Gerok, Karl - Der Heimat zu - Misericordias Domini

Gerok, Karl - Der Heimat zu - Misericordias Domini

1888.

(Joh. 10, 11-18.)
(11) Ich bin kommen, dass sie das Leben und volle Genüge haben sollen. (12) Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Der Mietling aber, der nicht Hirte ist, des die Schafe nicht eigen sind, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht; und der Wolf erhascht und zerstreut die Schafe. (13) Der Mietling aber flieht, denn er ist ein Mietling und achtet der Schafe nicht. (14) Ich bin der gute Hirte und erkenne die Meinen und bin bekannt den Meinen; (15) Wie mich mein Vater kennt und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe. (16) Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall. Und dieselben muss ich herführen und sie werden meine Stimme hören und wird eine Herde und ein Hirte werden. (17) Darum liebt mich mein Vater, dass ich mein Leben lasse, auf dass ichs wieder nehme. (18) Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selber. Ich habe es Macht zu lassen und habe es Macht wieder zu nehmen. Solch Gebot habe ich empfangen von meinem Vater.

„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln; er weidet mich auf einer grünen Aue und führt mich zum frischen Wasser; er erquickt meine Seele, er führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen.“ Dieses lieblichen Psalmworts, das uns vorhin auf der Orgel zugesungen worden ist, dürfen wir uns erfreuen, so oft wir andächtig im Hause Gottes versammelt sind. Ob es draußen in der Welt Sommer ist oder Winter: hier tun grüne Auen sich vor uns auf, unsere Herzen zu weiden; hier fließen frische Quellen, unsere Seelen zu erquicken; hier hören wir die Stimme eines guten Hirten, der uns führt auf rechter Straße.

Auf diese grünen Auen wollen wir auch jetzt im Geist uns versetzen. Dieses guten Hirten wollen wir auch jetzt uns im Herzen getrösten.

Draußen in der Welt sah es ja nicht lieblich aus in diesen Tagen. Nicht lieblich in der Natur. Statt grüner Auen und sprossender Saaten sahen wir so eben noch kahle Felder und beschneite Fluren um uns her und sehen in der Ferne überschwemmte Länder und verwüstete Gefilde, von denen der Not- und Hilferuf bedrängter Brüder an unsere Ohren und, so Gott will, in unsere Herzen dringt.

Nicht lieblich sieht es aus auch in der Völkerwelt. Wenn einem treuen Völkerhirten der Hirtenstab, den er lange im Segen geführt, aus der erkalteten Hand gesunken ist; wenn ein anderer nur mit heldenmütiger Aufbietung all seiner Kraft in seine kranke Hand ihn genommen hat; wenn Säulen wanken, die lange unerschütterlich standen, und Führer zu verschwinden drohen, von denen wir versichert waren: Sie führen uns auf rechter Straße; - o da tut es wohl, aus all diesen Wirren uns für eine Stunde zu flüchten in andere Regionen, wohin die Stürme der Außenwelt nicht reichen, und uns im Geist unter die Hut dessen zu stellen, von dem die gläubige Seele spricht: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln; um dann erquickt durch sein Wort und gestärkt durch seinen Geist wieder zurückzukehren zu den Arbeiten, Kämpfen und Sorgen der Welt.

Dieser gute Hirte, zu dem schon der Psalmist im alten Bund vertrauensvoll aufblickte, stellt im Evangelium des neuen Bundes sich uns leibhaftig dar in der Person Jesu Christi, in welchem die Hirtentreue des himmlischen Vaters uns menschlich nahe getreten ist.

„Ich bin der gute Hirte!“ so spricht er und weist uns dabei hin:

  1. Auf die treue Liebe, die er uns entgegen bringt;
  2. auf die gute Weide, die er uns versprechen kann;
  3. auf die große Herde, die er um sich sammeln will.

Darüber lasst uns etwas weiter jetzt nachdenken: Jesu, frommer Menschenherden guter und getreuer Hirt, Lass mich eins von denen werden, die dein Ruf und Stab regiert; Ach du hast aus Lieb dein Leben für die Deinen hingegeben, Und du gabst es auch für mich, lass mich wieder lieben dich! Amen.

Ich bin der gute Hirte, spricht der Herr und weist uns dabei hin:

1) Auf die treue Liebe, die er uns entgegenbringt.

„Ein Mietling, der nicht Hirte ist, des die Schafe nicht eigen sind, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht, und der Wolf erhascht und zerstreut die Schafe. Der Mietling aber flieht, denn er ist ein Mietling und achtet der Schafe nicht. Ich bin der gute Hirte und erkenne die Meinen und bin bekannt den Meinen, wie mich mein Vater kennt und ich lasse mein Leben für die Schafe.“

Solche Mietlinge, die der Schafe nicht achteten, denen es nur um sich selbst zu tun war, um die eigene Macht und den eigenen Gewinn - waren jene gewissenlosen Schriftgelehrten, Priester und Obersten des Volks, mit denen der Herr so manches ernste Wort gewechselt hat, ihre Untreue zu strafen und ihr Gewissen zu schärfen.

Solche Mietlinge, die vor dem Wolf fliehen und die Schafe preisgeben, um das eigene Leben zu retten, sollten seine Jünger nicht werden, denen nun bald der hohe Auftrag ward: Weide meine Schafe, weide meine Lämmer.

Solche Mietlinge, die das heilige Hirtenamt in träger Bequemlichkeit vernachlässigen oder zum eigenen Vorteil missbrauchen, haben schon viel Schmach auf die Kirche und viel Unheil über die Gemeinde gebracht, seit der Herr das Predigtamt eingesetzt hat.

Darum zum mahnenden Vorbild für seine Hirten und zur tröstlichen Verheißung für seine Herde weist er solchem Mietlingssinn gegenüber hin auf seine treue Hirtenliebe, die sich treulich der Schafe annimmt und das Leben für sie lässt.

„Ich erkenne die Meinen und bin bekannt den Meinen.“ Ja wie liebreich hat er sich seiner kleinen Herde angenommen, als er auf Erden wandelte; hat für die Geringsten im Volk, für die Ärmsten unter den Armen, für die Kleinsten unter den Kleinen, für die Gemiedensten unter den Kranken, für die Verachtetsten unter den Sündern ein offenes Ohr gehabt und einen freundlichen Blick, ein tröstendes Wort und eine hilfreiche Hand.

„Ich lasse mein Leben für die Schafe“ wie treulich hat er das erfüllt, indem er nicht nur lebend Zeit und Kraft, Leib und Seele in unermüdeter Liebe seinem Volk widmete, sondern auch sterbend sein Blut vergoss für Freund und Feind.

Als der gute Hirte, der sein Leben lässt für die Schafe, so ist er ja erst kürzlich vor uns gestanden in der heiligen Festzeit, aus der wir herkommen. Als der gute Hirte hat er dort in Gethsemane sich dem Wolf gestellt, als er vor seine Jünger hin und den Feinden entgegentrat: „Ich bins, den ihr sucht, - lasst diese gehen.“

Als der gute Hirte hat er auf Golgatha sein Leben gelassen für die Schafe an dem Kreuz, unter dem die Christenheit singt:

Wie wunderbarlich ist doch diese Strafe,
Der gute Hirte leidet für die Schafe,
Die Schuld bezahlt der König, der Gerechte,
Für seine Knechte.

Als der gute Hirte ist er nach der Auferstehung unter seine verwaisten Jünger getreten mit dem Ostergruß: Friede sei mit euch; fürchte dich nicht, du kleine Herde, ich kenne die Meinen und bin bekannt den Meinen.

Als der gute Hirte hat er vor seinem Abschied ihnen seine Herde befohlen: Weidet meine Schafe, weidet meine Lämmer! Und diese treue Hirtenliebe des guten Hirten, kommt sie nicht heute noch seiner Herde zu gut?

Jene aufopfernde Liebe, die am Kreuz das Leben ließ für die Schafe, bleibt sie nicht der Menschheit für alle Zeiten ein Bild und Pfand der ewigen Liebe und Erbarmung Gottes?

Jene fürsorgende Liebe des guten Hirten, der die Seinen kennt und den Seinen bekannt ist, erweist sie sich nicht auch vom Himmel herab noch segnend und tröstend an den Seinen, so dass es nicht nur als eine schöne Sage aus der Vorzeit zu uns herüberklingt: Es war einmal ein guter Hirte, wie keiner mehr auf Erden kommt; sondern dass wir's aus seinem eigenen Mund heute noch vernehmen dürfen und in unserem eigenen Leben täglich erfahren können: Ich bin der gute Hirte?

Sein Hirtenauge kennt uns und weiß, was wir bedürfen; seine Hirtenstimme ruft uns und tönt mahnend und warnend, lockend und tröstend zu uns hernieder, so oft wir's brauchen; seine Hirtenhand führt uns auf rechter Straße, ob's durch grüne Auen geht oder auf dornigen Wegen; sein Hirtenstab züchtigt uns, wo wir's brauchen, aber er schützt uns auch, wo es not tut; und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab tröstet mich.

Dank dem Hirten, dessen treue Liebe so über seiner Herde wacht; Heil der Herde, die einen solchen Hirten kennt und sich zu ihm bekennt. Da heißt es dann in Wahrheit: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln! Als ein guter Hirte weist er uns auch hin:

2) Auf die gute Weide, die er uns versprechen darf, nämlich Leben und volle Genüge.

„Ich bin kommen, dass sie das Leben und volle Genüge haben sollen.“ Ein großes Wort aus dem Mund des guten Hirten. Und ein wahres Wort! Leben sollen sie bei ihm finden statt des Todes und volle Genüge statt ungenügender Weide.

„Da der Herr sein Volk ansah, jammerte ihn desselbigen, denn sie waren verschmachtet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben.“ Dem Tod und Verderben war sie verfallen, diese hirtenlose Schar. Im geistlichen Tod gingen sie dahin in der Finsternis ihrer Unwissenheit und Sünde. Und auch dem zeitlichen Tod und Verderben gingen sie entgegen unter der Leitung blinder Blindenleiter, unter der Führung törichter Volksverführer, falscher Messiasse, von denen sie in unsinnige Empörungen hineingehetzt wurden, bis es unter den Trümmern Jerusalems hieß: Ihr Berge fallt über uns und ihr Hügel deckt uns!

Und auch wo Priester und Schriftgelehrte noch handwerksmäßig ihres Amtes warteten, wie ungenügend war die Weide, die sie den hungernden Seelen boten: das trockene Stroh einer abgedroschenen Schriftgelehrsamkeit, bei der Geist und Herz leer ausging; das dürre Heu kleinlicher Menschensatzungen, bei denen man das Beste im Gesetz dahinten ließ, die Barmherzigkeit, das Gericht und den Glauben.

Aber was war das eine andere Weide, die der Herr seinem Volk bot, wenn er sie hinausführte auf jenen Berg in Galiläa und seinen Mund auftat zu der köstlichen, herzerquickenden und herzerschütternden Bergpredigt, oder wenn er sie um sich versammelte im Tempel, wie eine Henne ihre Küchlein sammelt unter ihre Flügel, und die erhabenste Weisheit ihnen darbot in den schlichten Kinderworten einfacher Gleichnisse.

Leben war's, was Petrus bei ihm fand, als er ausrief: Wohin sollen wir gehen von dir, du hast Worte des ewigen Lebens! Volle Genüge war's, was Maria bei ihm fand, als sie weltvergessen zu seinen Füßen saß und hörte seiner Rede zu. Da war's erst recht erfüllt, was David in seinem Psalter erfuhr: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln; er weidet mich auf einer grünen Aue und führt mich zum frischen Wasser.

Und diese grüne Aue grünt noch heut, dieses frische Wasser fließt auch uns. - Die Fluren um Bethlehem sind wüste geworden und die Weidetriften von Galiläa liegen dürr und trocken da, wie uns die Reisenden berichten. Aber das Evangelium, das der Herr einst dort verkündet, ist immer noch eine gesunde Seelenweide und frische Paradiesesau. Menschliche Lehrsysteme sind veraltet und gepriesene Weisheitsbrunnen sind abgestanden im Lauf der Zeit. Aber aus Christi Bergpredigt, aus seinen Gleichnissen, aus seinen Abschiedsreden, aus seinen Kreuzesworten, aus seinem ganzen Evangelium quillt immer noch Leben und volle Genüge.

O dass das die Leute glauben wollten! „Sie sind verschmachtet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben.“ über wieviel Tausenden im Volk, alt und jung, gilt auch noch heute diese Klage, weil sie von dem nichts wissen oder von dem nichts wollen, der Leben hat und volle Genüge. Ach was ist das für Weide, die sie da finden auf den öden Klippenhöhen des Unglaubens oder in den sumpfigen Niederungen der Sinnenlust.

Oft ist's geradezu der Tod, der geistliche oder der leibliche Tod, den sie dort sich holen. Wie mancher schön begabte Mensch ist dem Guten allmählich abgestorben, weil es ihm an der rechten Nahrung fehlte für seine unsterbliche Seele; wie manches unschuldige Herz ist vergiftet worden, weil es an die giftigen Brunnen schlechter Bücher oder auf die verpestete Weide schlechter Gesellschaft geriet; wie manches junge Leben ist einem frühen Tod verfallen, weil es, statt von den guten Hirten sich führen zu lassen auf rechter Straße, den losen Verführern folgte auf die Irrwege der Sünde und des Verderbens; ja wie manche arme verirrte Seele, die ihren Gott und sich selbst verloren, hat sich in verzweifeltem Selbstmord dem Tod in die Arme gestürzt!

Und ist's nicht der Tod für Leib und Seele, so ist's doch nur dürftige Nahrung, so ist's doch nicht volle Genüge, was die Welt uns bietet. Was menschlicher Geist und menschlicher Fleiß, menschliche Kunst und menschliche Wissenschaft Gutes, Wahres und Schönes zu Tage gefördert hat, wir wollen's nicht unterschätzen. Unterhaltung und Belehrung für Geist und Herz, Förderung und Nahrung für unseren inneren Menschen, Rat und Trost in allerlei Lagen des Lebens mögen wir auch bei Menschen uns holen.

Aber ist's volle Genüge? Ists Antwort auch auf die höchsten Fragen? Ists Trost auch für die trübsten Stunden? Ists Kraft auch für die schwersten Pflichten? Ists Balsam auch für die tiefsten Wunden? Ists Befriedigung auch für die innersten und heiligsten Bedürfnisse der Seele? Erinnerst du dich keiner Stunde in deinem Leben, wo nichts, was dich sonst erfreute, keine Gesellschaft, keine Unterhaltung, kein Buch, kein Spaziergang, nicht Natur noch Kunst noch Wissenschaft dich trösten konnte, wo alles das dir schal und geschmacklos vorkam und du aufseufztest, aufschriest aus tiefstem Herzen: Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott?

Nur Einer ist's, der diesen Durst stillen kann, weil er Leben hat und volle Genüge; Einer nur, der in den Jammer der Welt hineinrufen darf: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken - weil er der gute Hirte ist. Wo die menschliche Weisheit zu Ende ist, da fängt die seinige an; wo unsere Gerechtigkeit zu Schanden wird, da tritt er mit der seinen ein; wo wir keinen Trost mehr wissen, da bietet er den seinen an; wo es ums Höchste und Letzte sich handelt, Erlösung von Sünden, Friede mit Gott, Hoffnung im Tod, da tritt er ein, der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung, der gute Hirte, der Leben gibt und volle Genüge. Darum ist's auch:

3) Eine große Herde, die er um sich sammeln will.

Eine kleine Herde stand dort um ihn versammelt, als er unsere Worte sprach: „Aber ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall und dieselben muss ich herführen und sie werden meine Stimme hören und wird eine Herde und ein Hirte werden.“

Mit diesen Worten blickt der Herr über das kleine Häuflein seiner Jünger hinaus auf die große Gemeinde, die sich unter seinem Kreuzpanier noch sammeln sollte, und blickt über sein trotziges Volk Israel, das allein im Besitz des Heils sein und doch dem guten Hirten nicht folgen wollte, hinaus auf die Heidenvölker, die noch in der Irre gehen und die er unter seinem Stab noch sammeln und führen will auf die rechte Straße. Weil er der gute Hirte ist, der mit seiner Liebe die ganze Welt umfasst; der gute Hirte, der Leben und volle Genüge hat für alle Bedürfnisse der Menschheit, darum zählt er auch auf eine große Herde und blickt siegesgewiss hinaus auf eine große Zukunft seines Reichs.

Und wahrlich, er hat sich und den Seinen nicht zuviel versprochen. Wenn wir seine Herde von heute vergleichen mit seiner Herde von damals, da er inmitten eines kleinen Jüngerhäufleins gegenüber einer erdrückenden Masse von Gegnern diese kühne Prophezeiung sprach, - hat es nicht die Geschichte von bald zwei Jahrtausenden bewiesen: Ja er ist der gute Hirte für alle Welt, er hat Leben und volle Genüge für die Herzensbedürfnisse der ganzen Menschheit trotz aller Mannigfaltigkeit der Nationen, trotz allem Wechsel der Zeiten, trotz allen Fortschritten der Bildung auf Erden, weil er das Eine hat, das allen not tut?

Aber nicht nur die Vergangenheit hat's herrlich erfüllt, was er verheißt: Ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall und dieselben muss ich herführen und sie werden meine Stimme hören. Auch für die Zukunft liegt eine tröstliche Verheißung darin, auch für die Gegenwart fließt eine wichtige Mahnung daraus.

Die Verheißung liegt darin: Viele, die jetzt noch ferne sind von seinem Reich, taub für sein Wort und blind für sein Licht, ganze Völker wie einzelne Seelen, will er noch hinzuführen, dass sie seine Stimme hören. Darum so finster es auch aussehen mag da und dort, verzweifelt an keinem Volk, verzweifelt an keinem Menschen, verzweifle auch keines an der eigenen Seele!

Und die Mahnung fließt daraus: Vergesst nicht das große Ziel: eine Herde und ein Hirt, und helft soviel an euch ist, dass es zur Wahrheit werde. Zankt euch nicht engherzig und unbrüderlich, die ihr zur einen Herde gehört und euch nach einem Heiland nennt, sondern vertragt euch untereinander und wetteifert miteinander in dem Einen, wer ihm am treuesten folgt! Und die noch fern von seiner Herde sind, die verachtet nicht und fürchtet nicht und stoßt sie nicht lieblos zurück als Verworfene und Verlorene, sondern arbeitet mutig fort am Werk der äußeren und der inneren Mission, damit wenigstens etliche gerettet werden.

Dieser Tage war ein Mann in unserer Stadt, ein vielgeschmähter, der besser ist als sein Ruf, und hat ein ernstes Wort gesprochen von den Notständen in den großen Städten, den leiblichen und den geistlichen, und wie da zu helfen sei durch die rettende Hirtenliebe. Kein Wort hat er gesagt, zu dem nicht auch seine bittersten Gegner Ja und Amen sagen müssten. Möchte sein Wort unter uns nicht ganz fruchtlos verhallen! Möchte der Ruf des guten Hirten, den wir heute vernommen, an uns nicht vergeblich sein! Herr Jesu, du guter Hirte und Bischof unserer Seelen, dir befehlen wir unsere eigenen, dir befehlen wir aller Menschen Seelen!

Du wirst dein herrlich Werk vollenden,
Der du der Welten Heil und Richter bist;
Du wirst der Menschheit Jammer wenden,
So dunkel jetzt dein Weg, o Heil‘ger, ist;
Drum hört der Glaub nie auf zu dir zu flehn,
Du tust doch über Bitten und Verstehn!

Amen.

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