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1. Petrus, Kapitel 2

1. Petrus, Kapitel 2

2:1 So leget nun ab alle Bosheit und allen Betrug und Heuchelei und Neid und alles Afterreden,
Die Apostel begnügen sich nie damit, in allgemeinen Ausdrücken zu reden, wie man müsse heilig sein, ohne daß man das weiß, wie man Hand anlegen soll, sie bringen die Sachen zur Sprache, um welche es sich handelt, wenn etwas werden soll mit der Heiligung des Menschen. So fängt Petrus jetzt ernst an: „Leget ab alle Bosheit!“
Da heißt es gleich: „Für wen hältst du uns denn? wir sind ja wiedergeboren!“ Es soll aber nur kein Mensch glauben, er habe keine Bosheit mehr im Herzen, oder er täuscht sich. Wieviel Boshaftes ist im Herzen verborgen, was nicht immer zum Ausbruch kommt, aber man merkt es doch bei mancher Gelegenheit, daß man damit zu kömpfen hat. Der Apostel preist um der Leser seines Briefes willen Gott, er nimmt sie ganz als Kinder Gottes und sagt dennoch: „Leget ab die Bosheit; leget ab den Betrug!“ Wenn man die andern, oft auch nur in kleinen Dingen, hinter das Licht führen will, wenn man verdeckt, was man offen haben soll, auftut, was man aus Liebe verdecken soll, ein wenig zu viel rechnet in den eignen Beutel und dgl., wenn man im Handel und Wandel, im Kaufen und Verkaufen ein wenig die Fehler vertuscht, wie wenn alles recht wäre, wenn man jemanden täuscht, mit leeren Worten abspeist, für sich sorgt und auf das Seine sieht, statt auf das, was des andern ist, so heißt das Betrug. Wer nur ein klein wenig den betrügerischen Sinn gelten lasssen mag, der wird immer weiter fortgerissen und kann in arg böse Dinge geraten.
Weiter heißt es: Leget ab alle Heuchelei, mit der man seine Untugend zudecken und, was man im Schilde führt, nicht merken lassen will und ein frommes Gesicht hinmacht, als wäre man ein Engel, damit andere nicht merken sollen, wie man innerlich im Widerspruch steht, auch nach seinen Ansichten und Plänen mit dem Gesetze des Herrn. Öft läßt man sich ohne Widerstand auch vom Feinde etwas einblasen und nimmt es an, kommt in den Zorn hinein, in Ärger und Schadenfreude; man läßt es sich im Gesicht nicht anmerken, man betet deswegen ebenso, versteht schöne, fromme Redensarten zu machen - kurz, wer weiß sich da frei von Heuchelei?
Und von Neid und Afterreden, was soll ich da viel sagen? O Neid! wie mußt ihn der Nächste oft empfinden! Wie läßt man es ihn fühlen mit einem Blicke, mit einem Worte, statt die Gefühle des Neides gleich im Keime zu überwinden. Und Afterreden - es bleibt immer die Gewohnheit, mehrBöses als Gutes von seinem Nebenmenschen zu sagen, auch gern mit ein wenig Freude und Selbstgefälligkeit. Ich weiß gewiß, wenn von einem im Hause etwas Schlechtes gesagt werden könnte, in fünf Minuten wüßte es das ganze Haus. Wer trägt es herum? Die Schadenfreude, das Afterreden. Ach, wer ist frei davon? Sehet, das sind so Sachen, von denen der Apostel sagt: „Leget es ab!“ Aber der Übelstand ist der, ich kann es nicht so ablegen, daß es dann ganz fort ist. Das wäre recht, wenn ich nur zu sagen brauchte: „Jetzt, Bosheit, geh fort und komm mir nie mehr!“ - So leicht ist eees aber nicht, und das ist auch der Grund, weshalb der Apostel sagt: „So leget nun ab!“ – das muß alle Tage wieder geschehen, und wenn man nicht ernstlich darüber kämpft, so ist es gefehlt. Nun, da haben wir etwas Wichtiges gehört. Wie arm kann es aussehen bei uns, wenn man diese Sachen hier herausläßt! Aber sie müssen je länger je mehr weg, oder man kann nicht sagen, man sei heilig, wie er heilig ist. (Christoph Blumhardt der Jüngere)


Ist das unüberlegt oder beleidigend, daß Petrus bei seinen Lesern vorauszusetzen scheint, daß sie neidisch sind - oder zeigt das den reifen Menschenkenner? Ich möchte mich für das letzte entscheiden. Geistlicher Brotneid, daß man dem andern seine Erfolge im Reich Gottes nicht gönnt oder seine Nähe zum Heiland, gehört zu den letzten Lastern, die ein Christ, der vor Gott wandelt, ablegt. Denn dieser Neid ist wie feiner Staub, der sich unmerklich in alle Falten des Herzens setzt. Man kann in dieser Staubluft nicht atmen, beten! Achte aber noch auf eine Besonderheit: ein ganz Unmusikalischer pflegt den fremden Sänger mit der schönen Stimme gar nicht zu beneiden, während der Stümper, der sich sonst daheim gern hören läßt und nach Anerkennung seiner Stimme hungert, am meisten unter den Qualen des Neides leidet. Schärfer als der Neid sieht nur noch erbarmende Liebe. Es gibt Bilder, die sind unter der schärfsten Lupe gemalt; so malt der Neid des Bruders Fehler. Wollen wir nicht beim nächsten Hausputz unserer Seele den Neid zum letztenmal ablegen und als einen nutzlosen, gefährlichen Stauberreger in eine Kiste packen und diese zum Teufel schicken?
Herr, hilf mir, von jeder solchen häßlichen Regung loskommen. Auch wenn mir scheint, daß du jemand doch viel lieber hast als mich. Erbarme dich und reinige mich vom Neid, durch den ich mich ja nur noch weiter von dir entferne. Reinige mich und habe mich dann soviel lieb, als ich's vertragen kann. Amen. (Samuel Keller)

2:2 und seid begierig nach der vernünftigen, lautern Milch als die jetzt geborenen Kindlein, auf daß ihr durch dieselbe zunehmet,

2:3 so ihr anders geschmeckt habt, daß der HERR freundlich ist,
„So anders:“ das ist also keine ausgemachte Sache bei einem jeglichen, der zum Menschengeschlecht gehört. „So:“ hier ist mithin eine Möglichkeit und eine Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass etliche nicht geschmeckt haben, wie der Herr so freundlich ist. „So:“ dann ist dies nicht eine allgemeine, sondern eine besondere Gnadengabe; und es ist notwendig, dass wir danach forschen, ob wir die Gnade Gottes aus innerer Erfahrung kennen. Es gibt keine geistliche Gnadenerweisung, bei welcher wir nicht Veranlassung haben, unser Herz darauf zu prüfen. Aber wenn dies uns ein ernstliches und inniges Gebetsanliegen sein soll, so sollten wir uns nicht zufrieden geben, solange noch irgendein: „So anders“ uns darüber beunruhigt, ob wir geschmeckt haben, dass der Herr freundlich ist. Ein aufrichtiges und heiliges Misstrauen gegen sich selbst kann im Herzen des Gläubigen eine solche Frage veranlassen, aber die Fortdauer eines solchen Zweifels wäre wahrlich etwas Schlimmes. Es geht nicht ohne einen verzweifelten Kampf ab, wenn wir den Heiland in unsre Glaubensarme fassen und sprechen wollen: „Ich weiß, an welchen ich glaube, und bin gewiss, dass Er kann mir meine Beilage bewahren bis an jenen Tag.“ Ruhe nicht, gläubige Seele, bis du eine völlige Gewissheit in deinem Herzen hast, dass du Jesu angehörst und Ihn liebst. Nichts gewähre dir Befriedigung, bis dass du durch das unfehlbare Zeugnis des Heiligen Geistes, der Zeugnis gibt deinem Geist, die Versicherung der Kindschaft Gottes empfangen hast. O, hier handelt sich‘s nicht um Kleinigkeiten; begnüge dich mit keinen „Vielleicht,“ und „Möglich,“ und „Wenn,“ und „So anders.“ Baue auf den Grund ewiger Wahrheiten, und baue fest darauf. Trachte nach den gewissen Gnaden Davids, und erlange sie gewiss und wahrhaftig. Wirf den Anker deiner Hoffnung ins Allerheiligste, hinter den Vorhang, und habe acht, dass deine Seele mit einem unzerreißbaren Tau an den Anker befestigt sei. Halte dich nicht bei den verhängnisvollen „So anders“ auf; vorwärts! Bleibe nicht dahinten in der Wüste der Zweifel und Befürchtungen; schreite kühn durch den Jordan des Zagens, und ziehe ein ins gelobte Land des Friedens, wo zwar der Kanaaniter noch wohnt, wo aber die Erde nicht aufhört, reichlich Korn zu tragen, und wo Milch und Honig in unversieglichen Bächen fließen. (Charles Haddon Spurgeon)


Schmecken, daß der HErr freundlich sei, steht nicht nur denjenigen Christen zu, welche es in der Heiligung weit gebracht haben, sondern auch den neugebornen Kindlein in Christo; denn Petrus sagt: seid begierig nach der vernünftigen lautern Milch, als die jetzt gebornen Kindlein, auf daß ihr durch dieselbe zunehmet, so ihr anders geschmecket habt, daß der HErr freundlich ist. Die Wiedergeburt geschieht nicht, ohne daß die Seele die Freundlichkeit Gottes schmecken darf. Wenn sie nämlich durch das Gesetz, welches ihr das Recht Gottes, sie zu verdammen, vorhält, ja sie die schwere Hand Gottes fühlen läßt, erschreckt und zermalmt worden ist, so wird sie durch die Empfindung der Freundlichkeit Gottes wieder aufgerichtet, und bekommt durch dieselbe diejenige Erquickung, welche der Heiland allen Mühseligen und Beladenen, die zu Ihm kommen, verheißen hat. Durch diese Erquickung entsteht der Glaube in der Seele, durch welchen der Mensch die Gerechtigkeit und das ewige Leben erlangt. Das Mittel, welches der Heilige Geist dabei braucht, ist das Evangelium, welches Er der Seele auf eine kräftige und empfindliche Weise zueignet; deßwegen sind diejenigen, welche die Freundlichkeit Gottes durch das Evangelium, und so wie sie im Evangelium geoffenbart ist, geschmeckt haben, noch weiter nach dieser vernünftigen lautern Milch begierig. Das Evangelium wird eine Milch genannt, weil es lieblich, stärkend, und auch Kindern in Christo faßlich ist, eine lautere Milch, weil es mit keinem Irrthum vermengt ist, und eine vernünftige Milch, weil es von dem göttlichen Sinn oder Verstand ausgeflossen ist, und mit dem Verstand des Menschen gefaßt werden muß. Nach dieser vernünftigen lautern Milch sollen denn die jetzt gebornen Kindlein in Christo begierig sein, damit sie durch dieselbe zunehmen. Was also zur Erweckung des Glaubens und zur ersten Erquickung der Seele dienlich ist, ist auch zum geistlichen Wachsthum dienlich, und es ist begnadigten Seelen sehr schädlich, wenn sie nach ihrer Begnadigung die lautere Milch des Evangeliums als etwas, das nur für Anfänger gehöre, verlassen, nach seltsamen Meinungen lüstern werden, und sich hernach von mancherlei und fremden Lehren umtreiben lassen. Wer aber in seinem Christenthum recht zunehmen will, glaubt im Fortgang eben dasjenige Evangelium völliger, welches er zuerst schwächlich geglaubt hatte, und erkennet Christum, welcher ihm durch dasselbe im Anfang vor die Augen gemalt worden ist, im Fortgang besser und mit einer gewissern Zuversicht. Es gibt kein anderes Evangelium, als das einzige, Gal. 1,7. Wenn man’s aber glaubt, und als eine Milch gleichsam trinkt, so kann man durch dasselbe von Zeit zu Zeit wieder schmecken, daß der HErr freundlich sei; ja dieses Schmecken nimmt selber zu, weil der neue Mensch mit seinen geistlichen Sinnen immer stärker wird. Fürwahr, wer die Freundlichkeit Gottes und die Kräfte der zukünftigen Welt schmeckt, genießt etwas, womit die Freuden der Welt bei Weitem nicht zu vergleichen sind. HErr Jesu, Du bist nicht nur gut und voll Liebe in Dir selbst, sondern auch freundlich, und gibst Dich zu empfinden und zu genießen. Wer hätte eine gute Stunde ohne Doch? Gib Dich mir, und nimmt mich hin. (Magnus Friedrich Roos)

2:4 zu welchem ihr gekommen seid als zu dem lebendigen Stein, der von Menschen verworfen ist, aber bei Gott ist er auserwählt und köstlich.

2:5 Und auch ihr, als die lebendigen Steine, bauet euch zum geistlichem Hause und zum heiligen Priestertum, zu opfern geistliche Opfer, die Gott angenehm sind durch Jesum Christum. 1)
Mancherlei Bauarbeit tut die Christenheit. Sie baut Häuser, in denen junge Menschen heranwachsen können, Gott zur Ehre und sich selbst zum Heil. Sie baut Schulen, in denen unsere Jugend zu Gott hingeführt und zugleich in die Welt hineingeleitet wird. Sie arbeitet am Volkstum mit, schützt es vor Zerfall in Bosheit und Gottlosigkeit und nimmt teil an jedem guten Werk, das den Volksgenossen Nutzen bringt. Aber ihr köstlichster Beruf und heiligstes Werk ist das, dass sie das geistliche Haus aufbaut, durch das Gott sich in der Menschheit einen Tempel herstellt. Dieses Haus besteht aus lebendigen Steinen. Denn durch lebendige Menschen, nicht durch ein Gebäude und nicht durch irgendein Gerät macht Gott seine Gegenwart und Gnade offenbar. Deshalb ist dieses Haus geistlich und bekommt durch Gottes heiligen Geist seine Beschaffenheit. Dieser ist hier der Bauherr; denn lebendige Steine entstehen nur durch die Wirkung des Geistes und durch sie werden sie zusammengebracht und zu einem Bau vereint. Deshalb, weil die Christenheit von Gottes Geist ihr Leben und ihre Gemeinschaft empfängt, ist sie nicht nur die Empfängerin, sondern auch die Trägerin der göttlichen Gnade; so wird sie zum Zeugnis und Beweis der Gegenwart Gottes bei uns. Weil Gottes Haus aus lebendigen Steinen besteht, sind hier der Tempel und die Priesterschaft eins. Jeder, der in den Bau hineingefügt wird, wird dadurch auch ein Glied des priesterlichen Geschlechts, dem Gottes Anbetung und Bezeugung aufgetragen ist. Das selige Vorrecht und der herrliche Dienst des Priesters besteht darin, dass er opfert. In diesem Tempel und von dieser Priesterschaft dargebracht sind die Opfer geistlich. Denn durch den Geist entsteht unser Vermögen, Gott so anzubeten, dass seine Größe von uns gepriesen wird, und ihm unsere Liebe so darzubringen, dass sie seinen Willen tut. Was dürfen wir Gott als unsere Gabe zum Opfer bringen? Alles, das Innerlichste und das Greifbare. Paulus hat den Glauben das Opfer der Gemeinde genannt, mit dem sie Gott ehrt. Indem sie sich im verborgenen Grund des Herzens an Gottes Gnade hält, bringt sie ihm das dar, was sie ihm geben kann. Aber auch unser Leib mit allem, was an ihm hängt, mit dem Besitz und dem Geld und der Wirtschaft, kann und muss das Opfer werden, mit dem wir Gott verherrlichen. Wie kann ich noch fragen, wozu ich da sei und wohin die Menschheit durch ihre Geschichte geleitet werde? Der Tempel Gottes wird gebaut und seine Priesterschaft gesammelt. Werde ein lebendiger Stein in Gottes Haus. Das ist meines Lebens Sinn und Ziel.
Weil Du, Herr Gott, Dich zu uns hältst, machst Du uns Menschenkinder reich. Verbunden mit Dir, wird alles rein, alles heilig und in alles legt sich Dein Segen und Deine ewige Kraft. In Deinem Haus hat der Vogel sein Nest gefunden und der Wille sein Ziel und die Kraft ihren Dienst. Nimm mir, was mir das Opfer, das ich Dir bringen darf, schwer machen will, damit ich mit willigem Herzen Dir lebe. Amen. (Adolf Schlatter)

2:6 Darum steht in der Schrift: „Siehe da, ich lege einen auserwählten, köstlichen Eckstein in Zion; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zu Schanden werden.“

2:7 Euch nun, die ihr glaubet, ist er köstlich; den Ungläubigen aber ist der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der zum Eckstein geworden ist,
Gleichwie alle Ströme ins Meer fließen, so vereinigt sich alle unsre Wonne in unserem Geliebten. Der Glanz seiner Blicke überstrahlt die Sonne; die Schönheit und der Zauber seines Antlitzes ist köstlicher denn die herrlichsten Blumen; kein duftender Wohlgeruch gleicht dem Hauch seines Mundes. Edelsteine aus den Schachten der Erde und Perlen aus des Meeres Tiefe sind wertlos, wenn man sie vergleicht mit seiner Herrlichkeit. Der Apostel Petrus sagt uns, dass der Herr Jesus köstlich ist, aber er sagte uns nicht und konnte es auch nicht sagen, wie köstlich, noch könnte irgendeiner unter uns den Wert der unaussprechlichen Gabe Gottes ermessen. Worte vermögen die Köstlichkeit des Herrn Jesu seinem Volke nicht zu schildern, noch völlig darzutun, wie wesentlich Er für unsre Erlösung und Seligkeit ist. Liebe gläubige Seele, hast du nicht mitten im Überfluss eine furchtbare Dürre empfunden, wenn dein Herr fern von dir war? Die irdische Sonne schien, aber Christus hatte sich verhüllt, und darum erschien dir die ganze Welt dunkel; oder es war Nacht, und wenn der herrliche, helle Morgenstern dir untergegangen war, so vermochte kein andrer Stern mehr, dir auch nur einen einzigen Lichtstrahl zu spenden. Was für eine wilde Wüste ist doch diese Welt ohne unsern Herrn! Wenn Er sich ein einziges Mal vor uns verbirgt, so sind die Blumen unsers Gartens dahin; unsre lieblichen Früchte welken; die Vögel hören auf mit ihrem muntern Gesang, und ein Sturm zerstört alle unsre Hoffnungen. Alle irdischen Leuchter zusammen sind nicht imstande, Tageshelle zu verbreiten, wenn die Sonne der Gerechtigkeit verfinstert wird. Er ist die Seele unsrer Seele, das Licht unsers Lichtes, das Leben unsers Lebens. Liebe Seele, was könntest du in der Welt ohne Ihn tun, inmitten ihrer Versuchungen und Nöten? Was könntest du am Morgen beginnen ohne Ihn, wenn du aufwachst und hinausblickst auf des Tages Kämpfe und Mühen? Was könntest du am Abend tun, wenn du matt und müde heimkommst, wenn nicht zwischen dir und Christo sich eine Tür der Gemeinschaft öffnete? Gelobt sei sein Name, Er gibt nicht zu, dass wir es ohne Ihn wagen, denn Jesus verlässt die Seinen nie. Ja, lasse den Gedanken, was das Leben ohne Ihn noch wäre, dir seine Köstlichkeit recht eindringlich ans Herz legen. (Charles Haddon Spurgeon)

2:8 ein Stein des Anstoßens und ein Fels des Ärgernisses; denn sie stoßen sich an dem Wort und glauben nicht daran, wozu sie auch gesetzt sind.

2:9 Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, daß ihr verkündigen sollt die Tugenden des, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht;
Obschon der große Gott sagen kann: es ist Alles Mein, was unter allen Himmeln ist, Hiob 41,2., so hat Er doch auch ein besonderes Volk des Eigenthums, gleichwie ein König unter vielen Städten seines Landes eine besondere Residenzstadt, unter vielen Regimentern, woraus sein Kriegsheer besteht, ein besonderes Leibregiment, und unter den vielen Unterthanen, die ihm gehorchen müssen, eine besondere Dienerschaft hat, die seinen Hofstaat ausmacht. Zur Zeit des Alten Testaments war das Volk Israel das Volk des Eigenthums Gottes, 2 Mos. 19,5.6., weil aber nicht alle Israeliten der Stimme des HErrn gehorchten, und Seinen Bund hielten, so sagte Paulus mehrmals deutlich, die Vorzüge und Verheißungen, die Gott Israel gegeben habe, gehen nur die Auserwählten unter Israel, hernach aber auch die Heiden, die dem Stammbaum Israels durch den Glauben eingepfropfet werden, an. Auch Petrus schrieb an glaubige Israeliten, die unter den Heiden wohnten: ihr, nicht die verstockten Juden, sondern ihr seid das Volk des Eigenthums Gottes; oder ihr seid das Volk, das Gott für Sein besonderes Eigenthum hält. Gleichwie Gott zu einem solchen Volk sagt: du bist Mein Volk, und zu einem jeden Glied desselben: du bist Mein, also darf dieses Volk und ein Jeder, der dazu gehört, das unschätzbare Wort auf sich deuten: Ich, der HErr, bin dein Gott. Das ist, Ich verwende alle Meine Eigenschaften für dich, Ich gebe Mich dir hin, daß du Mich nach deinem ganzen Begehren genießest; Meine Ruhe, Meine Freude, Meine Herrlichkeit soll dein sein.
Wer nun sagen will, daß er zu dem Volk des Eigenthums Gottes gehöre, und Gott sein Gott sei, soll der Stimme des HErrn gehorchen und Seinen Bund halten, wie Mos. 19,5. gesagt wird, und weil der Neue Bund oder das Neue Testament durch das Blut und den Tod Jesu bestätigt worden ist, vor allen Dingen dieses theure Blut, diesen unaussprechlich wichtigen Versöhnungstod mit seinem Glauben ehren, und zu dem Neuen Testament, das dadurch bestätigt worden ist, von Herzen Ja und Amen sagen. Daraus wird hernach die Willigkeit und Kraft entstehen, dem HErrn als Sein Eigenthum zu leben. Und wer ihm lebt, wird seine Ehre, seinen Reichthum, seine Freude, und überhaupt seine Glückseligkeit nicht außer Gott suchen, und wenn er Ihn hat, weder nach dem Himmel noch nach der Erde fragen. Weil auch Gott ein ganzes Volk hat, das Sein eigen ist, so soll ein Jeder, welcher dazu gehört, wissen, daß er nicht einzeln für sich bleiben, sondern sich an alle Heiligen in der Liebe anschließen soll, weil Alle miteinander Ein Volk ausmachen. Auf der Erde ist zwar dieses Volk zerstreut, im himmlischen Tempel aber werden diejenigen, die zu diesem Volk gehören, nach und nach versammelt, und werden hernach im neuen Jerusalem in der lieblichsten Eintracht bei einander wohnen; denn diese Stadt wird eine Hütte Gottes bei den Menschen sein, und Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden Sein Volk sein, und Er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein, Off. 21,3. Der einige Gott hat nicht Völker sondern Ein Volk, welches unter Ihm als dem einigen HErrn steht, und durch die Liebe verbunden ist. (Magnus Friedrich Roos)

2:10 die ihr weiland nicht ein Volk waret, nun aber Gottes Volk seid, und weiland nicht in Gnaden waret, nun aber in Gnaden seid.

2:11 Liebe Brüder, ich ermahne euch als die Fremdlinge und Pilgrime: enthaltet euch von fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten,

2:12 und führet einen guten Wandel unter den Heiden, auf daß die, so von euch afterreden als von Übeltätern, eure guten Werke sehen und Gott preisen, wenn es nun an den Tag kommen wird.
Christen müssen sich als die Fremdlinge und Pilgrime auf Erden ansehen und verhalten. Ihr Leben auf Erden ist nur ein kurzer Aufenthalt und Durchgang. Sie sind, gleich allen Menschen, wie die Auswanderer, die ihr leibliches Geburtsland verlassen. Sie gehen dahin den Weg alles Fleisches durch die Zeit in die Ewigkeit. Sie wissen und sind sich's bewußt, daß hier ihres Bleibens nicht ist. Seit Adam haben zwar viele auf Erden gewohnt, aber keiner ist da wohnen geblieben, alle sind nur wie die Miethsleute gewesen, haben nach einander ausziehen, ihre Wohnung, ja ihre Güter andern überlassen, und nackt und bloß dahin fahren müssen, wie sie in die Welt gekommen sind. Aber Christen sehen sich doch noch aus einem anderen Grün- de als die Fremdlinge und Pilgrime auf Erden an. Ihre Fremdlingschaft und Pilgrimschaft beruht nicht blos darauf, daß ihnen nicht blos um der Sünde willen gesetzt ist zu sterben, wie Moses sagt: „Das macht dein Zorn, daß wir so vergehen, und dein Grimm, daß wir so plötzlich dahin müssen;“ sondern darauf, daß sie, als wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung, ihre Heimath im Himmel haben. Dem Sohne Gottes, der für sie ein Fremdling und Pilgrim geworden ist, haben sie es zu danken, daß sie Bürger mit den Heiligen und Gottes Hausgenossen geworden sind, und ihnen ein unvergängliches, unbeflecktes und unverwelkliches Erbe im Himmel behalten ist. Sie sind nicht wie die anderen, welche keine Hoffnung haben, welche entfremdet sind von dem Leben, das aus Gott ist; welche in Sünden dahin fahren, und eben deßhalb auch so ungern bedenken, daß sie davon, und alles dahinten lassen müssen. Christen wissen, an wen sie glauben, und sind gewiß, daß ihre Fremdlingschaft und Pilgrimschaft ihnen nicht Strafe, sondern Gnade, nicht Schaden, sondern Gewinn ist; daß sie dem Herrn wallen, und ihnen beim Ausgange aus der Zeit reichlich dargeboten wird der Eingang zu dem ewigen Reich ihres Herrn und Heilandes Jesu Christi. Sie wissen, daß, so ihr irdisches Haus dieser Hütte gebrochen wird, sie einen Bau haben, von Gott erbauet, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel. Darum dulden sie auch hienieden den Raub ihrer Güter mit Freuden, als die da wissen, daß sie bei ihnen selbst eine bessere und bleibende Habe im Himmel haben. Kurz, weil ihr Vaterland, ihr Vaterhaus, ihr Kindestheil und Erbe im Himmel ist, darum sehen sie sich gern an als die Fremdlinge und Pilgrime auf Erden und sagen: „Herr, ich bin beides, dein Pilgrim und dein Bürger, ich habe hier keine bleibende Statt, sondern die zukünftige suche ich, und bin getrost und habe Lust, außer dem Leibe zu wallen und daheim zu sein bei dir!“ - Aber nicht blos ansehen, sonder n auch verhalten sollen sich die Christen als Fremdlinge und Pilgrime auf Erden. Weil die fleischlichen Lüste wider die Seele streiten, weil sie vom Wege des Lebens zurückhalten oder im Laufe nach dem vorgesteckten Ziele aufhalten; so sollen sie sich derselben enthalten. Und weil sie nicht blos in der Welt, sondern der Welt selbst Fremdlinge sind, ihr fremd in Sprache, Sitten und Benehmen, daß man sie mit Befremdung betrachtet und scharf ins Auge faßt - so sollen sie einen guten Wandel führen, sollen züchtig, gerecht und gottselig leben in dieser Welt, ihr zum Zeugniß, sich selbst aber zu desto freudigerer Pilgerschaft. (Carl Johann Philipp Spitta)

2:13 Seid untertan aller menschlichen Ordnung um des HERRN willen, es sei dem König, als dem Obersten,

2:14 oder den Hauptleuten, als die von ihm gesandt sind zur Rache über die Übeltäter und zu Lobe den Frommen.

2:15 Denn das ist der Wille Gottes, daß ihr mit Wohltun verstopft die Unwissenheit der törichten Menschen,

2:16 als die Freien, und nicht, als hättet ihr die Freiheit zum Deckel der Bosheit, sondern als die Knechte Gottes.

2:17 Tut Ehre jedermann, habt die Brüder lieb; fürchtet Gott, ehret den König!2); 3)

2:18 Ihr Knechte, seid untertan mit aller Furcht den Herren, nicht allein den gütigen und gelinden, sondern auch den wunderlichen.

2:19 Denn das ist Gnade, so jemand um des Gewissens willen zu Gott das Übel verträgt und leidet das Unrecht.

2:20 Denn was ist das für ein Ruhm, so ihr um Missetat willen Streiche leidet? Aber wenn ihr um Wohltat willen leidet und erduldet, das ist Gnade bei Gott.4)
Es gibt kaum etwas Schwereres, als ein Unrecht von unseren Mitmenschen ertragen zu müssen. Dabei handelt es sich nicht bloß um einen Verlust oder einen Schmerz; die Ungerechtigkeit und die damit verbundene Demütigung wird schmerzlich fühlbar und das Rechtsbewußtsein möchte sich geltend machen. Es ist auch nicht ganz leicht, sofort in dem, was uns von Menschenhand geschieht, den Willen Gottes zu erkennen, der es erlaubt, daß wir also geprüft werden, um beweisen zu können, daß wir in der Tat Jesus zu unserem Vorbild genommen haben.
Mein Bruder, möchtest auch du Kraft bekommen, das Unrecht so zu ertragen, wie Jesus es ertrug? So gewöhne dich daran, in allem, was dir geschieht, Gottes Hand und Willen zu erkennen. Es hängt viel mehr davon ab, als du vielleicht denken magst. Ob dir nun großes Unrecht geschieht, oder ob dir im täglichen Leben eine kleine Beleidigung begegnet ist, so halte still, und ehe du deine Gedanken auf die Person richtest, die dir weh getan hat, so bedenke: „Gott hat es erlaubt, daß ich in diese Not komme, um mich zu prüfen, ob ich Ihn darin verherrlichen werde. Diese Prüfung, sei sie nun groß oder klein, ist von Gott zugelassen, ja, sie ist sein Wille für mich.“ Beuge dich unter diesen Willen Gottes; wenn dadurch deine Seele zur Ruhe gekommen sein wird, so wirst du auch lernen, wie du dich zu benehmen hast. Den Blick abgekehrt von den Menschen und zu Gott gerichtet, da ist es nicht so schwer, Unrecht zu leiden, wie es zuerst scheinen möchte. (Andrew Murray)

2:21 Denn dazu seid ihr berufen; sintemal auch Christus gelitten hat für uns und uns ein Vorbild gelassen, daß ihr sollt nachfolgen seinen Fußtapfen;
Als Beter erfasste Jesus Seine Jünger innerlich so. dass sie sehnlichst verlangten, auch Beter zu werden. Sie mussten erkannt haben, welche Macht im Gebete liegt. Nicht nur um ganz allein mit dem himmlischen Vater zu sein, zog sich der Herr in die Einsamkeit zurück. Die Zeugen Seiner Taten hatten das köstliche Vorrecht, öfter mit Ihm allein stille Stunden zu verbringen. Johannes sagt uns, dass sich Jesus mit Seinen Jüngern oft im Garten Gethsemane versammelte. (Ev. Joh. 18, 2.) Ob sie wohl hier in seliger Abgeschlossenheit nicht auch zusammen gebetet haben? Es wird uns nicht gesagt, aber die Vermutung liegt doch sehr nahe. Nur das wissen wir gewiss, dass Er bei Seinem legten Kampfe in diesem Garten die Jünger zum Gebet aufgefordert hat. Sie hatten also den Herrn nicht nur beten hören, sie konnten auch schon beten. Dass sie aber erst nach dem Empfang des Heiligen Geistes im Geiste und in der Wahrheit zu beten vermochten, ist selbstverständlich. Die Salbung macht Jünger zu wahren Betern, sie macht auch auf diesem Gebiete dem Heiland ähnlich. Die Heiligkeit des Herrn, Seine alle Verlorenen umspannende Liebe und die Würde, Milde und Ruhe, die Sein ganzes Wesen verklärte und sich auf Seinem Angesichte ausprägte, mußte alle anziehen, die aufrichtigen Herzens waren. So steht denn Jesus als Beter groß vor uns; wir trösten uns dessen, dass Er auch für uns flehte und rang, ja, dass Er auch jetzt im Himmel für uns lebt und bittet. Was die Gemeinde an Heil, Leben und Seligkeit empfängt, das wird ihr durch Christi Vermittlung im Himmel zuteil. (Markus Hauser)


Gebote und Lehren sind allein nicht genug, die Menschen zu bilden, denn sie sind gewohnt, sich auch nach Vorbildern und Beispielen umzusehen, und sich nach denselben zu richten. Der König wie der Bettler nimmt unvermerkt die Sitten und Weisen derjenigen Menschen an, die vor ihm gelebt haben oder zu seiner Zeit leben, und insonderheit derjenigen, die mit ihm gleiches Standes sind. Glückselig ist derjenige, dem viele Beispiele rechtschaffener Christen bekannt werden, durch die er von der Beschaffenheit, Möglichkeit und Würde des wahren Christenthums überzeugt werden kann. Paulus konnte an die Philipper schreiben: folget mir, lieben Brüder, und sehet auf die, die also wandeln, wie ihr uns habt zum Vorbilde, Phil. 3,17. Doch ist Christus das größte und vollkommenste Vorbild in Seinem Wandel auf Erden geworden. Er hat Fußstapfen gelassen, denen wir nachfolgen sollen, das ist, Er hat Sich bei allen Gelegenheiten so bezeugt, Er hat so geredet und gehandelt, daß nun unsere größte Pflicht ist, gesinnt zu sein, wie Er war, zu wandeln, wie Er gewandelt hat, und in der Welt zu sein, wie Er war. Der himmlische Vater hatte Sein Wohlgefallen an Ihm, und Er war in Seiner Heiligkeit der Schönste unter den Menschenkindern, und noch jetzt gefällt dem himmlischen Vater nichts als das in uns eingedrückte Bild Seines Sohnes, und ein jeder Geist ist in demjenigen Grad ein schöner Geist, in welchem Christus in ihm eine Gestalt gewonnen hat. Wenn wir fragen, wo wir Sein Vorbild und Seine Fußstapfen erblicken können, so weiset uns Petrus auf den Lebenslauf Jesu, den die vier Evangelisten beschrieben haben, denn derselbe beweist, daß Christus nicht wieder gescholten habe, da Er gescholten ward, und nicht gedroht, da Er litt, sondern Alles Dem heimgestellt, der da recht richtet: und so kann man noch viele Lineamente des Bildes Jesu, und viele Fußstapfen Seines Wandels in demselben bemerken. Ueberdieß kennt der Heilige Geist den HErrn Jesum vollkommen: wenn man sich also Ihm überläßt, und Seiner Wirkung in sich Raum läßt, so bildet er die Seele durch’s Evangelium, daß sie Jesu ähnlich wird, und verklärt sie in Sein Bild von einer Klarheit zur andern. Freilich geschieht dieses nicht ohne die Ertödtung unsers alten Menschen, der sich durch Lüste in Irrthum selber verderbet. Wer Jesu ähnlich werden will, muß der Welt, ja sich selbst, insofern er vorher ein zorniger, geiziger, stolzer und unreiner Mensch war, unähnlich werden. Wer den Fußstapfen Jesu nachfolgen will, muß von dem Weg, worauf die feine und grobe Welt wandelt, abtreten. Der Weg der Welt geht durch die Lüsternheit zur Verdammniß; denn was die Albernen gelüstet, tödtet sie, Spr. Sal. 1,32. Aber der Weg der Fußstapfen Jesu geht unter dem Kreuz bei einem beständigen Gehorsam und unter dem Genuß der Gnade und des Friedens Gottes zur Herrlichkeit. Alles, was die heilige Schrift von dem richtigen, ebenen, schmalen und ewigen Weg sagt, ist von dem Weg der Fußstapfen Christi zu verstehen. (Magnus Friedrich Roos)


Für Petrus gab es in der Menschheit keinen finsteren Winkel mehr; auch am dunkelsten, scheußlichsten Ort wurde es Tag, weil auch dort die göttliche Gnade offenbar wird. Eine römische Sklavenkaserne war ein dunkler Winkel. Die, die dort zusammengepfercht hausten, waren völlig rechtlos und ohne Schutz dem brutalen Eigennutz ihres Herrn preisgegeben. Einem Christen, der in solcher Umgebung leben musste, wurde schmerzhaftes Leiden reichlich zuteil. Denn die Bosheit seines Herrn fand bei denen, die hier verkamen, willige Gehilfen. War nicht die Lage der Christen noch peinlicher geworden, als sie es schon vorher war? Sie litten um der Wohltat willen, weil sie gütig handelten. Wie heftig empören wir uns, wenn uns das Leiden deshalb auferlegt wird, weil wir das Gute tun! Das Antlitz des Menschen ist schon dann hässlich verzerrt, wenn er ohne Grund grausam ist, und vollends, wenn ihn die Güte des anderen grausam macht. Aber auch Gottes Angesicht wird uns, wenn wir unschuldig leiden, leicht verdunkelt. Entsteht nicht ein Riss in Gottes Weltordnung, wenn aus der Wohltat die Pein entsteht? Wo bleibt seine Gerechtigkeit? Hoffen wir denn vergeblich auf seinen Schutz, wenn er dann ausbleibt, wenn wir das Gute tun? Jetzt, sagt Petrus, wird Gottes Gnade an euch offenbar und ihr empfangt, was seine gebende Hand euch schenkt und sein Ruf euch verliehen hat, durch den er euch seine Gemeinschaft gab. Wohltun dürfen, Wohltun können, das ist zweifellos Gnade. Wie sollte ich es können, hätte mir nicht Gott seinen guten Willen gezeigt und ihn zur wirksamen Macht in meinem Herzen gemacht? Dass ich wohltun kann, ist die Gabe, die sein Wort mir brachte, und sein Wort, das zu mir kam, ist der Zeuge seiner Gnade und ist mir von dem gesagt, den seine Gnade uns gegeben hat. Durch Christus sind wir Berufene und durch ihn zum Wohltun gebracht. Kann ich nicht wohltun, ohne zum Leiden bereit zu sein, so wird dadurch mein Wohltun nicht geringer. So wird es vielmehr bewährt und gestärkt. Dadurch tritt ans Licht, dass ich wirklich unfähig bin, übel zu tun, und ernsthaft den Willen Gottes will und ihm in der Tat gehorche. Tritt ein, was ich ahnte, kommt die Pein, doch so, dass sie mich nicht beugt und zum Weichen zwingt, sondern standhaft erduldet wird, dann ist Gottes Gnade an mir groß geworden. Den Willen, um Gottes willen zu leiden, finde ich nicht bei mir selbst; er ist ein Geschenk. Nimmt er mein zagendes, vom Schmerz verwundetes Herz in seine Hand, dann halte ich standhaft aus. Darf ich auf solche Gnade hoffen und sie für mich erbitten? Sieh auf Jesus, sagt Petrus; an ihm siehst du, wozu dich Gottes Gnade berufen hat.
Wir empfangen, Vater, Deine Gnade, nicht nur am hellen, sondern auch am dunklen Tag, nicht nur in dem, was uns erquickt, sondern auch in dem, was uns schmerzt. Menschenhand kann bitter wehtun. Aber dein Lob kann sie mir nicht stören. Denn dein Licht scheint auch am finstersten Ort. Amen. (Adolf Schlatter)

2:22 welcher keine Sünde getan hat, ist auch kein Betrug in seinem Munde erfunden;

2:23 welcher nicht wiederschalt, da er gescholten ward, nicht drohte, da er litt, er stellte es aber dem anheim, der da recht richtet;
Ach, wie ganz anders würde es in der Christenheit im Ganzen und in den einzelnen Gemeinden aussehen, wenn Jesu Vorbild zur Richtschnur gemacht würde, wenn jeder, der da gescholten würde, nicht wieder schelten würde, jeder, der da litte, nicht drohte, sondern es dem anheim stellte, der da recht richtet.
Meine lieben Mitchristen, dies verlangt der Vater buchstäblich von uns. Wir wollen die Worte von Petrus immer und immer wieder lesen, bis unsere Seelen von dem Gedanken erfüllt sind: „Wenn ihr um Wohltat willen leidet und erduldet, das ist Gnade (oder „angenehm“) vor Gott.“ (Andrew Murray)


Wenn ein Mensch in seinem Christenthum und in seiner Bekehrung hat einen guten Anfang gemacht, daß er sich von äußerlichen groben Sünden gereinigt, als da sind: Fluchen, Entheiligung des Sabbaths, Ueppigkeit, Leichtfertigkeit, Ungerechtigkeit, Spielen, Welt-Gesellschaften, so muß er bedacht seyn, auch das Inwendige zu reinigen, sonderlich von Stolz, Neid, Zorn, Haß und Rachgier, und sich der Sanftmuth befleißigen. Die bestehet darin: 1) Daß man nicht Böses mit Bösem vergelte, nicht aus Haß, Zorn und Rachgier dem Nächsten drohe. 2) Ob wir sanftmüthig seyn, und diese edle Tugend besitzen, können wir nicht eher wissen, bis uns ein Feind angreift, der nach unserer Ehre, Gut und Namen trachtet; denn wer da gleich im Zorn entbrennt, flucht, schilt, droht, bei dem wohnt der sanftmüthige Geist Christi nicht. 3) Jedoch ist es nicht wider die Sanftmuth, Schutz gegen seine Feinde bei der Obrigkeit zu suchen, wie sich auch Paulus auf den Kaiser berief, und sich in des Kaisers Schutz begab, als man ihn in Lebensgefahr bringen wollte. Apostel Geschichte 25, v. 11. 4) Es steht wahren Kindern Gottes nicht an, wie Hunde zu beißen, wie Löwen sich zu zerreißen, wie wilde Thiere im Grimm und Bitterkeit zu verfolgen. 5) Bei solcher Verfolgung, wenn uns ein Feind drückt, will Gott eine Probe unsers Glaubens sehen, und uns zur Erkenntniß der vorher begangenen Sünden führen, ob wir vielleicht mit unserm ungerechten Verfahren andern Leuten Seufzer ausgedrückt haben. 6) Die Kennzeichen der Sanftmuth sind: im Herzen verzeihen, für die Feinde beten, Matth. 5,54, ihnen Gutes wünschen, alles Gute thun, alles Gute gönnen, und zur Versöhnung willig seyn. (Johann Friedrich Stark)

2:24 welcher unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, auf daß wir, der Sünde abgestorben, der Gerechtigkeit leben; durch welches Wunden ihr seid heil geworden.
Jesus ist nicht nur Arzt, Er ist zugleich die Medizin. In Seiner Verbindung geht eine heilende Kraft auf den Glaubenden über. Wenn du willst, kann Er dich wohl reinigen. Durch Seine Wunden heilt Er die Verwundeten. Wisse, was du zu tun hast. Blicke auf den Gekreuzigten und halte fest daran, dass Er dich heilt. Es ist gewiss sehr traurig, dass so viele Christen dafür halten, sie könnten nie recht von der Sünde los und frei werden. Hier finden wir's ganz anders. Gelobt sei unser Erbarmen! Warum aber schreitet die Heilung meistens so langsam vorwärts? Weil wir noch an diesen und jenen Dingen mit Zähigkeit hängen. Gar viele wollen nur teilweise geheilt sein. Es hört sich freilich sonderbar an; aber es ist doch leider wahr. Fragen wir uns heute, ob wir ganz frei sein wollen von aller Sünde? - Sagt uns diese Stelle auch etwas für unser Geistesleben? - Ganz gewiss! Heilt der Herr uns von aller Sünde, so kommt das dem ganzen Organismus sofort zugute. Der innere Mensch kann ja Krankheiten verursachen. Warum sollte seine Heilung nicht auch auf den Leib eine große Wirkung haben? Bei manchen hat die Bekehrung eine heilsame Wirkung auf den Organismus gehabt. Das ist besonders bei solchen der Fall, die eine große Freude verspüren Die Freude am Herrn kann Wunder wirken. Warum? Weil die Freude eine Lebenskraft ist. Ergreife darum das Heil des Herrn, so wirst du Großes erleben auch für einen schwachen, müden, kranken Leib. Lies 1. Petri 2 ganz. Du wirst hier unter Gott gestellt. Du hörst von Seiner Liebe, aber auch von dem ganzen Ernst der Wahrheit. Willst du ein Weltkind bleiben? Ruhe nicht, bis auch du sagen kannst: Durch Seine Wunden bin ich geheilt. (Markus Hauser)

2:25 Denn ihr waret wie die irrenden Schafe; aber ihr seid nun bekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.5)
Petrus nennt in diesem Kapitel Jesum den köstlichen Eckstein, der wohl gegründet ist, auf welchem seine Kirche gebauet ist, an dem alle Wellen des Weltmeeres zerbrochen werden und zurückprallen, wider den alle Pforten der Hölle nichts ausrichten, noch viel weniger ihn überwältigen können; ja, an dem alle spitzigen Messer der scharfen Vernunft vergebens und sich selbst stumpf arbeiten. Aber ich muß auch ein Stein werden! Von Natur habe ich wohl ein steinernes Herz; aber dieser Stein wird weggenommen, und alsdann lasse ich mich als ein lebendiger Stein auf den Eckstein Christum erbauen. Gottlob, daß ich schwacher und zerbrechlicher Stein auf einen so festen und unbeweglichen Stein zu liegen und zu ruhen komme! Es ist aber Christus ein lebendiger Stein; er ist die Quelle des Lebens selbst und das selbstständige Leben. Aber warum ist er denn in vielen Herzen ein todter Stein? Aus des Menschen eigner Schuld, der seine Lebenswirkungen in sich hindert und unterdrückt. Mir, mir werde doch Jesus ein lebendiger Stein, der mein steinernes, todtes Herz zum geistlichen und ewigen Leben erwecke. Ach, der thörichten Menschen, die diesen lebendigen Stein verwerfen! Es sind oft die Bauleute selbst, die es thun und auf Sand bauen! Der natürliche weise Mensch verachtet Alles, was nicht Vernunft, Lob, Kostbarkeit, Glanz und äußerliches Ansehen hat: Christus aber und der Glaube haben keines; was Wunder, daß sie verworfen werden? Wohl aber dem, der hier mit Christo gleichsam ein verworfener Stein ist; denn diese Verwerfung ist ein Zeichen der Wahl zu dem ewigen Gebäude! Von den Menschen verworfen, aber bei Gott ausgewählt. O wenn wir bei Gott auserwählt sind, so mag uns die Welt tausendmal verwerfen. Es ist ja Christo auch nicht besser ergangen, und doch ist Er bei Gott auserwählt geblieben. – Herr Jesu, Du bist und bleibst mir ein köstlicher Eckstein; ob Dich schon die Welt verwirft, so bist du doch köstlich vor Gott und auserwählt in aller Deiner Gläubigen Augen. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Der heilige menschliche Wandel unseres Heilandes auf Erden soll das Vorbild unseres Wandels sein. Wir sollen aufsehen auf ihn, den Anfänger und Vollender des Glaubens, sollen von ihm lernen, sollen gesinnet werden, wie er gesinnet war, und wandeln, wie er gewandelt hat; denn Gott hat uns verordnet, daß wir gleich sein sollen dem Ebenbilde seines Sohnes, auf daß derselbige der Erstgeborne sei unter vielen Brüdern. Aber so nothwendig es ist, daß wir Christo in diesem Sinne nachfolgen, und so ausdrücklich dieses von uns gefordert wird, so sind wir doch damit noch nicht tüchtig und geschickt dazu. Ehe er nicht durch Beweisung seiner Liebe uns zu sich gezogen, unsere Herzen für sich gewonnen, und dadurch unsern ganzen Menschen in seine Macht und unter seine Leitung bekommen hat; gehen wir doch unsere eignen Wege. Was Christus zu thun gebietet, das werden nur diejenigen thun, die geglaubt und erkannt haben, was Christus für sie gethan hat. Nur wer durch den Glauben ihn mit Herzensanhänglichkeit lieb hat, wird sich nicht vergeblich zur Nachfolge Christi ermahnen lassen. Wenn daher der Apostel die Christen zur Nachfolge des Herrn ermahnt, so thut er es in der Weise, daß er ihrem Glauben die Liebe Christi vorhält. Zur Gelassenheit und Geduld in unverschuldeten Leiden soll sie sein Vorbild darum bewegen, weil er nicht in seiner, sondern in ihrer Sache, nicht um seinetwillen, sondern um ihrentwillen gelitten hat. Der Sünde abzusterben und der Gerechtigkeit zu leben, das hält er ihnen nicht als ein Gebot vor, welches nur fordert, ohne die Kraft zu geben oder zu zeigen, welche zum Gehorsam erforderlich ist; sondern als Zweck des Opfertodes Christi, und als selige Folge bei denen, die es von Herzen glauben, daß Christus unsere Sünden selbst geopfert hat an seinem Leibe auf dem Holz, und die davon die Erfahrung an ihren Herzen gemacht haben, daß sie sagen können: „Durch seine Wunden sind wir heil worden.“ Und indem er sie auf ihren vormaligen elenden-, und auf ihren jetzigen seligen Zustand hinweiset, ihnen also vorhält, was sie Christo alles zu verdanken haben, erwecket er sie zur Nachfolge Christi durch seine große, alle Erkenntniß weit übersteigende, herzgewinnende Liebe. Ohne die Kraft dieser Liebe, die der Gläubige erfährt, vermag niemand den Fußstapfen des Herrn nachzufolgen. Die Apostel folgten dem Herrn nach durch diese Kraft. Was es in dieser Nachfolge zu überwinden giebt, das haben sie überwunden um deswillen, der uns geliebt hat. Weil sie im Glauben des Sohnes Gottes lebten, der sie geliebet und sich selbst für sie dargegeben hatte, darum zog sie der Herr sich nach, und sie liefen so sicher in seinen Fußstapfen dahin, daß ein Paulus (1 Cor. 4, 16.) die Corinther ermahnen konnte: „Seid meine Nachfolger!“ und die Thessalonicher (1 Thess. 1, 6.) bezeugen konnte: „Ihr seid unsere Nachfolger geworden und des Herrn.“ Was sollen wir thun, daß wir nicht dahinten bleiben? Lasset uns wie die Apostel leben im Glauben des Sohnes Gottes, der uns geliebet und sich selbst für uns dargegeben hat. Lasset uns ihn bitten, daß er durch seine Liebe uns zu sich ziehe, wie er verheißen hat Joh. 12, 32.: „Wenn ich erhöhet werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen.“ Lasset uns aus solchem Liebeszuge ihm folgen nach seinem Vorbilde und in seinen Fußstapfen. (Carl Johann Philipp Spitta)


In diesem Kapitel kommt es vornehmlich auf vier Punkte an, nämlich erstens, daß Petrus die Christen von aller Bosheit und Sünde ernstlich abmahnet, darnach, daß er zum Gehorsam und zur Ehrerbietung gegen die Obrigkeit aufmuntert, ferner, daß er besonders die Knechte ihrer Pflicht und Schuldigkeit erinnert, und zuletzt, daß er die Anweisung gibt, wie man Kreuz und Leiden willig dulden soll; wobei das Exempel Christi gar herrlich und vortrefflich angeführt wird.
Dieses lehret nun uns insgesammt, daß die, so wahre und rechtschaffene Christen heißen wollen, nicht boshaftig, betrügerisch, heuchlerisch, neidisch, Afterredner oder Verleumder seyn, sondern wissen sollen, daß sie solche Sünden, obwohl sie uns von Natur angeboren sind, um der Wiedergeburt willen ablegen - und als einfältige Kinder derselben sich gänzlich entschlagen müssen. Denn obschon Petrus auch in diesem Kapitel die Lehre vom Glauben immer mit einmenget - und zeiget, daß wir durch unsern lieben HErrn Christum zur Gnade kommen ~ und den heiligen Geist empfangen haben, so erfordert er doch daneben hauptsächlich, daß wir solche Gnade üben - und solches fleißig aus dem göttlichen Wort lernen sollen, welches er die vernünftige lautere Milch nennet.
Darum - gleichwie die Kindlein, wenn sie nach der Muttermilch begierig sind - und dieselbe aus der Mutter Brüsten ziehen und saugen, davon wachsen - und immer größer und stärker werden, ebenso sollen auch wir, die wir durch's Wort und durch den heiligen Geist auf's neue wiedergeboren sind, begierig seyn nach der lautern Milch des göttlichen Worts und Seines heiligen Evangelii. Denn wo diese geistliche Milch lauter und unverfälscht ist, gibt sie Weisheit und wahre Erkenntniß Gottes, durch welche man nicht nur im wahren Glauben, sondern auch in der christlichen Gottseligkeit von Tag zu Tag wachset und zunimmt.
Zu solchem christlichen Wandel und gottseligen Leben verpflichtet uns auch der Beruf Gottes zu dem geistlichen Priesterthum, nach welchem wir geistliche Opfer, die Gott dem HErrn durch Christum angenehm sind, opfern und darbringen müssen, und zwar, wie der Apostel fordert, zuerst uns selbst mit Leib und Seele, daß wir uns ganz und gar dem Willen Gottes in Lieb und Leid ergeben, darnach das eifrige Gebet, welches das köstliche Rauchwerk der geistlichen Priester vor Gott ist, und dann auch das Lobopfer und die Danksagung, darinnen wir die Tugend und Barmherzigkeit Gottes verkündigen und preisen sollen, sintemal Er uns aus der Finsterniß der Sünden und des Todes zum Licht der Gerechtigkeit und Seligkeit gebracht hat.
Was die Vermahnung wegen der weltlichen Obrigkeit anlangt, die von Gott eingesetzt ist zur Rache den Uebelthätern und zu Lob den Frommen, so gehöret der Gehorsam gegen dieselbe auch zum gottseligen und christlichen Wandel. Denn obschon sie in diesem Kapitel eine menschliche Ordnung genennet wird, so geschiehet solches doch allein um der Wahl willen, die durch Menschen vorgenommen, aber dennoch von Gott regiert wird; der läßt Ihm's auch gefallen - und will den gedachten Gehorsam gegen sie mit allem Fleiß gehalten haben.
Deßwegen sollen wir die christliche Freiheit nicht zum Deckel der Bosheit mißbrauchen, sondern uns allen rechtmäßigen Gesetzen sowohl Gottes als der Obrigkeit, wenn sie nicht wider des HErrn Wort streiten, gehorsamlich unterwerfen.
Dies ist besonders auch den Knechten und Dienstboten wegen ihres Berufs zur Warnung gesagt. Denn die sollen ihren Herren mit aller Furcht unterthan seyn, den guten und gelinden sowohl als den wunderlichen.
Ja, wenn man auch manchmal unverschuldeter Weise Unrecht leiden muß, soll man es doch mit' Geduld tragen. Denn wohlverschuldeter Weise leiden ist kein Ruhm; aber um Wohlthat willen oder unverschuldeter Weise leiden, das ist Gnade bei Gott; der kann das unverschuldete Leiden zu seiner Zeit reichlich vergelten.
Petrus stellt uns denn auch zuletzt das Exempel Jesu Christi und Seines Verdienstes vor, nicht allein zum Trost, daß Er unsere Sünde selbst geopfert hat an dem Holz des Kreuzes, womit Er für uns büßte, bezahlte und die Strafen abwendete, sondern auch zu einem Vorbilde, daß wir gleichermassen in die Fußtapfen unsers Heilandes mit gottseligem Wandel und geduldigem Leiden treten sollen, und zwar in der Hoffnung: wie Er von Seinem himmlischen Vater nach Seinem Leiden mit Preis und Ehre gekrönet worden ist, also sollen auch wir schon hier viel Vergeltung aus Gnaden empfangen - und dort in der ewigen Glorie und Herrlichkeit Christo unserm HErrn gleich und ähnlich werden.
Ihm aber, dem treuen Hirten und Bischof unserer Seelen, der unsere Sünden getragen an dem Holz, damit wir durch Seine Wunden heil würden, sey herzlicher Dank und Preis von uns allen gesagt. Und damit wir alle lebendige Steine zum geistlichen Haus und zum heiligen Priesterthum seyn mögen, wolle Er uns je länger je mehr mit dem Volk Seines Eigenthums berufen aus der Finsterniß zu Seinem wunderbaren Licht, auf daß auch wir Seine Tugenden verkündigen und ausbreiten in alle ewige Ewigkeit. Amen. (Veit Dieterich)


Wenn die Bekehrung recht ausgeführt sein soll, so muß man zu Christo als dem Hirten und Bischof der Seelen bekehrt worden sein, denn wenn dieses nicht geschieht, so bleibt man immer noch ein irrendes und verlornes Schaf. Der Vater ziehet die Menschen zu Seinem Sohn, und der Sohn Gottes sagt: kommet her zu Mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid, und der Heilige Geist verkläret Jesum in den Seelen. Von diesem Jesu zeugen alle Propheten, daß durch Seinen Namen Alle, die an Ihn glauben, Vergebung der Sünden empfahen sollen. Gleichwie aber die Menschen sich zu Ihm als einem Erlöser und Versöhner bekehren sollen, durch dessen Namen sie Vergebung der Sünden empfahen: also sollen sie Ihn auch als den Hirten und Bischof der Seelen erkennen, zu dem die irrenden Schafe umkehren sollen. So lange sie als irrende Schafe herumlaufen, thun sie, was sie wollen und sind, wie Paulus röm. 6,20. sagt, frei von der Gerechtigkeit, sobald sie aber bekehrt sind, stehen sie unter Jesu als ihrem Hirten und Bischof oder Aufseher. Und dieses soll ihnen nicht leid sein, denn dieser gute Hirte waidet sie alsdann auf einer grünen Aue, führet sie zum frischen Wasser, erquicket ihre Seelen, und führet sie auf rechter Straße um Seines Namens willen, Ps. 23. Seine Schafe hören Seine Stimme, und Er kennet sie und sie folgen Ihm, und Er gibt ihnen ewiges Leben, und sie werden nimmermehr umkommen und Niemand wird sie aus Seiner Hand reißen, Joh. 10, 27.28. Als der Bischof der Seelen wandelt Er mitten unter den goldenen Leuchtern, Off. 2., das ist unter den christlichen Gemeinen, und ist der treueste, weiseste, gütigste, aber auch thätigste Aufseher sowohl über ganze Gemeinden und ihre Lehrer, als auch über alle einzelnen Seelen, da denn seine Bestrafungen und thätigen Züchtigungen eben so wohl aus der lautersten Liebe fließen, als Seine Belehrungen und Tröstungen, Sein Schutz und Seine Hülfe. Zu diesem Hirten und Bischof der Seelen sollen wir bekehrt sein, oder uns von nun an bekehren. Sind wir aber zu Ihm bekehrt, so werden wir gern unter Seinem Hirtenstab und unter Seiner Aufsicht stehen, oder wie er anderswo sagt, gern Sein Joch, welches sanft ist, und Seine Last, welche leicht ist, tragen; denn wie Er Seine Macht über Seine Schafe und über die Seiner Aufsicht anvertrauten Seelen ausübt, also erzeigt Er ihnen auch eine unendliche Treue und Güte. Es soll ihnen nichts mangeln, sie sollen Leben und volles Genüge haben, Ps. 23,1. Joh. 10,11. Uebrigens ist die Verbindung glaubiger Seelen mit dem Hirten und Bischof ihrer Seelen viel inniger als die Verbindung der Unterthanen mit einem irdischen Regenten. Unterthanen bekommen nämlich von ihrem König oder Fürsten mündliche oder schriftliche Befehle, sind aber meistens weit von ihm entfernt, und empfangen auch keine Kraft von ihm, seine Befehle zu halten. Von dem HErrn Jesu haben glaubige Seelen zwar auch ein geschriebenes Wort, worin Er ihnen Seinen Willen geoffenbart hat: sie fassen aber dieses Wort nicht ohne Ihn selbst, und Ihn nicht ohne das Wort. Wer ein Ohr hat zu hören, der höre, was der Geist aus dem Mund Jesu durch Sein Wort den Gemeinden sagt. (Magnus Friedrich Roos)


Dies Wort richtet der Apostel an die Seelen, die Christo ihrem Heilande nachfolgen. Einst waren sie wie die ohne Hirten umherirrenden Schafe, denen Alles gebricht, Speise und Trank, Schutz und Pflege. Einst schwebten sie in der größten Gefahr und befanden sich in einem trostlosen Zustande. Sie hatten damals keinen Anhalt an Gott, trugen die schwerste Last, die Last der Sünde, und konnten sich selbst weder rathen noch helfen. Dieser lies dem Gelde, Jener der Ehre, ein Andrer der Lust dieser Welt nach. Sie hatten wohl Ungemach und Trübsal, aber kein Kreuz, kein Leiden um Christi willen.
Wie ist das Alles durch die Macht her göttlichen Gnade anders geworden! Sie haben Jesu Stimme gehört und sind zu ihm geeilet; sie sind zu Christo, dem guten Hirten, der Leben und volles Genüge giebt, bekehrt worden, stehen mit ihm in der innigsten Lebens- und Liebesgemeinschaft, haben an ihm einen treuen Bischof, der allenthalben auf sie sieht, sie zu schützen und bei ihm zu erhalten. Täglich und stündlich schmecken und sehen sie, wie freundlich und barmherzig er ist, und wie so gut sie es bei ihm haben. Er hat ihnen den Himmel in ihre Herzen gesendet, und ihr Wandel ist schon im Himmel. Und wenn nun dieser Hirt durch finstere Thäler sie führt, sie weichen nicht von Dem zurück, der den Seinen das ewige Leben giebt. Denn kann es wohl zu schwer, zu hart, zu dunkel werden, was er ordnet? Ist er nicht bei uns alle Tage bis an der Welt Ende? Tröstet er, der göttliche Seelsorger, uns nicht mitten im Kreuz mit seiner Gnade und Liebe? Erquickt er uns nicht in den Stunden der Anfechtung mit dem süßen Troste seines Wortes? Ist's nicht Seligkeit, mit Christo leiden und in Geduld nach dem ewigen Leben trachten, um endlich die Krone des ewigen Lebens zu empfangen?
So will ich denn bei dir. bleiben, Herr Jesu Christ; unter deinem Hirtenstabe bin ich sicher vor allem Schaden und aller Gefahr. Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde, und wenn mir auch Leib und Seele verschmachten, so bist du doch allezeit meines Herzens Trost und mein Theil. Amen. (Christian Wilhelm Spieker)

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