

Ich möchte noch hier erwähnen, dass Dr. Charles Cullis von Boston, Mass., dessen Glaubenswerke und Glaubenskuren so allgemein bekannt sind, seine Gebete für meine gänzliche Wiederherstellung zu den übrigen hinzufügte.

Aller Ruhm sei unserem barmherzigen und liebevollen Erlöser! Dass ich unverrückt in Ihm bleiben und die Frucht des Geistes hervorbringen möge, das ist das tägliche Gebet meines Lebens.

Carrie F. Judd.1)

1)
In der amerikanischen Ausgabe dieses Buches folgt hier noch ein Zeugnis von dem Pastor der Miss Judd, des Rev. C. F. A. Bielby, welches die Wahrhaftigkeit ihres Berichtes in einem Briefe bestätigt, den er für das Buch geschrieben hat.
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