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Judas, Kapitel 1

Judas, Kapitel 1

1:1 Judas, ein Knecht Jesu Christi, ein Bruder aber des Jakobus, den Berufenen, die da geheiligt sind in Gott, dem Vater, und bewahrt in Jesu Christo:1)

1:2 Gott gebe euch viel Barmherzigkeit und Frieden und Liebe!

1:3 Ihr Lieben, nachdem ich vorhatte, euch zu schreiben von unser aller Heil, hielt ich's für nötig, euch mit Schriften zu ermahnen, daß ihr für den Glauben kämpfet, der einmal den Heiligen übergeben ist.

1:4 Denn es sind etliche Menschen nebeneingeschlichen, von denen vorzeiten geschrieben ist solches Urteil: Die sind Gottlose, ziehen die Gnade unsers Gottes auf Mutwillen und verleugnen Gott und unsern HERRN Jesus Christus, den einigen Herrscher.

1:5 Ich will euch aber erinnern, die ihr dies ja schon wisset, daß der HERR, da er dem Volk aus Ägypten half, das andere Mal umbrachte, die da nicht glaubten.

1:6 Auch die Engel, die ihr Fürstentum nicht bewahrten, sondern verließen ihre Behausung, hat er behalten zum Gericht des großen Tages mit ewigen Banden in der Finsternis.

1:7 Wie auch Sodom und Gomorra und die umliegenden Städte, die gleicherweise wie diese Unzucht getrieben haben und nach einem andern Fleisch gegangen sind, zum Beispiel gesetzt sind und leiden des ewigen Feuers Pein.

1:8 Desgleichen sind auch diese Träumer, die das Fleisch beflecken, die Herrschaft aber verachten und die Majestäten lästern.

1:9 Michael aber, der Erzengel, da er mit dem Teufel stritt und mit ihm redete über den Leichnam Mose's, wagte er das Urteil der Lästerung nicht zu fällen, sondern sprach: Der HERR strafe dich!

1:10 Diese aber lästern alles, davon sie nichts wissen; was sie aber natürlich erkennen wie die unvernünftigen Tiere, darin verderben sie.

1:11 Weh ihnen! denn sie gehen den Weg Kains und fallen in den Irrtum des Bileam um Gewinnes willen und kommen um in dem Aufruhr Korahs.

1:12 Diese Unfläter prassen bei euren Liebesmahlen ohne Scheu, weiden sich selbst; sie sind Wolken ohne Wasser, von dem Winde umgetrieben, kahle, unfruchtbare Bäume, zweimal erstorben und ausgewurzelt,
Sonst ganz wie Wolken. Nur ohne Wasser. Wo sie von dem Wind der Zeitströmung und Modemeinung hingetrieben werden, gibt es keinen fruchtbaren Geistesregen, keine Tränen zur Buße, keine Bekehrungen, kein Wachstum des Christen - denn Gras wächst nicht ohne Wasser, und wo es nie regnet, wird die Wüste. Eine fürchterliche Schilderung falschen Christentums, das wohl seltsame Gedankengänge und seelische Stimmungen kennt, aber keine Kraft aus dem erhöhten Heiland empfängt, um sich vom Bösen zu scheiden. Gibt es nicht solche neumodische Christen auch in unseren Tagen, deren Unfruchtbarkeit mit ihrer Anmaßung wetteifert. Gott bewahre seine Gemeinde vor solchen Predigern und unsere Kinder vor solchen Lehrern! Christus ist nicht in ihrem Getriebe; mögen sie zu Zeiten noch so viel Ansehen bei der Welt haben und noch so viel tönende Worte machen. An der Kraft, die die Sünde ausscheidet und den Sünder zur Bekehrung bringt, muß es sich auf die Dauer zeigen, ob der Herr sich zu solchen Wolken ohne Wasser bekennt. Christen ohne den lebendigen Christus, ohne Glauben an seine Versöhnung und leibliche Auferstehung sind Irrlehrer.
Herr, behüte du die Einfältigen, daß sie nicht verführt werden. Der Abfall wächst, und das Geheimnis der Bosheit wird offenbar. Ach, offenbare uns deine Kraft und deine Wahrheit. Wir schauen aus nach dir, Herr Jesu! Amen. (Samuel Keller)

1:13 wilde Wellen des Meeres, die ihre eigene Schande ausschäumen, irre Sterne, welchen behalten ist das Dunkel der Finsternis in Ewigkeit.

1:14 Es hat aber auch von solchen geweissagt Henoch, der siebente von Adam, und gesprochen: „Siehe, der HERR kommt mit vielen tausend Heiligen,

1:15 Gericht zu halten über alle und zu strafen alle Gottlosen um alle Werke ihres gottlosen Wandels, womit sie gottlos gewesen sind, und um all das Harte, das die gottlosen Sünder wider ihn geredet haben.“

1:16 Diese murren und klagen immerdar und wandeln dabei nach ihren Lüsten; und ihr Mund redet stolze Worte, und achten das Ansehen der Person um Nutzens willen.

1:17 Ihr aber, meine Lieben, erinnert euch der Worte, die zuvor gesagt sind von den Aposteln unsers HERRN Jesu Christi,

1:18 da sie euch sagten, daß zu der letzten Zeit werden Spötter sein, die nach ihren eigenen Lüsten des gottlosen Wesens wandeln.

1:19 Diese sind es, die da Trennungen machen, Fleischliche, die da keinen Geist haben.
Man gibt ich oft viele Mühe, die Wahrheit gründlich zu beweisen, und thut damit aufrichtigen und ernsthaften Gemüthern einen wichtigen Dienst, bei Andern aber richtet man nichts aus, weil diese die Liebe der Wahrheit nicht angenommen, sondern dagegen das Eitle lieb und die Lügen gern haben. Obgleich man ihnen also die Wahrheit beweist, so verwerfen sie dieselbe doch, weil sie dieselbe nicht lieb haben, da es ihnen dann an leeren Einwendungen wider den Beweis derselben nicht fehlt, und obgleich die Lügen thöricht sind, und keinen scheinbaren Beweis für sich haben, so glauben sie dieselben doch, weil sie dieselben lieb haben. Solche Leute heißen in der Bibel Spötter, und diese Spötter sind viel ärger als unwissende oder auch verführte Leute, welche bereit sind, von der Wahrheit sich belehren und überzeugen zu lassen. Solcherlei Spötter gab es zur Zeit der Apostel, und hernach in allen Jahrhunderten: jetzt aber ist ihre Zahl sehr groß; weßwegen auch die letzte antichristische Verführung und Noth bald einbrechen wird. Diese Leute schmücken sich mit der Sittenlehre, und reden und schreiben viel von der Tugend, wenn man sie aber in der Nähe besieht, so findet man, daß sie nach ihren eigenen Lüsten des gottlosen Wesens wandeln. Sie machen Rotten oder Spaltungen, weil sie der Wahrheit mit dem Mund und mit der Feder witzig widersprechen, und dadurch unbefestigte Leute an sich ziehen; da es dann ihrer Eigenliebe wohlthut, wenn sie auf den Ruin der alten Wahrheit sich selbst das Ehrenzeichen der Verbesserer, der lichtvollen köpfe, der starken und witzigen Geister aufrichten können, und einen großen Haufen betrogener Schüler um sich sehen. Sie sind aber Fleischliche, oder haben nur eine natürliche Seele, und keinen Geist. Freilich haben sie nur eine natürliche Seele, und begehren auch keine andere zu haben, weil sie die tiefe Verderbniß derselben leugnen, und zu ihrem natürlichen Verstand und Willen das beste Zutrauen haben. Sie haben keinen Geist, weil sie die Wiedergeburt, durch welche er in den Menschen entsteht, nur für eine neue Richtung halten, in welche die natürlichen Neigungen gebracht werden sollen, und das Geheimnißreiche bei diesem Werk Gottes nicht erkennen; ja weil sie weder eingestehen noch erfahren wollen, daß Gott übernatürlich in der Seele wirke, sie erleuchte, reinige, in Sein Bild verkläre, und zu einer neuen Kreatur mache. Was wird nun diese Leute für ein Gericht treffen? Enoch hat es schon geweissagt, da er sagte: siehe, der HErr kommt mit viel tausend Heiligen, Gericht zu halten über Alle, und zu strafen alle ihre gottlosen, um alle Werke ihres gottlosen Wandels, damit sie gottlos gewesen sind, und um alles das Harte, das die gottlosen Sünder wider Ihn geredet haben, V. 14. 15. Diejenigen aber, welche die Wahrheit lieben, und die Lügen hassen, sollen die Ermahnung des Apostels Judas zu Herzen nehmen, der V. 20. 21. sagt: ihr, meine Lieben, erbauet euch auf euren allerheiligsten Glauben, durch den Heiligen Geist, und betet: und behaltet euch in der Liebe Gottes, und wartet auf die Barmherzigkeit unsers HErrn Jesu Christi zum ewigen Leben. Laß, HErr, meinen Gang gewiß sein in Deinem Wort, und laß kein Unrecht über mich herrschen, Ps. 119,133. (Magnus Friedrich Roos)

1:20 Ihr aber, meine Lieben, erbauet euch auf euren allerheiligsten Glauben durch den heiligen Geist und betet,
Der Apostel Judas Thaddäus hatte die Christen, an die er seinen Brief schrieb, und die er Berufene nennt, die geheiligt seien in Gott dem Vater, und behalten in Jesu Christo, vor gottlosen Spöttern gewarnt, die damals Rotten machten, und die Greuel, die diese begingen, mit einer falschen Lehre schmücken wollten. Im Gegensatz gegen dieselben nennt er den Glauben der Christen ihren allerheiligsten Glauben. Der Urheber desselben ist nämlich der heilige Gott. Auch erfordert dieser Glaube die Heiligung des Menschen und wirkt sie. Bei allen andern Religionen, auch bei der jüdischen (nicht zwar wie sie von David, Jesaias und Andern, sondern von den jetzigen Juden gefaßt und ausgeübt wird), ist noch Raum zum Sündigen, und überdieß ein Mangel an der Wahrheit, welche von der Sünde frei machen könnte: der christliche Glaube hingegen ist ein sehr heiliger Glaube, und wird eben dadurch als göttlich und wahr ausgezeichnet. Auf diesen unsern allerheiligsten Glauben sollen wir uns erbauen. Wir sollen ihn durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes bei der Aufmerksamkeit auf das Wort Gottes, das wir hören und lesen, recht und völlig verstehen lernen. Dabei soll aber dieser Glaube auch unser Glaube sein, so daß wir ihn annehmen, die Kraft desselben empfinden, und dem Vorbild der Lehre, dem wir ergeben sind, auch von Herzen gehorsam werden, wie Paulus Röm. 6,17. schreibt. Je reiner und völliger bei uns die Erkenntniß unseres allerheiligsten Glaubens, je fester unsere Ueberzeugung von der Wahrheit desselben, und je reicher unsere Erfahrung von der Kraft desselben ist, desto weniger werden wir von allerlei Wind der Lehre umgetrieben werden, desto ruhiger und leichter werden wir Alles, was unserem allerheiligsten Glauben zuwider ist, von uns abweisen können. Es gibt Menschen, welche, ehe sie auf den allerheiligsten Glauben recht erbaut sind, sich aus Vorwitz allerhand fremde und neue Meinungen bekannt machen, und sich als unerfahrene und unbefestigte Leute in’s Disputiren einlassen, da es dann leicht so weit mit ihnen kommen kann, daß sie an Allem zweifeln, oder den Lügen glauben. Aber o Christ, erbaue dich zuvörderst auf deinen allerheiligsten Glauben, so wirst du ohne gelehrtes Disputiren Alles, was demselben zuwider ist, als unnöthig, schwach, schädlich und lügenhaft erkennen, ketzerische Menschen, wenn sie von dir oder Andern ein oder abermal ermahnt worden sind, meiden, und falsche Propheten an ihren Früchten erkennen. Doch sagt Judas auch dieses: betet durch den Heiligen Geist, und behaltet euch in der Liebe Gottes, und wartet (bei dem Leiden dieser Zeit) auf die (völlige Erweisung der) Barmherzigkeit unseres HErrn Jesu Christi zum ewigen Leben, und haltet (in Ansehung derer, die noch zu retten sind) diesen Unterschied, daß ihr Etliche, die zweifeln, mit Gründen überweiset, Einige aber so rettet, wie man etwas rettet, das man schnell aus dem Feuer reißt, mit Andern aber doch nicht ohne Furcht barmherzig redet und handelt, dabei aber den befleckten Rock des Fleisches, das ist die sündliche Unreinigkeit, nicht entschuldigt, sondern hasset, V. 21.22.23. Diese Anweisung ist auch zu unserer Zeit sehr nöthig. (Magnus Friedrich Roos)


Achtet auf das große Kennzeichen des echten Gebets: „Durch den Heiligen Geist.“ Die Saat der Andacht, die Gott angenehm ist, muss aus dem Vorratshause des Himmels stammen. Nur das Gebet, das von Gott kommt, steigt wieder zu Gott empor. Das Verlangen, das Er in eure Herzen schreibt, bewegt sein Herz und bringt einen Segen auf euch hernieder, aber des Fleisches Wünsche und Begehren haben keine Macht über Ihn.
Durch den Heiligen Geist beten, heißt inbrünstig beten. Kalte Gebete begehren vom Herrn nicht, dass Er sie höre. Wer nicht inbrünstig betet, betet gar nicht. Du kannst ebensogut von einem lauen Feuer reden, als von einem lauen Gebet; es ist unerlässlich, dass es glühend heiß ist. Das Gebet durch den Heiligen Geist ist anhaltend. Der wahre Beter gewinnt im Beten Kräfte und wird inbrünstiger, wenn Gott mit seiner Erhörung verzieht. Je länger die Tür verschlossen bleibt, umso heftiger setzt er den Türklopfer in Bewegung, und je länger der Engel im Ringkampfe anhält, umso fester wird sein Entschluss, Ihn nicht zu lassen, Er segne ihn denn. Köstlich ist in Gottes Augen ein tränenvolles, ringendes, unüberwindliches Anhalten im Gebet. Das Gebet muss demütig sein, denn der Heilige Geist ist allem Stolze abhold. Es ist sein Amt, uns unsrer Sünde zu überführen, und also uns zu beugen in Reue und Herzenszerknirschung. Wir werden nie singen: Ehre sei Gott in der Höhe, wenn wir nicht vorher zu Gott flehen: Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir. Aus der Tiefe müssen wir schreien, sonst gelangen wir nie zur Herrlichkeit in der Höhe. Das Gebet muss von Liebe durchdrungen sein. Die Liebe ist des Gebets süßer Geruch: die Liebe zu unsern Miterlösten und die Liebe zu Christo. Das Gebet muss voll Glaubens sein. Ein Mensch empfängt nur so viel, als er glaubt. Der Heilige Geist ist der Anfänger des Glaubens und stärkt uns so, dass wir im Glauben an Gottes Verheißung leben. Ach, dass doch alle diese seligen Eigenschaften der göttlichen Gnade als eine unschätzbare und liebliche Würze des Gebets bei uns überwiegen möchten, weil der Heilige Geist in unsern Herzen wohnt! O du hochgelobter Tröster, wirke nach Deiner mächtigen Kraft in uns, und hilf unsrer Schwachheit im Gebet auf! (Charles Haddon Spurgeon)

1:21 und erhaltet euch in der Liebe Gottes, und wartet auf die Barmherzigkeit unsers HERRN Jesu Christi zum ewigen Leben.2)
Wäre unser HErr Jesus Christus nicht wahrhaftiger Gott, so hätte man nicht nöthig, nur immer auf Seine Barmherzigkeit zu warten, denn Er wäre als das vortrefflichste Geschöpf schuldig, die Ehre, die man Ihm leistet, zu belohnen. Fürwahr ein Geschöpf kann gegen dem Andern immer in eine Verbindlichkeit gesetzt werden. Nur deßwegen, weil Christus wahrhaftiger Gott ist, und wie der Vater sagen kann: wer hat Mir was zuvor gegeben, daß Ich’s ihm vergelte? nur deßwegen ist Er wie der Vater über alle Schuldigkeit und äußerliche Verpflichtung unermeßlich erhaben, und was man von Ihm erwarten kann, ist Barmherzigkeit Das Wort Barmherzigkeit soll alle eitle Einbildung von eigenem Verdienst und Würdigkeit, aber auch den Unglauben, der eben deßwegen zagt, weil er kein eigenes Verdienst vor sich siehet, aus meinem Herzen vertreiben. Moses war kühn, da er den HErrn glaubig bat: laß mich Deine Herrlichkeit sehen. Der HErr erhörte seine Bitte, sagte aber zu diesem Seinem alten und treuen Knecht: wem Ich gnädig bin, dem bin Ich gnädig, und wessen Ich Mich erbarme, dessen erbarme Ich Mich, s Mos. 33,19., und gab ihm dadurch zu verstehen, daß die Gewährung seiner Bitte aus der lautersten Gnade und Barmherzigkeit fließe. Wie vielmehr soll ich armer Sünder bei meinem täglichen Bitten mich der Barmherzigkeit meines HErrn Jesu Christi getrösten, und weil ich mich noch mangelhaft, elend und sterblich fühle, und allerhand Noth vor mir sehe, auf Seine Barmherzigkeit warten, wie sie sich auch in’s Künftige an mir offenbaren werde. Bei allen Fällen, ja bis in’s ewige Leben hinein, soll und darf ich auf Seine Barmherzigkeit warten. Mein Warten soll also nicht nur auf diejenigen Erweisungen Seiner Barmherzigkeit gerichtet sein, welche zum Durchkommen durch die Welt nöthig sind, sondern es soll fortgesetzt werden, bis ich mit allen Gerechten am jüngsten Tag in’s ewige Leben werde eingehen dürfen. Wenn ich vorher viele Jahre Ihm treulich dienen werde, so werde ich doch am Ende in Ansehung meiner selbst ein unnützer Knecht heißen, weil ich keinen Dank und Lohn erworben habe, den mir mein HErr schuldig wäre (Luk. 17,7-10.); wenn Er mir aber im Tode und am jüngsten Tage Barmherzigkeit erzeigen wird, so werde ich dadurch überschwenglich beglückt werden, und mir können genügen lassen. Ich hoffe aber mit allen Glaubigen, daß Er’s thun werde, denn Er ist ja unser HErr Jesus Christus. Er bekennt Sich nach Seiner unermeßlichen Liebe zu uns, und wir bekennen uns im Glauben zu Ihm. Er wird als unser HErr Sich unserer als Seines Volkes erbarmen, Er wird nach Seinem Jesus-Namen, an den wir glauben, mit uns handeln, und als der Gesalbte Seine königliche Macht und Seine priesterliche Gerechtigkeit anwenden zu unserer Seligkeit. Ich wünsche mir und meinem Hause, was Paulus 2 tim. 1,16.18. gewünscht hat, da er schrieb: der HErr gebe Barmherzigkeit dem hause Onesiphori, denn er hat mich oft erquicket, und hat sich meiner Ketten nicht geschämt, der HErr gebe ihm, daß er finde Barmherzigkeit bei dem HErrn an jenem Tage.(Magnus Friedrich Roos)


Paulus sagte 1 Tim. 1,16.: mir ist Barmherzigkeit widerfahren. Eben dieses konnten Timotheus und Titus rühmen, und doch wünscht er diesen Gnade, Barmherzigkeit und Friede. Wem also Barmherzigkeit widerfahren ist, dem kann man wünschen, daß sie ihm noch weiter widerfahre. Deßwegen wünschte auch Judas den Glaubigen, an die er schrieb: Gott gebe euch viel Barmherzigkeit und Friede, V. 2., und Paulus wünschte 2 Tim. 1,16.: der HErr gebe Barmherzigkeit dem Hause Onesiphori. Barmherzigkeit ist die Quelle aller Wohlthaten Gottes, sie mögen leiblich oder geistlich, zeitlich oder ewig heißen. Es ist Barmherzigkeit, wenn Gott einen Menschen aus seiner Mutter Leibe zieht, wenn er seinen Odem bewahret, und ihm die Nothdurft seines Leibes und Lebens bescheeret. Es ist aber eine noch größere Barmherzigkeit, wenn er den Sünder beruf, Buße und Glauben in ihm wirkt, ihm seine Sünden vergibt, und ihn als Sein Kind annimmt. Wer bis dahin gekommen ist, kann in eben dem Sinn sagen: mir ist Barmherzigkeit widerfahren, in welchem Paulus es von sich gesagt hat. Aber nun darf er auch nach der Anweisung des Apostels Judas V. 21. warten auf die Barmherzigkeit unseres HErrn Jesu Christi, wie sie sich noch weiter an ihm offenbaren will. Wenn Gott Sein Werk, das Er in der Seele angefangen hat, mit großer Geduld, Treue und Weisheit fortführet, wenn Er sie vollbereitet, stärkt, kräftiget und gründet, folglich in der Heiligung weiter führet, wenn Er dem Gerechten die täglichen Fehltritte vergibt, ihn lehrt, züchtigt und tröstet, endlich aber zu einem seligen Hingang in die himmlische Heimath geschickt macht, seine Seele in diese Heimath wirklich aufnimmt, den Leib nach seiner Grabesruhe zum ewigen Leben aufweckt, und endlich dem ganzen Menschen Seines Vaters Reich als ein Erbe schenkt, so ist dieses eine fortgesetzte Erweisung der Barmherzigkeit. Ja alle Freuden, welche die Auserwählten auch nach dem jüngsten Tage in die ewige Ewigkeit und ohne Ende genießen werden, werden beständige Ausflüsse der unveränderlichen und unerschöpflichen Barmherzigkeit Gottes sein. Die Barmherzigkeit schließt alles Verdienst im eigentlichen Verstand aus. Es wäre thöricht, wenn man behaupten wollte, daß irgend ein Geschöpf, sollte es auch der vornehmste Engel sein, den Schöpfer in eine Verbindlichkeit gegen sich setzen könne; denn dieser sagt Hiob 41,2.: wer hat Mir was zuvor gethan, daß Ich’s ihm vergelte? Es ist Mein, was unter allen Himmeln ist. Wie viel weniger wird Gott dem Menschen, der ein Sünder ist, etwas zu vergelten schuldig sein. Nicht alle Geschäfte sind elend, alle aber sind sehr gering und klein vor Gott. Gott bedarf keines Dings, und hat das Leben in Sich selber, alle Dinge aber bedürfen Seiner in jedem Augenblick. Gott ist allein gut, allein weise, allein mächtig, wie die heilige Schrift sagt, alle Geschöpfe haben ihr Gutes von Ihm. Diese könnten nach vielen Veränderungen, die mit ihnen vorgehen, wieder Nichts werden, wenn Gott es haben wollte, ja sie müßten jeden Augenblick Nichts werden, wenn Gott sie nicht immer mit Seinem kräftigen Wort trüge: aber Gott ist Jehovah, der ist, und der war, und der sein wird, der Ewige, welcher bleibet, wie Er ist, und dessen Jahre kein Ende nehmen. HErr, laß mir Deine Barmherzigkeit widerfahren, daß ich (ewiglich) lebe; denn ich habe Lust zu Deinem Gesetz. Ps. 119,77.(Magnus Friedrich Roos)

1:22 Und haltet diesen Unterschied, daß ihr euch etlicher erbarmet,

1:23 etliche aber mit Furcht selig machet und rücket sie aus dem Feuer; und hasset auch den Rock, der vom Fleische befleckt ist.

1:24 Dem aber, der euch kann behüten ohne Fehl und stellen vor das Angesicht seiner Herrlichkeit unsträflich mit Freuden,
Bewegt in euren Herzen das wunderbare Wort: „Unsträflich!“Wir sind jetzt noch gar weit davon entfernt; da aber der Herr, unser Heiland, unaufhörlich an dem Liebeswerk unserer Vollendung fortarbeitet, so werden wir noch einmal dahin gelangen. Der Heiland, der die Seinen bis ans Ende bewahren will, will sich endlich auch selbst darstellen „eine Gemeinde, die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder des etwas, sondern daß sie heilig sei und unsträflich.“ Alle Edelsteine in des Heilands Krone sind von reinsten Wasser und ohne den geringsten Tadel. Alle Ehren-Jungfrauen im Gefolge der Braut des Lammes sind reine Jungfrauen, ohne Mangel noch Makel. Wie aber will der Herr Jesus uns unsträflich machen? Er wird uns abwaschen von unseren Sünden mit seinem Blut, bis wir herrlich und hell sind wie Gottes reinste Engel; und wir werden mit seiner Gerechtigkeit bekleidet werden, einer Gerechtigkeit, die den Heiligen, der darin erscheint, ganz und gar unsträflich darstellt; ja, ganz vollkommen vor dem Angesicht Gottes. Wir werden untadelig und unsträflich sein in seinen Augen. Das Werk des Heiligen Geistes in uns wird ganz vollkommen sein. Er wird uns so völlig heiligen, daß wir gar nicht mehr die kleinste Neigung zum Bösen fühlen. Verstand, Gemüt, Wille; jede Kraft und Eigenschaft wird frei gewordensein von der Sklaverei der Sünde. Wir werden heilig sein, gleichwie Gott heilig ist, und werden in seiner Gegenwart auf ewig wohnen. Die Heiligen werden keine Fremdlinge im Himmel sein, ihre Schönheit wird so groß sein wie die Herrlichkeit des Ortes, der ihnen bereitet ist. O, welch ein Entzücken wird das einst sein, wenn die Tore der Ewigkeit sich weit öffnen und wir eingehen dürfen in das Erbe der Verheißung und mit den Heiligen im Licht wohnen! Die Sünde abgetan, der Satan ausgeschlossen, alle Versuchung auf ewig vorbei, und wir selber „unsträflich“ vor Gott, das ist wahrlich der Himmel! Lasset uns freuen und fröhlich sein, wenn wir uns jetzt das Lied des Lobgesanges vergegenwärtigen, das bald in vollen, reichen Harmonien den Äther durchwogen wird aus dem Munde der bluterkauften Scharen; wir wollen Davids Hosiannarufe wiederholen und mit ihm frohlocken vor der Bundeslade her, zum Vorspiel unseres Entzückens vor dem Thron. (Charles Haddon Spurgeon)


In gewissem Sinne ist der Weg zum Himmel sehr sicher und gefahrlos, aber in andrer Beziehung ist kein Pfad so voller Gefahren und Beschwerden. Er ist mit Hindernissen und Anstößen übersäet. Ein einziger falscher Tritt (und wie leicht ist der geschehen, wenn die Gnade den Fuß nicht leitet), so stürzen wir in den schauerlichen Abgrund. Wie oft müssen wir mit dem Psalmisten ausrufen: „Ich aber hätte schier gestrauchelt mit meinen Füßen, mein Tritt hätte beinahe geglitten.“ Wären wir starke Bergbesteiger mit sicherm Tritt und schwindelfreiem Blick, so hätte es nicht so viel auf sich; aber wenn wir uns wollten auf die eigene Kraft verlassen, wie müssten wir da erfahren, wie schwach wir sind! Auf den ebensten Straßen straucheln wir bald, auf den lieblichsten Pfaden fallen wir leicht. Diese unsre wankenden Kniee vermögen kaum die schwankende Last unsers Körpers zu tragen. Ein Strohhalm kann uns zu Fall bringen, und ein Kieselsteinchen uns verwunden; wir sind wie kleine Kinder, die mit Zittern die ersten Fußtritte im Wandel des Glaubens wagen, und unser himmlischer Vater hält uns an unsern Armen, denn sonst liegen wir bald danieder. Ach, wenn wir vor dem Falle bewahrt werden, wie müssen wir da die geduldige Macht segnen, die Tag für Tag über uns wacht! Bedenkt, wie schnell wir sind zur Sünde, wie unüberlegt wir uns der Gefahr aussetzen, wie sehr wir geneigt sind, uns zu überstürzen; und diese Betrachtungen legen uns lieblichere Lieder auf die Lippen, als wir je denken konnten: „Dem aber, der euch kann behüten ohne Fehler, dem Gott, der allein weise ist, unserem Heilande, sei Ehre und Majestät und Gewalt und Macht, nun und zu aller Ewigkeit!
Wir haben viele Feinde, die uns zu Falle bringen möchten. Der Weg ist rau und wir sind schwach, aber überdies lauern Feinde im Hinterhalt und brechen hervor, wenn wir es uns am wenigsten versehen, und suchen uns niederzuwerfen oder über den nächsten Abgrund hinunter zu stürzen. Nur ein allmächtiger Arm kann uns bewahren vor diesen unsichtbaren Feinden, die uns zu verderben suchen. Ein solcher Arm hat sich unser angenommen und will uns verteidigen. Er ist treu, der es verheißen hat, und Er kann uns behüten vor dem Falle, also dass wir bei allem tiefen Gefühl unsrer großen Schwachheit uns mit einem festen Glauben freuen dürfen über unsre vollkommene Sicherheit. (Charles Haddon Spurgeon)

1:25 dem Gott, der allein weise ist, unserm Heiland, sei Ehre und Majestät und Gewalt und Macht nun und zu aller Ewigkeit! Amen.
Ein geheimnißvoller Ausspruch ist im 9. Verse enthalten: „Michael aber, der Erzengel, da er mit dem Teufel zankend sich beredete über den Leichnam Mosis, wagte nicht ein Urtheil der Lästerung zu fällen, sondern sprach: der Herr schelte dich.“ Der Apostel berührt hier einen Vorgang, dessen sonst in der h. Schrift keine Erwähnung geschieht. Ob Judas die Kunde davon einer alten Ueberlieferung oder einer unmittelbaren göttlichen Offenbarung verdankte, verschlägt für die Glaubwürdigkeit der merkwürdigen Geschichte nichts, da sie in einer apostolischen Schrift verzeichnet steht. Der Erzengel stritt mit dem Erzfeinde aller göttlichen Ordnung um den Leichnam Mosis, vielleicht in dem Augenblick, als Gott sich anschickte letzteren aufzuerwecken und zu verklären; also wahrscheinlich unmittelbar nach Christi Auferstehung, wo viele Leiber entschlafener Heiligen neubelebt aus ihren Gräbern hervorgegangen sind. Da tritt Satan dazwischen und legt Protest dagegen ein, vielleicht weil Moses durch den ihm versagten Einzug in’s gelobte Land vor dem ganzen Volke als Sünder bezeichnet worden war; Michael beginnt zu Mosis Gunsten mit dem Fürsten der Finsterniß zu rechten und bekämpft den Verkläger mit der Waffe der Vermittelung des Sohnes Gottes, wirft für seinen Schützling das Opfer des Lammes in die Wagschale, und spricht: Der Herr, nämlich Christus, der dorngekrönte Bürge, schelte dich, du Satan. Und freilich gegen das blutige Versöhnungswerk und die priesterliche Verwendung Christi für den Sünder konnte der Satan nicht weiter an. Der Allmächtige sprach sein Schöpferwort über dem Grabe Mosis, die Verwesung floh, und was in Unehre und Schwachheit gesäet worden war, stand in Macht und Herrlichkeit wieder auf. – Die Erkauften Christi sind Gottes nach Leib und Seele. Lebendig oder todt: sie ruhen in Seiner Liebe Schooß. Auch ihres im Grabe modernden Gebeins vergißt Er nicht. Sie sind dem Herrn heilig; sie bleiben’s in Ewigkeit! Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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